Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Aug. 2016 - 18 U 3489/15

bei uns veröffentlicht am02.08.2016
vorgehend
Landgericht München I, 26 O 13203/12, 21.08.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 21.08.2015, Az.: 26 O 13203/12, abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst wie folgt:

1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 120.000,00 € nebst Zinsen hieraus seit 26.02.2010 zu zahlen, in Höhe eines Teilbetrages der Hauptsache von 40.000,00 € in gesamtschuldnerischer Haftung mit dem Beklagten zu 2).

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) in gesamtschuldnerischer Haftung mit dem Beklagten zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger jeden zukünftigen materiellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser auf die Tat vom 30.06.2009 zurückgeht und die Ansprüche des Klägers nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger darüber hinaus jeden weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Angriff vom 30.06.2009 noch entstehen wird.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das vorgenannte Endurteil werden zurückgewiesen.

III.

Von den Gerichtkosten erster Instanz tragen der Kläger 45%, die Beklagten zu 1) und 2) samtverbindlich 37%, der Beklagte zu 1) darüber hinaus weitere 18%.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz trägt der Beklagte zu 1) 37%.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) in erster Instanz trägt der Kläger 27%.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte zu 1) 73% und der Kläger 27%.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1) wegen eines tätlichen Angriffs am 30.06.2009 auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Anspruch. Daneben begehrt er die Feststellung, dass der Beklagte zu 1) ihm samtverbindlich mit dem Beklagten zu 2) - mit dem sich der Kläger in erster Instanz über die streitgegenständlichen Ansprüche verglichen hat - für alle materiellen und alle weiteren immateriellen Folgen des Vorfalls vom 30.06.2009 haftet. Der Beklagte zu 1) bestreitet, dass er an dem tätlichen Angriff auf den Kläger beteiligt gewesen sei.

Hinsichtlich der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 21.08.2015, Az.: 26 O 13203/12, Bezug genommen.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten zu 1) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 80.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.02.2010 verurteilt. Es hat festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger künftig entstehende materielle Schäden aus dem tätlichen Angriff vom 30.06.2009 zu erstatten, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Von den Gerichtskosten hat es dem Kläger 50%, den Beklagten samtverbindlich 37% und dem Beklagten zu 1) weitere 13% auferlegt; die außergerichtlichen Kosten der Parteien hat es gegeneinander aufgehoben.

Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Landgericht aus, dem Kläger stehe gegen den Beklagten zu 1) aus § 823 Abs. 1, §§ 830, 253 Abs. 2 BGB aufgrund des Schadensereignisses vom30.06.2009 ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 80.000,00 € zu. Zudem bestehe ein Feststellungsinteresse des Klägers, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet sei, dem Kläger künftig entstehende materielle Schäden zu erstatten.

Aufgrund der Feststellungen im Strafurteil vom 22.11.2010 (Az.: J KLs 122 Js 11360/09), der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen ... des früheren Beklagten zu 2), durch das Rechtshilfegericht und der Anhörung des Klägers sei das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte zu 1) an dem tätlichen Angriff auf den Kläger beteiligt gewesen und nicht der Gruppe von Jugendlichen vorausgelaufen sei, ohne den Kläger zu beachten.

Die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil könnten im Rahmen der freien Beweiswürdigung des Zivilrichters bei eigener kritischer Würdigung Berücksichtigung finden, wobei das Strafurteil im Urkundenbeweis gemäß §§ 415, 417 ZPO zu verwerten sei. Das Strafgericht habe die Einlassung des Beklagten zu 1), dass er an der Tat nicht beteiligt gewesen sei, insbesondere aufgrund der glaubhaften Angaben des mitangeklagten Beklagten zu 2) - dessen im Strafurteil wiedergegebene Einlassung vor der Jugendkammer das Landgericht auszugsweise wörtlich zitiert (Endurteil, S. 8 f.; Strafurteil, S. 69 f.) - und des Zeugen K. B. als widerlegt angesehen. Die „Strafkammer“ (rede: Jugendkammer) habe den Wahrheitsgehalt der Angaben des Beklagten zu 2) durch Gegenüberstellung mit dessen Angaben gegenüber der Polizei überprüft. Bei der Polizei habe der Beklagte zu 2) lediglich angegeben, dass er gesehen habe, wie der Beklagte zu 1) einem vor ihnen gehenden Mann einen kräftigen Faustschlag ins Gesicht gegeben habe. Von dem anschließenden Tritt ins Gesicht habe er erst in der Hauptverhandlung berichtet und dies nach den Ausführungen im Strafurteil damit begründet, dass er seinen Klassenkameraden nicht zu sehr habe belasten wollen. Im Anschluss habe das Strafgericht ausführlich unter Würdigung aller erhobenen Beweise ausgeführt, warum es die Angaben des Beklagten zu 2) insgesamt für erwiesen halte. Insbesondere nehme das Strafgericht auf die Aussage des Zeugen K. B. Bezug, der sowohl bei der Polizei als auch in der Hauptverhandlung angegeben habe, dass er gesehen habe, wie der Beklagte zu 1) einem am Boden knienden Mann einen „komischen“ Tritt mit dem Schienbein versetzt und dabei den Kopf des Opfers getroffen habe.

Aufgrund der im vorliegenden Rechtsstreit ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme hege das Gericht keine Zweifel daran, dass sich das Tatgeschehen zum Nachteil des Klägers so ereignet habe, wie es im Strafurteil wiedergegeben worden sei.

Der Beklagte zu 2) habe von Anfang an zugegeben, dass der Vorfall so abgelaufen sei, wie im Strafurteil wiedergegeben. Nach der vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) habe letzterer als Zeuge vernommen werden können. Bei seiner Zeugeneinvernahme vor dem Bezirksgericht Uster habe der Beklagte zu 2) glaubhaft seine

Angaben vor der Jugendkammer bestätigt: Er sei immer in der Nähe des Beklagten zu 1) gewesen und habe gesehen, wie dieser den Kläger sowohl mit der Faust als auch mit dem Fuß misshandelt habe. Andere, etwa der anderweitig verfolgte I. Z., seien an der Misshandlung des Klägers nicht beteiligt gewesen.

Der Zeuge K. B. habe bei seiner Aussage vor dem Bezirksgericht Uster zwar nicht mehr mit Sicherheit sagen können, ob er gesehen habe, dass der Beklagte zu 1) den Kläger mit dem Schienbein gegen den Kopf getreten habe. Der Zeuge habe jedoch bestätigt, dass der Beklagte zu 1), der Beklagte zu 2) und I. Z. zu dritt unterwegs gewesen und vom Kläger weggerannt seien.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1) am Tatgeschehen nicht beteiligt gewesen sei, hätten sich nicht ergeben. Auch der Kläger, der sich an den Zeitraum vor dem Vorfall erinnern könne, habe nach seinen Angaben im Termin vom 07.11.2013 den Beklagten zu 1) vor der Tat im Kontakt mit der Gruppe und nicht abseits gesehen.

Unter Berücksichtigung der Tatumstände, der nachgewiesenen Verletzungen und der Verletzungsfolgen sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000,00 € angemessen.

Der Kläger habe durch die in Mittäterschaft begangenen Misshandlungen schwerste und schmerzhafte Verletzungen erlitten, die zum großen Teil unstreitig seien. Er leide nach wie vor unter den Tatfolgen, die aus heutiger Sicht nicht alle reversibel seien.

Nach den Angaben von Prof. Dr. Dr. K. in dessen schriftlicher Aussage vom 19.02.2015 sei der Kläger zuletzt am 01.05.2010 bei ihm gewesen. Er habe berichtet, dass sich die Verzahnung durch die Operationen deutlich verbessert habe; früher habe der Kläger noch über ein tränendes Auge und eine Sensibilitätseinschränkung geklagt.

Prof. Dr. Dr. h.c. Sch. habe in seiner schriftlichen Aussage vom 06.03.2015 berichtet, dass infolge der Verletzungshandlungen eine linksseitige geringgradige kombinierte Schwerhörigkeit mit einem in der Reintonaudiometrie festgestellten Hörverlust von 15% als Dauerschaden festzustellen sei. Ferner sei es zu einer deutlichen Verschlimmerung der Nasenatmungsbehinderung mit Septumfraktur gekommen; dies könnte im Rahmen einer Septorhinoplastik behoben werden. Nach den Angaben von Prof. Dr. Dr. H. habe sich der Kläger zwar partiell von den neuropsychologischen und kognitiven Störungen erholt, leide aber noch erheblich unter diesen Störungen, die seine Leistungsfähigkeit nachhaltig negativ beeinflussten. Mit persistierenden Einbußen der kognitiven Leistungsfähigkeit sei nunmehr - fast sechs Jahre nach dem Ereignis - zu rechnen. Die Wiedereingliederungsmaßnahme sei nicht so verlaufen, wie der Kläger sich das gewünscht habe. Sorgen um die berufliche Existenz und die Absicherung der Familie hätten zu einem deutlichen Verlust an Lebensqualität geführt.

Der Kläger selbst habe im Termin vom 07.11.2013 berichtet, dass er sich immer alles aufschreiben müsse, damit er wisse, was er wann gesagt habe. Es bestünden erhebliche Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses sowie (nachvollziehbar) Schlafstörungen und Angstträume.

Bereits die Ausgleichsfunktion erfordere im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen und schweren Verletzungsfolgen die Zuerkennung eines hohen Schmerzensgeldes. Es entspreche aber auch der materiellen Gerechtigkeit, dem Kläger eine Genugtuung für das erlittene Unrecht zukommen zu lassen., Der Beklagte zu 1) habe dem ihm unbekannten Kläger „allein aus Spaß“ schwerste Verletzungen mit größter Brutalität zugefügt und ihn in abstrakte Lebensgefahr gebracht. Schmerzensgeldmindernde Faktoren seien nicht ersichtlich. Die strafrechtliche Verurteilung des Beklagten zu 1) wirke sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofe jedenfalls bei Vorsatztaten auf die Genugtuungsfunktion und Bemessung des Schmerzensgeldes nicht aus. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sei ein Schmerzensgeld von 80.000,00 € angemessen. Damit seien alle immateriellen Beeinträchtigungen abgegolten; die Möglichkeit einer künftigen Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer, bislang nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden sei nicht dargetan. Ein Anspruch auf Verzugszinsen bestehe ab dem 26.02.2010. Der Beklagte zu 1) sei durch die an seine Eltern gerichtete Zahlungsaufforderung vom 03.02.2010 (Anlage K 1) unter Fristsetzung zum 25.02.2010 in Verzug geraten.

Ein rechtliches Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich künftiger materieller Schäden sei gegeben. Es genüge, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Entstehung weiterer in der Zukunft liegender Ersatzansprüche bestehe. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger immer noch erhebliche berufliche Schwierigkeiten habe. Aufgrund der wohl bleibenden Einbußen seiner kognitiven Fähigkeiten sei die berufliche Zukunft des Klägers ungewiss.

Hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs hafte der Beklagte zu 1) in Höhe eines Betrages von 40.000,00 € zusammen mit dem Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner. Das gleiche gelte hinsichtlich der Einstandspflicht für künftige materielle Schäden. Der im Vergleichsschluss zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) liegende Erlass entfalte nur Einzelwirkung gegenüber dem Beklagten zu 2).

Das Endurteil des Landgerichts München I vom 21.08.2015 ist dem Kläger und dem Beklagten zu 1) jeweils am 26.08.2015 zugestellt worden. Beide Parteien haben gegen das Urteil Berufung eingelegt, soweit das Landgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.

Die Berufungsschrift des Klägers ist am 23.09.2015 beim Oberlandesgericht München eingegangen. Mit Schriftsatz vom 23.11.2015, eingegangen am selben Tage, hat der Kläger seine Berufung begründet, nachdem auf seinen Antrag vom 26.10.2015 hin die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tage verlängert worden war.

Der Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 28.09.2015, beim Oberlandesgericht eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 26.11.2015 mit einem am Montag, den 28.11.2015, eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage begründet.

Der Kläger führt zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen aus:

Die vom Landgericht vorgenommene Bemessung des Schmerzensgeldes sei in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft:

Die gesamtschuldnerische Haftung beider Beklagter in Höhe eines Teilbetrages des zuerkannten Schmerzensgeldes von 40.000,00 € komme im Urteilstenor nicht zum Ausdruck. Wegen des fehlenden Ausspruchs der gesamtschuldnerischen Haftung habe Ziffer 1 des angefochtenen Urteils in Höhe des Teilbetrages von 40.000,00 € keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Begründung der Schmerzensgeldbemessung seien unvollständig. Es werde lediglich die Ausgleichsfunktion rudimentär begründet; Ausführungen zur Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes würden unterlassen. Insbesondere lasse sich den Ausführungen des Landgerichts nicht entnehmen, ob aufgrund der Brutalität des Beklagten zu 1) eine Erhöhung des Schmerzensgeldes vorgenommen worden sei.

Entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiere sich das Landgericht bei seiner Schmerzensgeldbemessung nicht an den in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgeldbeträgen. So habe das Landgericht Karlsruhe bei einem Schädelhirntrauma mit Kontusionsblutung, Tinnitus, Schulterprellung, multiplen Schürfwunden, einem sechstägigen stationären Aufenthalt, achtwöchiger Arbeitsunfähigkeit, dauerhaften kognitiven Beeinträchtigungen, erheblichen Konzentrationsschwächen und Leistungseinbußen, starken Kopfschmerzen mit migräneartigem Auftreten sowie großflächig vernarbten Stellen am Rücken ein Schmerzensgeld von 90.000,00 € zugesprochen (Urteil vom 17.02.2012 - 5 O 32/09, aufgeführt in der Schmerzensgeldtabelle von Hacks/Wellner/Häcker, 2015, unter Nr. 1567). Im Hinblick auf diese Entscheidung sei die Schmerzensgeldbemessung im vorliegenden Fall fehlerhaft; geboten sei ein Schmerzensgeld von mindestens 200.000,00 €.

Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei unvollständig, weil es die beantragten medizinischen Sachverständigengutachten zu den nach wie vor bestehenden Verletzungsfolgen sowie in körperlicher als auch in psychischer Hinsicht nicht erholt habe. Über den behaupteten Dauerschaden und die psychischen Beeinträchtigungen hätte das Gericht Beweis erheben müssen.

Den immateriellen Feststellungsantrag habe das Landgericht zu Unrecht abgewiesen: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Geschädigte berechtigt, eine Feststellungsklage hinsichtlich der Zukunftsschäden zu erheben. Für die Bejahung des Feststellungsinteresses genüge es, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Entstehung weiterer in der Zukunft liegender Ersatzansprüche bestehe. Im Falle schwerer Verletzungen könne der Feststellungsantrag nur verneint werden, wenn aus Sicht des Verletzten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen könne, mit Spätfolgen zu rechnen.

Außerdem liege insoweit eine unzulässige Überraschungsentscheidung vor. Das Landgericht habe zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass nach seiner Ansicht der Kläger die Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer bislang nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden nicht dargetan habe. Wäre das Landgericht seiner Hinweispflicht nachgekommen, hätte der Kläger ergänzend vorgetragen. Insbesondere bestehe die nicht ganz femliegende Möglichkeit, dass eine posttraumatische Belastungsstörung auftrete. Die erstinstanzliche Entscheidung sei schließlich auch insoweit rechtsfehlerhaft ergangen, als das Landgericht im Rahmen der Tenorierung des Feststellungsantrages die Verpflichtung des Beklagten zu 1) dahin eingeschränkt habe, dass diejenigen Ansprüche, die auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen seien, nicht umfasst seien.

Der Kläger beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 21.08.2015, Az.: 26 O 13203/12, wird aufgehoben.

II. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesteilt wird, den Betrag in Höhe von mindestens 200.000,00 € jedoch nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2010 zu bezahlen.

III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Angriff vom 30.06.2009 dem Kläger entstanden ist und noch entstehen wird.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

I. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

II. das Urteil des Landgerichts München I abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1) trägt zur Begründung seiner eigenen Berufung vor, eine Tathandlung bzw. Tatbeteiligung des Beklagten zu 1) im Sinne der §§ 823, 830 BGB sei nicht nachgewiesen.

Die vernommenen Zeugen hätten einen vorwerfbaren Tatbeitrag des Beklagten zu 1) nicht plausibel und widerspruchsfrei schildern können. Aussagen in der Beweisaufnahme vor dem Zivilgericht stünden im Widerspruch zu den Feststellungen aus dem beigezogenen Strafurteil, das selbst wiederum auf den Angaben der Zeugen beruhe. In Bezug auf den Beklagten zu 2) sei dessen Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens vom Landgericht nicht erkannt worden.

