Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Jan. 2016 - 23 U 4433/14

bei uns veröffentlicht am14.01.2016
vorgehend
Landgericht Landshut, 1 HKO 902/14, 23.10.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 23.10.2014, Az. 1 HK O 902/14, abgeändert wie folgt:

1.1. Es wird festgestellt, dass der Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu gewähren über den Umfang der von ihr an andere Unternehmen als die Klägerin in der Zeit vom 25.09.2013 bis 24.09.2014 vergebenen Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden in der Schweiz, erledigt ist.

1.2. Soweit das Landgericht Landshut den Antrag der Klägerin, die Geschäftsführer der Beklagten, Herrn X. H. sen., Frau K. H., Frau Dr. T. H.-L., gesamtschuldnerisch zu verurteilen, nach Vorliegen der Auskünfte gemäß Antrag Ziff. 1.1 deren Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt zu versichern, abgewiesen hat, wird das Urteil samt des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

1.3. Soweit das Landgericht Landshut den Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, den sich nach Erteilung der Auskünfte ergebenden entgangenen Gewinn nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechend einer wöchentlichen Abrechnung der Rundläufe bzw. Tagestouren mit zusätzlicher Zahlungsfrist von 4 Wochen an die Klägerin zu bezahlen, abgewiesen hat, wird das Urteil samt des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

1.4. Soweit das Landgericht Landshut den Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr anfallenden Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden im Raum Bodensee /Schwarzwald ab dem 23.10.2014 bis zum 31.12.2014 weiterhin an die Klägerin zu den Bedingungen des schriftlichen Rahmenvertrags vom 27.07.2011 zu vergeben, abgewiesen hat, wird das Urteil samt des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

1.5. Soweit das Landgericht Landshut den Antrag der Klägerin festzustellen, dass die bisherigen Klageanträge zu Ziff. 4 gemäß den Schriftsätzen vom 07.03.2014 und vom 04.07.2014 sowie vom 08.09.2014 zur Erteilung der Transportaufträge für den Raum Bodensee /Schwarzwald für die Zeit vom 01.01. bis 22.10.2014 in der Hauptsache erledigt sind, abgewiesen hat, wird das Urteil samt des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen

1.6. Soweit das Landgericht Landshut den Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.480,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage an die Klägerin zu bezahlen, abgewiesen hat, wird das Urteil samt des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

1.7. Im Übrigen wird bzw. bleibt die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung über die Kosten auch des Berufungsverfahrens bleibt dem landgerichtlichen Urteil vorbehalten.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

Gründe:

I. Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin aus einem Rahmenfrachtvertrag. Die Klägerin betreibt ein Frachtunternehmen, die Beklagte ein zur H.-Gruppe gehörendes Holzverarbeitungsunternehmen. Die Parteien schlossen am 27.07.2011 einen bis 31.12.2014 befristeten Rahmenvertrag über Transportleistungen. Danach sollte die Klägerin der Beklagten im Zeitraum vom 01.08.2013 bis 31.12.2014 Fahrzeuge für bestimmte Touren bzw. einen Stückgutversand Schweiz zur Verfügung stellen. Der Transportpreis sollte sich aus einem Tagessatz von 415,00 Euro, einem km-Satz von 0,45 Euro und 0,17 Euro Maut je km errechnen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage zur Klageschrift vorgelegte Vereinbarung Bezug genommen.

Die Beklagte vergab Transportaufträge im Bereich der vereinbarten Touren teilweise auch an Dritte. Mit Schreiben vom 11.12.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde die sog. „S.-B.-Tour“ mit eigenem Fuhrpark durchführen.

Mit E-Mail vom 23.09.2013 teilte Herr E. von der Beklagten dem Geschäftsführer der Klägerin mit: „Sehr geehrter Herr H., im Anhang der Tarif Schweiz angepasst (7% höher als der Tarif in der vorherigen Mail). Sollten Sie diesem zustimmen, gehen alle Schweiz Sendungen ab Mittwoch 25.09.2013 zur Firma D. Trans... Mit freundlichen Grüße Dieter E.“.

Mit Schreiben vom 09.12.2014 (Anlage B 1) erteilte die Beklagte der Klägerin Auskunft über die im Zeitraum vom 25.09.2013 bis 24.09.2014 an Drittunternehmen erteilten Aufträge zur Belieferung von Kunden der Beklagten in der Schweiz. Im Grundsatz seien sämtliche Stückgutaufträge und Teilpartien an die Klägerin vergeben worden. Nur bei 10 Sendungen sei eine Vergabe an Drittunternehmen erfolgt, da der Frachtauftrag zwar bei der Klägerin angefragt, von dieser jedoch nicht angenommen worden sei.

Die Klägerin behauptet, es sei Exklusivität für sämtliche Touren vereinbart worden. Die Beklagte sei verpflichtet, sämtliche Einzelaufträge an sie zu vergeben. Jedenfalls sei der Rahmenvertrag aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise und unter Berücksichtigung des verkürzten Sprachgebrauchs im Transportgewerbe sowie der Interessenslage so zu verstehen.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu gewähren über den Umfang der von ihr in der Zeit vom 01.07.2013 - 24.09.2014 vergebenen Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden in der Schweiz durch Vorlage der Ladescheine der von ihr mit der Frachtführung beauftragten Frachtunternehmer.

1.1 Die Geschäftsführer der Beklagten, Herr X. H. sen., Frau K. H., Frau Dr. T. H.-L., werden gesamtschuldnerisch verurteilt, nach Vorliegen der Auskünfte gemäß Antrag Ziff. 1 deren Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt zu versichern.

2. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu gewähren über den Umfang der von ihr in der Zeit ab dem 01.01. - vorläufig 22.10.2014 vergebenen Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden im Raum B. /S., im Raum L. /M. (Tagestouren) vom 06.05. bis 09.05.2014, am 25.07.2014, vom 29.07. bis 01.08.2014, vom 04.08. bis 08.08.2014, vom 11.08. bis 15.08.2014, vom 18.08. bis 22.08.2014, am 28.08. und 29.08.2014, am 04.09.und 05.09.2014, für den Raum S. vom 23.06.-26.06.2014, vom 11.08. bis 15.08.2014, vom 18.08. bis 22.08.2014 durch Vorlage der Ladescheine der von ihr mit der Frachtführung beauftragten Frachtunternehmer.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den sich nach Erteilung der vorstehend beantragten Auskünfte ergebenden entgangenen Gewinn nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechend einer wöchentlichen Abrechnung der vorbezeichneten Rundläufe bzw. Tagestouren mit zusätzlicher Zahlungsfrist von 4 Wochen an die Klägerin zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die bei ihr anfallenden Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden im Raum Bodensee /Schwarzwald ab dem 23.10.2014 bis zum 31.12.2014 weiterhin an die Klägerin zu den Bedingungen des schriftlichen Rahmenvertrags vom 27.07.2011 zu vergeben.

4.1 Die bisherigen Klageanträge zu 4. gemäß den Schriftsätzen vom 07.03.2014 und vom 04.07.2014 sowie vom 08.09.2014 zur Erteilung der Transportaufträge für den Raum Bodensee /Schwarzwald werden für die Zeit vom 01.01. bis 22.10.2014 für erledigt erklärt.

