Oberlandesgericht München Urteil, 19. Jan. 2016 - 18 U 2856/15 Pre

bei uns veröffentlicht am19.01.2016
vorgehend
Landgericht München I, 9 O 24565/14, 08.07.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 08.07.2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in Ziff. 1 lit. a des landgerichtlichen Urteils heißt:

„M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“ zu behaupten, und dass insoweit die Äußerung auf Seite 1 der Zeitschrift „F. R. „, Nr. 40/2014 vom 24.09.2010, betroffen ist.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung von seinen Gesundheitszustand betreffenden Äußerungen in Anspruch, welche im Heft Nr. 40/2014 der von der Beklagten verlegten Zeitschrift „F. R. „ vom 24.09.2014 veröffentlicht worden sind.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes, insbesondere der den Gegenstand des Rechtsstreits in erster Instanz bildenden Äußerungen, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 08.07.2015 verwiesen.

Das Landgericht hat der Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen und unter Ordnungsmittelandrohung der Beklagten untersagt bzw. die Beklagte verurteilt,

1. a. in Bezug auf den Kläger durch die Darstellung „M. S. - Seine ersten Worte geben Hoffnung“ den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe nach seinem Unfall am 29.12.2013 mit dem Sprechen begonnen,

b. in Bezug auf den Gesundheitszustand des Klägers zu behaupten und/oder zu verbreiten, der Kläger solle „(...) mit Unterbrechungen bei Bewusstsein sein“,

c. in Bezug auf den Kläger zu behaupten/behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen,

aa) dieser könne „(...) offenbar schon bruchstückhaft sprechen.“,

bb) „Er antwortet mit einigen Worten oder durch Kopfschütteln mit 'Ja' oder 'Nein' auf Fragen, die man ihm stellt.“, so wie dies in der Zeitschrift „F. R. „ Nr. 40/2014 vom 20.09.2014 und dort auf Seite 1 und Seite 6/7 unter der Überschrift „M. S. - Wunderbare Nachrichten - Seine ersten Worte geben so viel Hoffnung“ geschehen ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 678,45 € und weitere 830,40 € jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2015 zu bezahlen.

Soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat, führt es zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Kläger habe gemäß § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB analog, Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Unterlassung der unter Ziff. 1 lit. b und c wiedergegebenen drei Äußerungen; denn dabei handele es sich um Tatsachenbehauptungen, die sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzten und unter Abwägung mit dem Berichtsinteresse der Öffentlichkeit nicht zulässig seien.

Diese Tatsachenbehauptungen zum Bewusstseinszustand des Klägers des Klägers und dessen Sprech- und Kommunikationsvermögen eröffneten einen Einblick in den Gesundheitszustand des Klägers. Dieser sei jedoch zutiefst privat und jedem Blick der Öffentlichkeit entzogen. Somit greife die Berichterstattung in die Privatsphäre des Klägers ein. Aus Sicht der Kammer überwiege im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Schutzinteresse des Klägers das Berichtsinteresse der Beklagten. Da auch die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt sei, habe der Kläger einen Anspruch auf Unterlassung.

Für das Berichtsinteresse der Beklagten streite die überlegene Bekanntheit des Klägers, der einer der bekanntesten deutschen Staatsbürger sein dürfte. Der Kläger habe herausragende Erfolge in Motorsport-Wettbewerben erzielt; Personen, die deutschsprachige Medien wahrnähmen, könnten „seiner Bekanntheit praktisch nicht ausweichen“. Dies habe sich auch nach dem Ausstieg des Klägers aus der Formel 1 fortgesetzt; infolge seines tragischen Unfalls habe die Bekanntheit des Klägers einen weiteren Höhepunkt erreicht. Das Berichtsinteresse werde unter anderem dadurch genährt, dass der Kläger beim Skifahren gestürzt sei, der Unfall sich daher in einer für viele Menschen nachvollziehbaren Weise ereignet habe. Nicht nur die allgemeine Anteilnahme, sondern auch die Anteilnahme Prominenter habe dazu geführt, dass das Sturzereignis, aber auch der Krankenhausaufenthalt bzw. der Heilungsprozess öffentlich thematisiert worden seien. Auch die Familie des Klägers und dessen Pressesprecherin hätten zu dem Berichtsinteresse durch einzelne Bulletins und die dadurch vermittelte Re-Aktualisierung des zunächst nur anfangs bekannten Zustands beigetragen. Trotzdem streite für das Berichtsinteresse wohl nur eine sehr zurückhaltend zu bewertende Orientierungsfunktion für den Leser; die Kammer sehe ein deutliches Überwiegen eines breiten Voyeurismus.

Dem stehe das Schutzinteresse des Klägers im Hinblick auf seine Privatsphäre gegenüber. Die Berichterstattung beschränke sich nicht auf „Allgemeinplätze“ zum Zustand eines hirnverletzten und lange neurochirurgisch behandelten Menschen, sondern teile konkrete Gesundheitsdaten mit. Sie vermittele Informationen, die nur durch eine Person in unmittelbarer Nähe des Klägers, wahrscheinlich sogar mit medizinischer Grundbildung, erlangt werden könnten. Hinzu komme, dass diese Informationen so grundlegende Fähigkeiten und Zustandsaspekte des Klägers berührten, dass sie dessen für die breite Öffentlichkeit gar nicht konkret vorstellbare Einschränkungen nach der schweren Verletzung plastisch erscheinen ließen. Sie machten das aufgrund der Mitteilungen der Familie und der Ärzte nur diffus bekannte Zustandsbild des Klägers („Momente des Erwachens“) in einer Weise für den Laien begreiflich, die über die allenfalls durch fiktive Fernsehserien vermittelte Vorstellung eines Erwachens aus dem Koma hinausgehe. Der Kläger sei auch räumlich in seiner Privatsphäre betroffen. Denn für ihn seien alle denkbaren Vorkehrungen getroffen worden, um ihn in seiner unfallbedingten Versehrtheit dem öffentlichen Blick zu entziehen.

Das Schutzinteresse des Klägers überwiege das Berichtsinteresse der Beklagten. Die Kammer verkenne nicht, dass der Kläger seine außerordentliche Prominenz durch seine Profi-Laufbahn als Motorsportler selbst gefördert habe. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich somit deutlich vom Fall eines Patienten, der erst durch den Unfall berühmt geworden sei. Gleichwohl bleibe auch bei dem prominenten Kläger der Kernbereich seiner gesundheitlichen Befindlichkeit geschützt. Der Heilungsverlauf bei einem Sturzpatienten mit einer schwerwiegenden Hirnverletzung könne für die Leser, die mit einem derart schwerwiegenden Unfall in ihrem Umfeld nicht häufig konfrontiert würden, nur wenig Orientierungsfunktion leisten. Der alltägliche Umgang der Familie des Klägers mit dem Schicksalsschlag werde nicht beschrieben. Die Berichterstattung sei zwar ohne weiteres geeignet, voyeuristischer Begierde Nahrung zu geben, nicht jedoch eine ernsthafte Orientierung zum Heilungsverlauf von Schädel-Hirn-Verletzungen oder gar zum Umgang mit schweren Krankheiten im Allgemeinen zu leisten.

Hinzu komme ein weiterer Aspekt. Die berichtete gesundheitliche Entwicklung des Klägers sei zwar - sofern zutreffend berichtet worden sein sollte - erfreulich. Dennoch vermittele sie eine sehr bildliche Vorstellung eines hilflosen, auf allenfalls wenige Worte und Gesten beschränkten Patienten. Diese Vorstellung stehe in einem besonders auffälligen Kontrast zu dem Bild, das die Öffentlichkeit vor dem Unfall vom Kläger habe gewinnen können. Der Kläger werde in besonders hilf- und schutzloser, in seinen Fähigkeiten dramatisch eingeschränkter Mensch gezeichnet. Dadurch werde der Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und die Verletzung seiner Würde umso mehr verstärkt. Der Kläger werde in besonders fasslicher Weise seiner Privatheit entrückt und zum Gegenstand spekulativer Hoffnung und voyeuristischer Betrachtung gemacht.

Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht aufgrund der dem Kläger zurechenbaren Pressemitteilung seiner Pressesprecherin oder weiterer Verlautbarungen aus seinem Umfeld. Zwar könne sich niemand auf ein Recht auf Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Die Familie habe es offenbar zunächst zugelassen, dass sich die Ärzte zum Zustand des Klägers geäußert hätten; in der Folgezeit hätte sie dann aber - gerichtsbekannt - um Wahrung einer gewissen Privatheit gebeten. Zugleich hätten die Familie und die Pressesprecherin immer wieder wohl abgewogene, eher allgemein abgefasste Statements - wie etwa der Kläger zeige „Momente des Bewusstseins und Erwachens“, er liege nicht mehr im Koma, er habe „in den vergangenen Wochen und Monaten der Schwere seiner Verletzungen entsprechende Fortschritte gemacht, es liege aber noch ein langer Weg vor ihm“ - veröffentlicht. Die mitgeteilten Informationen seien allerdings erkennbar so vage und abstrakt gehalten, dass sie gerade keinen konkreten Eindruck davon vermittelten, in welchem gesundheitlichen Zustand sich der Kläger befinde und wie sich dieser äußere. Dementsprechend werte die Kammer das Verhalten der Familie und der Pressesprecherin nicht als Selbstpreisgabe des Klägers. In Anbetracht des hier betroffenen Kerns der Privatsphäre seien die Voraussetzungen für die Annahme einer Selbstpreisgabe eng auszulegen. Die veröffentlichten Statements vermieden gerade Details, Symptome und konkrete Beschreibungen. Deshalb hätten die Familie des Klägers und dessen Pressesprecherin durch ihre Verlautbarungen die Privatsphäre des Klägers keineswegs bis zu dem Punkt aufgegeben, dass einzelne Details bzw. Symptome berichtet werden dürften. Die Kammer folge insoweit auch nicht der Auffassung der Beklagten, dass es zu den Aufgaben der Presse gehöre, solche allgemeinen und abstrakten Angaben zu präzisieren und anschaulich zu machen. Gerade die Verbildlichung durch die streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen eröffne erst den Blick auf den konkreten gesundheitlichen Zustand des Patienten, gewissermaßen auf das Krankenlager, der durch die abstrakte Mitteilung gerade nicht vermittelt worden sei und auch nicht habe vermittelt werden sollen.

Der Kläger habe ferner gemäß § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB analog, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Unterlassung, dass durch die Darstellung, „M. S. - Seine ersten Worte geben Hoffnung“ der Eindruck erweckt werde, der Kläger habe nach seinem Unfall am 29.12.2013 mit dem Sprechen begonnen (Ziff. 1 lit. a des Urteils- tenors).

Ausgehend vom Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch lasse sich der Äußerung „M. S. - Seine ersten Worte geben Hoffnung“ zunächst und zwanglos die Tatsachenbehauptung entnehmen, dass der Kläger erste Worte artikuliert habe. Die Annahme, dass der Kläger seine ersten Worte geschrieben habe, sei nachgerade fernliegend. Über den Wortlaut hinaus werde dadurch aus Sicht eines unbefangenen, durchschnittlichen Lesers zwangsläufig der Eindruck erweckt, dass der Kläger begonnen habe zu sprechen. Aus dem Umstand, dass es sich um die ersten Worte des Klägers handele, lasse sich zwingend folgern, dass es sich um einen Beginn handele; das Artikulieren der Worte sei ein Sprechen. Die Argumentation der Beklagten, dass unter „Sprechen“ eine verschiedene Ebenen der Kommunikation umfassende Abfolge in einem Sinnzusammenhang zu verstehen sei, erscheine bereits vor dem Hintergrund fraglich, dass der durchschnittliche Zeitungsleser seinem Verständnis nicht den soziologischen oder kommunikationswissenschaftlichen Begriff von „Sprechen“, sondern den allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde lege. Letztlich komme es darauf aber nicht an; denn selbst wenn man den von der Beklagten vorgetragenen engen Begriff des „Sprechens“ zugrunde legen wollte, wäre der Eindruck gleichwohl der, dass der Kläger damit erst begonnen habe, also am Anfang stehe und nicht bereits mehrschichtig bzw. auf mehreren Ebenen kommuniziere. Der Kläger vergleiche dies zutreffend mit der Sprachentwicklung eines kleinen Kindes. Aufgrund dessen erwecke die angegriffene Aussage zur Überzeugung der Kammer den unabweislichen Eindruck, dass der Kläger mit dem Sprechen begonnen habe.

Diese verdeckte Tatsachenaussage verletze - wie im Übrigen auch die offene Aussage, „seine ersten Worte“ gäben Hoffnung - das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Denn dadurch werde eine Aussage zum Sprach- und Kommunikationsvermögen des Klägers im Rahmen der Entwicklung von dessen Gesundheitszustand getroffen. Dies sei vom geschützten Bereich der Privatsphäre umfasst, die in der Abwägung mit dem Berichtsinteresse der Beklagten letzteres überwiege. Insoweit könne auf die Ausführungen zu den unter lit. b und c wiedergegebenen Äußerungen Bezug genommen werden.

Gegen das ihr am 17.07.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.08.2015, beim Oberlandesgericht München eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt, soweit der Klage stattgegeben worden war, und diese mit weiterem Schriftsatz vom 27.08.2015, eingegangen am selben Tage, begründet.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Das Landgericht sei zu einem unzutreffenden Abwägungsergebnis gelangt, weil es diejenigen Äußerungen, bezüglich derer es die Klage als begründet angesehen habe, im Detail nicht zutreffend gewürdigt, das Schutzinteresse des Klägers widersprüchlich beurteilt und dessen mediale Selbstöffnung zu Unrecht verneint habe bzw. unberücksichtigt lasse.

Dies gelte insbesondere für die unter Ziff. 1 lit. b des Urteilstenors untersagte Äußerung, dass der Kläger „mit Unterbrechungen bei Bewusstsein“ sei. Diese Meldung entspreche inhaltlich exakt der Verlautbarung der Pressesprecherin des Klägers, dass dieser „Momente des Bewusstseins und Erwachens“ zeige. Wenn jemand „Momente des Bewusstseins“ zeige, dann sei er denknotwendig zum Teil, nämlich mit Unterbrechungen, bei Bewusstsein.

Der Klageausspruch zu Ziff. 1 lit. c könne ebenfalls keinen Bestand haben. Die Pressesprecherin das Klägers habe die Öffentlichkeit über den - sehnlichst erwarteten - Umstand informiert, dass der Kläger aus dem Koma aufgewacht sei; sie habe hierzu erklärt, dass der Kläger „Momente des Bewusstseins und Erwachens“ zeige. In einer weiteren Stellungnahme habe sie die Öffentlichkeit wissen lassen, dass der Kläger „in den vergangenen Wochen und Monaten der Schwere seiner Verletzung entsprechend Fortschritte gemacht“ habe. Die Beklagte habe diese Pressemitteilungen des Klägers aufgegriffen und unter Bezugnahme auf die stets gut informierte Schweizer Zeitschrift „L. „ berichtet, dass der Kläger mit Unterbrechungen bei Bewusstsein sei und offenbar schon bruchstückhaft sprechen könne, d. h., durch Körpergesten zu kommunizieren in der Lage sei. Streitgegenständlich sei insofern eine höchst positive Nachricht zum Gesundheitszustand des Klägers. Wenn das Landgericht darin eine Verletzung der Privatsphäre des Klägers erblicke, sei dies mit rechtlichen Argumenten nicht belegbar.

