Oberlandesgericht Bamberg Grundurteil, 20. Juli 2015 - 4 U 16/14

20.07.2015
vorgehend
Landgericht Bayreuth, 34 O 589/09, 07.01.2014
nachgehend
Bundesgerichtshof, VI ZR 500/15, 24.05.2016

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 07.01.2014, Az. 34 O 589/09, abgeändert.

2. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Schadens aus der ärztlichen Behandlung durch die Beklagte am 09.02./11.02.1999 (Implantation einer Hüft-Totalendoprothese) ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 49.900,56 € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz nach dem Einsetzen einer Hüft-Totalendoprothese im Februar 1999.

Die am xx.xx.1940 geborene Klägerin befand sich bereits Anfang 1993 wegen Schmerzen in der rechten Hüfte in stationärer Behandlung bei der Beklagten.

Am 03.02.1999 wurde die Klägerin im Bezirksklinikum A., dessen Träger die Beklagte ist, über das operative Einsetzen einer Totalendoprothese (TEP) an der rechten Hüfte aufgeklärt. Dabei wurde das Standardformular „Hüftgelenksendoprothese“ verwendet. In diesen Bogen wurde handschriftlich eingetragen: „Robodoc-Hüfte re + Pin - Implantation (insgesamt 2 x Op!)“ (Anlage K5). Bei der Robodoc-Methode handelt es sich um ein Verfahren, bei dem der Fräsvorgang am Becken nicht manuell durch den Operateur, sondern computergestützt maschinell ausgeführt wird. Hierzu ist es erforderlich, in einem ersten Eingriff sogenannte Pins als Landmarken zu implantieren. Eine Aufklärung der Klägerin über methodenspezifische Risiken der Robodoc-Methode im Vergleich zur Standardmethode erfolgte nicht.

Der Klägerin wurde am 09.02.1999 (Pin-Implantation) und 11.02.1999 eine Hüft-Totalendoprothese rechts unter Einsatz des Robodoc implantiert.

Die Klägerin behauptet, es habe sich um ein Neulandverfahren gehandelt. Sie sei vor dem Eingriff unzureichend über die Operationsmethode und deren spezifische Risiken aufgeklärt worden. Sie behauptet weiter, bereits bei der Präparation am 09.02.1999 sei es zu Behandlungsfehlern gekommen. Es habe zudem während der Operation am 11.02.2009 kein sorgfältiges Refixieren der zuvor gelösten Muskulatur stattgefunden und es sei zu früh eine Vollbelastung angeordnet worden. Durch die Operation habe sie erhebliche Gesundheitsschäden erlitten, insbesondere stechende Schmerzen beim Aufstehen aus sitzender Position, ein leicht hinkendes Gangbild, Schmerzen bei der Innenrotation, ein Taubheitsgefühl im Bereich der Operationsnarbe über dem lateralen Oberschenkel und im Bereich des ventralen Oberschenkels, eine 29 cm lange Narbe nach lateralem Zugang zum Hüftgelenk rechts und eine 8 cm lange Narbe nach der Pin-Implantation, eine eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Beins sowie lumbale Rückenschmerzen und die Zunahme einer präexistierenden Inkontinenz. Daneben sei ein Haushaltsführungsschaden entstanden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug und zur Darstellung der erstinstanzlichen Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat am 11.02.2005 ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet (Aktenzeichen 12 OH 8/05 Landgericht Bayreuth). Das in diesem Verfahren erholte (letzte) Sachverständigengutachten ist der Klägerin am 29.03.2007 zugestellt worden. Die Streitwertfestsetzung im Beweisverfahren ist am 15.05.2007 erfolgt.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. S. sowie eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. R. abgewiesen. Ansprüche der Klägerin wegen einer unzureichenden Aufklärung seien verjährt. Etwaige Aufklärungsmängel seien nicht Gegenstand der Beweiserhebung im Beweisverfahren gewesen, obwohl sich aus der Antragsschrift eine entsprechende Kenntnis der Klägerin ergebe. Der Nachweis eines Behandlungsfehlers sei nicht erbracht. Die Anwendung des Robodoc-Verfahrens im Jahr 1999 sei nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat am 23.01.2014 gegen das am 10.01.2014 zugestellte Urteil des Landgerichts Bayreuth Berufung eingelegt und diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am 10.03.2014 begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz gestellten Anträge nur teilweise weiter. Neben der Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes begehrt sie den Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 1.236,56 € sowie eines in der die Zeit vom 01.03.2000 bis 01.07.2005 entstandenen Haushaltsführungsschadens in Höhe von 23.664,00 €.

Sie rügt, das Landgericht sei zu Unrecht von einer Verjährung ausgegangen. Eine Kenntnis der Klägerin von einer Verletzung der Aufklärungspflicht habe bei Einleitung des Beweisverfahrens noch nicht vorgelegen. Zudem habe wegen eines Einredeverzichts der Beklagten vom 25.06.2003 bis 31.12.2005 eine Hemmung der Verjährung stattgefunden. Sie rügt weiter, bereits die Wahl der Robodoc-Methode sei als grober Behandlungsfehler anzusehen. Es habe sich nicht um eine echte Behandlungsalternative gehandelt. Zudem sei das Verfahren bei Adipositas-Patienten kontraindiziert. Das Erstgericht habe übergangen, dass methodenspezifisch ein größerer Zugang zum Hüftknochen erforderlich sei, der den vorliegenden Nervenschaden verursacht habe. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass die Operationsmethode zu einer Risikoerhöhung und Komplikationshäufung führe. Außerdem habe die erforderliche Zertifizierung des Robodoc-Verfahrens nicht vorgelegen. Der Zertifizierung durch den TÜV X. hätte keine eigene klinische Prüfung zugrunde gelegen. Es lägen darüber hinaus auch individuelle Behandlungsfehler vor. Schließlich habe das Landgericht auch Beweisangebote der Klägerin übergangen.

Die Klägerin beantragt daher unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bayreuth:

I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld aus fehlerhafter und rechtswidriger Behandlung vom 11.02.1999 zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 25.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.1999.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin wegen fehlerhaften und rechtswidrigen Behandlungen vom 11.02.1999 Schadensersatz in Höhe von 24.900,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.1999 zu bezahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 1.213,36 € streitwertunabhängige Nebenkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.1999 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich hinsichtlich eines etwaigen Aufklärungsmangels weiterhin auf die Einrede der Verjährung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. R. im Termin vom 04.05.2015. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen (Bl. 665 - 669 d. A.).

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsprotokolle vom 22.09.2014 (Bl. 649 - 651 d. A.) und 04.05.2015 Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519 f. ZPO). Sie hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als die Klage durch Zwischenurteil dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären ist (§ 304 ZPO).

Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus Verletzung des geschlossenen Behandlungsvertrages und aus Delikt (§ 823 Abs. 1 BGB) dem Grunde nach ein Anspruch auf materiellen und immateriellen Schadensersatz zu. Die Entscheidung über die Höhe des Anspruchs bleibt dem Betragsverfahren vorbehalten; insoweit ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif.

1. Der am 09.02.1999 und 11.02.1999 durchgeführte Eingriff war mangels ausreichender Aufklärung rechtswidrig. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass sie die Klägerin über die mit der Robodoc-Methode spezifisch verbundenen Risiken hinreichend aufgeklärt hat. Vielmehr steht fest, dass die Klägerin über das methodenspezifisch erheblich erhöhte Risiko einer Schädigung von Muskeln und Nerven nicht aufgeklärt wurde.

a) Bei der Selbstbestimmungsaufklärung müssen dem Patienten nicht alle denkbaren Risiken medizinisch exakt und in allen möglichen Erscheinungsformen dargestellt werden. Es genügt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn dem Patienten ein allgemeines Bild von der Schwere und der Richtung des Risikospektrums dargelegt wird (BGH VersR 2010, 1220; VersR 2011, 223, 224). Er muss daher „im Großen und Ganzen“ über die Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt werden (BGH GesR 2011, 237, 238; GesR 2006, 411, 412; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., A 834, S. 204). Gegenstand der Risikoaufklärung sind grundsätzlich alle behandlungstypischen Risiken, deren Kenntnis beim Laien nicht vorausgesetzt werden kann, die aber für die Entscheidung des Patienten über die Zustimmung zur Behandlung ernsthaft ins Gewicht fallen. Das betrifft auch gegenüber dem Hauptrisiko weniger schwere Risiken, wenn sie dem Eingriff spezifisch anhaften, für den Laien überraschend sind und ihre Verwirklichung die weitere Lebensführung des Patienten schwer belasten kann (BGH NJW 2007, 217, 218; OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08.12.2014, Az: 1 U 34/14, Rz. 30, zitiert nach juris).

Die Wahl der Behandlungsmethode ist grundsätzlich Sache des Arztes. Die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erfordert aber eine Unterrichtung über eine alternative Behandlungsmöglichkeit, wenn für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschanchen bieten (BGH VersR 2011, 1450; VersR 2011, 1146; VersR 2006, 1073, 1074). Der Patient muss nach einer sachverständigen Beratung durch den Arzt selbst prüfen können, welche Belastungen und Gefahren er im Hinblick auf möglicherweise unterschiedliche Erfolgschancen auf sich nehmen will (BGH a. a. O.). Dieser Grundsatz ist jedoch insoweit einzuschränken, dass die Behandlungsalternativen zu jeweils wesentlich unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder wesentlich unterschiedliche Risiken oder Erfolgschancen bieten müssen, um von der Aufklärungspflicht des Arztes umfasst zu sein (so nunmehr ausdrücklich § 630 e Abs. 1 S. 3 BGB; OLG Koblenz VersR 2007, 651, Rz. 10 (juris); OLG München GesR 2011, 235, 236, Rz. 45 (juris), jeweils zur früheren Rechtslage). Erforderlich ist weiter, dass dem Arzt das erhöhte Risiko bekannt ist.

b) Die Klägerin wurde pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt, dass durch die spezifische Operationsmethode (Robodoc) das Risiko einer Schädigung von Muskeln und Nerven gegenüber der traditionellen Operationsmethode deutlich erhöht ist.

aa) Die Standardmethode für das Einsetzen einer Hüftendoprothese war auch in den 90-er Jahren noch die manuelle Operation. Ab Mitte der 90-er Jahre kam das sogenannte Robodoc-Verfahren zum Einsatz, bei dem der Fräsvorgang nicht per Hand, sondern computergestützt vorgenommen wurde. Eine Aufklärung der Klägerin über methodenspezifische Risiken erfolgte nicht (Schriftsätze der Beklagten vom 19.02.2010 und 24.02.2010 sowie Schriftsatz der Klägerin vom 24.02.2010, Bl. 164, 165, 172 d. A.). Die Beklagte ist jedoch der Auffassung, es habe zum damaligen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für erhöhte Risiken gegeben. Es habe sich aufgrund des häufigen Einsatzes der Methode in Deutschland seit 1995 auch nicht mehr um ein Neulandverfahren gehandelt. Es sei daher ausreichend gewesen, die Klägerin über die Vorteile des Robodoc-Verfahrens zu unterrichten.

bb) Dem kann nicht gefolgt werden.

Aufgrund der Ausführungen der vom Gericht beauftragten Sachverständigen steht fest, dass beim Robodoc-Verfahren methodenspezifische Risiken bestehen. Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 21.09.2010 ausgeführt, bei der Robodoc-unterstützten Operation sei - anders als bei der manuellen Operation - das Einbringen von Trochanter-Pins im proximalen Oberschenkel erforderlich, wodurch es zu einer Läsion des Nervus cutaneus femoralis oder seiner Äste kommen könne. Insoweit handele es sich um ein spezifisches Risiko des computergestützten Verfahrens (S. 4 und 19 des Gutachtens vom 21.09.2010). Eine Gewichtung des Risikos nimmt er jedoch nicht vor. Im Hinblick auf Weichteilschädigungen weist der Sachverständige Prof. Dr. S. darauf hin, dass Weichteilschädigungen auch bei der herkömmlichen Operationsmethode nicht zu vermeiden seien. Er gelangt abschließend zu dem Ergebnis, dass eine hinreichende Aufklärung erfolgt sei, da über die Gefahr von Nervenschäden und Gefühlsstörungen aufgeklärt wurde (S. 7, 19 des Gutachtens vom 21.09.2010). Zudem seien bis Anfang 1999 in Fachzeitschriften noch keine kritischen Publikationen erfolgt (S.5 des Ergänzungsgutachtens vom 08.07.2011).