Das Landgericht habe die Aussage des Beklagten zu 2) fehlerhaft als glaubhaft erachtet. In dessen Angaben fänden sich Widersprüche, mit denen sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt habe. Das Landgericht beziehe seine Würdigung nur auf das Strafurteil. In seiner Zeugenvernehmung vor dem Bezirksgericht Uster am 17.06.2014 habe der Beklagte zu 2) auf die erste Frage zur Sache, ob der Beklagte zu 1) dem Kläger einen Faustschlag ins Gesicht gegeben habe, angegeben, er könne den Ablauf nicht mehr genau wiedergeben; es seien aber Faustschläge und Fußtritte dabei gewesen. Das Landgericht sei jedoch - entgegen der Darstellung im Strafurteil - nur von einem Faustschlag und einem Fußtritt ausgegangen. Der Beklagte zu 2) habe auf Vorhalt nicht erklären können, warum er bei den früheren polizeilichen Vernehmungen nicht angegeben habe, dass der Beklagte zu 1) den Kläger getreten habe. Seine Erklärungsversuche seien nicht plausibel: Die Erklärung, dass er den Beklagten zu 1) habe schützen wollen, sei nicht nachvollziehbar, wenn er andererseits den Beklagten zu 1) mit der Aussage belaste, dieser hätte den Kläger unmittelbar zuvor niedergeschlagen. Mit der naheliegenden Möglichkeit, dass der Beklagte zu 2) versucht haben könnte, einen Mitschuldner zu schaffen bzw. eigene Tatbeiträge zu relativieren, habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Bei vollständiger Beweiswürdigung hätte das Landgericht erkennen müssen, dass die Angaben des Beklagten zu 2) nicht glaubhaft seien; folglich hätte dessen Aussage das Urteil nicht tragen dürfen. Für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen reiche bereits die Möglichkeit einer unterschiedlichen Wertung aus; eine erneute Beweisaufnahme sei dann zwingend geboten.

Das Landgericht habe die Aussage der Zeugin C. in Bezug auf Angaben, die der Zeuge B. gegenüber gemacht habe, fehlerhaft nicht verwertet. Ausweislich ihrer kommissarischen Vernehmung am 28.07.2014 habe die Zeugin C. ausgesagt, ihr habe lediglich K. B. berichtet, „da liege jemand am Boden“ und „dass es die anderen gewesen seien“. Eine Identifizierung des bzw. der Angreifer sei der Zeugin nicht möglich gewesen. Nach ihren Angaben habe der Zeuge B. keine konkreten Angaben über den oder die Angreifer gemacht. Diese Aussage hätte das Landgericht bei der Würdigung der Aussage des Zeugen B. würdigen müssen.

Dann wäre das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt dass der Zeuge B. keine konkrete Identifizierung des Angreifers habe vornehmen können.

Die Aussage des Zeugen B. habe das Landgericht nur in Bezug auf die Feststellung im Strafurteil übernommen, ohne eine eigene Beweiswürdigung von dessen Angaben im vorliegen- den Rechtsstreit vorzunehmen. Aus dem Strafurteil sei bekannt, dass die Jugendgruppe zuvor im Sendlinger-Tor-Park Alkohol und Drogen konsumiert habe. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge B. in seiner Wahrnehmungsfähigkeit nicht unerheblich gestört gewesen sei. Bei seiner Vernehmung vor dem Bezirksgericht Ilster am 17.06.2014 habe der Zeuge erklärt, er könne nicht sagen, ob „M“ - der Beklagte zu 1) - dem Kläger gegen den Kopf getreten habe. Auf die Frage, ob er den Beklagten zu 1) bei der Tat erkannt habe, habe der Zeuge erklärt: „Ich denke, es war M. dieses nur aufgrund der vorherigen Geschehnisse.“ Hier ziehe der Zeuge einen Rückschluss, habe also keine eigene Wahrnehmung gehabt. Auf Vorhalt der bei der Vernehmung anwesenden Vorsitzenden Richterin am Landgericht K. dass der Zeuge in der Strafverhandlung vor dem Landgericht München I ausgesagt habe, er habe gesehen, wie der Beklagte zu 1) den Kläger mit dem Schienbein gegen den Kopf getreten habe, als dieser am Boden gekniet sei, habe der Zeuge geantwortet, die Erinnerung sei sehr getrübt; heute könne er nicht sagen, ob diese Aussage damals wirklich zu hundert Prozent gestimmt habe. Damit habe der Zeuge die ihm vorgehaltene Aussage aus dem Strafverfahren hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts relativiert. Es stelle sich so dar, als ob seine Aussage eigentlich eine Wiedergabe von Erzählungen gewesen sei. Dies decke sich mit der Aussage der Zeugin C. Beachtlich sei, dass sogar Im Strafurteil eine Nähe des Zeugen B. zum Beklagten zu 2) festgestellt worden sei: „Im Übrigen ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass der ansonsten sehr glaubwürdige Zeuge insoweit seinen Freund, den Angeklagten D., nicht belasten wollte“ (vgl. Strafurteil, S. 76). Das Landgericht hätte deshalb erkennen müssen, dass die Aussage des Zeugen B. vor der Jugendkammer wegen des Widerspruchs zur nunmehrigen Aussage unglaubhaft und der Zeuge damit unglaubwürdig sei.

Das angefochtene Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung, weil gebotene Beweise nicht erhoben worden seien. Mit der Klageerwiderung sei folgender Sachverhalt mit folgenden Beweisangeboten vorgetragen worden:

- Der Beklagte zu 2) habe bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 02.07.2009 auf Vorhalt eingeräumt, dass er dem Kläger den Tritt ins Gesicht gegeben haben könnte (Strafakten, Bl. 291/292; Zeugnis des KHK P.).

- Der Zeuge B. habe fünf Jugendliche erkannt, von denen drei auf den Kläger losgegangen seien. Der Hauptaggressor, der den Kläger geboxt und zu Fall gebracht habe, habe dem

- Kläger auch den Tritt ins Gesicht verpasst. Auffällig sei gewesen, dass der Täter eine Baseballmütze getragen habe (polizeiliche Aussage des Y. B. vom 02.07.2009; Zeugnis des Y. B.

- Der Beklagte zu 2) habe an dem Abend eine Baseballmütze dabeigehabt (Zeugnis des KOK Sch.).

- Der Zeuge B. habe auf der Wahllichtbildvorlage eindeutig den Beklagten zu 2) als Hauptaggressor identifiziert, der zugeschlagen bzw. getreten habe (polizeiliche Aussage des Y. B. vom 02.07.2009; Zeugnis des Y. B. Zeugnis des KOK Sch.).

- Im Strafurteil sei in Bezug auf das Tatgeschehen zum Nachteil des Klägers nur von den Beklagten zu 1) und 2) die Rede. Es sei aber eine größere Gruppe gewesen, laut Aussage des Zeugen H. drei bis vier Jungs und zwei bis drei Mädels (polizeiliche Aussage des Zeugen SS. H.; Zeugnis des S. H.. Damit komme ein viel größerer Täterkreis in Betracht. Mit dieser Möglichkeit habe sich das Strafgericht unverständlicherweise nicht befasst.

- Der Zeuge R. habe bei seiner polizeilichen Aussage angegeben, dass er demjenigen, der dem Kläger ins Gesicht getreten habe, unmittelbar gegenübergestanden sei und er dessen Gesicht nie mehr vergessen werde. Bei der darauf erfolgten Wahllichtbildvorlage habe der Zeuge mit Bild 4 eindeutig den Beklagten zu 2) als denjenigen erkannt, der den Kläger ins Gesicht getreten habe (polizeiliche Aussage des D. R. vom 02.07.2009, Strafakten, Bl. 242; Zeugnis S. R.).

- Der Zeuge H. habe bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, dass derjenige, der dem Kläger unmittelbar ins Gesicht getreten habe, weiße Turnschuhe getragen habe (polizeiliche Aussage des S. H. vom 02.07.2009,Strafakten, Bl. 310; Zeugnis des

- Der Beklagte zu 1) habe an dem Abend aber schwarze Turnschuhe getragen; weiße Turnschuhe habe der Beklagte zu 2) getragen (Beiziehung der Strafakten; Zeugnis KOK Sch.).

In Erwiderung auf die Berufung des Klägers führt der Beklagte zu 1) im Wesentlichen aus, dem Kläger stehe in keinem Fall ein Mehr an Schmerzensgeld zu; der weitergehende Feststellungsantrag sei ebenfalls unbegründet.

Ausweislich der vom Landgericht eingeholten ärztlichen Stellungnahmen sei der Kläger in erheblichem Umfang für die behaupteten Verletzungsfolgen beweisfällig geblieben: Die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. h.c. Sch. halte fest, dass eine linksseitige geringgradige Schwerhörigkeit von 15% festzustellen sei. Bereits vor dem 30.06.2009 habe eine - durch Septumdeviation verursachte - Schiefnase vorgelegen. Die Septumfraktur habe zwar zu einer deutlichen Verschlimmerung der Nasenatmungsbehinderung geführt; diese könne jedoch durch eine Septorhinoplastik behoben werden. Nicht nachgewiesen sei, dass erneute Frakturen - in der Mehrzahl - erforderlich seien, dass Atembeschwerden vorlägen und dass die Sauerstoffversorgung bei der Verbindung von Laufen und Sprechen zu gering sei. Der möglichen Nasenoperation habe sich der Kläger nicht unterzogen.

Bei Prof. Dr. Dr. K. sei der Kläger letztmalig am 17.05.2010 vorstellig geworden. Eine weitere Operation sei nicht geplant. Der Kläger habe lediglich „vormals“ über ein tränendes Auge und eine Sensibilitätsstörung berichtet; insofern seien jedenfalls seit dem 17.05.2010 keine weiteren Beschwerden mehr nachgewiesen.

Die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. H. hatte fest, dass der Kläger unmittelbar nach dem Vorfall über leichte Defizite im kognitiven Bereich geklagt habe. Bei einer klinischen Untersuchung am 18.08.2009 - ca. sechs Wochen nach dem Vorfall - sei der Kläger nach dem gezogenen Fazit „weitgehend unauffällig“ gewesen. Bei einer neuropsychologischen Testung am 26.08.2009 habe der Kläger durchschnittliche Leistungen erzielen können. Der Überblick für den Zeitraum 2009 bis 2013 gehe von einer Erholungskurve aus. Es sei bezeichnend, dass der Arzt von seiner Seite nur bestätigen könne, dass der Kläger geäußert habe, dass er die Defizite in ihrer Bedeutung und Tragweite im initialen Zeitpunkt nicht vollständig realisiert habe.

Mit einer weiteren Beweisaufnahme sei der Kläger präkludiert, weil er innerhalb der ihm vom Landgericht gewährten Verlängerung der gesetzten Stellungnahmefrist sein Vorbringen nicht ergänzt habe. Das nunmehr mit der Berufungsbegründung des Klägers geforderte Sachverständigengutachten komme deshalb einem Ausforschungsbeweis gleich.

Zur Begründung seines Feststellungsantrages trage der Kläger ergänzend vor, was er in der Vorinstanz nicht gemacht habe. Auch insoweit sei er mit seinem jetzigen Vortrag präkludiert.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 23.11.2015 (Bl. 264/273 d. A.), die Schriftsätze des Beklagten vom 26.11.2015 (Bl. 276/283 d. A.) und 22.02.2016 (Bl. 291/296 d. A.) sowie das Protokoll vom 28.06.2015 (Bl. 333/347 d. A.) Bezug genommen.

Der Senat hat zu Beweiszwecken die Akten des unter anderem gegen die Beklagten zu 1) und 2) geführten Strafverfahrens vor der 1. Jugendkammer des Landgerichts München mit dem Aktenzeichen J KLs 122 Js 11360/09 beigezogen und hieraus im Termin vom 28.06.2016 folgende Vernehmungsprotokolle zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht:

Zeuge ...

Zeugenvernehmung vom 30.06.2009 (Bl. 43/44 d. beigez. Strafakten)

Zeugenvernehmung vom 02.07.2009(Bl. 299/315 d. beigez. Strafakten)

Zeuge Y. B.:

Zeugenvernehmung vom 02.07.2009(Bl. 537/549 d. beigez. Strafakten)

Zeuge D. R.

Zeugenvernehmung vom 30.06.2009 (Bi. 46/49 d. beigez. Strafakten)

Zeugenvernehmung vom 02.07.2009(Bl. 230/244 d. beigez. Strafakten)

Zeuge K. B.

Zeugenvernehmung vom 01.07.2009 (Bl. 51/52 d. beigez. Strafakten)

Zeugenvernehmung vom 09.07.2009(Bl. 681/694 d. beigez. Strafakten)

Zeugin J. C.

Zeugenvernehmung vom 01.07.2009 (Bl. 53/55 d. beigez. Strafakten)

Zeugenvernehmung vom 09.07.2009(Bl. 663/680 d. beigez. Strafakten)

Zeugin E. Sch.

Zeugenvernehmung vom 01.07.2009 (Bl. 56/67 d. beigez. Strafakten)

Zeugenvernehmung vom 15.07.2009(Bl. 735/749 d. beigez. Strafakten)

Früherer Mitangeklagter I. Z.

Beschuldigtenvernehmung vom 01.07.2009(Bl. 67/86 d. beigez. Strafakten)

Zeuge D. D.

Zeugenvernehmung vom 01.07.2009(Bl. 90/95 d. beigez. Strafakten)

Beklagter zu 2) bzw. Zeuge B. D.

Beschuldigtenvernehmung vom 01.07.2009 (Bl. 126/178 d. beigez. Strafakten)

Beschuldigtenvernehmung vom 02.07.2009(Bl. 292/296 d.beigez. Strafakten)

Zeuge K. H.

Zeugenvernehmung vom 03.07.2009(Bl. 564/577 d. beigez. Strafakten)

Zeuge A. M.

Zeugenvernehmung vom 28.07.2009(BI. 1179/1188 d. beigez. Strafakten)

Der Senat hat außerdem Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S. H. und Y. B.: Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 28.06.2016 (Bl. 333/347 d. A.) verwiesen.

Dem in der Schweiz lebenden Zeugen K. B. ist die Ladung zum Termin vom 28.06.2016 am 31.05.2016 im Wege der Rechtshilfe durch das Bezirksgericht Uster durch persönliche Übergabe zugestellt worden. Der Zeuge ist ohne Angabe von Gründen nicht zum Termin erschienen. Da der Zeuge D. R. unter der vom Beklagten zu 1) mitgeteilten Anschrift nicht geladen werden konnte, hat der Senat mit Beschluss vom 03.05.2016 (Bl. 311/312 d. A.) dem Beklagten zu 1) eine Beibringungsfrist gemäß § 356 ZPO bis 27.05.2016 gesetzt. Innerhalb der mit Beschluss vom 01.06.2016 (Bl. 327/328 d. A.) bis einschließlich 10.06.2016 verlängerten Beibringungsfrist hat der Beklagte zu 1) die ladungsfähige Anschrift des von ihm benannten Zeugen R. nicht mitgeteilt.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat in der Sache auch zum Teil Erfolg, während die zulässige Berufung des Beklagten zu 1) unbegründet ist.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten zu 1) wegen des von diesem gemeinschaftlich mit dem Beklagten zu 2) am 30.06.2009 auf ihn verübten tätlichen Angriffs ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 120.000,00 € zu (§ 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1 und Abs. 2, § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. §§ 22, 211 Abs. 2, § 224 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 StGB). In Höhe eines Teilbetrages von 40.000,00 € haften die Beklagten zu 1) und 2) dem Kläger als Gesamtschuldner (§§ 421, 840 Abs. 1, § 425 Abs. 1 BGB). Der Beklagte zu 1) hat das dem Kläger zuerkannte Schmerzensgeld ab dem 26.12.2010 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 187 Abs. 1 BGB analog).

Daneben ist die Feststellung zu treffen, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger den zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser durch die Tat vom 30.06.2009 verursacht worden ist und die Ansprüche des Klägers nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen (§ 249 Abs. 1 und Abs. 2, § 823 Abs. 1 und Abs. 2, § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. §§ 22, 211 Abs. 2, § 224 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 StGB, § 116 SGB X). Hinsichtlich der Haftung des Beklagten zu 1) für den zukünftigen materiellen Schaden des Klägers ist die unbeschränkte gesamtschuldnerische Mithaftung des Beklagten zu 2) zum Ausdruck zu bringen (§§ 421, 840 Abs. 1 BGB).

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten zu 1) sind als unbegründet zurückzuweisen.

1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Beklagte zu 1) den Kläger am 30.06.2009 widerrechtlich angegriffen und vorsätzlich schwer verletzt hatte.

a) Die ergänzende Beweisaufnahme durch den Senat hat keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, welche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen (§ 520 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

aa) Im Grundsatz begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht das rechtskräftige Strafurteil der 1. Jugendkammer des Landgerichts München I vom 22.11.2010 (Az.: J KLs 122 Js 11360/09; im Folgenden: „Strafurteil“) im Urkundenbeweis verwertet und nach eigener kritischer Überprüfung seiner Beweiswürdigung zugrunde gelegt hat.

Ein rechtskräftiges Strafurteil stellt grundsätzlich eine Beweisurkunde dar, auf die das Gericht seine Überzeugung stützen kann (BGH, Urteil vom 06.06.1988 - II ZR 332/87, Rn. 4 m. w. N., sämtl. Entscheidungen - falls nicht anders angegeben - zit. nach juris, abgedruckt NJW-RR1988,1527). Die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils enthaltenen Ausführungen zur Beweiswürdigung der 1. Jugendkammer sind zwar recht knapp gehalten, lassen aber mit noch hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass das Landgericht die im Strafurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht einfach übernommen, sondern die Beweiswürdigung einer eigenen kritischen Überprüfung unterzogen hat.

bb) Das Landgericht wäre allerdings verpflichtet gewesen, die vom Beklagten zu 1) in erster Instanz zum Beweis seiner abweichenden Darstellung des Sachverhalts angebotenen Zeugen zu vernehmen.