Das Landgericht verkenne, dass es schon angesichts der öffentlichen Kenntnis von der Schwere der Verletzungen des Klägers, dem ständigen Bestreben des Managements, über Fortschritte bei der Genesung zu informieren, und unter Berücksichtigung der zeitgeschichtlichen Dimension der Angelegenheit deplatziert sei, jegliche Verifizierung der Aussagen der Pressesprecherin als „Blick in das Krankenzimmer“ zu kriminalisieren. Tatsächlich fehle es bereits an einem Eingriff in die Privatsphäre; jedenfalls sei dieser nicht rechtswidrig, weil er von der durch die Pressesprecherin des Klägers initiierten Selbstöffnung umfasst sei. Die Pressesprecherin des Klägers rechne realistischerweise damit, dass ihre zur Unterrichtung der Öffentlichkeit getätigten Aussagen von Medizinern „übersetzt“ würden. Notwendigerweise versuchten die Medien mit Hilfe von Fachleuten die allgemein gehaltenen Aussagen der Pressesprecherin zu erläutern, d. h. den Zustand zu erklären, wenn jemand aus dem Koma erwache. Durch die medizinische „Übersetzung“ werde thematisch kein neues Feld eröffnet, sondern es werde lediglich die tatsächliche Bedeutung der von der Pressesprecherin beschriebenen Aufwachphase erläutert.

Das Management des Klägers und dessen Pressesprecherin hätten - um ein öffentliches Informationsbedürfnis zu befriedigen - der Weltpresse mitgeteilt, dass der Kläger aus dem Koma aufwache. Was es heiße, im Koma zu liegen, sei jedem Leser bekannt: Die Augen seien geschlossen, die Körperfunktionen beeinträchtigt und der Kreislauf instabil. Wenn die Öffentlichkeit wissen dürfe, dass der Kläger als Koma-Patient keine Kontrolle über seine Körperfunktionen besitze, sei kein Grund ersichtlich, warum nicht darüber berichtet werden dürfe, dass er seine Körperfunktionen wiedererlange, zumal in tatsächlicher Hinsicht unstreitig sei, dass die angegriffenen Äußerungen der Wahrheit entsprächen. Wenn jemand wieder zu Bewusstsein komme und aus dem Koma erwache, seien exakt diejenigen Erscheinungen feststellbar, welche die Schweizer Zeitschrift berichtet habe, nämlich dass der Betroffene nach und nach mit der Außenwelt wieder zu kommunizieren in der Lage sei.

Dem Kläger stehe schließlich auch kein Unterlassungsanspruch in dem unter Ziff. 1 lit. a tenorierten Umfang zu. Die Aussage „Seine ersten Worte geben Hoffnung“ erwecke nicht den Eindruck, dass der Kläger „mit dem Sprechen begonnen“ habe. Da der Kläger sich hier nicht auf das Vorliegen eine mehrdeutigen Äußerung berufe, sondern sich gegen die Entstehung eines vermeintlichen Eindrucks wende, müsste dieser Eindruck zwingend - in Form einer eigenen Sachaussage und unabweislichen Schlussfolgerung - also gewissermaßen „zwischen den Zeilen“ als eigenständige Sachaussage entstehen. Das sei nicht der Fall; insoweit verweise die Beklagte auf ihre Ausführungen in erster Instanz.

Unabhängig davon unterliege das Landgericht einem fatalen Irrtum. Es begründe das Verbot faktisch mit einer Verletzung der Privatsphäre. Der Kläger wende sich insofern - wie sein Bemühen um Richtigstellung belege - aber gar nicht gegen eine Verletzung seiner Privatsphäre, denn es komme ihm nur auf den vermeintlich unrichtigen Eindruck an. Ansonsten hätte er die Äußerung „Seine ersten Worte geben Hoffnung“ als solche angegriffen und nicht einen erst durch zusätzliche Sachaussage entstehenden Eindruck.

Unterstelle man, dass der streitgegenständliche Eindruck tatsächlich zwingend entstehe, die Beklagte also tatsächlich die Sachaussage getroffen habe, der Kläger habe mit dem Sprechen begonnen, so wäre die Klage aus den selben Gründen abzuweisen, die zu der - zutreffenden - Abweisung des ergänzend geltend gemachten Richtigstellungsanspruchs geführt hätten. Abgesehen davon, dass der Kläger jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt in der Lage sein dürfte, zu sprechen bzw. mit dem Sprechen zu beginnen, und es somit an der Wiederholungsgefahr fehle, treffe den Kläger nämlich - da es sich nicht um eine ehrenrührige, sondern durchaus positive Äußerung handele - die Darlegungs- und Beweislast für die Unwahrheit des entstehenden Eindrucks. Da der Kläger nicht einmal vorgetragen habe, dass die Darstellung unwahr sei, stehe ihm nicht nur kein Richtigstellungs-, sondern auch kein Unterlassungsanspruch zu.

Die Beklagte beantragt:

Das am 08.07.2015 verkündete Urteil des Landgerichts München I (9 O 24565/14) wird abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Ziffer 1.a des landgerichtlichen Urteils zugrunde liegende Klageantrag lautet, in Bezug auf den Kläger zu behaupten, „M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“ und klargestellt wird, dass insoweit die Äußerung auf Seite 1 der streitgegenständlichen Zeitschrift betroffen ist.

Der Kläger lässt vorbringen, die streitgegenständliche Darstellung greife in seine thematisch und auch räumlich gefasste Privatsphäre ein und stelle eine Verletzung seines Selbstbestimmungsrechts dar. Die Darstellung, dass er angeblich sein Sprachvermögen wiedererlangt habe, zeichne ebenso wie die Beobachtung, dass er z. B. durch Kopfschütteln antworte, ein Bild der Gebrechlichkeit und beschreibe die bedauernswerte Hilflosigkeit, die der Kläger nach seinem Unfall derzeit zu erdulden habe.

Die Beklagte verkenne den Schutzbereich der Privatsphäre; sie übersehe, dass kranke Menschen gerade in einer Phase offenkundiger Hilflosigkeit darauf angewiesen seien, dass Entwicklungen ihres Gesundheitszustands den öffentlichen Blicken sowie Kommentierungen und Spekulationen entzogen seien. Der Kläger, der mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus liege, habe einen Anspruch darauf, dass sein Gesundheitszustand und angeblicher Genesungsverlauf nicht wie regelmäßige Wasserstandsmeldungen permanent zum Gegenstand öffentlicher Erörterung gemacht würden.

Der Eingriff in den Schutzbereich der Privatsphäre sei rechtswidrig, die vom Landgericht vorgenommene Abwägung nicht zu beanstanden. Zutreffend habe das Landgericht berücksichtigt, dass einer Berichterstattung über den langsamen Genesungsverlauf eines Sturzpatienten mit schwersten Hirnverletzungen nur eine sehr zurückhaltend anzunehmende Orientierungsfunktion und ein damit einher gehendes geringes Berichtsinteresse zukomme; auf diesen Aspekt gehe die Berufungsbegründung nicht ein. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beschreibung des angeblichen Genesungsverlaufs rein spekulativen Charakter habe und durch nichts verifiziert sei. Die Beklagte gestehe ein, dass sie über keine Kenntnisse aus eigener Recherche verfüge, sondern lediglich aus einer ausländischen Boulevardzeitung abgeschrieben habe.

Entgegen der Ansicht der Beklagten könne sich der Kläger auch auf den Schutz der Privatsphäre berufen. Hinsichtlich des ebenfalls betroffenen Schutzes der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht behaupte nicht einmal die Beklagte eine Selbstbegebung des Klägers. Aber auch in thematischer Hinsicht habe es keine Selbstbegebung gegeben. Die Beklagte beziehe sich lediglich auf abstrakte und wenig aussagekräftige Allgemeinplätze aus Pressemitteilungen, die dem öffentlichen Druck geschuldet gewesen seien, die aber gerade keine detaillierten Inhalte zum Krankenstand des Klägers enthalten hätten. Die Einschätzung der Beklagten, sie gehe mit ihrer „Übersetzung“ dessen, was das Management des Klägers erklärt habe, nicht über den Inhalt der von ihr zitierten Presseerklärung hinaus, sei deshalb nicht überzeugend.

