Oberlandesgericht München Beschluss, 13. Juni 2019 - 2 Ws 587/19

bei uns veröffentlicht am13.06.2019
vorgehend
Landgericht München I, 12 KLs 454 Js 112908/17, 15.05.2019

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Die Beschwerde des Angeklagten A. R. gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts München I vom 15.05.2019 wird als unbegründet verworfen mit der Maßgabe, dass der Angeklagte des Wohnungseinbruchsdiebstahls in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie des versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung dringend verdächtig ist.

II. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Der Angeklagte A. R. befindet sich in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 06.06.2018, eröffnet am 10.08.2018, seit dem Tag seiner Überstellung aus Bulgarien am 09.08.2018 ununterbrochen in Untersuchungshaft. In diesem Haftbefehl, der auf den Haftgrund der Flucht gestützt ist, wird dem Angeklagten schwerer Bandendiebstahl in 3 Fällen in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie versuchter schwerer Bandendiebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung zur Last gelegt.

Der Angeklagte wurde aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft München I vom 20.06.2018, ausgestellt auf der Grundlage des Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 06.06.2018, am 16.07.2018 in Peshtera/Bulgarien festgenommen und befand sich bis zu seiner Überstellung am 09.08.2018 in Bulgarien in Auslieferungshaft. Ausweislich des am 31.07.2018 in Kraft getretenen Urteils des Kreisgerichts Pazardzhik vom 25.07.2018, mit dem die Auslieferung des Angeklagten an die deutschen Behörden bewilligt wurde, erteilte der Angeklagte in der am 25.07.2018 durchgeführten Gerichtsverhandlung nach Belehrung seine Zustimmung zur Auslieferung, ohne auf den Grundsatz der Spezialität zu verzichten. Die Staatsanwaltschaft München I hatte zuvor mit Schreiben vom 18.07.2018 zugesichert, dass der Angeklagte im Falle einer (rechtskräftigen) Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zum Zwecke der Strafvollstreckung nach Bulgarien zurück überstellt wird. Das Kreisgericht Pazardzhik stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft München I vorliegen. Gegen die Auslieferungsbewilligung legte der Angeklagte kein Rechtsmittel ein.

Der Senat hat im Rahmen der ersten Haftprüfung durch das Oberlandesgericht (§ 121 Abs. 1, § 122 Abs. 1 StPO) mit Beschluss vom 19.02.2019, Az.: 2 Ws 145/19 H, die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeklagten angeordnet mit der Maßgabe, dass der Haftbefehl auf den Haftgrund der Fluchtgefahr, nicht mehr der Flucht, gestützt wird.

Aufgrund der Hauptverhandlung vom 09.04., 15.04., 16.04., 23.04., 14.05. und 15.05.2019 hat das Landgericht München I den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt und die vom Angeklagten in Bulgarien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1 : 1 angerechnet. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft München I hat keine Revision eingelegt.

Mit Beschluss vom 15.05.2019 hat das Landgericht München I die Haftfortdauer aus den weiterhin zutreffenden Gründen des Haftbefehls angeordnet.

Gegen diesen Haftfortdauerbeschluss hat der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 16.05.2019 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Haftbefehl aufzuheben. Die Untersuchungshaft sei schon deshalb rechtswidrig, weil der Angeklagte aufgrund eines unwirksamen Europäischen Haftbefehls nach Deutschland überstellt worden sei. Bei der Staatsanwaltschaft München I, die den Europäischen Haftbefehl vom 20.06.2018 ausgestellt hat, handele es sich nicht um eine „Justizbehörde“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des EU-Rahmenbeschlusses (2002/584/JI). Im Übrigen liege keine Fluchtgefahr vor.

Mit Beschluss vom 21.05.2019 hat das Landgericht München I der Haftbeschwerde nicht abgeholfen und darin insbesondere ausgeführt, dass weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr bestehe.

Mit Vorlage der Akten beantragte die Generalstaatsanwaltschaft München, die Beschwerde des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen. Der Senat hat den Zuleitungsbericht der Generalstaatsanwaltschaft München vom 29.05.2019 dem Verteidiger des Angeklagten mit Telefax vom 05.06.2019 zur Kenntnisnahme zugeleitet und darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nicht vor dem 13.06.2019 ergehen wird. Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 13.06.2019 ergänzend Stellung genommen.

Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die genannten Schriftsätze und Entscheidungen.

II.

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts München I vom 15.05.2019 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 304 Abs. 1, 306 Abs. 1 StPO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Angeklagte ist nach durchgeführter Hauptverhandlung des Wohnungseinbruchsdiebstahls in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie des versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung dringend verdächtig.

(wird ausgeführt)

2. Es besteht weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der Senat sieht unter umfassender Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls die weit überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass sich der Angeklagte dem Strafverfahren entziehen und nicht etwa stellen werde.

(wird ausgeführt)

3. Haftverschonende Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO kommen bei einer Gesamtschau und Würdigung der bereits erwähnten Umstände nicht in Betracht. Anders als durch den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft lässt sich der staatliche Strafanspruch nicht sichern.

4. Angesichts der Bedeutung der Sache, des Gewichts der Tatvorwürfe und der zu erwartenden Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten ist die Untersuchungshaft auch weiterhin verhältnismäßig (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Senat hat insoweit den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Angeklagten mit den aufgrund der Strafverfolgung gebotenen Freiheitsbeschränkungen abgewogen.

Der Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 06.06.2018 und der Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts München I vom 15.05.2019 sind auch nicht deshalb aufzuheben, weil der Angeklagte aufgrund des von der Staatsanwaltschaft München I ausgestellten Europäischen Haftbefehls vom 20.06.2018 am 16.07.2018 in Bulgarien festgenommen und nach Bewilligung der Auslieferung am 09.08.2019 nach Deutschland überstellt wurde.

Zwar hat der EuGH mit Urteil vom 27.05.2019 entschieden, dass die Staatsanwaltschaften eines Mitgliedstaats, die - wie die deutschen Staatsanwaltschaften - der Gefahr ausgesetzt sind, im Rahmen des Erlasses einer Entscheidung über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen zu werden, nicht unter den Begriff „ausstellende Justizbehörde“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13.06.2002 über den Europäischen Haftbefehl fallen (EuGH Urt. v. 27.5.2019 - C-508/18, C-82/19 PPU, BeckRS 2019, 9722). Die deutschen Staatsanwaltschaften sind danach nicht zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls befugt. Europäische Haftbefehle sind künftig von deutschen Gerichten auszustellen.

Die Entscheidung des EuGH vom 27.05.2019 steht dem Vollzug der Untersuchungshaft des Angeklagten nach bewilligter und vollzogener Auslieferung aus Bulgarien jedoch nicht entgegen. Grundlage der Untersuchungshaft ist der Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 06.06.2018 und nicht der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft München I vom 20.06.2018. Die Wirksamkeit des Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 06.06.2018 bleibt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH unberührt.

Es besteht auch kein Hindernis, den Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 06.06.2018 zu vollziehen. Die Auslieferung erfolgte aufgrund der rechtskräftigen Bewilligungsentscheidung durch Urteil des Kreisgerichts Pazardzhik vom 25.07.2018. Der Angeklagte hat nach Belehrung seine Zustimmung zur Auslieferung erklärt und kein Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Diese Entscheidung bleibt auch wirksam, wenn das bulgarische Auslieferungsverfahren fehlerbehaftet gewesen sein sollte. Die Überprüfung der Auslieferungsbewilligung ist allein Sache der bulgarischen Behörden. Eine Überprüfung im Inland erfolgt nicht. Im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, und hierzu zählen auch die Regelungen in Folge des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl, gilt das sog. Trennungsmodell. Hiernach ist dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat Rechtsschutz zu gewähren, von dem der angegriffene Hoheitsakt erlassen wurde. Dies hat auch Auswirkung auf den Umfang der Nachprüfung durch die nationalen Gerichte, da die Rechtsschutzgarantie es grundsätzlich nicht gebietet, einen ausländischen Hoheitsakt (inzident) auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen (Böse in Grützner/Pötz/Kreß/Gazeas, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Auflage, 26. Lfg. Juni 2012, Vor § 78 IRG Rn. 35). Daher unterliegen etwa mittels Rechtshilfe eines ausländischen Staates gewonnene Beweise trotz Nichteinhaltung der maßgeblichen rechtshilferechtlichen Bestimmungen keinem Beweisverwertungsverbot, wenn die Beweise auch bei Beachtung des Rechtshilferechts durch den ersuchten und den ersuchenden Staat hätten erlangt werden können. Ist die Rechtshilfe durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union geleistet worden, darf bei der Beurteilung der Beweisverwertung im Inland nur in eingeschränktem Umfang geprüft werden, ob die Beweise nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Mitgliedstaates rechtmäßig gewonnen wurden (BGH, Beschluss vom 21.11.2012 - 1 StR 310/12, NStZ 2013, 596).