5. Die Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.480,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, eine Exklusivvereinbarung sei nicht getroffen worden. Eine solche Bindung der Beklagten sei auch unsinnig, da es in der H.-Firmengruppe Fuhrparke und Speditionsunternehmen gebe. Die E-Mail vom 23.09.2013 bedeute lediglich, dass die Beklagte bei Aufkündigung der Vereinbarung der günstigen Tarife verlustig gehen werde.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Aus Wortlaut und Inhalt der Rahmenvereinbarung ergebe sich keine Pflicht der Beklagten, sämtliche Einzeltransporte an die Klägerin zu vergeben. Eine entsprechende mündliche Vereinbarung sei durch die Zeugen und die Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin nicht bestätigt worden. Dadurch werde die Klägerin auch nicht unangemessen benachteiligt.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Das Landgericht verkenne, dass der Rahmenvertrag die Verpflichtung beinhalte, sämtliche Einzelaufträge für die Touren an die Klägerin zu vergeben. Ansonsten drohe der Klägerin ein unkalkulierbares wirtschaftliches Risiko mit der Gefahr der Existenzvernichtung. Auch aus der E-Mail vom 23.09.2013 sei erkennbar, dass die Klägerin schon zuvor alle Touren für die Schweiz erhalten sollte. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlassen. Dieses könne einen speziellen Verkehrsgebrauch bestätigen. Zudem hätten von der Klägerin befragte Spediteure bestätigt, dass bei derartigen Verträgen auch ohne ausdrückliche Exklusivitätsregelung sämtliche anfallenden Aufträge an den Frachtführer zu vergeben seien. Zudem würdige das Landgericht die Zeugenaussagen falsch. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.12.2014 erteilte Auskunft bezüglich der Schweiztouren sei unvollständig.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

1. Das Endurteil des LG Landshut vom 23.10.2014 wird aufgehoben.

2. Der Antrag zur Verurteilung der Beklagten auf Auskunft gem. Ziff. 1 der Berufungsbegründung wird für erledigt erklärt.

2.1. Die Geschäftsführer der Beklagten, Herr X. H. sen., Frau K. H., Frau Dr. T. H.-L., werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der mit Schreiben vom 09.12.2014 erteilten Auskünfte an Eides Statt zu versichern.

3. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu gewähren über den Umfang der von ihr in der Zeit ab dem 01.01. - vorläufig 31.12.2014 vergebenen Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden im Raum B. /S., im Raum L. /M. (Tagestouren) vom 06.05. - 09.05.2014, am 25.07.2014, vom 29.07. bis 01.08.2014, vom 04.08. bis 08.08.2014, vom 11.08. bis 15.08.2014, vom 18.08. bis 22.08.2014, am 28.08. und 29.08.2014, am 04.09.und 05.09.2014, für den Raum S. vom 23.06. - 26.06.2014, vom 11.08. bis 15.08.2014, vom 18.08. bis 22.08.2014, durch Vorlage der Ladescheine der von ihr mit der Frachtführung beauftragten Frachtunternehmer, hilfsweise durch Bekanntgabe der einzelnen Transportaufträge an den jeweiligen zu bezeichnenden Transportunternehmer mit Angabe der Verladezeitpunkte, der Verlademengen, des Empfängers und der zurückgelegten Kilometer.

3.1. Die Geschäftsführer der Beklagten, Herr X. H. sen., Frau K. H., Frau Dr. T. H.-L., werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorstehend zu erteilenden Auskünfte nach erfolgter Erteilung an Eides Statt zu versichern.

4. Die Beklagte wird verurteilt, den sich nach Erteilung der vorstehend beantragten Auskünfte ergebenden entgangenen Gewinn nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechend einer wöchentlichen Abrechnung der vorbezeichneten Rundläufe bzw. Tagestouren mit zusätzlicher Zahlungsfrist von 4 Wochen an die Klägerin zu bezahlen.

5. Die bisherigen Klageanträge zu 4. gemäß den Schriftsätzen vom 07.03.2014 und vom 04.07.2014 sowie vom 08.09.2014 zur Erteilung der Transportaufträge für den Raum Bodensee /Schwarzwald werden für die Zeit vom 01.01. bis 22.10.2014 und darüber hinaus bis zum 31.12.2014 für erledigt erklärt.

6. Die Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.480,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage an die Klägerin zu bezahlen.

Bezüglich der weiteren Stufen der Stufenklage beantragt die Klägerin die Zurückverweisung.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

das Endurteil des Landgerichts Landshut aufzuheben und das Verfahren zur Durchführung der weiteren mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinanstanzlichen Vortrag. Sie bestreitet, dass es einen Handelsbrauch gebe, woraus sich Exklusivität herleiten lasse, sowie dass andere Speditionsunternehmer der Klägerin Derartiges bestätigt hätten.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 (Bl. 177 ff d. A.) Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

1. Soweit das Landgericht den Antrag auf Auskunftserteilung bezüglich der Schweiztouren insgesamt abgewiesen hat, war das Urteil teilweise aufzuheben:

Der Antrag auf Auskunft bezüglich der Schweiztouren (Berufungsbegründung S. 1, Antrag Ziff. 1, Bl. 106 d. A.) war insofern zulässig und begründet, als die Klägerin Auskunft über den Umfang der von der Beklagten an andere Unternehmen als die Klägerin vergebenen Transportaufträge zur Belieferung ihrer Kunden in der Schweiz in der Zeit vom 25.09.2013 bis 24.09.2014 gefordert hat. Da die Beklagte die Auskunft erteilt und die Klägerin den Antrag - einseitig - für erledigt erklärt hat, war insoweit die Erledigung festzustellen. Der weitergehende Auskunftsantrag war hingegen von vornherein unbegründet. In diesem Umfang verbleibt es bei der Klageabweisung durch das Landgericht.

1.1 Die Erledigungserklärung stellt eine auch in zweiter Instanz zulässige Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO dar, auf die § 533 ZPO keine Anwendung findet (BGH NJW-RR 2010, S. 1286, 1287). Die Beklagte hat der Erledigung nicht zugestimmt (Bl. 162 d. A.).

1.2 Der Auskunftsantrag war vor dem erledigenden Ereignis insgesamt zulässig.

1.2.1 Entgegen der Ansicht der Beklagten fehlte das Rechtsschutzbedürfnis nicht, da Auskunft auch über diejenigen Transportaufträge begehrt werde, die die Beklagte der Klägerin erteilt hat. Der Klageantrag ist entsprechend dem Sachvortrag auszulegen (Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl, § 308 Rz. 2; BGH NJW 1994, S. 788, 790). Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich eindeutig, dass ihr Auskunftsbegehren sich beschränkt auf die von der Beklagten an andere Unternehmen als die Klägerin erteilten Transportaufträge.

1.2.2 Das Rechtsschutzbedürfnis für die erweiterte Auskunft (nicht nur bis 30.09.2013, sondern bis 24.09.2014) fehlt entgegen der Ansicht der Beklagten (Protokoll vom 19.11.2015, S. 2, Bl. 178 d. A.) nicht deshalb, weil ein entsprechender Anspruch außerprozessual nie geltend gemacht wurde. Bei einer Leistungsklage kann es am Rechtsschutzbedürfnis nur dann ausnahmsweise mangeln, wenn sie schlechthin sinnlos ist oder der Kläger sein Ziel auf einfacherem und billigerem Weg erreichen kann (Reichold in Thomas /Putzo, ZPO, 36. Aufl, Vor § 253 Rz. 27). Eine allgemeine Pflicht, vor Erhebung der Leistungsklage den Schuldner zur Leistung aufzufordern, besteht aber nicht. Die Kostentragungspflicht kann der Schuldner, der zur Erhebung der Klage keinen Anlass gegeben hat, durch ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO vermeiden.

1.3 Die Klägerin hatte einen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB, allerdings nur für die ab25.9.2014 an andere Unternehmer als die Klägerin erteilten Aufträge für Schweiztouren. Für den Zeitraum vor dem 25.09.2014 kann die Klägerin keine Auskunft verlangen.

1.3.1. Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB besteht, wenn eine zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer zu erteilen vermag (BGH NJW 2014, S. 155; BGH NJW 2014, S. 2571). Dient die Auskunft der Vorbereitung eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs, genügt es, wenn zumindest der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung besteht und ein daraus resultierender Schaden des Anspruchstellers wahrscheinlich ist (BGH NJW 2014, S. 381, 382; BGH NJW 2014, S. 155).