Der Mitteilung, dass der Kläger „Momente des Bewusstseins und Erwachens“ zeige, lasse sich nicht entnehmen, dass der Kläger mit Unterbrechungen bei Bewusstsein sei, worunter zu verstehen sei, dass sich der Kläger im Zustand geistiger und vitaler Klarheit befinde, was „Unfug“ sei. Der Hinweis der Pressesprecherin, dass der Kläger „Momente des Bewusstseins und Erwachens“ zeige, benenne den Umstand, dass es Zeichen gebe, die einen Aufwachprozess markieren könnten. Welche Zeichen das seien und ob der Kläger überhaupt jemals aus dem Koma erwachen werde, bleibe vollkommen offen. Das Management des Klägers habe sich hierzu bewusst nicht geäußert und darauf hingewiesen, „dass wir auf Details nicht eingehen, um M. Privatsphäre und die seiner Familie zu schützen und das Ärzteteam in Ruhe arbeiten zu lassen“. Entgegen der Darstellung der Beklagten dürfte nicht zutreffen, dass der Leser wisse, was es bedeute, wenn sich jemand monatelang im Koma befinde. Dessen ungeachtet sei die Annahme verfehlt, dass dann, wenn etwas bekannt sei, in der Medienöffentlichkeit hierüber in jedweder Detailtiefe berichtet werden dürfe. Der Hinweis auf das Koma berechtige die Beklagte nicht, Einzelheiten des sich hieraus ergebenden Zustandes der Hilflosigkeit bildhaft lustvoll auszubreiten.

Die Beklagte rügt die im Berufungstermin vom 19.01.2016 erfolgte Neufassung des Klageantrags als unzulässige Klageänderung. Bei der neuen Antragsfassung handele es sich nicht um eine bloße Klarstellung, sondern um einen neuen Streitgegenstand.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten in zweiter Instanz wird auf die Berufungsbegründung vom 27.08.2015 (Bl. 96/102 d. A.), die Schriftsätze vom 02.10.2015 (Bl. 117 d. A.), vom 12.10.2015 (Bl. 119/120 d. A.), vom 07.01.2016 (Bl. 123) und vom 15.01.2016 (Bl. 124 d. A.) und die Schriftsätze des Klägers vom 01.10.2015 (Bl. 107/116 d. A.) und 12.10.2015 (Bl. 118 d. A.) sowie das Protokoll vom 19.01.2016 (Bl. 125/129 d. A.) verwiesen.

II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2016 den dem Urteilstenor zu Ziff. 1 lit. a zugrunde liegenden Klageantrag in zulässiger Weise im Wege der Klarstellung konkretisiert (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2015 - V ZR 160/14, NJW 2016, 863 Rn. 9; BGH, Urteil vom 11.12.2012 - VI ZR 314/10, NJW 2013, 790 Rn. 32; BGH, Urteil vom 01.12.1999 - I ZR 49/97, NJW 2000, 2195; Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl.. § 253 Rn. 13 b). Insoweit liegt keine Klageänderung gemäß §§ 533, 263 ZPO vor. Das Rechtsschutzziel des Klägers hat sich durch die geänderte Fassung des Antrags nicht geändert.

In seiner ursprünglichen Fassung war der Antrag dahin formuliert, der Beklagten zu untersagen, durch die Darstellung „M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“ „den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe nach seinem Unfall am 29.12.2013 mit dem Sprechen begonnen“. Mit dem umformulierten Antrag soll der Beklagten die Äußerung untersagt werden „M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“, wenn dies geschieht wie auf Seite 1 der Ausgabe Nr. 40/2014 der Zeitschrift „F. R. „ vom 24.09.2014. Der Kläger hat damit in seinen Sachantrag die beanstandete Äußerung wörtlich und entsprechend den Vorgaben des Bundesgerichtshofs auch „die Bezugnahme auf den Kontext“ aufgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2012 - VI ZR 314/02 Rn. 32). Er hat - entsprechend seinen Ausführungen auf Seite 4 der Klageschrift, wo ausdrücklich die Seite 1 der „F. R. „ beanstandet wurde - klargestellt, dass nur die auf Seite 1 der streitgegenständlichen Ausgabe der „F. R. „ aufgeführte Äußerung untersagt werden soll und nicht etwa auch die ähnlich lautende Äußerung in der Unterüberschrift auf Seite 6 „Seine ersten Worten geben so viel Hoffnung!“. Soweit der Kläger die wörtliche Formulierung wählt, ist ferner klargestellt worden, dass er gegen die in der Äußerung enthaltene Tatsachenbehauptung im Wege der Unterlassung vorgehen will, er habe zu sprechen begonnen, worauf die Wertung gestützt wird, dass seine ersten Worte Hoffnung gäben.

In beiden Fassungen ist der Unterlassungsantrag auf das selbe Rechtsschutzziel gerichtet. Die beanstandete Äußerung enthält nach den maßgeblichen Interpretationsgrundsätzen die - offene - Behauptung, dass der Kläger erste Worte artikuliert und somit wieder zu sprechen begonnen habe.

Die Deutung einer Äußerung zielt auf die Ermittlung des objektiven Sinns (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.12.2007 - 1 BvR 967/05, Rn. 30, sämtl. Entscheidungen, soweit nicht anders angegeben, zitiert nach juris, NJW 2008, 1654). Denn maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden, noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, denn die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat (BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995 - 1 BvR 1476/91, Rn. 125, BVerfGE 93, 266 - 319). Fern liegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn einer Äußerung unter Zugrundelegung des vorstehend erläuterten Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zugrunde zu legen. Zeigt sich dagegen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98, Rn. 31, BVerfGE 114, 339 - 356). Dabei ist jede Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH, Urteil vom 22.09.2009 - VI ZR 19/08, Rn. 11, NJW 2009, 3580).

Die Äußerung „M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“ befindet sich auf der Titelseite der Zeitschrift in der linken Hälfte, unmittelbar unter dem Zeitschriftentitel. Sie ist mit einem Lichtbild hinterlegt, das etwa ein Drittel der linken Blatthälfte einnimmt und den lächelnden Kläger sowie - hinter dessen linker Schulter - dessen ebenfalls lächelnde Ehefrau als Halbfiguren zeigt. Rechts oberhalb der Äußerung finden sich auf zwei leicht schräg verlaufenden, farbig hinterlegten Balken die Worte „WUNDERBARE NACHRICHTEN“ und rechts unterhalb der Äußerung der Hinweis auf „S. 6/7“ des Heftes.

Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, entnimmt der verständige und unvoreingenommene Leser bereits dem Wortlaut der Äußerung, dass der Kläger („Seine“) erste Worte artikuliert hat. Die Vorstellung, dass der Kläger, von dem allgemein bekannt ist, dass er nach einer schweren Hirnverletzung seit Monaten im Koma liegt, in der Lage gewesen sein sollte, „Seine ersten Worte“ schriftlich niederzulegen, hat das Landgericht zu Recht als fernliegend angesehen, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf den semantischen Unterschied zwischen der verwendeten Pluralform „Worte“, die nach allgemeinem Sprachgebrauch eher für mündliche Äußerungen verwendet wird, und dem insoweit weniger vorgeprägten Verständnis der Pluralform „Wörter“ ankommt.

