Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 05. Feb. 2016 - 6 U 59/14
vorgehend
nachgehend
Tenor
1. Das Verfahren wird nicht ausgesetzt.
2. Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16.10.2015 wird mit folgender Maßgabe aufrechterhalten: Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 12.11.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
3. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. In Ergänzung des Beschlusses vom 16.10.2015 wird der Streitwert für das Berufungsverfahren ab dem 05.02.2016 auf 21.411,62 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
II.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 28.017,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen abzüglich einer Zahlung des Herrn W. in Höhe von 1.249,02 € am 30.12.2015, Zug um Zug gegen die schriftliche Zustimmung der Kläger zur Übertragung der Ansprüche aus der Beteiligung an der D. - KG, Vertragsnummer: 0009.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche weiteren künftigen materiellen Schäden aus der Beteiligung an der D. - KG, Vertragsnummer: 0009 zu ersetzen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung im Verzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 1.138,27 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Klägerin von den weiteren vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 1.750,69 € freizustellen.
Gründe
II.
III.
IV.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 05. Feb. 2016 - 6 U 59/14
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 05. Feb. 2016 - 6 U 59/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 05. Feb. 2016 - 6 U 59/14 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben.
(2) Der Kläger kann die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.
(3) Mit dem Aussetzungsbeschluss unterrichtet das Prozessgericht die Kläger darüber,
- 1.
dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und - 2.
dass Nummer 1 nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen wird (§ 24 Absatz 2).
(4) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht, welches das Musterverfahren führt, unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten, wobei die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben ist.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
die Klage abzuweisen und darüber hinaus den Erlass eines Versäumnisurteils.
die Klage sei unzulässig.
Gründe
I.
II.
(1) Nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben.
(2) Der Kläger kann die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.
(3) Mit dem Aussetzungsbeschluss unterrichtet das Prozessgericht die Kläger darüber,
- 1.
dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und - 2.
dass Nummer 1 nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen wird (§ 24 Absatz 2).
(4) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht, welches das Musterverfahren führt, unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten, wobei die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben ist.
(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.
(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.
Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.
(1) Nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Die Parteien sind anzuhören, es sei denn, dass sie darauf verzichtet haben.
(2) Der Kläger kann die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.
(3) Mit dem Aussetzungsbeschluss unterrichtet das Prozessgericht die Kläger darüber,
- 1.
dass die anteiligen Kosten des Musterverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und - 2.
dass Nummer 1 nicht gilt, wenn die Klage innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses im Ausgangsverfahren zurückgenommen wird (§ 24 Absatz 2).
(4) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht, welches das Musterverfahren führt, unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten, wobei die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1) auf Ersatz des Schadens in Anspruch , der ihm infolge einer Beteiligung an der H. GmbH & Co. Beteiligungs KG entstanden ist. Die Beklagte zu 1) hat die Kapitalanlage sowohl vertrieben als auch die Finanzierung der Anleger übernommen. Zur Be- gründung seiner Klage hat der Kläger eine Unrichtigkeit des Beteiligungsprospektes behauptet und geltend gemacht, die Beklagte zu 1) hafte ihm aus Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen des Vertriebs der Anlage und Verschuldens bei Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit der Finanzierung seiner Beteiligung.
- 2
- Bereits zeitlich zuvor hatte der Kläger eine Schadensersatzklage beim Landgericht Lübeck erhoben. Dort hat er die Beklagte zu 1) ebenfalls wegen seiner Beteiligung an der H. GmbH & Co. Beteiligungs KG in Anspruch genommen und eine fehlerhafte Anlageberatung wegen Verwendung eines unrichtigen Prospektes behauptet. Die Beschwerdeführerin hat deshalb im vorliegenden Verfahren den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit erhoben.
- 3
- Mit Beschluss vom 3. Juli 2013 hat das Landgericht München I das Verfahren gemäß § 8 KapMuG ausgesetzt. Hiergegen hatte sich die Beklagte zu 1) mit der sofortigen Beschwerde gewandt und ausgeführt, eine Aussetzung nach § 8 KapMuG sei unzulässig, da der Rechtsstreit aufgrund anderweitiger Rechtshängigkeit abweisungsreif sei.
- 4
- Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 1) mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 5
- Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts und zur teilweisen Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts. Dem Verfahren ist im Streitverhältnis des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) Fortgang zu geben.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Die Klage im Lübecker Verfahren stütze sich auf Beratungspflichtverletzungen , während die Klage im hiesigen Verfahren Ansprüche wegen behaupteter Prospektfehler zum Gegenstand habe. Hierbei handele es sich um unterschiedliche Streitgegenstände. Eine anderweitige Rechtshängigkeit sei daher nicht gegeben. Nach der herrschenden prozessrechtlichen Auffassung vom Streitgegenstand im Zivilprozess werde mit der Klage nicht ein bestimmter materiell -rechtlicher Anspruch geltend gemacht, vielmehr sei Gegenstand des Rechtsstreits der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser werde bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiere, und den Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleite.
- 8
- Die beim Landgericht Lübeck erhobene Klage des Klägers stütze sich auf Pflichtverletzungen im Rahmen eines Beratungsgespräches am 16. Dezember 1998 zwischen dem Kläger und einem namentlich benannten Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) in der Filiale A. . Demgegenüber werde im vorliegenden Verfahren die Beteiligung des Klägers dargestellt, ohne dass auf den konkreten Inhalt einer Beratung eingegangen oder der betreffende Berater oder Ort der Beratung auch nur erwähnt werde. Damit erweise sich die Annahme des Landgerichts als zutreffend, dass die beiden Verfahren unterschiedliche Lebenssachverhalte beträfen. Wenn schon einzelne Pflichtverletzungen verfahrensrechtlich selbständig zu behan- deln seien (so zur Verjährung BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, WM 2010, 1690 Rn. 13), so müsse dies auch bei der Betrachtung des jeweils einer Klage zugrundeliegenden Lebenssachverhalts gelten.
- 9
- 2. Die Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) zurückgewiesen. Die Streitgegenstände der beiden Verfahren sind identisch. Die Klage im hiesigen Verfahren ist daher wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abweisungsreif. Eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der seit dem 1. November 2012 geltenden Fassung (nachfolgend: nF) ist daher ausgeschlossen.
- 10
- a) Allerdings ist durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG nF der Anwendungsbereich des KapMuG auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen unterlassener Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, erweitert worden. Daher können nunmehr auch Klagen wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne und Verschuldens bei Vertragsverhandlung bzw. Beratungspflichtverletzungen - wie hier - Gegenstand eines Musterverfahrens sein, wenn sie auf die Verwendung eines fehlerhaften Prospektes gestützt werden.
- 11
- b) Ist die Entscheidung des Rechtsstreits aber nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängig, muss ein Musterverfahrensantrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF als unzulässig verworfen werden. Ein Rechtsstreit, in dem der Musterverfahrensantrag als unzulässig verworfen werden müsste, kann nicht durch Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF musterverfahrensfähig werden, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF als auch § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt (vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23). So liegt der Fall hier.
- 12
- aa) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KapMuG in der bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung (nachfolgend: aF) war ein Musterverfahrensantrag unzulässig, wenn der Rechtsstreit zur Entscheidung reif war. Entscheidungsreife i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KapMuG aF bestand dann, wenn - vom Rechtsstandpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus - der Tatsachenstoff des Klageverfahrens hinreichend geklärt war und die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von einer Rechtsfrage abhing, die als Feststellungsziel genannt war (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2008 - XI ZB 26/07, BGHZ 177, 88 Rn. 19).
- 13
- bb) Daran hat sich durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF grundsätzlich nichts geändert. Jedenfalls dann, wenn ein Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist, hängt seine Entscheidung unzweifelhaft nicht vom Ausgang des Musterverfahrens ab. In einem solchen Fall ist auch eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF unzulässig, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF als auch § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt.
- 14
- (1) Soweit die Gesetzesbegründung zu § 8 KapMuG nF abweichend von der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - XI ZB 32/11, WM 2012, 2146 Rn. 13) die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beurteilungsspielraum einräumen will (vgl. BT-Drucks. 17/8799 S. 20), so bestehen dagegen im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken (vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24; Wolf/Lange, NJW 2012, 3751, 3753). Diesen Bedenken und der Frage einer möglichen revisionsrechtlichen Überprüfung des angesprochenen Beurteilungsspielraums muss hier nicht generell nachgegangen werden, da jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art eine Aussetzung auch nach dem Willen des Gesetzgebers klar ausscheidet. So nimmt die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ausdrücklich Bezug auf den Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 (XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 = NJW 2009, 2539) und begründet die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 252 ZPO gegen eine Aussetzungsentscheidung mit den tragenden Erwägungen der Senatsrechtsprechung (vgl. BT-Drucks. 17/8799 S. 21). Wenn das Gericht nach dem Willen des Entwurfsverfassers sogar eine begonnene Beweisaufnahme zu Ende führen soll, um die Entscheidungsreife des Rechtsstreits erst herbeizuführen , so ist erst Recht bei unzweifelhaft gegebener Entscheidungsreife die Aussetzung unzulässig. So liegt der Fall hier.
- 15
- (2) Ist zwischen den Parteien bereits eine Klage über denselben Streitgegenstand anhängig, so ist eine erneute Klage unzulässig (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und ohne weitere Sachprüfung abzuweisen.
- 16
- (a) Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 15 mwN). Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell- rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen. Das gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die im Vorprozess nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 2013 aaO).
- 17
- (b) Nach diesen Maßstäben liegt den beiden Klagen ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde.
- 18
- In beiden Verfahren sind der vorgetragene Lebenssachverhalt sowie auch die Klageanträge identisch. In beiden Verfahren trägt der Kläger vor, dass er von der Beschwerdeführerin beraten wurde, genau angegebene Unrichtigkeiten im Prospekt vorhanden waren, er über diese in dem Gespräch nicht aufgeklärt worden sei, er sich auf der Grundlage des Beratungsgesprächs und der Angaben im Prospekt zur Zeichnung der Beteiligung entschlossen habe, jedoch bei ordnungsgemäßer Aufklärung hiervon Abstand genommen hätte.
- 19
- Insbesondere hat der Kläger im Lübecker Verfahren seine Klage nicht nur auf eine angebliche fehlerhafte Beratung, sondern auch auf eine Unrichtigkeit des Prospektes gestützt. So trägt er mit der Klageschrift ausführlich zu angeblichen Prospektfehlern vor und macht geltend, dass er von der Beschwerdeführerin hierüber nicht aufgeklärt worden sei. Der Streitgegenstand ist damit in beiden Verfahren identisch.
- 20
- c) Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten desBeschwerdeund des Rechtsbeschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens die nach § 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 18 mwN).
Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.07.2013 - 22 O 23900/12 -
OLG München, Entscheidung vom 16.09.2013 - 17 W 1708/13 -
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.3.2014 - 83 O 23/13 - durch Beschluss gemäß § 522 Abs.2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin wurde im Jahr 2008 gegründet und befasst sich mit der Ausbildung und Fortbildung von Steuerberatern. Zuvor war der Geschäftsführer der Klägerin, Herr T, auf diesem Gebiet freiberuflich als Dozent tätig. Die Beklagte betreibt eine Steuerfachschule für die Aus- und Weiterbildung im Finanz- und Rechnungswesen. Seit dem Jahr 1998 war Herr T bei der Beklagten freiberuflich als Dozent tätig, nach Gründung der Klägerin wurde diese Zusammenarbeit mit der Klägerin fortgesetzt. Für die jeweiligen, von einem Dozenten durchzuführenden Lehrveranstaltungen wurde eine sogenannte „Dozentenvereinbarung" geschlossen. Exemplarisch hat die Klägerin eine solche Vereinbarung mit Herrn T vom 15.05.2002 (Anlage K1) vorgelegt. Einem Wettbewerbsverbot unterlagen die Dozenten der Beklagten nicht. Im Jahr 2003 fanden zwischen der Beklagten und den Dozenten T und Q, zwei bei den Studenten sehr beliebten Lehrkräften, Gespräche über die weitere Zusammenarbeit im Hinblick auf das von der Beklagten geplante Angebot eines Klausurenkurses zur Prüfungsvorbereitung statt. In einer E-Mail der Beklagten an die beiden Dozenten (Anlage K 2) heißt es:
4„Die Steuerfachschule beabsichtigt ab dem kommenden Jahr einen mehrwöchigen Klausurenkurs zur Prüfungsvorbereitung der StB abzuhalten. Wir streben eine Zusammenarbeit mit Ihnen an. Hierunter verstehen wir, dass wir uns gemeinsam am geschäftlichen Erfolg beteiligen und der jeweilige Erfolg in einem noch festzulegenden, angemessenen Verhältnis verteilt wird. Wenn dies sinnvoll erscheint, sollte die Kursbezeichnung die Namen aller Beteiligten erhalten. Wir stehen sowohl der Gründung einer separaten Gesellschaft, als auch der gesonderten Abrechnung des Kurses (ähnlich unseres B 6) offen gegenüber.“
5Unstreitig bot die Beklagte in ihrem Programm bereits vorher Klausurenlehrgänge an. Auch Herr Q und Herr T führten in Zusammenarbeit mit dem Steuerberaterverband E bereits seit 2003 einen Intensiv – Klausurenkurs durch. Auf der Grundlage eines Positionspapiers (Anlage K 3), in welchem die Leistungen der Beteiligten und die geplante Honorierung nebst Beispielrechnung dargestellt wurde, schlossen die beiden Dozenten T und Q und die Beklagte am 25.11.2003 eine „Vereinbarung“ über eine Zusammenarbeit bei der Durchführung eines Klausuren-Intensiv-Lehrgangs (Anlage K 4). Die beiden Dozenten erhielten danach neben einem festen Dozentenhonorar für die Besprechung und Korrektur der Klausuren eine Überschussbeteiligung. Die Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
6„1. Leistungen der Beteiligten
7a) Steuerfachschule Dr. F
8- Bearbeitungen von Anmeldungen, Abwicklung von Buchungen, Zahlungen, etc.
9[…]
10b) Leistungen der Dozenten
11- Erstellung eines schlüssigen Lehrgangskonzeptes
12- Lieferung von 18 6-stündigen Klausuren auf Prüfungsniveau für den Lehrgang
13- Übernahme von ausreichenden Besprechungsterminen (3-stündig) pro Lehrgangsort durch Herrn Q oder Herrn T gegen ein Fixhonorar i.H.v, 750,00 € zzgl. Nebenkosten pro Termin (Sonderregelung Frankfurt siehe unten)
14Eine Honorierung dieser Leistungen (Ausnahme Klausurbesprechungen) wird nur im
15Rahmen der Überschussbeteiligung vorgenommen.
162. Überschussbeteiligung
17Der Überschuss ergibt sich nach Abzug aller nachfolgend dargestellten Kosten vom
18Umsatz.
19Alle Kosten für weitere Leistungen, die nicht den Leistungssphären der Beteiligten
20zuzuordnen sind, mindern den Überschuss.
21[…]
22Der verbleibende Überschuss des Kölner Lehrganges steht zu 50 % der Steuer-Fachschule Dr. F zu, die weitere Hälfte teilen die Herren Q und T unter sich auf.
23[…]
24Für Dozententätigkeit erhalten die Herren Q und T in Frankfurt ein Honorar i.H.v. 1.500,00 € pro Tag zzgl. Nebenkosten. Dies reduziert sich bei steigender Beteiligungsstufe jeweils um 150,00 € /Tag pro Erhöhungsstufe. Diese Vereinbarung gilt für die einmalige Durchführung des Lehrganges an beiden Standorten im Jahre 2004.
25Eine weitere Zusammenarbeit wird nach Lehrgangsende neu besprochen."
26In den folgenden Jahren wurden die Klausuren-Lehrgänge auf der Grundlage der Vereinbarung vom 25.11.2003 fortgesetzt. Im Jahr 2008 trat an die Stelle von Herrn T die Klägerin. Im September 2010 kündigte die Beklagte die Zusammenarbeit hinsichtlich des Klausurenlehrgangs mit Wirkung zum 31.12.2011 durch entsprechende Kündigungserklärungen gegenüber der Klägerin und Herrn Q. Die Klausurenlehrgänge gehören weiterhin zum Lehrgangsangebot der Beklagten. Die Klägerin ist der Ansicht, zwischen den Parteien habe eine BGB-Innengesellschaft bestanden, so dass ihr ein Abfindungsanspruch nach § 738 Abs. 1 BGB zustehe, dessen Höhe sie aufgrund eines von ihr vorgelegten Sachverständigengutachten (Anlage K 9) auf 1.160.000,00 € veranschlagt. Diesen Betrag macht die Klägerin mit der Klage geltend.
27.
28Das Landgericht, auf dessen Urteil zu den Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe nur ein partiarisches Rechtsverhältnis, dagegen keine BGB-Innengesellschaft vorgelegen. Hinsichtlich der Vereinbarung vom 25.11.2003 fehle es an den inhaltlichen Mindestvoraussetzungen eines Gesellschaftsvertrages.
29Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Maßgeblich stützt sie die Berufung auf folgende Aspekte:
30- Die Beiträge der Dozenten seien besonders wichtig für den Erfolg der gemeinsamen Unternehmung gewesen;
31- das Kurskonzept der Dozenten stelle eine gesellschaftsrechtliche Einlage dar;
32- wären Verluste entstanden, so hätte die Beklagte diese auf alle Beteiligten umgelegt;
33- es handle sich schon deswegen nicht um ein partiarisches Rechtsgeschäft, weil alle Beteiligten ein gemeinsames Interesse am Erfolg hatten und die Beziehung daher nicht von beiderseitigen Eigeninteressen geprägt gewesen sei;
34- selbst wenn kein Anspruch auf Grundlage des Gesellschaftsrechts bestünde, so ergäbe sich ein solcher auf Grundlage des partiarischen Rechtsgeschäfts nach dessen Beendigung, jedenfalls aber aus Bereicherungsrecht.
35Die Klägerin beantragt,
36unter Aufhebung des Urteils der I. Instanz die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.160.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Auch Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
40II.
41Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
421.
43Die Klägerin hat die Klage erstinstanzlich ausschließlich auf einen gesellschaftsrechtlichen Abfindungsanspruch aus § 738 Abs. 1 BGB gestützt. Einen solchen Anspruch hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, verneint.