Vorliegend besteht zwischen den Parteien der als Anlage vorgelegte Rahmenvertrag vom 27.07.2011. Die Klägerin ist entschuldbar im Ungewissen darüber, welche Aufträge für Schweiztouren die Beklagte an andere Unternehmer als sie erteilt hat, während die Beklagte hierüber ohne größeren Aufwand Auskunft gewähren kann. Unstreitig hat die Beklagte Schweiztouren teilweise an Drittunternehmen vergeben. Insoweit wäre ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB dann wahrscheinlich, wenn die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, sämtliche Schweizaufträge ausschließlich der Klägerin zu erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2010, I ZR 31/08, Juris Tz. 17). Eine derartige Verpflichtung bestand jedoch erst ab 25.09.2013 aufgrund der nachträglich mit E-Mails vom 23.09.2013 getroffenen Vereinbarung:

1.3.1.1 Dem Wortlaut des Rahmenvertrags lässt sich kein Exklusivitätsrecht der Klägerin entnehmen. Dort ist zwar geregelt, dass die Klägerin der Beklagten für die Schweiztouren Fahrzeuge zur Verfügung stellt. Dass die Beklagte aber verpflichtet wäre, diese in Anspruch zu nehmen und alle anfallenden Touren an die Klägerin zu vergeben, ist jedenfalls dem Wortlaut nach nicht vereinbart. Eine entsprechende Verpflichtung lässt sich dem Vertrag auch bei einer Auslegung anhand von Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung der Interessenslage der Parteien nach §§ 133, 157 BGB nicht entnehmen: Es handelt sich lediglich um einen Rahmenvertrag, wobei es ersichtlich und unstreitig der Erteilung von Einzelaufträgen durch die Beklagte bedurfte. Abgerechnet wird jeder Einzelauftrag nach einem Tages- und km-Satz. Eine Vergütung für das Vorhalten der Fahrzeuge schuldet die Beklagte nicht. Der Klägerin ist zugegeben, dass es für sie eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Belastung bedeutet, wenn sie einerseits für die vorgegebenen Touren Fahrzeuge vorhalten muss, andererseits aber nicht die Garantie hat, dass sie sämtliche anfallenden Touren erhält. Zudem hat die Klägerin im Hinblick auf den Vertrag auf Bitten der Beklagten weitere Investitionen getätigt, insbesondere ein weiteres Fahrzeug angeschafft. Allerdings war die Beklagte unstreitig weder nach dem Vertrag noch aufgrund einer sonstigen Vereinbarung verpflichtet, die im Vertrag angeführten Touren und die LKW der Klägerin überhaupt in Anspruch zu nehmen. Eine Vergütungspflicht der Beklagten für das Vorhalten der Fahrzeuge, egal ob Transportbedarf anfällt, wäre theoretisch denkbar, war vorliegend aber gerade nicht vorgesehen. Mithin trägt nach der vertraglichen Gestaltung die Klägerin das Risiko, ob und in welchem Umfang Transportbedarf bei der Beklagten anfällt. Darüber hinaus wäre es der Beklagten nach der vertraglichen Gestaltung freigestellt, Transporte mit eigenen LKW durchzuführen. Bei dieser Risikoverteilung lässt sich den vertraglichen Regelungen auch nach Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung der Interessenslage nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Beklagte zur Erteilung sämtlicher anfallender Transportaufträge an die Klägerin verpflichtet war. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Vertrag für die Klägerin ersichtlich mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Risiken behaftet ist. Indessen hätte es der Klägerin als Kaufmann offen gestanden, sich entweder Exklusivität zusichern zu lassen, auf eine anderweitige Vergütungsregelung zu drängen oder letztlich vom Vertragschluss abzusehen.

1.3.1.2 Eine mündliche Exklusivitätsvereinbarung hat die Klägerin nicht bewiesen, wie das Landgericht (Urteil S. 6 f) zutreffend ausführt. Das Landgericht hält die Zeugen F. und S. für glaubwürdig und deren Angaben für glaubhaft. Anhaltspunkte i. S. des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, aus denen sich Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen des Landgerichts ergeben könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der Zeuge F. hat zwar angegeben (Protokoll vom 24.09.2014, S. 3 f, Bl. 60 f d. A.), er hätte alles, was im Bereich der Touren war, mit D.-Trans abgewickelt. Es sei so von ihm vorgesehen gewesen. Allerdings hat der Zeuge F. auch ausgeführt, er habe mit Herrn H. - dem Geschäftsführer der Klägerin - darüber nicht gesprochen. Eine Abnahmeverpflichtung hätten sie schriftlich niedergelegt. Eine Exklusivitätsvereinbarung der Beklagte mit der Klägerin lässt sich daraus nicht ableiten; insbesondere begründen die - nicht geäußerten - Absichten des Zeugen F. keine vertragliche Vereinbarung. Auch aus den Ausführungen des als Partei vernommenen Geschäftsführers des Klägerin (Protokoll vom 22.10.2014, S. 7 f, Bl. 78 f d. A.) ergibt sich keine mündlich vereinbarte Abnahmepflicht. Nach seinen Angaben habe er zwar den Eindruck gehabt und es so aufgefasst, dass die Klägerin alle Touren bekomme. Er habe aber nicht verlangt, dass er Exklusivität für die Aufträge erhalte. Herr S. habe zu ihm nicht gesagt, dass er alle Touren bekomme, habe aber auch nicht gesagt, dass er sie nicht bekomme. Dass der Geschäftsführer der Klägerin subjektiv die Erwartung hatte, er werde alle Touren erhalten, genügt nicht für eine entsprechende Vereinbarung mit der Beklagten. Der - von der Beklagten angebotene - Zeuge S. schließlich hat ausgeführt (Protokoll vom 22.10.2014, S. 4, Bl. 75 d. A.), bei den Gesprächen sei es nicht um Exklusivität für D.-Trans gegangen. Diese sei auch nicht gefordert worden. Der Zeuge habe immer gewollt, dass die Beklagte zwei bis drei Lieferanten habe und nicht abhängig sei. Eine bestimmte Kapazität sei ebenfalls nicht garantiert worden.

Letztlich hat keiner der Zeugen und noch nicht einmal der Geschäftsführer der Klägerin bestätigt, dass über ein Recht der Klägerin, sämtliche Aufträge zu erhalten, überhaupt gesprochen worden sei.

1.3.1.3 Entgegen der Ansicht der Klägerin bedurfte es nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Landgericht zum Bestehen eines Handelsbrauchs. Ein Handelsbrauch ist eine verpflichtende Regel, die auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen Übung der beteiligten Kreise für vergleichbare Geschäftsvorfälle über einen angemessenen Zeitraum hinweg beruht und der eine einheitliche Auffassung der Beteiligten zugrunde liegt (BGH NJW 1994, S. 659, 660; BGH NJW 2001, S. 2464, 2465). Kein Handelsbrauch ist die bloße Handelsübung, d. h. was sich nach allgemeiner Auffassung der Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheit hält (BGH, NJW 1987, S. 1886, 1887; Hopt in Baumbach /Hopt, HGB, 36. Aufl, § 346 Rz. 2). Derjenige, der sich auf einen Handelsbrauch beruft, muss sein Bestehen und seinen Inhalt behaupten und bei Bestreiten beweisen (BGH NJW 1991, S. 1292, 1293; Hopt, a. a. O., § 346 Rz. 13; Joost in: Ebenroth /Boujong /Joost /Strohn, HGB, 3. Aufl, § 346 Rz. 24). In erster Instanz hat die Klägerin schon nicht behauptet, es gebe einen Handelsbrauch, wonach die Pflicht eines Frachtführers zur Vorhaltung von Fahrzeugen zugleich zwingend eine Abnahmepflicht des Vertragspartners begründe. Vielmehr hat der Kläger nur ausgeführt (Schriftsatz vom 08.09.2014, S. 4, Bl. 51 d. A.): „Der gegenständliche Rahmenvertrag beinhaltet unter Berücksichtigung des verkürzten Sprachgebrauchs im Transportgewerbe die Verpflichtung zur Erteilung der zugehörigen und anfallenden Einzelaufträge an die Klägerin. Sie ist objektiv in diesem Sinne aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise zu verstehen und hinreichend deutlich gefasst“. Dieser Vortrag beschäftigt sich mit der objektiven Auslegung des konkreten Rahmenvertrags unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Die Behauptung, es gebe eine allgemein gültige, verpflichtende Regel im Sinne eines Handelsbrauchs, lässt sich aus diesem Vortrag ebensowenig wie aus den übrigen erstinstanzlichen Schriftsätzen der Klägerin entnehmen. Mithin war das Landgericht weder dazu verpflichtet, einen Hinweis nach § 139 ZPO zu erteilen noch dem Beweisangebot „Sachverständigengutachten“ nachzugehen.