Das Artikulieren erster Worte stellt aber nichts anderes als den Beginn des Sprechens dar. Der gegenteiligen Ansicht der Beklagten, wonach der durchschnittliche Empfänger unter „sprechen“ das Aneinanderreihen einzelner Worte zu zusammenhängenden, flüssigen und sinnbildenden Sätzen verstehe, kann nicht gefolgt werden. Nach der Definition des Duden (http://www...de/..) hat das Wort „sprechen“ vielmehr unter anderem die Bedeutungen „Sprachlaute, Wörter hervorbringen, bilden“ und „der menschlichen Sprache ähnliche Laute hervorbringen“. Der maßgebliche Leser, dem der Zustand des Klägers als Komapatient bekannt ist, entnimmt deshalb - nicht zuletzt im Hinblick auf den Zusatz, dass es sich dabei um „WUNDERBARE NACHRICHTEN“ handele - dem Wortlaut der Äußerung selbst die Aussage, dass der Kläger zu sprechen begonnen habe. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht handelt es sich bei dieser Interpretation nicht um eine - wenn auch ohne Hinzuziehung weiterer, außerhalb des Textes liegender Informationen gewonnene und unabweisliche - Schlussfolgerung, die über den Wortlaut der Äußerung hinausgeht, sondern um einen Teil von deren Inhalt.

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auf Unterlassung der noch streitgegenständlichen vier Äußerungen zu:

Ziff. 1 lit. a: „M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“,

Ziff. 1 lit. b: der Kläger solle „(...) mit Unterbrechungen bei Bewusstsein sein“,

Ziff. 1 lit. c aa: der Kläger könne „(...) offenbar schon bruchstückhaft sprechen.“

Ziff. 1 lit. c bb: „Er antwortet mit einigen Worten oder durch Kopfschütteln mit 'Ja' oder 'Nein' auf Fragen, die man ihm stellt.“,

Denn diese Äußerungen verletzen den Kläger in seinem Anspruch auf Achtung seiner als Teil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützten Privatsphäre. Die durch die Rechtsverletzung begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr hat die Beklagte nicht durch Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen widerlegt.

a) Zutreffend hat das Landgericht die Äußerungen als dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptungen eingeordnet.

aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung zunächst der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts. Nach den dargestellten Interpretationsgrundsätzen sind die Äußerungen wie folgt zu interpretieren:

(1) Hinsichtlich des Aussagegehalts der Äußerung „M. S. Seine ersten Worte geben Hoffnung“ (Unterlassungsgebot zu Ziff. 1 lit. a) wird auf die obigen Ausführungen unter Ziff. 1 lit. b verwiesen.

(2) Die Äußerung, welche Gegenstand des Unterlassungsgebots zu Ziff. 1 lit. b ist, lautet vollständig: „Wie die stets gut informierte Schweizer Zeitschrift L. berichtet, soll S. mit Unterbrechungen bei Bewusstsein sein.“ Der verständige und unvoreingenommene Leser versteht diese Äußerung im Kontext des Artikels dahin, dass der Kläger zwar nicht ständig, aber doch überwiegend bei Bewusstsein ist. Häufigkeit und Dauer der „Unterbrechungen“ bleiben zwar im Ungewissen; dass die Phasen der Bewusstlosigkeit aber als „Unterbrechungen“ bezeichnet werden, kennzeichnet die Phasen, in denen sich der Kläger bei Bewusstsein befindet, als den regelmäßig vorliegenden Zustand.

Die Verwendung des Potentialis („soll ... sein“) kleidet die Äußerung formal in das Gewand einer Vermutung. Dem Kontext des Artikels entnimmt der maßgebliche Leser aber, dass der beschriebene Zustand des Klägers den Tatsachen entspricht. Die Informationsquelle, die Schweizer Zeitschrift „L. „ wird als „stets gut informiert“ bezeichnet. Dies versteht der Leser dahin, dass die Mitarbeiter dieser Zeitschrift durchgängig („stets“) über zutreffende Sachinformationen verfügen, was deren Berichterstattung glaubhaft erscheinen lässt. Im Folgenden wird „L. „ mit der Aussage zitiert: „Er antwortet mit einigen Worten oder durch Kopfschütteln mit 'Ja' oder 'Nein' auf Fragen, die man ihm stellt.“ Die zitierte Aussage, die in keiner Weise als Vermutung oder Schlussfolgerung gekennzeichnet ist, macht sich die Beklagte aus Sicht des maßgeblichen Lesers mit dem Kommentar zu eigen: „Eine Nachricht, die so viel Hoffnung macht.“

(3) Die Äußerung, welche Gegenstand des Unterlassungsgebots zu Ziff. 1 lit. c aa ist, findet sich im unmittelbaren Anschluss an die der Beklagten durch Ziff. 1 lit. b des Urteilstenors untersagte Äußerung und lautet vollständig: „Und kann offenbar schon bruchstückhaft sprechen.“ Der verständige und unvoreingenommene Leser interpretiert dies dahin, dass der Kläger wieder in der Lage ist, zumindest einzelne Worte zu artikulieren. Das relativierende Wort „offenbar“ führt aus den unter Ziff. (2) dargestellten Gründen nicht dazu, dass der Leser die getroffene Aussage als ungesicherte Vermutung versteht.

(4) Bei der Äußerung, welche den Gegenstand des Unterlassungsgebots zu Ziff. 1 lit. c bb bildet, handelt es sich um das bereits erwähnte Zitat aus der Schweizer Zeitschrift „L. „: „Er antwortet mit einigen Worten oder durch Kopfschütteln mit 'Ja' oder 'Nein' auf Fragen, die man ihm stellt.“ Diese Äußerung versteht der maßgebliche Leser dahin, dass der Kläger nunmehr wieder in der Lage ist, Fragen, die man an ihn richtet, akustisch wahrzunehmen, deren Sinn zu verstehen und mit Worten - nicht mit ganzen Sätzen - oder Kopfbewegungen eindeutige bejahende bzw. verneinende Antworten zu geben. Auch insoweit macht sich die Beklagte, die an die Berichterstattung in „L. „ eigene Wertungen anknüpft, diese zu eigen; es handelt sich nicht lediglich um die Verbreitung eines Zitats aus einer anderen Zeitschrift.

bb) Mit ihrem durch Interpretation festgestellten Inhalt handelt es sich bei den Äußerungen jeweils um Tatsachenbehauptungen.

Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist demnach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist (BGH, Urteil vom 16.12.2014 - VI ZR 39/14, Rn. 8, AfP 2015, 41).

Ob der Kläger nach dem erlittenen schweren Unfall wieder erste Worte artikulieren kann, überwiegend bei Bewusstsein ist, wieder bruchstückhaft sprechen und auf ihm gestellte Fragen mit Worten oder Gesten passende bejahende oder verneinende Antworten kann, ist dem Wahrheitsbeweis zugänglich. Die geschilderten äußeren Vorgänge können von Zeugen wahrgenommen werden. Ob der Kläger überwiegend bei Bewusstsein ist, kann jedenfalls von einem medizinisch Sachkundigen eindeutig beurteilt werden.

b) Die noch streitgegenständlichen vier Äußerungen beeinträchtigen das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) geschützte Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs steht jedermann ein autonomer Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (BGH, Urteil vom 25.10.2011 - VI ZR 332/09, Rn. 15 m. w. N., NJW 2012, 767).

In thematischer Hinsicht gehört zur Privatsphäre - auch einer Person öffentlichen Interesses - grundsätzlich die eigene Erkrankung und deren Heilungsverlauf, wobei Ausnahmen allenfalls bei einem besonderen Personenkreis wie wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen können (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Rn. 17 m. w. N., AfP 2012, 551). Wer sich in ärztliche Behandlung begibt, darf erwarten, dass alles, was der Arzt in Rahmen seiner Berufsausübung über seine gesundheitliche Verfassung erfährt, geheim bleibt und nicht zur Kenntnis Unberufener gelangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.03.1972 - 2 BvR 28/71, Rn. 24, BVerfGE 32, 373 - 387).

Es kann daher offen bleiben, ob die streitgegenständlichen Äußerungen - wie das Landgericht annimmt - die Privatsphäre des Klägers auch in räumlicher Hinsicht beeinträchtigen.

c) Den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers hat das Landgericht zutreffend als rechtswidrig angesehen. Auch unter Berücksichtigung der hohen Prominenz des Klägers hat im vorliegenden Fall das Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit hinter das Interesse des Klägers am Schutz seiner Privatsphäre zurückzutreten.

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Rn. 13, NJW 2015, 776).