44Das für das Vorliegen einer Gesellschaft konstitutive Element ist das Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks. Im Gegensatz zu schuldrechtlichen Austauschverträgen ist die gesellschaftliche Zusammenarbeit geprägt von einem gemeinsamen Ziel der Zusammenarbeit. In schuldrechtlichen Austauschverträgen überwiegen hingegen die Einzelinteressen der Beteiligten. Im Falle eines partiarischen Rechtsgeschäfts fällt diese Abgrenzung erheblich schwerer, weil offenkundig alle Parteien einen Erfolg der gemeinsamen Unternehmung wollen. Im Kern fallen auch dort die Zwecke der Zusammenarbeit jedoch auseinander; während die bloß partiarisch Beteiligten zum Zwecke einer möglichst großen Gewinnbeteiligung handeln, verfolgt ein Teil einen darüber hinaus gehenden Zweck. Entscheidend ist, ob die Parteien sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftliches Element in sich tragen oder aber ob die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden (BGH NJW 1990, 573, 574; NJW 1995, 192). Die Abgrenzung der Innengesellschaft vom partiarischen Rechtsgeschäft ist durch Zusammenschau des Vertragszwecks und –inhalts sowie der wirtschaftlichen Ziele der Vertragsparteien vorzunehmen (OLG Dresden NZG 2000, 302; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 705 Rdn. 9). Fehlt es – wie hier – an einer ausdrücklichen Vereinbarung, so ist die Auslegung anhand der vom Landgericht angeführten Indizien vorzunehmen. Anhaltspunkte für die Annahme einer Gesellschaft sind die Bezeichnung als Gesellschaftsvertrag, die vertragliche Einräumung von Informations- und Kontrollrechten an den Anleger, die lange Dauer der vertraglichen Bindung, Regelungen zur Kündigung und zur Beteiligungsübertragung, Regelungen zur Beteiligung am Verlust, zur Teilung des Gewinns und zur Abfindung. Dagegen ist bei einem partiarischen Beteiligungsverhältnis die Vergütung des einen in der Regel erfolgsbezogen ausgestaltet, sie besteht z.B. in einem Anteil am Gewinn des anderen; die Erzielung des Gewinns durch den anderen ist jedoch nur dessen Angelegenheit, nicht der gemeinschaftliche Vertragszweck (zusammenfassend OLG München, Urteil vom 11. 5 2011 – 20 U 310/11, juris Rdn. 35; ferner etwa Ulmer/C. Schäfer in: Münchener Kommentar, BGB, 6 Aufl., Vor § 705 Rdn. 109 f.; Schücking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 4. Auflage 2014, § 2 Rdn. 42 f.). Diese Gesichtspunkte hat das Landgericht umfassend und im Ergebnis überzeugend gewürdigt. Dabei ist zu berücksichtigen ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die von ihr geltend gemachte gesellschaftsrechtliche Qualifikation des Vertragsverhältnisses bei der Klägerin liegt, so dass jegliche ernsthaften Zweifel zu ihren Lasten gehen (vgl. Timme in: Baumgärtel/Prütting/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Schuldrecht BT II, 3. Aufl. § 705 Rdn. 1).
45a) Als Ausgangspunkt für die Abgrenzung kann zunächst die Bezeichnung des Vertrages herangezogen werden. Haben die Parteien den Vertrag explizit als Gesellschaftsvertrag benannt, besteht insoweit ein starkes Indiz dafür, dass auch tatsächlich eine Gesellschaft vorliegen soll. Umgekehrt kann zwar nicht auch ein als solcher überschriebener Vertrag ein Gesellschaftsvertrag sein. Der Überschrift kommt jedoch auch in diesem Fall eine indizielle Bedeutung zu (OLG Dresden NZG 2000, 302).
46Die Parteien haben den Vertrag, auf den sich die Klägerin als vermeintlichen Gesellschaftsvertrag beruft, mit „Vereinbarung zwischen der Steuer-Fachschule Dr. F und den Dozenten Herrn Q und Herrn T“ (Anlage K 3) betitelt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Parteien aufgrund ihres beruflichen Hintergrundes über vertiefte Rechtskenntnisse verfügen und sie in ihrer der Vereinbarung vorgegangenen Kommunikation selbst von der Möglichkeit der „Gründung einer separaten Gesellschaft“ oder einer „gesonderten Abrechnung des Kurses“ ausgegangen sind (Anlage K 2), wäre zu erwarten gewesen, dass die Parteien den Vertrag, hätte er eine Gesellschaft begründen sollen, auch entsprechend benannt hätten. Dass dies nicht der Fall ist, spricht indiziell gegen die Absicht der Gesellschaftsgründung.
47b) Ein weiterer für eine Gesellschaft typischer Gesichtspunkt ist die Vereinbarung von Kontrollrechten der einzelnen Beteiligten. Eine Verschränkung der Mitgliedsrechte der Beteiligten, ihre Kopplung und gegenseitige Beschränkung ist ein starkes Indiz für das Vorliegen einer Gesellschaft. Das Bestehen derartiger Rechte ist für sich gesehen zwar keine notwendige Bedingung hierfür, da Kontrollrechte ihrerseits in den Grenzen des § 716 Abs. 2 BGB abdingbar sind (vgl. Palandt/Sprau § 716 Rdn. 1). Dennoch geht von der (Nicht-)Existenz vertraglich vorgesehener Kontrollrechte eine starke Indizwirkung für oder gegen das Bestehen einer Gesellschaft aus (OLG Dresden a.a.O.). Die Beziehung der Gesellschafter zueinander ist – im Regelfall – von einer partnerschaftlichen Gleichordnung geprägt (vgl. Schücking a.a.O. § 2 Rdn. 52). Für die Einordnung als Gesellschaft spricht es demgemäß, wenn der nach außen tätige Partner nur mit Zustimmung des anderen über gemeinsames Guthaben verfügen kann (so in BGH NJW 1990, 573, 574) oder der nicht nach außen Handelnde seinerseits eigenständig den zu erwartenden Gewinn entnehmen darf (OLG Celle NZG 1999, 650, 652).
48Vorliegend haben die Parteien die jeweiligen Aufgaben für das gemeinsame Vorhaben in der Vereinbarung klar aufgeteilt. Der Geschäftsführer der Klägerin sollte dabei neben dem als Zeugen benannten Dozenten Herrn Q für die Erstellung eines schlüssigen Lehrgangskonzeptes, die Lieferung von 18 Klausuren für den Lehrgang und die Übernahme von „ausreichenden“ Besprechungsterminen verantwortlich sein. Die Beklagte sollte die administrativen Aufgaben übernehmen. Zu einem Mitsprache- oder Kontrollrecht haben die Parteien dagegen nichts vereinbart. Die „Überschussverteilung“ wurde ausweislich der E-Mail vom 13.10.2004 (Anlage K 5) durch die Beklagte durchgeführt und die Gewinne durch sie entsprechend der Vereinbarung ausgekehrt. Die Vereinbarung vom 25.11.2003 enthält damit in keinem Punkt ein Kontroll- oder Eingriffsrecht der Dozenten. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nunmehr behauptet, die Geschäftsführung sei sogar einstimmig erfolgt, findet dieser Vortrag keine Stütze in der vertraglichen Vereinbarung und ist darüber hinaus für sich gesehen bereits unschlüssig. Die Klägerin führt aus, die Beteiligten hätten sich „über Geschäftsführungsmaßnahmen abgestimmt“ und diese „koordiniert“, so z.B. über die Termine der Lehrgänge, die Behandlung zahlungsschwacher Teilnehmer und die Anmietung von Räumen. Damit ist aber nichts dazu vorgetragen, dass die Parteien gleichberechtigt, geschweige denn gemeinschaftlich im Sinne des § 709 Abs. 1 BGB, handelten. Dass sich die Beklagte im Hinblick auf die Rahmendaten der geplanten Veranstaltungen mit ihren Dozenten abgestimmt hat, ist kein Indiz für eine gesellschaftliche Gleichordnung der Parteien. Eine derartige Absprache zwischen Veranstalter und Dozenten ist vielmehr in jedem Fall zu erwarten.
49c) Von Bedeutung ist ferner die Verteilung der Gewinnmöglichkeiten und Verlustrisiken zwischen den Vertragsparteien. Gesellschafter partizipieren alle am Geschäftsergebnis, also an Gewinn und Verlust, grundsätzlich zu gleichen Teilen (§ 722 Abs. 1 BGB). Demgegenüber ist bei einem partiarischen Rechtsverhältnis die Vergütung für die Leistung des einen in der Regel erfolgsbezogen ausgestaltet, sie besteht z.B. in einem Anteil am Gewinn des anderen; die Erzielung des Gewinns durch den anderen ist jedoch nur dessen Angelegenheit und nicht gemeinschaftlicher Vertragszwecks (OLG München, Urteil vom 11. Mai 2011 – 20 U 310/11, juris Rdn. 35)..
50Hier haben die Parteien eine „Überschussverteilung“ vorgesehen, wobei der Anteil der Dozenten am Überschuss unmittelbar am Erfolg der Veranstaltungen ausgerichtet wurde. Es bestand damit nach dem vermeintlichen Gesellschaftsvertrag eine reine Gewinnbeteiligung. Eine Übernahme von Verlusten ist dagegen zwischen den Parteien nicht vereinbart worden, so dass das unternehmerische Risiko allein bei der Beklagten lag. Zwar sollte sich nach der vertraglichen Vereinbarung der Überschuss mindern, eine tatsächliche Beteiligung am Verlust war – entgegen der Berufung – vertraglich nicht vorgesehen. Vielmehr spricht die neben der Überschussbeteiligung stehende erfolgsunabhängige Vergütungspflicht der Beklagten für die Dozententätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin gegen die Übernahme jeglichen Risikos durch die Dozenten. Im für sie ungünstigsten Fall hätten die Dozenten damit ihre für die Durchführung der Lehrgänge ursprünglich vereinbarte Vergütung erhalten. Eine derartige Risikoverteilung spricht erheblich für das Vorliegen eines nur partiarischen Rechtsgeschäfts. Jedenfalls ist allein die vereinbarte Gewinnbeteiligung kein ausreichendes Indiz für die Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit (dazu auch Ulmer/C. Schäfer in: Münchener Kommentar BGB Vor § 705 Rdn 108). Soweit die Klägerin ihre abweichende Ansicht auf die oben genannten Entscheidungen des OLG Celle und des BGH zu stützen versucht, verkennt sie, dass in beiden Entscheidungen zu einer Gewinnbeteiligung besondere vertragliche Konstellationen hinzutraten, So trat in der Entscheidung des BGH neben die hälftige Teilung des Gewinns das Erfordernis der Zustimmung eines nicht nach außen auftretenden Gesellschafters zu Zahlungen des nach außen Handelnden an Dritte (BGH NJW 1990, 573, 574). Im Falle des OLG Celle war der nicht nach außen Handelnde dagegen berechtigt, Gewinne selbst zu entnehmen (OLG Celle NZG 1999, 650, 652).
51Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, die Beklagte hätte Verluste dann, wenn sie angefallen wären, in Rechnung gestellt. Zudem seien die Dozenten bereit gewesen, das unternehmerische Risiko mit zu übernehmen. Dies ist - unabhängig davon, dass es sich jedenfalls bei der ersten Behauptung um eine rein hypothetische, des angebotenen Zeugenbeweises nicht zugängliche Hypothese handelt, da Verluste zu keiner Zeit angefallen sind -- unerheblich, da eine Verlustbeteiligung keine Grundlage in der vertraglichen Vereinbarung vom 25.11.2003 gefunden hätte. Dort ist allein die Verteilung eines Überschusses geregelt worden. Dieser sollte den Beteiligten zu gewissen Prozentsätzen zustehen. Die Parteien haben damit ausschließlich eine Regelung über die Verteilung der Gewinne, jedoch nicht über die Beteiligung an etwaige Verluste getroffen. Dem steht – entgegen der Berufung – auch nicht entgegen, dass nach der Vereinbarung eventuelle Zahlungsausfälle und die damit verbundenen Kosten den Überschuss mindern sollten. Sowohl der Begriff des Überschusses als auch der Begriff der Minderung stehen der Annahme einer möglichen Verlustbeteiligung entgegen. Ein Überschuss setzt das Überwiegen der Einnahmen- gegenüber der Ausgabenseite und damit einen Gewinn voraus. Eine Minderung kann allenfalls zu einer Verringerung des Wertes auf null, nicht aber zu einem negativen Wert führen. Ob die Dozenten bereit gewesen wären, das wirtschaftliche Risiko mitzutragen, ist ohne Belang, da sich nicht feststellen lässt, dass eine Verlustbeteiligung Inhalt der Vereinbarung geworden ist.
52d) Zu Recht hat das Landgericht auch der Dauer der vertraglichen Bindung und dem Fehlen von Regelungen zum Verfahren bei Vertragsende (Beteiligungsübertragung und Abfindung) indizielle Bedeutung beigemessen. Die Vereinbarung vom 25.11.2003 wurde zunächst für „die einmalige Durchführung des Lehrgangs an beiden Standorten im Jahre 2004“ geschlossen. Eine weitere Zusammenarbeit sollte nach Lehrgangsende neu besprochen werden, was unter Bezugnahme auf die erste Vereinbarung auch erfolgte. Die Zusammenarbeit war damit zunächst auf einen relativ kurzen Zeitraum beschränkt. Dieser kurze Zeitraum von nur einem Jahr, verbunden mit der vorgesehenen Überschussverteilung vier Wochen nach Lehrgangsende spricht gegen das Vorliegen einer Gesellschaft. Hätten die Parteien die Gründung einer Gesellschaft beabsichtigt, so wäre zu erwarten gewesen, dass sie über die Überschussverteilung hinaus Regelungen zur Auseinandersetzung (Anteilsübertragung, Abfindungsanspruch) getroffen hätten auch dazu ist es aber - auch in den folgenden Jahren - nicht gekommen.
53c) Bei der gebotenen Gesamtschau lässt sich das Vorliegen eins Gesellschaftsverhältnisses nicht feststellen, so dass ein Anspruch aus § 738 Abs. 1 nicht zuerkannt werden kann.
542.
55Ein vertraglicher Anspruch steht der Klägerin aus der Vereinbarung vom 25.11.2003 auch nicht unter sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten zu. Die Parteien haben vereinbart vor, dass die Dozenten für die in der Vereinbarung genannten Leistungen, eine Vergütung erhalten. Mit der Zahlung ist auch das in der Vereinbarung ausdrücklich als Leistungsmerkmal angeführte Erstellen des Lehrgangskonzeptes abgegolten. Eine zusätzliche Vergütung für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses ist nicht vorgesehen. Eine Anpassung des Vertrages unter dem Gesichtspunkt des Wegfalles der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kommt ersichtlich nicht in Betracht und wird auch von der Klägerin nicht in Erwägung gezogen.
563.
57Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB scheitert daran, dass die Erstellung des Lehrgangskonzeptes auf der Grundlage des vertraglichen Vereinbarung vom 25.11.2003 erfolgte und damit nicht ohne Rechtsgrund. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB scheidet ebenfalls aus. Werden Leistungen – wie hier – im Zusammenhang mit einem Vertrag erbracht, so beurteilen sich eventuelle Ausgleichsansprüche ausschließlich nach Vertragsrecht (Palandt/Sprau, Vor § 812 Rdn. 9 und § 812 Rdn. 34 m.w.N.).
58III.
59Der Kläger hat Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist. Die Frist kann nach § 244 Abs.2 ZPO nur verlängert werden, wenn der Gegner zustimmt oder erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Zurücknahme des Rechtsmittels wird hingewiesen (Nr.1222 Kostenverzeichnis zu § 3 Abs.2 GKG).
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs haben die Kläger zutragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung der für die Beklagte tätigen W. B. und U. K. zeichneten die Kläger am 1. Juli 1999 eine Beteiligung als mittelbare Kommanditisten an der F. Beteiligungsgesellschaft 68 KG (im Folgenden: F. -Fonds 68), einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Einlage in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 2.500 DM (= 5 %) Agio. Diese Kapitalanlage finanzierten die Kläger über ein Darlehen bei der D. Bank AG.
- 3
- Die Kläger haben geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen und sie seien von den Mitarbeitern der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Sie hätten eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gewünscht. Über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das Totalverlustrisiko, die stark eingeschränkte Fungibilität , die Nachhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und Vertriebsprovisionen von insgesamt 22 % seien sie nicht aufgeklärt worden. Vielmehr hätten ihnen die Berater die Anlage als sicher und renditeträchtig dargestellt. Der Emissionsprospekt sei ihnen erst nach Abgabe der Beitrittserklärung übergeben worden und überdies mängelbehaftet. Die Fremdkapitalquote sei dort fehlerhaft dargestellt und es werde eine sichere Anlage vorgespiegelt.
- 4
- Die Beklagte hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen der Kläger im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
- 5
- Am 29. Dezember 2011 reichten die Kläger bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. X. R. in F. im Br. einen Güteantrag ein. Der Antrag der Kläger, der von ihren vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten im Internet als "Mustergüteantrag" für Kunden der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin (Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung mbH) bereitgestellt worden war, enthält folgende "Musterbegründung": "Ich/wir mache/n Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am Immobilienfonds F. Beteiligungsgesellschaft 68 KG (F. -Fonds Nr. 68). Ich/wir erwarb/en Anteile an diesem geschlossenen Immobilienfonds. Ich/wir habe/n Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Mir/uns wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und mir/uns suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält. Der Emissionsprospekt zur Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit mir/uns geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Darüber hinaus wurde/n ich/wir von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Der AWD-Konzern hat für die Vermittlung von F. -Gesellschaftsbeteiligungen Provisionen von über 15% von der F. -Gruppe erhalten. Im Beratungsgespräch ist das Thema Provision nicht angesprochen worden. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater , der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hinweisen , wenn er Provisionen in dieser Höhe für die Vermittlung dieser Beteiligungen erhält. Das ist vorliegend nicht passiert. Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit mir/uns geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergütungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interes- senkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit mir/uns geschlossenen Beratervertrages dar. Ich/wir strebe/n eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrags der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten."
- 6
- Das verwendete Antragsformular schließt mit dem Hinweis ab: "Mustergüteantrag bereitgestellt von Kanzlei H. & Hä. -H. , E. ".
- 7
- Die Beklagte wurde von Seiten der Gütestelle schriftlich unterrichtet. Nachdem die Beklagte hierauf mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 31. August 2012 den Klägern gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest. Mit Eingang vom 22. Februar 2013, der Beklagten zugestellt am 6. März 2013, haben die Kläger bei dem Landgericht Klage eingereicht.
- 8
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 9
- Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch - im Ergebnis ebenso wie das Landgericht - als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:
- 11
- Die kenntnisunabhängige, mit Ablauf des 2. Januar 2012 endende, Verjährungsfrist sei durch den Güteantrag der Kläger nicht gehemmt worden. Die Hemmungswirkung des Güteantrags erstrecke sich nur auf die darin konkret bezeichneten Beratungspflichtverletzungen. Nicht nur für den Beginn der Verjährungsfrist , sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Beratungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige Ansprüche darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des Anspruchsgegners erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. In dem Güteantrag der Kläger sei eine unterbliebene Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität und das Nachhaftungsrisiko indes nicht konkret erwähnt worden. Hinsichtlich der an die Beklagte gezahlten Provisionen werde im Güteantrag der Kläger allein die Höhe der erhaltenen Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde aber nicht angesprochen. Allenfalls der im Güteantrag erwähnte Vorwurf der Kläger, dass ihnen die Beteiligung als sicher und gewinnbringend angepriesen worden sei, könne als hinreichend individualisiert gerügte Pflichtverletzung aufgefasst werden. Insoweit seien etwaige Ansprüche der Kläger jedoch kenntnisabhängig - spätestens mit Ablauf des Jahres 2010 - verjährt.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen , weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
- 13
- 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag der Kläger die Hemmung der Verjährung nur für die darin eigens erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.
a) Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506, 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 13; vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842, 843 Rn. 11; vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087, 2088 Rn. 15; vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 f Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 302 f Rn. 24 und XI ZR 57/12, BeckRS 2013, 20081 Rn. 26 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 Rn. 142). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen
eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (s. Senatsurteile vom 7. Juli 2011 aaO S. 2088 f Rn. 15 und vom 22. September 2011 aaO S. 113 Rn. 9).