Der Umstand, dass die Akten eines anderen Rechtsstreits als Beweisurkunde herangezogen werden können, rechtfertigt es nicht, die gegenbeweislich angebotenen Zeugen nicht zu vernehmen; denn dadurch würde der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt. Verlangt eine Partei, dass die von ihr benannten Zeugen vernommen werden, kann dies nicht unter Hinweis auf deren Aussagen im Strafprozess oder auf die Feststellungen im Strafurteil abgelehnt werden. Der persönliche Eindruck von den Zeugen, die Anwesenheit der Parteien, das ihnen eingeräumte Fragerecht sowie die Möglichkeit und Zulässigkeit der Gegenüberstellung von Zeugen bieten eine Gewähr für die Ermittlung der Wahrheit, die dem Urkundenbeweis mangelt (BGH, Urteil vom 06.06.1988 - II ZR 332/87, Rn. 4 m. w. N., NJW-RR 1988, 1527). Wird die Vernehmung eines Zeugen beantragt, der bereits im Strafverfahren vernommen worden ist, so handelt es sich nicht um eine wiederholte Vernehmung im Sinne von § 398 ZPO, sondern um den erstmaligen Beweisantritt im Zivilprozess. Deshalb genügt es, die beweiserheblichen Tatsachen anzugeben, zu denen der Zeuge vernommen werden soll (BGH a. a. O., Rn. 5).

Das Landgericht durfte sich deshalb nicht darauf beschränken, allein die vom Kläger benannten Zeugen K. B. und J. C. sowie den früheren Beklagten zu 2) im Wege der Rechtshilfe vernehmen zu lassen. Vielmehr hätte es auch die in der Klageerwiderung angebotenen Zeugen Y. B, S. H. und D. R. vernehmen müssen, soweit es die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht aus Rechtsgründen für unerheblich hielt oder zugunsten des Beklagten zu 1) als wahr unterstellen wollte.

b) Auf entsprechende Rüge des Beklagten zu 1) hin hat der Senat die von diesem angebotenen Beweise im erforderlichen und möglichen Umfang erhoben. Außerdem hat er aus den beigezogenen Strafakten die Protokolle über die polizeilichen Vernehmungen des Beklagten zu 2) und derjenigen Zeugen, auf deren Angaben die 1. Jugendkammer ihre Beweiswürdigung im Strafurteil gestützt hat, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, um im Rahmen der gebotenen eigenständigen Überprüfung der strafrichterlichen Beweiswürdigung die Genese der jeweiligen Aussagen nachvollziehen zu können.

Gegenstand der Beweiswürdigung sind damit im Wesentlichen folgende Aussagen zum Hergang und den Umständen der streitgegenständlichen Tat zum Nachteil des Klägers:

aa) Der Beklagte zu 2) hat in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer nach der vom Landgericht zitierten Wiedergabe seiner Einlassung in den Gründen des Strafurteils (a. a. O. S. 69 f.) das Tatgeschehen im Wesentlichen wie folgt geschildert: Der Beklagte zu 1) habe von hinten kommend einem fremden, in gleicher Richtung gehenden Mann einen seitlichen Faustschlag ins Gesicht versetzt, so dass der Mann zu Boden gegangen sei. Der Geschädigte habe sich noch auf allen Vieren abstützen können. Kurz darauf habe er selbst - der Beklagte zu 2) - dem Geschädigten von der Seite mit dem rechten Fuß einen mittelkräftigen Tritt in die Nierengegend versetzt und sei danach gleich weiter gerannt. Als er sich noch einmal umgedreht habe, „weil M. - der Beklagte zu 1) - gefehlt habe“, habe er gesehen, dass dieser dem Geschädigten noch einen kräftigen Tritt mit dem Schienbein ins Gesicht versetzt habe.

Bei seiner ersten Beschuldigtenvernehmung am 01.07.2009, deren Inhalt die 1. Jugendkammer durch Vernehmung des Zeugen KHK P. in die Hauptverhandlung eingeführt hat, schilderte der Beklagte zu 2), dass der Beklagte zu 1) einen Mann angegriffen und „ihm eine Faust mitgegeben“ habe (Vernehmungsprotokoll, S. 26 = Bl. 151 d. beigez. A.). Von einem anschließenden Tritt des Beklagten zu 1) ins Gesicht des Klägers berichtete er nichts. Vielmehr gab er an, dass der Beklagte zu 1) gleich weitergelaufen sei, nachdem er den Mann niedergeschlagen gehabt habe (a. a. O., S. 29 = Bl. 145 d. beigez. A.). Bereits bei dieser ersten Vernehmung räumte der Beklagte zu 2) ein, dass er dem Kläger mit seinem rechten Fuß einen Tritt auf den Rücken oder in die Rippen gegeben habe (a. a. O., S. 29 = Bl. 154 d. beigez. A.). Die Nachfrage, ob er den Kläger eventuell auch am Kopf getroffen haben könnte, verneinte der Beklagte zu 2) und gab an, er habe „extra darauf geschaut, dass er den Mann nicht ins Gesicht treffe“ (a. a. O., S. 30 = Bl. 155 d. beigez. A.).

Bei seiner zweiten Beschuldigtenvernehmung am 02.07.2009, welche die 1. Jugendkammer ebenfalls durch Vernehmung des Zeugen KHK P. in die Hauptverhandlung eingeführt hat, bestätigte der Beklagte zu 2) auf entsprechende Frage zunächst, dass er den

Kläger mit dem Fuß in den Rücken getreten habe (Vernehmungsprotokoll, S. 3 = Bl. 294 d. beigez. A.). Auf Vorhalt, dass ein Augenzeuge ihn anhand einer Wahllichtbildvorlage als den Täter identifiziert habe, der den am Boden halb kniend, halb liegenden Mann mit voller Wucht ins Gesicht getreten habe, erklärte der Beklagte zu 2), dass er sich nicht daran erinnern könne, den Kläger ins Gesicht getreten zu haben. Er habe ihn in den Rücken getreten und darauf geachtet, ihn nicht ins Gesicht zu treffen; er habe kontrolliert auf den Rücken getreten (a. a. O., S. 4 = Bl. 295 d. beigez. A.).

Als ihm daraufhin der Vernehmungsbeamte das „letzte Wort“ erteilte, gab der Beklagte zu 2) zu Protokoll: „Ja, es könnte sein, dass ich ihn getroffen habe im Gesicht, aber dann war es nicht mit Absicht“ (a. a. O.). Auf Frage des Vernehmungsbeamten, was das bedeuten solle, gab der Beklagte zu 2) an, er sei „zu besoffen und zu bekifft“ gewesen, dass er es nicht mehr wisse. Vielleicht habe er „ihn ja tatsächlich ins Gesicht getroffen, kann schon sein“ (a. a. O.). Auf Nachfrage, ob er dem Kläger vielleicht zwei Fußtritte versetzt haben könnte oder die Fälle miteinander verwechselt habe, erklärte der Beklagte zu 2): „Das könnte auch so gewesen sein, dass ich hier etwas durcheinander bringe. Wenn der Zeuge das so genau gesehen hat, dann werde ich den Mann, um den es hier geht, ja wohl auch tatsächlich ins Gesicht getreten haben und einen anderen Mann in den Rücken“ (a. a. O., S. 5 = Bl. 296 d. beigez. A.). Auf die weitere Nachfrage, welcher Mann dann für den Tritt in den Rücken in Frage käme, gab der Beklagte zu 2) an, das wisse er nicht; er wisse nur, dass er bei einem Mann zugetreten habe; das sei der Mann gewesen, von dem der Vernehmungsbeamte „vorhin“ gesprochen habe (a. a. O.).

Bei seiner Zeugenvernehmung vor dem Bezirksgericht Ilster am 17.06.2014 erklärte der Beklagte zu 2) auf die Frage, ob der Beklagte zu 1) dem Kläger sowohl einen Faustschlag ins Gesicht versetzt als ihm dann auch noch gegen den Kopf getreten habe, dass er den Ablauf nicht mehr genau wiedergeben könne. Es seien aber Faustschläge und Fußtritte dabei gewesen; diese stammten vom Beklagten (seil.: zu 1). Er habe dessen Gesicht „anlässlich der Tat“ gesehen (Protokoll, S. 2 = BL 155 d. A.).

Auf Frage, warum er bei den polizeilichen Vernehmungen in München im Jahre 2009 niemals angegeben habe, dass der Beklagte zu 1) den Kläger getreten habe, behauptete der Beklagte zu 2), er wisse nicht mehr genau, was er damals gesagt habe. Es seien mehrere Vernehmungen gewesen. Wenn er es so gesagt haben sollte, dann deshalb, weil er den Beklagten zu 1) habe schützen wollen. Er habe eigentlich gedacht, dass er damals alles gesagt habe (a. a. O., S. 4 = Bl. 157 d. A.).

Auf Vorhalt der bei der Vernehmung anwesenden Einzelrichterin, dass der Beklagte zu 2) erst in der Hauptverhandlung ausgesagt habe, dass der Beklagte zu 1) den Kläger auch gegen den Kopf getreten habe, erklärte der Beklagte zu 2): „Entweder war ich bei der Polizei zu gestresst und habe es deshalb vergessen oder ich wollte ihn schützen. Ich kann heute nicht mehr sagen, weshalb ich so ausgesagt habe. Es ist aber das richtig, was ich vor dem Landgericht in München ausgesagt habe“ (a. a. O., S. 5 = Bl. 158 d. A.).

bb) Der Zeuge K. B. in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer, dass er nach seiner Flucht aus dem Nußbaumpark den Beklagten zu 1) in der Nähe des Sendlinger-Tor-Platzes wiedergesehen habe; er habe ihn von hinten an dessen aufgegeben Haaren erkannt. Gesehen habe er, dass „M.“ einem am Boden knienden Mann einen „komischen“ Tritt mit dem Schienbein versetzt und dabei den Kopf des Opfers getroffen habe. Entsetzt von diesem Vorgehen sei er wenige Meter weitergelaufen und dann zusammengebrochen. Er habe sich auf den Gehweg gesetzt und geweint, bis die Zeugin J. C. gekommen sei, mit der zusammen er nochmals nach dem Opfer geschaut habe (Strafurteil, S. 70 f.).

Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 01.07.2009, mit der sich die 1. Jugendkammer nicht erkennbar auseinandergesetzt hat, hatte der Zeuge B. lediglich angegeben, dass er zusammen mit der Zeugin J. C., „eine blutende Person außerhalb des Parks“ gesehen habe. Erst nach seiner Rückkehr in das Jugendgästehaus habe er „von allen Leuten“ erfahren, „dass der M. B. angeblich bestohlen worden sei und dann ausgerastet ist“. M. solle dann in eine Prügelei verwickelt gewesen sein und einen Mann geschlagen haben. Da habe er gleich an den Mann gedacht, den er zuvor verletzt am Boden gesehen habe (Vernehmungsprotokoll, S. 1 f. = Bl. 51 f. d. beigez. A.).

Bei seiner Vernehmung durch die Kantonspolizei Zürich am 09.07.2009 - die ihm in der Hauptverhandlung vor der Jugendkammer vorgehalten und von ihm als richtig bestätigt wurde - schilderte der Zeuge B. zunächst, dass er im Nußbaumpark beobachtet habe, wie der Beklagte zu 1) zwei ältere Männer, die dort auf Sitzgelegenheiten ohne Rückenlehne saßen, mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe. Der zweite Mann sei nach hinten weggefallen und dann rücklings so auf der Sitzfläche gelegen, dass sich sein Kopf in der freien Luft bewegt habe. I. Z. sei dann aufgesprungen und habe mit voller Wucht einen Tritt gegen den Kopf des Bewusstlosen ausgeführt. Es sei so gewesen, „wie wenn man einen Fußball wegtreten würde“ (Vernehmungsprotokoll, S. 3 f. = Bl. 685 f. d. beigez. A.). Ihn habe „eine grausame Panik“ überfallen und er sei, ohne zu überlegen, weggerannt. Plötzlich sei J.- die Zeugin C. - hinter ihm gewesen und ihm nachgerannt; sie seien noch etwa 15 Meter weitergerannt.

Das nachfolgende Tatgeschehen zum Nachteil des Klägers beschrieb der Zeuge wie folgt: „Ich schaue nach links und sehe nur noch, wie M. einen auf dem Boden kriechenden Passanten mit seinem Schienbein ins Gesicht trat“ (a. a. O., S. 4 = Bl. 686 d. beigez. A.). Der Zeuge gab an, er sei wieder in Panik geraten und 15 Meter weiter „gesprintet“. Dann habe er sich wieder sammeln können, doch sei er zusammengebrochen (a. a. O.). Auf Nachfrage, ob er beim zweiten Tatkomplex den Angriff auf das Opfer mitverfolgt habe, erklärte der Zeuge: „Um es genau zu sagen, habe ich den Abschluss gesehen. Der Mann lag auf allen Vieren und bekam einen Tritt in das Gesicht, von M. Der Tritt kam irgendwie komisch. Ich glaube, dass er den Mann mit dem Fuß treffen wollte, aber irgendwie mit dem Schienbein traf (a. a. O., S. 9 = Bl. 691 d. beigez. A.).

Bei seiner kommissarischen Zeugenvernehmung vor dem Bezirksgericht Uster am 17.06.2014 führte der Zeuge B. zunächst aus, dass ihn diese ganze Angelegenheit sehr beschäftigt habe; er habe gegen einen Freund aussagen müssen und seine Pflicht als Zeuge getan. Er verstehe nicht, weshalb er jetzt wieder in den Prozess einbezogen werde; er wäre am liebsten gar nicht gekommen. Es falle ihm auch schwer, sich an die Geschehnisse von damals zu erinnern, wohl auch deshalb, weil er versucht habe, die Geschichte zu verdrängen. Er versuche „loszulassen“ und die erneute Vorladung werfe ihn zurück (Vernehmungsprotokoll, S. 2 = Bl. 160 d. A.).

Auf die Frage, ob der Beklagte zu 1) den auf dem Boden knienden Kläger gegen den Kopf getreten habe, gab der Zeuge an, als er damals aus dem Park gerannt sei, sei er irgendwie durch München gerannt aus Panik über die Ereignisse. Er sei auch unter Alkoholeinfluss gestanden. Er habe nach links geschaut und gesehen, wie die drei - „M. I. (Z.) und B.“ (der Beklagte zu 2)- vom Kläger weggerannt seien. Er könne nicht sagen, ob M. spezifisch dem Kläger gegen den Kopf getreten habe (a. a. O., S.2f. = BI. 161f.d. A.).

Auf die Frage, ob er den Beklagten zu 1) erkannt habe, erklärte der Zeuge: „Aufgrund der vorherigen Geschehnisse, der Statur, der Kleidung und der Frisur, glaube ich, ich habe ihn gesehen. Ich habe mir immer wieder vorgestellt, was damals los war. Es ist alles sehr verschwommen. Ich weiß nur noch einen Moment, als ich einen Mann mit weißem T-Shirt und schwarzen Hosen (Shorts) sah, der wegrannte. Ich denke, das war M. Dies, wie gesagt, nur aufgrund der vorherigen Geschehnisse“ (a. a. O., S. 3 = Bl. 161 d. A.). Auf Frage, was der frühere Mitangeklagte I. Z. gemacht habe, gab der Zeuge an; „Ich kann es nicht sagen. Ich habe nur den Schluss des Vorfalls gegen O. gesehen. Ich habe I. nicht gesehen. Ich habe auch B. nicht gesehen. Ich habe von anderen Mitschülern gehört, dass sie zu dritt unterwegs waren“ (a. a. O., S. 4 f. = Bl. 162 f. d. A.).

Auf Vorhalt seiner damaligen Aussage in der Strafverhandlung, dass er gesehen habe, wie der Beklagte zu 1) den Kläger mit dem Schienbein gegen den Kopf getreten habe, erklärte der Zeuge: „Die Erinnerung ist, wie gesagt, sehr getrübt. Ich habe auch versucht, die Geschichte zu verdrängen. Wenn ich heute zurückschaue und an die Aussage denke, denke ich, dass das Faktoren sind, die berücksichtigt werden müssen: Ich war an jenem Abend in Panik und stand unter Alkoholeinfluss. Heute kann ich nicht mehr sagen, ob diese Aussage damals wirklich zu 100% stimmte“ (a. a. O., S. 6 = Bl. 164 d. A.).

cc) Der Zeuge Y.B. sagte in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer aus, dass er beobachtet habe, wie im Einmündungsbereich der Sonnenstraße ein Mann durch einen Schlag gegen den Kopf zu Boden gegangen sei und dann am Boden liegend sogleich von demselben Angreifer einen Fußtritt ins Gesicht bekommen habe (Strafurteil, S. 71).

Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 02.07.2009 gab der Zeuge B. an, dass er den Vorgang aus einer Entfernung von ca. 30 bis 40 Metern beobachtet habe. Es sei eine Gruppe von fünf Jugendlichen gewesen, von denen sich aber nur drei beteiligt hätten (Vernehmungsprotokoll, S. 3 = Bl. 539 d. beigez. A.). Er habe gesehen, wie einer aus dieser Gruppe einem Mann auf der Pettenkoferstraße mit der Faust gegen den Kopf geschlagen habe. Der Schlag müsse, wie er es wahrgenommen habe, von der Seite gekommen sein. Aufgrund dieses Fausthiebs ins Gesicht sei der Mann sofort zu Boden gegangen und auf die rechte Körperseite gefallen. Derjenige, der den Mann mit dem Boxhieb zu Fall gebracht habe, habe dem Mann am Boden auch noch einen Fußtritt ins Gesicht verpasst. Dann hätten die anderen beiden, als der Mann vollkommen wehrlos und schon verletzt am Boden gelegen sei, gegen den Mann getreten. Er, der Zeuge, habe geschrien und sei auf die Gruppe zugelaufen. Als diese gesehen hätten, dass er komme, seien alle fünf weggelaufen (a. a. O., S. 4 = Bl. 540 d. beigez. A.).

Auf Frage, ob er die Person, die den Faustschlag ausgeführt und danach gleich getreten habe, beschreiben könne, antwortete der Zeuge, vom Gesicht her könne er niemanden beschreiben. Auffällig sei gewesen, dass dieser Bursche eine Baseballmütze aufgehabt habe (a. a. O., S. 5 = Bl. 541 d. beigez. A.).

Der Zeuge berichtete, dass er der Gruppe, die in Richtung Sonnenstraße und dort in Richtung Stachus weggelaufen sei, in einer Entfernung von ca. 50 Metern gefolgt sei (a. a. O., S. 6 = BL 542 d. beigez. A.). Während er versucht habe, auf seinem Handy die Polizei anzurufen, habe er gesehen, dass der mit der Baseballmütze einen jungen Mann mit der Faust mitten ins Gesicht geschlagen habe. Auf Nachfrage gab der Zeuge an, dass einer oder zwei aus der Gruppe auf den jungen Mann eingeschlagen hätten (a. a. O., S. 7 = Bl. 543 d. beigez. A.). Er habe das Gesicht des Schlägers mit der Baseballmütze aus einer Entfernung von 10 bis 20 Metern gesehen (a. a. O., S. 8 = Bl. 544 d. beigez. A.). Auf Frage, ob er in der Lage sei, die Schläger des ersten und zweiten Angriffs auf einer Wahllichtbildvorlage oder bei einer Gegenüberstellung wieder zu erkennen, erklärte der Zeuge zunächst, dass er dies ausschließe. Er habe die Gesichter von ihnen nicht richtig gesehen; er sei da zu weit weg gewesen (a. a. O., S. 11 = Bl. 547 d. beigez. A.). Nachdem ihm eine Wahllichtbildvorlage vorgelegt worden war, identifizierte der Zeuge die Person auf Bild Nr. 4 als denjenigen, der die Baseballmütze aufgehabt, getreten und geschlagen habe. Er gab an, er habe keinen Zweifel, dass dies der Hauptaggressor gewesen sei; die Haare stimmten, auch die Gesichtsform, da passe alles. So habe er ihn gesehen, als er ihn beim zweiten Opfer gesehen habe (a. a. O., S. 11 f. = Bi. 547 f. d. beigez. A.). Die auf dem Lichtbild Nr. 4 abgebildete Person war der Beklagte zu 2).

Hinsichtlich der Angaben, die der Zeuge B. bei seiner Vernehmung durch den Senat gemacht hat, wird auf das Protokoll vom 28.06.2016 (a. a. O., S. 10/12 = Bl. 342/344 d. A.) verwiesen.

dd) Der Zeuge S. H. sagte in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer aus, dass er aus einer Entfernung von etwa zwei Metern gesehen habe, wie ein Mann von einer jugendlichen Person aus einer Gruppe von hinten geschubst worden und dadurch zu Boden gegangen sei, wobei er sich noch auf allen Vieren habe abstützen können. Derjenige, der den Mann geschubst habe, habe dem Mann dann sogleich gegen die linke Kopfseite getreten. Der Tritt sei mit voller Wucht ausgeführt worden und habe den Mann mitten ins Gesicht getroffen (Strafurteil, S. 71).

Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 30.06.2009 gab der Zeuge H. an, dass er auf der Pettenkoferstraße am Gehweg vor der Marienapotheke eine Gruppe von fünf bis sechs Personen gesehen habe. Der Geschädigte sei aus der Gruppe heraus geschubst worden und zu Boden gefallen. Zu diesem Zeitpunkt habe es noch so gewirkt, als würden die Leute nur rumalbern. Dann sei aber ein junger Mann aus der Gruppe dem am Boden auf die Knie und Hände aufgestützten Mann mit dem rechten Fuß gegen die linke Kopfseite getreten (Vernehmungsprotokoll, S. 1 = Bl. 43 d. beigez. A.). Der Täter sei 18 bis 20 Jahre alt gewesen, habe einen slawischen oder türkischen Einschlag gehabt, ein markantes Gesicht, dichte dunkle Augenbrauen, einen eher hellen Hauttyp und schwarze aufgestellte Haare.

Danach habe dem am Boden liegenden Mann ein zweiter junger Mann mit dem Fuß in die Seite getreten; es habe so ausgesehen, dass er das getan habe, weil er auch noch habe mitmachen wollen. Diesen zweiten Täter könne er nicht beschreiben (a. a. O., S. 2 = Bl. 44 d. beigez. A.).

Bei seiner zweiten polizeilichen Vernehmung am 02.07.2015 schilderte der Zeuge H., dass er rechts vor sich eine Gruppe jüngerer Menschen in Bewegung gesehen habe. In dieser Gruppe habe sich auch das spätere Opfer befunden; für ihn, den Zeugen, habe das ganze zunächst wie eine einzige Clique ausgesehen, die balgend miteinander herumgealbert habe. Mit einem Mal habe er wahrgenommen, wie eine Person aus der Gruppe eine andere Person heftig geschubst habe, im Gehen, aus der Bewegung heraus. Durch das Schubsen „in den Rücken“ sei der Mann auf der Fahrbahn mehr oder weniger zum Knien gekommen. Dann habe er aus einer Entfernung von circa zwei Metern gesehen, wie derjenige, der den Mann auch geschubst gehabt habe, ihn mit dem Fuß in die rechte oder linke Kopfseite getreten habe (Vernehmungsprotokoll, S. 4 = Bi. 302 d. beigez. A.). Dann sei ein anderer aus der Gruppe heraus gekommen, der auch auf den Mann, der auf allen Vieren gekniet und noch benommen gewesen sei, mit dem Fuß eingetreten habe. Auf Nachfrage erklärte der Zeuge, die zweite Person habe auf jeden Fall in die Nierengegend getreten, auch sehr heftig. Sowohl der erste, der gegen den Kopf getreten habe, als auch der zweite hätten jeweils nur einmal getreten (a. a. O., S. 5 f. = Bl. 303 f. d. beigez. A.). Der Zeuge beschrieb den ersten Täter, der gegen den Kopf des Klägers getreten hat, als ca. 180 cm groß, schlank, athletisch. Er sei sich ziemlich sicher, dass der erste Täter ein weißes Oberteil getragen habe. Zu den Schuhen des ersten Täters ist folgende Aussage des Zeugen protokolliert: „Dann trug er weiße Schuhe, dass (sie!) weiß ich nicht. Die sind mir erst aufgefallen, als der junge Kerl dem Mann ins Gesicht trat“. Der Zeuge meinte, dass der Täter - wie die gesamte Gruppe - eher schwarzes Haar gehabt habe (a. a. O., S. 12 = Bf. 310 d. beigez. A.).

Zum zweiten Täter gab der Zeuge an, dieser sei auch jung, schlank, vielleicht so um die 1,80 m groß gewesen, vielleicht um die 20 Jahre alt, vielleicht etwas jünger. Zur Bekleidung des zweiten Täters könne er nichts sagen (a. a. O., S. 12 f. = Bl. 310 f, d. beigez. A.). Bei verschiedenen Wahllichtbildvorlagen kam dem Zeugen eine Person bekannt vor; er konnte aber nicht behaupten, dass diese Person sicher dabei gewesen wäre (a. a. O., S. 15 f. = Bl. 313 f. d. beigez. A.).

Hinsichtlich der Angaben, die der Zeuge H. vor dem Senat gemacht hat, wird auf das Protokoll vom 28.06.2016 (a. a. O., S. 5/9 = Bl. 337/341 d. A.) verwiesen.

ee) Der Zeuge D. R. beschrieb in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer einen heftigen, mit dem Spann ausgeführten Tritt in das Gesicht des bereits am Boden knienden Opfers (Strafurteil, S. 72).

Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 01.07.2009 schloss sich der Zeuge R. den Ausführungen des Zeugen H. an (Vernehmungsprotokoll, Bl. 46 d. beigez. A.) und ergänzte, dass ihm eine weitere Person aufgefallen sei, welche die Gruppe anscheinend gekannt habe. Die Person sei bei der Schlägerei nicht dabei gewesen, sondern sei erst hinter der Tätergruppe hergelaufen, habe sich dann aber hingekniet und geweint. Bei ihm sei ein Mädchen mit weißer Handtasche gewesen (a. a. O., Bl. 48 d. beigez. A.).

Bei seiner zweiten polizeilichen Zeugenvernehmung am 02.07.2009 bekundete der Zeuge R., dass er rechter Hand, in einem Abstand von etwa drei bis vier Metern, eine Gruppe mit jungen Leuten gesehen habe. Er habe anfänglich den Eindruck gehabt, als würden die sich balgen; er habe nicht gedacht, dass das etwas Ernstgemeintes oder Schlimmeres sei. Plötzlich habe er gemerkt, dass der Zeuge H. nicht mehr neben ihm gewesen sei. Deswegen sei er stehen geblieben und habe sich umgedreht. Über seine rechte Schulter habe er gesehen, dass ein älterer Herr auf Händen und Füßen auf dem Boden gelegen sei; für ihn habe das so ausgesehen, als ob dieser gerade auf den Boden gefallen sei und sich mit den Händen wieder abstützen wollte. Dieser Anblick habe ihn stutzig gemacht. Kurz darauf habe er miterleben müssen, wie einer aus der Gruppe diesen am Boden liegenden, halb liegenden, halb knienden Mann mit voller Wucht einen Tritt auf die linke Gesichtshälfte verpasst habe. Gleich nach dem Tritt sei der Täter weitergegangen. Er habe dem Täter voll ins Gesicht gesehen; das Gesicht des Täters werde er nicht mehr vergessen (Vernehmungsprotokoll, S. 3 f. = Bl. 232 f. d. beigez. A.).

Auf Frage, ob er außer dem beschriebenen Fußtritt sonst noch einen körperlichen Angriff auf den Kläger beobachtet habe, gab der Zeuge an, dass er nichts gesehen habe, aber stark vermute, dass der Mann auch irgendwo im Bereich seiner linken Körperhälfte auf Höhe der Rippen entweder geschlagen oder getreten worden sei, weil er sich schmerzverzerrt mit einer Hand auch dort hingelangt habe (a. a. O., S. 5 = Bl. 234 d. beigez. A.). Der Zeuge beschrieb den Täter, der den Tritt in das Gesicht des Opfers ausgeführt habe, als 170 bis 180 cm groß, 18 bis 23 Jahre alt, schlank. Er war der Meinung, dass der Täter so ausgesehen habe, als habe er slawische Wurzeln, tendierte aber eher dahin, dass es sich um einen Türken gehandelt habe. Der Täter habe ein markantes Gesicht gehabt, von auffallend hellem Hauttyp, aber mit auffallend dichten und dunklen Augenbrauen. Er habe dunkles Haar gehabt, etwas aufgestellt (a. a. O., S. 6 f. = Bl. 235 f. d. beigez. A.).

Auf Nachfrage gab der Zeuge an, der Täter habe weder einen Hut noch eine Kappe, also keine Kopfbedeckung aufgehabt (a. a. O., S. 7 = Bl. 236 d. beigez. A.). Auf Vorlage der Wahllichtbildvorlage mit der TBV-Nr. 20443896 erklärte der Zeuge, wenn jemand als derjenige, der zugetreten habe, in Frage kommen sollte, dann entweder der mit der Nummer 2 oder mit der Nummer 6 (a. a. O., S. 11 = Bl. 240 d. A.). Ausweislich der Wahllichtbildvorlage TBV-Nr. 20443896 (Bl. 245/246 d. beigez. A.) befindet sich an Position 2 das Bild des Beklagten zu 1).

Nach Vorlage weiterer Wahllichtbildvorlagen erklärte der Zeuge, das mit den Fotos sei jetzt so schlimm; jetzt werde es ihm zu viel. Er könne da niemanden richtig wiedererkennen; die schauten ja alle irgendwie gleich aus. „Hier jetzt“ - auf Vorlage der Wahllichtbildvorlage TBV-Nr. 20115797 - könnte derjenige mit der Nummer 4 in Betracht kommen (a.a.O., S. 12 = Bl. 241 d. beigez. A.). Ausweislich der Wahllichtbildvorlage TBV-Nr. 2011597 (Bl. 247/248 d. beigez. A.) befindet sich an Position 4 das Bild des Beklagten zu 2). Nachdem dem Zeugen auf seinen Wunsch alle Wahllichtbildvorlagen gleichzeitig vorgelegt worden waren, erklärte er: „Wie ich Ihnen ja sagte, hatte der Täter markante Gesichtszüge. Wenn ich mir jetzt alle Bilder ansehe, komme ich zu dem Schluss, dass da nur einer in Frage kommt, nämlich der junge Mann mit der Nummer 4. Die anderen haben alle nach meiner Einschätzung viel zu weiche, teilweise bubihafte Gesichtszüge. Ich lege mich jetzt definitiv fest, das muss der mit der Nr. 4 gewesen sein. Irgendwie hatte er aber die Haare etwas anders getragen, irgendwie aufgegelt. Sie wirkten damals in der Nacht nicht so zurückgeschleckt, wie sie auf dem Foto abgelichtet sind. Vom Gesicht müsste es aber der mit der Nummer 4 gewesen sein“ (a. a. O., S. 13 = Bl. 242 d. beigez. A.).

ff) Die Zeugin E. Sch. sagte in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer aus, dass sie mit ihrem Fahrrad auf der Pettenkoferstraße stadtauswärts unterwegs gewesen sei. Als sie sich wegen eines hörbaren Tumults umgedreht habe, habe sie gesehen, wie ein Mann, der gerade zu Boden gegangen sei, sehr heftig mit einem Fußtritt in den oberen Körperteil, möglicherweise auch gegen den Kopf, getreten worden sei (Strafurteil, S. 72).

Bei ihrer ersten polizeilichen Vernehmung am 01.07.2009 gab die Zeugin Sch. an, dass sie eine Gruppe von mindestens fünf Jugendlichen, etwa um die 18 Jahre alt, beobachtet habe. Die Gruppe sei auf einen augenscheinlich älteren Mann losgegangen. Als der Mann regelrecht überrannt auf dem Boden gelegen habe, sei mindestens zwei Mal auf ihn eingetreten worden (Vernehmungsprotokoll, S. 1 = Bl. 56 d. beigez. A.)

Bei ihrer zweiten, polizeilichen Vernehmung am 15.07.2009 schilderte die Zeugin, dass sie ihr Fahrrad an der Einmündung der Pettenkoferstraße in den Sendlinger-Tor-Platz bestiegen habe. Nachdem sie vielleicht zwei oder drei Meter gefahren gewesen sei, habe sie lautere Stimmen hinter sich gehört. Sie habe sich umgedreht und gesehen, dass sich eine Gruppe Jugendlicher irgendwie komisch bewegt habe. In der Mitte der Gruppe habe sich ein Mann befunden; er sei zu diesem Zeitpunkt noch gestanden. Plötzlich sei der Mann schon am Boden gelegen und sie - die Zeugin - sei mehr oder weniger erstarrt; es sei alles wahnsinnig schnell gegangen.

Auf Frage, ob sie wisse, warum der Mann zu Boden gegangen sei, gab die Zeugin an, sie könne keine genaue Einwirkung auf den Mann wiedergeben Die Gruppe habe sich bewegt und plötzlich sei der Mann zu Boden gegangen. Einen Schlag habe sie nicht gesehen (Vernehmungsprotokoll, S. 3 f. = Bl. 737 f. d. beigez. A.).

Der Mann sei dann auf dem Boden gelegen und zwar auf dem Rücken (a. a. O., S. 4 = Bl. 738 d. beigez. A.). Sie selbst habe sich mit ihrem Fahrrad direkt nach dem Bauzaun der Apotheke befunden. Sie schätze, dass sie nicht einmal zehn Meter von dem am Boden liegenden Mann entfernt gewesen sei. Sie habe dann gesehen, wie aus der Gruppe heraus mit den Füßen gegen den seitlichen Körper des Mannes und dessen Kopf getreten worden sei (a. a. O., S. 5 = Bl. 739 d. beigez. A.).

Auf entsprechende Nachfragen erklärte die Zeugin, dass sie nicht wisse, ob eine oder mehrere Personen zugetreten hätten. Es seien heftige Tritte gewesen, mindestens drei, vielleicht auch mehr. Sie könne die Tritte nicht mehr genau beschreiben (a. a. O., S. 5 ff. = Bl. 739 ff. de. beigez. A.).

gg) Der Zeuge A. M. berichtete in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer, dass er sich später in der Jugendherberge mit den Beklagten zu 1) und 2) unterhalten hätte. Diese hätten ihm erzählt, dass sie Männer geschlagen hätten. Auf seine Frage, ob sie

- die Beklagten zu 1) und 2) - mit den Opfern Probleme gehabt oder gar angegriffen worden wären, hätten sie geantwortet, dass es „einfach so“ passiert sei (Strafurteil, S. 77).