Soweit die Klägerin erstmals in zweiter Instanz das Bestehen eines „Verkehrsbrauchs“ bzw. Handelsbrauchs (Schriftsatz vom 27.05.2015, S. 7, Bl. 148 d. A., Schriftsatz vom 09.11.2015, S. 5 f, Bl. 175 f d. A.) behauptet, ist dieser von der Beklagten bestrittene Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Gründe i. S. des § 531 Abs. 2 ZPO, weshalb die Klägerin das Bestehen eines entsprechenden Handelsbrauchs nicht schon in erster Instanz dargetan hat, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 Bestätigungen anderer Spediteure vom September bzw. November 2015 vorgelegt hat (Anlage zum Protokoll vom 19.11.2015, nach Bl. 179 d. A.), ergeben sich aus diesen keine neuen relevanten Erkenntnisse. Insbesondere lässt sich aus diesen Schreiben nicht einmal ein Indiz dafür entnehmen, es existiere ein Handelsbrauch i. S. einer Auftragserteilungspflicht des Unternehmers, wenn der Frachtführer Fahrzeuge für bestimmte Rundläufe vorhalten muss. Die Firma DSV L. SA, die S. GmbH und die K. + N. (AG & Co.) KG bestätigen jeweils nur die „Branchenüblichkeit“ des Rahmenvertrages. Aus keinem der vorgelegten Schreiben ergibt sich jedoch, dass nach Ansicht der Verfasser die Klägerin einen exklusiven Anspruch auf Auftragserteilung durch die Beklagte hätte. Noch weniger lässt sich den Schreiben entnehmen, dass eine derartige Pflicht sich aus einer im Transportgewerbe allgemein üblichen und verbindlichen Regel ergäbe.

1.3.1.4 Entgegen der Ansicht der Klägerin führen auch die Berücksichtigung kaufmännischer Gepflogenheiten oder eines verkürzten Sprachgebrauchs im Transportgewerbe für die Auslegung des Rahmenvertrages zu keinem anderen Ergebnis. Aus den von der Klägerin vorgelegten Bestätigungen der anderen Speditionsunternehmer ergibt sich gerade kein Indiz für eine kaufmännische Gepflogenheit dergestalt, dass mit der Pflicht zur Verfügungsstellung von Fahrzeugen auch die Auftragserteilungspflicht des Unternehmers korrespondierte (vgl. oben Ziff. 1.3.1.3). Zudem spricht unabhängig davon, was als kaufmännische Gepflogenheit im Transportgewerbe üblich wäre, jedenfalls die unstreitige Risikoverteilung im konkreten Vertrag (Ziff. 1.3.1.1) gegen eine Auftragserteilungspflicht der Beklagten. Zu berücksichtigen sind ferner die Aussage des - von der Klägerin benannten - Zeugen F., eine Abnahmeverpflichtung wäre schriftlich vereinbart worden, und des Zeugen S., die Beklagte habe bei Vertragsschluss gerade keine Ausschließlichkeit gewollt (s. oben Ziff. 1.3.1.2).

1.3.1.5 Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt allein die spätere Handhabung, nach der die Klägerin tatsächlich - zumindest für einen gewissen Zeitraum - die Touren vollständig erhalten hat, nicht auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Auftragerteilung an die Klägerin schließen.

1.3.1.6 Aus der E-Mail vom 26.09.2013 (vorgelegt von der Klägerin als Anlage zu Bl. 26 ff d. A.) lässt sich ersehen, dass die Beklagte die Klägerin darum bat, 2- 4 Wechselbrücken zur Verfügung zu stellen. Eine Zusage an die Klägerin, sie bekomme künftig alle Transportaufträge exklusiv, ist daraus entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ersichtlich.

Dasselbe gilt für die von der Klägerin in zweiter Instanz als Anlage zu Bl. 142 ff vorgelegte E-Mail vom 23.06.2011. Aus dieser lässt sich lediglich ersehen, dass der Zeuge F. dem Zeugen S. mitteilt, er habe die Klägerin überzeugt, sich einen weiteren LKW anzuschaffen. Die Spedition und die Fahrer seien sehr zuverlässig. Eine Exklusivitätsvereinbarung mit der Klägerin ist daraus nicht ableitbar.

1.3.1.7 Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist allerdings - nur - für die Schweiztransporte durch den E-Mail-Verkehr vom 23.09.2013 (vorgelegt als Anlage zur Klageschrift) ab 25.09.2013 eine Ausschließlichkeit vereinbart. Mit E-Mail vom 23.09.2015 schrieb Herr E. für die Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin: „Im Anhang der Tarif Schweiz angepasst (7% höher als der Tarif in der vorherigen Mail). Sollten Sie diesem zustimmen, gehen alle Schweiz-Sendungen ab Mittwoch 25.09.2013 zur Firma D. T.“. Dieses Angebot hat der Geschäftsführer der Klägerin mit E-Mail vom gleichen Tag angenommen.

Soweit die Beklagte meint, es fehle an einer Willenserklärung der Beklagten, da die E-Mail nicht unterzeichnet sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die E-Mail vom 23.09.2013 endet mit den Worten „Mit freundlichen Grüßen Dieter E. „. Eine besondere Formbedürftigkeit für diese Willenserklärung ist nicht ersichtlich. Dass die E-Mail von Herrn E. stammte, zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel. Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht der Beklagten, mangels Angabe einer zeitlichen Grenze fehle es an einer Zusage der Exklusivität. Zum einen lässt sich insoweit auf die zeitliche Geltungsdauer des Rahmenvertrages - bis 31.12.2014 - zurückgreifen. Zum anderen hat die Zusage der Exklusivität nichts mit der Vertragsdauer zu tun.

Zeitlich unbegrenzt geltende Rahmenverträge sind ohne Weiteres möglich und können ggf. ordentlich gekündigt werden.

Soweit die Beklagte behauptet hat, die Erklärung bedeute nur, die Beklagte verliere die von der Klägerin zugesagten günstigen Tarife bei Aufkündigung der Vereinbarung, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Selbst wenn Herr E. nur eine dahingehende Willenserklärung abgeben wollte, ist diese aus Sicht des Erklärungsempfängers (Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl, § 133 Rz. 9), mithin des Geschäftsführers der Klägerin, auszulegen. Aus dessen Sicht konnte die E-Mail nur als Zusage der Exklusivität ab 25.09.2013 verstanden werden.

Soweit allerdings die Klägerin meint, aus dieser E-Mail ableiten zu können, sie hätte schon vor dem 23.09.2013 einen Anspruch auf alle Schweizaufträge gehabt, erschließt sich dies ebenfalls nicht. Die E-Mail lautet gerade nicht, die Klägerin erhalte ab 25.09.2013 „wieder“ alle Schweiztouren.