Der Sachverständige Prof. Dr. R. führt demgegenüber aus, der allgemeine Zusammenhang zwischen einer komplexeren und aufwändigeren Operationstechnik und einer erhöhten Gefahr einer Weichteilschädigung sei bereits im Jahr 1999 bekannt gewesen (S.10 des Gutachtens vom 10.07.2012). Er weist darauf hin, dass bei der Robodoc-Operation der Oberschenkelknochen in weiterem Umfang als bei der Standardmethode von der Muskulatur befreit werden müsse. Dabei müsse der Ansatz des Muskulus gluteus medius in der Regel vom Knochen abgelöst werden (S.10 des Gutachtens vom 10.07.2012; S. 2/3 des Protokolls vom 04.05.2015, Bl. 666/667 d. A.). Dies folge daraus, dass nur so eine ausreichende Kontaktfläche zum Oberschenkelknochen hergestellt werden könne (S.3 des Protokolls, Bl.667 d. A.). Hinzu komme, dass die Operationszeit bei der Robodoc-Methode länger sei und hieraus - aufgrund der erforderlichen Fixierung des Beines - eine längere Zwangshaltung des Oberschenkels resultiere (S. 3 und 4 des Protokolls vom 04.05.2015). Diesen Risiken habe 1999 zwar die -damals begründete - Erwartung gegenüber gestanden, dass die Operation eine verbesserte Passgenauigkeit des Prothesenlagers und damit einen verbesserten Kontakt zwischen Knochen und Prothese bewirke. Allein der Einsatz der Robodoc-Methode könne daher nicht als Behandlungsfehler gewertet werden. Jedem Anwender sei aber auch bekannt gewesen, dass die positiven Berichte vom Urheber der Operationstechnik stammten und in diesen die Angaben zu Komplikationen sehr allgemein gefasst gewesen seien. Ebenso habe es an einer hinreichenden Evaluation - auch im Hinblick auf die erwarteten Erfolge - gefehlt. Der Sachverständige Prof. Dr. R. ist daher zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin hätte darüber aufgeklärt werden müssen, dass das Robodoc-Verfahren noch nicht ausreichend evaluiert gewesen sei, um den Erfolg zu beurteilen, dass der zu erwartende Erfolg einer höheren Passgenauigkeit bislang nicht belegt sei, dass im Vergleich zur herkömmlichen Methode ein erhöhtes Risiko der Schädigung von Weichteilen mit Auswirkungen auf Muskulatur und Nerven bestehe und dass Folge der Schäden Schmerzen, eine verminderte Muskelkraft und Gefühlsstörungen sein können (S. 10, 11 des Gutachtens vom 10.07.2012).

cc) Der Senat legt die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. uneingeschränkt seiner rechtlichen Würdigung zugrunde. Der Sachverständige ist ärztlicher Direktor einer orthopädischen Unfallklinik. Er verfügt über eine langjährige Operationserfahrung und hat selbst Operationen nach der streitgegenständlichen Methode durchgeführt (S. 2/3 des Protokolls vom 04.05.2015). An seiner Fachkompetenz bestehen daher keine Zweifel. Hiervon konnte sich der Senat auch in der persönlichen Anhörung vom 04.05.2015 überzeugen. Der Sachverständige hat anschaulich und nachvollziehbar erklärt, worin die Unterschiede zwischen beiden Operationsarten liegen und wie sich dies im vorliegenden Fall ausgewirkt hat. Die von ihm getroffenen medizinischen Feststellungen zur Vorgehensweise bei der Robodoc-Operation stehen weder im Widerspruch zu den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. noch sind sie von den Parteien angegriffen oder in Frage gestellt worden, auch nachdem der Senat mit Hinweis vom 22.09.2014 mitgeteilt hat, dass er - anders als das Erstgericht - nicht von einer Verjährung von Ansprüchen aus einer Verletzung der Aufklärungspflicht ausgeht (Bl. 649-651 d. A.).

dd) Es muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, ob das Robodoc-Verfahren im Jahr 1999 noch als Neulandmethode anzusehen war (so für das Jahr 2000 das OLG Dresden, Urteil vom 13.09.2007, 4 U 601/06), so dass darüber aufzuklären gewesen wäre, dass unbekannte Risiken nicht auszuschließen sind (BGH, Urteil vom 13.06.2006, VI ZR 323/04, Rz. 14). Denn unabhängig davon ergab sich bereits aus der höheren Eingriffsintensität eine Pficht der Beklagten, die Klägerin über das - im Vergleich zur herkömmlichen Methode - deutlich erhöhte Risiko einer Schädigung von Muskeln oder Nerven hinzuweisen. Dabei sind die beiden oben erläuterten Bedingungen für das Bestehen einer Aufklärungspflicht erfüllt: Die aus der gewählten Behandlungsmethode (Robodoc) resultierende Risikoerhöhung ist nicht nur unwesentlich (1) und den Behandlern war die Risikoerhöhung auch bekannt (2).

(1) Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat dargelegt, dass das Risiko einer Nervenschädigung betrage bei der Standardoperation etwa 1%. Bei der computergestützten Operation sei es aufgrund der dargelegten Umstände „um ein Mehrfaches“ erhöht, auch wenn man nicht von einem exorbitant hohen Risiko sprechen könne (S. 3 des Protokolls vom 04.05.2015, Bl. 667 d. A.).

Nach der Häufigkeitsdefinition des im Bereich der Arzneimittelzulassung maßgeblichen MedDRA (Medical Dictionary for Regulatory Activities) wird das Auftreten von Nebenwirkung bezogen auf die Häufigkeit in folgende Kategorien eingeteilt:

Sehr häufig: mehr als 1 Behandelter von 10 (> 10%)

Häufig: 1 bis 10 Behandelte von 100 (1 - 10%)

Gelegentlich: 1 bis 10 Behandelte von 1.000 (0,1 - 1%)

Selten: 1 bis 10 Behandelte von 10.000 (0,01 - 0,1%)

Sehr selten: 1 bis 10 Behandelte von 100.000 (< 0,01%).

Allein diese Kategorisierung zeigt, dass die Erhöhung eines Risikos von 1% auf ein Mehrfaches dazu führt, dass das Risiko nicht mehr als bloßer Ausnahmefall angesehen werden kann, mit dessen Eintritt nicht gerechnet werden muss. Das Risiko wäre vielmehr als „häufig“ zu bezeichnen. Besondere Bedeutung kommt diesem Risiko deshalb zu, weil eine eingeführte Operationsmethode zur Verfügung stand und der erwartete Vorteil der vorgeschlagenen Operationsmethode wissenschaftlich noch nicht belegt war. Vor diesem Hintergrund hätte es das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin erfordert, sie über beide Behandlungsmöglichkeiten zu informieren und ihr die Chancen und Risiken beider Verfahren zu erläutern. Nur so wäre sie in die Lage versetzt worden, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Eingriff zu treffen. Dies folgt auch aus den möglichen Folgen der Komplikation. Der Sachverständige hat dargelegt, dass eine Weichteilschädigung zu Schmerzen, verminderter Muskelkraft und Gefühlsstörungen führen könne (S.11 des Gutachtens). In Extremfällen kann eine Teillähmung des Beines die Folge sein. Berücksichtigt man, dass eine Hüft-TEP zum Ziel hat, die Gehfähigkeit zu verbessern und Schmerzen beim Gehen zu lindern, so ist aus Sicht des Senats die vorliegende Risikoerhöhung als wesentlich zu bewerten.

Die Aufklärung der Beklagten wurde diesem Erfordernis nicht gerecht. Eine Aufklärung über Nervenverletzungen erfolgte dergestalt, dass „sehr selten Nervenverletzungen (auftreten können), die trotz operativer Behandlung (Nervennaht) dauerhafte Störungen, wie z. B. eine Teillähmung des Beines verursachen können.“ Bei den Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch wurde handschriftlich neben anderen Komplikationen notiert „Gefäß-Nerven-Verletzung (Blutung, Gefühlsstörung, Lähmung)“. Damit war das Risiko von Nervenschäden zwar angesprochen. Sinn und Zweck der Aufklärung wäre es jedoch gewesen, der Klägerin die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob sie bei der (bloßen) Erwartung einer erhöhten Passgenauigkeit der Prothese eine deutlich erhöhte Gefahr von Weichteilschäden in Kauf nimmt. Es erfolgte jedoch keinerlei Hinweis auf das erhöhte Risiko der Robodoc-Methode. Vielmehr war die Aufklärung einseitig auf die Vorteile des Robodoc-Verfahrens ausgerichtet (vgl. S. 7 der Klageerwiderung, Bl. 103 d. A. und Anhörung der Klägerin vom 09.03.2010, Bl. 174 d. A.). Über methodenspezifische Risiken des Verfahrens wurde nicht aufgeklärt.

(2) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, ihr wären mögliche Risiken des Robodoc-Verfahrens zum Operationszeitpunkt nicht bekannt gewesen. Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat überzeugend dargelegt, dass das erhöhte Risiko einer Weichteilschädigung bereits aus dem einem Operateur allgemein bekannten Zusammenhang zwischen komplexerer und aufwändigerer Operationstechnik und Gefahr einer Weichteilschädigung folgt. Das ist ohne weiteres nachvollziehbar: Der Operateur weiß, dass er einen längeren Schnitt setzen muss, um an die zu operierende Stelle zu gelangen. Er weiß auch, dass der Muskel regelmäßig vom Oberschenkelknochen freigelegt werden muss, um eine ausreichende Kontaktfläche am Knochen zu schaffen. Und er weiß, dass die Operation länger dauert, so dass sich der Oberschenkel länger in einer Zwangshaltung befindet. Schließlich weiß er, dass eine weitere Operation zum Setzen der Pins erforderlich ist. Bei dieser Sachlage entsteht eine Aufklärungspflicht nicht erst dann, wenn in der medizinischen Fachliteratur auf das erhöhte Risiko hingewiesen wird. Denn die vom Sachverständigen beschriebene Erhöhung des (bereits bekannten) Risikos einer Weichteilschädigung stellt keine bloße Vermutung hinsichtlich eines bislang nicht bekannten Risikos dar, sondern resultiert unmittelbar aus der dem Operateur bekannten erhöhten Eingriffsintensität.

Diese rechtliche Wertung des Senats, die sich mit der medizinischen Bewertung des Sachverständigen Prof. Dr. R. deckt, steht nicht im Widerspruch zu den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S.. Zwar ist dieser davon ausgegangen, dass die Klägerin im erforderlichen Maße aufgeklärt worden sei. Er hat hierbei jedoch darauf abgestellt, dass über das Risiko einer Nervenschädigung überhaupt aufgeklärt wurde.

2. Bei der Klägerin wurden durch den rechtswidrigen Eingriff Gesundheitsschäden hervorgerufen.

Die Klägerin hat eine Meralgia paraesthetica aufgrund einer Druckschädigung des Nervus cutaneus femoralis erlitten. Daneben kam es zu einer Schädigung des Ramus infrapatellaris des Nervus femoralis. Vom Vorliegen dieser beiden Nervschädigungen gehen sowohl der Sachverständige Prof. Dr. S. (S. 2, 3 des Gutachtens vom 21.09.2010) als auch der Sachverständige Prof. Dr. R. (S. 3 des Protokolls vom 04.05.2015) aus. Weiter ist eine Schädigung am Musculus gluteus medius eingetreten, die zu einer Verschmächtigung des Muskels mit der Folge eines hinkenden Gangbildes und einer Instabilität der Hüfte geführt hat. Das Gericht folgt insoweit dem Sachverständigen Prof. Dr. R.. Dieser weist in seinem Gutachten vom 10.07.2012 auf den klinischen Verlauf und die Untersuchungsergebnisse des Sachverständigen Prof. Dr. S. und des Privatgutachters Dr. H. hin. Es seien hier Unterschiede zum normalen Verlauf nach der Implantation einer Hüftprothese zu sehen. Er führt weiter aus, dass eine Kernspintomographie vom 28.07.2006 eine Verschmächtigung des Musculus gluteus medius zeige, die deutlich über das normale Maß hinausgehe. Eine Muskelschädigung liege daher vor. Der Senat schließt sich dieser überzeugend begründeten Auffassung an. Im Ergebnis geht auch der Sachverständige Prof. Dr. S. von einer Schädigung der Glutealmuskulatur aus und erläutert, dass sich hieraus ein humpelndes Gangbild ergeben könne (S. 3 des Gutachtens vom 21.09.2010, letzter Absatz).

3. Der Aufklärungsmangel war für die dargestellten Schäden auch kausal.

Die Behauptung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Schäden auch mit der herkömmlichen Operationsmethode eingetreten wären, steht dem nicht entgegen. Denn insoweit geht es um die Beurteilung eines hypothetischen Kausalverlaufs: Der Behandler behauptet, bei Wahl einer anderen Behandlungsalternative hätte sich das Risiko, über das aufzuklären gewesen wäre, ebenfalls realisiert. Hierfür trägt jedoch der Behandler die Beweislast. Der Arzt, der dem Patienten durch rechtswidriges Handeln einen Schaden zugefügt hat, muss beweisen, dass der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen und fehlerfreien ärztlichen Handeln, hier: auch bei Wahl der ebenfalls zur Verfügung stehenden alternativen Behandlungsmethode, erlitten hätte (BGH, Urteil vom 05.04.2005, VI ZR 216/03, Rz. 15).