Bei seiner Vernehmung durch die Kantonspolizei Zürich am 28.07.2009 hatte der Zeuge angegeben, er sei gegen Mitternacht ins Hotel zurückgekehrt und in das Zimmer von M. - dem Beklagten zu 1) - gegangen. M. und I. (scil.: Z.) seien so aufgedreht gewesen. Er habe gesehen, dass sie die Kleider gewechselt gehabt hätten. M. und I. hätten gesagt, dass sie ungefähr fünf oder sechs Männer verschlagen hätten. Sie sagten auch, dass das „mega-cool“ gewesen sei und wir auch hätten dabei sein sollen (Vernehmungsprotokoll, S. 5 = Bl. 1184 d. beigez. A.).

hh) Die 1. Jugendkammer stützt ihre Feststellungen zur Tat zum Nachteil des Klägers zwar auch auf die Aussage der Zeugin J. C. gibt diese in den Urteilsgründen aber nur dahin wieder, dass die Zeugin nach ihren Angaben im Anblick des Opfers große Angst um dessen Leben gehabt, verzweifelt gewesen sei und geweint habe (Strafurteil, S. 69, 76).

Bei ihrer ersten polizeilichen Vernehmung am 01.07.2009 bekundete die Zeugin, dass sie zusammen mit dem Zeugen B. langsam einer Gruppe hinterher gelaufen sei, die aus den Beklagten zu 1) und 2), I. Z. und K. R. bestanden habe. Dann hätten der Zeuge B. und sie die vor ihnen laufende Gruppe plötzlich nicht mehr gesehen. Als sie um die Ecke eines Gebäudes gelaufen seien, hätten sie am Boden einen älteren Mann gesehen, der aus dem Ohr geblutet habe. Sie hätten nur noch gesehen, wie die Beklagten zu 1) und 2), I. Z. und K. R. davon gerannt seien; sie hätten die vier Jungs nicht bei dem Mann gesehen. Sie habe nicht gesehen, wie die vier Jungs den Mann geschlagen hätten, gehe aber davon aus, dass diese es gewesen seien, weil sie weggerannt seien (Vernehmungsprotokoll, S. 2 = Bl. 54 d. beigez. A.). Die Zeugin berichtet weiter, der Zeuge B. und sie hätten sofort den verletzten älteren Mann gefragt, ob er sie sehen könnte, hätten ihn auf die Seite gelegt und seien dann beiseite getreten, um die anderen Passanten die Erstversorgung durchführen zu lassen und den Notruf anzusetzen (a. a. O.).

Bei ihrer Zeugenvernehmung durch die Kantonspolizei Zürich am 09.07.2009 wurde die Zeugin unter anderem danach befragt, welche Auswirkungen der Alkoholkonsum im Nußbaumpark auf den Beklagten zu 1), den Beklagten zu 2) und I. Z. gehabt habe. Sie gab an, die drei hätten „etwas geschwankt und (...) gelabert“. Sie habe den Eindruck gehabt, dass der Beklagte zu 1) am meisten betrunken gewesen sei (Vernehmungsprotokoll, S. 5 = Bl. 668 d. beigez. A.).

Die Zeugin schilderte, wie der Beklagte zu 1) im Nußbaumpark einen „Penner“ mit der Faust geschlagen und I. z. einen anderen „Penner“, der bereits am Boden gelegen habe, mit dem Fuß gekickt habe. S. (K.t) habe sie dann plötzlich an der Hand genommen und gesagt: „J. wir müssen da weg.“ Sie selbst habe die ganze Zeit nur geschrien: „Hört auf! Was macht ihr da?“ Dann seien sie weggerannt (a. a. O., S. 6 = Bl. 669 d. beigez. A.).

Sie sei dann um eine Ecke gelaufen und stehen geblieben; S. sei weitergelaufen. Sie habe K. - den Zeugen B. - gesehen, wie er dort gestanden sei; es sei ihr so vorgekommen, dass es ihm sehr schlecht ginge. Dann habe sie einen Mann am Boden liegen sehen. K. und sie seien gleichzeitig zu dem Mann hingegangen. Sie habe K. gefragt, was passiert sei, worauf dieser gesagt habe, dass „die anderen“ ihn geschlagen hätten. K. sei völlig verzweifelt gewesen (a. a. O., S. 6 = Bl. 673 d. beigez. A.).

Auf Frage, ob K. gesagt habe, wer den Mann geschlagen habe, gab die Zeugin an, er habe nur gesagt: „Sie haben ihn geschlagen“ {a. a. O., S. 11 = Bl. 674 d. beigez. A.).

Bei ihrer kommissarischen Zeugenvernehmung vor dem Bezirksgericht Meilen am 28.07.2014 gab die Zeugin auf entsprechende Frage an, der Zeuge B. habe ihr gesagt, da liege jemand am Boden und dass es die anderen gewesen seien. Sie wisse nicht, wen der Zeuge B. damit gemeint habe, wohl die anderen, welche mit ihnen zusammen da gewesen seien. Sie selbst habe erst im Nachhinein realisiert, wer es gewesen sei. Der Zeuge B. sei sehr verwirrt gewesen; es sei zu viel für ihn gewesen. Die Zeugin erklärte nochmals, dass sie erst um die Ecke gekommen sei, dann den Zeugen B. angetroffen habe und dann den Mann am Boden habe liegen sehen. Sie könne nicht sagen, was M. diesem angetan habe (Vernehmungsprotokoll, S. 3 = Bl. 178 d. A.).

c) Eine weitergehende Beweisaufnahme ist nicht geboten.

aa) Die in das Bekunden der Zeugen KHK P. und KOK Sch. gestellten Tatsachen unterstellt der Senat als wahr, soweit diese nicht ohnehin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind. Die Richtigkeit der diesbezüglichen Beweisbehauptungen des Beklagten zu 1) ergibt sich bereits aus dem Inhalt der Vernehmungsprotokolle, welche der Senat zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat.

bb) Mit dem Beweismittel des Zeugen D. R. ist der Beklagte zu 1) gemäß § 356 ZPO präkludiert. Unter der angegebenen Anschrift konnte der Zeuge nicht geladen werden. Der Beklagte zu 1) hat innerhalb der ihm mit Beschluss vom 03.05.2016 (Bl. 311/312 d. A.) gesetzten und mit weiterem Beschluss vom 01.06.2016 (Bl. 327/328 d. A.) bis einschließlich 10.06.2016 verlängerten Beibringungsfrist die ladungsfähige Anschrift des Zeugen R. nicht mitgeteilt. Eine Vernehmung des Zeugen im Termin vom 28.06.2016 war deshalb nicht möglich.

cc) Eine wiederholte Vernehmung des Zeugen K. B. gemäß § 398 Abs. ZPO im Wege der Rechtshilfe ist nicht veranlasst.

Eine Verpflichtung zur ergänzenden Vernehmung des Zeugen B. besteht nicht. Keine Partei hat die wiederholte Vernehmung dieses Zeugen beantragt. Der Kläger hat lediglich im Termin die Unerreichbarkeit des Zeugen B. bestritten.

Der Zeuge B. ist ohne Angabe von Gründen zum Termin nicht erschienen, obwohl ihm die Terminsladung durch persönliche Übergabe zugestellt worden war. Da der Zeuge Schweizer Staatsbürger ist, kann sein Erscheinen vor dem Senat nicht erzwungen werden. Eine wiederholte Vernehmung des Zeugen im Wege der Rechtshilfe verspricht keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Bereits bei seiner letzten Vernehmung am 17.06.2014 durch das Bezirksgericht Uster hatte der Zeuge erklärt, dass er am liebsten gar nicht gekommen wäre. In der Sache hatte er sich - in auffälligem Kontrast zu seinen detailreichen Angaben bei seiner Vernehmung durch die Kantonspolizei Zürich am 09.07.2009 und in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer des Landgerichts München - in erheblichem Umfang auf Erinnerungslücken berufen.

d) Aufgrund einer Gesamtwürdigung der im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Beweise - unter ergänzender Berücksichtigung des Inhalts der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Vernehmungsprotokolle - hält es der Senat für erwiesen, dass der Beklagte zu 1) den Kläger zunächst mit der Faust von der Seite ins Gesicht geschlagen und dem dadurch zu Boden gegangenen Kläger im unmittelbaren Anschluss einen äußerst wuchtigen Tritt mit dem Spann oder unteren Schienbein gegen die rechte Gesichtshälfte versetzt hat. Die seitens des Beklagen zu 1) aufgezeigten Widersprüche und Abweichungen der einzelnen Aussagen rechtfertigen keine andere Beurteilung.

aa) Die Angaben des Beklagten zu 2) zum Kerngeschehen sind glaubhaft. Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der Beklagte zu 2) objektiv ein erhebliches Interesse daran hat, seine eigene Beteiligung an der Tat zum Nachteil des Klägers als möglichst geringfügig erscheinen zu lassen. Der Beklagte zu 2) hat allerdings bereits bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung eingeräumt, dass er dem Kläger mit dem Fuß einen Tritt auf den Rücken oder in die Rippen versetzt hatte. Es trifft zu, dass der Beklagte zu 2) erstmals in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer geschildert hat, dass der Beklagte zu 1) dem Kläger ins Gesicht getreten hatte. Der Senat hält es aber für glaubhaft, dass der Beklagte zu 2) bei seinen ersten Aussagen gegenüber der Polizei den Beklagten zu 1), seinen Mitschüler, nicht zu sehr belasten wollte. Eine derartige Motivation wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) von Anfang als denjenigen Täter belastet hatte, der den Kläger mit einem Faustschlag ins Gesicht zu Boden gebracht hatte. Nicht zuletzt für die Strafzumessung war das Ausmaß der vom Beklagten zu 1) am Kläger verübten Gewalt von erheblicher Bedeutung.

bb) In Übereinstimmung mit der 1. Jugendkammer des Landgerichts München I zieht der Senat die Darstellung des Beklagten zu 2) in der Hauptverhandlung auch nicht deshalb in Zweifel, weil dieser bei seiner zweiten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 02.07.2009 nicht ausschließen wollte, dass er den Kläger mit dem von ihm verübten Tritt unbeabsichtigt im Gesicht getroffen haben könnte.

Von dieser Möglichkeit sprach der Beklagte zu 2) erst, nachdem ihn der Vernehmungsbeamte damit konfrontiert hatte, dass ihn ein Augenzeuge als denjenigen Täter identifiziert habe, der das Opfer ins Gesicht getreten habe. Auf diesen Vorhalt hin betonte der Beklagte zu 2) zunächst, dass er sich nicht daran erinnern könne, den Kläger ins Gesicht getreten zu haben. Nach nochmaliger Überlegung wollte er unter dem Eindruck der ihm vorgehaltenen Zeugenaussage nicht mit Sicherheit ausschließen, dass er „da etwas durcheinander gebracht“ habe, also den Kläger im Gesicht getroffen habe und einen anderen Mann in den Rücken. Er konnte aber nicht angeben, welcher andere Mann dann für den Tritt in den Rücken in Frage käme.

Aufgrund der Angaben der unbeteiligten Zeugen H., B. und R. kann der Senat jedoch ausschließen, dass nicht der Beklagte zu 1), sondern der Beklagte zu 2) dem Kläger ins Gesicht getreten hat. Der Zeuge H. hatte aus einer Entfernung von etwa zwei Metern einen Tritt in die Seite des am Boden liegenden Klägers beobachtet, wie ihn der Beklagte zu 2) von Anfang an eingeräumt hat. Hieran konnte sich der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Senat zwar nicht mehr erinnern. Bei sämtlichen vorausgehenden Vernehmungen hatte er aber stets betont, dass der Tritt in die Seite des Opfers von einem anderen Täter ausgeführt worden sei als der vorausgegangene Tritt gegen den Kopf. Auf entsprechende Nachfrage gab der Zeuge an, beide Täter hätten jeweils nur einmal zugetreten. Der Zeuge B. hatte bei seinen früheren Vernehmungen bekundet, dass zwei andere Täter gegen den am Boden liegenden Kläger getreten hätten, nachdem der erste Täter, der den Kläger auch zu Fall gebracht hatte, diesem ins Gesicht getreten hatte. Der Zeuge R. hatte zwar einen Tritt in die linke Seite des Klägers nicht beobachtet; er vermutete jedoch, dass der Kläger auch in diesem Bereich verletzt worden war, weil er sah, wie der Kläger sich schmerzverzerrt mit der Hand dorthin langte.

Die Zeugen H. und B. haben sowohl in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer als auch zuvor bei ihren polizeilichen Vernehmungen übereinstimmend ausgesagt, dass der Tritt ins Gesicht des Opfers von demjenigen Täter ausgeführt worden war, der das Opfer zuvor zu Boden gebracht hatte. Ihre Aussagen unterschieden sich zwar im Detail: Der Zeuge B. hatte einen seitlichen Faustschlag gegen den Kopf des Klägers beobachtet; der Zeuge H., der das Geschehen nach eigenen Angaben zunächst nicht ernst genommen hatte, sprach insoweit von einem „Schubsen“. Beide Zeugen waren sich aber sicher, dass die beiden zeitlich ersten Angriffshandlungen auf den Kläger von ein und derselben Person ausgegangen waren. Bei ihrer Vernehmung vor dem Senat - sieben Jahre nach dem Vorfall - konnten sich die Zeugen nachvollziehbar nicht mehr an die Einzelheiten erinnern; sie gaben jedoch an, dass ihre damaligen Angaben wahr gewesen seien.

cc) Im Einklang mit den Angaben der Zeugen H. und B. steht die Aussage des Zeugen B. vor der 1. Jugendkammer und bei seiner Zeugenvernehmung durch die Kantonspolizei Zürich. Vor allem die letztgenannte Aussage enthält eine Fülle konkreter Details und weist zahlreiche Realitätskennzeichen auf, die für einen unmittelbaren Erlebnisbezug sprechen. Der Zeuge schilderte anschaulich seine Erschütterung über die von seinen Mitschülern verübten Gewalttätigkeiten. Den Tritt des Beklagten zu 1) in das Gesicht des Klägers beschrieb der Zeuge als „irgendwie komisch“; nach seiner Einschätzung hatte der Beklagte zu 1) nicht geplant, den Kläger mit dem Schienbein zu treffen.

Bei seiner kommissarischen Zeugenvernehmung vor dem Bezirksgericht Uster hat der Zeuge B. seine früheren Aussagen zwar erheblich relativiert und behauptet, dass es ihm schwer falle, sich an die damaligen Ereignisse zu erinnern. Die vom Zeugen behaupteten umfassenden Erinnerungslücken sind allerdings nicht glaubhaft, zumal der Zeuge gleichzeitig betonte, wie sehr „diese ganze Angelegenheit' ihn beschäftigt habe. Auffällig erscheint insbesondere, dass der Zeuge gleich zu Beginn seiner Vernehmung seinen Unwillen darüber zum Ausdruck brachte, erneut aussagen zu müssen, und bekundete, dass er am liebsten gar nicht gekommen wäre.

Die Antwort des Zeugen auf die Frage, was der frühere Mitangeklagte Z. im Rahmen des Tatgeschehens zum Nachteil des Klägers gemacht habe, lässt erkennen, dass der Zeuge sich besser an das Geschehen erinnern kann, als er eingeräumt hat: Der Zeuge erklärte, er habe „nur den Schluss des Vorfalls gegen O. gesehen“. Bereits vor der Kantonspolizei Zürich hatte der Zeuge ausgesagt, dass er nur „den Abschluss“ gesehen habe; der Mann sei auf allen Vieren gelegen und habe von M. einen Tritt in das Gesicht bekommen.

Der Senat kann ausschließen, dass der Zeuge B. den ihm persönlich gut bekannten Beklagten zu 1) mit einem anderen Mitschüler verwechselt haben könnte. In der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer hatte der Zeuge erklärt, dass er den Beklagten zu 1) von hinten an dessen aufgegelten Haaren erkannt habe. Bei seiner kommissarischen Zeugenvernehmung vor dem Bezirksgericht Uster stellte der Zeuge diese Identifizierung im Wesentlichen als Schlussfolgerung „aufgrund der vorherigen Geschehnisse“ hin. Gleichzeitig gab er bei der Schilderung seiner Beobachtungen aber an, dass er weder I.(den früheren Mitangeklagten Z.) noch B. (den Beklagten zu 2) gesehen habe.

Dafür, dass die Wahrnehmungsfähigkeit des Zeugen B. aufgrund des vorangegangenen Konsums von Alkohol oder Drogen erheblich eingeschränkt gewesen sein könnte, sind keine belastbaren Anhaltspunkte ersichtlich. Bei seiner Vernehmung vor dem Bezirksgericht Uster hat der Zeuge B. zwar seine behaupteten Erinnerungslücken unter anderem damit zu erklären versucht, dass er an jenem Abend unter Alkoholeinfluss gestanden sei. Diese Behauptung steht aber in einem unvereinbaren Gegensatz zu seiner Aussage vor der Kantonspolizei Zürich am 09.07.2009, dass er „nie wirklich heftig betrunken oder so“ gewesen sei und sich unter Kontrolle gehabt habe (Vernehmungsprotokoll, S. 6 = Bl. 688 d. beigez. A.). Abgesehen davon lässt sich auch die detaillierte und zusammenhängende Schilderung des Tatgeschehens durch den Zeugen bei dieser Vernehmung mit den später behaupteten alkoholbedingten Einschränkungen seines Erinnerungsvermögens nicht vereinbaren.