1.3.2. Der Auskunftsanspruch der Klägerin für die Schweiztouren ab 25.09.2013 umfasst nur die Auskunftserteilung als solche. Soweit die Klägerin zusätzlich die Vorlage von Ladescheinen gefordert hat, fehlt es an einer vertraglichen oder gesetzlichen Anspruchsgrundlage. Insoweit ist die Klage unbegründet und die Berufung verbleibt ohne Erfolg. Der Auskunftsanspruch aus § 242 BGB erstreckt sich nicht auf die Vorlage von Unterlagen oder Belegen (Grünberg in Palandt, BGB, 75. Aufl, § 260 Rz. 15).

1.4 Soweit der Auskunftsanspruch der Klägerin bestanden hat - für den Zeitraum vom 25.09.2013 bis 24.09.2014 -, ist dieser nach § 362 BGB erfüllt.

1.4.1 Die Beklagte hat mit dem als Anlage B 1 vorgelegten Schreiben vom 09.12.2014 die Auskunft erteilt, welche Schweiztouren ab 25.09.2013 bis 09.12.2014 die Beklagte an Drittunternehmen vergeben hat. Ob diese Auskunft richtig war, ist für die Frage der Erfüllung gleichgültig. Bestehen Anhaltspunkte, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde, kann die Klägerin entsprechend § 259 Abs. 2 BGB verlangen, dass die Beklagte die Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides Statt versichert.

1.4.2 Die Auskunftserteilung mit Schreiben vom 09.12.2014 (B 1) hat zur teilweisen Erledigung der Hauptsache geführt. Zu diesem Zeitpunkt war der bis 24.09.2014 erweiterte Auskunftsantrag bereits von der Klägerin erhoben. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung 19.11.2015 (Bl. 178 d. A.) erstmals gerügt hat, den erstinstanzlichen Schriftsatz der Klägerin vom 16.10.2014 (Bl. 66 d. A.) mit der Klageerweiterung (Auskunft für die Schweiztransporte bis 24.09.2014 statt nur bis 30.09.2013) habe sie zwar von Anwalt zu Anwalt erhalten, er sei aber durch das Gericht nicht zugestellt worden, ändert dies nichts. Im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 23.10.2014 (S. 3) wird als klägerischer Antrag der erweiterte Auskunftsantrag wiedergegeben. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag wurde von der Beklagten nicht gestellt. Damit erbringt das Urteil nach § 314 ZPO den Beweis dafür, dass der erweiterte Auskunftsantrag jedenfalls in der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz gestellt wurde.

2. Soweit das Landgericht den Antrag der Klägerin, nach Vorliegen der Auskünfte deren Richtigkeit an Eides Statt zu versichern, abgewiesen hat, war das Urteil samt Verfahren aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen:

Die von der Klägerin erhobene Stufenklage nach § 254 ZPO hat das Landgericht vollständig abgewiesen. Da der Senat anders als das Landgericht den Auskunftsanspruch teilweise für begründet, wenn auch zwischenzeitlich erfüllt, hält, ist ein Anspruch der Klägerin auf Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt entsprechend § 259 Abs. 2 BGB denkbar. Insoweit war das Urteil daher aufzuheben. Über diese - zweite - Stufe ist noch zu entscheiden.

Die Zurückverweisung erfolgt entsprechend § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO (vgl. BGH NJW 2006, S. 2626, 2627 Tz. 15). Die Klägerin hat Zurückverweisung beantragt.

3. Aus den oben Ziff. 2 dargestellten Gründen ist das erstinstanzliche Urteil samt Verfahren auch aufzuheben und der Rechtsstreit zurückzuverweisen, soweit das Landgericht die dritte Stufe der Stufenklage, den Antrag auf Zahlung entgangenen Gewinns in noch zu beziffernder Höhe, abgewiesen hat.

4. Ein Auskunftsanspruch der Beklagten bezüglich anderer Rundläufe als der Schweiztouren besteht nicht. Insoweit hat das Landgericht die Klage zutreffend abgewiesen und die Berufung der Klägerin verbleibt ohne Erfolg.

Die Parteien haben keine Exklusivität vereinbart, so dass der Klägerin auch bei Auftragserteilung an Drittunternehmen kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte und mithin kein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zustehen kann. Auf die Ausführungen oben Ziff. 1.3.1.1 bis 1.3.1.6 wird Bezug genommen. Anders als für die Schweiztouren ist hinsichtlich der anderen Rundläufe keine dem Vertragsschluss nachfolgende Vereinbarung vorgetragen, aus der sich ein Exklusivitätsrecht der Klägerin ableiten ließe.

Soweit die Klägerin ihren Auskunftsantrag bezüglich der Rundläufe im Bereich Bodensee /Schwarzwald in zweiter Instanz auf den Zeitraum bis 31.12.2014 erweitert hat, ist diese Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Der Antrag verbleibt aber in der Sache aus den dargestellten Gründen ohne Erfolg.

Da der Klägerin kein Auskunftsanspruch für die Rundläufe Bodensee /Schwarzwald zusteht, ist der erstmals in zweiter Instanz von der Klägerin - zulässigerweise nach § 533 Ziff. 1 und 2 ZPO - erhobene Antrag auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der zu erteilenden Auskünfte abzuweisen.

5. Soweit das Landgericht über die in erster Instanz teilweise, in zweiter Instanz vollständig einseitig für erledigt erklärten Anträge, dass die Beklagte der Klägerin Transportaufträge zur Belieferung der Kunden im Raum Bodensee /Schwarzwald bis 31.12.2014 erteilen müsse, entschieden hat, war das landgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit ebenfalls zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Eine teilweise Zurückverweisung ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass über den zurückverwiesenen Teil des Rechtsstreits in zulässiger Weise auch durch Teilurteil gemäß § 301 ZPO hätte entschieden werden können (BGH NJW 2011, S. 2800, 2801 Tz. 26). Ein Teilurteil ist bereits dann unzulässig, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht. Dabei genügt die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen in Bezug auf bloße Urteilselemente, ggf. auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht (BGH, a. a. O., Tz. 25). Mithin ist gegebenenfalls der gesamte Teil des Rechtsstreits, für den die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht, an das Landgericht zurückzuverweisen (BGH NJW 2011, S. 2800, 2802 Tz. 29).

Der Klägerin stand nach Ansicht des Senats von Anfang an kein Anspruch auf Erteilung von Transportaufträgen für den Raum Bodensee /Schwarzwald zu (s. oben Ziff. 1.3.1.1 bis 1.3.1.6). Indessen ist die Vorfrage, ob zwischen den Parteien Exklusivität zugunsten der Klägerin vereinbart wurde, in gleicher Weise relevant für die vom Landgericht noch zu treffende Entscheidung über den entgangenen Gewinn (dritte Stufe der Stufenklage). Die Entscheidung über die erste Stufe der Stufenklage schafft keine Bindungswirkung nach § 318 ZPO oder Rechtskraft für den Grund des Zahlungsanspruchs (BGH, Urteil vom 12.05.1975, II ZR 18/74, Juris Tz. 12). Mithin ist bei Prüfung eines Schadensersatzanspruchs erneut über die Vorfrage, ob Exklusivität zugunsten der Klägerin vereinbart war, zu befinden. Um die Gefahr widersprechender Entscheidungen zu vermeiden, ist der Rechtsstreit daher auch bezüglich des - nunmehr insgesamt für erledigt erklärten - Antrags auf Erteilung von Transportaufträgen für den Raum Bodensee /Schwarzwald an das Landgericht zurückzuverweisen.

6. Soweit das Landgericht den Antrag der Klägerin auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen abgewiesen hat, war das Urteil aufzuheben und samt Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs bezüglich der Schweiztouren ab 25.09.2013 (vgl. oben Ziff. 3) können auch außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten sein.