Diesen Nachweis kann die Beklagte nicht erbringen.

Was die Schädigung des Ramus infrapatellaris des Nervus femoralis anbelangt, geht der Sachverständige Prof. Dr. S. davon aus, dass diese durch die Implantation der Pins verursacht wurden (S.3 des Gutachtens vom 21.09.2010). Der Schaden hätte daher bei Anwendung der herkömmlichen Operationsmethode, bei der das Setzen von Pins nicht erforderlich ist, in dieser Form nicht eintreten können.

Hinsichtlich der weiteren Schäden (Glutealmuskulatur, Nervus cutaneus femoralis) besteht zwar die Möglichkeit, dass diese auch bei klassischem Vorgehen eingetreten wären. Mit Gewissheit kann dies jedoch nicht gesagt werden. Dies gilt auch für die Schädigung der Gluteus-Muskulatur. Zwar weist der Sachverständige Prof. Dr. S. darauf hin, dass eine Schädigung der Glutealmuskulatur bei Verwendung eines transglutealen Zugangs auch bei der herkömmlichen Methode systemimmanent sei. Er führt jedoch auch aus, dass die Schädigung in der Regel ohne funktionelle Folgen bleibe (S. 34, 35 des Gutachtens vom 10.06.2006). Zu berücksichtigen ist im zu entscheidenden Fall, dass die Eingriffsintensität bei der Robodoc-Methode wesentlich höher war (Ablösung des Muskels und anschließende Refixation) und dass sich der klinische Verlauf bei der Klägerin deutlich von dem zu erwartenden Verlauf nach einer Hüft-Operation unterscheidet. Es kann daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die bei der Klägerin bestehenden Schäden an der Glutealmuskulatur auch nach einer manuellen Operation eingetreten wären.

4. Ein Anspruch der Klägerin scheitert auch nicht daran, dass die eingetretenen Schäden nicht dem Schutzzweck der Aufklärungspflicht unterfallen.

Ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden besteht beim Aufklärungsmangel nur dann, wenn die Aufklärung über dasjenige Risiko unterblieben ist, das schließlich zu einem Gesundheitsschaden beim Patienten geführt hat (Martis/Winkhart a. a. O., A 2122, S. 488). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Patient aus der Verwirklichung eines Risikos keine Ansprüche herleiten kann, wenn er in Kenntnis dieses Risikos seine Einwilligung erteilt hat (BGH, Urteil vom 13.06.2006, VI ZR 323/04, Rz. 18; Urteil vom 30.01.2001, VI ZR 353/99, Rz. 9). Dem entsprechend wurden bei Hüftoperationen mit der Robodoc-Methode Ansprüche von Patienten, die eine Nervschädigung erlitten, in den Fällen abgelehnt, in denen sie nicht darüber aufgeklärt wurden, dass es sich beim Operationsverfahren um eine Neulandmethode handelt, bei der bislang unbekannte Risiken eintreten können, in denen ihnen aber das Risiko einer Nervschädigung bekannt war (BGH, Urteil vom 13.06.2006, VI ZR 323/04, Rz. 18; OLG Dresden, Urteil vom 13.09.2007, Rz. 28, 29, 4 U 601/06; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.08.2008, 4 O 13193/04, Rz. 67-69).

Der vorliegende Fall betrifft jedoch eine andere Konstellation. Es geht darum, dass die Klägerin nicht hinreichend darüber aufgeklärt wurde, dass zwei Operationsmethoden zur Wahl stehen und dass beim Robodoc-Verfahren in ihrem Fall ein deutlich höheres Risiko für Schäden an Muskulatur und Nerven besteht als bei der herkömmlichen Methode. Schutzzweck der Aufklärung war daher nicht, sie überhaupt über die Möglichkeit einer Nervschädigung in Kenntnis zu setzen. Schutzzweck war vielmehr, ihr eine eigenverantwortliche Entscheidung zwischen zwei Behandlungsalternativen mit unterschiedlichen Risiken zu ermöglichen. Es widerspräche in diesem Fall der Lehre vom Schutzzweck der Norm, bei einem Eintritt des Risikos nach Wahl der in Bezug auf dieses konkrete Risiko gefahrgeneigteren Behandlungsalternative dem Patienten einen Anspruch mit dem Argument zu versagen, er habe von dem Risiko gewusst. Denn die Kenntnis des Patienten bezog sich gerade nicht auf die für ihn bedeutsame erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Risikoeintritts bei Wahl dieser Behandlungsmethode. Nach dem Schutzzweck der Norm scheidet ein Anspruch daher nur dann aus, wenn bei einem Patienten - der nicht über die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten eines Risikoeintritts informiert wurde - die Behandlungsmethode angewendet wurde, bei der das Risiko für den Komplikationseintritt geringer ist. Er kann sich dann bei Eintritt dieses Risikos nicht darauf berufen, er sei über die unterschiedliche Wahrscheinlichkeit eines Risikoeintritts bei beiden Behandlungsmethoden nicht informiert worden. Im gegenteiligen Fall ist ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang jedoch zu bejahen. Andernfalls liefe das Erfordernis einer Aufklärung über unterschiedliche Chancen und Risiken von Behandlungsalternativen leer.

Selbst bei einem signifikant höheren Komplikationsrisiko einer Methode (etwa „häufig“ statt „sehr selten“) wäre es ausreichend, den Patienten darauf hinzuweisen, dass bei beiden Methoden das Risiko dieser Komplikation bestehe, obwohl dieser pauschale Hinweis ein hinreichend klares Bild über die Schwere des Risikos gerade nicht liefert.

5. Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens wird von der Beklagten nicht erhoben. Sie behauptet nicht, dass die Klägerin sich auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für die Robodoc-Methode entschieden hätte. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin glaubhaft dargestellt hat, sie hätte sich bei Kenntnis des höheren Risikos für die herkömmliche Operationsmethode entschieden.

6. Die Ansprüche der Klägerin sind entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht verjährt.

a) Absolute Verjährung gemäß § 199 Abs. 2 BGB ist nicht eingetreten. b)

Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB verjährt.

aa) Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Aufklärungsmängeln beginnt die Verjährung nicht schon dann, sobald der nicht aufgeklärte Patient einen Schaden aufgrund der medizinischen Behandlung feststellt. Hinzutreten muss vielmehr auch die Kenntnis, dass der Schaden nicht auf einem Behandlungsfehler beruht, sondern eine spezifische Komplikation der Behandlung ist, über die er - was dem behandelnden Arzt bekannt sein musste - hätte aufgeklärt werden müssen (BGH VersR 2007, 66, 69; VersR 1990, 795). Es ist daher zu unterscheiden: Im Falle einer gänzlich fehlenden Aufklärung beginnt die Verjährung mit Kenntnis der Realisierung eines Operationsrisikos (OLG Jena, Urteil vom 05.06.2012, 4 U 159/11, Rz. 43). Ist eine Aufklärung grundsätzlich erfolgt, so ist dem Patienten zuzumuten, sich bei Eintritt einer Komplikation über den Umfang der Aufklärungspflicht zu erkundigen (OLG München, Urteil vom 30.09.2004, 1 U 3940/03, Rz. 99). Versäumt er dies, so beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist ab Eintritt des Schadens zu laufen und nicht erst dann, wenn das Vorliegen eines zunächst vermuteten ärztlichen Behandlungsfehlers widerlegt ist (OLG München a. a. O.). Es gilt jedoch auch der Grundsatz, dass ein Patient nicht verpflichtet ist, sich im Hinblick auf einen Haftungsprozess medizinisches Fachwissen zu anzueignen (BGH, Urteil vom 10.10.2006, VI ZR 74/05, Rz. 24; OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.05.2012, 7 U 44/11, Rz. 24).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es nicht zu beanstanden, wenn das Erstgericht zu dem Schluss gelangt, dass Kenntnis jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags im selbstständigen Beweisverfahren am 11.02.2005 vorlag. Die Klägerin führte in dem Antrag aus, ihr seien die mit der Operationsmethode verbundenen Risiken nicht bekannt gewesen; bei Kenntnis hätte sie der Operation nicht zugestimmt (Bl. 7 der Beiakte 12 OH 8/05). Der Beklagten ist es jedoch nicht gelungen, einen früheren Verjährungsbeginn nachzuweisen. Die Beklagte berief sich insoweit auf eine Untersuchung der Klägerin am 24.06.1999 bei einem Nachbehandler, bei der sie Kenntnis von dem Ausmaß der Operationsfolgen erlangt habe. Diese Kenntnis war jedoch nicht geeignet, entweder die Verjährungsfrist unmittelbar in Gang zu setzen oder eine Erkundigungspflicht nach dem Umfang der Aufklärung auszulösen. Dies würde voraussetzen, dass eine Risikoaufklärung gänzlich unterblieben wäre. Das war nicht der Fall. Vielmehr wurde über eine Vielzahl von Risiken aufgeklärt, auch über das Risiko von „Gefäß-Nerven-Verletzungen (Blutung, Gefühlsstörung, Lähmung)“ und von „Bewegungseinschränkungen“ (Aufklärungsbogen, Anlage der Beklagten zu Bl.175 ff d. A.). Es ging daher nicht darum, dass einzelne Risiken überhaupt nicht erwähnt wurden. Entscheidend war vielmehr, dass die Wahl des Robodoc-Verfahrens zu einer Erhöhung einzelner Risiken im Vergleich zur herkömmlichen Operationsmethode geführt hatte. Dass der Klägerin dies im Juni 1999 bereits bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, wird auch von der Beklagten nicht vorgetragen.

cc) Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, 2 EGBGB.

Das Erstgericht weist zurecht darauf hin, dass von der Hemmung nur solche Ansprüche umfasst werden, für deren Nachweis die zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Tatsachenbehauptungen von Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 29.01.2008, XI ZR 160/07, Rz. 30). Es geht jedoch irrig davon aus, dass Tatsachen, die für die Darlegung eines Schadensersatzanspruchs aus Aufklärungsmängeln von Bedeutung sind, nicht zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemacht wurden. Denn die Klägerin hat die Behauptungen zum Beweisthema gemacht, dass bestimmte Gesundheitsschäden vorliegen und dass diese aus der Verwirklichung methodenspezifischer Risiken resultieren (Ziffer I, II. 1 und II. 4 des Antrags vom 11.02.2005). Die vom Sachverständigen auch nach dem Beweisbeschluss des Landgerichts Bayreuth vom 08.03.2005 (Bl. 17-23 der Beiakte 12 OH 8/05) zu beurteilenden Tatsachenfragen betrafen die Kausalität eines etwaigen Aufklärungsfehlers und somit ein Kernelement eines auf einen Aufklärungsmangel gestützten Schadensersatzanspruchs. Es war nicht erforderlich, dass die Klägerin über diese Frage hinaus auch den Umfang der Aufklärung zum Gegenstand des Beweisverfahrens macht. Nach dem Sinn und Zweck des § 204 BGB, der dem Gläubiger eine faire Chance einräumen will, die Verjährung seines Anspruchs zu verhindern (Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 204, Rn. 1), ist es vielmehr ausreichend, wenn der Gläubiger eine einzelne Anspruchsvoraussetzung des von ihm verfolgten Anspruchs zum Gegenstand des Beweisverfahrens macht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine Klärung im selbstständigen Beweisverfahren durch Sachverständigenbeweis unter den Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO nicht möglich gewesen wäre, da es zum Inhalt der mündlichen Aufklärung auf die Wahrnehmung von Zeugen angekommen wäre. Die Zulässigkeit eines Antrags nach § 485 Abs. 1 ZPO wäre zweifelhaft gewesen.

dd) Das Beweisverfahren war am 29.03.2007 mit Übersendung des Ergänzungsgutachtens vom 06.03.2007 an die Klägervertreter beendet. Die Klageschrift ist am 21.08.2009 bei Gericht eingegangen. Die dreijährige Verjährungsfrist war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen.

7. Eine Entscheidung durch Grundurteil ist damit zulässig, weil Grund und Betrag streitig sind und nur der Streit über den Grund entscheidungsreif ist, § 304 ZPO.