Da die Auslieferung des Angeklagten nach Deutschland vorliegend durch die bulgarischen Behörden auf der Grundlage des dortigen Rechts bewilligt wurde, ist dem Trennungsgebot folgend die Nichtberücksichtigung der mangelnden Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft München I hinsichtlich der Ausstellung des Europäischen Haftbefehls vom 20.06.2018 durch das Kreisgericht Pazardzhik für die Wirksamkeit des nationalen Haftbefehls und den Vollzug der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten unbeachtlich. Zwar erfährt das Trennungsgebot Einschränkungen durch den ordrepublic-Vorbehalt oder andere Vollstreckungshindernisse im Rahmen des Rechtshilfeverfahrens. Aber auch derartiges ist hier nicht erkennbar. Denn nach der Entscheidung des EuGH vom 27.05.2019 wurde der Europäische Haftbefehl lediglich durch eine nicht zuständige, aber doch immerhin durch eine Justizbehörde erlassen. Es liegt auch kein arglistiges Verhalten der Staatsanwaltschaft München I vor, da es bis zur Entscheidung des EuGH allgemeine Ansicht war, dass deutsche Staatsanwaltschaften befugt sind, Europäische Haftbefehle auszustellen. Auch aus der oben genannten Entscheidung des BGH vom 21.11.2012 ergibt sich, dass die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls durch eine unzuständige Staatsanwaltschaft und die daraufhin durch eine ausländische Behörde bewilligte und vollzogene Auslieferung nicht zu einem Verfolgungshindernis im Inland führt.

5. Dem in Haftsachen zu beachtenden Beschleunigungsgebot wurde auch weiterhin entsprochen. Wegen des Ablaufs des Ermittlungsverfahrens wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 19.02.2019. Das Landgericht München I hat mit Beschluss vom 21.02.2019 die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 27.11.2018 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren gegen den Angeklagten eröffnet. Nach sechstägiger Hauptverhandlung hat die Strafkammer den Angeklagten mit Urteil vom 15.05.2019 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 13. Juni 2019 - 2 Ws 587/19

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Beschluss, 13. Juni 2019 - 2 Ws 587/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd
Oberlandesgericht München Beschluss, 13. Juni 2019 - 2 Ws 587/19 zitiert 8 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Strafprozeßordnung - StPO | § 120 Aufhebung des Haftbefehls


(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sich

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 78 Vorrang des Achten Teils


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Tenor I. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeschuldigten A. R. wird angeordnet mit der Maßgabe, dass der Haftbefehl auf den Haftgrund der Fluchtgefahr, nicht mehr der Flucht, gestützt wird. II. Die Haftprüfung wird für di

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

Tenor

I. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeschuldigten A. R. wird angeordnet mit der Maßgabe, dass der Haftbefehl auf den Haftgrund der Fluchtgefahr, nicht mehr der Flucht, gestützt wird.

II. Die Haftprüfung wird für die nächsten drei Monate dem Landgericht München I - 12. Strafkammer - übertragen.

Gründe

Der Angeschuldigte A. R. befindet sich in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 06.06.2018, eröffnet am 10.08.2018, seit dem Tag seiner Überstellung aus Bulgarien am 09.08.2018 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Zuvor befand er sich seit seiner Festnahme am 16.07.2018 in Bulgarien in Auslieferungshaft.

Ein Urteil ist noch nicht ergangen. Dies macht die Haftprüfung durch das Oberlandesgericht erforderlich.

Sie hat ergeben, dass zu Recht Untersuchungshaft angeordnet ist, eine Haftverschonung nicht in Betracht gezogen werden kann und das Verfahren wegen der besonderen Schwierigkeiten und des Umfangs der Ermittlungen noch nicht durch ein Urteil abgeschlossen werden konnte.

Hinsichtlich des dringenden Tatverdachts und der Beweislage wird auf die Anklageschrift vom 27.11.2018 und die dort genannten Beweismittel verwiesen. Der Angeschuldigte hat mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 18.09.2018 (Bl. 433/437) eingeräumt, dass er den rechtskräftig Verurteilten M2. und den anderweitig Verfolgten St. hinsichtlich der im Haftbefehl und in der Anklageschrift zur Last gelegten Taten vom 18.01.2016 (Ziff. 1. und 2.), 19.01.2016 (Ziff. 3.) und 20.01.2016 (Ziff. 4.) jeweils zu den Tatorten gefahren hat. Soweit er vorträgt, dass er zunächst nicht gewusst habe, dass der Verurteilte M2. Wohnungseinbruchsdiebstähle begehe, erstmals am 19.01.2016 misstrauisch geworden sei und erst auf der Rückfahrt volle Gewissheit erlangt habe, dass er in „krumme Sachen“ reingezogen werde, und hinsichtlich der letzten Fahrt am 20.01.2016 nur deshalb zum Tatort gefahren sei, weil ihm sein Arbeitgeber, der anderweitig Verfolgten St., andernfalls massiv mit der Kündigung gedroht habe, handelt es sich offensichtlich um Schutzbehauptungen, die mit den Angaben des Verurteilten M2. in seinen Beschuldigtenvernehmungen vom 24.01.2017 (Bl. 219 RS), 22.02.2017 (Bl. 239) und 27.03.2017 (Bl. 264/265) und den polizeilichen Ermittlungen nicht zu vereinbaren sind. Der Verurteilte M2. gab insbesondere an, der Angeschuldigte habe am 19.01.2016 rund 100 m vom Tatort entfernt geparkt, ihn angerufen und mitgeteilt, dass der Besitzer nach Hause komme (Bl. 219 RS). Auch an den Einbrüchen vom 18.01.2016 (Bl. 264/265) und 20.01.2016 (Bl. 239) sei der Angeschuldigte beteiligt gewesen. Nach dem Ermittlungsbericht vom 23.03.2018 telefonierten der Angeschuldigte und der Verurteilte M2. am 20.01.2016 zwischen 11:18 Uhr und 11:19 Uhr insgesamt dreimal jeweils für wenige Sekunden und befanden sich dabei in der Tatortfunkzelle (Bl. 5). Im Übrigen gab der Verurteilte M2. in seinen Vernehmungen vom 24.01.2017 (Bl. 219) und 22.02.2017 (Bl. 247/248) an, dass der Angeschuldigte („Sasho“ bzw. „Saschko“, vgl. Bl. 13) und der rechtskräftig Verurteilte Ko. nach einem Wohnungseinbruch (vermutlich am 17.11.2015; VGL: Bl: 14), der nicht Gegenstand des Haftbefehls ist, mit einem Bus gekommen seien und dabei geholfen hätten, einen entwendeten Tresor in eine Garage zu verbringen und dort mit einer Flex zu öffnen. Der Angeschuldigte habe von der Beute 400,- € erhalten und den Tresor zusammen mit dem Verurteilten Ko. entsorgt (Bl. 219). Aus den polizeilichen Ermittlungen ergibt sich zudem, dass der Verurteilte M2. nach einem weiteren Einbruch am 18.12.2015 zwischen 15:30 Uhr und 17:30 Uhr in V., bei dem ebenfalls ein Tresor entwendet wurde, den Angeschuldigten gegen 17:30 Uhr anrief (Bl. 13, 271). Schließlich gab der anderweitig Verfolgte St. in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 24.11.2016 an, dass der Angeschuldigte damals viel mit den Verurteilten M2. und Ko. unterwegs gewesen sei (Bl. 14, 287). Insoweit besteht der dringende Verdacht, dass der Angeschuldigte - entgegen seiner Einlassung - schon im November/Dezember 2015 von den Wohnungseinbruchsdiebstählen des Verurteilten M2. Kenntnis hatte und Mittäter der ihm zur Last gelegten Taten vom 18.01.2016, 19.01.2016 und 20.01.2016 ist; sein Tatbeitrag im Rahmen der Bandenabrede war jeweils, den Verurteilten M2. zu den Tatorten zu fahren, in der Umgebung im Auto zu warten und aufzupassen, den Verurteilten M2. ggf. zu warnen und die Tatbeute abzutransportieren.

