Oberlandesgericht München Beschluss, 03. Mai 2019 - 11 W 155/19

published on 03/05/2019 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 03. Mai 2019 - 11 W 155/19
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Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt € 958,19.

Gründe

I.

Mit Klageschrift vom 22.03.2018 hat die Klägerin die „Beklagte“ auf die Erstattung von Kosten aus einem vor dem Landgericht Traunstein durchgeführten Rechtsstreit in Anspruch genommen.

Für die Beklagte bestellten sich hierauf am 02.05.2018 Prozessbevollmächtigte, die deren Verteidigungsabsicht anzeigten und mit näherer Begründung Abweisung der Klage beantragten. Das Landgericht wies die Klage mit Endurteil vom 27.08.2018 ab; es bestehe kein materiell-rechtlicher Anspruch der Klägerin auf die streitgegenständlichen Kosten. Dem Kostenfestsetzungsgesuch der nach diesem Urteil vollumfänglich erstattungsberechtigten Beklagten gab der Rechtspfleger mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss statt.

Die Klägerin legte gegen das Urteil am 01.10.2018 Berufung ein. Am 31.10.2018 beantragten sodann die Prozessbevollmächtigten der Beklagten - unter Vorlage einer Todesanzeige - Aussetzung des Verfahrens gem. § 246 ZPO, weil die Beklagte bereits am 24.06.2017 verstorben sei. Angesichts dessen wies der Senat darauf hin, die Klage sei von Anfang an unzulässig gewesen, wenn die „Beklagte“ tatsächlich bereits lange vor deren Erhebung verstorben sei; im Übrigen habe man Zweifel, ob den Beklagtenvertretern eine wirksame Vollmacht für den vorliegenden Rechtsstreit erteilt worden sei. Auf diesen Hinweis nahm die Klägerin ihre Berufung zurück. Allerdings beantragte sie, die Kosten des Verfahrens den gegnerischen Prozessbevollmächtigten, hilfsweise den Erben der Beklagten, aufzuerlegen, weil man nicht auf das Versterben der Beklagten hingewiesen habe. Hätten die Prozessbevollmächtigten einen solchen Hinweis erteilt, hätte die Klägerin die Klage nicht gegen die Beklagte, sondern gegen die Erben gerichtet. Der Senat legte die Kosten des Berufungsverfahrens - in Anwendung von § 516 Abs. 3 ZPO - gleichwohl der Klägerin auf.

Verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag legte die Klägerin hierauf sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein, im Wesentlichen mit der Begründung, die Prozessbevollmächtigten der „Beklagten“ hätten nicht auf deren Tod hingewiesen, andernfalls die Klage gegen die Erben erhoben werden wäre. Dem traten die Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 21.12.2018 entgegen: Zum einen gebe es im Parteiprozess keine derartige „Hinweisverpflichtung“, zum anderen habe die Klägerin eines solchen Hinweises auch gar nicht bedurft; ihr sei nämlich das Versterben der Beklagten „seit langem“ bekannt gewesen, insbesondere habe die Klägerin sogar persönlich an den Beerdigungsfeierlichkeiten teilgenommen. Im Übrigen sei der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren an die Kostengrundentscheidung des Landgerichts gebunden.

Mit Verfügung vom 13.02.2019 gab der nunmehr zuständige Senat des Beschwerdegerichts der Klägerin auf, zu der Behauptung der Beklagtenvertreter Stellung zu nehmen, wonach ihr das Ableben der „Beklagten“ bekannt gewesen sei, vor allem dazu, die Klägerin habe sogar an der Beerdigung teilgenommen.

Diese ließ hierauf erklären, ihrer Ansicht nach spiele es keine Rolle, ob sie von dem Tod der Beklagten Kenntnis gehabt habe; die Kosten seien nur deshalb angefallen, weil sich die Prozessbevollmächtigten für die Beklagte bestellt hätten.

II.

1. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO an sich statthafte sofortige Beschwerde ist wegen Versäumung der Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig; eine Wiedereinsetzung scheitert hier schon daran, dass von einem fehlenden Verschulden der Klägerin im Sinne von § 233 ZPO nicht ausgegangen werden kann: Die von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Beklagtenvertreter vom 27.11.2017 und vom 11.12.2017 sind zwar insofern erstaunlich, als dort auf eine „Rücksprache mit der Mandantschaft“ verwiesen wird, deren Zustandekommen nicht leicht verständlich ist, wenn die Beklagte bereits am 24.06.2017 verstorben ist. Andererseits hat die Klägerin - auf ausdrückliche Nachfrage des Senats - ihre Kenntnis vom Ableben der Beklagten nicht bestritten, ebenso wenig die Teilnahme an deren Beisetzung. Diese Kenntnis ist damit unstreitig, weshalb an einem Verschulden der Klägerin im Sinne von § 233 ZPO nicht vorbeizukommen ist.

2. Im Übrigen wäre die sofortige Beschwerde auch unbegründet:

a) Im Verfahren der Kostenfestsetzung kann sich durchaus die Notwendigkeit ergeben, einer nicht bzw. nicht mehr existierenden Partei einen Erstattungsanspruch zuzubilligen, siehe etwa BGH, Beschl. v. 10.10.2007 - XII ZB 26/05; Beschl. v. 27.09.2007 - VII ZB 23/07; Beschl. v. 12.05.2004 - XII ZB 226/03; Zöller-Herget, ZPO, 32. Aufl., § 91 Rn. 2 a.E.; Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rn. 11 vor § 50).

Die Beklagtenseite hat sich hier, wenngleich nicht von Anfang an, auf das Ableben der Beklagten auch berufen.

b) Davon abgesehen wäre der Antrag auf Aufhebung des Festsetzungsbeschlusses jedoch auch treuwidrig.

Ein Verstoß gegen § 242 BGB bzw. das Vorliegen von Rechtsmißbrauch ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch im Verfahren der Kostenfestsetzung beachtlich, vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 11.09.2012 - VI ZB 59/11 Tz 9, = NJW 12, 1314. Davon ist hier auszugehen, wenn Klage gegen eine Person erhoben wird, deren Versterben der Klägerin bekannt ist. Diese Kenntnis ist hier unstreitig. Richtig mag sein, dass die beschwerdegegenständlichen Kosten (auch) deshalb angefallen sind, weil sich die Prozessbevollmächtigten für die Beklagte bestellten. Die eigentliche Ursache liegt jedoch in der Klageerhebung gegen eine Verstorbene: Bei Klageerhebung zum Landgericht muss damit gerechnet werden, dass sich für die Beklagtenseite Rechtsanwälte bestellen und hierdurch anwaltliche Gebührenansprüche ausgelöst werden. Aus diesem Grunde geht nach Ansicht des Senates das Risiko, im Falle der Klageerhebung gegen eine Tote mit Kosten belastet zu werden, mit der Klägerin „heim“. Ob sich dieses Ergebnis auch mit dem Rechtsgedanken von § 817 Satz 2 BGB begründen ließe, mag offen bleiben (vgl. etwa Palandt-Sprau, BGB, 78. Aufl., § 817 Rn. 11).

3. Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
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Annotations

(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.

(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)