Eine Entscheidung über die Schadenshöhe kann noch nicht ergehen. Die Klägerin macht für die Zeit vom 01.03.2000 bis 01.07.2005 einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 23.664,00 € geltend. Dieser Betrag setzt sich aus einem monatlichen Nettobetrag von 369,75 € zusammen, den die Klägerin aus einem behaupteten Anspruch auf eine Ersatzkraft für 10 Wochenstunden ableitet. Während sie vor der Operation die auf sie entfallende Wochenarbeitszeit von 16 Stunden alleine erledigt habe, könne sich aufgrund der erlittenen Schäden nur noch 6 Stunden abdecken. Dieser Vortrag wird von der Beklagtenseite bestritten. Es ist daher Beweis zu erheben, in welchem Umfang die Klägerin aufgrund der festgestellten Schäden in der Haushaltsführung eingeschränkt ist. Auch der Schmerzensgeldantrag ist noch nicht entscheidungsreif. Insoweit sind die von der Klägerseite behaupteten Auswirkungen der Nerv- und Muskelschäden auf die Lebensführung der Klägerin von der Beklagten bestritten. Die Klägerin hat zu den Schadensfolgen Sachverständigenbeweis angeboten und weiteren Sachvortrag nach Klärung der Haftung dem Grunde nach angekündigt. Zur Feststellung der Schadenshöhe sind daher weitere Beweiserhebungen erforderlich.

Der Senat macht daher von der ihm gemäß § 304 Abs. 1 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, ein Zwischenurteil über den Grund zu erlassen. Denn dadurch wird Klarheit über die Haftungsund Verjährungsfrage geschaffen, ehe zur Höhe des Anspruchs weiterer umfangreicher Beweis erhoben wird. Dies verbessert auch die Chancen für eine gütlichen Einigung über den geschuldeten Betrag des Schadensersatzes.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Eine Sicherheitsleistung war mangels eines vollstreckungsfähigen Tenors der Entscheidung nicht zu bestimmen.

Über die Kosten des Verfahrens ist im Schlussurteil zu entscheiden.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Bamberg Grundurteil, 20. Juli 2015 - 4 U 16/14

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Bamberg Grundurteil, 20. Juli 2015 - 4 U 16/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di
Oberlandesgericht Bamberg Grundurteil, 20. Juli 2015 - 4 U 16/14 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 304 Zwischenurteil über den Grund


(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 485 Zulässigkeit


(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Bamberg Grundurteil, 20. Juli 2015 - 4 U 16/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht Bamberg Grundurteil, 20. Juli 2015 - 4 U 16/14 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Apr. 2005 - VI ZR 216/03

bei uns veröffentlicht am 05.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 216/03 Verkündet am: 5. April 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2008 - XI ZR 160/07

bei uns veröffentlicht am 29.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 160/07 Verkündet am: 29. Januar 2008 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ______

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2006 - VI ZR 74/05

bei uns veröffentlicht am 10.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 74/05 Verkündet am: 10. Oktober 2006 H o l m e s, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Referenzen

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 216/03 Verkündet am:
5. April 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
,
BGB § 823 Abs. 1 (Aa, Dd, I);
Steht fest, daß der Arzt dem Patienten durch rechtswidriges und fehlerhaftes ärztliches Handeln einen Schaden
zugefügt hat, so muß der Arzt beweisen, daß der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen
und fehlerfreien ärztlichen Handeln erlitten hätte. Die Behandlungsseite muß, sofern ein schadensursächlicher
Eingriff ohne ausreichende vorherige Aufklärung des Patienten erfolgt ist, auch beweisen, daß es zu
dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung des Patienten gekommen wäre.
BGH, Urteil vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03 - OLG Naumburg
LG Halle
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Bei der Klägerin wurde im Jahre 1997 eine beiderseitige Vergrößerung der Schilddrüse mit einem Knoten im Isthmus-Bereich sowie zwei Knoten im rechten Bereich der Schilddrüse (sogenannte Knotenstruma III. Grades) festgestellt. Sie wurde zur operativen Behandlung in dem Kreiskrankenhaus, dessen Träger der Beklagte ist, aufgenommen. Am Tag vor der Operation wurde sie über den Verlauf einer teilweisen Entfernung der Schilddrüse sowie die daraus resultierenden Risiken aufgeklärt. Am Morgen des 29. Mai 1997 wurde die
Schilddrüse der Klägerin operativ unter Darstellung der Stimmbandnerven vollständig entfernt. In der Folge ergaben sich Komplikationen, die zu einer beidseitigen Stimmbandlähmung bei der Klägerin führten. Infolge dieser hat die Klägerin bereits im Ruhezustand Atembeschwerden, die sich bei körperlichen Aktivitäten verstärken. Sie kann nur noch flüsternd sprechen. Die Klägerin macht geltend, die Schilddrüsenoperation sei wegen unzureichender Aufklärung rechtswidrig erfolgt und zudem fehlerhaft durchgeführt worden. Sie begehrt deshalb von dem Beklagten Schmerzensgeld, Ersatz ihres materiellen Schadens und Feststellung der weiteren Ersatzpflicht des Beklagten. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf die Berufung des Beklagten in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten sei schon dem Grunde nach nicht gegeben; er scheitere jedenfalls daran, daß die Klägerin den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem pflichtwidrigen Verhalten der sie behandelnden Ärzte im Krankenhaus des Beklagten und der bei ihr eingetretenen beidseitigen Stimmbandlähmung nicht führen könne.
Allerdings hätten die behandelnden Ärzte die Kläger in inhaltlich nicht ausreichend über den beabsichtigten operativen Eingriff und dessen Risiken aufgeklärt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß der der Klägerin im Rahmen der Eingriffs- und Risikoaufklärung gegebene pauschale Hinweis auf eine Operationserweiterung während der Operation hier nicht genügt habe. Präoperativ sei die Durchführung einer Teilresektion der Schilddrüse indiziert und an der Wahl dieser indizierten Behandlungsmaßnahme sei die Aufklärung zunächst auszurichten gewesen; insoweit sei die Aufklärung , was durch die von dem Beklagten vorgelegten Krankenunterlagen bewiesen sei, auch inhaltlich ausreichend erfolgt. Im vorliegenden Fall sei aber eine intraoperative Operationserweiterung hin zu einer Totalresektion des Schilddrüsengewebes auch aus präoperativer Sicht der behandelnden Ärzte ernsthaft in Betracht gekommen, weshalb die Klägerin in eine solche konkrete Option auch habe eingeweiht werden müssen. Zwar sei das Behandlungsrisiko, insbesondere dasjenige von Nachblutungen bzw. der Verletzung eines oder beider Stimmbandnerven , sowohl bei einer Teil- als auch bei einer Totalresektion des Schilddrüsengewebes jeweils als gering einzuschätzen. Doch seien die Risiken einer Totalresektion signifikant höher als bei einer Teilresektion. Eine dahin gehende Aufklärung der Klägerin hätten die behandelnden Ärzte schon nach dem Sachvorbringen des Beklagten nicht vorgenommen. Ob die die Klägerin behandelnden Ärzte die Indikati on für eine Totalresektion des Schilddrüsengewebes während der Operation verfrüht, d.h. auf unzureichender Entscheidungsgrundlage, getroffen hätten oder nicht, könne offen bleiben. Unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen der beiden behandelnden Ärzte sei die Entscheidung zur totalen Ausräumung des Schi lddrüsengewebes aus fachärztlicher Sicht geboten gewesen. Unter Zugrundelegung des Operationsberichts hingegen hätten die behandelnden Ärzte die Indikation für eine To-
talresektion zumindest verfrüht gestellt. Selbst wenn man davon ausgehe, sei aber ein Arzthaftungsanspruch der Klägerin nicht begründet. Der Klägerin sei der Nachweis nicht gelungen, daß die bei ihr eingetretene beidseitige Stimmbandlähmung allein darauf zurückzuführen sei, daß die als Teilresektion begonnene Operation intraoperativ zu einer totalen Entfernung des Schilddrüsengewebes erweitert wurde. Wie bereits das erstinstanzliche Gericht auf der Grundlage sachverständiger Beratung zutreffend festgestellt habe, sei eine Teilentfernung des Schilddrüsengewebes der Klägerin, nämlich zumindest im rechten und im Isthmus-Bereich, sowohl aus chirurgischer als auch aus internistischer und nuklearmedizinischer Sicht absolut indiziert gewesen. In eine solche Operation habe die Klägerin wirksam eingewilligt. Mit dem gerichtlichen Sachverständigen sei davon auszugehen, daß die beidseitige Stimmbandlähmung der Klägerin dadurch entstanden sei, daß sich in der Nähe des Operationsgebietes eine Nachblutung eingestellt und entweder zur Herausbildung eines Hämatoms oder zur Einblutung in das Nervenhüllgewebe geführt habe. Hinsichtlich der Ursache der Nachblutung, einer kontinuierlich blutenden Vene unterhalb der bei der Erstoperation eröffneten Grenzlamelle , sei nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu beantworten , ob diese auch bei einer nur teilweisen Entfernung der Schilddrüse eingetreten wäre. Diese nicht überwindbare Unsicherheit bei der Aufklärung des tatsächlichen Behandlungsverlaufs gehe nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozeß zu Lasten der Klägerin, die aus der behaupteten Kausalität einen Schadensersatzanspruch herleiten wolle. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, daß die vorbeschriebene Nachblutung bei einer Teilresektion „nicht so wahrscheinlich" sei, wie bei dem umfangreicheren Eingriff in Gestalt einer Totalresektion. Eine weitere Festlegung habe
er jedoch als spekulativ abgelehnt. Beispielsweise könne eine Zugwirkung an der Schilddrüse sowohl bei einer Teilresektion als auch bei einer Totalresektion auftreten. Letztlich habe der Sachverständige den Eintritt der bilateralen Recurrensparese hier als ein schicksalhaftes, für beide Operationsmaßnahmen auch bei facharztgerechter Behandlung typisches Ereignis bewertet. Dieser Einschätzung folge der Senat. Die Klägerin trage die Beweislast für die Kausalität der wegen des festgestellten Aufklärungsmangels rechtswidrigen Operationserweiterung bzw. des als wahr unterstellten Behandlungsfehlers für die beidseitige Stimmbandlähmung. Das bedeute, daß die Klägerin im Prozess schon dann unterliege, wenn sie nicht beweisen könne, daß die Pflichtverletzung den Schaden verursacht habe bzw. daß der Schadenseintritt ohne die Pflichtverletzung zumindest sehr unwahrscheinlich gewesen wäre. Beweiserleichterungen kämen der Klägerin nicht zugute; auf einen groben Behandlungsfehler könne sie sich nicht berufen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Klägerin nicht ausreichend darüber aufgeklärt, daß während der Operation gegebenenfalls von der Teilresektion der Schilddrüse zu einer Totalresektion überzugehen war. Dies nimmt die Klägerin als ihr günstig hin. Die Bedenken, die die Revisionserwiderung insoweit vorbringt, sind unbegründet. Die Bejahung einer unzureichenden Aufklärung durch das Berufungsgericht beruht auf einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Aufklärungs-
bogens, des vom Beklagten dargestellten Inhalts des Aufklärungsgesprächs und der Ausführungen des Sachverständigen. 2. Revisionsrechtlich ist zudem davon auszugehen, daß die behandelnden Ärzte die Entscheidung für eine Totalresektion verfr üht getroffen haben. Denn das Berufungsgericht läßt ausdrücklich dahinstehen, ob insoweit ein Behandlungsfehler festgestellt werden kann oder nicht. 3. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht die Klägerin nicht hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen der rechtswidrig, weil ohne ausreichende Aufklärung, und zudem auch behandlungsfehlerhaft vorgenommenen Operation und dem erlittenen Gesundheitsschaden als beweisfällig behandeln.
a) Den Ausführungen des Berufungsgerichts könnte - was die Revision zu Recht geltend macht - nicht gefolgt werden, wenn es auf Seite 9 des angefochtenen Urteils hat zum Ausdruck bringen wollen, daß der Arzt nur haftet, wenn sein Fehler die alleinige Ursache für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Patienten ist. Nach allgemeinem Schadensrecht steht eine Mitursächlichkeit , und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen, der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich. Dies gilt auch für die Arzthaftung (vgl. nur Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282 f. m.w.N.). Etwas anderes kann allenfalls in dem - hier nicht vorliegenden - Fall der Teilkausalität gelten, wenn das ärztliche Versagen und ein weiterer, der Behandlungsseite nicht zuzurechnender Umstand abgrenzbar zu einem Schaden geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363 m.w.N.).
b) Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn das Berufungsgericht der Klägerin den Beweis dafür auferlegen will, daß die beabsichtigte rechtmäßige Teilre-
sektion nicht zu denselben Beeinträchtigungen geführt hätte wie die tatsächlich durchgeführte rechtswidrige Operation. Steht fest, daß der Arzt dem Patienten durch rechtswidriges und fehlerhaftes ärztliches Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muß der Arzt beweisen, daß der Patient den gleichen Schaden auch bei einem rechtmäßigen und fehlerfreien ärztlichen Handeln erlitten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 209, 213 ff.; 106, 153, 156; vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 22/88 - VersR 1989, 289 f.; vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 4. Aufl., Rn. C 151 m.w.N.). Auch soweit es darum geht, ob es zu einem schadensursächlichen Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung des Patienten gekommen wäre, liegt die Beweislast bei der Behandlungsseite (vgl. Senatsurteile BGHZ 29, 176, 187; vom 15. Oktober 1968 - VI ZR 226/67 - VersR 1969, 43, 44; vom 14. April 1981 - VI ZR 39/80 - VersR 1981, 677, 678; vgl. auch die ständige Senatsrechtsprechung zur Beweislast der Behandlungsseite bei der Behauptung hypothetischer Einwilligung des Patienten, z.B. Senatsurteile BGHZ 29, 176, 187; vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1239 m.w.N.). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Schädiger zu beweisen hat, daß sich ein hypothetischer Kausalverlauf bzw. eine Reserveursache ebenso ausgewirkt haben würde wie der tatsächliche Geschehensablauf (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - VersR 1993, 754, 755 f. m.w.N.; MünchKomm-BGB/Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 218 m.w.N.). 4. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts lassen die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen keine ausreichend siche ren Feststellungen dahingehend zu, daß der Gesundheitsschaden der Klägerin auch bei Durchführung einer Teilresektion entstanden wäre. Verbleibt es bei diesem Beweisergebnis , bleibt der Beklagte hinsichtlich der von ihm behaupteten Reserveursache beweisfällig. Dann wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob
und inwieweit die weiteren Voraussetzungen für die geltend gemachten Ansprüche vorliegen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 74/05 Verkündet am:
10. Oktober 2006
H o l m e s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 823 Abs. 1 Aa; 852 a. F.