Die gebotene Abwägung der Schutzinteressen des Klägers aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG mit dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit fällt im Streitfall zugunsten des Klägers aus.

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben. Entscheidende Bedeutung kommt insbesondere dem Wahrheitsgehalt der Äußerung zu. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen grundsätzlich hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, insbesondere wenn die Privatsphäre betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Rn. 17 m. w. N., AfP 2012, 551). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind bei der Abwägung insbesondere der Gesichtspunkt, ob die Äußerung einen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem öffentlichen Interesse leistet, die Bekanntheit der von der Äußerung betroffenen Person und der Gegenstand der Berichterstattung, das frühere Verhalten der betroffenen Person, die Art der Erlangung von Informationen sowie der Inhalt, die Form und die Auswirkungen der Veröffentlichung zu berücksichtigen (vgl. BGH a. a. O., Rn. 18 m. w. N.).

bb) Das Landgericht hat nicht verkannt, dass sowohl im Hinblick auf die außerordentliche Prominenz des Klägers als auch aufgrund des Umstands, dass sich das tragische Sturzereignis beim Skifahren, also in einer für viele Menschen nachvollziehbaren Weise, ereignet hat, grundsätzlich ein erhebliches Interesse der Beklagten anzuerkennen ist, über Genesungsfortschritte des Klägers zu berichten. Zu Recht hat das Landgericht der streitgegenständlichen Berichterstattung über den konkreten Heilungsverlauf des Klägers nach seiner schweren Schädel-Hirn-Verletzung aber nur eine sehr beschränkte Orientierungsfunktion zugebilligt, weil nur wenige Leser in ihrem Bekanntenkreis mit den Folgen derart schwerer Verletzungen konfrontiert werden. Der alltägliche Umgang der Familie mit dem Schicksalsschlag, der den Kläger getroffen hat, wird im dem Artikel nicht beschrieben.

cc) Der Kläger muss die streitgegenständliche Berichterstattung bereits deshalb nicht hinnehmen, weil es sich um erhebliche, aus prozessualen Gründen unwahre Tatsachenbehauptungen handelt. Entgegen der Darstellung in der Berufungsbegründung ist keineswegs unstreitig, dass die angegriffenen Äußerungen der Wahrheit entsprechen. Der Kläger lässt vielmehr vortragen, es sei „Unfug“, dass er mit Unterbrechungen bei Bewusstsein - im Sinne eines Zustands geistiger und vitaler Klarheit - sei; der Hinweis darauf, dass er „Momente des Bewusstseins und Erwachens“ zeige, beziehe sich auf Zeichen, die den Beginn des Aufwachprozesses markieren könnten.

Werden aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht, liegt die Beweislast für die Unwahrheit nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Kläger (BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07, Rn. 21, BGHZ 176, 175 - 191). Eine Beweislastumkehr findet nur im Anwendungsbereich der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB statt (BGH, Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12, Rn. 24, AfP 2014, 135). Unabhängig von der Beweislast kann den sich Äußernden allerdings im Einzelfall eine erweiterte (sekundäre) Darlegungslast treffen, die ihn anhält, Belegtatsachen für die von ihm aufgestellten Behauptungen anzugeben. Mangels Angabe solcher Belegtatsachen kann es dem Betroffenen unzumutbar sein, Umstände aus seinem persönlichen Bereich zu offenbaren, um den ihm obliegenden Nachweis der Unwahrheit führen zu können (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07, Rn. 22, BGHZ 176, 175 - 191).

Die Beklagte zitiert als Quelle für ihre Behauptungen über den Gesundheitszustand des Klägers ausschließlich einen Bericht der Schweizer Zeitschrift „L...“. Belegtatsachen, etwa Auskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte oder Mitteilungen aus dessen persönlichem Umfeld, werden nicht angeführt. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass ihm nicht zugemutet werden kann, den tatsächlichen Umfang seiner fortbestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zu offenbaren, um eine in seine Privatsphäre eingreifende Berichterstattung zu unterbinden, die auf einer derart unzureichenden, sich im Wesentlichen in Spekulationen erschöpfenden Tatsachengrundlage aufbaut.

dd) Hinzu kommt, dass sich die Berichterstattung - wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat - nicht auf die allgemeine Schilderung des Heilungsverlaufs eines hirnverletzten Patienten, der langsam aus dem Koma erwacht, beschränkt, sondern konkrete medizinische Einzelheiten mitteilt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Rn. 22 m. w. N., AfP 2012, 551).

Insbesondere die Äußerungen, der Kläger sei mit Unterbrechungen bei Bewusstsein (Ziff. 1 lit. b), könne offenbar schon bruchstückhaft sprechen (Ziff. 1 lit. c aa) und „Er antwortet mit einigen Worten oder durch Kopfschütteln mit 'Ja' oder 'Nein' auf Fragen, die man ihm stellt.“ (Ziff. 1 lit. c bb) eröffnen dem Leser gleichsam einen Blick in das Krankenzimmer des Klägers und machen dadurch die für die breite Öffentlichkeit gar nicht konkret vorstellbaren gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers nach seiner schweren Verletzung anschaulich. Anlass der Berichterstattung sind zwar gewisse Fortschritte im Genesungsprozess des Klägers. Der verständige und unvoreingenommene Leser entnimmt den eingangs wiedergegebenen Äußerungen aber vor allem die Information, dass der Kläger nach wie vor zumindest zeitweise nicht bei Bewusstsein ist und auch in Phasen des Bewusstseins seinem Willen allenfalls durch Kopfbewegungen oder einige bruchstückhafte Worte Ausdruck verleihen kann. Durch die Schilderung fortbestehender gravierender Einschränkungen wird der Kläger einer breiten Öffentlichkeit als weitgehend hilfloser Patient vor Augen geführt. Der Schutz der Privatsphäre umfasst insbesondere Sachverhalte, deren öffentliche Erörterung und Zurschaustellung als unschicklich gilt oder deren Bekanntwerden als peinlich empfunden wird. Diese Voraussetzungen sind in der Regel erfüllt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die krankheitsbedingte Hilflosigkeit eines Menschen in ihrem ganzen Ausmaß zur Schau gestellt wird (vgl. hierzu OLG Hamburg, Urteil vom 06.07.2010 - 7 U 6/10, Rn. 18 f.).

ee) Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb geboten, weil die Pressesprecherin des Klägers in Pressemitteilungen erklärt hat, dass der Kläger „Momente des Bewusstseins und des Erwachens“ zeige und „in den vergangenen Wochen und Monaten der Schwere seiner Verletzung entsprechend Fortschritte gemacht“ habe. Die mediale Selbstöffnung des Klägers reicht jedenfalls nicht so weit, dass dessen fortbestehende gravierende gesundheitliche Einschränkungen im Detail veranschaulicht werden dürfen.

Der Schutz der Privatsphäre entfällt allerdings, wenn und soweit der Grundrechtsträger seine Privatsphäre nach außen öffnet und bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgibt. Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen (BGH, Urteil vom 25.10.2011 - VI ZR 332/09, Rn. 16 m. w. N., NJW 2012, 767).

Der Kläger hat sich zu seinem Unfall und dessen Folgen nicht geäußert. Seine - von ihm selbst ernannte - Pressesprecherin, die im Rahmen dieser Funktion seine Interessen wahrnimmt, und die gerichtlich zur Betreuerin bestellte Ehefrau des Klägers haben jedoch unstreitig die allgemein gehaltenen Stellungnahmen zum Gesundheitszustand des Klägers abgegeben, welche die Beklagte in dem streitgegenständlichen Artikel zitiert hat.

Der Beklagten kann grundsätzlich nicht verwehrt werden, diese Pressemitteilungen zu interpretieren und ihren Lesern zu erläutern, was bei einem Komapatienten unter „Momenten des Bewusstseins und des Erwachens“ oder - soweit dies im Hinblick auf den geringen Aussagegehalt dieser Mitteilung überhaupt möglich ist - „der Schwere der Verletzung entsprechend(en) Fortschritte(n)“ zu verstehen ist. Entgegen ihrer Darstellung hat sich die Beklagte hierauf aber nicht beschränkt.