Der Senat übersieht nicht die Möglichkeit, dass der Zeuge B. versucht haben könnte, mit seinen Aussagen vor der Kantonspolizei Zürich und in der Hauptverhandlung vor der 1. Jugendkammer den Beklagten zu 2) zu decken, mit dem er nach eigenen Angaben zumindest zeitweilig befreundet war. Ein interessegeleitetes Aussageverhalten ist dem Zeugen nicht wesensfremd; bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung hatte er bewusst verschwiegen, dass er die Tat zum Nachteil des Klägers - wie auch das vorausgegangene Geschehen im Nußbaumpark - jedenfalls zum Teil beobachtet hatte. Das anfängliche Verschweigen seiner Beobachtungen kam aber sämtlichen Tatbeteiligten, auch dem Beklagten zu 1), zugute. Gegen eine gezielte Falschbelastung des Beklagten zu 1) spricht insbesondere der Umstand, dass der Zeuge bei keiner seiner früheren Aussagen behauptet hat, dass er auch den Faustschlag beobachtet habe, mit dem der Beklagte zu 1) den Kläger zu Fall gebracht hatte. Vielmehr gab er an, dass er nur den „Abschluss“ des Tatgeschehens zum Nachteil des Klägers gesehen habe. Wenn der Zeuge den Beklagten zu 2) hätte schützen wollen, hätte es im Übrigen grundsätzlich ausgereicht, dessen Tatbeiträge zu verschweigen. Tatsächlich hat der Zeuge B. auch bei keiner Vernehmung bestätigt, dass der Beklagte zu 2) den Kläger in die Seite getreten hatte.

dd) Die Angaben der Zeugin C. bei ihrer kommissarischen Vernehmung vor dem Bezirksgericht Meilen sind nicht geeignet, die Beobachtungen des Zeugen B. in Zweifel zu ziehen. Der Umstand, dass der Zeuge B. gegenüber der Zeugin C. keine konkreten Angaben über den oder die Angreifer gemacht hat, rechtfertigt nicht den seitens des Beklagten zu 1) hieraus gezogenen Schluss, dass der Zeuge B. den Angreifer habe nicht identifizieren können.

ee) Die Identifizierung des Beklagten zu 2) als des Haupttäters, der den Kläger zunächst mit einem Faustschlag ins Gesicht zu Boden gebracht und ihm dann ins Gesicht getreten habe, durch die unbeteiligten Zeugen B. R. und H. war keineswegs so eindeutig, dass dadurch die Glaubhaftigkeit der gegenteiligen Angaben des Zeugen B. erschüttert würde.

(1) Der Zeuge B. hatte bei seiner polizeilichen Vernehmung am 02.07.2009 angegeben, dass der Haupttäter eine Baseballmütze aufgehabt habe. Der Beklagte zu 2) hatte an jenem Abend eine Baseballmütze dabei. Der Zeuge R., der das Tatgeschehen zum Nachteil des Klägers aus einer Entfernung von etwa drei bis vier Metern beobachtet hatte, gab dagegen bei seiner zweiten polizeilichen Vernehmung am 02.07.2009 auf entsprechende Nachfrage an, dass der Täter keine Kopfbedeckung, weder einen Hut noch eine Kappe, aufgehabt habe. Für die Richtigkeit dieser Angabe spricht die Angabe des Zeugen B. vor der 1. Jugendkammer, dass er den Beklagten zu 1) von hinten an dessen aufgegeben Haaren erkannt habe. Der Senat hält es für naheliegend, dass der Zeuge B. insoweit die Beklagten zu 1) und 2), die beide in kurzem zeitlichen Abstand einen Tritt gegen den Kläger geführt hatten, miteinander verwechselt und die vom Beklagten zu 2) getragene Baseballmütze irrtümlich mit dem Haupttäter in Verbindung gebracht hat. Für diese Möglichkeit spricht auch der Umstand, dass der Zeuge B. bei seiner Vernehmung vor dem Senat davon sprach, dass „die Männer vor der Vernehmung die Mützen getauscht“ hätten. Außerdem stellte der Zeuge B. bei seiner Vernehmung vor dem Senat klar, dass er bei der Tat zum Nachteil des Klägers den Schläger nicht so genau gesehen habe. Bei der - zeitlich nachfolgenden - Tat zum Nachteil des „Studenten“ (des weiteren Geschädigten Di.) sei er nur fünf Meter entfernt gewesen und habe den Täter genau gesehen und erkannt. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 02.07.2009 hatte der Zeuge seine Entfernung bei der Tat zum Nachteil des weiteren Geschädigten Di. dagegen mit 10 bis 20 Metern angegeben. Der Senat hält deshalb die Angaben des Zeugen R. für zutreffend.

(2) Es trifft zu, dass der Zeuge B. den Beklagten zu 2) auf einer Wahllichtbildvorlage mit acht Farbfotografien als den Täter erkannt hatte, der die Baseballmütze aufgehabt, getreten und geschlagen habe. Die Bedeutung dieses Umstandes wird allerdings dadurch relativiert, dass der Zeuge zuvor auf entsprechende Frage ausschließen wollte, dass er die beiden Täter, welche den Kläger verletzt hatten, auf einer Wahllichtbildvorlage oder bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen werde; er habe die Gesichter nicht richtig sehen können, da er zu weit weg gewesen sei. Die Identifizierung des Beklagten zu 2) als des Täters mit der Baseballmütze beruhte vielmehr auf seiner Beobachtung des zeitlich nachfolgenden Angriffs auf den weiteren Geschädigten Di.

(3) Der Zeuge H. hatte bei seiner polizeilichen Vernehmung am 02.07.2009 angegeben, dass der erste Täter, der gegen den Kopf des Klägers getreten habe, weiße Schuhe getragen habe, was auf den Beklagten zu 2) zuträfe, während der Beklagte zu 1) an jenem Abend schwarze Turnschuhe getragen hatte. Der Zusatz „das(s) weiß ich nicht“, mit dem der Zeuge diese Aussage verbunden hat, lässt aber erkennen, dass der Zeuge H. sich bereits damals diesbezüglich nicht sicher gewesen ist. Der Senat hält es für naheliegend, dass der Zeuge, der sowohl den vom ersten Täter ausgeführten Tritt gegen den Kopf des Klägers als auch den unmittelbar nachfolgenden Tritt des zweiten Täters in die Nierengegend aus einer Entfernung von etwa zwei Metern beobachtet hatte, die Fußbekleidung des zweiten Täters vor Augen hatte und diese versehentlich mit dem ersten Täter in Verbindung brachte.

(4) Der Zeuge R. hatte nach Vorlage mehrerer Wahllichtbildvorlagen den Beklagten zu 2) als denjenigen identifiziert, der „zugetreten“ hatte. Er schränkte die Identifizierung aber dahin ein, dass der Täter die Haare irgendwie etwas anders getragen habe, irgendwie aufgegelt. Die Protokollierung seiner Aussage lässt außerdem erkennen, dass die Identifizierung nicht frei von, schlussfolgernden Elementen war. Der Zeuge orientierte sich an seiner Erinnerung, dass der Täter „markante Gesichtszüge“ gehabt habe, und schloss deshalb die anderen abgebildeten Personen wegen ihrer „weiche(n), teilweise bubihafte(n) Gesichtszüge“ aus. Bei der ersten Wahllichtbildvorlage (TVC-Nr. 20443896) hatte der Zeuge allerdings noch erklärt, dass der mit der Nummer 2 oder mit der Nummer 6 als derjenige, der zugetreten habe, in Frage komme. An Position 2 befindet sich eine Aufnahme des Beklagten zu 1). Unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Beklagte zu 2) nach eigenen Angaben an der Tat zum Nachteil des Klägers beteiligt hatte, stehen die Angaben des Zeugen R. einer Identifizierung des Beklagten zu 1) als desjenigen Täters, der den Kläger zunächst mit einem Faustschlag ins Gesicht zu Boden gebracht und ihm sodann ins Gesicht getreten hat, nicht entgegen.

2. Das dem Kläger vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld von 80.000,00 € ist im Hinblick auf die Brutalität der Tat und der Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen allerdings deutlich zu gering. Nach Auffassung des Senats ist ein Schmerzensgeld von 120.000,00 € erforderlich, aber auch ausreichend.

a) Der Anspruch auf Schmerzensgeld soll den immateriellen Schaden des Verletzten angemessen ausgleichen. Dabei kommt dem Schmerzensgeld eine doppelte Funktion zu: Zum einen soll der Verletzte einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten; das Schmerzensgeld soll ihn in die Lage versetzen, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen,' welche die erlittenen Beeinträchtigung jedenfalls teilweise ausgleichen. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten Genugtuung für das verschaffen, was der Schädiger ihm angetan hat. Diese Genugtuungsfunktion ist jedenfalls bei vorsätzlichen Taten auch nach der Reform des Schmerzensgeldanspruchs anzuerkennen (Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 253 Rn. 4 m. w. N.).

Die Bemessung des Schmerzensgeldes hat unter umfassender Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Dabei kommt dem Gedanken, dass - vorbehaltlich der Genugtuungsfunktion - für vergleichbare Verletzungen ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 19.12.1969 - VI ZR 111/68, Rn. 13 f., sämtliche Entscheidungen, falls nicht anders angegeben, zitiert nach juris, abgedruckt VersR 1970,281).

Als Bemessungsfaktoren kommen auf Seiten des Verletzten insbesondere das Ausmaß und die Schwere der Verletzung und der Schmerzen, die Einbuße an personaler Würde, die Belastung durch Operationen und andere Behandlungsmaßnahmen, die Dauer einer stationären Behandlung, das Verbleiben dauerhafter gesundheitlicher Beeinträchtigungen und die Ungewissheit einer endgültigen Heilung und die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit in Betracht. Auf Seiten des Schädigers sind schmerzensgelderhöhend ein vorsätzliches Verhalten oder eine besonders brutale Ausführung der Tat zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers spielen für die Bemessung des Schmerzensgeldes dagegen grundsätzlich keine Rolle. Besteht kein Versicherungsschutz, können schlechte Vermögensverhältnisse des Schädigers eine maßvolle Reduzierung des Schmerzensgeldes rechtfertigen. Fehlende Leistungsfähigkeit darf aber vor allem bei Vorsatztaten nicht dazu führen, dass das dem Verletzten keine oder nur eine symbolische Entschädigung zuerkannt wird. (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 253 Rn. 15 ff. m. w. N.).

b) Im vorliegenden Fall erscheint ein Schmerzensgeld von 120.000,00 € angemessen.

aa) Die vom Landgericht festgestellten schweren Verletzungen des Klägers sind als solche unstreitig. Infolge des tätlichen Angriffs vom 30.06.2009 erlitt der Kläger unter anderem einen Abbruch des Gesichtsschädels vom Hirnschädel, verbunden mit einer Dislokation der gesamten Gesichts hallte, und ein Schädel-Hirn-Trauma 2. Grades.

Der Kläger musste sich bislang drei Operationen unterziehen: Am 07.07.2009 wurde im Rahmen einer fünfstündigen Operation das Gesicht des Klägers wieder hergestellt; zu dessen Fixierung wurden unter anderem acht Titanplatten und Drahtbogenkunststoffschienen eingebracht. Die eingebrachten Fremdmaterialien wurden am 02.02.2010 in einer weiteren mehrstündigen Operation wieder entnommen. Zuvor war der Kläger zur teilweisen Wiederherstellung seines Hörvermögens am 05.01.2010 in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf operiert worden, wobei am linken Ohr dauerhaft ein Implantat eingesetzt wurde. Zur Wiederherstellung und Korrektur des Bisses musste sich der Kläger in den Jahren 2010 und 2011 mehreren Zahnbehandlungen unterziehen.

Die Feststeilungen des Landgerichts, dass der Kläger aufgrund seiner Verletzungen unter „massivsten Gesichtsschmerzen“ gelitten habe, fünf Tage unter einer Kühlmaske verbringen musste, für die Dauer von mehr als acht Wochen keine feste Nahrung zu sich nehmen konnte und wegen der unerträglichen Schmerzen für längere Zeit gezwungen war, Schmerzmittel einzunehmen, werden mit der Berufung nicht angegriffen.

bb) Mit einer vollständigen Wiederherstellung der Gesundheit des Klägers ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu rechnen.

Als verbleibenden Dauerschaden attestiert Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. J. Sch. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 06.03.2015 (Bl. 210/211 d. A.) dem Kläger eine linksseitige geringgradige kombinierte Schwerhörigkeit mit einem Hörverlust von 15%. Der Zeuge bestätigt, dass es aufgrund des durch die Gewalteinwirkung verursachten Nasenbeinbruchs zu einer deutlichen Verschlimmerung der Nasenatmungsbehinderung gekommen ist. Allerdings lag beim Kläger bereits vor den Verletzungshandlungen eine durch eine Septumdeviation bedingte Schiefnase vor. Die Nasenatmungsbehinderung könnte nach Ansicht des Zeugen im Rahmen einer Septorhinoplastik behoben werden. Dieser Befund wird vom Beklagten zu 1) nicht in Zweifel gezogen.

Der Neurologe Prof. Dr. Dr. H. H. kommt in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 23.03.2015 (Bl. 214/218 d. A.) zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass der Kläger neben Spannungskopfschmerzen, Hör- und Gleichgewichtsstörungen unter neuropsychologischen und kognitiven Störungen leidet, von denen er sich zwar partiell erholt hat, die seine Leistungsfähigkeit aber nachhaltig negativ beeinflussen und unter denen der Kläger immer noch erheblich leidet.

Diesem Befund kann der Beklagte zu 1) nicht entgegenhalten, dass sich der Kläger bei einer klinisch-neurologischen Untersuchung am 18.08.2009 weitgehend unauffällig gezeigt und bei einer neuropsychologischen Testung am 26.08.2009 in mehreren Untertests durchschnittliche Leistungen erzielt hat. Prof. Dr. Dr. H. betont vielmehr, dass das prämorbide Niveau des Klägers deutlich überdurchschnittlich gewesen sein dürfte, was sich in der später zu verzeichnenden Erfolgskurve auch tatsächlich bestätigt hat. Der Beklagte zu 1) blendet auch aus, dass sich bei der Testung am 26.08.2009 Auffälligkeiten in der selektiven Aufmerksamkeit und der Wortflüssigkeit zeigten.

Der Zeuge Prof. Dr. Dr. H. bestätigt, dass der Kläger von Anfang an darüber geklagt hat, dass er sich bei weitem nicht mehr so gut wie früher in englischer Sprache artikulieren könne und auf die ständige Verwendung von Techniken zur Unterstützung des Gedächtnisses angewiesen sei. Die vom Kläger beklagten Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses bezeichnet der sachverständige Zeuge als offensichtlich (Stellungnahme, S. 3 = Bl. 216). Diese Ausführungen erschöpfen sich entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) nicht in einer Wiedergabe von Beschwerden des Klägers; vielmehr gibt der Zeuge damit auch das Ergebnis seiner Anamnese als behandelnder Arzt wieder. Die vom Kläger geklagten Angstzustände gegenüber Gruppen und im Dunkeln hält der Zeuge für nachvollziehbar; dem schließt sich der Senat an.

Prof. Dr. Dr. N. K. hat in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 19.02.2010 (Bl. 207 d. A.) die Behauptungen des Klägers, dass noch eine Operation ausstehe, bei der eine Hautentnahme geplant sei, nicht bestätigt.

Mit der beantragten weiteren Beweiserhebung zu den behaupteten Dauerfolgen ist der Kläger gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO präkludiert. Das Landgericht hatte dem Kläger mit Verfügung vom 20.04.2015 (Bl. 219 f. d. A.) eine Stellungnahmefrist von vier Wochen zu den schriftlichen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte gesetzt. Auf Antrag des Klägers wurde die Stellungnahmefrist bis 11.06.2015 verlängert (Bl. 223 d. A.). Mit Schriftsatz vom 11.06.2015 (Bl. 229 d. A.), eingegangen am selben Tage, teilte der Kläger mit, dass eine Stellungnahme zu den schriftlichen Zeugenaussagen nicht veranlasst sei.

cc) In einem vom Kläger erwähnten, hinsichtlich der Verletzungsfolgen grundsätzlich vergleichbaren Fall hat das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 17.02.2012 (Az.: 5 O 32/09) ein Schmerzensgeld von 90.000,00 € zuerkannt. Der Geschädigte, ein 20jähriger Medizinstudent, hatte infolge eines Verkehrsunfalls ein Schädel-Hirn-Trauma mit Kontusionsblutung, einen Tinnitus, eine Kopfplatzwunde, eine Schulterprellung und multiple Schürfwunden erlitten. Es war eine stationäre Behandlung von sechs Tagen Dauer erforderlich; für ca. acht Wochen bestand Arbeitsunfähigkeit. Als Dauerschäden blieben kognitive Beeinträchtigungen, eine erhebliche Konzentrationsschwäche und Leistungseinbußen sowie starke Kopfschmerzen mit migräneartigem Auftreten zurück. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das Landgericht Karlsruhe, dass der Unfallgegner eine Blutalkoholkonzentration von 1,7 Promille hatte und sich von der Unfallstelle entfernte.