7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

8. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch höchstrichterliche Urteile geklärt.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Jan. 2016 - 23 U 4433/14

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Jan. 2016 - 23 U 4433/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Jan. 2016 - 23 U 4433/14 zitiert 23 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 538 Zurückverweisung


(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 259 Umfang der Rechenschaftspflicht


(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 93 Kosten bei sofortigem Anerkenntnis


Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 301 Teilurteil


(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

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Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Jan. 2016 - 23 U 4433/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Jan. 2016 - 23 U 4433/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 31/08

bei uns veröffentlicht am 22.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 31/08 Verkündet am: 22. April 2010 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 31/08 Verkündet am:
22. April 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB ist auch auf Primärleistungsansprüche
und vertragliche Aufwendungsersatzansprüche aus Frachtverträgen anzuwenden.
BGH, Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 31/08 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Januar 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Nichterfüllung einer Vereinbarung über den Einsatz von Transportfahrzeugen im Februar 2004 auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Die Parteien standen seit April 2003 in Geschäftsbeziehungen zueinander. Ab 15. Oktober 2003 führte der Kläger für die Beklagte mit bis zu neun Fahrzeugen Transporte im Nahverkehr durch. Die Vergütung der Fahrten erfolgte in der Weise, dass nicht der Kläger Rechnungen stellte, sondern die Beklagte dem Kläger Gutschriften erteilte.
2
Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 29. Januar 2004 die Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses "zum 31.1.2004". Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass das Vertragsverhältnis erst zum 29. Februar 2004 beendet worden sei. Er hat behauptet, zwischen ihm und der Beklagten sei eine Kündigungsfrist von einem Monat (jeweils zum Monatsende ) vereinbart worden.
3
Mit der am 9. Mai 2006 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger Zahlung in Höhe von 52.077,88 € nebst Zinsen geltend, und zwar den Umsatzverlust für den Monat Februar 2004 (51.266 €) und die Kosten des vorprozessualen Anwaltsschreibens vom 8. Juli 2005 (811,88 €).
4
Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche nach Grund und Höhe bestritten und zudem die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien sei nach den frachtrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Demzufolge gelte hinsichtlich der für Februar 2004 geltend gemachten Frachtvergütungsansprüche die einjährige Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB. Ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 435 HGB könne ihr nicht angelastet werden , da sie von der Wirksamkeit ihrer Kündigung zum 31. Januar 2004 habe ausgehen dürfen.
5
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger für Februar 2004 eine Vergütung in Höhe von 30.985,27 € und 649,02 € für außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
6
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Vergütungsanspruch für die im Februar 2004 entgangenen Umsätze wegen Annahmeverzugs der Beklagten aus den zwischen den Parteien abgeschlossenen "Lohnfuhrverträgen" i.V. mit § 615 BGB analog in Höhe von 30.985,27 € zu, der nicht verjährt sei. Dazu hat es ausgeführt:
8
Zwischen den Parteien seien in Bezug auf einzelne Tagestouren (Dauer -)Rahmenfrachtverträge geschlossen worden. Der Vergütungsanspruch des Klägers ergebe sich aus der Nichtannahme der in den Rahmenverträgen festgelegten Leistungen durch die Beklagte. Dementsprechend sei § 615 BGB analog Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Klägers, weil die Rahmenfrachtverträge wegen ihrer weitgehenden Festlegungen hinsichtlich der täglich durchzuführenden Touren eine starke dienstvertragliche Komponente aufwiesen.
9
Die Kündigung zum 31. Januar 2004, die die Beklagte am 29. Januar 2004 ausgesprochen habe, sei unwirksam gewesen. Ein Recht zur fristlosen Kündigung der Rahmenfrachtverträge wegen einer Schlechtleistung des Klägers habe nicht bestanden. Bei einem frachtvertraglichen Dauerschuldverhältnis beurteile sich die Kündigungsfrist zwar nach § 621 BGB analog, wenn anderweitige Abreden fehlten; die gesetzliche Kündigungsfrist habe somit gemäß § 621 Nr. 1 BGB an sich einen Tag betragen, weil die Touren nach Tagen abgerechnet worden seien. Im Streitfall hätten die Parteien jedoch eine § 621 BGB verdrängende Abrede getroffen. Das Landgericht sei aufgrund von Zeugenaussagen rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte bei der Kündigung der Rahmenfrachtverträge eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende habe einhalten müssen. Dementsprechend habe die Kündigung vom 29. Januar 2004 die Rahmenfrachtverträge erst zum 29. Februar 2004 beendet. Die Darlegungen des Landgerichts zur Höhe des dem Kläger zustehenden Anspruchs seien ebenfalls zutreffend.
10
Die Vergütungsforderung des Klägers sei nicht verjährt, weil der geltend gemachte Anspruch einer dreijährigen Verjährungsfrist unterliege und die Klage am 12. Mai 2006 zugestellt worden sei. Bei dem Vergütungsanspruch des Klägers aus § 615 BGB analog handele es sich um einen übergreifenden Anspruch , der über die einzelnen Transportfahrten hinausgehe und daher gemäß § 195 BGB in drei Jahren verjähre. Aber auch dann, wenn der streitgegenständliche Anspruch dem Anwendungsbereich des § 439 Abs. 1 HGB unterfalle, sei keine Verjährung eingetreten, weil die Voraussetzungen des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB erfüllt seien. Die Beklagte habe den Ausfall der Transportfahrten im Februar 2004 vorsatzgleich i.S. von § 435 HGB herbeigeführt.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung mit Recht nicht durchgreifen lassen.
12
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Parteien im Jahre 2003 für einzelne vom Kläger zu bedienende Touren (beispielsweise für die Touren E. und S. -Stadt) auf Dauer angelegte Rahmenverträge mit frachtrechtlichem Inhalt geschlossen haben. In den zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommenen Dauerschuldverhältnissen sind bereits alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere konkrete Touren und die Höhe der von der Beklagten zu zahlenden Vergütung - entweder eine Tagespauschale oder Abrechnung nach Leistung -, festgelegt worden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sollte der Kläger als Subunternehmer für die Beklagte Transportfahrten im Nahverkehr durchführen. Mithin stand die Beförderung von Frachtgut und nicht die Überlassung von Transportmitteln und Fahrerpersonal im Vordergrund der rechtlichen Beziehungen der Parteien zueinander. Die Revisionserwiderung wendet sich auch nicht gegen die Annahme eines frachtrechtlichen Rahmenvertrags.
13
2. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die als Dauerschuldverhältnisse ausgestalteten Rahmenverträge seien aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2004 nicht - wie von der Beklagten angestrebt - bereits zum 31. Januar, sondern erst zum 29. Februar 2004 beendet worden, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
14
a) Die Beklagte hat ihre Kündigung zwar auf ein außerordentliches Kündigungsrecht gestützt, da sie zur Begründung angeführt hat, die Qualität der Fahrer des Klägers entspreche nicht ihrem Niveau, so dass die Kündigung "leider unumgänglich" sei. Mit Recht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen , dass das Vorbringen der Beklagten für eine sofortige Beendigung der Vertragsbeziehungen durch eine außerordentliche Kündigung nicht ausreicht. Insbesondere hat die Beklagte nicht dargelegt, dass sie dem Kläger zuvor eine gemäß § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderliche angemessene Frist zur Abhilfe von konkret erhobenen Beanstandungen gesetzt hatte.