Bei dem Angeschuldigten A. R. liegt der Haftgrund der Fluchtgefahr vor, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Ihm droht im Hinblick auf die Verbrechensvorwürfe des schweren Bandendiebstahls in 3 Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls länger andauernder Freiheitsentzug, der erfahrungsgemäß einen hohen Fluchtanreiz auslöst. Dieser wird durch tragfähige soziale Bindungen im Inland nicht gemindert. Der Angeschuldigte ist bulgarischer Staatsangehöriger und hat im Inland weder einen festen Wohnsitz noch familiäre oder sonstige soziale Bindungen. Zuletzt wurde er in Deutschland am 14.07.2017 von Amts wegen abgemeldet (Bl. 2); er kehrte zuvor nach Bulgarien zurück, ohne die Auflösung seines Wohnsitzes im Bundesgebiet zu melden und war für die hiesigen Strafverfolgungsbehörden unbekannten Aufenthalts. Es steht angesichts der hohen Straferwartung zu befürchten, dass er im Falle seiner Freilassung in sein Heimatland zurückkehrt, um sich dem Strafverfahren zumindest für einen längeren Zeitraum zu entziehen. Entgegen der Stellungnahme des Verteidigers vom 14.02.2019 besteht keine hinreichende Vertrauensgrundlage dafür, dass sich der Angeschuldigte dem Verfahren stellen und einer Ladung zu einem etwaigen Hauptverhandlungstermin Folge leisten wird.

Nach seiner Ergreifung und Inhaftierung ist der Haftgrund der Flucht durch den der Fluchtgefahr zu ersetzen.

Angesichts der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe ist die Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig, § 120 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Der Senat hat insoweit den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Angeschuldigten mit den aufgrund der Strafverfolgung gebotenen Freiheitsbeschränkungen abgewogen. Weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 StPO kommen bei einer Gesamtschau und Würdigung der bereits erwähnten Umstände nicht in Betracht. Anders als durch den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft lässt sich der staatliche Strafanspruch nicht sichern.

Dem in Haftsachen zu beachtenden Beschleunigungsgebot (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 MRK, § 121 Abs. 1 StPO) wurde entsprochen. Vermeidbare, den Strafverfolgungsorganen anzulastende Verzögerungen liegen nicht vor.

Wegen des Ablaufs des Ermittlungsverfahrens wird Bezug genommen auf die Zuleitungsberichte der Generalstaatsanwaltschaft München vom 04.02.2019 und der Staatsanwaltschaft München I vom 31.01.2019, die den Beteiligten bekannt gemacht wurden. Nach Eingang der Stellungnahme des Verteidigers vom 18.09.2018 (Bl. 433/437), in der dieser Nachermittlungen anregte, ergänzende Akteneinsicht beantragte und eine weitere Stellungnahme ankündigte, bewilligte die Staatsanwaltschaft München I mit Verfügung vom 26.09.2018 ergänzende Akteneinsicht und forderte das zu Ziff. 3. d. Haftbefehls (Tat vom 19.01.2016) vorhandene Video vom Kommissariat 53 mit dem Zusatz „EILT SEHR“ an (Bl. 438). Mit Telefax vom 01.10.2018 teilte eine Vertreterin des polizeilichen Sachbearbeiters mit, dass nach Rücksprache mit dem Sachbearbeiter (derzeit nicht im Dienst) keine Videos vorhanden seien. Diese Mitteilung wurde dem Verteidiger mit Telefax vom 08.10.2018 zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Nach Hinweis des Verteidigers auf den Ermittlungsbericht vom 23.03.2018, wonach Videoaufnahmen vom 19.01.2016 vorhanden seien (Bl. 443/446), teilte der polizeiliche Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft München I am 29.10.2018 telefonisch mit, dass das Video doch noch vorhanden sei und übersendet werde (Bl. 451). Auf telefonische Nachfrage vom 07.11.2018 teilte er mit, dass er das Video bereits am 31.10.2018 der Staatsanwaltschaft zugeleitet habe. Nach Eingang des Videos hat die staatsanwaltschaftliche Sachbearbeiterin am 15.11.2018 die Asservierung der CD, das Anfertigen einer Kopie und das Übersenden der Kopie an den Verteidiger verfügt (Bl. 452). Zur Beschleunigung des Verfahrens hat die Staatsanwaltschaft München I bereits mit Anklageschrift vom 27.11.2018 Anklage zum Landgericht München I erhoben, obwohl die angekündigte ergänzende Stellungnahme des Verteidigers und das in Auftrag gegebene DNA-Vergleichsgutachten bis dahin noch nicht eingegangen waren. Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 03.12.2018 ergänzend Stellung genommen (Bl. 467). Zwar führte die falsche polizeiliche Auskunft vom 01.10.2018 zu einer verzögerten Übersendung des Videos an den Verteidiger. Dies hatte jedoch - entgegen der Stellungnahme des Verteidigers vom 04.02.2019 - im Ergebnis keine Verzögerung des Verfahrens zur Folge. Denn das unverzüglich nach der Überstellung des Angeschuldigten aus Bulgarien - nach Entnahme von DNA-Material (Bl. 382/383) - am 13.08.2018 in Auftrag gegebene DNA-Vergleichsgutachten wurde erst am 10.12.2018 erstellt und ging bei der Staatsanwaltschaft am 20.12.2018 ein (Bl. 471/478).

Der Vorsitzende der 12. Strafkammer hat am 12.12.2018 die Zustellung der Anklageschrift verfügt und eine Einlassungsfrist von 2 Wochen verfügt; am 14.01.2019 hat der Vorsitzende ergänzend die Übersetzung der Anklageschrift in Auftrag gegeben und diese mit Verfügung vom 30.01.2019 dem Angeschuldigten zugestellt.

Von einem zügigen Fortgang des Verfahrens und dessen zeitnahem Abschluss kann daher ausgegangen werden.

Soweit der Verteidiger in der Stellungnahme vom 04.02.2019 vorträgt, die von der Staatsanwaltschaft München I in der Anklageschrift beantragte Verbindung zum gegen den Mittäter St. unter dem Az.: 12 KLs 454 Js 112908/17 anhängigen Strafverfahren führe zu einer (weiteren) Verfahrensverzögerung, kann dies - jedenfalls derzeit - einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot nicht begründen. Denn das Landgericht München I hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die beantragte Verbindung noch nicht entschieden. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass etwaige Verzögerungen durch eine Verbindung unvermeidbar und vom Angeschuldigten hinzunehmen sind, wenn es sachgerecht und geboten ist, in einem Tatkomplex, an dem mehrere Täter beteiligt sind, eine gemeinsame Hauptverhandlung durchzuführen (vgl. Schultheis in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 121 StPO Rn. 14).

Die Übertragung der weiteren Haftprüfung beruht auf § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.

(1) Soweit dieser Teil keine besonderen Regelungen enthält, finden die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes auf den Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anwendung.

(2) Dieser Teil geht den in § 1 Abs. 3 genannten völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit er abschließende Regelungen enthält.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 310/12
vom
21. November 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
AEUV Art. 82 Abs. 2 Satz 2 a)
EMRK Art. 6 Abs. 1
EU-RhÜbk Art. 22
EurRhÜbk CZ-ErgVtr Art. 17 Abs. 2 und 5
1. Die Verwertbarkeit mittels Rechtshilfe eines ausländischen Staates erlangter
Beweise bestimmt sich nach dem inländischen Recht.
2. Auf diesem Weg gewonnene Beweise unterliegen trotz Nichteinhaltung der
maßgeblichen rechtshilferechtlichen Bestimmungen keinem Beweisverwertungsverbot
, wenn die Beweise auch bei Beachtung des Rechtshilferechts
durch den ersuchten und den ersuchenden Staat hätten erlangt werden können.
3. Ist die Rechtshilfe durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union geleistet
worden, darf bei der Beurteilung der Beweisverwertung im Inland nur in
eingeschränktem Umfang geprüft werden, ob die Beweise nach dem innerstaatlichen
Recht des ersuchten Mitgliedstaates rechtmäßig gewonnen wurden.
Das gilt jedenfalls dann, wenn die dortige Beweiserhebung nicht auf einem
inländischen Rechtshilfeersuchen beruht.
BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 1 StR 310/12 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 23. Dezember 2011 werden als unbegründet
verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen
keinen Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Die Angeklagten, sämtlich tschechische Staatsangehörige, wurden wegen jeweils in mittelbarer Täterschaft begangenen bandenmäßigen und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen zu mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt.
2
Sie hatten vereinbart, aus China stammende Zigaretten unversteuert und unverzollt in die Bundesrepublik Deutschland und nach Tschechien zu „schmuggeln“. Hierzu organisierten sie im November 2007 (Tat 1) und im März 2008 (Tat 2) „Schmuggelfahrten“ von Zigaretten: Von ihnen beauftragte Fahrer transportierten jeweils einen Container mit Zigaretten aus der Hamburger Freihafenzone in das Bundesgebiet. Die Angeklagten bewirkten, dass die Fahrer bei Verlassen des Zollfreigebiets unvollständige Zollanmeldungen abgaben, so dass keine Einfuhrabgaben festgesetzt wurden. Hierdurch verkürzten sie Zoll sowie Tabak- und Einfuhrumsatzsteuer in einem Gesamtumfang von 1.583.173,44 Euro (Tat 1) und 1.163.899,56 Euro (Tat 2).
3
Unmittelbar nachdem der LKW die Hamburger Freihafenzone verlassen hatte (Fall 1) bzw. bevor der LKW in einer Lagerhalle in Berlin vollständig entladen war (Fall 2), stellten die Zollbehörden aufgrund von Observationen die Zigaretten sicher und verhafteten die Fahrer, die beide noch im Jahr 2008 wegen Steuerhinterziehung bzw. gewerbsmäßigen Schmuggels zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.
4
Die Tatbeteiligung der Angeklagten ist maßgeblich auf Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen tschechischer Ermittlungsbehörden gestützt. Diese Maßnahmen in Tschechien beruhten nicht auf einem deutschen Rechtshilfeersuchen.
5
Die auf Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Näherer Ausführungen bedarf es lediglich insoweit, als die Angeklagten - inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmend - die Verwertung der Erkenntnisse aus den genannten Telefonüberwachungsmaßnahmen beanstanden (A.), und sich der Angeklagte R. gegen die Besetzung des Gerichts mit nur zwei Berufsrichtern wendet (B.).