Es trifft bereits nicht zu, dass die Äußerung, dass der Kläger „mit Unterbrechungen bei Bewusstsein“ ist, inhaltlich nichts anderes darstelle als eine Wiedergabe der Äußerung der Pressesprecherin, dass der Kläger „Momente des Bewusstseins und Erwachens“ zeige. Die Äußerung der Beklagten verkehrt vielmehr das der Pressemitteilung zugrunde liegende Verhältnis von fortbestehender Bewusstlosigkeit als Regelzustand und „Momenten des Bewusstseins und Erwachens“ als Ausnahme in das Gegenteil.

Zweifelhaft erscheint auch, ob - wie die Beklagte meint - jedem Leser bekannt ist, was es heißt, im Koma zu liegen. Aber selbst wenn einem erheblichen Teil der Leser bewusst sein sollte, dass ein Komapatient keine Kontrolle über seine Körperfunktionen besitzt, erfährt dieses abstrakte Wissen durch die streitgegenständlichen Äußerungen eine veranschaulichende Konkretisierung in Bezug auf die Person des Klägers, dessen fortbestehende Hilflosigkeit in Gestalt phasenweiser Bewusstlosigkeit und einem allenfalls rudimentären Artikulationsvermögen dem Leser detailliert vor Augen geführt wird.

Diese Art der Darstellung kann nicht mehr als „Übersetzung“ der Pressemitteilung aufgefasst werden. Die Beklagte ignoriert, dass die zurückhaltend formulierte und ins Positive gewendete Mitteilung, dass der Kläger „Momente des Bewusstseins und des Erwachens“ zeige, keine konkreten Tatsachen über den Genesungsverlauf des Klägers enthüllt, wie sie die Beklagte mit ihrer Berichterstattung dem Licht der Öffentlichkeit preisgegeben hat.

III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsfragen haben durch die zitierte verfassungsgerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung bereits eine hinreichende Klärung erfahren.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Urteil, 19. Jan. 2016 - 18 U 2856/15 Pre

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Urteil, 19. Jan. 2016 - 18 U 2856/15 Pre

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht München Urteil, 19. Jan. 2016 - 18 U 2856/15 Pre zitiert 14 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2013 aufgehoben.

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - das Urteil des Landgerichts Regensburg - 2. Zivilkammer - vom 10. Juni 2014 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 11. November 2013 teilweise geändert.

Der Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 600 € verurteilt, es zu unterlassen, den PKW  schwarz, amtliches Kennzeichen, unberechtigt auf dem Parkgelände der Klägerin in der B.      (Parkhaus OG) in R.     selbst abzustellen bzw. durch dritte Personen dort abstellen zu lassen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt einen privaten Parkplatz im Obergeschoss eines Gebäudes. Eine Beschilderung weist die Nutzer auf die Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin hin. Danach ist der Nutzer mit der Einfahrt in die Parkeinrichtung zur Zahlung des Mietpreises und dazu verpflichtet, den Parkschein sichtbar und lesbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen. Bei Nichtlösen und Nichtauslegen des Parkscheins sowie bei Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15 Minuten ist ein „Nutzungsentgelt“ von 20 € (nachfolgend: erhöhtes Nutzungsentgelt) sofort zur Zahlung fällig.

2

Der Beklagte ist Halter eines Pkw. Am 19. Oktober 2012 war das Fahrzeug gegen 10.30 Uhr auf dem genannten Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne dass ein gültiger Parkschein auslag. Bei einer Kontrolle wurde dies festgestellt und am Fahrzeug ein Hinweis angebracht mit der Aufforderung zur Zahlung von 20 €. Eine Zahlung erfolgte nicht. Nach Ermittlung des Beklagten als Halter forderte die Klägerin ihn vergeblich zur Zahlung oder Benennung des Fahrers auf. Die Klägerin begehrte sodann erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung.

3

Mit der Klage verlangt sie von dem Beklagten, es unter Meidung eines Ordnungsgeldes von 600 € zu unterlassen, seinen Pkw unberechtigt auf dem Parkgelände selbst abzustellen bzw. durch eine dritte Person dort abstellen zu lassen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung in Höhe von 5,65 €.

4

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es sei schon fraglich, ob die Grundsätze zu der Zustandsstöreigenschaft des Halters einschlägig seien, da zwischen der Klägerin und dem Fahrer des Fahrzeugs ein Vertrag zustande gekommen sei. Die Klägerin wolle lediglich sicherstellen, dass das Fahrzeug künftig vertragsgemäß geparkt werde. Ob der Beklagte Zustandsstörer sei, könne jedoch dahinstehen, weil jedenfalls mangels Wiederholungsgefahr kein Unterlassungsanspruch bestehe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Parkverstoß als gering einzustufen sei. Erst ab einem zweiten Verstoß nach einer Abmahnung des Fahrzeughalters bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr.

II.

6

Diese Ausführungen halten im Wesentlichen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin von dem Beklagten die beantragte Unterlassung gemäß § 862 BGB verlangen.

8

a) Zu Recht hält das Berufungsgericht die Unterlassungsklage allerdings für zulässig. Der Unterlassungsantrag ist insbesondere hinreichend bestimmt.

9

aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten wird, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 1; Senat, Urteil vom 24. Februar 1978 - V ZR 95/75, NJW 1978, 1584). Hiervon kann allerdings nur ausgegangen werden, wenn der Klageantrag auch nach Auslegung nicht hinreichend bestimmt ist. Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens sind nicht allein der Wortlaut des Antrags, sondern auch die bei der Auslegung mit zu berücksichtigende Klagebegründung (BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 27). Die Auslegung hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 217/12, BGHZ 201, 129 Rn. 24; Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, NJW 2014, 3314 Rn. 15, jeweils mwN).

10

bb) Die Auslegung des Klageantrags, die der Senat als Revisionsgericht selbst vornehmen kann (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, aaO), ergibt, dass das Unterlassungsbegehren der Klägerin auf ein Abstellen des Fahrzeugs des Beklagten auf dem Parkplatz gerichtet ist, das geeignet ist, nach den Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin einen Anspruch auf das erhöhte Nutzungsentgelt zu begründen (Nichtlösen eines Parkscheins; Nichtauslegen des Parkscheins; Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15 Minuten). Denn aus einem solchen, das erhöhte Nutzungsentgelt auslösenden Verhalten leitet die Klägerin die Besitzstörung her, und mangels abweichender Anhaltspunkte ist anzunehmen, dass sie Besitzschutzansprüche wegen solcher Handlungen geltend machen will, die mit der konkreten Besitzstörung vergleichbar sind.

11

b) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht aber die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB.

12

aa) Das Abstellen des Fahrzeugs des Beklagten auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz der Klägerin ohne Auslegung des Parkscheins stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar.

13

(1) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass derjenige, der sein Fahrzeug unbefugt auf ein Privatgrundstück abstellt, verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB begeht (Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rn. 13; Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 5; Urteil vom 6. Juli 2012 - V ZR 268/11, NJW 2012, 3373 Rn. 6; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 6; Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 13). Das gilt nicht nur dann, wenn das Parken überhaupt nicht erlaubt ist, sondern auch dann, wenn das Parken an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (Parken auf einem Kundenparkplatz: Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 3727; Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233).

14

(2) So ist es hier. Der Fahrzeugführer war nicht befugt, das Fahrzeug des Beklagten auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz der Klägerin ohne Entrichtung des vereinbarten Entgelts und ohne Auslegen des Parkscheins abzustellen.

15

(a) Dem steht nicht entgegen, dass zwischen der Klägerin und dem Fahrzeugführer ein Mietvertrag über einen Fahrzeugabstellplatz zustande gekommen ist, nämlich dadurch, dass dieser das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot der Klägerin durch das Abstellen des Fahrzeugs angenommen hat (§ 145, § 151 BGB). Damit bestand zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeugs ein Mietvertrag, ohne dass es hierzu weiterer Willenserklärungen bedurfte.