- 14
- b) Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiellrechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12 aaO S. 298 ff Rn. 15 ff und XI ZR 57/12 aaO Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 59 ff Rn. 142 ff; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 1996 - XII ZR 38/95, NJW-RR 1996, 1409 f [zu § 209 Abs. 1 BGB aF] und Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, BeckRS 2015, 04823 Rn. 1). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (s. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 60 f Rn. 145 f; s. auch Senat aaO; OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 - 3 U 126/13, BeckRS 2015, 06046 Rn. 29; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Mai 2013 - I-6 U 84/12, BeckRS 2013, 09015; OLG Bamberg, BKR 2014, 334, 335 f Rn. 33 ff, 43, 47; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; s. auch Duchstein , NJW 2014, 342, 345). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
- 15
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag der Kläger mangels ausreichender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs keine Hemmung der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 209 BGB herbeigeführt hat.
- 16
- a) Ohne die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (vgl. etwa BGH, Urteile vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56, 57 Rn. 17, 19 und vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509, 3510 Rn. 17 mwN sowie Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 2 [jeweils für Mahnbescheid]).
- 17
- b) Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 343 mwN [zu § 209 BGB aF]). Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt (MüKoBGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 36; s. auch OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 34 U 30/14, BeckRS 2015, 03463 Rn. 53). Der Anspruchsgegner muss erkennen können, "worum es geht".
- 18
- c) Für die hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnantrag (Mahnbescheid; § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ist maßgeblich , dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheids sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f Rn. 13 mwN; vom 21. Oktober 2008 aaO Rn 18; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 18; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9 und vom 10. Oktober 2013 aaO Rn. 14).
- 19
- d) Diese den Mahnantrag (Mahnbescheid) betreffenden Erwägungen gelten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Güteverfahrens auch für die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des Güteantrags (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB; s. OLG Hamm, WM 2015, 611, 613; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 - 17 U 172/13, BeckRS 2014, 15969 Rn. 25 f und WM 2014, 2361, 2362; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475; KG, Urteil vom 8. Januar 2015 - 8 U 141/13, BeckRS 2015, 03316 Rn. 46 f; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f).
- 20
- aa) Der Güteantrag muss zum einen die formalen Anforderungen erfüllen , die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden (s. etwa BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 12 sowie vom 22. Februar 2008 - V ZR 86/07, BeckRS 2008, 04680 Rn. 10 und V ZR 87/07, BeckRS 2008, 04681 Rn. 10; s. ferner OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 26 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Dezember 2014 - 9a U 12/14, BeckRS 2015, 08433 Rn. 56; KG aaO Rn. 47).
- 21
- bb) Zum anderen muss der Güteantrag für den Schuldner erkennen lassen , welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (s. OLG Dresden, Beschluss vom 6. Februar 2014 - 5 U 1320/13, BeckRS 2014, 15965 Rn. 12; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 55; KG aaO Rn. 47, 50; Duchstein, NJW 2014, 342, 343, 344).
- 22
- Dementsprechend muss der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen (OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53; MüKoBGB/Grothe aaO). Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 287 Rn. 13; OLG München , Urteil vom 6. November 2013 - 20 U 2064/13, BeckRS 2013, 19644 unter II 5; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO; KG aaO Rn. 47; Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB [2014], § 204 Rn. 61).
- 23
- Freilich sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Rechtsstreits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren (s. dazu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f; Duchstein aaO S. 344). Andererseits ist zu berücksichtigen , dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (vgl. OLG Karlsruhe , WM 2015, 474, 476; Duchstein aaO S. 343).
- 24
- e) Zufolge dieser Grundsätze hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 55 f und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 15 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 29 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; KG aaO Rn. 50 f; Duchstein aaO S. 344; abweichend wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 aaO Rn. 27). Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegen- über grundsätzlich nicht enthalten (so auch: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 58; OLG Stuttgart aaO; OLG Brandenburg, Urteil vom 4. März 2015 - 4 U 46/14, juris Rn. 39; Duchstein aaO S. 344; a.A. wohl OLG München aaO; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53 mwN; offen: KG aaO Rn. 51).
- 25
- f) Hiernach genügt der Güteantrag der Kläger nicht den Anforderungen an die für die Bewirkung der Verjährungshemmung nötige Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 5 Satz 3 des Schlichtungsgesetzes Baden-Württemberg und in § 3 Abs. 1 Satz 4 der Verfahrensordnung des Rechtsanwalts F. X. R. , wonach der Güteantrag "eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens" enthalten muss; insoweit bestehen keine Abweichungen von den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. auch OLG Hamm, WM 2015 aaO; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO aaO Rn. 28 f).
- 26
- aa) Bei dem Güteantrag der Kläger handelt es sich um einen von den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger im Internet zur Verfügung gestellten "Musterantrag", der senatsbekannt in sehr großer Zahl verwendet wurde (unter anderem auch in den vom Senat zeitgleich verhandelten Parallelverfahren III ZR 227/14, III ZR 191/14 und III ZR 198/14) und keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall aufweist. Er enthält als individuelle Angaben lediglich die Namen der Kläger (als Anleger, Gläubiger und Antragsteller) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F. -Fonds 68) und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (ungefähren ) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Damit war es der Beklagten, die im Strukturvertrieb eine große Zahl von Kapitalanlagen unter Mithilfe einer Vielzahl von für sie tätigen Beratern und Vermittlern vertrieben hat, allenfalls unter größeren Mühen möglich festzustellen , um welche Anlageberatung es im vorliegenden Fall geht. Um den Jahreswechsel 2011/2012 sah sich die Beklagte angesichts des Ablaufs der für die vor dem Jahr 2002 stattgefundenen Anlageberatungsfälle geltenden kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB am 2. Januar 2012 (Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB) zudem einer Vielzahl von Güteanträgen gegenüber, während die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB) für diese Beratungsfälle in den allermeisten Fällen bereits abgelaufen waren (s. auch OLG Hamm, WM 2015, 611, 613). Vor diesem Hintergrund genügten die Angaben des Güteantrags nicht für die nötige Individualisierung des dem Anspruchsbegehren zugrundeliegenden Sachverhalts.
- 27
- bb) Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden (und zwar: mit oder ohne Darlehenskosten?) oder nur ein Differenzschaden (z.B. nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs ist für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin ) nicht im Ansatz zu erkennen gewesen. Ein vorgängiges Anspruchsschreiben der Kläger, auf dessen Inhalt hätte Bezug genommen und das als Anlage dem Güteantrag hätte beigefügt werden können, hat es nicht gegeben. Unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten (so auch für ähnlich gelagerte Fälle: OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361, 2362; KG aaO Rn. 53).
- 28
- 3. Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als gerechtfertigt und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 und somit vor Einreichung der Klage im Februar 2013 abgelaufen.
Tombrink Reiter
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 03.12.2013 - 7 O 125/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.05.2014 - 11 U 314/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs haben die Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung der für die Beklagte tätigen Handelsvertreterin A. - K. Sch. zeichneten die Kläger am 13. Dezember 2001 eine Beteiligung als mittelbare Kommanditisten an der F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. -Fonds 75), einem geschlossenen Immobilien- fonds, mit einer Einlage in Höhe von 25.000 € zuzüglich Agio. Diese Kapitalan- lage finanzierten die Kläger über ein Darlehen bei der D. Bank AG.
- 3
- Die Kläger haben geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen und sie seien von der Handelsvertreterin der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Sie hätten eine sichere Anlage mit hoher Rendite und Steuersparmöglichkeiten gewünscht. Über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das Totalverlustrisiko , die stark eingeschränkte Fungibilität, die Nachhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und Vertriebsprovisionen von insgesamt 19 % seien sie nicht aufgeklärt worden. Vielmehr habe man ihnen die Anlage als lediglich vorteilhaft und absolut risikolos dargestellt. Der Emissionsprospekt sei ihnen nicht übergeben worden, sondern nur ein "Werbeflyer". Der Prospekt sei überdies mängelbehaftet. Die Eigenkapitalquote und das Agio seien dort fehlerhaft dargestellt und es werde eine sichere Anlage vorgespiegelt.
- 4
- Die Beklagte hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen der Kläger im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
- 5
- Am 31. Dezember 2011 reichten die Kläger bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. X. R. in F. im Br. einen Güteantrag ein. Der Antrag der Kläger, der von ihren vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten im Internet als "Mustergüteantrag" für Kunden der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin (Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung mbH) bereitgestellt worden war, enthält folgende "Musterbegründung": "Ich/wir mache/n Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am Immobilienfonds F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (F. -Fonds Nr. 75). Ich/wir erwarb/en Anteile an diesem ge- schlossenen Immobilienfonds. Ich/wir habe/n Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Mir/uns wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und mir/uns suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält. Der Emissionsprospekt zur Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit mir/uns geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Darüber hinaus wurde/n ich/wir von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Der AWD-Konzern hat für die Vermittlung von F. -Gesellschaftsbeteiligungen Provisionen von über 15% von der F. -Gruppe erhalten. Im Beratungsgespräch ist das Thema Provision nicht angesprochen worden. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hinweisen, wenn er Provisionen in dieser Höhe für die Vermittlung dieser Beteiligungen erhält. Das ist vorliegend nicht passiert. Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit mir/uns geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergü- tungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interessenkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit mir/uns geschlossenen Beratervertrages dar. Ich/wir strebe/n eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrags der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten."
- 6
- Das verwendete Antragsformular schließt mit dem Hinweis ab: "Mustergüteantrag bereitgestellt von Kanzlei H. & Hä. -H. , E. ".
- 7
- Die Beklagte wurde von Seiten der Gütestelle schriftlich unterrichtet. Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete , stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 31. August 2012 den Klägern gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest. Mit Eingang vom 22. Februar 2013, der Beklagten zugestellt am 22. März 2013, haben die Kläger bei dem Landgericht Klage eingereicht.
- 8
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 9
- Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch ebenso wie das Landgericht als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:
- 11
- Die kenntnisunabhängige (mit Ablauf des 2. Januar 2012 endende) Verjährungsfrist sei durch den Güteantrag der Kläger nur insoweit gehemmt worden , als Pflichtverletzungen darin konkret benannt seien. Nicht nur für den Beginn der Verjährungsfrist, sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Beratungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige Ansprüche darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des Anspruchsgegners erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. Hinsichtlich der an die Beklagte gezahlten Provisionen werde im Güteantrag der Kläger allein die Höhe der erhaltenen Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde indes nicht angesprochen. Allenfalls der im Güteantrag erwähnte Vorwurf der Kläger, dass ihnen die Beteiligung als sicher und gewinnbringend angepriesen worden sei, könne als separate Pflichtverletzung aufgefasst werden. Insoweit seien etwaige Ansprüche der Kläger jedoch kenntnisabhängig - spätestens mit Ablauf des Jahres 2009 - verjährt.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen , weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
- 13
- 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag der Kläger die Hemmung der Verjährung nur für die darin eigens erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.
- 14
- a) Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506, 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 13; vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842, 843 Rn. 11; vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087, 2088 Rn. 15; vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 f Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 302 f Rn. 24 und XI ZR 57/12, BeckRS 2013, 20081 Rn. 26 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 Rn. 142). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverlet- zungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (s. Senatsurteile vom 7. Juli 2011 aaO S. 2088 f Rn. 15 und vom 22. September 2011 aaO S. 113 Rn. 9).
- 15
- b) Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiellrechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12 aaO S. 298 ff Rn. 15 ff und XI ZR 57/12 aaO Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 59 ff Rn. 142 ff; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 1996 - XII ZR 38/95, NJW-RR 1996, 1409 f [zu § 209 Abs. 1 BGB aF] und Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, BeckRS 2015, 04823 Rn. 1). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (s. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 60 f Rn. 145 f; s. auch Senat aaO; OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 - 3 U 126/13, BeckRS 2015, 06046 Rn. 29; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Mai 2013 - I-6 U 84/12, BeckRS 2013, 09015; OLG Bamberg, BKR 2014, 334, 335 f Rn. 33 ff, 43, 47; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; s. auch Duchstein , NJW 2014, 342, 345). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
- 16
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag der Kläger mangels ausreichender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs keine Hemmung der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 209 BGB herbeigeführt hat.
- 17
- a) Ohne die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (vgl. etwa BGH, Urteile vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56, 57 Rn. 17, 19 und vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509, 3510 Rn. 17 mwN sowie Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 2 [jeweils für Mahnbescheid]).
- 18
- b) Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 343 mwN [zu § 209 BGB aF]). Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt (MüKoBGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 36; s. auch OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 34 U 30/14, BeckRS 2015, 03463 Rn. 53). Der Anspruchsgegner muss erkennen können, "worum es geht".
- 19
- c) Für die hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnantrag (Mahnbescheid; § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ist maßgeblich , dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheids sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f Rn. 13 mwN; vom 21. Oktober 2008 aaO Rn 18; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 18; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9 und vom 10. Oktober 2013 aaO Rn. 14).
- 20
- d) Diese den Mahnantrag (Mahnbescheid) betreffenden Erwägungen gelten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Güteverfahrens auch für die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des Güteantrags (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB; s. OLG Hamm, WM 2015, 611, 613; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 - 17 U 172/13, BeckRS 2014, 15969 Rn. 25 f und WM 2014, 2361, 2362; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475; KG, Urteil vom 8. Januar 2015 - 8 U 141/13, BeckRS 2015, 03316 Rn. 46 f; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f).
- 21
- aa) Der Güteantrag muss zum einen die formalen Anforderungen erfüllen , die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden (s. etwa BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 12 sowie vom 22. Februar 2008 - V ZR 86/07, BeckRS 2008, 04680 Rn. 10 und V ZR 87/07, BeckRS 2008, 04681 Rn. 10; s. ferner OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 26 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Dezember 2014 - 9a U 12/14, BeckRS 2015, 08433 Rn. 56; KG aaO Rn. 47).
- 22
- bb) Zum anderen muss der Güteantrag für den Schuldner erkennen lassen , welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (s. OLG Dresden, Beschluss vom 6. Februar 2014 - 5 U 1320/13, BeckRS 2014, 15965 Rn. 12; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 55; KG aaO Rn. 47, 50; Duchstein, NJW 2014, 342, 343, 344).
- 23
- Dementsprechend muss der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen (OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53; MüKoBGB/Grothe aaO). Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 287 Rn. 13; OLG München , Urteil vom 6. November 2013 - 20 U 2064/13, BeckRS 2013, 19644 unter II 5; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO; KG aaO Rn. 47;Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB [2014], § 204 Rn. 61).
- 24
- Freilich sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Rechtsstreits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren (s. dazu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f; Duchstein aaO S. 344). Andererseits ist zu berücksichtigen , dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (vgl. OLG Karlsruhe , WM 2015, 474, 476; Duchstein aaO S. 343).
- 25
- e) Zufolge dieser Grundsätze hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 55 f und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 15 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 29 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; KG aaO Rn. 50 f; Duchstein aaO S. 344; abweichend wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 aaO Rn. 27). Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegen- über grundsätzlich nicht enthalten (so auch: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 58; OLG Stuttgart aaO; OLG Brandenburg, Urteil vom 4. März 2015 - 4 U 46/14, juris Rn. 39; Duchstein aaO S. 344; a.A. wohl OLG München aaO; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53 mwN; offen: KG aaO Rn. 51).
- 26
- f) Hiernach genügt der Güteantrag der Kläger nicht den Anforderungen an die für die Bewirkung der Verjährungshemmung nötige Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 5 Satz 3 des Schlichtungsgesetzes Baden-Württemberg und in § 3 Abs. 1 Satz 4 der Verfahrensordnung des Rechtsanwalts F. X. R. , wonach der Güteantrag "eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens" enthalten muss; insoweit bestehen keine Abweichungen von den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. auch OLG Hamm, WM 2015 aaO; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO aaO Rn. 28 f).
- 27
- aa) Bei dem Güteantrag der Kläger handelt es sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen um einen von den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger im Internet zur Verfügung gestellten "Musterantrag", der senatsbekannt in sehr großer Zahl verwendet wurde (unter anderem auch in den vom Senat zeitgleich verhandelten Parallelverfahren III ZR 189/14, III ZR 198/14 und III ZR 227/14) und keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall aufweist. Er enthält als individuelle Angaben lediglich die Namen der Kläger (als Anleger, Gläubiger und Antragsteller ) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F. -Fonds 75) und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Damit war es der Beklagten, die im Strukturvertrieb eine große Zahl von Kapitalanlagen unter Mithilfe einer Vielzahl von für sie tätigen Beratern und Vermittlern vertrieben hat, allenfalls unter größeren Mühen möglich festzustellen, um welche Anlageberatung es im vorliegenden Fall geht. Um den Jahreswechsel 2011/2012 sah sich die Beklagte angesichts des Ablaufs der für die vor dem Jahr 2002 stattgefundenen Anlageberatungsfälle geltenden kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB am 2. Januar 2012 (Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB) zudem einer Vielzahl von Güteanträgen gegenüber, während die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB) für diese Beratungsfälle in den allermeisten Fällen bereits abgelaufen waren (s. auch OLG Hamm, WM 2015, 611, 613). Vor diesem Hintergrund genügten die Angaben des Güteantrags nicht für die nötige Individualisierung des dem Anspruchsbegehren zugrundeliegenden Sachverhalts.
- 28
- bb) Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden (und zwar: mit oder ohne Darlehenskosten?) oder nur ein Differenzschaden (z.B. nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs ist für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin ) nicht im Ansatz zu erkennen gewesen. Ein vorgängiges Anspruchsschreiben der Kläger, auf dessen Inhalt hätte Bezug genommen und das als Anlage dem Güteantrag hätte beigefügt werden können, hat es nicht gegeben. Unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten (so auch für ähnlich gelagerte Fälle: OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361, 2362; KG aaO Rn. 53).
- 29
- 3. Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als gerechtfertigt und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 und somit vor Einreichung der Klage im Februar 2013 abgelaufen.