Die Verletzungen, die der Kläger bei dem tätlichen Angriff vom 30.06.2009 erlitten hat, sind bereits als deutlich schwerer einzuordnen. Schmerzensgeld erhöhend wirkt sich vor allem der Umstand aus, dass der Beklagte zu 1) den ihm völlig unbekannten Kläger ohne jeden Anlass hinterrücks überfallen und ihm, als dieser bereits wehrlos am Boden lag, mit überaus großer Brutalität schwerste Verletzungen zugefügt hat. Die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger durch die ihm zugefügten Verletzungen in abstrakter Lebensgefahr geraten ist, hat der Beklagte zu 1) nicht angegriffen. Dahinstehen kann, ob die Feststellung des Landgerichts, dass der Beklagte zu 1) „allein aus Spaß“ gehandelt habe, auf einer tragfähigen Grundlage beruht. Selbst wenn der Beklagte zu 1) über den vorausgegangenen Verlust seines Portemonnaies aufgebracht gewesen sein sollte, hätte er jedenfalls seiner Aggression gegenüber dem völlig unbeteiligten Kläger freien Lauf gelassen.

Die Alkoholisierung des Beklagten zu 1) zum Tatzeitpunkt rechtfertigt keine Minderung des Schmerzensgeldes. Die 1. Jugendkammer hat eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Beklagten zu 1) im Sinne von §§ 21,20 StGB ausgeschlossen (Strafurteil, S. 42) und dies nachvollziehbar insbesondere mit dem von Zeugen beschriebenen Nachtatverhalten begründet (a. a. O., S. 91). Der Beklagte zu 2) gab in der Hauptverhandlung an, dass sie alle nach der Tat in der Jugendherberge ihre Kleidung gewechselt hätten, weil Passanten sie bei den Taten beobachtet hätten (a. a. O., S. 87). Dies steht im Einklang mit der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Aussage des Zeugen Mujic bei seiner Vernehmung durch die Kantonspolizei Zürich am 28.07.2009, dem in der Tatnacht aufgefallen war, dass unter anderem der Beklagte zu 1) die Kleider gewechselt hatte (Vernehmungsprotokoll, S. 5 = Bl. 1184 d. beigez. A.).

Angesichts der überaus großen Brutalität der ohne jeden Anlass begangenen vorsätzlichen Tat zum Nachteil des Klägers, die nach dem rechtskräftigen Strafurteil der 1. Jugendkammer vom 22.11.2010 (Az.: J KLs 122 Js 11360/09) den Straftatbestand des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verwirklicht hat, sieht der Senat für eine Reduzierung des an sich angemessenen Schmerzensgeldes wegen derzeit schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse des Beklagten zu 1) keinen Raum.

c) In Höhe eines Teilbetrages von 40.000,00 € haftet der Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 2), der sich wegen der streitgegenständlichen Tat vergleichsweise zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Kläger in dieser Höhe verpflichtet hat. Die samtverbindliche Haftung der beiden Beklagten muss in der Fassung des Urteilstenors zum Ausdruck kommen, weil der Kläger mit der Klage beide Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch genommen hat.

d) Der Beklagte zu 1) hat das dem Kläger zuerkannte Schmerzensgeld ab 26.02.2010 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB).

Mit Schreiben vom 03.02.2010 (Anlage K 1), gerichtet an die Eltern des damals noch minderjährigen Beklagten zu 1), hatte der Kläger diesem eine Zahlungsfrist bis 25.02.2010 gesetzt. Die Fristsetzung gegenüber seinen gesetzlichen Vertretern muss der Beklagte zu 1) gegen sich gelten lassen. Mit Ablauf der Zahlungsfrist ist er in Verzug geraten.

Entgegen der Ansicht des Klägers beginnt die Verzinsungspflicht nicht bereits mit dem 25.02.2010. Die Fristsetzung im Schreiben vom 03.02.2010 ist dahin auszulegen, dass eine Zahlung am 25.02.2010 noch fristgerecht gewesen wäre (§ 188 Abs. 1 BGB). Zinsbeginn ist somit der 26.02.2010.

3. Zu Recht hat das Landgericht daneben die Feststellung getroffen, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftig - also nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz entstehenden - materiellen Schaden infolge des tätlichen Angriffs vom 30.06.2009 zu ersetzen, soweit die Ansprüche des Klägers nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergehen.

a) Das erforderliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO ist zu bejahen. Insbesondere wenn ein absolut geschütztes Rechtsgut - wie im vorliegenden Fall die Gesundheit - bereits verletzt ist, genügt es, wenn die spätere Verwirklichung eines weiteren Schadens in absehbarer Zeit nach der Art der Verletzung möglich erscheint und nicht gerade fernliegt (BGH, Urteil vom 15.10.1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 653 m. w. N.). Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des

Landgerichts ist die berufliche Zukunft des Klägers aufgrund der voraussichtlich dauerhaften Einschränkungen seiner kognitiven Leistungsfähigkeit ungewiss. Die Verwirklichung eines weiteren Schadens in Form einer durch den tätlichen Angriff vom 30.06.2009 kausal verursachten Einkommensminderung erscheint daher als möglich und nicht fernliegend.

b) Das Landgericht hat den Beklagten zu 1) unter Ziffer 2 des Urteilstenors dazu verurteilt, dem Kläger „künftig entstehende materielle Schäden aus dem tätlichen Angriff vom 30.06.2009“ zu ersetzen; damit werden alle materiellen Schäden erfasst, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstehen. Diese Feststellung steht im Einklang mit dem erstinstanzlich gesteiften Feststellungsantrag, der sich ausdrücklich auf den weiteren materiellen und immateriellen Schaden bezog, der „dem Kläger noch entstehen wird“.

Mit seinem Berufungsantrag zu Ziffer II begehrt der Kläger dagegen dem Wortlaut nach auch die Feststellung, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihm jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Angriff vom 30.06.2009 „entstanden ist“. Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser geänderten Formulierung eine Klageerweiterung beabsichtigt ist, sind jedoch nicht ersichtlich. Der Kläger trägt nicht vor, dass ihm derzeit bereits ein materieller Schaden entstanden ist, den er gegen den Beklagten zu 1) geltend macht, in dem am 25.04.2013 abgeschlossenen, vom Beklagten zu 1) später widerrufenen Prozessvergleich hatte der Kläger unter Ziffer III ausdrücklich klargestellt, dass er für den Zeitraum vor dem 25.04.2013 gegen die Beklagten keine Schadensersatzansprüche erhebe, soweit solche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen seien.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers stellt es keinen Rechtsfehler dar, dass das Landgericht die Verpflichtung des Beklagten zu 1) dahin eingeschränkt hat, dass diejenigen Ansprüche des Klägers nicht umfasst seien, die auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen seien. Diese Einschränkung trägt vielmehr dem gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 116 SGB X Rechnung. Der Forderungsübergang vollzieht sich kraft Gesetzes im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, sofern ein SoziaIversicherungsverhältnis besteht und eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers nicht völlig unwahrscheinlich ist (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., Vor § 249 Rn. 120 f. m. w. N.). Für eine Geltendmachung der von der cessio legis umfassten Ansprüche gegen den Schädiger fehlt dem Geschädigten daher von vornherein die Aktivlegitimation,

4. Soweit das Landgericht den Feststellungsantrag hinsichtlich des zukünftigen immateriellen Schadens des Klägers abgewiesen hat, kann das angefochtene Urteil dagegen keinen Bestand haben.

a) Hinsichtlich des erforderlichen Feststellungsinteresses des Klägers im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die obigen Ausführungen unter Ziffer 3 lit. a verwiesen werden.

b) Das Landgericht hat den Feststellungsantrag insoweit abgewiesen, weit die Möglichkeit einer künftigen Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer, bislang nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden nicht dargetan sei. Damit hat es die Anforderungen an die dem Kläger obliegende Darlegungslast überspannt.

Der Schmerzensgeldanspruch ist ein einheitlicher Anspruch; er kann nicht willkürlich in mehrere Teilbeträge - etwa nach Zeitabschnitten - zerlegt werden (Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 253 Rn. 23). Vielmehr werden mit dem auf eine unbeschränkte Klage hin insgesamt zuzuerkennenden Schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv voraussehbaren künftigen Verletzungsfolgen abgegolten. Nicht erfasst werden solche Verletzungsfolgen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, das heißt, mit denen nicht oder nicht ernstlich zu rechnen war (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2003 - III ZR 342/02, NJW 2004,1241,1244).

Gerade weil die Feststellung der Einstandspflicht für künftige immaterielle Schäden nur im Hinblick auf Verletzungsfolgen in Betracht kommt, deren Eintritt im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung objektiv nicht vorhersehbar ist, sind an den diesbezüglichen Sachvortrag des Geschädigten keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass derartige Verletzungsfolgen möglich erscheinen, was im vorliegenden Fall allein aufgrund der Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen zu bejahen ist. Im Übrigen steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Kläger eine ihm empfohlene weitere Operation in Form einer Septorhinoplastik zur Behebung der Nasenatmungsbehinderung bislang nicht hat durchführen lassen.

III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

a) Der Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 25.04.2013 (Bl. 93 d. A.) den Streitwert für die erste Instanz auf 300.000,00 € festgesetzt. Dies erscheint zutreffend. Zur näheren Begründung wird auf den Streitwertbeschluss des Senats vom 02.08.2016 Bezug genommen, mit dem der Senat den Streitwert für das Berufungsverfahren ebenfalls auf 300.000,00 € festgesetzt hat.

aa) Der Entscheidung über die in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten ist allerdings ein fiktiver Streitwert von 600.000,00 € (2x 300.000,00 €) zugrunde zu legen, weil der Kläger beide Beklagten in identischem Umfang als Gesamtschuldner in Anspruch genommen hat. in Bezug auf diesen fiktiven Gesamtstreitwert unterliegt der Kläger im Gesamtumfang von 270.000,00 € (80.000,00 € + 160.000,00 € + 30.000,00 €), was einer Quote von 45% entspricht. Der Beklagte zu 1) unterliegt im Umfang von 220.000,00 € (120.000,00 € + 70.000,00 € + 30.000,00 €) und der Beklagte zu 2) im Umfang von 110.000,00 € (40.000,00 € + 70.000,00 €). Da die Beklagten im Umfang von 110.000,00 € samtverbindlich haften, haben sie samtverbindlich 37% der Gerichtskosten zu tragen, der Beklagte zu 1) darüber hinaus weitere 18%.

bb) Der im Termin vom 25.04.2013 abgeschlossene Prozessvergleich ist für die Kostenentscheidung nur insoweit maßgeblich, als dadurch eine Erstattung außergerichtlicher Kosten im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) ausgeschlossen wird. Der in der vereinbarten Kostenaufhebung zugleich enthaltenen Regelung über die Tragung der Gerichtskosten (vgl. § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist dagegen durch den Widerruf des Vergleichs seitens des Beklagten zu 1) die Grundlage entzogen worden.

cc) Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz sind nach demselben Verhältnis zu verteilen wie die Gerichts kosten, weil der Kläger an sämtlichen Prozessrechtsverhältnissen beteiligt ist. Der Beklagte zu 1) hat dem Kläger deshalb 37% der diesem entstandenen außergerichtlichen Kosten zu ersetzen.

dd) Für die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) ist dagegen das beiderseitige Unterliegen in diesem Prozessrechtsverhältnis maßgeblich. Bezogen auf den Streitwert von 300.000,00 € unterliegt der Kläger mit einem Betrag von 80.000,00 €, was einer Quote von 27% entspricht.

b) In Bezug auf den Streitwert des Berufungsverfahrens von 300.000,00 € unterliegt der Beklagte zu 1) im Umfang von 220.000,00 €, weshalb er 73% der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10 Satz 1,§ 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Bejahung der Passivlegitimation des Beklagten zu 1) und die Bemessung des Schmerzensgeldes beruhen jeweils auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Aug. 2016 - 18 U 3489/15

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Aug. 2016 - 18 U 3489/15

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Aug. 2016 - 18 U 3489/15 zitiert 31 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


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(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 116 Ansprüche gegen Schadenersatzpflichtige


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 421 Gesamtschuldner


Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von j

Zivilprozessordnung - ZPO | § 415 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen


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(1) Andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. (2) Dies gilt insbesondere von der Kündi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 417 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung


Die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden begründen vollen Beweis ihres Inhalts.

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Steht der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen, so ist durch Beschluss eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf das Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts dadurch

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Oberlandesgericht München Endurteil, 02. Aug. 2016 - 18 U 3489/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2003 - III ZR 342/02

bei uns veröffentlicht am 09.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 342/02 Verkündet am: 9. Oktober 2003 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja (zu Ziff. II) BGHR: ja B

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

Die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden begründen vollen Beweis ihres Inhalts.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

Steht der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen, so ist durch Beschluss eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf das Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

(1) Andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten.

(2) Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzug, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Neubeginn, Hemmung und Ablaufhemmung, von der Vereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urteil.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Steht der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen, so ist durch Beschluss eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf das Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 342/02
Verkündet am:
9. Oktober 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu Ziff. II)
BGHR: ja
BGB § 839 (H, K); EG-Vertrag Art. 288

a) Unter den Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB tritt auch eine Ersatzpflicht
nach dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht
ein.

b) Läßt sich nicht feststellen, daß ein Antrag des Geschädigten nach § 80
Abs. 5 VwGO Erfolg gehabt hätte, die aufschiebende Wirkung eines Gebührenbescheids
anzuordnen (hier Gebührenerhebung für Fleischuntersuchungen
oberhalb der in der Entscheidung des Rates vom 15. Juni
1988 - 88/408/EWG - vorgesehenen Pauschalbeträge), kann die Ersatzpflicht
für einen durch den Sofortvollzug eingetretenen Zinsschaden nicht
mit der Begründung verneint werden, der Geschädigte habe die Einlegung
eines solchen Rechtsmittels unterlassen (Fortführung des Senatsurteils
vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924).
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. September 2002 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe eines Betrages von 78.351,41 DM (= 40.060,44 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin ihres während des Rechtsstreits verstorbenen Ehemanns die beklagte Gemeinde auf Ersatz eines in der Zeit vom 2. April 1991 bis 9. Dezember 1997 erlittenen Zinsschadens in geltend gemachter Höhe von 84.837,65 DM in Anspruch. Dieser beruht darauf, daß die Beklagte im Zeitraum von Januar 1991 bis Dezember 1992 für Fleisch-
untersuchungen Gebühren erhoben hatte, die um insgesamt 156.079,48 DM über den nach der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch - 85/73/EWG - (ABlEG Nr. L 32/14) und der zu ihrer Ausführung ergangenen Entscheidung des Rates vom 15. Juni 1988 - 88/408/EWG - (ABlEG Nr. L 194/24) vorgesehenen Pauschalbeträgen lagen. Der Ehemann hatte die von ihm geforderten Gebühren ungeachtet der von ihm eingelegten Widersprüche gegen die Bescheide gezahlt. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 1997 wurden die Gebührenbescheide, soweit sie die EG-Pauschalbeträge überschritten, aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, einen überzahlten Betrag von 150.056,18 DM nebst 4 % (Prozeß-)Zinsen an den Ehemann der Klägerin zu zahlen. Die Beklagte zahlte diesen Betrag und Zinsen in Höhe von 15.155,67 DM am 10. Dezember 1997. Die aus der Inanspruchnahme von Bankkredit folgenden höheren Zinsen sind Gegenstand der Klage.
Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der Art. 189, 215 des EWG-Vertrags in Höhe von 69.837,10 DM zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Ehemannes der Klägerin hat das Berufungsgericht im ersten Berufungsurteil der Klage in Höhe von insgesamt 78.351,41 DM entsprochen; die Berufung der Beklagten und die weitergehende Berufung des Ehemannes der Klägerin hat es zurückgewiesen. Der Senat hat auf die Revision der Beklagten durch Urteil vom 14. Dezember 2000 (BGHZ 146, 153) das Berufungsurteil aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Er hat entschieden, das dem einzelnen durch die in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen verliehene Recht
stehe unter dem einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglichen Vorbehalt (vgl. Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG), daß die Mitgliedstaaten , in denen die Lohnkosten, die Struktur der Betriebe und das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern von dem für die Berechnung der Pauschalbeträge zugrunde gelegten Gemeinschaftsdurchschnitt abweichen , die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten senken bzw. anheben dürften. Lägen diese Abweichungsvoraussetzungen - was noch ungeprüft sei - vor, sei ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch nicht gegeben. Soweit wegen der rechtswidrigen Gebührenbescheide Amtshaftungsansprüche in Betracht kämen, bedürfe die Frage der weiteren Klärung, ob den Amtswaltern der Beklagten ein Verschulden zur Last falle.
Das Berufungsgericht hat im zweiten Berufungsurteil die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch und einen Amtshaftungsanspruch verneint und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Klägerin ist überwiegend begründet; in diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.