15
b) Bei einem Dauerschuldverhältnis mit frachtrechtlichem Inhalt richtet sich die Kündigungsfrist grundsätzlich nach § 621 BGB analog (vgl. Koller, Transportrecht, 6. Aufl., § 415 HGB Rdn. 33; Heymann/Schlüter, HGB, 2. Aufl., § 415 Rdn. 14). Da die einzelnen Touren tageweise abgerechnet werden sollten , hätte die Frist für eine ordentliche Kündigung nach § 621 Nr. 1 BGB analog einen Tag betragen mit der Folge, dass die Kündigung vom 29. Januar zum 31. Januar 2004 wirksam gewesen wäre. Die Anwendung des § 621 BGB kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Parteien keine anderweitige Abrede hinsichtlich der Kündigungsfrist getroffen haben. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, haben die Parteien in einer Besprechung am 12. Dezember 2003 vereinbart, dass die Beklagte die mit dem Kläger geschlossenen Rahmenfrachtverträge - abgesehen von einer Kündigung aus wichtigem Grund - nur unter Einhaltung einer Kündi- gungsfrist von einem Monat zum Monatsende kündigen können sollte. Danach hat die Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2004 die Rahmenverträge - wie vom Berufungsgericht angenommen - erst zum 29. Februar 2004 beendet. Die Revision nimmt diese Beurteilung auch hin.
16
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch allerdings nicht aus § 615 BGB analog, sondern gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 241 Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Da die aus den Rahmenverträgen resultierenden Einzelansprüche der Höhe nach nicht feststehen, kommt nur die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs in Betracht. Dem Kläger steht für Februar 2004 dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu, weil die zwischen den Parteien im Jahre 2003 geschlossenen Rahmenverträge nicht bereits zum 31. Januar , sondern erst zum 29. Februar 2004 beendet worden sind und die Beklagte sich ab dem 1. Februar 2004 unstreitig geweigert hat, dem Kläger weiterhin Transportaufträge zu erteilen.
17
a) Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung kommen grundsätzlich auch bei Verletzung der aus einem Rahmenvertrag resultierenden Pflichten in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1992 - VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978; Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 145/97, TranspR 2000, 214, 217). Es ist zudem anerkannt, dass die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs bei Dauerschuldverhältnissen dann gegeben sind, wenn eine Kündigung schuldhaft ohne Grund erfolgt (vgl. BGHZ 89, 296, 302 f. zur Kündigung eines Mietverhältnisses ; BGH, Urt. v. 14.1.1988 - IX ZR 265/86, NJW 1988, 1268, 1269 zur Kündigung eines Pachtvertrages; BGH TranspR 2000, 214, 217 f.).
18
b) Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet und ist demzufolge von ihr zu widerlegen. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe sich für berechtigt gehalten, die Vertragsbeziehungen zum Kläger durch eine Kündigung sofort beenden zu können. Entweder befand sie sich hierbei in einem Rechtsirrtum, wobei sie das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung zu tragen hätte (vgl. BGHZ 89, 296, 303; BGH TranspR 2000, 214, 218), oder handelte gar - wie das Berufungsgericht angenommen hat - vorsätzlich (dazu unten unter II 5 c).
19
4. Das Landgericht, dessen Ausführungen sich das Berufungsgericht auch insoweit zu eigen gemacht hat, hat für Februar 2004 einen Umsatzverlust des Klägers aufgrund der unterbliebenen Erteilung von Frachtaufträgen in Höhe von 30.985,27 € netto festgestellt. Darüber hinaus hat es einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 649,02 € für begründet erachtet. Dagegen wird von der Revision ebenfalls nichts erinnert.
20
5. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife nicht durch.
21
a) Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Umsatzausfalls unterliegt allerdings nicht - wie das Berufungsgericht in erster Linie angenommen hat - der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Maßgeblich ist vielmehr die spezielle frachtrechtliche Verjährungsvorschrift des § 439 Abs. 1 HGB. Die zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenverträge enthalten konkrete frachtvertragliche Einzelabreden und unterfallen damit § 407 HGB. Der Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 241 Abs. 2 BGB beruht darauf, dass die Beklagte den Kläger trotz bestehender Vertragsbeziehungen im Februar 2004 nicht wie in den Rahmenverträgen vorgesehen mit der Durchführung von Transporten beauftragt hat. Damit resultieren die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus den - den §§ 407 bis 452 HGB unterliegenden - Beförderungen (vgl. BGH TranspR 2000, 214, 217 f.; BGH, Urt. v. 15.1.2009 - I ZR 164/06, TranspR 2009, 132 Tz. 16).
22
b) Gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB beträgt die Verjährungsfrist für Ansprüche aus einer den §§ 407 bis 452 HGB unterliegenden Beförderung grundsätzlich ein Jahr. Danach wäre hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruches Verjährung eingetreten, da der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 2 Satz 2 HGB spätestens am 1. März 2004 eingesetzt hat und die Klage erst am 9. Mai 2006 beim Landgericht Stuttgart eingereicht worden ist. Nach § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB verlängert sich die Verjährungsfrist bei Vorsatz oder einem dem Vorsatz gemäß § 435 HGB gleichstehenden Verschulden allerdings auf drei Jahre. Für die im Streitfall erhobene Forderung gilt diese dreijährige Verjährungsfrist.
23
aa) Der Kläger verlangt der Sache nach eine Frachtvergütung für die im Februar 2004 nicht erteilten Einzelaufträge, wie auch seine Berechnung der geltend gemachten Schadensersatzforderung zeigt, die sich an den im Januar 2004 erzielten Umsätzen orientiert. Wirtschaftlich gesehen macht der Kläger mithin einen sekundären Erfüllungsanspruch für Februar 2004 geltend. In einem solchen Fall verjährt der Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 241 Abs. 2 BGB in derselben Zeit wie der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.1968 - VII ZR 84/67, NJW 1968, 1234; Urt. v. 21.1.2004 - IV ZR 44/03, NJW 2004, 1161, 1162).
24
bb) Ob die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf primäre Erfüllungs- und vertragliche Aufwendungsersatzansprüche aus Frachtverträgen anwendbar ist, ist umstritten. Die eine Anwendbarkeit ableh- nende Auffassung weist vor allem darauf hin, dass andernfalls jede Zahlungsverweigerung zu einer Verlängerung der einjährigen Verjährungsfrist führe, weil diese praktisch immer vorsätzlich erfolge. Auch der Wortlaut des Gesetzes spreche gegen eine Anwendung des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf primäre Erfüllungs - oder Aufwendungsersatzansprüche. Der Begriff des Vorsatzes sei im deutschen Recht wie im internationalen Transportrecht ein schadensersatzrechtlicher Begriff. Er beziehe sich auf die Verletzung von Verhaltensnormen die zu einer Schädigung von Rechtsgütern oder Vermögenspositionen Dritter führten (OLG Frankfurt a.M., TranspR 2005, 405 f.; MünchKomm.HGB/Herber/ Eckardt, 2. Aufl., § 439 Rdn. 12; Köper TranspR 2006, 191 ff.).
25
Die eine Anwendung befürwortende Auffassung verweist demgegenüber darauf, dass der Wortlaut des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB sowohl Primär- als auch Sekundärleistungsansprüche erfasse. Die objektive ratio legis des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB passe für beide Anspruchsformen. Eine Differenzierung nach Primär- und Sekundärleistungspflichten führe auch zu Wertungswidersprüchen , weil die Schlechterstellung des Erfüllungs- gegenüber dem Schadensersatzanspruch nicht zu begründen sei (vgl. Koller, VersR 2006, 1581 ff.; ders., Transportrecht, 6. Aufl., § 439 HGB Rdn. 27; Schaffert in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 439 Rdn. 18; Andresen in Andresen/ Valder, Speditions-, Fracht- und Lagerrecht, § 439 HGB Rdn. 19; Rabe in Gedächtnisschrift für Helm, 2001, 301, 303).