A.


6
I. Den verwerteten Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung liegt Folgendes zugrunde:
7
In den Jahren 2007 und 2008 hatten die Bezirksgerichte Prag 4 und Prag 10 gemäß § 88 Abs. 1 und 2 der tschechischen Strafprozessordnung in einem dort wegen des Verdachts von Zigarettenschmuggel geführten Ermittlungsverfahren auf Antrag der örtlichen Staatsanwaltschaft Beschlüsse über die Überwachung der Telekommunikation von näher bezeichneten Telefonanschlüssen erlassen. Einige dieser Anschlüsse waren den Angeklagten oder von ihnen geführten Unternehmen zuzuordnen. Auf dieser Grundlage hatten die tschechischen Ermittlungsbehörden unter anderem von den Angeklagten (untereinander und mit Dritten) geführte Telefonate abgehört und verschriftet; später wurde das in Tschechien gegen die dortigen Beschuldigten geführte Strafverfahren eingestellt, soweit eine Einfuhr von nicht verzollten Zigaretten auf tschechisches Staatsgebiet nicht festgestellt werden konnte.
8
Im Verlauf des hiesigen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der hier abgeurteilten Taten (u.a.) richtete die Staatsanwaltschaft Hamburg im Mai 2009 ein Rechtshilfeersuchen an die Kreisstaatsanwaltschaft in Prag. Darin ersuchte sie um Übersendung der dort vorliegenden Beweismittel, insbesondere von Mitschnitten von Telefonaten, Observationsberichten, Zeugenaussagen und von aussagekräftigen relevanten Unterlagen.
9
Auf dieses Ersuchen übersandte die Kreisstaatsanwaltschaft Prag im September 2009 zunächst verschriftete Aufzeichnungen von Telefongesprächen sowie im weiteren Verlauf Audio-CDs mit insgesamt rund 45.000 abgehörten Telefongesprächen.
10
Gegenstand der Hauptverhandlung waren - gegen den Widerspruch der Angeklagten - vorgespielte und übersetzte Mitschnitte von solchen Telefongesprächen.
11
II. Die Revisionen halten wegen der Verwertung dieser Telefonmitschnitte insbesondere den Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 EMRK) für verletzt. Die Voraussetzungen für die Gewährung bilateraler Rechtshilfe bezüglich der Telekommunikationsüberwachung hätten nicht vorgelegen. Diese ergeben sich aus Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 des Vertrages vom 2. Februar 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (CZ-ErgV EuRhÜbk); in nationales Recht umgesetzt durch Gesetz vom 13. Juli 2001 (BGBl. II S. 733).
12
Danach dürfen Rechtshilfeersuchen nur erledigt werden, wenn „eine Überwachungsanordnung eines zuständigen Ge- richts des ersuchenden Vertragsstaates vorgelegt wird oder aus der Erklärung eines solchen Gerichts hervorgeht, dass die Voraussetzungen der Überwachung vorlägen, wenn eine derartige Maßnahme im Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaates durchzuführen wäre“ (Art. 17 Abs. 2 Ziff. 1).
13
Außerdem kann „die Überwachung auch nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates angeordnet werden …, sofern die Strafverfolgung wegen der dem Ersuchen zugrunde liegenden Straftat dort durchgeführt werden würde“ (Art. 17 Abs. 2 Ziff. 2).
14
Zudem gelten die „Absätze 1, 2 (Ziffern 1 und 2) und 4 … entsprechend für Ersuchen um Herausgabe von Unterlagen, die aus Maßnahmen der Überwachung der Telekommunikation in einem im Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaates geführten Strafverfahren herrühren“ (Art. 17 Abs. 5).
15
Die Revisionen beanstanden im Einzelnen:
16
1. Die nach Art. 17 Abs. 2 Ziffer 1 CZ-ErgV EuRhÜbk erforderliche Erklärung eines deutschen Gerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung für den Fall der Durchführung der entsprechenden Maßnahme im Inland habe gefehlt.
17
2. Zudem habe es jedenfalls für die aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichts Prag 4 vom 13. November 2007 durchgeführten Telekommunikationsüberwachung an der vom Übereinkommen geforderten Möglichkeit gemangelt , dass eine solche Überwachung auch nach bundesdeutschem Recht hätte angeordnet werden können. Die verfahrensgegenständlichen Straftaten seien nämlich am Tage des Erlasses dieses Beschlusses noch keine Katalogtaten des § 100a Abs. 1 StPO gewesen, sondern erst mit Wirkung zum 1. Januar 2008 dort eingestellt worden.
18
3. Die Anordnungsbeschlüsse der Bezirksgerichte Prag 4 und Prag 10 - auch derjenige des Bezirksgerichts Prag 4 vom 13. November 2007 - seien unzureichend begründet gewesen. Den insoweit sowohl nach tschechischem als auch deutschem Recht bestehenden Begründungsanforderungen (eine we- nigstens knappe Darstellung der den Tatverdacht begründenden Tatsachen und der Beweislage) habe keiner der Beschlüsse entsprochen.
19
III. Es kann dahinstehen, ob die Verfahrensrügen der drei Angeklagten zulässig ausgeführt sind. Sie sind jedenfalls unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
20
Die Inhalte der durch die tschechischen Strafverfolgungsbehörden abgehörten und aufgezeichneten Telefongespräche durfte das Landgericht verwerten. Das Fehlen der nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Ziffer 1 CZ-ErgV EuRhÜbk für die Herausgabe von Unterlagen aus der Telekommunikationsüberwachung an sich erforderlichen Erklärung eines Gerichts des ersuchenden Staates über das Vorliegen der Voraussetzungen der begehrten Maßnahme auch in diesem Staat steht der Verwertung nicht entgegen. Es besteht weder ein aus völkerrechtlichen Vorschriften noch aus dem deutschen Recht resultierendes Beweisverwertungsverbot.
21
1. Die Verwertbarkeit mittels Rechtshilfe eines ausländischen Staates gewonnener Beweise richtet sich nach der Rechtsordnung des um diese Rechtshilfe ersuchenden Staates (Ambos, Beweisverwertungsverbote, 2010, S. 81; Böse ZStW 114 [2002], S. 148, 149, 152 und 180; Gleß JR 2008, S. 317, 321; Jahn, Gutachten für den 67. Deutschen Juristentag, 2008, C 117; vgl. auch Schuster, Verwertbarkeit im Ausland gewonnener Beweismittel im deutschen Strafprozess, 2006, S. 264 ff.; teilw. aA Perron ZStW 112 [2000], S. 202, 219 hinsichtlich der Verwertung der Ergebnisse im Ausland durchgeführter Telekommunikationsüberwachung ). Von diesem Grundsatz geht auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus (implizit jeweils BGH, Beschluss vom 4. März 1992 - 3 StR 460/91, NStZ 1992, 394; BGH, Urteil vom 10. August 1994 - 3 StR 53/94, NStZ 1994, 595, 596; BGH, Beschluss vom 14. Februar 2001 - 3 StR 438/00, NStZ-RR 2002, 67; siehe auch BGH, Urteil vom 1. April 1992 - 5 StR 457/91, BGHSt 38, 263, 265 f.).
22
Welche Gründe zu einer Unverwertbarkeit derart gewonnener Beweise im inländischen Strafverfahren führen können, ist nicht in allen Einzelheiten geklärt. Es besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass sich Beweisverwertungsverbote im Zusammenhang mit Beweisrechtshilfe entweder aus der inländischen Rechtsordnung des ersuchenden Staates oder aus völkerrechtlichen Grundsätzen ergeben können (Ambos, aaO, S. 81; vgl. auch Gleß, Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung, 2006, S. 141 ff.; dies., JR 2008, 317, 323 ff.). Der Bundesgerichtshof hat im Kontext der Beweisrechtshilfe ein aus der Verletzung des Völkerrechts abgeleitetes inländisches Verwertungsverbot bislang bei unzulässigen Eingriffen in das Souveränitätsrecht eines anderen Staates angenommen (siehe BGH, Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 343 f.). Protokolle einer im Ausland erfolgten Zeugenvernehmung, die die deutschen Strafverfolgungsbehörden von einer ausländischen Behörde unter Umgehung des Rechtshilfewegs unmittelbar erhalten haben, sind dementsprechend für unverwertbar gehalten worden, wenn die zuständige ausländische Behörde der Verwertung widersprochen hat (BGH, aaO, BGHSt 34, 334, 342-345).
23
Eine Unverwertbarkeit von im Rahmen der Rechtshilfe gewonnenen Beweisen kann sich im Grundsatz zudem aus der Verletzung rechtshilferechtlicher Bestimmungen selbst ergeben. So hat der Bundesgerichtshof die Verletzung von multilateralen rechtshilferechtlichen Bestimmungen durch den ersuchten ausländischen Staat als Grund für die Unverwertbarkeit eines Beweises herangezogen (BGH, Beschluss vom 15. März 2007 - 5 StR 53/07, NStZ 2007, 417 bzgl. Art. 4 Abs. 1 EU-RhÜbk). Dem lag zugrunde, dass entgegen dem nach Art. 4 Abs. 1 EU-RhÜbk für das konkrete Rechtshilfeersuchen maßgeblichen Recht des ersuchenden Staates Deutschland in Frankreich eine richterliche Vernehmung ohne die gemäß § 168c StPO erforderliche Benachrichtigung des Verteidigers erfolgt war. Die über diese Vernehmung gefertigte Niederschrift war wegen des Verstoßes gegen die rechtshilferechtlich gebotene Einhaltung des Rechts des ersuchenden Staates unverwertbar (BGH aaO). Allerdings ergab sich der zum Verwertungsverbot führende Grund letztlich aus der Verletzung der inländischen Benachrichtigungspflicht des § 168c StPO. Lediglich die Pflicht zu dessen Beachtung durch die französischen Behörden resultierte aus der rechtshilferechtlichen Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 EU-RhÜbk. Ist der ersuchte ausländische Staat rechtshilferechtlich zur Vornahme der erbetenen Beweiserhebung nach dem Recht des ersuchenden Staates verpflichtet, wird sich ein inländisches Beweisverwertungsverbot grundsätzlich aus der Verletzung der maßgeblichen inländischen Beweiserhebungsregeln ergeben (siehe bereits Senat, Urteil vom 19. März 1996 - 1 StR 497/95, NJW 1996, 2239, 2240 bzgl. § 168c Abs. 5 StPO).
24
2. Unter keinem der vorstehenden rechtlichen Gesichtspunkte besteht bezüglich der Telefonmitschnitte ein Verwertungsverbot.
25
a) Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der hier vorliegende Verstoß gegen die in Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 CZ-ErgV EuRhÜbk für die Gewährung von Rechtshilfe durch Herausgabe von Unterlagen aus Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung geforderten rechtshilferechtlichen Voraussetzungen überhaupt zu einem inländischen Beweisverwertungsverbot führen kann. Der Senat neigt insoweit der Auffassung zu, dass ein aus der Nichteinhaltung rechtshilferechtlicher Bestimmungen abgeleitetes Verwertungsverbot lediglich dann in Betracht zu ziehen ist, wenn den entsprechenden Re- gelungen (auch) ein individualschützender Charakter - wenigstens im Sinne eines Schutzreflexes (so bereits BGH, Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 343 f.) - zukommt. Vorliegend deuten die in Art. 17 des Übereinkommens festgelegten, von den Art. 17-20 EU-RhÜbk abweichenden und diesen vorgehenden (Art. 22 EU-RhÜbk) Bedingungen der Rechtshilfe in Telekommunikationsangelegenheiten darauf hin, dass diesen trotz des völkerrechtlichen Charakters eine individualschützende Komponente zukommt. Eine solche ist rechthilferechtlichen Übereinkommen auch außerhalb des EU-RhÜbk bereits in früheren Entscheidungen jedenfalls im Sinne eines völkerrechtlichen Reflexes zu Gunsten des Angeklagten im Fall einer Souveränitätsverletzung durch den ersuchenden Staat zugemessen worden (BGH, aaO, BGHSt 34, 334, 344). Es entspricht ohnehin dem mittlerweile ganz überwiegenden völkerrechtlichen Verständnis, den Einzelnen als Subjekt des Völkerrechts anzuerkennen und seine Interessen im Rahmen des Rechtshilferechts zu berücksichtigen (Ambos, aaO, S. 92 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 148/11, BGHSt 57, 138, 147 Rn. 36). Auf eine auch individuelle Rechte der angehörten Personen schützende Komponente deutet zudem hin, dass die Erledigung des Rechtshilfeersuchens in Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 CZErgV EuRhÜbk von dem Vorliegen der jeweiligen vom nationalen Recht für die Überwachung der Telekommunikation verlangten Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Der im deutschen Strafverfahrensrecht für die Telekommunikationsüberwachung grundsätzlich bestehende Richtervorbehalt (§ 100b Abs. 1 Satz 1 StPO) bezweckt den Schutz der Grundrechte der einzelnen Betroffenen. Denn der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende rechtliche Kontrolle der konkreten, mit einem Grundrechtseingriff verbundenen strafprozessualen Maßnahme durch eine neutrale Instanz (BVerfGE 96, 44, 51 ff.; BVerfGE 103, 142,