a) Minderjährigen Patienten kann bei einem nur relativ indizierten Eingriff mit der
Möglichkeit erheblicher Folgen für ihre künftige Lebensgestaltung ein Vetorecht
gegen die Einwilligung durch die gesetzlichen Vertreter zustehen, wenn sie über
eine ausreichende Urteilsfähigkeit verfügen.

b) Auch über ein gegenüber dem Hauptrisiko des Eingriffs weniger schweres Risiko
ist aufzuklären, wenn dieses dem Eingriff spezifisch anhaftet, es für den Laien überraschend
ist und durch die Verwirklichung des Risikos die Lebensführung des
Patienten schwer belastet würde.

c) Im Hinblick auf den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 852 BGB a. F. besteht
keine Verpflichtung des Patienten, sich Kenntnisse über fachspezifisch medizinische
Fragen zu verschaffen.
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 74/05 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter
Dr. Greiner und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. März 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken einer Operation, aufgrund der sie neben anderen Folgen querschnittgelähmt ist. Der Beklagte war Oberarzt in der orthopädischen Abteilung der Klinik, in welcher die Operation durchgeführt wurde. Träger der Klinik ist der Streithelfer.
2
Die am 16. August 1976 geborene Klägerin litt ab dem 13. Lebensjahr an einer Adoleszenzskoliose. Nachdem sich konservative Maßnahmen als nicht wirksam gegen die fortschreitende Verkrümmung erwiesen hatten, schlug der Beklagte im Jahr 1990 den Eltern der Klägerin vor, durch eine Operation die Missbildung zu korrigieren. Am 25. September 1990 wurde ein Aufklärungsgespräch über Vorgehensweise und Risiken bei der Operation durch Frau Dr. S. mit den Eltern der Klägerin in deren Beisein geführt. Die Operation musste verschoben werden, weil die Klägerin an starker Akne an den von der Operation betroffenen Hautstellen litt. Am 12. Januar 1991 führte Dr. Dr. T. ein weiteres Aufklärungsgespräch. Die Operation wurde wiederum aufgeschoben, weil eine Eigenblutspende versäumt worden war. Die Eltern der damals 14-jährigen Klägerin unterzeichneten nach dem jeweiligen Aufklärungsgespräch einen Vordruck mit einer Einwilligungserklärung. In den Vordruck ist handschriftlich eingefügt : "u. a. Infektion, Gefäß-, Nervenverletzung, Querschnitt; Eigenblut, Retransfusion , nur im Notfall Fremdblut". Von 1990 bis zur Operation war die Klägerin in ständiger Behandlung in der klinischen Ambulanz. Anlässlich der Behandlungstermine wurden auch Gespräche von den behandelnden Ärzten mit der Mutter der Klägerin über Risiken und Erfolgsaussichten der anstehenden Operation geführt. Die Risiken einer Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) und des operativen Zugangs (Verwachsungen im Brustraum und Rippeninstabilitäten) wurden auch nicht bei dem Aufklärungsgespräch angesprochen, das der Beklagte am 18. Februar 1992, dem Vortag der Operation, führte. Dabei unterschrieb neben ihren Eltern auch die Klägerin die Einverständniserklärung. Der Vordruck ist durch folgende handschriftliche Eintragungen ergänzt: "Komplikationsmöglichkeiten : Neurologische Ausfälle, Infektionen, Blutungen, Thrombosen , Embolien". Bei der Operation am 19. Februar 1992 kam es zu einer Einblutung in den Rückenmarkskanal, die zur Querschnittlähmung der Klägerin führte. In der Folgezeit entwickelten sich neben anderen Beschwerden auch Verwachsungen im Brustraum, Falschgelenkbildungen und Rippeninstabilitäten.
3
Die Klägerin macht, nachdem sie erfolglos versucht hat, den operierenden Arzt wegen eines Behandlungsfehlers in Anspruch zu nehmen, gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen unzureichender Aufklärung am 18. Februar 1992 geltend. Sie ist der Auffassung, die Aufklärung sei schon deshalb unwirksam, weil Aufklärungsadressaten ihre Eltern und nicht sie selbst gewesen seien, obwohl sie am 18. Februar 1992 bereits die sittliche Reife und das erforderliche Verständnis für die Risiken der Operation gehabt habe. Außerdem sei die Aufklärung am 18. Februar 1992 zu spät erfolgt und von ihrem Inhalt her unzureichend gewesen. Die beiden vorhergehenden Aufklärungsgespräche könnten wegen des zeitlichen Abstands nicht in die Beurteilung miteinbezogen werden. Der Beklagte habe Alternativen zum Eingriff und dessen Dringlichkeit nicht angesprochen. Auch sei das Risiko der Querschnittlähmung verharmlost worden. Über die Möglichkeit des Materialbruches und der Bildung von Verwachsungen im Brustraum, von Falschgelenken und Rippeninstabilitäten sei nicht aufgeklärt worden. Bei Kenntnis dieser Risiken wäre in die Operation nicht eingewilligt worden. Der Anspruch gegen den Beklagten sei nicht verjährt, da die Klägerin erst durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P. im Juni 1997 erfahren habe, dass die Aufklärung unzureichend gewesen sei.
4
Der Beklagte wendet dagegen ein, dass, selbst wenn eine unzureichende Aufklärung unterstellt würde, die Eltern der Klägerin jedenfalls auch bei Kenntnis aller Risiken in eine Operation eingewilligt hätten. Immerhin seien sie das ihnen genannte Risiko einer Querschnittlähmung eingegangen. Die Ansprüche seien außerdem verjährt.
5
Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Die Klägerin verfolgt mit der vom Senat zugelassenen Revision ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass die Eltern der Klägerin in die Operation wirksam eingewilligt hätten. Jedenfalls seien die Ansprüche der Klägerin verjährt. Zuständige Aufklärungsadressaten seien wegen der Minderjährigkeit der zur Zeit der Operation erst 15 ½ Jahre alten Klägerin deren Eltern als gesetzliche Vertreter gewesen. Die Aufklärung sei umfassend und rechtzeitig erfolgt, da die Aufklärungsgespräche vom 25. September 1990, 12. Januar 1991 und 18. Februar 1992 in einer Zusammenschau zu beurteilen seien. Die Operation habe nach dem ersten Aufklärungsgespräch bis zu ihrer Durchführung stets im Raume gestanden. Inhaltlich sei ausreichend über Durchführungsweise und Erfolgsaussichten der relativ indizierten Operation aufgeklärt worden. Den Eltern der Klägerin sei in verschiedenen Gesprächen von den Ärzten ausreichend verdeutlicht worden, dass das Risiko einer Querschnittlähmung bestehe, wenn dieses auch - wie es den Tatsachen entspreche - äußerst gering sei. Über die Risiken der Falschgelenkbildung und des operativen Zugangs sei zwar nicht aufgeklärt worden, doch habe es das Landgericht zutreffend als unter keinem Gesichtspunkt plausibel angesehen, dass die Eltern der Klägerin, die nach Aufklärung über das Querschnittrisiko in die Operation eingewilligt hätten, sich bei Kenntnis eines Risikos, das demgegenüber in seiner Schwere nicht wesentlich ins Gewicht falle, in einem ernsthaften Entscheidungskonflikt befunden hätten. Bei Erhebung der Klage mit Klageschrift vom 11. Mai 2000 sei die dreijährige Verjährungsfrist längst abgelaufen gewesen, weil die Eltern der Klägerin bereits 1992/1993 die erfor- derliche Kenntnis im Sinne von § 852 Abs. 1 BGB a. F. von den geltend gemachten Aufklärungsversäumnissen gehabt hätten.

II.