1. Das Berufungsgericht verneint einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch , weil die Voraussetzungen, unter denen von den EG-Pau- schalbeträgen für Fleischuntersuchungen abgewichen werden konnte, in den Jahren 1991 und 1992 in der Bundesrepublik vorgelegen hätten. Die Beklagte habe nämlich substantiiert vorgetragen und durch Zahlenmaterial hinreichend belegt, daß die Lohnkosten der Tierärzte in der Bundesrepublik höher gelegen hätten als diejenigen, die der Rat der Berechnung der Pauschalbeträge zugrunde gelegt habe. Auch das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern weiche erheblich von dem Gemeinschaftsdurchschnitt ab, wie die detaillierte Berechnung in Anlage 1c des von der Beklagten vorgelegten Ergebnisprotokolls vom 9. Oktober 1997 der Sitzung der Arbeitsgruppe "Gebühren" des Ausschusses für Fleischhygiene der Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Veterinärbeamten der Länder zeige, das Grundlage für die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Oktober 1997 (Bundesanzeiger Nr. 204 vom 31. Oktober 1997, S. 13298) gewesen sei. Schließlich habe die Beklagte substantiiert die Strukturen der Schlachtbetriebe in Deutschland dargestellt, in denen nur zu einem sehr kleinen Teil die Zahlen von Schlachttieren jährlich anfielen, wie sie bei der Berechnung der Pauschalgebühren berücksichtigt worden seien. Die Klägerin habe sich hiermit nicht näher auseinandergesetzt und die vom Bundesministerium für Gesundheit am 24. Oktober 1997 bekannt gemachten und im Vortrag der Beklagten übernommenen Vergleichswerte nicht hinreichend bestritten, so daß sie als unstreitig zugrunde zu legen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Verfahrensrügen der Revision nicht stand. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, hat die Klägerin mit verschiedenen
Erwägungen bezweifelt und bestritten, daß die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Pauschalgebühren in den Jahren 1991 und 1992 vorgelegen hätten. Unter diesen Umständen war es Sache des Berufungsgerichts, sich im Wege einer förmlichen Beweisaufnahme die erforderliche Gewißheit zu verschaffen. Von einem unstreitigen Sachverhalt durfte das Berufungsgericht nicht ausgehen.

a) Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Pauschalgebühren vorlagen, ist nach dem Senatsurteil vom 14. Dezember 2000 entscheidend dafür, ob sich die Klägerin auf die gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträge berufen kann und ob ihr im Ergebnis eine Rechtsstellung verliehen ist, deren Verletzung einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann (vgl. BGHZ 146, 153, 161 f). Durfte die Beklagte nämlich - gemessen an den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften - von den Pauschalgebühren abweichen, steht der Klägerin ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch nicht zu.

b) Ungeachtet dieser Ausgangslage ist die Klägerin jedoch nicht mit der Pflicht belastet, zur Begründung des geltend gemachten Staatshaftungsanspruchs in qualifizierter Weise darzulegen und im Streitfall den Nachweis zu führen, daß es in der Bundesrepublik am Vorliegen der Abweichungsvoraussetzungen gefehlt habe. Eine solche Betrachtung ließe außer acht, daß in der Ratsentscheidung 88/408/EWG mit Wirkung ab 31. Dezember 1990 eine unmittelbar wirksame gemeinschaftsrechtliche Bestimmung vorlag, die im Grundsatz die Anwendung der Gebührenregelung über die durchschnittlichen Pauschalbeträge von der Beklagten verlangte. Wie der Senat bereits entschieden hat, war die Heranziehung des Ehemannes der Klägerin zu den über die EG-
Pauschalbeträge hinausgehenden Gebühren rechtswidrig, weil die innerstaatlichen Voraussetzungen für eine solche Gebührenerhebung im Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Bescheide nicht geschaffen waren (BGHZ 146, 153, 156 f); sie verstieß zugleich gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht (aaO S. 158). Unter diesen Umständen steht es zur Last der öffentlichen Hand, der auch die Beklagte auf gemeindlicher Ebene zuzurechnen ist, das Vorliegen der Abweichungsvoraussetzungen - wie bei einer entsprechenden Gebührenerhebung selbst - darzulegen und im Streitfall nachzuweisen. Es würde eine nicht hinnehmbare Verkürzung der Rechtsstellung des von den in Rede stehenden Gemeinschaftsrechtsakten betroffenen einzelnen darstellen, wenn er den Inhalt der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Oktober 1997 ohne weiteres hinnehmen müßte oder in anderer Weise gehalten wäre, sich in bezug auf die Abweichungsvoraussetzungen zu Elementen der Rechtsanwendung substantiiert zu äußern, die in klassischer Weise mit der Frage verknüpft sind, ob die öffentliche Hand in dem ihr eigenen hoheitlichen Bereich berechtigt ist, Gebühren in einer die EG-Pauschalbeträge überschreitenden Höhe zu erheben. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die in der Ratsentscheidung vorgesehene Möglichkeit einer Abweichung von den Pauschalgebühren einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist (Urteil vom 10. November 1992 - Rs. C-156/91 - "Hansa Fleisch", Slg. 1992, I-5589, 5594 f = NJW 1993, 315 f Tz. 14-17). Es wäre mit der dem einzelnen grundsätzlich verliehenen Rechtsstellung und der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts unvereinbar, wenn die gerichtliche Nachprüfung durch Anforderungen an die Vortragslast des einzelnen unzumutbar erschwert würde. Das Berufungsgericht durfte daher nicht mit dem Argument , der Klägerin habe selbst offensichtlich Datenmaterial zur Verfügung ge-
standen, über ihre grundsätzliche Aussage hinweggehen, nach der sie das Vorliegen der Abweichungsvoraussetzungen bestritten hat.

II.


Auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts rechtfertigt die vollständige Abweisung der Klage nicht.
1. Das Berufungsgericht verneint einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch mit der zusätzlichen Erwägung, der Klägerin sei es entsprechend §§ 254, 839 Abs. 3 BGB verwehrt, die streitgegenständlichen Verzugszinsen geltend zu machen. Denn der Ehemann habe es schuldhaft unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Er hätte nämlich - über die gegen die Gebührenbescheide eingelegten Widersprüche hinaus - nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen müssen, die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche anzuordnen. Ein solcher Antrag hätte Erfolg gehabt, soweit die Gebührenbescheide die EG-Pauschalbeträge überschritten hätten. Die gerichtliche Entscheidung hätte bewirkt, daß der Ehemann der Klägerin nur Gebühren in der zulässigen Höhe hätte zahlen müssen. Eine Zinsbelastung durch Aufnahme eines Darlehens wäre dann vermieden worden. Aus dem gleichen Grunde sei ein möglicher Amtshaftungsanspruch wegen der rechtswidrigen Gebührenbescheide nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daß auch ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch
aus Gründen, die in den Regelungen der §§ 254 und 839 Abs. 3 BGB angesprochen sind, gemindert oder ausgeschlossen sein kann. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Anwendung der in diesen Regelungen enthaltenen Grundsätze nicht deshalb ausgeschlossen, weil der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden darf, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinausgeht. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, die Mitgliedstaaten hätten die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Gemeinschaftsrecht einzustehen hätten, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei es Sache der nationalen Rechtsordnung , die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürften die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und nicht so ausgestaltet sein, daß sie die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten (vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90 - "Francovich", Slg. 1991, I-5403, 5415 f = NJW 1992, 165, 167 Tz. 42, 43). Diese Rechtsprechung hat er in seinem Urteil vom 5. März 1996 fortgeführt und dahingehend ergänzt, es sei, soweit es an Gemeinschaftsvorschriften fehle, Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen , anhand deren der Umfang der Entschädigung bestimmt werden könne. Insbesondere könne das nationale Gericht bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form
um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe. Nach einem allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatz müsse sich nämlich der Geschädigte in angemessener Form um die Begrenzung des Schadensumfangs bemühen, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, den Schaden selbst tragen zu müssen (Rs. C-46/93 und C-48/93 - "Brasserie du Pêcheur" und "Factortame", Slg. 1996, I-1131, 1153, 1155, 1157 = NJW 1996, 1267, 1270 f zu Tz. 67, 74, 83-85). Es bestehen daher keine grundsätzlichen Bedenken, die den §§ 254, 839 Abs. 3 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden (in diesem Sinn auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 516; Streinz, Europarecht, 5. Aufl. 2001, Rn. 374c; Fischer, Europarecht, 3. Aufl. 2001, § 7 Rn. 87; Staudinger/Wurm, 13. Bearb. 2002, § 839 Rn. 540).

b) Unbedenklich ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß neben dem eingelegten Widerspruch, der bei Gebührenbescheiden von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), als Rechtsbehelf gegen einen möglichen Sofortvollzug, auf dem die Beklagte bestanden hatte, ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht kam, die aufschiebende Wirkung der Bescheide anzuordnen. Für den Bereich des Amtshaftungsrechts hat der Senat wiederholt entschieden, daß das schuldhafte Unterlassen, einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu stellen oder sich gesondert gegen die Vollziehung eines Steuer- oder Haftungsbescheides zu wehren, nach § 839 Abs. 3 BGB zum Verlust des Amtshaftungsanspruchs führen kann
(vgl. Senatsbeschluß vom 13. Juli 1984 - III ZR 6/84 - WM 1984, 1276; Senatsurteile vom 19. September 1985 - III ZR 71/83 - NJW 1986, 1107, 1108 - insoweit ohne Abdruck in BGHZ 96, 1 -; BGHZ 130, 332, 338 f; vom 7. November 1996 - III ZR 283/95 - VIZ 1997, 247, 248; vom 16. November 2000 - III ZR 1/00 - NJW 2001, 1067, 1068).

c) Das Berufungsgericht hat im ersten Urteil in dieser Sache § 839 Abs. 3 BGB für nicht anwendbar gehalten, weil der Ehemann der Klägerin mit der rechtzeitigen Widerspruchserhebung und den Anfechtungsklagen zum Verwaltungsgericht aus seiner damaligen Sicht alles ihm Zumutbare getan habe, um einen Schaden abzuwehren. Ob dem zugestimmt werden könnte, erscheint insoweit zweifelhaft, als ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nach Lage der Dinge der gebotene Rechtsbehelf war, um sich gegen den Sofortvollzug der Gebührenbescheide zu wehren. Der Senat kann diese Frage jedoch offenlassen , weil eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt.
aa) Die Ersatzpflicht kann nach § 839 Abs. 3 BGB nur verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsmittels den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei der Frage, welchen Verlauf die Sache genommen hätte, wenn der Rechtsbehelf eingelegt worden wäre, nicht ohne weiteres - wie bei der Prüfung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung - zugrunde zu legen, wie über den Rechtsbehelf richtigerweise hätte entschieden werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924, 1925). Diese Erwägungen, die der Senat in der genannten
Entscheidung für eine Dienstaufsichtsbeschwerde angestellt hat, bei der es möglich erscheine, daß der Dienstvorgesetzte keinen Anlaß sehe, das Verhalten des Untergebenen zu korrigieren, sind jedoch auf solche Rechtsbehelfe im weiteren Sinne, die ein Verhalten der Behörde selbst auslösen sollen, nicht beschränkt. Geht es, wie hier, um einen Antrag, der zu einer gerichtlichen Entscheidung führen soll, wird die wirkliche Rechtslage grundsätzlich eine größere Rolle spielen. Dennoch muß auch die Rechtspraxis in der in Rede stehenden Frage zu dem Zeitpunkt in Betracht gezogen werden, in dem der Rechtsbehelf hätte angebracht werden müssen, wenn er den Eintritt des Schadens hätte verhindern sollen.
bb) Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann nicht davon ausgegangen werden , daß Anträge des Ehemannes der Klägerin nach § 80 Abs. 5 VwGO zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Widersprüche geführt hätte. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht hinreichend, daß die von ihm wiedergegebene Rechtslage, wie sie durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und vor allem der Verwaltungsgerichte in den letzten Jahren geklärt worden ist, in dem hier maßgeblichen Zeitraum 1991/1992 - namentlich in Ansehung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens - noch nicht so der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprochen hat, daß ein Erfolg entsprechender Anträge zu erwarten war.
Daß sich ein einzelner gegenüber einem Mitgliedstaat auf Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG vom 15. Juni 1988 berufen kann, um sich höheren als den Pauschalgebühren zu widersetzen, hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erst durch Urteil vom 10. November 1992 ent-
schieden (Rs. C-156/91 - "Hansa Fleisch", Slg. 1992, I-5589 = NJW 1993, 315), wobei er den einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglichen Vorbehalt gemacht hat, daß die Voraussetzungen, die Gebühren auf die tatsächlichen Untersuchungskosten anzuheben, nicht erfüllt seien. Die Fragen des vorlegenden Verwaltungsgerichts Schleswig im Beschluß vom 15. März 1991 belegen den damaligen Klärungsbedarf. Innerstaatlich war mit der genannten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aber noch nicht geklärt , unter welchen Voraussetzungen Untersuchungsgebühren erhoben werden durften, die über die EG-Pauschalbeträge hinausgingen. Eine endgültige Klärung ist insoweit erst durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 1996 (BVerwGE 102, 39) herbeigeführt worden, das entschieden hat, nach § 24 Abs. 2 Fleischhygienegesetz (FlHG) müsse die den Bundesländern überlassene Entscheidung durch Rechtssatz getroffen werden, ob von den in Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG genannten durchschnittlichen Pauschalbeträgen abgewichen werden solle, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung erfüllt und wie gegebenenfalls höhere Beträge zu berechnen seien (vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 153, 156). Für die hier zu beurteilende Frage, wie die Verwaltungsgerichte entschieden hätten, wenn sich der Ehemann der Klägerin gegen den Sofortvollzug als solchen im Zeitraum 1991/1992 gewehrt hätte, ist von Bedeutung, daß der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Gebührenbescheide aus dem Jahr 1991 zugrunde lagen, die vom Verwaltungsgericht Schleswig und vom Oberverwaltungsgericht Schleswig noch im Jahr 1994 für rechtmäßig befunden waren. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Beschluß vom 4. Februar 1992, der durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 1993 (7 NB 7/92) aufgehoben wurde, in einem Normenkontrollverfahren ebenfalls keine Bedenken gegen die Gestaltung einer Gebührensatzung vom 18. Dezember 1991, in
der die Erhebung kostendeckender Gebühren unter Einbeziehung von Reisekosten für das Fleischbeschaupersonal bejaht wurde (vgl. zum Verfahrensgang BayVGH BayVBl. 1994, 593 und zum Inhalt der abschließenden Entscheidung vom 12. März 1997 BVerwG Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 17).
Wenn dem Berufungsgericht daher auch im Ausgangspunkt zu folgen ist, daß es bei der Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO in der hier vorliegenden Konstellation, bei der Rechtsfragen im Vordergrund standen, wesentlich darauf ankommt, ob die angefochtenen Gebührenbescheide rechtswidrig waren – bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der eingelegten Widersprüche hätte das Aussetzungsinteresse überwogen - (vgl. hierzu allgemein Eyermann /Jörg Schmidt, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80 Rn. 69, 73; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 80 Rn. 158 f) und ob sich ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit insbesondere aus der Ratsentscheidung 88/408/EWG ergaben , kann doch nicht übersehen werden, daß die Rechtspraxis diesen Stand in dem hier zu beurteilenden Zeitraum noch nicht erreicht hatte, so daß der Senat nicht davon ausgehen kann, der Ehemann der Klägerin hätte den Schadenseintritt durch Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO verhindern können.
3. Dieselben Erwägungen gelten für die Ausführungen des Berufungsgerichts , mit denen es einen auf der rechtswidrigen Gebührenerhebung möglicherweise beruhenden Amtshaftungsanspruch verneint. Zwar ist insoweit eine Rechtsfrage betroffen, die allein im nationalen Amtshaftungsrecht wurzelt, so daß die Anforderungen an einen Geschädigten, der Amtshaftungsansprüche verfolgt, in bezug auf den wahrzunehmenden Primärrechtsschutz strenger sein mögen als für jemanden, der sich wegen eines in der Vergangenheit erlittenen Schadens auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch beruft. Im
Ergebnis beruhte die Unsicherheit in der rechtlichen Beurteilung aber gerade auf der Frage, unter welchen innerstaatlichen Voraussetzungen in der Bundes- republik von den Pauschalbeträgen abweichende höhere Gebühren gefordert werden durften. Der Klägerin kann daher auch in bezug auf einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB nicht entgegengehalten werden, ihr Ehemann habe sich nicht gegen den Sofortvollzug gewehrt, weil der Senat von einem Erfolg eines solchen Rechtsmittels nicht ausgehen kann

III.


Die Revision der Klägerin hat jedoch insoweit keinen Erfolg, als sie einen Zinsschaden in Höhe von 6.486,24 DM weiterverfolgt. Dieser Teil des Schadensersatzanspruchs wurde dem Ehemann der Klägerin bereits durch das erste Berufungsurteil in dieser Sache aberkannt, ohne daß hiergegen ein Rechtsmittel geführt worden wäre. Dem entsprechend hat der Senat das erste Berufungsurteil nur insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Damit ist dieser Teil des geltend gemachten Zinsschadens rechtskräftig abgewiesen und kann von der Klägerin nicht erneut zur Entscheidung gestellt werden.

IV.


Soweit die Revision der Klägerin begründet ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die nach dem Senatsurteil vom 14. Dezember 2000 erforderlichen Feststellungen trifft und auf dieser Grundlage erneut entscheidet.

Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.