151).


26
b) Selbst bei Annahme einer individualschützenden Komponente der hier einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens resultiert aus dem Fehlen einer gerichtlichen Bestätigung eines deutschen Gerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen i.S.v. Art. 17 Abs. 2 Ziffer 1 i.V.m. Abs. 5 CZ-ErgV EuRhÜbk im Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Hamburg kein Beweisverwertungsverbot.
27
aa) Das Übereinkommen selbst ordnet kein Verwertungsverbot für den Fall der Verletzung der in ihm enthaltenen rechtshilferechtlichen Bestimmungen an. Die Formulierung in Art. 17 Abs. 2 CZ-ErgV EuRhÜbk „Ersuchen … werden nur erledigt, wenn …“ betrifftnach Wortlaut und Regelungszweck lediglich das Verhältnis der Vertragsstaaten untereinander. Es wird dem ersuchten Staat das Recht eingeräumt, dem Rechtshilfeersuchen nicht zu folgen, wenn die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen nicht vorliegen. Eine Pflicht des ersuchten Staates, die Erfüllung des Ersuchens bei deren Fehlen abzulehnen, ist damit nicht verbunden. Die vertragliche Vereinbarung von formellen und materiellen Voraussetzungen der Rechtshilfe sichert die Souveränität des Vertragsstaates dergestalt, dem Ersuchen lediglich unter den Bedingungen Folge leisten zu müssen, die die Vertragsstaaten zuvor vereinbart haben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht aufgezeigt hat, bleibt der ersuchte Staat völkerrechtlich aber berechtigt, Rechtshilfe zu leisten, ohne dazu völkervertragsrechtlich oder sonst verpflichtet zu sein (Schuster, aaO, S. 118). Auch das ist Ausdruck seiner Souveränität. Ein eigener Rekurs der deutschen Gerichte auf tschechisches Recht ist damit unzulässig (vgl. zur Spezialitätsbindung auch BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, wistra 2005, 58, 60). Das nach dem deutsch-tschechischen Übereinkommen nicht geschuldete Leisten von Rechtshilfe durch die Kreisstaatsanwaltschaft Prag als solches kann daher auch kein Verwertungsverbot im ersuchenden Staat zur Folge haben.
28
bb) Verwertungsbeschränkungen oder -verbote aus dem das bilaterale Rechtshilferecht zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik ergänzenden Europäischen Rechtshilferecht, etwa Art. 13 Abs. 10 EU-RhÜbk, liegen ebenfalls nicht vor. Das Europäische Rechtshilfeübereinkommen enthält ohnehin keine Regelungen über die Verwertbarkeit von im Rahmen der auf die Telekommunikationsüberwachung bezogenen Beweisrechtshilfe gewonnenen Beweise (Gleß/Schomburg, in: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe, 5. Aufl., Art. 18 EU-RhÜbk Rn. 24). Das Verwertungsverbot aus Art. 39 Abs. 2 SDÜ greift ebenfalls nicht ein.
29
cc) Ein auf die Nichteinhaltung der rechtshilferechtlichen Bestimmungen gestütztes Verwertungsverbot ergibt sich vorliegend auch nicht aus allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen wie dem allgemeinen Fairnessgebot des Art. 6 Abs. 1 EMRK. Ein Beweisverwertungsverbot käme aufgrund von Verstößen gegen rechtshilferechtliche Bestimmungen als solche allenfalls in Betracht, wenn sich das gegen den Angeklagten geführte Strafverfahren insgesamt als unfair erweisen würde. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist anerkannt, dass aus der Verletzung von Vorschriften des nationalen Rechts über die Beweiserhebung nicht zwingend ein Beweisverwertungsverbot resultiert, wenn das entsprechende Verfahren trotz des Verstoßes insgesamt als fair anzusehen ist (etwa EGMR, Urteil vom 25. März 1999, 25444/94 [Pélissier u. Sassi ./. Frankreich], Rn. 45 f., NJW 1999, 3545 f.; siehe auch Jahn, aaO, C 121 mwN in Fn. 560). Bei Verletzung von rechtshilferechtlichen Bestimmungen über die Beweiserhebung im Ausland kann insoweit nichts anderes gelten. Es kommt nach dem Maßstab der Verfah- rensfairness für im Wege der Rechtshilfe gewonnene Beweise mithin darauf an, ob unter der Geltung der inländischen Rechtsordnung eine zuverlässige Beweisführung in einem fairen Verfahren möglich ist (vgl. Gleß, aaO, S. 141 ff.; dies., JR 2008, S. 317, 321).
30
Daran gemessen zieht die unter beiderseitiger Nichteinhaltung von Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 CZ-ErgV EuRhÜbk erfolgte Überlassung der Telefonmitschnitte durch die zuständige tschechische Staatsanwaltschaft kein Verwertungsverbot nach sich. Die Aufzeichnungen der abgehörten Telefonate wären der Staatsanwaltschaft Hamburg auch bei Beachtung der maßgeblichen rechtshilferechtlichen Bestimmungen zur Verfügung gestellt worden. Die bilateral festgelegten Voraussetzungen für die Herausgabe von aus der Überwachung der Telekommunikation stammenden Unterlagen durch die Tschechische Republik waren zum Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Hamburg gegeben (Gedanke des hypothetischen Ersatzeingriffs).
31
Art. 17 Abs. 5 CZ-ErgV EuRhÜbk erklärt auf ein Herausgabeverlangen die Abs. 1 und 2 (Ziffern 1 und 2) sowie Abs. 4 für entsprechend anwendbar. Art. 17 Abs. 2 Ziffer 1 CZ-ErgV EuRhÜbk erfordert die Vorlage einer Überwachungsanordnung eines zuständigen Gerichts des ersuchenden Staates oder die Bestätigung eines solchen Gerichts über das (hypothetische) Vorliegen der Voraussetzungen einer Telekommunikationsüberwachung, wenn die Maßnahme auf dem Gebiet des ersuchenden Staates durchgeführt werden würde. Abs. 2 Ziffer 2 verlangt bei dem Ersuchen auf Durchführung der Maßnahme durch den ersuchten Staat, dass auch nach dessen Rechtsordnung die rechtlichen Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung vorliegen, wenn (hypothetisch) die Strafverfolgung dort erfolgen würde.
32
(1) Im hier gegebenen Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 5 CZ-ErgV EuRhÜbk ist letzteres Erfordernis vorliegend erfüllt, weil das auf diese Vorschrift gestützte Rechtshilfeersuchen sich auf die Herausgabe von Erkenntnissen bezieht, die aus einem in der Tschechischen Republik ohnehin bereits geführten und nicht auf deutsches Ersuchen hin eingeleiteten Strafverfahren gewonnen wurden. Die von der Kreisstaatsanwaltschaft Prag übersandten Telefonmitschnitte sind aus Überwachungsmaßnahmen hervorgegangen, die jeweils durch die Bezirksgerichte Prag 4 und Prag 10 in Beschlussform auf der Grundlage von § 88 Abs. 1 und 2 der tschechischen Strafprozessordnung angeordnet worden waren. Wie sich aus den vorgenannten gerichtlichen Anordnungsbeschlüssen ergibt, hatten die Verfahren jeweils materiell-strafrechtliche Vorwürfe zum Gegenstand, wegen derer nach dem maßgeblichen Strafverfahrensrecht der Tschechischen Republik die Überwachung der Telekommunikation angeordnet werden darf.
33
(a) Das Vorhandensein dieser gerichtlichen Anordnungsentscheidungen reicht als Grundlage für die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe erlangten Telefonmitschnitte im hiesigen Strafverfahren aus. Jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation der Beweisverwertung von Erkenntnissen, die aus einer durch den ersuchten ausländischen Staat originär durchgeführten, nicht durch ein deutsches Rechtshilfeersuchen veranlassten Telekommunikationsüberwachung stammen, ist den inländischen Strafgerichten die von der Revision angemahnte umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung der ausländischen Anordnungsbeschlüsse am Maßstab des ausländischen Rechts aus völker- und unionsrechtlichen Gründen verwehrt.
34
Der Senat teilt nicht die in der Strafrechtswissenschaft vertretene Auffassung , hinsichtlich der Überwachung von Telekommunikation bei Verwertung im Ausland gewonnener Informationen dürfe das inländische Strafgericht nicht ungeprüft von der Rechtmäßigkeit der Anordnungsentscheidung ausgehen, sondern müssen die Einhaltung der ausländischen Rechtmäßigkeitsvorausset- zungen „zusätzlich kontrollieren“ (Perron ZStW 112 [2000], S. 202, 219; vgl. auch Schuster, aaO, S. 111 ff., 245 f., ders., NStZ 2006, 657, 661; Pitsch, Strafprozessuale Beweisverbote, 2009, S. 148 ff.). Auch wenn die Beurteilung der Verwertbarkeit eines im Ausland erhobenen Beweises sich nach der inländischen Rechtsordnung bestimmt, würde eine mit der Rechtswidrigkeit der ausländischen Beweiserhebung begründete Unverwertbarkeit des erhobenen Beweises unter den hier vorliegenden tatsächlichen Gegebenheiten mit einem Eingriff in die Souveränität des ausländischen Staates einhergehen. Die Revision will die Unverwertbarkeit der Telefonmitschnitte nämlich insoweit auf die Erwägung stützten, die Anordnungsbeschlüsse der Bezirksgerichte für Prag 4 und Prag 10 entsprächen nicht dem tschechischen Verfassungsrecht und dem dortigen einfachgesetzlichen Strafverfahrensrecht. Würden die inländischen Strafgerichte - ggf. unter Einholung eines Sachverständigengutachtens - die Rechtmäßigkeit der weiterhin bestehenden tschechischen Gerichtsentscheidungen am Maßstab des tschechischen Rechts prüfen, maßten sie sich Kompetenzen an, die ihnen nach Völkerrecht und Unionsrecht im Verhältnis zu einem anderen Mitgliedstaat nicht zustehen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, wistra 2005, 58, 60).