26
cc) Der Senat schließt sich der Ansicht an, die eine Anwendung des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf Primärleistungsansprüche bejaht.
27
Die Verjährungsvorschrift des § 439 Abs. 1 HGB orientiert sich nach der Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes in ihren Grundentscheidungen allerdings weitgehend an Art. 32 Abs. 1 CMR (BT-Drucks. 13/8445, S. 77). Für die dreijährige Verjährungsfrist gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR hat der Senat im Jahre 1981 eher beiläufig entschieden, dass diese Regelung auf den vertraglichen Erfüllungsanspruch des Frachtführers nicht anwendbar ist, sondern sich lediglich auf Schadensersatzansprüche und gegebenenfalls auf gesetzliche Ansprüche ähnlichen Inhalts bezieht (BGH, Urt. v. 11.12.1981 - I ZR 178/78, VersR 1982, 649, 650). Hieran hält der Senat nicht mehr fest.
28
(1) Weder die Bestimmung des Art. 32 Abs. 1 CMR noch die des § 439 Abs. 1 HGB differenzieren nach der Art der Ansprüche. Nach ihrem Wortlaut erfassen beide Bestimmungen alle Leistungs- und sonstigen Verhaltenspflichten , die vorsätzlich oder qualifiziert vorwerfbar missachtet werden können.
29
(2) Die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 13/8445, S. 77 f.) bieten für die Bestimmung des Anwendungsbereichs von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB kein klares Bild. Zu § 439 Abs. 1 HGB heißt es, dass die Vorschrift gegenüber § 196 Abs. 1 Nr. 3 BGB (a.F.) lex specialis sei. Als Anwendungskriterium sei allein der Umstand maßgeblich, dass sich der geltend gemachte Anspruch "aus einer den Vorschriften dieses Unterabschnitts [damit sind die §§ 407 bis 452 HGB gemeint ] unterliegenden Beförderung" ergebe (BT-Drucks. 13/8445, S. 77). Die Verjährungsregelung gelte unabhängig davon, von welcher Seite der Anspruch geltend gemacht werde und auf welchem Rechtsgrund er beruhe. Erfasst würden alle vertraglichen Ansprüche, auch solche aus der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten, soweit diese unmittelbar zur "Beförderung" gehörten und sich nicht etwa aus einer selbständigen vertraglichen Abrede ergäben. Ein Hinweis auf eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf Sekundärleistungsansprüche findet sich in den Gesetzesmaterialien nicht.
30
Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf reine Schadensersatzansprüche kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass es in der Gesetzesbegründung heißt, die Vorschrift entspreche in der Sache weitgehend dem geltenden Recht in Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 CMR, § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 lit. c KVO, § 439 Satz 1 i.V. mit § 414 Abs. 1 und 2 HGB (a.F.), § 94 Abs. 1 Satz 1 und 2 lit. c EVO (a.F.) und Art. 58 § 1 Satz 1 und 2 lit. c CIM (1990). Es fällt zwar auf, dass Art. 58 § 1 Satz 2 lit. a und b CIM, § 94 Abs. 1 Satz 2 lit. a und b EVO und § 40 Abs. 1 Satz 2 lit. a und b KVO, die die Ansprüche auf Auszahlung einer eingezogenen Nachnahme bzw. des Verkaufserlöses in die verlängerte Verjährungsfrist einbezogen hatten, in der Gesetzesbegründung nicht erwähnt werden. Über die hierfür maßgeblichen Gründe finden sich in den Materialien jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Eine verjährungsrechtliche Schlechterstellung der Primärleistungsansprüche gegenüber den Sekundäransprüchen kann auf diesen Umstand jedenfalls nicht gestützt werden.
31
In anderen Vertragsstaaten der CMR wird die Frage, ob die dreijährige Verjährungsfrist des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR auch für Erfüllungs- und erfüllungsgleiche Ansprüche gilt, nicht einheitlich beurteilt (eine Anwendung bejahend : Clarke, CMR, 5. Aufl. [2009], S. 128 Fn. 134; vgl. auch Paris BullT 1989, 46, 47; verneinend österr. OGH, Entscheidung v. 5.11.1980 - 6 Ob 740/80).
32
(3) Es ist auch kein plausibler Grund ersichtlich, der eine frühere Verjährung von Primärleistungsansprüchen gegenüber Schadensersatzansprüchen bei Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens des Schuldners rechtfertigt. Es wäre vielmehr widersprüchlich, wenn Schadensersatzansprüche gegenüber sonstigen Leistungsansprüchen, die vorsätzlich nicht erfüllt werden, privilegiert würden (Koller aaO § 439 HGB Rdn. 27; ders., VersR 2006, 1581, 1583).
33
Das vom OLG Frankfurt (TranspR 2005, 405, 406) und Herber/Eckardt (MünchKomm.HGB, 2. Aufl., § 439 Rdn. 12) gegen eine Anwendung von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf Primärleistungsansprüche ins Feld geführte Bedenken, es käme dann zu einer Umkehrung des im Gesetz bestimmten Regel-/Ausnahmeverhältnisses der ein-/dreijährigen Verjährungsfrist, weil praktisch betrachtet jede Nichterfüllung eines vertraglichen Vergütungs- oder Aufwendungsersatzanspruches vorsätzlich geschehe, ist nicht begründet. Diese Sichtweise berücksichtigt nicht genügend, dass im Zivilrecht - anders als im Strafrecht - ein Rechtsirrtum entsprechend den jeweils maßgeblichen Verschuldensformen entlastend wirkt. Der Vorsatz entfällt, wenn der Schuldner - aus welchen Gründen auch immer - der Ansicht ist, nicht zu schulden, bereits aufgerechnet zu haben oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen zu können. Eine die Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auslösende vorsätzliche Nichtzahlung ist dem Schuldner erst dann vorzuwerfen, wenn er entgegen besserem Wissen die Existenz eines Anspruchs abstreitet oder wider besseres Wissen behauptet, dass der gegen ihn gerichtete Anspruch nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden sei (Koller, VersR 2006, 1581, 1583; Köper, TranspR 2006, 191, 194). Liegt auf der Hand, dass die vom Schuldner für die Leistungsverweigerung genannten Gründe nur vorgeschoben sind, gibt es keinen vernünftigen Grund, ihm die Rechtswohltat der besonders kurzen Verjährung des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB zugute kommen zu lassen (vgl. Koller, VersR 2006, 1581, 1583; ebenso zu Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 32 CMR Rdn. 11).
34
c) Das qualifizierte Verschulden i.S. von § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB muss sich auf das den Schaden verursachende Verhalten des Schuldners beziehen. Dementsprechend kommt § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB zur Anwendung, wenn der Schuldner seine ihm dem Gläubiger gegenüber obliegenden Pflichten vorsätzlich oder zumindest leichtfertig und rechtswidrig nicht erfüllt. Auf welcher Grund- lage der Schadensersatzanspruch gestützt wird, ist grundsätzlich ohne Bedeutung , so dass § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auch bei einem Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 HGB zum Tragen kommt (Koller aaO § 439 HGB Rdn. 27; ders., VersR 2006, 1581, 1583; Schaffert aaO § 439 Rdn. 18; a.A. Köper, TranspR 2006, 191, 195 f.).
35
Das Berufungsgericht hat das qualifizierte Verschulden der Beklagten darauf gestützt, dass sie die vom Kläger angebotene Durchführung der vereinbarten Transporte wider besseres Wissen und damit leichtfertig i.S. von § 435 HGB abgelehnt hat. Die Beklagte habe bei Ausspruch der Kündigung am 29. Januar 2004 gewusst, dass eine ordentliche Kündigung zum 31. Januar 2004 nicht möglich gewesen sei. Daher habe sie eine "fristlose" Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen versucht. Diese sei jedoch wirkungslos gewesen , weil eine fristlose Kündigung gemäß § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB - der bei der Kündigung von Rahmenfrachtverträgen Anwendung finde - nur nach erfolgloser Abmahnung oder angemessener Fristsetzung zur Abhilfe möglich sei. Dies sei der Beklagten als im Geschäftsleben erfahrener Unternehmerin auch bewusst gewesen. Diese Beurteilung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
36
III. Danach ist die Revision der Beklagten gegen das Berufungsurteil mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 19.04.2007 - 26 O 202/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.01.2008 - 3 U 105/07 -

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.