Tombrink Reiter
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.10.2013 - 11 O 38/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.05.2014 - 11 U 259/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs haben die Kläger zutragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung der für die Beklagte tätigen Mitarbeiter R. H. , T. J. und A. C. zeichneten die Kläger am 27./28. Dezember 2001 eine Beteiligung als mittelbare Kommanditisten an der Falk Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. -Fonds 75), einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Einlage in Höhe von 35.000 € zuzüglich 1.750 € (= 5 %) Agio. Diese Kapitalanlage finanzierten die Kläger mit einem Darlehen der B. Bank AG.
- 3
- Die Kläger haben geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen und sie seien von den Mitarbeitern der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Sie haben vorgetragen , sie hätten eine sichere Anlage gewünscht und seien über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das Totalverlustrisiko, die stark eingeschränkte Fungibilität, die Nachhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und Vertriebsprovisionen von insgesamt 19 % (14 % zzgl. 5 % Agio) nicht aufgeklärt worden. Der Emissionsprospekt sei ihnen nicht übergeben worden, auch kein Prospekt für den F. -Fonds 74. Der Prospekt sei überdies mängelbehaftet, da das Agio darin fehlerhaft dargestellt werde. Mit Schriftsatz vom 8. November 2013 haben sie sodann mitgeteilt, dass mit der vorliegenden Klage lediglich Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Falschaufklärung über Provisionen geltend gemacht würden.
- 4
- Die Beklagte ist den Beratungsfehlervorwürfen der Kläger entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
- 5
- Am 23. Dezember 2011 reichten die Kläger bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. X. R. in F. im Br. einen Güteantrag ein. Der Antrag der Kläger, der von ihren vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten im Internet als "Mustergüteantrag" für Kunden der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin (Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung mbH) bereitgestellt worden war, enthält folgende "Musterbegründung", wobei jeweils die Singularform (ich, mir) durchgestrichen ist: "Ich/wir mache/n Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am Immobilienfonds F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (F. -Fonds Nr. 75). Ich/wir erwarb/en Anteile an diesem geschlossenen Immobilienfonds. Ich/wir habe/n Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Mir/uns wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und mir/uns suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält. Der Emissionsprospekt zur Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit mir/uns geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Darüber hinaus wurde/n ich/wir von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Der AWD-Konzern hat für die Vermittlung von F. -Gesellschaftsbeteiligungen Provisionen von über 15% von der F. -Gruppe erhalten. Im Beratungsgespräch ist das Thema Provision nicht angesprochen worden. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt , muss seinen Kunden darauf hinweisen, wenn er Provisionen in dieser Höhe für die Vermittlung dieser Beteiligungen erhält. Das ist vorliegend nicht passiert. Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit mir/uns geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergütungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interessenkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit mir/uns geschlossenen Beratervertrages dar. Ich/wir strebe/n eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrags der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen , dem Güteverfahren beizutreten."
- 6
- Das verwendete Antragsformular schließt mit dem Hinweis ab: "Mustergüteantrag bereitgestellt von Kanzlei H. & Hä. -H. , E. ".
- 7
- Die Beklagte wurde von Seiten der Gütestelle schriftlich unterrichtet. Nachdem die Beklagte hierauf nicht geantwortet hatte, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 8. November 2012 den Klägern gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest. Mit Eingang vom 22. April 2013, der Beklagten zugestellt am 6. Mai 2013, haben die Kläger bei dem Landgericht Klage eingereicht.
- 8
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 9
- Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch ebenso wie das Landgericht als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:
- 11
- Die kenntnisunabhängige (mit Ablauf des 2. Januar 2012 endende) Verjährungsfrist sei durch den Güteantrag der Kläger nicht gehemmt worden. Die Hemmungswirkung des Güteantrags erstrecke sich nur auf die darin konkret bezeichneten Beratungspflichtverletzungen. Nicht nur für den Beginn der Verjährungsfrist , sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Beratungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige Ansprüche darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des Anspruchsgegners erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. Hinsichtlich der an die Beklagte gezahlten Provisionen werde im Güteantrag der Kläger allein die Höhe der erhaltenen Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde indes nicht angesprochen. Die Rüge fehlerhafter Prospektangaben zum Agio sei erstmals in der Klageschrift - die erst mehr als ein Jahr nach Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht wurde - enthalten.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
- 13
- 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag der Kläger die Hemmung der Verjährung nur für die darin eigens erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.
- 14
- a) Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506, 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 13; vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842, 843 Rn. 11; vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087, 2088 Rn. 15; vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 f Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 302 f Rn. 24 und XI ZR 57/12, BeckRS 2013, 20081 Rn. 26 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 Rn. 142). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverlet- zungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (s. Senatsurteile vom 7. Juli 2011 aaO S. 2088 f Rn. 15 und vom 22. September 2011 aaO S. 113 Rn. 9).
- 15
- b) Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiellrechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12 aaO S. 298 ff Rn. 15 ff und XI ZR 57/12 aaO Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 59 ff Rn. 142 ff; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 1996 - XII ZR 38/95, NJW-RR 1996, 1409 f [zu § 209 Abs. 1 BGB aF] und Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, BeckRS 2015, 04823 Rn. 1). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (s. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 60 f Rn. 145 f; s. auch Senat aaO; OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 - 3 U 126/13, BeckRS 2015, 06046 Rn. 29; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Mai 2013 - I-6 U 84/12, BeckRS 2013, 09015; OLG Bamberg, BKR 2014, 334, 335 f Rn. 33 ff, 43, 47; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; s. auch Duchstein , NJW 2014, 342, 345). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
- 16
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag der Kläger mangels ausreichender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs keine Hemmung der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 209 BGB herbeigeführt hat.
- 17
- a) Ohne die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (vgl. etwa BGH, Urteile vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56, 57 Rn. 17, 19 und vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509, 3510 Rn. 17 mwN sowie Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 2 [jeweils für Mahnbescheid]).
- 18
- b) Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 343 mwN [zu § 209 BGB aF]). Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt (MüKoBGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 36; s. auch OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 34 U 30/14, BeckRS 2015, 03463 Rn. 53). Der Anspruchsgegner muss erkennen können, "worum es geht".
- 19
- c) Für die hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnantrag (Mahnbescheid; § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ist maßgeblich , dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheids sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f Rn. 13 mwN; vom 21. Oktober 2008 aaO Rn 18; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 18; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9 und vom 10. Oktober 2013 aaO Rn. 14).
- 20
- d) Diese den Mahnantrag (Mahnbescheid) betreffenden Erwägungen gelten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Güteverfahrens auch für die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des Güteantrags (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB; s. OLG Hamm, WM 2015, 611, 613; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 - 17 U 172/13, BeckRS 2014, 15969 Rn. 25 f und WM 2014, 2361, 2362; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475; KG, Urteil vom 8. Januar 2015 - 8 U 141/13, BeckRS 2015, 03316 Rn. 46 f; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f).
- 21
- aa) Der Güteantrag muss zum einen die formalen Anforderungen erfüllen , die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden (s. etwa BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 12 sowie vom 22. Februar 2008 - V ZR 86/07, BeckRS 2008, 04680 Rn. 10 und V ZR 87/07, BeckRS 2008, 04681 Rn. 10; s. ferner OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 26 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Dezember 2014 - 9a U 12/14, BeckRS 2015, 08433 Rn. 56; KG aaO Rn. 47).
- 22
- bb) Zum anderen muss der Güteantrag für den Schuldner erkennen lassen , welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (s. OLG Dresden, Beschluss vom 6. Februar 2014 - 5 U 1320/13, BeckRS 2014, 15965 Rn. 12; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 55; KG aaO Rn. 47, 50; Duchstein, NJW 2014, 342, 343, 344).
- 23
- Dementsprechend muss der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen (OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53; MüKoBGB/Grothe aaO). Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 287 Rn. 13; OLG München , Urteil vom 6. November 2013 - 20 U 2064/13, BeckRS 2013, 19644 unter II 5; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO; KG aaO Rn. 47;Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB [2014], § 204 Rn. 61).
- 24
- Freilich sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Rechtsstreits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren (s. dazu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f; Duchstein aaO S. 344). Andererseits ist zu berücksichtigen , dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (vgl. OLG Karlsruhe , WM 2015, 474, 476; Duchstein aaO S. 343).
- 25
- e) Zufolge dieser Grundsätze hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 55 f und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 15 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 29 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; KG aaO Rn. 50 f; Duchstein aaO S. 344; abweichend wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 aaO Rn. 27). Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegen- über grundsätzlich nicht enthalten (so auch: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 58; OLG Stuttgart aaO; OLG Brandenburg, Urteil vom 4. März 2015 - 4 U 46/14, juris Rn. 39; Duchstein aaO S. 344; a.A. wohl OLG München aaO; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53 mwN; offen: KG aaO Rn. 51).
- 26
- f) Hiernach genügt der Güteantrag der Kläger nicht den Anforderungen an die für die Bewirkung der Verjährungshemmung nötige Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 5 Satz 3 des Schlichtungsgesetzes Baden-Württemberg und in § 3 Abs. 1 Satz 4 der Verfahrensordnung des Rechtsanwalts F. X. R. , wonach der Güteantrag "eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens" enthalten muss; insoweit bestehen keine Abweichungen von den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. auch OLG Hamm, WM 2015 aaO; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO aaO Rn. 28 f).
- 27
- aa) Bei dem Güteantrag der Kläger handelt es sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen um einen von den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger im Internet zur Verfügung gestellten "Musterantrag", der senatsbekannt in sehr großer Zahl verwendet wurde (unter anderem auch in den vom Senat zeitgleich verhandelten Parallelverfahren III ZR 189/14, III ZR 191/14 und III ZR 227/14) und keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall aufweist. Er enthält als individuelle Angaben lediglich die Namen der Kläger (als Anleger, Gläubiger und Antragsteller ) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F. -Fonds 75) und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Damit war es der Beklagten, die im Strukturvertrieb eine große Zahl von Kapitalanlagen unter Mithilfe einer Vielzahl von für sie tätigen Beratern und Vermittlern vertrieben hat, allenfalls unter größeren Mühen möglich festzustellen, um welche Anlageberatung es im vorliegenden Fall geht. Um den Jahreswechsel 2011/2012 sah sich die Beklagte angesichts des Ablaufs der für die vor dem Jahr 2002 stattgefundenen Anlageberatungsfälle geltenden kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB am 2. Januar 2012 (Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB) zudem einer Vielzahl von Güteanträgen gegenüber, während die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB) für diese Beratungsfälle in den allermeisten Fällen bereits abgelaufen waren (s. auch OLG Hamm, WM 2015, 611, 613). Vor diesem Hintergrund genügten die Angaben des Güteantrags nicht für die nötige Individualisierung des dem Anspruchsbegehren zugrundeliegenden Sachverhalts.
- 28
- bb) Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden (und zwar: mit oder ohne Darlehenskosten?) oder nur ein Differenzschaden (z.B. nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs ist für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin ) nicht im Ansatz zu erkennen gewesen. Ein vorgängiges Anspruchsschreiben der Kläger, auf dessen Inhalt hätte Bezug genommen und das als Anlage dem Güteantrag hätte beigefügt werden können, hat es nicht gegeben. Unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten (so auch für ähnlich gelagerte Fälle: OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361, 2362; KG aaO Rn. 53).
- 29
- 3. Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als gerechtfertigt und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 und somit vor Einreichung der Klage im April 2013 abgelaufen.
Tombrink Reiter
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 12.12.2013 - 8 O 107/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 26.05.2014 - 11 U 15/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs haben die Kläger zutragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung des für die Beklagte als Handelsvertreter tätigen U. B. zeichneten die Kläger am 1. Februar 1999 eine Beteiligung als mittelbare Kommanditisten an der F. -Fonds 66 F. Renditefonds KG (im Folgenden: F. -Fonds 66), einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Einlage in Höhe von 100.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Diese Kapitalanlage finanzierten die Kläger mit einem Darlehen der D. Bank AG.
- 3
- Die Kläger haben geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen und sie seien von dem Handelsvertreter der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Sie hätten eine risikolose und sichere Kapitalanlage zur Altersvorsorge gewünscht und seien über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das Totalverlustrisiko, die stark eingeschränkte Fungibilität, die Nachhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und Vertriebsprovisionen von insgesamt 18 % (13 % zzgl. 5 % Agio) nicht aufgeklärt worden. Der Emissionsprospekt sei ihnen erst nach Abgabe der Beitrittserklärung übergeben worden. Der Prospekt sei überdies mängelbehaftet, da die Eigen-/Fremdkapitalquote und das Agio darin fehlerhaft dargestellt seien.
- 4
- Die Beklagte hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen der Kläger im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
- 5
- Am 21. Dezember 2011 reichten die Kläger bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. X. R. in F. im Br. einen Güteantrag ein. Der Antrag der Kläger, der von ihren vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten im Internet als "Mustergüteantrag" für Kunden der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin (Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung mbH) bereitgestellt worden war, enthält folgende "Musterbegründung": "Ich/wir mache/n Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am Immobilienfonds F. Renditefonds KG (F. -Fonds Nr. 66). Ich/wir erwarb /en Anteile an diesem geschlossenen Immobilienfonds. Ich/wir habe/n Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Be- teiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Mir/uns wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und mir/uns suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält. Der Emissionsprospekt zur Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit mir/uns geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Darüber hinaus wurde/n ich/wir von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Der AWD-Konzern hat für die Vermittlung von F. -Gesellschaftsbeteiligungen Provisionen von über 15% von der F. -Gruppe erhalten. Im Beratungsgespräch ist das Thema Provision nicht angesprochen worden. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hinweisen, wenn er Provisionen in dieser Höhe für die Vermittlung dieser Beteiligungen erhält. Das ist vorliegend nicht passiert. Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit mir/uns geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergütungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interessenkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit mir/uns geschlossenen Beratervertrages dar.
Ich/wir strebe/n eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrags der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten."
- 6
- Das verwendete Antragsformular schließt mit dem Hinweis ab: "Mustergüteantrag bereitgestellt von Kanzlei H. & Hä. -H. , E. ".
- 7
- Die Beklagte wurde von Seiten der Gütestelle schriftlich unterrichtet. Nachdem die Beklagte hierauf mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 31. August 2012 den Klägern gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest. Mit Eingang vom 14. Februar 2013, der Beklagten zugestellt am 26. März 2013, haben die Kläger bei dem Landgericht Klage eingereicht.
- 8
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 9
- Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch - im Wesentlichen ebenso wie das Landgericht - als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:
- 11
- Die kenntnisunabhängige (mit Ablauf des 2. Januar 2012 endende) Verjährungsfrist sei durch den Güteantrag der Kläger nur insoweit gehemmt worden , als Pflichtverletzungen darin konkret benannt seien. Nicht nur für den Beginn der Verjährungsfrist, sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Beratungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige Ansprüche darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des Anspruchsgegners erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. In dem Güteantrag der Kläger sei eine unterbliebene Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität und das Nachhaftungsrisiko indes nicht erwähnt worden. Hinsichtlich der an die Beklagte gezahlten Provisionen werde im Güteantrag der Kläger allein die Höhe der erhaltenen Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde aber nicht angesprochen. Allenfalls der im Güteantrag erwähnte Vorwurf der Kläger, dass ihnen die Beteiligung als sicher und gewinnbringend angepriesen worden sei, könne als hinreichend individualisiert gerügte Pflichtverletzung aufgefasst werden. Insoweit seien etwaige Ansprüche der Kläger jedoch kenntnisabhängig - spätestens mit Ablauf des Jahres 2010 - verjährt. Darüber hinaus habe über das Totalverlustrisiko bei einem geschlossenen Immobilienfonds nicht ausdrücklich aufgeklärt werden müssen.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen , weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
- 13
- 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag der Kläger die Hemmung der Verjährung nur für die darin eigens erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.
- 14
- a) Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506, 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 13; vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842, 843 Rn. 11; vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087, 2088 Rn. 15; vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 f Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 302 f Rn. 24 und XI ZR 57/12, BeckRS 2013, 20081 Rn. 26 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 Rn. 142). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (s. Senatsurteile vom 7. Juli 2011 aaO S. 2088 f Rn. 15 und vom 22. September 2011 aaO S. 113 Rn. 9).
- 15
- b) Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiellrechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12 aaO S. 298 ff Rn. 15 ff und XI ZR 57/12 aaO Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 59 ff Rn. 142 ff; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 1996 - XII ZR 38/95, NJW-RR 1996, 1409 f [zu § 209 Abs. 1 BGB aF] und Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, BeckRS 2015, 04823 Rn. 1). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (s. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 60 f Rn. 145 f; s. auch Senat aaO; OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361 f; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 - 3 U 126/13, BeckRS 2015, 06046 Rn. 29; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Mai 2013 - I-6 U 84/12, BeckRS 2013, 09015; OLG Bamberg, BKR 2014, 334, 335 f Rn. 33 ff, 43, 47; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; s. auch Duchstein , NJW 2014, 342, 345). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
- 16
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag der Kläger mangels ausreichender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs keine Hemmung der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 209 BGB herbeigeführt hat.
- 17
- a) Ohne die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (vgl. etwa BGH, Urteile vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56, 57 Rn. 17, 19 und vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509, 3510 Rn. 17 mwN sowie Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 2 [jeweils für Mahnbescheid]).
- 18
- b) Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 343 mwN [zu § 209 BGB aF]). Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt (MüKoBGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 36; s. auch OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 34 U 30/14, BeckRS 2015, 03463 Rn. 53). Der Anspruchsgegner muss erkennen können, "worum es geht".
- 19
- c) Für die hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnantrag (Mahnbescheid; § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ist maßgeblich , dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheids sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f Rn. 13 mwN; vom 21. Oktober 2008 aaO Rn 18; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 18; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9 und vom 10. Oktober 2013 aaO Rn. 14).
- 20
- d) Diese den Mahnantrag (Mahnbescheid) betreffenden Erwägungen gelten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Güteverfahrens auch für die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des Güteantrags (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB; s. OLG Hamm, WM 2015, 611, 613; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 - 17 U 172/13, BeckRS 2014, 15969 Rn. 25 f und WM 2014, 2361, 2362; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475; KG, Urteil vom 8. Januar 2015 - 8 U 141/13, BeckRS 2015, 03316 Rn. 46 f; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1111 f).
- 21
- aa) Der Güteantrag muss zum einen die formalen Anforderungen erfüllen , die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden (s. etwa BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 12 sowie vom 22. Februar 2008 - V ZR 86/07, BeckRS 2008, 04680 Rn. 10 und V ZR 87/07, BeckRS 2008, 04681 Rn. 10; s. ferner OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 26 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Dezember 2014 - 9a U 12/14, BeckRS 2015, 08433 Rn. 56; KG aaO Rn. 47).
- 22
- bb) Zum anderen muss der Güteantrag für den Schuldner erkennen lassen , welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (s. OLG Dresden, Beschluss vom 6. Februar 2014 - 5 U 1320/13, BeckRS 2014, 15965 Rn. 12; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 55; KG aaO Rn. 47, 50; Duchstein, NJW 2014, 342, 343, 344).