35
Ungeachtet des bestehenden bilateralen Rechtshilfeübereinkommens zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland wird die die Rechtshilfe umfassende justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Art. 82 Abs. 1 AEUV durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen bestimmt. Art. 82 Abs. 2 AEUV begründet zwar die Kompetenz der Europäischen Union, per Richtlinie Mindestvorschriften zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen in Strafsachen zu erlassen. Diese Mindestvorschriften können auch die Zulässigkeit von Beweismitteln auf gegenseitiger Basis zwischen den Mitgliedstaaten betreffen (Art. 82 Abs. 2 Satz 3 Buchstabe a AEUV). Aber selbst außerhalb einer entsprechenden Richtlinie wäre es mit dem hinter dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung stehenden Gedanken des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten nicht zu vereinbaren, eine in einem Mitgliedstaat ergangene, dort nicht aufgehobene gerichtliche Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat mit der Begründung als rechtswidrig zu bewerten, die Gerichte des Entscheidungsstaates hätten ihre eigene nationale Rechtsordnung nicht eingehalten.
36
(b) Der Senat verkennt nicht, dass aufgrund der Besonderheiten der Beweisrechtshilfe und des diese umgebenden unionsrechtlichen Rechtsrahmens die Maßstäbe für die Verwertbarkeit von Erkenntnissen, die aus einer inländischen Telekommunikationsüberwachung einerseits und einer ausländischen andererseits stammen, jedenfalls dann nicht völlig identisch sind, wenn es um die Verwertung von bereits außerhalb der Rechtshilfe vorhandenen ausländischen Überwachungsergebnissen geht. Für die Verwertbarkeit im Inland durch die Überwachung der Telekommunikation gewonnener Informationen verlangt der Bundesgerichtshof - wenn wie hier ein Widerspruch erfolgt - eine umfassende Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen durch das erkennende Gericht (siehe BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 316/05, BGHSt 51, 1; BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 534/05, StV 2008, 63, 65; vgl. auch BGH, Beschluss vom 1. August 2002 - 3 StR 122/02, BGHSt 47, 362, 365-368). Dafür kann das Tatgericht grundsätzlich auf den die Überwachung anordnenden ermittlungsrichterlichen Beschluss zugreifen. Diese Grundsätze lassen sich aber aus den genannten Gründen auf in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage dortigen Rechts gewonnene Erkenntnisse aus einer Telekommunikationsüberwachung nicht ohne weiteres übertragen. Das gilt zumindest dann, wenn die entsprechenden Informationen im Rahmen eines dort bereits betriebenen Strafverfahrens gewonnen und nicht aufgrund eines Rechtshilfeersuchens erhoben wurden.
37
(c) Ob für den Fall eines zum Zwecke der Umgehung strengerer inländischer Anordnungsvoraussetzungen gestellten Rechtshilfeersuchens eine andere Bewertung vorzunehmen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Konstellation liegt nicht vor.
38
(d) Die Beschränkung der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der durch die Bezirksgerichte Prag 4 und Prag 10 getroffenen Anordnungsentscheidungen im Rahmen der Beurteilung der Verwertung der gewonnenen Informationen im hiesigen Strafverfahren hindert nicht, die ausländische Entscheidung überhaupt als Anknüpfung im Rahmen der Beweisverwertung im Inland heranzuziehen. Die Unverwertbarkeit im Ausland erhobener Beweise kann sich ergeben, wenn die Beweiserhebung unter Verletzung völkerrechtlich verbindlicher und dem Individualrechtsgüterschutz dienender Garantien, wie etwa Art. 3 EMRK, oder unter Verstoß gegen die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze im Sinne des ordre public (vgl. § 73 IRG) erfolgt ist (siehe Ambos, aaO, S. 83; Gleß JR 2008, S. 317, 321 ff.; Schuster, aaO, S. 122 ff. und 133 f.; ders., NStZ 2006, S. 657, 662).
39
(e) Bei Anwendung dieses (eingeschränkten) Prüfungsmaßstabs ergibt sich aus den die Telekommunikationsüberwachung anordnenden Beschlüssen der Bezirksgerichte Prag 4 und Prag 10 kein Grund für eine Unverwertbarkeit der Telefonmitschnitte. Die Entscheidungen sind sämtlich in Beschlussform durch einen Richter ergangen. Sie finden in § 88 Abs. 1 und 2 der tschechischen Strafprozessordnung eine einfachgesetzliche Grundlage. Den Anordnungsbeschlüssen lag jeweils der Verdacht der Begehung von Straftaten zugrunde , die die Überwachung der Telekommunikation nach tschechischem Recht grundsätzlich zuließen. Ob jeder der fraglichen Beschlüsse den sich aus dem Verfassungsrecht der Tschechischen Republik ergebenden Begründungsanforderungen an solche Anordnungsentscheidungen entsprach, steht aus den genannten Gründen außerhalb der Prüfungskompetenz der deutschen Gerichte. Selbst wenn einzelne Beschlüsse nur formelhafte Begründungen in Bezug auf die konkrete Beweis- und Verdachtslage im Zeitpunkt der Anordnungsbeschlüsse enthalten, folgt daraus kein Verstoß gegen allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze (ordre public). Eine den inländischen Vorgaben entsprechende detaillierte Darstellung der Beweis- und Verdachtslage kann angesichts der nach wie vor beträchtlichen Unterschiede der Anordnungsvoraussetzungen der Telekommunikation in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (knapper Überblick bei Perron ZStW 112 [2000] S. 202, 219) nicht erwartet werden. Die Beschlüsse genügen allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen. Sie wurden - § 88 Abs. 1 und 2 der tschechischen Strafprozessordnung insoweit entsprechend - auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch einen Richter erlassen. Aus den Begründungen ergibt sich das Vorliegen des Verdachts von die Überwachung gestattenden Straftaten sowie, wenn auch in der überwiegenden Zahl der Beschlüsse unter formelhaftem Verweis auf den Akteninhalt , die begründete Annahme, die zu überwachende Telekommunikation werde für das Strafverfahren bedeutsame Tatsachen enthalten.
40
(f) Die vom Senat angenommene lediglich begrenzte Überprüfbarkeit von durch Gerichte eines anderen Mitgliedstaates angeordneten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen steht nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofs. Soweit der 5. Strafsenat in seinem Beschluss vom 10. Januar 2007 (5 StR 305/06) eine durch das Schweizerische Bundesamt für Justiz ausgesprochene Beschränkung der Verwendung von im Rahmen der Rechtshilfe übersandten Unterlagen am Maßstab des Schweizer Rechts überprüft hat (insoweit in BGHSt 51, 202, 210 f. Rn. 31 f. nur teilweise abgedruckt), sind die dortigen Erwägungen nicht tragend. Auf die nachträglich durch die Schweiz erklärte Beschränkung kam es nicht mehr an, weil die verwendeten Unterlagen sich lediglich auf solchen Verfahrensstoff bezogen, in Bezug auf den bereits vor der entsprechenden Erklärung Teilrechtskraft eingetreten war (BGH, aaO, BGHSt 51, 202, 204 f. Rn. 9-12).
41
Aus den von den Revisionsführern behaupteten Mängeln der Anordnungsbeschlüsse der Bezirksgerichte Prag 4 und Prag 10 kann demnach ein Verwertungsverbot nicht abgeleitet werden.
42