7
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , dass unter den tatsächlichen Umständen des Streitfalls die Aufklärungsgespräche mit den Eltern der damals minderjährigen Klägerin zu führen waren. Zwar kann minderjährigen Patienten bei einem nur relativ indizierten Eingriff mit der Möglichkeit erheblicher Folgen für ihre künftige Lebensgestaltung - wovon im Streitfall auszugehen ist - ein Vetorecht gegen die Fremdbestimmung durch die gesetzlichen Vertreter zuzubilligen sein, wenn sie über eine ausreichende Urteilsfähigkeit verfügen. Um von diesem Vetorecht Gebrauch machen zu können, sind auch minderjährige Patienten entsprechend aufzuklären , wobei allerdings der Arzt im Allgemeinen darauf vertrauen kann, dass die Aufklärung und Einwilligung der Eltern genügt (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1971 - VI ZR 230/69 - VersR 1971, 929 f. und vom 16. April 1991 - VI ZR 176/90 - VersR 1991, 812, 813; Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht 5. Aufl. Rn. C 115; Steffen/Pauge Arzthaftungsrecht 10. Aufl. Rn. 432; differenzierend Wölk MedR 2001, 80, 83 ff.). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin 1992 bereits über eine ausreichende Urteilsfähigkeit verfügte, denn nach den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wurde dem Selbstbestimmungsrecht der Klägerin hinreichend Rechnung getragen. Sie war bei den einzelnen Aufklärungsgesprächen anwesend und hat durch ihre Unter- schrift unter die Einwilligungserklärung vom 18. Februar 1992 bekundet, dass sie mit dem Eingriff einverstanden sei.
9
b) Keine Bedenken bestehen auch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Vater, soweit er bei den zwischen der Mutter der Klägerin und den Ärzten geführten Gesprächen nicht anwesend war, ausreichend informiert worden ist, weil ihm von der Mutter die erhaltenen Informationen mitgeteilt und mit ihm besprochen worden sind. Bei den maßgebenden Aufklärungsgesprächen waren außerdem beide Elternteile anwesend, da die jeweiligen Einwilligungserklärungen von beiden Elternteilen unterzeichnet worden sind.
10
c) Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls die Aufklärung für rechtzeitig hielt. Zwar wäre das Aufklärungsgespräch am Vortag der risikoreichen und umfangreichen Operation zweifellos verspätet gewesen, wenn die früheren Aufklärungsgespräche nicht einzubeziehen wären (vgl. zur rechtzeitigen Aufklärung etwa Senatsurteil vom 25. März 2003 - VI ZR 131/02 - VersR 2003, 1441 ff. m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hängt die Wirksamkeit der Einwilligung davon ab, ob unter den jeweils gegebenen Umständen der Patient ausreichend Gelegenheit hat, sich innerlich frei zu entscheiden. Je nach den Vorkenntnissen des Patienten von dem bevorstehenden Eingriff kann bei stationärer Behandlung eine Aufklärung im Verlauf des Vortages genügen, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, der dem Patienten die Wahrung seines Selbstbestimmungsrechts erlaubt (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1998 - VI ZR 74/97 - VersR 1998, 766, 767). Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Berufungsgericht die drei Aufklärungsgespräche in einem zeitlichen Zusammenhang gesehen hat. Nachdem die Eltern der Klägerin bereits in zwei Gesprächen am 25. September 1990 und 12. Januar 1991 über Risiken der Operation informiert worden waren und die Operation seit 1990 stets im Raume stand, erfolgte die abschließende Aufklärung am 18. Februar 1992 zwar noch rechtzeitig, doch ist sie inhaltlich unzureichend.
11
d) Soweit die Revision allerdings die Ausführungen des Berufungsgerichts zur hinreichenden Aufklärung über das Querschnittrisiko, die Möglichkeit des Materialbruchs und die eingeschränkten Erfolgsaussichten des Eingriffs in Zweifel zieht, begibt sie sich unter den Umständen des Streitfalls auf das ihr verschlossene Gebiet der Tatsachenwürdigung und setzt ihre eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts. Aus Rechtsgründen bestehen insoweit keine Bedenken gegen dessen Ausführungen.
12
e) Doch ist die Aufklärung deshalb inhaltlich unvollständig, weil die Risiken der Falschgelenkbildung und des operativen Zugangswegs von vorne durch die Brust in den Aufklärungsgesprächen nicht erörtert worden sind. Gegenstand der Risikoaufklärung sind generell alle behandlungstypischen Risiken, deren Kenntnis beim Laien nicht vorausgesetzt werden kann, die aber für die Entscheidung des Patienten über die Zustimmung zur Behandlung ernsthaft ins Gewicht fallen (Geiß/Greiner aaO, Rn. C 49). Auch über ein gegenüber dem Hauptrisiko weniger schweres Risiko ist deshalb aufzuklären, wenn dieses dem Eingriff spezifisch anhaftet, es für den Laien überraschend ist und durch die Verwirklichung des Risikos die Lebensführung des Patienten schwer belastet würde (BGH BGHZ 126, 386, 389; Senat, Urteil vom 12. Dezember 1989 - VI ZR 83/89 - VersR 1990, 522, 523). Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil handelt es sich bei den in Rede stehenden Risiken um operationsspezifische Komplikationen, die sich tatsächlich verwirklicht haben und das Leben der Klägerin nachhaltig beeinträchtigen. Zutreffend ist deshalb der Ansatz des Berufungsgerichts, dass auch diese Risiken im Rahmen der Aufklärung anzusprechen waren, obwohl über das schwerere Risiko der Querschnitt- lähmung aufgeklärt worden ist. Der Hinweis auf das Risiko der Querschnittlähmung , das überdies von den beteiligten Ärzten als äußerst gering dargestellt worden war, vermochte kein realistisches Bild davon zu vermitteln, welche sonstigen Folgen die Verwirklichung der weiteren Risiken der Operation für die künftige Lebensgestaltung der Klägerin mit sich bringen konnte. Bei dieser Sachlage führt die fehlerhafte Aufklärung grundsätzlich zur Haftung des Beklagten für die Folgen des ohne wirksame Einwilligung durchgeführten Eingriffs.
13
f) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt nicht das für die Haftung erforderliche Verschulden des Beklagten. Soweit der Streithelfer meint, der Beklagte sei vor dem Aufklärungsgespräch am 18. Februar 1992 nicht mit dem Fall der Klägerin befasst gewesen, ist dies in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend , weil der Beklagte nach den von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen tatsächlichen Feststellungen bereits 1990 den Eltern der Klägerin die Operation vorschlug. Der Arzt, der seinem Patienten zur Operation rät und ihn über Art und Umfang sowie mögliche Risiken dieser Operation aufklärt, begründet dadurch eine Garantenstellung gegenüber dem sich ihm anvertrauenden Patienten (vgl. Senatsurteil vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Durch die Übernahme der ärztlichen Aufklärung vor der Operation ist er dafür verantwortlich, dass die Einwilligung des Patienten in die Operation wirksam ist. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Jedoch durfte sich der Beklagte im Hinblick auf den Inhalt der Dokumentation zur Aufklärung nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass in den beiden vorangegangenen Aufklärungsgesprächen eine ausreichende Risikoaufklärung erfolgt sei. Da die Risiken der Pseudarthrose und des operativen Zugangsweges ersichtlich nicht angesprochen worden waren, oblag es dem Beklagten, die Aufklärung hinreichend zu vervollständigen und zu diesem Zweck sich vor dem abschließenden Aufklärungsgespräch am Tag vor der Operation durch einen Einblick in die Behandlungsunterlagen zu vergewissern, inwieweit bereits aufgeklärt worden war.
Dass er dies unterlassen hat, obwohl er den Mangel hätte erkennen können, begründet einen Verschuldensvorwurf hinsichtlich der Aufklärung.
14
2. Zu Recht rügt die Revision, die Auffassung des Berufungsgerichts, die Eltern hätten die Einwilligung in die Operation auch bei gehöriger Aufklärung über diese Risiken erteilt, beruhe auf verfahrensfehlerhaften tatsächlichen Feststellungen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Die Haftung durfte auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht deshalb verneint werden, weil ein Entscheidungskonflikt der Eltern der Klägerin nicht plausibel, sondern vielmehr anzunehmen sei, dass die Einwilligung auch bei Kenntnis der unerwähnt gebliebenen Risiken erteilt worden wäre.
15
a) Entgegen der Auffassung der Revision haben sich der Beklagte und der Streithelfer bereits in erster Instanz auf eine hypothetische Einwilligung der Eltern der Klägerin berufen. Dem Berufungsgericht war es folglich nicht versagt, diese Frage zu prüfen (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1998 - VI ZR 74/97 - VersR 1998, 766, 767 und vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - VersR 1994, 1302).
16
b) Der Verpflichtung, plausibel darzulegen, weshalb aus ihrer Sicht bei Kenntnis der aufklärungspflichtigen Umstände ihre Eltern vor einem Entscheidungskonflikt gestanden hätten, ob sie den ihnen empfohlenen Eingriff gleichwohl ablehnen sollten (vgl. Senat BGHZ 90, 103, 111 ff.; Urteile vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03 - VersR 2005, 694 und vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238, 1239), ist die Klägerin - entgegen der Auffassung des Streithelfers - hinreichend nachgekommen. Bereits in der Klageschrift hat sie vorgetragen , dass sie vor der Operation nicht unter Leidensdruck gestanden habe und alle altersüblichen Sportarten habe ausüben können. Bei Kenntnis der Operationsrisiken hätte sie eine Einwilligung hierzu nicht erteilt. Es wäre in je- dem Fall ihre Volljährigkeit abgewartet worden, damit sie die Entscheidung selbst hätte treffen können. Zum Beweis für diesen Vortrag hat die Klägerin ihre Eltern als Zeugen angeboten. Auch in der Berufungsbegründung vom 19. April 2004 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass wegen ihres Befindens eine Operation weder nötig noch dringend gewesen sei. Sie habe keine Beschwerden gehabt, sei leistungsmäßig nicht eingeschränkt gewesen, habe nicht über Schmerzen geklagt, am Turnunterricht teilgenommen und intensiv Reit- und Fahrsport mit Pferden betrieben. Die Operation sei zwei Mal verschoben worden , einem weiteren Aufschub hätte nichts entgegengestanden. Diese Ausführungen genügen den Anforderungen, die der erkennende Senat an die Substantiierung der Plausibilität des Entscheidungskonflikts durch den Patienten stellt (vgl. Senat BGHZ 90, 103, 111 ff.).
17
c) Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht nicht ohne die im Hinblick auf ihr Vetorecht gebotene persönliche Anhörung der Klägerin und ohne die Vernehmung der Eltern als Zeugen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für eine hypothetische Einwilligung (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93 - VersR 1994, 1302 f. und vom 1. Februar 2005 - VI ZR 174/03 - VersR 2005, 694) vorliegen. Dabei hat es in unzulässiger Weise seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen der Klägerin und ihrer Eltern gesetzt, ohne sich ein eigenes Bild durch deren Vernehmung als Zeugen bzw. die persönliche Anhörung der Klägerin zu verschaffen.
18
Die Revision rügt zu Recht, dass das Landgericht, auf dessen Urteil das Berufungsgericht insoweit Bezug nimmt, die Klägerin und ihre Eltern nicht zu dem hier in Rede stehenden Entscheidungskonflikt gehört hat. Bei der Anhörung vor dem Landgericht ging es um die Einwilligung in das Querschnittrisiko und nicht um die Risiken der Pseudarthrose und des operativen Zugangswegs. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich aus der Tatsache, dass die Eltern der Klägerin in das Risiko einer Querschnittlähmung eingewilligt haben, nicht schließen, die Aufklärung über die hier in Rede stehenden weniger schweren Risiken hätte keinen Einfluss auf die Einwilligung in die Operation gehabt. Es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass nach den insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts in verschiedenen Gesprächen vor der Operation das Risiko der Querschnittlähmung als äußerst gering dargestellt worden ist. Im Hinblick darauf konnte der Eindruck entstanden sein, dass dieses Risiko zu vernachlässigen sei. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Operation ohnehin nur einen Teilerfolg erwarten ließ und deswegen selbst bei geglückter Operation nicht mit völliger Beschwerdefreiheit gerechnet werden konnte. Hingegen waren bei Verwirklichung der unerwähnt gebliebenen Risiken erhebliche weitere Belastungen für die Lebensführung der noch jugendlichen Klägerin gegeben. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist danach nicht auszuschließen , dass die Eltern der Klägerin bei Kenntnis der möglichen Folgen, die mit der konkreten Operationstechnik verbunden waren, Bedenken bekommen und von dem Eingriff Abstand genommen hätten, um Zeit zu gewinnen und sich in Ruhe über ihre Einwilligung in den Eingriff schlüssig zu werden oder um ihn bis zur Volljährigkeit der Klägerin aufzuschieben.
19
Hätte die gebotene Aufklärung zur Versagung der Einwilligung und infolgedessen zur Vermeidung der Operation geführt, hat der Beklagte grundsätzlich für deren sämtliche Folgen einzustehen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 353/99 - VersR 2001, 592).
20
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die im Streit befindlichen Ansprüche der Klägerin nicht verjährt.
21
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass für die nach § 852 Abs. 1 BGB a. F. für den Lauf der Verjährung deliktischer Ansprüche erforderliche Kenntnis von Schädigungshandlung und Schädigung nicht auf das Wissen der minderjährigen Klägerin, sondern auf die Kenntnis ihrer Eltern als ihrer gesetzlichen Vertreter abzustellen ist, denn auf deren Wissensstand kommt es an, solange der Geschädigte beschränkt geschäftsfähig oder geschäftsunfähig ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88 - NJW 1989, 2323 m. w. N.). Auch hat es mit Recht den Kenntnisstand der Rechtsanwälte , die die Eltern der Klägerin mit der Ermittlung und Geltendmachung der Ansprüche beauftragt hatten, in die Prüfung miteinbezogen. Nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 166 Abs. 1 BGB zum so genannten Wissensvertreter entwickelt hat, muss sich derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Geschädigte bzw. dessen gesetzlicher Vertreter einen Rechtsanwalt mit der Aufklärung eines Sachverhalts beauftragt hat (vgl. BGHZ 83, 293, 296; Senat, Urteile vom 19. März 1985 - VI ZR 190/83 - VersR 1985, 735 f. und vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88 - aaO).
22
b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen jedoch die Ausführungen , mit denen das Berufungsgericht annimmt, die für den Verjährungsbeginn maßgebende Kenntnis der Eltern der Klägerin im Sinne des § 852 Abs. 1 BGB a. F. sei bereits seit 1992/1993 gegeben.
23
(1) Zwar geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass bei Schadensersatzansprüchen wegen Aufklärungsmängeln die Verjährung in der Regel nicht schon beginnt, sobald der nicht aufgeklärte Patient einen Schaden aufgrund der medizinischen Behandlung feststellt. Hinzutreten muss vielmehr auch die Kenntnis, dass der Schaden nicht auf einem Behandlungsfehler beruht , sondern eine spezifische Komplikation der medizinischen Behandlung ist, über die der Patient - was dem behandelnden Arzt bekannt sein musste - hätte aufgeklärt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 10. April 1990 - VI ZR 288/89 - VersR 1990, 795). Auch ist zutreffend, dass die Vorschrift des § 852 BGB a. F. für den Beginn der Verjährungsfrist nur auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen abstellt, nicht jedoch auf deren zutreffende rechtliche Würdigung. Fehlen dem Geschädigten die hierfür erforderlichen Kenntnisse, muss er versuchen, sich insoweit rechtskundig zu machen (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 - VersR 1983, 1158, 1159).
24
(2) Soweit aber das Berufungsgericht im Streitfall eine Erkundigungspflicht der klagenden Partei annimmt, kann diese sich nicht auf die fachspezifisch medizinische Frage beziehen, inwieweit eine Aufklärung zu erfolgen hatte. Der Patient und sein Prozessbevollmächtigter sind nämlich nicht verpflichtet, sich im Hinblick auf einen Haftungsprozess medizinisches Fachwissen anzueignen (vgl. Senat, BGHZ 159, 245, 254). Da die erteilte Aufklärung insoweit erhebliche Lücken aufwies (oben 1 e), hat die Klägerin erst mit Zugang des Gutachtens des Prof. Dr. P. im Juni 1997 davon Kenntnis erlangt, dass es sich bei den eingetretenen Komplikationen der Pseudarthrose und des operativen Zugangswegs, über die nicht aufgeklärt worden ist, nicht um die Folgen eines Operationsfehlers oder schicksalhafte Zufälle handelt, sondern um Risiken, die dem Eingriff spezifisch anhaften und über die deshalb hätte aufgeklärt werden müssen. Danach greift die Verjährungseinrede im Streitfall nicht.