- 23
- Dementsprechend muss der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen (OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53; MüKoBGB/Grothe aaO). Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 287 Rn. 13; OLG München , Urteil vom 6. November 2013 - 20 U 2064/13, BeckRS 2013, 19644 unter II 5; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015 aaO; KG aaO Rn. 47; Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB [2014], § 204 Rn. 61).
- 24
- Freilich sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Rechtsstreits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren (s. dazu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f; Duchstein aaO S. 344). Andererseits ist zu berücksichtigen , dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (vgl. OLG Karlsruhe , WM 2015, 474, 476; Duchstein aaO S. 343).
- 25
- e) Zufolge dieser Grundsätze hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 55 f und WM 2015 aaO; OLG Dresden aaO Rn. 15 f; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 29 und WM 2014 aaO; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 476; KG aaO Rn. 50 f; Duchstein aaO S. 344; abweichend wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Februar 2015 aaO Rn. 27). Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegen- über grundsätzlich nicht enthalten (so auch: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO Rn. 28; OLG Karlsruhe, WM 2015, 474, 475 f und Urteil vom 30. Dezember 2014 aaO Rn. 58; OLG Stuttgart aaO; OLG Brandenburg, Urteil vom 4. März 2015 - 4 U 46/14, juris Rn. 39; Duchstein aaO S. 344; a.A. wohl OLG München aaO; OLG Hamm, Urteil vom 4. Dezember 2014 aaO Rn. 53 mwN; offen: KG aaO Rn. 51).
- 26
- f) Hiernach genügt der Güteantrag der Kläger nicht den Anforderungen an die für die Bewirkung der Verjährungshemmung nötige Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 5 Satz 3 des Schlichtungsgesetzes Baden-Württemberg und in § 3 Abs. 1 Satz 4 der Verfahrensordnung des Rechtsanwalts F. X. R. , wonach der Güteantrag "eine kurze Darstellung der Streitsache, den Gegenstand des Streits und des Begehrens" enthalten muss; insoweit bestehen keine Abweichungen von den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. auch OLG Hamm, WM 2015 aaO; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. Juli 2014 aaO aaO Rn. 28 f).
- 27
- aa) Bei dem Güteantrag der Kläger handelt es sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen um einen von den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger im Internet zur Verfügung gestellten "Musterantrag", der senatsbekannt in sehr großer Zahl verwendet wurde (unter anderem auch in den vom Senat zeitgleich verhandelten Parallelverfahren III ZR 189/14, III ZR 191/14 und III ZR 198/14) und keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall aufweist. Er enthält als individuelle Angaben lediglich die Namen der Kläger (als Anleger, Gläubiger und Antragsteller ) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F. -Fonds 66) und nennt weder die Zeichnungssumme noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Damit war es der Beklagten, die im Strukturvertrieb eine große Zahl von Kapitalanlagen unter Mithilfe einer Vielzahl von für sie tätigen Beratern und Vermittlern vertrieben hat, allenfalls unter größeren Mühen möglich festzustellen, um welche Anlageberatung es im vorliegenden Fall geht. Um den Jahreswechsel 2011/2012 sah sich die Beklagte angesichts des Ablaufs der für die vor dem Jahr 2002 stattgefundenen Anlageberatungsfälle geltenden kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB am 2. Januar 2012 (Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB) zudem einer Vielzahl von Güteanträgen gegenüber, während die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB) für diese Beratungsfälle in den allermeisten Fällen bereits abgelaufen waren (s. auch OLG Hamm, WM 2015, 611, 613). Vor diesem Hintergrund genügten die Angaben des Güteantrags nicht für die nötige Individualisierung des dem Anspruchsbegehren zugrundeliegenden Sachverhalts.
- 28
- bb) Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden (und zwar: mit oder ohne Darlehenskosten?) oder nur ein Differenzschaden (z.B. nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs ist für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin ) nicht im Ansatz zu erkennen gewesen. Ein vorgängiges Anspruchsschreiben der Kläger, auf dessen Inhalt hätte Bezug genommen und das als Anlage dem Güteantrag hätte beigefügt werden können, hat es nicht gegeben. Unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten (so auch für ähnlich gelagerte Fälle: OLG Frankfurt am Main, WM 2014, 2361, 2362; KG aaO Rn. 53).
- 29
- 3. Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als gerechtfertigt und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 und somit vor Einreichung der Klage im Februar 2013 abgelaufen.
Tombrink Reiter
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.10.2013 - 11 O 29/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.06.2014 - 11 U 255/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 35.210,12 €
Gründe:
- 1
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Beschluss ist unbegründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
- 2
- 1. Die mit der Beschwerde aufgeworfene Grundsatzfrage, welche Anforderungen in Anlageberatungsfällen an die Individualisierung des geltend gemachten (prozessualen) Anspruchs in einem Güteantrag zu stellen sind, ist inzwi- schen höchstrichterlich geklärt. Hiernach genügt der Güteantrag des Klägers vom 29. Dezember 2011 den Individualisierungserfordernissen nicht.
- 3
- a) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, WM 2015, 1319, 1321 f Rn. 25 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen , sowie III ZR 189/14, 191/14 und 227/14).
- 4
- b) Der Güteantrag des Klägers nennt - neben einem weiteren Fonds - die hier in Rede stehende Fondsgesellschaft, das Zeichnungsdatum und die Zeichnungssumme. Ob mit der Angabe des Zeichnungsdatums dem Erfordernis der Bezeichnung des (ungefähren) Beratungszeitraums genügt ist, kann offen bleiben. Jedenfalls fehlt es, worauf das Berufungsgericht zutreffend abgestellt hat, an Angaben, die es der Beklagten und der Gütestelle ermöglichen, den Umfang der verfolgten Forderung einzuschätzen. Erwähnt wird nur, dass "das eingesetzte Eigenkapital abzüglich etwaiger Ausschüttungen zurückgefordert" und "entgangener Gewinn" sowie "die Freistellung von steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Beteiligung" verlangt wird und darüber hinaus "die für die jeweilige Anteilsfinanzierung erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen" als Schadensersatz gefordert werden. Hiernach ist die Grö- ßenordnung des geltend gemachten Anspruchs für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin) und für die Gütestelle nicht zu erkennen und auch nicht wenigstens im Groben einzuschätzen gewesen. Zwar konnte dem Güteantrag die Summe des eingebrachten Kapitals nebst Agio (52.500 DM = 26.842,82 €) entnommen werden, nicht aber der (wenigstens: ungefähre) Umfang des entgangenen Gewinns, der Kreditkosten und der abzuziehenden "etwaigen" Ausschüttungen. Aus dem Schreiben der Beklagten an die Gütestelle vom 24. August 2012 ergibt sich nicht, dass die Beklagte den geltend gemachten Anspruch dem Umfang nach hätte abschätzen können. Im Übrigen ist nicht nur der Beklagten, sondern auch der Gütestelle die (wenigstens: ungefähre) Größenordnung des Begehrens mitzuteilen.
- 5
- c) Damit war der Güteantrag nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. Demzufolge erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als durchgreifend und die Klageforderung insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 und somit vor Einreichung der Klage im März 2013 abgelaufen.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 30.04.2014 - 31 O 410/13 -
OLG München, Entscheidung vom 11.11.2014 - 14 U 2089/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres im August 2011 verstorbenen Vaters (im Folgenden: Erblasser) von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer, die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber dem Erblasser im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages. Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Geared Investment Pack" bezeichneten Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells.
- 2
- Geworben durch einen Untervermittler schloss der Erblasser bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "W. " mit Versicherungsbeginn zum 3. August 2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrages in Höhe von 217.280 DM schloss der Erblasser einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 224.000 DM ab. Zudem zahlte er einen Betrag in Höhe von 56.000 DM in Form von Wertpapieren an die kreditgebende Bank. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Daneben investierte der Erblasser im Rahmen des "Geared Investment Pack" in ein Wertpapierdepot, das bei Endfälligkeit zur Tilgungdes Darlehens verwendet werden sollte. Im Februar 2005 wurden die vertraglichen Ansprüche aus der Lebensversicherung im Zuge einer Umfinanzierung an eine andere Bank abgetreten.
- 3
- Am 31. Dezember 2009 reichte der Erblasser über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators Franz X. R in F. Güteantrag ein, von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17. März 2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, eingegangen bei der Gütestelle am 25. oder 26. März 2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Erblassers am 21. April 2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: "Das Verfahren endet, (…) wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird."
- 4
- Am 16. Oktober 2012 hat die Klägerin beim Landgericht Klage eingereicht , die der Beklagten am 4. Januar 2013 zugestellt worden ist. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass ihr die Beklagte den ihr und dem Erblasser entstandenen und den ihr noch entstehenden Schaden im Zusammenhang mit dem vom Erblasser abgeschlossenen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodell zu ersetzen habe; hilfsweise sei der Schadensersatz an die kreditgebende Bank zu leisten.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage für zulässig, jedoch unbegründet erachtet. In Bezug auf die Quersubventionierung und das Glättungsverfahren lägen zwar durch das Landgericht zutreffend festgestellte Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten vor, der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei aber kenntnisunabhängig verjährt. Die hierfür zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die neue zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F. abgelöst worden und hätte damit ohne Hemmung am 31. Dezember 2011 geendet. Zwar habe das vom Erblasser eingeleitete Güteverfahren eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt, diese habe aber am 25. September 2010 geendet, also sechs Monate nach Eingang des Ablehnungsschreibens der Beklagten bei der Gütestelle. Nach der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle ende das Güteverfahren und damit auch die Hemmung der Verjährung , wenn eine Partei erkläre, dass sie an einem Mediationstermin nicht teilnehmen werde; in der Mitteilung, am gesamten Verfahren nicht teilzunehmen , sei diese Erklärung enthalten. Auf die Kenntnis des Antragstellers von der Erklärung der Gegenseite komme es nicht an. Die Klageeinreichung sei mithin in verjährter Zeit erfolgt.
- 8
- II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Eine Verjährung des Anspruchs lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht feststellen.
- 9
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief (hier am 2. Januar 2012, weil der 31. Dezember 2011 ein Samstag war), sofern nicht vorher eine Hemmung der Verjährung eintrat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB.
- 10
- 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass am 31. Dezember 2009 zunächst eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB eintrat, als der Erblasser seinen Güteantrag bei der staatlich anerkannten Gütestelle einreichte, der der Beklagten sodann "demnächst" bekanntgegeben wurde.
- 11
- a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war der geltend gemachte Anspruch in dem Güteantrag bestimmt genug bezeichnet, um eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen.
- 12
- aa) Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 17 m.w.N.).
- 13
- Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (BGH aaO Rn. 21 f.). Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Streits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (BGH aaO Rn. 23 f. m.w.N.).
- 14
- bb) Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Erblassers.
- 15
- (1) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands (Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das dem Antrag beigefügt war.
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte (vgl. Assies/Faulenbach, BKR 2015, 89, 95).
- 17
- (2) Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.
- 18
- Zwar ist in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 25), und im Streitfall fehlen Angaben zum Beratungsgespräch, das dem Vertragsabschluss zugrunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des Beratungsgesprächs abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der Beklagten unstreitig nicht geschuldet.
- 19
- Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten Anspruchsschreibens vom 28. Dezember 2009, in welchem Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der Beklagten problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (BGH aaO).
- 20
- Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. August 2015 (III ZR 373/14, WM 2015, 1807) zugrunde lag. Anders als dort (vgl. dazu BGH aaO Rn. 22) war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen , dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Ka- pitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag (Seite 2 Absatz 3 des Antrags), und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und Tilgungsaufwand begehrte (Seite 3 Absatz 4). Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf Seite 7 des beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreibens.
- 21
- Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der Beklagten unter Umständen vom - im Güteantrag nicht mitgeteilten - Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beklagte konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne weiteres aufgrund der ihr mitgeteilten Policennummer ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der Beklagten zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Beklagte mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.
- 22
- b) Das Berufungsgericht hat für den Beginn des Hemmungszeitraums auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31. Dezember 2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags erst am 17. März 2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 BGB.
- 23
- c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung vermögen die von der Beklagten vorgetragenen Umstände auch keine rechtsmissbräuchliche Einleitung des Güteverfahrens zu begründen, die einer Berufung der Klägerin auf die Hemmung der Verjährung nach § 242 BGB entgegenstehen könnte.
- 24
- aa) So stellt es keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Erblassers insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete Güteanträge gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden, weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Erblassers waren daher nicht gehalten, die Güteanträge auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.
- 25
- bb) Es ist ferner grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 345). Gesichtspunkte, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen würden (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage IV ZR 526/14, zur Veröffentlichung bestimmt Rn. 34 f.), hat die Beklagte im Streitfall in den Tatsa- cheninstanzen nicht mit ausreichender Substanz vorgebracht und auch keinen Beweis angetreten.
- 26
- 3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sei bereits der 25. März 2010, als die Mitteilung der Beklagten bei der Gütestelle einging, dass sie nicht am Güteverfahren teilnehme, so dass die Verjährungshemmung mit Ablauf des 25. September 2010 geendet habe. Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB vielmehr erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe dieser Mitteilung der Beklagten an die Prozessbevollmächtigten des Erblassers veranlasste.
- 27
- a) In § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB wird für alle Ziffern des ersten Absatzes der genannten Vorschrift bestimmt, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Grundsätzlich endet ein Güteverfahren i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch Abschluss eines Vergleiches, die Rücknahme des Güteantrages oder durch die Einstellung des Verfahrens wegen Scheitern des Einigungsversuches (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 67; Urteile vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 291; vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 346). Die konkrete Beendigung des Verfahrens kann nur innerhalb der Verfahrensordnung der jeweiligen Gütestelle festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 67).
- 28
- Umstritten ist jedoch, ob im Falle eines Güteverfahrens i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB - wie das Berufungsgericht angenommen hat - der Tag der Verfahrenseinstellung bzw. Beendigung des Güteverfahrens nach der Verfahrensordnung ist (OLG München , Urteil vom 24. November 2014 - 21 U 5058/13, juris Rn. 28 ff.; OLG Bamberg, Urteil vom 14. November 2014 - 1 U 39/14, nicht veröffentlicht ) oder der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einstellungsverfügung an den Gläubiger maßgeblich ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Januar 2015 - 7 U 224/13, nicht veröffentlicht; OLG Celle, Urteil vom 16. Januar 2007 - 16 U 160/06, juris Rn. 68).
- 29
- Der Bundesgerichtshof hat diese Frage im Jahre 2009 ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284 Rn. 21). Im Beschluss vom 21. Oktober 2014 hat er sich insbesondere mit der Frage befasst, ob ein Scheitern des Verfahrens festgestellt werden kann, nicht aber mit dem Zeitpunkt, wann nach festgestelltem Scheitern die Nachlauffrist beginnt (XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 160). In einem Urteil vom 26. November 2013, das die Vorschrift des § 35 ArbnErfG betraf, hat der X. Zivilsenat allerdings bei Berechnung des Hemmungsendes ohne nähere Begründung - und ohne dass es tragend hierauf ankam - auf die Abgabe der Widerspruchserklärung der Beklagten gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle abgestellt (X ZR 3/13, juris Rn. 31). Demgegenüber hat der VII. Zivilsenat - ebenso wenig tragend und ohne nähere Begründung - im Fall einer Vereinbarung eines Stillhalteabkommens durch Anrufung einer Schiedsstelle ein Ende der Hemmung erst mit dem Zugang einer ablehnenden Entscheidung des Vorsitzenden angenommen (Urteil vom 28. Februar 2002 - VII ZR 455/00, NJW 2002, 1488 unter I 4 b).
- 30
- b) Der Senat entscheidet die Streitfrage dahingehend, dass im Anwendungsbereich des § 204 BGB im Regelfall auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle an den Gläubiger abzustellen ist. Entscheidend hierfür sprechen der Zweck der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB, der darin besteht, dass dem Gläubiger insbesondere dann, wenn im Verfahren keine Sachentscheidung ergeht, in jedem Falle eine Frist bleibt, in der er weitere Rechtsverfolgungsmaßnahmen einleiten kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 117 li. Sp.), sowie die Regelung zum Beginn der Hemmung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
- 31
- aa) Die Gewährleistung des vorstehend genannten Zwecks setzt die Kenntnis des Gläubigers von der Verfahrensbeendigung voraus. Ähnlich hat der Bundesgerichtshof zur Vorschrift des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift argumentiert: Es komme im Falle der Beendigung der Unterbrechungswirkung durch Nichtbetrieb des Prozesses darauf an, dass die Partei, die die Verjährung erneut unterbrechen wolle, die letzte Prozesshandlung des Gerichts und damit die Notwendigkeit kenne, den Prozess weiter zu betreiben (BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - VII ZR 227/96, BGHZ 134, 387, 390 f.).
- 32
- Das gilt ebenso für die Beendigung des Güteverfahrens. Auch hier ist im Grundsatz eine Kenntnisnahme des Gläubigers vom Beendigungsgrund geboten, damit er die vom Gesetzgeber eingeräumte Nachlauffrist nutzen kann. Daher ist § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen, dass es in dem Ausnahmefall, in dem die Beendigung eines Hemmungstatbestandes vom Gläubiger nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, für den Lauf der sechsmonatigen Nachlauffrist darauf ankommt, dass dieser Umstand dem Gläubiger zur Kenntnis gebracht wird.
- 33
- bb) Dieser Auslegung stehen die vom Berufungsgericht aufgezeigten Fälle, in denen die Beendigung der Hemmung ebenfalls nicht von einem Ereignis in der Sphäre des Gläubigers abhänge, nicht entscheidend entgegen.
- 34
- Im Fall der Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung, die mit Zustimmung des Beklagten oder Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schriftsatzes an ihn wirksam wird, liegt der Ausgangspunkt in einem Verhalten des Klägers selbst, von dem er zwangsläufig Kenntnis hat, so dass er sich auf den bevorstehenden Beginn der Notfrist vorbereiten kann. Die Beendigung der Hemmung bei Stillstand des Verfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht vergleichbar, da hier der Beginn der 6-Monatsfrist gerade nicht von einer Erklärung, sondern von einem Untätigbleiben der Parteien abhängt.
- 35
- cc) Soweit sich die Revisionserwiderung unter Hinweis auf einen Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1954 - GSZ 3/54, BGHZ 14, 39) darauf beruft, dass der Gläubiger vom Verkündungstermin keine Kenntnis haben müsse, so stellt der zitierte Beschluss lediglich klar, dass in einem Fall des Verstoßes gegen die zwingenden Vorschriften über die Verkündung von Urteilen zwar ein schwerwiegender Verfahrensmangel, aber aus Gründen der Rechtssicherheit kein Scheinurteil vorliegt.
- 36
- dd) Die aufgezeigte Auslegung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung zu § 203 BGB. Im dort gere- gelten Fall endet die Hemmung durch Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen. Diese muss grundsätzlich durch ein klares und eindeutiges Verhalten einer Partei zum Ausdruck kommen (BGH, Urteil vom 30. Juni 1998 - VI ZR 260/97, NJW 1998, 2819, 2820). Ein Beginn der Nachlauffrist des § 203 Satz 2 BGB ist demnach ohne Kenntnis oder Kennenmüssen des Gläubigers nicht möglich.