(2) Im Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Hamburg im Mai 2009 hätten auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Ziffer 1 CZ-ErgV EuRhÜbk für eine „Bestätigung“ eines zuständigen deutschen Gerichts bestanden. Die in Art. 17 Abs. 5 des Übereinkommens verwendete Formulierung, die Absätze 1, 2 (…) und 4 „gelten entsprechend“ ist nach ihrem Wortlaut im Hinblick auf das mit der entsprechenden Geltung Ge- meinte zwar nicht völlig eindeutig. Die fragliche „Bestätigung“ eines zuständigen Gerichts des ersuchenden Staates könnte bei entsprechender Anwendung von Abs. 2 Ziffer 1 des Übereinkommens eine Prüfung zur Grundlage haben, ob hinsichtlich der bereits überwachten Telekommunikation im ersuchten Staat (hypothetisch) im Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens im ersuchenden Staat eine Überwachung angeordnet werden könnte. Möglich ist aber auch die Auslegung der Vertragsklausel, dass nach dem inländischen Recht des das Ersuchen stellenden Staates (hypothetisch) die Voraussetzungen vorlägen, unter denen auf bereits vorhandene, aus Maßnahmen der Telekommunikation her- rührende „Unterlagen“ (Art. 17 Abs. 5CZ-ErgV EuRhÜbk) für die Zwecke der Verfolgung - wie hier - in dem nunmehr geführten Strafverfahren zugegriffen werden darf.
43
Sinn und Zweck der Regelung in Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Ziffer 1 CZErgV EuRhÜbk, die letztlich den rechtshilferechtlichen Umgang mit Zufallsfunden betrifft, sprechen für die zweite Auslegungsmöglichkeit. Denn aus dem Gesamtzusammenhang von Art. 17 des Übereinkommens ergibt sich, dass bei den besonders eingriffsintensiven Maßnahmen der Überwachung der Telekommunikation Rechtshilfe lediglich dann gewährt werden muss, wenn - auf der Grundlage der Hypothese eines reinen Inlandssachverhalts - die rechtshilferechtlich begehrte Maßnahmen nach dem Recht beider beteiligter Staaten rechtmäßig vorgenommen werden könnte. Art. 17 Abs. 5 CZ-ErgV EuRhÜbk regelt eine Konstellation, in der bereits in einem früheren Strafverfahren des ersuchten Staates gewonnene, aus Maßnahmen der Telekommunikation stammende Informationen in einem (anderen) Strafverfahren des ersuchenden Staates verwendet und ggf. zum Zwecke des Beweises verwertet werden sollen. Angesichts dessen ist bei der Auslegung des Übereinkommens für den Gegenstand der „gerichtlichen Bestätigung“ nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Ziffer 1 CZ-ErgV EuRhÜbk darauf abzustellen, ob bei einem hypothetischen Inlandssachverhalt („wenn eine Maßnahme … durchzuführen wäre“) eine Ver- wendung der in einem inländischen Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse in einem anderen, ebenfalls inländischen Strafverfahren hätte erfolgen dürfen.
44
Nach dem vorgenannten Maßstab hätte sich die das Rechtshilfeersuchen begleitende gerichtliche Bestätigung inhaltlich darauf zu beziehen gehabt, ob nach deutschem Strafverfahrensrecht die Voraussetzungen von § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgelegen hätten. Diese auf dem Gedanken des sog. hypothetischen Ersatzeingriffs (vgl. BT-Drucks. 16/5846 S. 66 rechte Spalte i.V.m. S. 64 rechte Spalte) beruhende Vorschrift regelt die Verwendung von in einem Katalogtaten betreffenden Strafverfahren rechtmäßig erhobenen personenbezogenen Daten, zu denen der Inhalt von Telekommunikation gehört (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2008 - 3 StR 342/08, BGHSt 53, 64, 67 Rn. 11), in einem anderen Strafverfahren. Hinsichtlich des Strafverfahrens, in dem die Verwertung der Daten erfolgen soll, handelt es sich damit um Zufallsfunde (BGH, aaO, BGHSt 53, 64, 67 Rn. 11). Da § 17 Abs. 5 CZ-ErgV EuRhÜbk gleichfalls rechtshilferechtliche Konstellationen von aus Telekommunikationsüberwachung gewonnenen Zufallsfunden betrifft, sind die inländischen Voraus- setzungen („gerichtliche Bestätigung“) auf Herausgabe von entsprechenden Unterlagen daher anhand von § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO zu beurteilen. Im Rahmen des hier fraglichen Rechtshilfeersuchens wäre von dem zuständigen Ermittlungsrichter zu prüfen gewesen, ob bei einem Inlandssachverhalt eine Verwendung bereits gewonnener Informationen aus einer Telekommunikationsüberwachung gemäß § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO zulässig gewesen wäre.
45
Das ist zu bejahen. Im relevanten Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens hatte das gegen die Angeklagten geführte inländische Strafverfahren den Verdacht der Begehung banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 AO) eine Katalogtat gemäß § 100a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) StPO zum Gegenstand. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob bereits die Überwachung der Telekommunikation im Jahre 2007 nach deutschem Strafverfahrensrecht hätte angeordnet werden können. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei sich im Verlaufe eines anhängigen Strafverfahrens ändernden strafprozessualen Vorschriften die neue Rechtslage maßgebend (BGH, Beschluss vom 19. Februar 1969 - 4 StR 357/68, BGHSt 22, 321, 325; BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 317 ff.; BGH, Urteil vom 27. November 2008 - 3 StR 342/08, BGHSt, 53, 64, 67 Rn. 13 mwN). Das gilt auch bei der Verwendung von aus einer früheren Telekommunikationsüberwachung gewonnenen, personenbezogenen Daten im Rahmen von § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO (BGH, Urteil vom 27. November 2008 - 3 StR 342/08, BGHSt 53, 64, 67 f. Rn. 13 mwN). In der Verwendung der aus einem anderen Strafprozess stammenden personenbezogenen Daten in dem anhängigen Verfahren und in deren Verwertung in der dieses abschließenden gerichtlichen Entscheidung liegt ein eigenständiger Eingriff in das Fernmeldegeheimnis (vgl. BVerfGE 100, 313, 391 f.; BVerfGE 109, 279, 375 f.; BGH, aaO, BGHSt 53, 64, 67 f. Rn. 13). Ob eine gesetzliche Grundlage für den in der Verwendung und Verwertung liegenden Eingriff besteht, kann lediglich nach der für den Verwendungs- bzw. Verwertungszeitpunkt geltenden Rechtslage beurteilt werden. In der hier vorliegenden Konstellation der rechthilferechtlichen Bestätigung nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Ziffer 1 CZ-ErgV EuRhÜbk ist damit auf den Zeitpunkt des Rechtshilfeersuchens abzustellen. Im Mai 2009 war - wie dargelegt - § 373 AO bereits eine Katalogtat gemäß § 100a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) StPO. Die Revisionen dringen daher mit ihrem Vorbringen, der Verwertbarkeit jedenfalls der aufgrund des Anordnungsbeschlusses des Bezirksgerichts Prag 4 vom 13. November 2007 gewonnenen Telefonmitschnitte stehe entgegen , dass es sich zum Zeitpunkt der Anordnung bei dem banden- und gewerbsmäßigen Schmuggel (noch) nicht um eine Katalogtat nach § 100a StPO gehandelt habe, nicht durch.
46
Der Senat kann offen lassen, ob es der in § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO enthaltene Grundgedanke des (rechtsmäßigen) hypothetischen Ersatzeingriffs gebietet , die sonstigen, über das Vorliegen einer Katalogtat hinausgehenden Anordnungsvoraussetzungen der einschlägigen Ermittlungsmaßnahme hypothetisch für das anhängige Verfahren und bezogen auf den Erkenntnisstand bei Verwendung bzw. Verwertung der bereits vorhandenen personenbezogenen Daten zu prüfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt lagen diese ohnehin vor. Gegen die Angeklagten bestand bereits der Verdacht strafbarer Beteiligung an den Taten vom 16. November 2007 und 20. bzw. 25. März 2008. Bei dem Verdacht muss es sich weder um einen hinreichenden noch um einen dringenden Tatverdacht handeln (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 100a Rn. 9 mwN). Angesichts des durch die vorherige Aufdeckung der Taten als solche bekannten Umfangs der Hinterziehung von Einfuhrabgaben waren diese auch im konkreten Fall als schwerwiegende Katalogtaten einzuordnen. Die Subsidiaritätsklausel wäre ebenfalls gewahrt gewesen. Die Ermittlung der konkreten Art der Beteiligung der Angeklagten an den beiden Schmuggeltaten wäre ohne die Erkenntnisse einer Telekommunikationsüberwachung wesentlich erschwert gewesen. Lediglich aufgrund des Inhalts der in den Tatzeiträumen zwischen den drei Angeklagten und weiteren tatbeteiligten Personen geführten Telekommunikation war zu ermitteln, dass die Organisation der Transporte der unverzollten Zigaretten zumindest seit deren Eintreffen im Hamburger Freihafen maßgeblich durch die Angeklagten erfolgte. Gleiches gilt für die Aufklärung der Verteilung und Erledigung der Aufgaben im Verhältnis der Angeklagten untereinander.