III.

25
Das Berufungsurteil ist nach alledem aufzuheben und die Sache zur Klärung der Frage des Entscheidungskonflikts an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Müller Greiner Wellner Diederichsen Zoll
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 11.02.2004 - 9 O 8807/00 -
OLG München, Entscheidung vom 24.03.2005 - 1 U 2427/04 -

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 160/07 Verkündet am:
29. Januar 2008
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Eine Bürgschaft gemäß § 7 MaBV sichert den Rückgewähranspruch des Erwerbers
bei Nichtigkeit des Bauträgervertrages mangels ordnungsgemäßer
Beurkundung gemäß § 313 Satz 1 BGB a.F. bzw. § 311b Satz 1 BGB n.F. unabhängig
davon, ob Erwerber und Bauträger die Formunwirksamkeit zu vertreten
haben.

b) Die Fälligkeit der Forderung aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft tritt,
sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, mit der Fälligkeit der Hauptschuld
ein und ist nicht von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die
Richter Dr. Ellenberger und Maihold

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 26. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Beklagten. Der Streithelfer des Klägers trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus einer Bürgschaft gemäß § 7 Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) in Anspruch.
2
Kläger Der vereinbarte mit der P. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin) die Übereignung eines Grundstücks und die Sanierung des darauf befindlichen Mehrfamilienhauses gegen Zahlung von 4.066.020 DM. Dem Notar, seinem Cousin, der an der Hauptschuldnerin beteiligt war und die Vereinbarung beurkunden sollte, stellte der Kläger am 1. Dezember 2000 Blankounterschriften zur Verfügung. Unter Verwendung dieser Unterschriften errichtete der Notar in Abwesenheit des Klägers eine auf den 14. Oktober 2000 datierte Urkunde über einen Grundstückskaufvertrag mit Sanierungsverpflichtung.
3
Kläger Der überwies der Hauptschuldnerin am 30. März 2001 3.923.709,30 DM (= 2.006.160,71 €). Mit Urkunde vom selben Tag übernahm die Beklagte, gegen Rückgabe einer bereits zuvor ausgestellten Bürgschaftsurkunde, unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage eine selbstschuldnerische Bürgschaft gemäß § 7 MaBV bis zum Höchstbetrag von 3.923.709,30 DM für die Ansprüche des Klägers gegen die Hauptschuldnerin "auf Rückgewähr oder Auszahlung der vorgenannten Vermögenswerte". Unter dem 13. Juni 2003 rügte der Kläger zahlreiche Baumängel und setzte der Hauptschuldnerin für die Fertigstellung der Sanierung eine Frist bis zum 14. Juli 2003. Bereits mit Schreiben vom 16. Juli 2003 erklärte er den Rücktritt vom Vertrag mit der Hauptschuldnerin und forderte diese zur Rückzahlung der 2.006.160,71 € zuzüglich Schadensersatz auf. Gleichzeitig nahm er die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch.
4
Am 25. März 2004 wurde über das Vermögen der Hauptschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete seine Rückzahlungsforderung in Höhe von 2.006.160,71 € mit Schreiben vom 3. Mai 2004 zur Tabelle an. Ausweislich des Tabellenauszuges vom 2. Juni 2004 bestritt die Insolvenzverwalterin die Forderung.
5
Der Kläger beantragte unter dem 14. April 2004 beim Oberlandesgericht N. , das zuständige Gericht für ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Hauptschuldnerin und die Beklagte zu bestimmen. Nach Rücknahme dieses Antrags beantragte er mit Schriftsatz vom 3. Mai 2004 beim Landgericht B. ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte zur Feststellung zahlreicher Baumängel und nicht erbrachter Restleistungen sowie der Höhe des Aufwandes für die Mängelbeseitigung und der noch zu erbringenden Restarbeiten. Das Landgericht B. lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 8. November 2004 ab.
6
16. Dezember Am 2005 schlossen der Kläger und die Hauptschuldnerin , nachdem die Insolvenzverwalterin das Grundstück aus dem Insolvenzbeschlag entlassen hatte, einen Aufhebungsvertrag. Darin stellten sie fest, dass die Hauptschuldnerin das Sanierungsvorhaben nicht fertig gestellt habe und wegen ihrer Insolvenz nicht in der Lage sei, den Kaufvertrag zu erfüllen. Die notarielle Urkunde vom 14. Oktober 2000 sei unwirksam, weil sie gegenüber dem Kläger nicht und gegenüber der Hauptschuldnerin nicht ordnungsgemäß verlesen worden sei und ein gemeinsamer Notartermin mit Teilnahme des Verkäufers und des Käufers nicht stattgefunden habe. Zur Vermeidung etwaiger Streitigkeiten über die Wirksamkeit dieser Urkunde und das Maß der Fertigstellung des Objekts hoben der Kläger und die Hauptschuldnerin den Vertrag vom 14. Oktober 2000 auf. Die Hauptschuldnerin verpflichtete sich, dem Kläger den gezahlten Kaufpreisteil Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu erstatten.
7
Das Landgericht hat die am 15. September 2005 eingereichte und am 30. Januar 2006 zugestellte Klage auf Zahlung von 2.006.160,71 € nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seine Anträge aus dem Berufungsverfahren weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist unbegründet.

I.


9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Hauptforderung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sei vom Bürgschaftszweck nicht umfasst. Die Bürgschaftsforderung sei auch verjährt.

11
bereicherungsrechtliche Der Rückgewähranspruch werde vom Schutzzweck der Bürgschaft nicht umfasst. Der Kläger und die Hauptschuldnerin hätten den Bürgschaftsfall zwar nicht einvernehmlich zum Nachteil der Beklagten herbeigeführt. Sie hätten aber ein außergewöhnliches Risiko geschaffen, mit dem die Beklagte bei Eingehung der Bürgschaft nicht habe rechnen müssen. Der Kaufvertrag sei aus von ihnen zu vertretenden Gründen formell nichtig. Da es an jeglicher Beurkundungsverhandlung gefehlt habe, sei auch für einen juristischen Laien offenkundig gewesen, dass etwas Falsches beurkundet worden sei und dies Folgen für die Wirksamkeit des Vertrages habe. Werde eine solche Urkunde einem Dritten als Grundlage für eine von ihm einzugehende Verpflichtung vorgelegt, beruhe dies auf einem nachlässigen Verhalten, das auf die Interessen des Vertragspartners keine Rücksicht nehme. Eine Bürgschaft gemäß § 7 MaBV sichere Risiken, die bei Hingabe der Bürgschaft noch nicht eingetreten oder noch nicht bekannt seien. Hier sei der Bürgschaftsfall aber schon vor oder mit Abschluss des Bürgschaftsvertrages eingetreten. Dieses Risiko werde vom Schutzzweck der Bürgschaft nach § 7 MaBV nicht umfasst, wenn die Parteien es - wie hier - zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hätten.
12
Außerdem sei die Forderung aus der Bürgschaft verjährt. Maßgeblich sei die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB n.F., die am 1. Januar 2002 begonnen habe. Die Bürgschaftsforderung sei ebenso wie die Hauptverbindlichkeit mit der Zahlung des Teilkaufpreises am 30. März 2001 entstanden. Die subjektiven Voraussetzungen lägen vor. Die Entstehung der Bürgschaftsforderung hänge nicht von der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger ab. Dass ein Bürge aufgrund seiner akzessorischen Haftung für eine fremde Schuld erst dann konkret Mittel aufwenden müsse, wenn er aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werde, sei für den Beginn der Verjährungsfrist nicht entscheidend. Die Bürgschaftsurkunde vom 30. März 2001 enthalte keine ausdrückliche Bestimmung, die die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von der Inanspruchnahme der Bürgschaft abhängig mache.
13
Hemmungstatbestände, die die Zeit vom Ablauf der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2004 bis zur Klagezustellung am 30. Januar 2006 überbrücken könnten, lägen nicht vor. Das selbständige Beweisverfahren und der vorausgegangene Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung hätten die Verjährung der Bürgschaftsforderung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 und 13 BGB n.F. nicht gehemmt, weil sich die hemmende Wirkung nur auf Ansprüche beziehe, für deren Nachweis die Behauptung, die den Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens bilde, von Bedeutung sein könne. Durch Verhandlungen zwischen den Parteien sei die Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB n.F. allenfalls vom 22. Oktober 2003 bis zum 24. Februar 2004 gehemmt worden. Die Klagezustellung am 30. Januar 2006 sei nicht demnächst erfolgt und habe keine Rückwirkung gemäß § 167 ZPO.

II.


14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
15
1. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , der Anspruch des Klägers gegen die Hauptschuldnerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der 2.006.160,71 € sei vom Sicherungszweck der Bürgschaft nicht umfasst.
16
Bürgschaften a) gemäß § 7 Abs. 1 MaBV sind Vorauszahlungsbürgschaften , die sicherstellen sollen, dass der Erwerber bei einem Scheitern oder einer nicht vollständigen oder nicht ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung seine nicht durch entsprechende Leistungen und damit Vergütungsansprüche des Bauträgers verbrauchte Vorauszahlung zurück erhält (BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 149/00, WM 2001, 1756, 1757 f.; Nobbe, Festschrift Horn S. 801, 805). Sie fangen Störungen des Gleichgewichts zwischen den Vorauszahlungen des Erwerbers und den Leistungen des Bauträgers umfassend auf und sichern das entsprechende Vorauszahlungsrisiko ab (BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 50/06, WM 2007, 1089, 1093 Tz. 58 m.w.Nachw., für BGHZ 172, 63 vorgesehen).
17
Vom Wortlaut und Schutzzweck einer Bürgschaft gemäß § 7 MaBV werden nicht nur Gewährleistungsansprüche gemäß §§ 633 ff. BGB wegen Baumängeln (BGHZ 151, 147, 151; BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 50/06, WM 2007, 1089, 1093 Tz. 52 ff. und vom 18. September 2007 - XI ZR 211/06, WM 2007, 2352, 2355 Tz. 30 ff., für BGHZ vorgesehen ) und Rückgewähransprüche nach einem Rücktritt vom Vertrag gemäß § 326 BGB (BGHZ 160, 277, 281), sondern ebenso Rückzahlungsansprüche des Erwerbers nach einvernehmlicher Aufhebung oder bei Nichtigkeit des Bauträgervertrages (Senat BGHZ 162, 378, 383; OLG München BauR 1998, 1104, 1105; Bergmeister/Reiß, MaBV für Bauträ- ger 4. Aufl. S. 167) erfasst. Dabei setzt der Anspruch aus der Bürgschaft gemäß § 7 MaBV nicht voraus, dass der Bauträger die Nichtdurchführung des Bauvorhabens verschuldet oder zu vertreten hat. Selbst wenn die Aufhebung oder die Nichtigkeit des Bauträgervertrages, die einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch zur Folge hat, auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Erwerbers liegen oder von ihm zu vertreten sind, hindert dies die Inanspruchnahme des Bürgen grundsätzlich nicht. Auch in diesem Fall soll dem Erwerber das Insolvenzrisiko des Bauträgers durch die Bürgschaft gemäß § 7 MaBV abgenommen werden (Senat BGHZ 162, 378, 383; Nobbe, Festschrift Horn S. 801, 811; Klose, BGH-Report 2005, 968). Nur wenn Erwerber und Bauträger den Bürgschaftsfall einvernehmlich bewusst zum Nachteil des Bürgen herbeiführen , kommt eine Einschränkung der Bürgenhaftung nach §§ 242, 826 BGB in Betracht (Senat BGHZ 162, 378, 383).
18
b) Nach diesen Grundsätzen sichert die Bürgschaft der Beklagten den Rückgewähranspruch des Klägers gegen die Hauptschuldnerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Dieser Anspruch ergibt sich daraus, dass der Vertrag zwischen dem Kläger und der Hauptschuldnerin nicht ordnungsgemäß gemäß § 313 Satz 1 BGB a.F. beurkundet worden und deshalb nichtig ist. Er ist, unabhängig davon, ob der Kläger und die Hauptschuldnerin die Formunwirksamkeit zu vertreten haben, vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst. Entscheidend hierfür ist, dass der Rückforderungsanspruch auch bei einem etwaigen Verschulden des Klägers an der Formunwirksamkeit besteht und der Kläger bei der Durchsetzung dieses Anspruchs das Insolvenzrisiko der Hauptschuldnerin trägt, das ihm durch die Bürgschaft gemäß § 7 MaBV abgenommen werden soll. Dass die Parteien des Bauträgervertrages dessen Unwirksamkeit und damit den Bürgschaftsfall einvernehmlich bewusst zum Nachteil der Beklagten herbeigeführt haben, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Die Sanierungsmaßnahmen der Hauptschuldnerin und die Fristsetzung des Klägers zur Fertigstellung der Arbeiten zeigen, dass die Vertragsparteien den Vertrag zunächst durchführen wollten.
19
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Sicherung des Rückgewähranspruchs des Klägers durch die Bürgschaft der Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, der Bürgschaftsfall sei bereits mit Abschluss des Bürgschaftsvertrages eingetreten. Der gesicherte Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist zwar durch die Überweisung des Teilkaufpreises am selben Tag entstanden, an dem die Beklagte die Bürgschaft übernommen hat. Entscheidend für die Inanspruchnahme des Bürgen ist aber nicht die Entstehung des gesicherten Anspruchs, sondern die Insolvenz des Hauptschuldners. Das Insolvenzrisiko , das dem Kläger durch die Bürgschaft der Beklagten abgenommen werden sollte, hat sich erst erhebliche Zeit nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages , letztlich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptschuldnerin am 25. März 2004, realisiert.
20
2. Ob der Kläger verpflichtet war, die Beklagte über die Umstände, unter denen die auf den 14. Oktober 2000 datierte notarielle Urkunde zustande gekommen war, und das dadurch begründete Risiko einer Inanspruchnahme der Beklagten aufzuklären, bedarf keiner Entscheidung, weil das Berufungsgericht jedenfalls rechtsfehlerfrei davon ausgegangen ist, dass die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Bürgschaftsforderung verjährt ist.