- 37
- ee) Anzuknüpfen ist im Güteverfahren allerdings nicht an den - wegen der nicht vorgeschriebenen förmlichen Zustellung (vgl. auch § 15a EGZPO) oftmals nicht nachweisbaren - Zugang der Erfolglosigkeitsbescheinigung beim Gläubiger, sondern an die bei der Gütestelle aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung ihrer Bekanntgabe.
- 38
- Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB sachgerecht. Zwar gilt diese Bestimmung unmittelbar nur für die Frage, wann eine Hemmung der Verjährung durch Einreichung eines Güteantrags beginnt. Der Gesetzgeber hat aber für diese Frage gerade deshalb auf die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags anstatt auf die Bekanntgabe selbst abgestellt, wie es noch im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war, weil auch dort mangels vorgeschriebener Zustellung des Antrags anderenfalls zu besorgen sei, dass der Zugang im Falle des Bestreitens nicht nachgewiesen werden könne (BTDrucks. 14/7052 S. 181). Dieser Gesichtspunkt trifft in gleicher Weise auf die Situation bei Beendigung des Güteverfahrens durch eine Mitteilung an den Gläubiger zu, für die der Gesetzgeber den maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausdrücklich geregelt hat. Es erscheint deshalb angemessen, auch hier auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe abzustellen , zumal der tatsächliche Zugang in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle binnen kurzer Frist erfolgen wird. Da der Gläubiger den maßgeblichen Zeitpunkt sodann bei der Gütestelle in Erfahrung bringen kann, besteht für ihn auch keine unzumutbare Unklarheit über den Beginn der ihm zur Verfügung stehenden Nachlauffrist. Die Anknüpfung an die aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle trägt damit zum einen dem Umstand Rechnung, dass der Gläubiger ausreichend Kenntnis von der Nachlauffrist erhalten muss, und vermeidet andererseits, dass Unklarheit über den Lauf der Verjährungsfrist entsteht; zugleich wird eine Verlängerung der Verjährungsfrist über Gebühr vermieden.
- 39
- c) Da das Berufungsgericht zum Zeitpunkt, in dem das auf den 20. April 2010 datierte Schreiben der Gütestelle an den Erblasser veranlasst worden ist, keine Feststellungen getroffen hat, ist es offen, ob die Einreichung der Klage am 16. Oktober 2012 noch in nicht verjährterZeit erfolgte. Die Sache ist daher zwecks Nachholung der erforderlichen Feststellung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 25.02.2014- 1 O 470/12 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 09.10.2014- 1 U 39/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Hucke, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs haben die Kläger zutragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Kläger nehmen die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung der für die Beklagte tätigen Handelsvertreter W. L. und P. S. zeichneten die Kläger am 29. November 2000 eine Beteiligung als mittelbare Kommanditisten an der F. Beteiligungsgesellschaft 72 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. -Fonds 72), einem geschlossenen Immobilienfonds , mit einer Einlage in Höhe von 60.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Diese Kapitalanlage finanzierten sie mit einem Bankdarlehen in Höhe von 50.000 DM.
- 3
- Mit Eingang vom 27. Dezember 2011 reichten die Kläger bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F. R. in F. einen Güteantrag ein, der folgende Begründung enthielt: "Ich/wir mache/n Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am Immobilienfonds F. Beteiligungsgesellschaft 72 GmbH & Co. KG (F. -Fonds Nr. 72). Ich/wir erwarb/en Anteile an diesem geschlossenen Immobilienfonds. Ich/wir habe/n Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen. Mir/uns wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und mir/uns suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält. Der Emissionsprospekt zur Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit mir/uns geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Darüber hinaus wurde/n ich/wir von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Der A. -Konzern hat für die Vermittlung von F. -Gesellschaftsbeteiligungen Provisionen von über 15 % von der F. -Gruppe erhalten. Im Beratungsgespräch ist das Thema Provision nicht angesprochen worden. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hinweisen , wenn er Provisionen in dieser Höhe für die Vermittlung dieser Beteiligungen erhält. Das ist vorliegend nicht passiert. Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit mir/uns geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergütungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interessenkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit mir/uns geschlossenen Beratervertrages dar. Ich/wir strebe/n eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrags der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten."
- 4
- Das verwendete Antragsformular schließt mit dem Hinweis ab: "Mustergüteantrag bereitgestellt von Kanzlei H. & H. , E. ".
- 5
- Die Gütestelle unterrichtete die Beklagte hiervon. Nachdem diese mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 31. August 2012 den Klägern gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest.
- 6
- Mit am 14. und 27. Februar 2013 eingegangenen Schriftsätzen haben die Kläger bei dem Landgericht Klage und Klageerweiterung eingereicht.
- 7
- Die Kläger haben geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen, und sie seien von den Handelsvertre- tern der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Sie hätten eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gewünscht. Über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das Totalverlustrisiko, die stark eingeschränkte Fungibilität, die Nachhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und Vertriebsprovisionen von insgesamt 21 % seien sie nicht aufgeklärt worden. Vielmehr sei ihnen die Anlage als sicher, renditeträchtig, lediglich vorteilhaft, absolut risikolos und für die Altersvorsorge geeignet dargestellt worden. Der Emissionsprospekt sei ihnen erst nach dem Beitritt übergeben worden.
- 8
- Die Beklagte hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen der Kläger im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
- 9
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat (beschränkt auf die Beratungsfehlervorwürfe betreffend die Fungibilität, die Nachhaftung und die Vertriebsprovisionen) zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
- Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
- 11
- Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch als verjährt angesehen und hierzu ausgeführt:
- 12
- Die verjährungshemmende Wirkung des Güteantrags erstrecke sich nur auf die darin konkret bezeichneten Beratungspflichtverletzungen. Nicht nur für den Beginn der Verjährungsfrist, sondern auch für ihre Hemmung müsse nach den einzelnen Beratungsfehlervorwürfen unterschieden werden, die jeweils eigenständige Ansprüche darstellten. Dementsprechend sei es erforderlich, dass aus Sicht des Anspruchsgegners erkennbar sei, aufgrund welcher einzeln zu beurteilenden Pflichtverletzungen der maßgebliche Antrag gestellt werde. Die Gesichtspunkte der Fungibilität und der Nachhaftung seien im Güteantrag nicht erwähnt worden, so dass insoweit kenntnisunabhängig Verjährung eingetreten sei. Gleiches gelte für die Vertriebsprovisionen. Im Güteantrag werde allein die Höhe der gezahlten Provisionen (mehr als 15 %) genannt; die insoweit einzig relevante Frage, ob es infolge dieser Zahlungen zu einem Abfluss von mehr als 15 % aus dem Fondsvermögen gekommen sei, werde indes nicht angesprochen. Allenfalls der im Güteantrag erwähnte Vorwurf der Kläger, dass ihnen die Beteiligung als sicher und gewinnbringend angepriesen worden sei, könne als separate, hinreichend individualisiert gerügte Pflichtverletzung aufgefasst werden. Insoweit seien etwaige Ansprüche der Kläger im Hinblick auf den Rückgang und Ausfall der prognostizierten Ausschüttungen im Jahre 2004 jedoch kenntnisabhängig verjährt.
II.
- 13
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand. Die Revision ist gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen , weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
- 14
- 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Güteantrag der Kläger die Hemmung der Verjährung nur für die eigens darin erwähnten Pflichtverletzungsvorwürfe bewirken konnte.
- 15
- Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (siehe nur Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407, 2408 Rn. 14 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen hätten werden können (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, BKR 2015, 216, 217 Rn. 1; Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO Rn. 15 und III ZR 303/14, NJW 2015, 2411 f Rn. 8 ff sowie vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14, WM 2015, 1559, 1560 f Rn. 15; so auch BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 298 ff Rn. 15 ff sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 ff Rn. 142 ff). Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden ei- ner Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO; vom 16. Juli 2015 aaO; vom 3. September 2015 - III ZR 347/14, BeckRS 2015, 16019 Rn. 14 und vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, BeckRS 2015, 18338 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2015 - III ZR 173/14, BeckRS 2015, 13523 Rn. 3 f; vom 16. Juli 2015 - III ZR 302/14, BeckRS 2015, 13231 Rn. 3; vom 13. August 2015 - III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051 Rn. 9 sowie Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 303/14 aaO und vom 20. August 2015 - III ZR 373/14, WM 2015, 1807, 1809 Rn. 20; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 aaO S. 60 f Rn. 145 f).
- 16
- 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB), weil der Güteantrag der Kläger, wie die Revisionserwiderung mit Recht vorbringt und der Senat für weitestgehend gleichlautende Güteanträge inzwischen mehrfach entschieden hat (Urteile vom 18. Juni2015 - III ZR 198/14 aaO S. 2408 ff Rn. 16 ff sowie III ZR 189/14, juris Rn. 20 ff, III ZR 191/14, juris Rn. 21 ff und III ZR 227/14, juris Rn. 21 ff; Urteile vom 3. September 2015 aaO Rn. 15 ff und vom 15. Oktober 2015 aaO Rn. 16 ff; Beschlüsse vom 16. Juli 2015 - III ZR 302/14 aaO Rn. 4 ff und III ZR 164/14, BeckRS 2015, 13230 Rn. 2 ff sowie vom 13. August 2015 aaO Rn. 13 ff), nicht den Anforderungen an die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB entspricht.
- 17
- a) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO S. 2409 Rn. 25 mwN; vom 20. August 2015 aaO Rn. 18; vom 3. September 2015 aaO Rn. 17 und vom 15. Oktober 2015 aaO Rn. 17; Senatsbeschlüsse vom 13. August 2015 - III ZR 380/14 aaO Rn. 14 und III ZR 358/14, BeckRS 2015, 15050 Rn. 3). Auch bedarf es für die Individualisierung nicht der Angabe von Einzelheiten, wie sie für die Substantiierung des anspruchsbegründenden Vorbringens erforderlich sind (Senatsurteil vom 15. Oktober 2015 aaO a.E.). Diese Anforderungen stehen entgegen der Ansicht der Revision im Einklang mit den Vorgaben in § 5 Satz 3 des Schlichtungsgesetzes Baden-Württemberg (Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO S. 2410 Rn. 26 mwN; s. auch LT-Drucks. 12/5033 S. 27, wonach durch die geforderten Angaben das Begehren der antragstellenden Partei für die Schlichtungsperson und die Gegenpartei erkennbar und der Streitgegenstand im Hinblick auf die Zulässigkeitsprüfung eines sich möglicherweise anschließenden Gerichtsverfahrens festgelegt werden soll).
- 18
- b) Den vorgenannten Erfordernissen genügt der Güteantrag der Kläger nicht. Er weist keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall auf. Er enthält als individuelle Angaben lediglich den Namen und die Anschrift der Kläger (als Antragsteller) sowie die Bezeichnung des Anlagefonds (hier: F. -Fonds 72) und nennt weder die Zeichnungs- summe noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigte Anlage individualisierende Tatsachen. Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als hätte/n ich/wir die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden oder nur ein Differenzschaden (etwa nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Zudem ist dem Güteantrag nicht zu entnehmen , ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, so dass ein etwaiger Schaden auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand, wie es vorliegend der Fall war. Die Art und die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs waren für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin) hieraus nicht im Ansatz zu erkennen. Ein vorgängiges Anspruchsschreiben der Kläger, auf dessen Inhalt hätte Bezug genommen und das als Anlage dem Güteantrag hätte beigefügt werden können, hat es nicht gegeben. Unter diesen Umständen war esauch für die Gütestelle nicht möglich, den Gegenstand des Güteverfahrens zu erfassen.
- 19
- 3. Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als durchgreifend und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet. Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 (Montag) und somit vor Einreichung der Klage im Februar 2013 abgelaufen.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.10.2013 - 11 O 30/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 16.06.2014 - 11 U 275/13 -
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Hucke, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Vorwurf fehlerhafter Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch. Auf Empfehlung einer für die Beklagte tätigen Handelsvertreterin zeichnete der Kläger am 4. Februar 1995 ein Angebot zur Beteiligung als Kommanditist an der Dreiländer Beteiligung Objekt DLF - W. F. - KG mit einer Einlage von 25.000 DM zuzüglich 1.250 DM Agio, am 7. Februar 1997 ein solches Angebot für die Dreiländer Beteiligung Objekt W. - DLF - W. F. - KG mit einer Beteiligungssumme von 20.000 DM zuzüglich 1.000 DM Agio sowie am 13. August 1998 ein derartiges Angebot für die Schweiz-Deutschland-USA Dreiländer Beteiligung Objekt - DLF - W. F. - KG über 30.000 DM zuzüglich 1.500 DM Agio.
- 2
- Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 forderte der Kläger die Beklagte auf, die (Immobilien-)Fonds zurückzunehmen und ihm im Gegenzug den gezahlten Kaufpreis zurückzuzahlen, weil diese Anlagen in der Zwischenzeit keinen Wert mehr hätten und er sie weder verkaufen noch kündigen könne. Nachdem die Beklagte dies zurückgewiesen hatte, beantragte der Kläger am 27. Dezember 2011 durch seine vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte, der entsprechend erlassen wurde. In dem Antrag wurde der geltend gemachte (Zahlungs-)Anspruch mit: "Schadensersatz aus Beteiligung Immobilienfonds-Vertrag 1. gem. Vertrag-DLF vom 4. Februar 1995 € 10.572,27 2. gem. Vertrag-DLF vom 7. Februar 1997 € 7.366,76 3. gem. Vertrag-DLF vom 13. August 1998 € 11.006,57" bezeichnet. Weiter enthielt er die Erklärung, dass der Anspruch von einer Gegenleistung nicht abhänge.
- 3
- Nach dem Widerspruch der Beklagten gegen den Mahnbescheid und Abgabe der Sache an das Prozessgericht hat der Kläger in seiner Anspruchsbegründung Schadensersatz in der genannten Höhe nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte und Pflichten gegen Abtretung aller Ansprüche aus den Beteiligungen begehrt. Er hat geltend gemacht, es habe hinsichtlich aller drei Fondsbeteiligungen an einer hinreichend anlagebezogenen und anlegergerechten Empfehlung und Beratung gefehlt. Anderenfalls hätte er die drei Beteiligungen nicht gezeichnet.
- 4
- Im streitigen Verfahren hat das Landgericht ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil erlassen und diese Entscheidung nach Einspruch des Klägers aufrechterhalten. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht mit Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 5
- Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch als verjährt angesehen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Zustellung des am 27. Dezember 2011 beantragten Mahnbescheids habe die Verjährung nicht hemmen können, weil der Kläger die darin geltend gemachten Ansprüche nicht ausreichend individualisiert habe. Aus der maßgeblichen objektivierten Sicht der Beklagten sei nicht erkennbar, welche Pflichtverletzungen ihr zur Begründung der Schadensersatzansprüche vorgeworfen würden. Dies sei jedoch erforderlich gewesen, um die Hemmungswirkung hinsichtlich der einzelnen behaupteten Pflichtverletzungen herbeizuführen. Denn Gegenstand der Verjährung seien stets die einzelnen Ansprüche, nicht hingegen der Streitgegenstand des konkreten Prozesses. Der einheitliche Streitgegenstand könne mehrere materiell-rechtliche Ansprüche umfassen, die grundsätzlich jeweils eigenständi- ger Verjährung unterlägen. Insbesondere aus dieser Unabhängigkeit der einzelnen Ansprüche voneinander folge die Notwendigkeit zur Individualisierung der behaupteten Pflichtverletzungen. Da die - kenntnisabhängige - Verjährung für jede Pflichtverletzung gesondert zu laufen beginne, müsse auch eine mögliche Hemmung der Verjährung jeweils hinsichtlich der einzelnen Pflichtverletzungen bewirkt werden. Dies gelte nicht nur für die Hemmung der absoluten Verjährung. Deshalb genüge es nicht, dass die Beklagte aufgrund der Zustellung des Mahnbescheids mit der gerichtlichen Inanspruchnahme als solcher habe rechnen müssen. Denn der Beklagten müsse eine sinnvolle Entscheidung möglich sein, ob sie sich gegen die Forderung zur Wehr setzen wolle. Diese Entscheidung könne ohne Kenntnis der behaupteten Pflichtverletzungen nur schwer oder vielleicht - jedenfalls in verantwortungsvoller Weise - gar nicht getroffen werden. Dem vom Kläger angeführten Umstand, dass es sich bei der Beratungssituation um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handele, komme Bedeutung nur für die Frage des Streitgegenstands und die darauf beruhende Frage nach dem Bestehen und dem Umfang der materiellen Rechtskraft einer Entscheidung zu. Für die Verjährung und deren Hemmung komme es maßgeblich auf die Beurteilung der einzelnen Ansprüche an, die ein unterschiedliches Schicksal nehmen könnten. Auf die Ausführungen des Klägers zu einem möglichen - aus seiner Sicht zu verneinenden - Erschleichen des Mahnbescheids durch die wahrheitswidrige Behauptung, sein Anspruch hänge nicht von einer Gegenleistung ab, komme es damit nicht an.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung hauptsächlich darauf gründet, dass die geltend gemachten Ansprüche im vorliegenden Mahnbescheid nicht ausreichend individualisiert seien, um die Hemmung der Verjährung herbeizuführen, kann dem nicht gefolgt werden.
- 9
- a) Für die hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnantrag ist maßgeblich, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheids sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, zu entscheiden, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden, vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr., siehe etwa BGH, Urteil vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f Rn. 13 mwN).
- 10
- b) An diesen Grundsätzen gemessen sind die im vorliegenden Mahnbescheid enthaltenen Angaben ausreichend, um auch die Beklagte in die Lage zu versetzen, festzustellen, welche Ansprüche der Kläger gelten machen will. Es wird zunächst ausdrücklich "Schadensersatz aus Beteiligung ImmobilienfondsVertrag" genannt, und es werden sodann konkret die Kennnummern sowie das Datum des jeweils zugrunde liegenden Vertrages und die im Einzelnen dazu geforderten Beträge aufgeführt. Dies lässt hinreichend erkennen, welches Begehren der Kläger verfolgt, und die Beklagte konnte danach keinen Zweifel daran haben, dass er ihr eine schadensverursachende Verletzung ihrer Pflichten im Rahmen des Zustandekommens der einzelnen Beteiligungen und deren Zeichnung vorwirft. Dies genügt unter den Umständen dieses Falles der nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erforderlichen knappen Kennzeichnung des geltend gemachten Anspruchs und der verlangten Leistung.
- 11
- 2. Darüber hinaus ist die Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft , eine durch die Zustellung des Mahnbescheids bewirkte und auf den Eingang des Mahnantrags bei Gericht zurückwirkende Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3, § 209 BGB, § 167 ZPO) könne sich ohnehin nur auf die im Antrag konkret bezeichneten Pflichtverletzungen erstrecken.