B.


47
Die Verfahrensrüge des Angeklagten R. , mit der er die Verletzung von § 76 Abs. 2 GVG i.V.m. § 338 Ziffer 1 StPO rügt, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
48
Die Revision ist mit dieser Rüge bereits ausgeschlossen. Wird die Besetzung des erkennenden Gerichts gerügt, müssen gemäß § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO die die vorschriftswidrige Besetzung begründenden Tatsachen angegeben werden. Zudem muss dargelegt werden, unter welchem rechtlichen Aspekt die Besetzung gerügt wird (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - 2 StR 104/06, StraFo 2007, 59 f.). Dem genügte der erhobene Besetzungseinwand ersichtlich nicht. Im Übrigen wäre die Rüge auch unbegründet.
49
Die Strafkammer hat den ihr durch § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG aF, die aufgrund der in § 41 Abs. 1 EGGVG getroffenen Regelung maßgeblich ist, eröffneten Beurteilungsspielraum über die Mitwirkung eines dritten Richters nicht überschritten. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, war die Sache in tatsächlicher Hinsicht bei lediglich zwei Einzeltaten, die drei Angeklagten zur Last gelegt wurden sowie einem Umfang von 15 Bänden Sachakten und Beiakten von knapp 1.800 Seiten nicht besonders umfänglich. Das beiden Taten zugrunde liegende tatsächliche Geschehen des Einschmuggelns von unverzollten Zigaretten in Containern war gerade nicht komplex, sondern einfach gelagert. Die tatsächliche Verhandlungsdauer von 21 Tagen war im Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses nicht absehbar. Die ursprünglich von der Strafkammer zugrunde gelegte Dauer von fünf Verhandlungstagen war trotz der die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten angesichts der sonstigen Beweislage mit den deutschen und tschechischen Ermittlungsbeamten sowie den vorhandenen Telefonmitschnitten nicht geeignet, den Verzicht auf die Mitwirkung eines dritten Richters als objektiv willkürlich erscheinen zu lassen. Die mittlerwei- le durch den Gesetzgeber in § 76 Abs. 3 GVG in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung vorgenommenen Wertungen über die Gründe für die Mitwirkung eines dritten Richters gelten für die hier maßgebliche frühere Rechtslage nicht.
50
Die Notwendigkeit, die Verwertbarkeit der von den tschechischen Strafverfolgungsbehörden gewonnenen Telefonmitschnitte vor dem Hintergrund des Widerspruchs der Angeklagten gegen die Heranziehung beurteilen zu müssen, begründet keinen so hohen Grad an Komplexität der Strafsache in rechtlicher Hinsicht, der die Mitwirkung eines dritten Berufsrichters erforderlich gemacht hätte. Der Senat kann dabei offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Komplexität von Rechtsfragen nach § 76 Abs. 2 GVG die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheinen lassen kann. Jedenfalls vorliegend bedurfte es angesichts der allein auf die Beurteilung der Verwertbarkeit eines bestimmten Typus von Beweismitteln, der Telefonmitschnitte der tschechischen Strafverfolgungsbehörden, begrenzten Rechtsfrage einer solchen Mitwirkung nicht. Das gilt erst recht, weil die Verwertbarkeit der entsprechenden Beweismittel im Rahmen der zahlreichen Haftentscheidungen bereits umfangreich durch die Strafkammer und das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg geprüft worden war.
Nack Wahl Jäger Sander Radtke

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.