21
Da a) die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, ist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB die Frist gemäß § 195 BGB n.F. maßgeblich. Die Frist begann danach am 1. Januar 2002.
22
aa) Die Forderung aus der Bürgschaft (§ 765 BGB) ist zusammen mit dem gesicherten Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gegen die Hauptschuldnerin durch die Überweisung des Teilkaufpreises am 30. März 2001 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.).
23
Die Frage, wann der Anspruch aus einer Bürgschaft entsteht und fällig wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der Bundesgerichtshof hat in Entscheidungen, die zur Rechtslage vor dem 1. Januar 2002 ergangen sind, als für Bürgschaftsforderungen noch die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. galt, beiläufig und ohne Begründung teilweise auf die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger (BGHZ 92, 295, 300; BGH, Urteile vom 10. November 1988 - III ZR 215/87, WM 1989, 129, 131 und vom 25. September 1990 - XI ZR 142/89, WM 1990, 1910, 1911), teilweise auf die Fälligkeit der Hauptschuld (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - IX ZR 9/03, WM 2004, 371) abgestellt. Auch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur wird die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung einerseits von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig gemacht (OLG Hamm WM 1983, 772; LG Coburg BauR 2006, 692; Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. 1997 § 765 Rdn. 112; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht 2002 § 3 Rdn. 100; Gay NJW 2005, 2585, 2587; Lindacher , Festschrift Gerhard, S. 587, 592 f.; Bülow, Recht der Kreditsicher- heiten 7. Aufl. Rdn. 855; Schlößer NJW 2006, 645, 647; Schulze-Hagen BauR 2007, 170, 183 ff.; jeweils m.w.Nachw.), andererseits die Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld für ausreichend gehalten (OLG Hamm BauR 2007, 1265, 1266; OLG Frankfurt am Main WM 2007, 1369, 1370; OLG Karlsruhe ZIP 2008, 170, 171; Schmitz/Wassermann/Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 91 Rdn. 100; MünchKomm/Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 7; MünchKomm /Habersack, BGB 4. Aufl. § 765 Rdn. 82; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 3; Palandt/Sprau, BGB 67. Aufl. § 765 Rdn. 26; Weber , Kreditsicherungsrecht 8. Aufl. S. 79; Hadding, Festschrift Wiegand, S. 299, 307 f.; Schmitz/Vogel ZfIR 2002, 509, 518 f.; Bräuer NZBau 2007, 477, 478; Hohmann WM 2004, 757, 760; Jungmann WuB I F 1 a. Bürgschaft 5.06).
24
Der nunmehr für das Bürgschaftsrecht zuständige erkennende Senat , der die Frage in seinem Urteil vom 8. Mai 2007 (XI ZR 278/06, WM 2007, 1241, 1242 Tz. 13) offen gelassen hat, schließt sich, jedenfalls für den vorliegenden Fall der selbstschuldnerischen Bürgschaft, der Auffassung an, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt und nicht von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig ist. Das Gesetz sieht eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder Fälligkeitsvoraussetzung der Bürgschaftsforderung nicht vor. Die Forderung aus der Bürgschaft gehört nicht zu den so genannten verhaltenen Ansprüchen (vgl. Staudinger/ Frank Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 9), deren Verjährung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (vgl. § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB) erst mit ihrer Geltendmachung oder unter weiteren Voraussetzungen beginnt. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 771 BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) vielmehr ausdrücklich davon ausgegangen, dass „der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung“ entsteht (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 9. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/7052, S. 206). Auch der Grundsatz der Akzessorietät, d.h. der Abhängigkeit der Forderung aus der Bürgschaft von der Hauptschuld im Hinblick auf Entstehung, Durchsetzbarkeit und Erlöschen, spricht dafür, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt. Außerdem dient das Rechtsinstitut der Verjährung dem Schutz des Schuldners und der Herstellung des Rechtsfriedens nach Ablauf der Verjährungsfrist. Mit dieser Schutzintention wäre es unvereinbar, die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig zu machen und diesem damit die Möglichkeit zu eröffnen, den Verjährungsbeginn und die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen beliebig hinauszuzögern.
25
Demgegenüber fällt die Gefahr des Bürgen, frühzeitig in Verzug zu geraten (vgl. Schlößer NJW 2006, 645, 648), angesichts des § 286 Abs. 1 und 4 BGB nicht entscheidend ins Gewicht. Dass - hier nicht gegebene - längere Verjährungsfristen des gesicherten Anspruches eine vorzeitige Inanspruchnahme des Bürgen erforderlich machen können (Palandt/Sprau, BGB 67. Aufl. § 765 Rdn. 26), rechtfertigt es ebenfalls nicht, die Verjährung der Bürgschaftsforderung ohne entsprechende Parteiabrede erst mit einer Leistungsaufforderung des Gläubigers beginnen zu lassen. Den Parteien steht es in diesen Fällen frei, die Geltendmachung der Forderung als vertragliche Fälligkeitsvoraussetzung zu ver- einbaren. Dies ist im vorliegenden Fall, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht geschehen. Die Bürgschaftsurkunde vom 30. März 2001 enthält für eine solche Fälligkeitsvereinbarung keinen Anhaltspunkt, sondern regelt lediglich Bedingungen und Beschränkungen der Bürgschaftsforderung.
26
bb) Das Berufungsgericht hat auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. (vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, WM 2007, 639, 641 Tz. 23 ff. für BGHZ 171, 1 vorgesehen ) rechtsfehlerfrei bejaht. Der Kläger hatte seit dem 30. März 2001 Kenntnis von den die Bürgschaftsforderung und den gesicherten Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch verfolgt, hat Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen, wenn er von der Leistung und vom Fehlen des Rechtsgrundes, d.h. von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt, weiß (Staudinger/Frank Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 46). Dies war hier der Fall. Der Kläger wusste seit dem 30. März 2001, dass die Hauptschuldnerin durch die Überweisung vom selben Tag, also durch seine Leistung, die Klagesumme erlangt hatte. Er kannte auch die Tatsachen, aus denen sich die Formunwirksamkeit des auf den 14. Oktober 2000 datierten Kaufvertrages ergab. Dass er hieraus auch den Schluss auf die Unwirksamkeit des Vertrages und das Fehlen des Rechtsgrundes gezogen hat, ist für die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände nicht erforderlich (MünchKomm/Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 25). Die etwaige Unkenntnis des Klägers von der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung beruhte im Übrigen, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, auf grober Fahrlässigkeit.

27
b) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei angenommen, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB n.F. nach ihrem Beginn am 1. Januar 2002 abgelaufen war, bevor die Klageschrift der Beklagten am 30. Januar 2006 zugestellt wurde.
28
aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Bürgschaftsvertrag enthalte die konkludente Abrede, dass die Verjährung so lange gehemmt sei, wie es zur Erreichung des dem Bürgen bekannten Sicherungszwecks der Bürgschaft erforderlich sei. Danach sei die Verjährung bis heute gehemmt, weil der Kaufvertrag nicht rechtswirksam sei und die Hauptschuldnerin nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt das Sanierungsvorhaben nicht fertig gestellt habe. Diese Auffassung ist bereits deshalb unzutreffend, weil der Kläger die Bürgschaft , wie dargelegt zu Recht, für eine bereicherungsrechtliche Rückzahlungsforderung in Anspruch nimmt, die die Unwirksamkeit des Kaufvertrages gerade voraussetzt und unabhängig von der ordnungsgemäßen Fertigstellung des Sanierungsvorhabens besteht.
29
bb) Unbegründet ist weiter die Auffassung der Revision, die Verjährungsfrist sei durch den Antrag vom 14. April 2004 auf Bestimmung des zuständigen Gerichts für ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte und die Hauptschuldnerin sowie den Antrag vom 3. Mai 2004 auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Beklagte gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 und 13 BGB n.F. in der Zeit vom 16. April 2004 bis zum 8. Mai 2005 gehemmt gewesen.
30
Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sollten Mängel der Sanierungsarbeiten der Hauptschuldnerin, noch auszuführende Restleistungen sowie die Kosten der Mängelbeseitigung und Fertigstellung sein. Ein solcher Antrag auf Beweissicherung, und ebenso der darauf bezogene Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung, unterbricht bzw. hemmt die Verjährung nur für Ansprüche aus den Mängeln, auf die die Sicherung des Beweises sich bezieht (BGHZ 120, 329, 331; Urteil vom 30. April 1998 - VII ZR 74/97, WM 1998, 1980, 1981). Dazu gehört der streitgegenständliche Anspruch aus der Bürgschaft nicht. Wegen der Akzessorietät der Bürgschaft ist der verbürgte Anspruch, im vorliegenden Fall also der Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB, Teil des Streitgegenstandes der Klage aus der Bürgschaft (Senat, Urteil vom 25. November 2003 - XI ZR 379/02, WM 2004, 121, 122). Der Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB besteht unabhängig von den Mängeln, auf die sich der Antrag auf Beweissicherung bezog. Die Revision macht in diesem Zusammenhang ohne Erfolg geltend, zwischen dem Verhalten des Klägers, das zur Unwirksamkeit des Kaufvertrages und damit zu dem Bereicherungsanspruch geführt habe, und dem Bürgschaftsfall bestehe kein Kausalzusammenhang, wenn die Hauptschuldnerin die Vorauszahlung auch bei Wirksamkeit des Kaufvertrages wegen Baumängeln und der deshalb erklärten Kündigung des Vertrages hätte zurückzahlen müssen. Selbst wenn der Kläger den Rückforderungsanspruch nur wegen der von ihm behaupteten Mängel geltend gemacht haben sollte, sind diese Mängel nicht Voraussetzung des Bereicherungsanspruchs gegen die Hauptschuldnerin und des streitgegenständlichen Bürgschaftsanspruchs. Dieser ist kein Anspruch aus einem Mangel, auf den sich der Antrag auf Sicherung des Beweises bezog. Die Verjährung dieses Anspruchs ist durch die Anträge auf Durchführung eines selb- ständigen Beweisverfahrens und auf Gerichtsstandsbestimmung nicht gehemmt worden.
31
cc) Ob das Berufungsgericht zu Recht eine Verjährungshemmung gemäß § 203 Satz 1 BGB n.F. für die Zeit vom 22. Oktober 2003 bis zum 24. Februar 2004 angenommen hat, braucht nicht entschieden zu werden. Auch unter Zugrundelegung einer solchen Hemmung ist die Verjährungsfrist vor Zustellung der Klageschrift am 30. Januar 2006 abgelaufen. Eine Rückwirkung gemäß § 167 ZPO hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen verneint, weil die Zustellung der Klageschrift nach ihrer Einreichung nicht demnächst erfolgt ist.

III.


32
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Maihold
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.05.2006 - 34 O 42/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.01.2007 - 6 U 128/06 -

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.