- 12
- Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (vgl. nur Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 14 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsfällen folglich sämtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung führenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder hätten vorgetragen werden können. Dementsprechend wird die Verjährung der Ansprüche für jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungs- fehler gehemmt, wenn in unverjährter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder Güteverfahren eingeleitet wird (z.B. Senatsurteile vom 18. Juni 2015 aaO Rn. 15 und vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14, NJW 2015, 3162 Rn. 15 sowie BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 f Rn. 142 ff, jeweils mwN).
- 13
- 3. Entscheidend ist im Streitfall danach die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob die Berufung auf die Hemmungswirkung des Mahnbescheids gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, weil der Kläger im Mahnantrag unzutreffend angegeben hat, seine Ansprüche seien nicht von einer Gegenleistung abhängig.
- 14
- a) Zwar kommt es für den Eintritt der Hemmungswirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht auf die Zulässigkeit, sondern allein auf die Wirksamkeit des auf den Mahnantrag erlassenen und zugestellten Mahnbescheids an, so dass bei hinreichender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs dessen Verjährung auch dann gehemmt wird, wenn der Mahnantrag an Mängeln leidet oder sogar (etwa im Hinblick auf § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unzulässig ist (z.B. Senatsurteil vom 16. Juli 2015 aaO Rn. 17).
- 15
- b) Die Berufung auf die durch Zustellung eines Mahnbescheids eingetretene Verjährungshemmung kann jedoch rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids die bewusste wahrheitswidrige Erklärung enthält, der geltend gemachte Anspruch sei nicht von einer Gegenleistung abhängig oder die Gegenleistung sei bereits erbracht (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2015, aaO Rn. 30 sowie BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn. 16 und 34).
- 16
- aa) Das Mahnverfahren findet gemäß § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht statt, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist. Dementsprechend muss der Mahnantrag gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die Erklärung enthalten, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt oder dass die Gegenleistung erbracht ist. Vom Anwendungsbereich der Regelungen in § 688 Abs. 2 Nr. 2, § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO werden nicht nur die Fälle des Zurückbehaltungsrechts nach §§ 273, 320 BGB erfasst, sondern sämtliche Ansprüche, die Zug um Zug zu erfüllen sind, also auch der Anspruch auf den sogenannten "großen" Schadensersatz, bei dem Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe eines vom Geschädigten durch das schädigende Ereignis adäquat kausal verlangten Vorteils beansprucht werden darf (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2015, aaO, Rn. 21 sowie BGH, Urteil vom 23. Juni 2015, aaO Rn. 21 f jeweils mwN).
- 17
- In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Solange Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Hierzu bedarf es keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schädigers; der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist vielmehr entgegen der Auffassung der Revision (siehe auch Schultz, NJW 2014, 827, 828) von vornherein nur mit dieser Einschränkung begründet (st. Rspr.; siehe nur Senatsurteile vom 16. Juli 2015 aaO Rn. 22 sowie vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603 Rn. 14, jeweils mwN). Anders als der Kläger meint, entfiel die Abhängigkeit der von ihm geltend gemachten Schadensersatzforderung von der Zug-um-Zug zu erfolgenden Übertragung der Ansprüche aus den Fondsanteilen nicht durch das entsprechende, in sei- nem Anspruchsschreiben vom 19. Mai 2011 enthaltene Angebot. Auch wenn sich die Beklagte infolge ihrer Zurückweisung des Ansinnens des Klägers in Annahmeverzug befunden haben mag (§ 295 Satz 1 BGB), hat dies nichts an der Abhängigkeit des Schadensersatzanspruchs von der Übertragung der Ansprüche aus den Anteilen geändert (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2015 aaO Rn. 20; BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 aaO Rn. 20).
- 18
- bb) Die demnach § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO widerstreitende Geltendmachung des "großen" Schadensersatzes, der nur Zug um Zug gegen Herausgabe eines erlangten Vorteils zu gewähren ist, stellt, wenn der Antragsteller entgegen § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bewusst falsche Angaben macht, einen Missbrauch des Mahnverfahrens dar, der es ihm nach § 242 BGB grundsätzlich verwehrt, sich auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids zu berufen. Ebenso verwehrt ist es ihm, sich wenigstens auf die Hemmung der Verjährung in Höhe des "kleinen" Schadensersatzes zu berufen, wenn er im Mahnverfahren erklärt, die von ihm geforderte Leistung in Höhe des "großen" Schadensersatzes sei nicht von einer Gegenleistung abhängig oder die Gegenleistung sei erbracht (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2015 aaO Rn. 30 und BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 aaO Rn. 34).
- 19
- c) Es kommt ernstlich in Betracht, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers, deren Verhalten er sich zurechnen lassen muss (§ 166 BGB, § 85 Abs. 2 ZPO), nach diesen Kriterien bei Stellung des Mahnantrags rechtsmissbräuchlich handelten. Zwar haben sie nicht erklärt, die Gegenleistung sei bereits erbracht , wie dies Grundlage verschiedener vom Senat bereits entschiedener Fallgestaltungen gewesen ist (z.B. Senatsurteile jeweils vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14 aaO, III ZR 239/14, BeckRS 2015, 13343 sowie III ZR 240/14, BeckRS 2015, 13344 und Senatsbeschluss vom 27. August 2015 - III ZR 65/15, BeckRS 2015, 15779). Vielmehr haben sie angegeben, die geforderte Schadensersatzleistung sei von einer Gegenleistung nicht abhängig. Auch dies widersprach aus den vorgenannten Gründen (Buchst. b aa) der Rechtslage.
- 20
- Es liegt nahe, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers dabei auch bewusst eine wahrheitswidrige Erklärung abgegeben haben, weil ihnen die Unvereinbarkeit ihrer Verfahrensweise mit § 688 Abs. 2 Nr. 2, § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vor Augen stand. Hierauf deutet der Umstand hin, dass sie nach dem Widerspruch der Beklagten gegen den Mahnbescheid in der Anspruchsbegründung sogleich (zutreffend) die Zug-um-Zug-Beschränkung aufgenommen haben (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14 aaO Rn. 27). Dieses Vorgehen ist insbesondere auch nicht mit der in den Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. Februar und 10. Mai 2013 nachträglich angeführten (unzutreffenden) Ansicht vereinbar, durch das vorgerichtliche Angebot des Klägers im Schreiben vom 19. Mai 2011, die Fondsanteile auf die Beklagte zu übertragen, sei die Abhängigkeit der Klageforderung von einer Gegenleistung entfallen. Auf der Grundlage dieser Auffassung wäre die Zug-umZug -Beschränkung in der Anspruchsbegründung inkonsequent.
- 21
- Das Berufungsgericht hat allerdings, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, zu diesem Komplex keine Feststellungen getroffen. Da nicht auszuschließen ist, dass weiterer Sachvortrag zu der Frage zu erwarten ist, ob die objektiv unzutreffende Angabe zur Abhängigkeit der vom Kläger geltend gemachten Forderung bewusst wahrheitswidrig erfolgte, ist es dem Senat verwehrt , die notwendige tatrichterliche Würdigung selbst nachzuholen.
III.
- 22
- Der angefochtene Beschluss ist damit aufzuheben (§ 562 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZO). Da weitere Feststellungen zu treffen sind, kommt eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 563 Abs. 3 ZPO nicht in Betracht.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 11.07.2013 - 8 O 38/12 -
OLG Celle, Entscheidung vom 20.03.2014 - 11 U 227/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres im August 2011 verstorbenen Vaters (im Folgenden: Erblasser) von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer, die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber dem Erblasser im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages. Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Geared Investment Pack" bezeichneten Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells.
- 2
- Geworben durch einen Untervermittler schloss der Erblasser bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "W. " mit Versicherungsbeginn zum 3. August 2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrages in Höhe von 217.280 DM schloss der Erblasser einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 224.000 DM ab. Zudem zahlte er einen Betrag in Höhe von 56.000 DM in Form von Wertpapieren an die kreditgebende Bank. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Daneben investierte der Erblasser im Rahmen des "Geared Investment Pack" in ein Wertpapierdepot, das bei Endfälligkeit zur Tilgungdes Darlehens verwendet werden sollte. Im Februar 2005 wurden die vertraglichen Ansprüche aus der Lebensversicherung im Zuge einer Umfinanzierung an eine andere Bank abgetreten.
- 3
- Am 31. Dezember 2009 reichte der Erblasser über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators Franz X. R in F. Güteantrag ein, von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17. März 2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, eingegangen bei der Gütestelle am 25. oder 26. März 2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Erblassers am 21. April 2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: "Das Verfahren endet, (…) wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird."
- 4
- Am 16. Oktober 2012 hat die Klägerin beim Landgericht Klage eingereicht , die der Beklagten am 4. Januar 2013 zugestellt worden ist. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass ihr die Beklagte den ihr und dem Erblasser entstandenen und den ihr noch entstehenden Schaden im Zusammenhang mit dem vom Erblasser abgeschlossenen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodell zu ersetzen habe; hilfsweise sei der Schadensersatz an die kreditgebende Bank zu leisten.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage für zulässig, jedoch unbegründet erachtet. In Bezug auf die Quersubventionierung und das Glättungsverfahren lägen zwar durch das Landgericht zutreffend festgestellte Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten vor, der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei aber kenntnisunabhängig verjährt. Die hierfür zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die neue zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F. abgelöst worden und hätte damit ohne Hemmung am 31. Dezember 2011 geendet. Zwar habe das vom Erblasser eingeleitete Güteverfahren eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt, diese habe aber am 25. September 2010 geendet, also sechs Monate nach Eingang des Ablehnungsschreibens der Beklagten bei der Gütestelle. Nach der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle ende das Güteverfahren und damit auch die Hemmung der Verjährung , wenn eine Partei erkläre, dass sie an einem Mediationstermin nicht teilnehmen werde; in der Mitteilung, am gesamten Verfahren nicht teilzunehmen , sei diese Erklärung enthalten. Auf die Kenntnis des Antragstellers von der Erklärung der Gegenseite komme es nicht an. Die Klageeinreichung sei mithin in verjährter Zeit erfolgt.
- 8
- II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Eine Verjährung des Anspruchs lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht feststellen.
- 9
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief (hier am 2. Januar 2012, weil der 31. Dezember 2011 ein Samstag war), sofern nicht vorher eine Hemmung der Verjährung eintrat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB.
- 10
- 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass am 31. Dezember 2009 zunächst eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB eintrat, als der Erblasser seinen Güteantrag bei der staatlich anerkannten Gütestelle einreichte, der der Beklagten sodann "demnächst" bekanntgegeben wurde.
- 11
- a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war der geltend gemachte Anspruch in dem Güteantrag bestimmt genug bezeichnet, um eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen.
- 12
- aa) Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 17 m.w.N.).
- 13
- Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (BGH aaO Rn. 21 f.). Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Streits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (BGH aaO Rn. 23 f. m.w.N.).
- 14
- bb) Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Erblassers.
- 15
- (1) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands (Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das dem Antrag beigefügt war.
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte (vgl. Assies/Faulenbach, BKR 2015, 89, 95).
- 17
- (2) Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.
- 18
- Zwar ist in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 25), und im Streitfall fehlen Angaben zum Beratungsgespräch, das dem Vertragsabschluss zugrunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des Beratungsgesprächs abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der Beklagten unstreitig nicht geschuldet.
- 19
- Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten Anspruchsschreibens vom 28. Dezember 2009, in welchem Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der Beklagten problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (BGH aaO).
- 20
- Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. August 2015 (III ZR 373/14, WM 2015, 1807) zugrunde lag. Anders als dort (vgl. dazu BGH aaO Rn. 22) war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen , dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Ka- pitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag (Seite 2 Absatz 3 des Antrags), und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und Tilgungsaufwand begehrte (Seite 3 Absatz 4). Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf Seite 7 des beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreibens.
- 21
- Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der Beklagten unter Umständen vom - im Güteantrag nicht mitgeteilten - Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beklagte konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne weiteres aufgrund der ihr mitgeteilten Policennummer ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der Beklagten zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Beklagte mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.
- 22
- b) Das Berufungsgericht hat für den Beginn des Hemmungszeitraums auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31. Dezember 2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags erst am 17. März 2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 BGB.
- 23
- c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung vermögen die von der Beklagten vorgetragenen Umstände auch keine rechtsmissbräuchliche Einleitung des Güteverfahrens zu begründen, die einer Berufung der Klägerin auf die Hemmung der Verjährung nach § 242 BGB entgegenstehen könnte.
- 24
- aa) So stellt es keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Erblassers insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete Güteanträge gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden, weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Erblassers waren daher nicht gehalten, die Güteanträge auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.
- 25
- bb) Es ist ferner grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 345). Gesichtspunkte, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen würden (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage IV ZR 526/14, zur Veröffentlichung bestimmt Rn. 34 f.), hat die Beklagte im Streitfall in den Tatsa- cheninstanzen nicht mit ausreichender Substanz vorgebracht und auch keinen Beweis angetreten.
- 26
- 3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sei bereits der 25. März 2010, als die Mitteilung der Beklagten bei der Gütestelle einging, dass sie nicht am Güteverfahren teilnehme, so dass die Verjährungshemmung mit Ablauf des 25. September 2010 geendet habe. Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB vielmehr erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe dieser Mitteilung der Beklagten an die Prozessbevollmächtigten des Erblassers veranlasste.
- 27
- a) In § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB wird für alle Ziffern des ersten Absatzes der genannten Vorschrift bestimmt, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Grundsätzlich endet ein Güteverfahren i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch Abschluss eines Vergleiches, die Rücknahme des Güteantrages oder durch die Einstellung des Verfahrens wegen Scheitern des Einigungsversuches (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 67; Urteile vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 291; vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 346). Die konkrete Beendigung des Verfahrens kann nur innerhalb der Verfahrensordnung der jeweiligen Gütestelle festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 67).
- 28
- Umstritten ist jedoch, ob im Falle eines Güteverfahrens i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB - wie das Berufungsgericht angenommen hat - der Tag der Verfahrenseinstellung bzw. Beendigung des Güteverfahrens nach der Verfahrensordnung ist (OLG München , Urteil vom 24. November 2014 - 21 U 5058/13, juris Rn. 28 ff.; OLG Bamberg, Urteil vom 14. November 2014 - 1 U 39/14, nicht veröffentlicht ) oder der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einstellungsverfügung an den Gläubiger maßgeblich ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Januar 2015 - 7 U 224/13, nicht veröffentlicht; OLG Celle, Urteil vom 16. Januar 2007 - 16 U 160/06, juris Rn. 68).
- 29
- Der Bundesgerichtshof hat diese Frage im Jahre 2009 ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284 Rn. 21). Im Beschluss vom 21. Oktober 2014 hat er sich insbesondere mit der Frage befasst, ob ein Scheitern des Verfahrens festgestellt werden kann, nicht aber mit dem Zeitpunkt, wann nach festgestelltem Scheitern die Nachlauffrist beginnt (XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 160). In einem Urteil vom 26. November 2013, das die Vorschrift des § 35 ArbnErfG betraf, hat der X. Zivilsenat allerdings bei Berechnung des Hemmungsendes ohne nähere Begründung - und ohne dass es tragend hierauf ankam - auf die Abgabe der Widerspruchserklärung der Beklagten gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle abgestellt (X ZR 3/13, juris Rn. 31). Demgegenüber hat der VII. Zivilsenat - ebenso wenig tragend und ohne nähere Begründung - im Fall einer Vereinbarung eines Stillhalteabkommens durch Anrufung einer Schiedsstelle ein Ende der Hemmung erst mit dem Zugang einer ablehnenden Entscheidung des Vorsitzenden angenommen (Urteil vom 28. Februar 2002 - VII ZR 455/00, NJW 2002, 1488 unter I 4 b).
- 30
- b) Der Senat entscheidet die Streitfrage dahingehend, dass im Anwendungsbereich des § 204 BGB im Regelfall auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle an den Gläubiger abzustellen ist. Entscheidend hierfür sprechen der Zweck der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB, der darin besteht, dass dem Gläubiger insbesondere dann, wenn im Verfahren keine Sachentscheidung ergeht, in jedem Falle eine Frist bleibt, in der er weitere Rechtsverfolgungsmaßnahmen einleiten kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 117 li. Sp.), sowie die Regelung zum Beginn der Hemmung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
- 31
- aa) Die Gewährleistung des vorstehend genannten Zwecks setzt die Kenntnis des Gläubigers von der Verfahrensbeendigung voraus. Ähnlich hat der Bundesgerichtshof zur Vorschrift des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift argumentiert: Es komme im Falle der Beendigung der Unterbrechungswirkung durch Nichtbetrieb des Prozesses darauf an, dass die Partei, die die Verjährung erneut unterbrechen wolle, die letzte Prozesshandlung des Gerichts und damit die Notwendigkeit kenne, den Prozess weiter zu betreiben (BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - VII ZR 227/96, BGHZ 134, 387, 390 f.).
- 32
- Das gilt ebenso für die Beendigung des Güteverfahrens. Auch hier ist im Grundsatz eine Kenntnisnahme des Gläubigers vom Beendigungsgrund geboten, damit er die vom Gesetzgeber eingeräumte Nachlauffrist nutzen kann. Daher ist § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen, dass es in dem Ausnahmefall, in dem die Beendigung eines Hemmungstatbestandes vom Gläubiger nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, für den Lauf der sechsmonatigen Nachlauffrist darauf ankommt, dass dieser Umstand dem Gläubiger zur Kenntnis gebracht wird.
- 33
- bb) Dieser Auslegung stehen die vom Berufungsgericht aufgezeigten Fälle, in denen die Beendigung der Hemmung ebenfalls nicht von einem Ereignis in der Sphäre des Gläubigers abhänge, nicht entscheidend entgegen.
- 34
- Im Fall der Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung, die mit Zustimmung des Beklagten oder Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schriftsatzes an ihn wirksam wird, liegt der Ausgangspunkt in einem Verhalten des Klägers selbst, von dem er zwangsläufig Kenntnis hat, so dass er sich auf den bevorstehenden Beginn der Notfrist vorbereiten kann. Die Beendigung der Hemmung bei Stillstand des Verfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht vergleichbar, da hier der Beginn der 6-Monatsfrist gerade nicht von einer Erklärung, sondern von einem Untätigbleiben der Parteien abhängt.
- 35
- cc) Soweit sich die Revisionserwiderung unter Hinweis auf einen Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1954 - GSZ 3/54, BGHZ 14, 39) darauf beruft, dass der Gläubiger vom Verkündungstermin keine Kenntnis haben müsse, so stellt der zitierte Beschluss lediglich klar, dass in einem Fall des Verstoßes gegen die zwingenden Vorschriften über die Verkündung von Urteilen zwar ein schwerwiegender Verfahrensmangel, aber aus Gründen der Rechtssicherheit kein Scheinurteil vorliegt.
- 36
- dd) Die aufgezeigte Auslegung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung zu § 203 BGB. Im dort gere- gelten Fall endet die Hemmung durch Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen. Diese muss grundsätzlich durch ein klares und eindeutiges Verhalten einer Partei zum Ausdruck kommen (BGH, Urteil vom 30. Juni 1998 - VI ZR 260/97, NJW 1998, 2819, 2820). Ein Beginn der Nachlauffrist des § 203 Satz 2 BGB ist demnach ohne Kenntnis oder Kennenmüssen des Gläubigers nicht möglich.
- 37
- ee) Anzuknüpfen ist im Güteverfahren allerdings nicht an den - wegen der nicht vorgeschriebenen förmlichen Zustellung (vgl. auch § 15a EGZPO) oftmals nicht nachweisbaren - Zugang der Erfolglosigkeitsbescheinigung beim Gläubiger, sondern an die bei der Gütestelle aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung ihrer Bekanntgabe.
- 38
- Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB sachgerecht. Zwar gilt diese Bestimmung unmittelbar nur für die Frage, wann eine Hemmung der Verjährung durch Einreichung eines Güteantrags beginnt. Der Gesetzgeber hat aber für diese Frage gerade deshalb auf die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags anstatt auf die Bekanntgabe selbst abgestellt, wie es noch im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war, weil auch dort mangels vorgeschriebener Zustellung des Antrags anderenfalls zu besorgen sei, dass der Zugang im Falle des Bestreitens nicht nachgewiesen werden könne (BTDrucks. 14/7052 S. 181). Dieser Gesichtspunkt trifft in gleicher Weise auf die Situation bei Beendigung des Güteverfahrens durch eine Mitteilung an den Gläubiger zu, für die der Gesetzgeber den maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausdrücklich geregelt hat. Es erscheint deshalb angemessen, auch hier auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe abzustellen , zumal der tatsächliche Zugang in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle binnen kurzer Frist erfolgen wird. Da der Gläubiger den maßgeblichen Zeitpunkt sodann bei der Gütestelle in Erfahrung bringen kann, besteht für ihn auch keine unzumutbare Unklarheit über den Beginn der ihm zur Verfügung stehenden Nachlauffrist. Die Anknüpfung an die aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle trägt damit zum einen dem Umstand Rechnung, dass der Gläubiger ausreichend Kenntnis von der Nachlauffrist erhalten muss, und vermeidet andererseits, dass Unklarheit über den Lauf der Verjährungsfrist entsteht; zugleich wird eine Verlängerung der Verjährungsfrist über Gebühr vermieden.
- 39
- c) Da das Berufungsgericht zum Zeitpunkt, in dem das auf den 20. April 2010 datierte Schreiben der Gütestelle an den Erblasser veranlasst worden ist, keine Feststellungen getroffen hat, ist es offen, ob die Einreichung der Klage am 16. Oktober 2012 noch in nicht verjährterZeit erfolgte. Die Sache ist daher zwecks Nachholung der erforderlichen Feststellung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 25.02.2014- 1 O 470/12 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 09.10.2014- 1 U 39/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob entsprechend der Auffassung der Instanzgerichte die Zustellung eines Mahnbescheids die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung nur hemmt, wenn die geltend gemachten Pflichtverletzungen im Einzelnen im Antrag beziehungsweise Mahnbescheid angegeben sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 (XI ZB 12/12, WM 2015, 22 Rn. 141 ff, 146) in einem Fall, der die Haftung wegen Prospektfehlern betraf, entschieden, dass es im Mahnverfahren zur erforderlichen Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs nicht der Benennung der einzelnen Prospektfehler bedarf. Nichts anderes kann für Pflichtverletzungen durch fehlerhafte Angaben beziehungsweise eine unzureichende Aufklärung im Rahmen eines Beratungsgesprächs gelten (siehe auch bereits BGH aaO Rn. 145 f unter Hinweis auf Grüneberg, WM 2014, 1109, 1110 f).
- 2
- Allerdings ist die Revision zuzulassen, auch wenn sich die aufgeworfene Grundsatzfrage während des Beschwerdeverfahrens klärt, soweit das Rechtsmittel in der Sache nach Maßgabe der Klärung Erfolg haben würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2004 - I ZR 197/03, NJW 2004, 3188 f und vom 29. Juni 2010 - X ZR 51/09, NJW 2010, 2812 Rn. 11 f; siehe auch Beschluss vom 8. September 2004 - V ZR 260/03, NJW 2005, 154, 155; BVerfG, NJW 2008, 2493, 2494). Diese Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Denn es fehlt, worauf die Beklagte in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen hat, aus anderen Gründen an der nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO notwendigen Individualisierung. In einem solchen Fall tritt keine Hemmung der Verjährung ein und kann die Individualisierung auch nicht mit Rückwirkung nachgeholt werden (vgl. nur BGH, Urteile vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, WM 2000, 2375, 2377; vom 10. Juli 2008 - IX ZR 160/07, NJW 2008, 3498 Rn. 7, 16 und vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 19 ff; Senat, Beschluss vom 31. Januar 2014 - III ZR 84/13, juris Rn. 17).
- 3
- Zur notwendigen Individualisierung zählt auch, dass dem Mahnbescheid zu entnehmen sein muss, ob Rechte aus eigenem oder abgetretenem Recht geltend gemacht werden. Denn bei Ansprüchen aus eigenem und solchen aus abgetretenem Recht handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. nur BGH, Urteile vom 29. November 1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005; vom 17. No- vember 2005 - IX ZR 8/04, WM 2006, 592, 594 und vom 21. Oktober 2008 aaO Rn. 15; Senat, Beschluss vom 27. November 2013 - III ZR 371/12, juris Rn. 2). Wird zum Beispiel eine Klage zunächst (unzutreffend) auf einen Anspruch aus eigenem Recht und später dann (zutreffend) auf einen Anspruch aus abgetretenem Recht gestützt, hat die Klageerhebung keine verjährungsrechtliche Bedeutung für den abgetretenen Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 aaO). Entsprechend muss auch die Abtretung im Mahnbescheid angegeben werden (vgl. auch BGH, Versäumnisurteil vom 30. September 2004 - VII ZR 92/03, NJW-RR 2005, 504, wonach im Mahnbescheid angegeben werden muss, dass der Gläubiger aus abgeleitetem Recht vorgeht, wobei es allerdings unschädlich ist, wenn die Berechtigung des Antragstellers nicht auf einer Abtretung , sondern tatsächlich nur auf einer Einziehungsermächtigung beruht). Gleiches gilt, wenn Ansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 aaO). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
- 4
- Zur notwendigen Individualisierung gehört ferner, wenn mehrere Einzelforderungen und nicht nur unselbständige Rechnungsposten eines einheitlichen Schadens geltend gemacht werden, dass die Zusammensetzung der Forderung bereits aus dem Mahnbescheid erkennbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 14 und vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509 Rn. 16 f; Senat, Beschluss vom 31. Januar 2014 aaO Rn. 14 f). Ob im vorliegenden Fall der Eigenkapitalanteil und die Kosten für das Fremdkapital, bei denen es sich um den Aufwand für den Erwerb der Beteiligung handelt, als unselbständige Rechnungsposten anzusehen sind, kann dahinstehen. Jedenfalls ist entgangener Gewinn - hier Teil der klägerischen Schadensberechnung - kein unselbständiger Rechnungsposten, sondern ein selbständiger Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719; Senat aaO). Zudem handelt es sich im vorliegenden Fall der Sache nach um eine Teilklage über 60.000 €, da die im Klageverfahren geltend gemachten Schadenspositionen zusammen einen höheren Betrag ausmachen. Bei einer Teilklage muss aber bereits dem Mahnbescheid zu entnehmen sein, dass es sich um eine Teilforderung handelt und welche Teile Gegenstand der Forderung sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 aaO Rn. 18; Senat aaO Rn. 16; jedenfalls wenn nicht nur unselbständige Rechnungsposten betroffen sind BGH, Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 49/10, juris 13 mwN).
- 5
- Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Schlick Herrmann Wöstmann Seiters Reiter
LG Hannover, Entscheidung vom 06.06.2013 - 4 O 230/12 -
OLG Celle, Entscheidung vom 03.02.2014 - 11 U 167/13 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zutragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 15.804,88 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger macht Schadensersatzansprüche wegen behaupteter fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an der I. und GmbH & Co. KG gegen die Beklagte geltend. Seine Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat in seinem gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO gefassten Beschluss die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er ist der Auffassung, der Wert der Beschwer entspreche der Streitwertfestsetzung in dem angefochtenen Beschluss (bis 22.000 €).
II.
- 2
- Die Beschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erfor- derliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
- 3
- 1. Mit dem Klageantrag zu 1 hat der Kläger die Rückzahlung des angelegten Kapitals zuzüglich einer Abwicklungsgebühr von zusammen 16.105,69 € begehrt, wovon 2.300,81 € in Abzug zu bringen sind, die er als Ausschüttung erhalten hat; es verbleiben danach 13.804,88 €.
- 4
- Diesem Betrag hat der Kläger "entgangenen Gewinn" von 6.146,20 € hinzugerechnet. Dies entspricht dem Zinsertrag, den er in der Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2008 erzielt hätte, wenn er die Beteiligungssumme in den Erwerb eines Bundesschatzbriefs Typ B investiert hätte. Er errechnet so für den Klageantrag zu 1 insgesamt einen Betrag von 19.951,08 €.
- 5
- Dem kann nicht gefolgt werden.
- 6
- Die Beschwer des Klägers beträgt hinsichtlich des Klageantrags zu 1 lediglich 13.804,88 €. Entgangener Gewinn, der als gleichbleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe (Zinsen) - im Streitfall als Gesamtsumme des Kapitalzuwachses mit 6.146,20 € berechnet - geltend gemacht wird, ist eine Nebenforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO der ebenfalls eingeklagten Hauptforderung und erhöht den Streitwert nicht. Der Senat schließt sich insofern der neueren Rechtsprechung des XI. Zivilsenats an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2012 - XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446 Rn. 14 und vom 15. Januar 2013 - XI ZR 370/11, BeckRS 2013, 02155; siehe auch Senatsbeschluss vom heutigen Tag - III ZR 257/12).
- 7
- Wenn der Kläger statt der gesetzlichen Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen oder zusätzlich zu diesen entgangene Anlagezinsen geltend macht, ändert dies nichts daran, dass es sich auch in diesem Fall um eine von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung handelt. Das gilt entsprechend, wenn entgangene Zinsen - wie auch vorliegend - für den Zeitraum vor Eintritt des Verzugs oder der Rechtshängigkeit begehrt werden (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 aaO unter Hinweis auf RGZ 158, 350, 351). Die Forderung auf Ersatz der wegen einer hypothetischen Alternativanlage entgangenen Anlagezinsen setzt notwendig voraus, dass die Forderung auf Ersatz des verloren gegangenen Kapitals tatsächlich besteht. Nur wenn und soweit das tatsächlich getätigte Anlagegeschäft der Rückabwicklung unterliegt, ist ein ersatzfähiger Gewinn wegen einer dadurch entgangenen anderweitigen Anlagemöglichkeit denkbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2012 - I-6 U 253/10, juris Rn. 6 mwN).
- 8
- Die mangelnde Berücksichtigung von als Zinsen geltend gemachten entgangenem Gewinn entspricht im Übrigen dem Gedanken, dass die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte gemäß § 4 Abs. 1 ZPO nicht durch die Schwierigkeit der Wertermittlung derartiger Nebenforderungen aufgehalten werden soll, und dem daraus folgenden Postulat einer praktischen, einfachen und klaren Wertermittlung (RG aaO mwN; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1960 - VII ZR 42/59, LM ZPO § 4 Nr. 14).
- 9
- 2. Zu dem danach für den Klageantrag zu 1 maßgeblichen Wert von 13.804,88 € sind bei der Berechnung der Beschwer des Klägers 2000 € (§ 3 ZPO) für den Klageantrag zu 3 hinzuzurechnen, wie dies auch die Beschwerde geltend macht. Es ergibt sich danach eine Beschwer von insgesamt 15.804,88 €.
- 10
- Der mit dem Klageantrag zu 4 begehrten Feststellung des Annahmeverzugs kommt bei der Bemessung der Beschwer neben der im Klageantrag zu 1 verfolgten Zug-um-Zug-Verurteilung keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Die Frage des Annahmeverzugs ist lediglich ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295, 1296 Rn. 16).
- 11
- Auch der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Betrag von 1.561,28 € ist bei der Ermittlung der Beschwer und des Streitwerts nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um vorgerichtlich entstandene Anwaltskos- ten und damit ebenfalls um eine Nebenforderung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 Rn. 5 mwN).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 15.07.2011 - 9 O 1426/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.04.2012 - 5 U 1232/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 20.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer am 7. Mai 2003 gezeichneten Beteiligung über 19.000 € an der I. KG geltend. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Gegen das Urteil des Kammergerichts vom 7. Januar 2014 wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
- 2
- Die Beschwerde ist unzulässig, da die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
- 3
- 1. Der Wert des Zahlungsantrags zu Ziffer 1 über 22.442,99 € ist lediglich mit 18.050 € zu bemessen. Die in den Antrag eingerechneten Zinsgewinne bei hypothetischer Vornahme einer Alternativanlage in Bundesschatzbriefen über 4.392,99 € sind nicht zu berücksichtigen. Dieser Schaden stellt nach der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Beschlüsse vom 27. Juni 2013 - III ZR 143/12, NJW 2013, 3100 Rn. 4 ff; vom 27. November 2013 - III ZR 423/12, juris Rn. 1 und vom 18. Dezember 2013 - III ZR 65/13, juris Rn. 2) eine Nebenforderung der ebenfalls eingeklagten Hauptforderung dar, die den Streitwert nicht erhöht und bei der Bemessung der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer ohne Bedeutung ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Wert auch nicht um mindestens 500 € wegen der beantragten Zug-um-Zug-Leistung zu erhöhen. Der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde zitierte Beschluss vom 8. Mai 2012 (BGH - XI ZR 286/11, WM 2012, 1427 Rn. 3 ff) betrifft die Beschwer einer Partei, die sich dagegen wendet, dass ihrer Klage nicht unbedingt, sondern nur Zug-um-Zug gegen Übertragung der Kapitalanlage stattgegeben worden ist. Hierum geht es im vorliegenden Fall aber nicht, in dem der Antrag der Klägerin auf Zahlung von 22.442,99 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Beteiligung am … abgewiesen worden ist.
- 4
- 2. Der Zahlungsantrag zu Ziffer 2, bei dem es sich um die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten handelt, ist als Nebenforderung bei der Ermittlung der Beschwer und des Streitwerts nicht zu berücksichtigen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 Rn. 5; Senat, Be- schlüsse vom 27. Juni 2013 aaO Rn. 11, vom 27. November 2013 aaO Rn. 2 und vom 18. Dezember 2013 aaO).
- 5
- 3. Der auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten gerichtete Antrag zu Ziffer 3 ist wertmäßig ebenfalls ohne Bedeutung (vgl. nur BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295 Rn. 16; Senat, Beschlüsse vom 27. Juni 2013 aaO Rn. 10 und vom 18. Dezember 2013 aaO).
- 6
- 4. Dass dem Feststellungsantrag zu Ziffer 4 bezüglich der Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin alle weiteren und zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Beteiligung entstanden sind oder noch entstehen werden, ein Wert zukommen könnte, der in der Addition eine Überschreitung der Streitwertstufe von 20.000 € zur Folge hätte, ist nicht ersichtlich.
- 7
- a) Zu Unrecht meint die Klägerin, aus den Senatsbeschlüssen vom 27. Juni 2013 (aaO Rn. 9) und vom 27. November 2013 (aaO Rn. 3) einen pau- schalierter Wert ihres Antrags von 2.000 €ableiten zu können. Der Wert eines Feststellungsantrags hängt von den Umständen des Einzelfalls, mithin hier maßgeblich von der streitgegenständlichen Kapitalanlage und den beim jeweiligen Anleger eingetretenen oder zu erwartenden Schäden ab. Die zitierten Senatsbeschlüsse betrafen andere Kapitalanlagen und andere Kapitalanleger. Der Umstand, dass der Senat in seinem Beschluss vom 27. Juni 2013 die - von der Gegenseite auch ausdrücklich nicht bestrittene - Wertangabe in der Beschwerde ("auf gut 2.000 € geschätzt") übernommen hat, wobei dieser Betrag im Übrigen weder für die notwendige Beschwer noch für die Streitwertstufe entscheidungserheblich war, ist daher für das vorliegende Verfahren irrelevant. Gleiches gilt für den Beschluss vom 27. November 2013, in dem der Senat - unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 27. Juni 2013 - festgestellt hat, dass nicht ersichtlich sei, dass dem Feststellungsantrag ein Wert (dort notwendig mindestens 2.475 €) zukomme, der zur Überschreitung der Grenze von 20.000 € führe.
- 8
- b) Was den streitgegenständlichen Feststellungsantrag anbetrifft, hat die Klägerin zu weiteren entstandenen Schäden nichts vorgetragen. Zu etwaigen Zukunftsschäden, zu denen sie sich in der Klage nicht verhalten hatte, hat sie erstmals im Schriftsatz vom 16. Februar 2012 auf S. 86 in einem kurzen Absatz nur allgemein auf die Möglichkeit des Auflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Steuervorteilen beziehungsweise eine Nachversteuerung hingewiesen. Die Haftung aus § 172 Abs. 4 HGB ist aber auf 1 % der gezeichneten Beteiligung - mithin hier 1 % von 19.000 € - beschränkt (Anlage K 10 S. 82), sodass diesem Risiko keine relevante wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Ihre mit der Anlage erzielten Steuervorteile hat die Klägerin nicht näher beziffert, diese allerdings zuvor im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage einer etwaigen Anrechnung auf den begehrten Schadensersatz durch die Anmerkung, sie habe da- mals nur ein Nettoeinkommen von 1.500 € erzielt,als eher geringfügig qualifiziert (Schriftsatz vom 16. Februar 2012 auf S. 84). Dass bezüglich etwaiger Steuervorteile - entgegen dem Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 25. Juli 2012, S. 129), dem die Klägerin in der Folgezeit auch nicht entgegen getreten ist - ein relevantes Risiko besteht, das wirtschaftlich eine entscheidungserhebliche Bedeutung für die Wertfestsetzung haben könnte, ist nicht ersichtlich. Dies entspricht auch dem Umstand, dass die Klägerin selbst in ihrer Klage den Streitwert nur nach Maßgabe des Zahlungsantrags zu Ziffer 1 beziffert und damit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 4 keine Relevanz bemessen hat. Abschließend ist anzumerken, dass der Senat in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2013 (aaO), der gerade den streitgegenständlichen Fonds … betraf, den dortigen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für alle weiteren und zukünftigen Schäden mit nur 500 € bewertet hat.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 09.11.2012 - 23 O 338/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.01.2014 - 7 U 198/12 -