16

(b) Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt allerdings darin zuzustimmen, dass innerhalb eines Vertragsverhältnisses nicht jedes vertragswidrige Verhalten gegenüber dem anderen Vertragspartner eine verbotene Eigenmacht darstellt. Es gelten vielmehr in aller Regel vorrangig die vertraglichen Ansprüche. So verhält sich der Mieter, der den vereinbarten Mietzins nicht zahlt, zwar vertragswidrig; er begeht aber keine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB. Es entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Vermieter gegen den Mieter, der die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, keine Besitzschutzansprüche aus § 859 Abs. 1 BGB zustehen (vgl. Urteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 45/09, NJW 2010, 3434 Rn. 10; Urteil vom 6. Juli 1977 - VIII ZR 277/75, NJW 1977, 1818, Rn. 24; Urteil vom 1. Oktober 2003 - VIII ZR 326/02, NJW-RR 2004, 493 Rn. 8; vgl. auch Sternel, Mietrecht Aktuell, 4. Aufl., Rn. XIII 25). Bei einem klassischen Mietverhältnis ist die Besitzeinräumung durch den Vermieter unbedingt geschuldet. Sie kann nicht unter den Vorbehalt vertragsgemäßen Verhaltens des Mieters gestellt werden.

17

(c) Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes gilt dies jedoch nicht in gleicher Weise. Eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber ist nicht geschuldet. Macht er das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten.

18

(aa) Bei dem Parken auf einem Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft. Der Betreiber bietet den Parkplatz keinem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit für ein kurzzeitiges Parken an. Der Vertrag kommt in der Weise zustande, dass ein Fahrzeugführer das Fahrzeug abstellt und damit das Angebot annimmt (§ 151 Satz 1 BGB). Indem der Parkplatzbetreiber das Parken zulässt, erfüllt er die ihm obliegende vertragliche Hauptpflicht zur Besitzverschaffung (§ 535 Satz 1 BGB) und erteilt gleichzeitig die Zustimmung zur (dinglichen) Besitzausübung (§ 854 Abs. 1 BGB). Nur auf diese Weise ist die Abwicklung des Mietvertrags über einen Parkplatz einfach und praktikabel zu handhaben. Deshalb ist auf Seiten des Parkplatzbetreibers ein gewichtiges Interesse gegeben, bereits bei der Besitzübergabe die Zustimmung zur Besitzausübung von der Zahlung eines Mietpreises abhängig zu machen. Das ist für den Nutzer klar erkennbar. Ähnlich wie bei einem nachträglichen Eigentumsvorbehalt ist die Erklärung eines Vorbehalts bei der dinglichen Besitzübergabe zulässig (zum nachträglichen Eigentumsvorbehalt vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1975 - VIII ZR 89/74, BGHZ 64, 395, 397; Urteil vom 13. September 2006 - VIII ZR 184/05, NJW 2006, 3488 Rn. 11). Ob es sich dabei um eine Bedingung handelt, auf die die Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 158 ff. BGB) analog anzuwenden sind (Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 858 Rn. 20) oder um eine bloße tatsächliche Voraussetzung, von der die Zustimmung abhängig gemacht wird (so MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 858 Rn. 7), ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang.

19

(bb) Von einem solchen Vorbehalt bei der Übergabe des Besitzes an dem Parkplatz ist hier auszugehen. Die Klägerin hat keine generelle Zustimmung dazu erteilt, dass Fahrzeuge geparkt werden. Sie hat die Besitzüberlassung in ihren Vertrags- und Einstellbedingungen von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig gemacht. Nutzt der Fahrzeugführer den Parkplatz, ohne sich an diese Vertrags- und Einstellbedingungen zu halten, fehlt die Zustimmung der Klägerin, und die Besitzausübung stellt sich als verbotene Eigenmacht dar (§ 858 Abs. 1 BGB).

20

bb) Der Beklagte ist gegenüber der Klägerin als Zustandsstörer verantwortlich.

21

(1) Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (st. Rspr. des Senats, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 7; Urteil vom 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432 Rn. 14; Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105; Urteil vom 11. Juni 1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 69 f., jeweils mwN).

22

(2) Danach war der Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes der Klägerin Zustandsstörer. Er beherrscht die Quelle der Störung, da er allein darüber bestimmen kann, wie und von wem sein Fahrzeug genutzt wird. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Da er nichts Gegenteiliges vorgetragen hat, ist davon auszugehen, dass er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat. Es ist somit sachgerecht, ihm als Halter die Störung zuzurechnen, die dadurch entsteht, dass das Fahrzeug von dieser Person unberechtigt abgestellt wird (vgl. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550, 2551; aA Woitkewitsch, MDR 2005, 1023, 1026). Daran ändert es nichts, dass das Ausleihen von Fahrzeugen insbesondere an nahe Familienangehörige sozialadäquat ist.

23

(3) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Zurechnung des Fehlverhaltens des Fahrers nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Parkplatz nicht mit einem Schrankensystem ausgestattet hat. Soweit der Beklagte damit den Vorwurf erheben möchte, die Klägerin habe ihr Geschäftsmodell auf „Schwarzparker“ ausgerichtet, um auf der Grundlage ihrer Vertrags- und Einstellbedingungen Forderungen gegen Fahrzeugführer und -halter geltend zu machen, kann er sich damit der Halterhaftung für die Überlassung des Fahrzeugs an einen nicht rechtstreuen Nutzer nicht entziehen.

24

cc) Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die tatrichterliche Würdigung, ob Wiederholungsgefahr besteht, ist im Revisionsverfahren zwar nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (Senat, Urteil vom 14. Oktober 1994 - V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 134). Solche liegen aber vor.

25

(1) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück die tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (Senat, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 46/10, ZUM 2011, 333 Rn. 28; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, Rn. 9).

26

(2) Der Beklagte kann als Halter auf künftige Unterlassung des Falschparkens sowohl durch Dritte als auch durch ihn selbst in Anspruch genommen werden.

27

Die Zurechnung der Besitzstörung durch einen mit dem Halter personenverschiedenen Fahrer beruht darauf, dass diese mittelbar auf den Willen des Halters zurückgeht, indem er das Fahrzeug freiwillig Dritten zur Benutzung überlassen hat. Daran ist bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen. Für den Halter selbst, der als bloßer Zustandsstörer in Anspruch genommen wird, ist zwar eine Wiederholungsgefahr nicht indiziert. Er kann aber unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er - wie hier - auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt. Dieses Verhalten macht bei wertender Betrachtung künftige Besitzstörungen wahrscheinlich. Das ist für einen Unterlassungsanspruch nach allgemeiner Ansicht ausreichend (vorbeugender Unterlassungsanspruch; Erman/Lorenz, BGB, 14. Aufl., § 862 Rn. 6; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 862 Rn. 9; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 862 Rn. 7; zu § 1004 BGB: Senat, Urteil vom 17. September 2006 - V ZR 230/03, BGHZ 160, 232, 236 mwN; Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 214).

28

(3) Die (Wieder-)Begehungsgefahr kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, der Parkverstoß sei „als gering einzustufen“. Im Gegenteil ist, der Argumentation des Beklagten folgend, gerade ein geringfügiger Parkverstoß nicht unüblich, was für und nicht gegen eine Wiederholungsgefahr spricht.

29

2. Die Androhung des Ordnungsgeldes beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO. Dem Vollstreckungsgläubiger ist die Möglichkeit unbenommen, die Androhung eines den gesetzlichen Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO unterschreitenden Ordnungsmittels zu beantragen, wenn sowohl die Art der für den Fall der Zuwiderhandlung vorgesehenen Rechtsfolge als auch die von dem Gläubiger beantragte niedrigere Höchstgrenze konkret bezeichnet ist (BGH, Urteil vom 6. Juni 1995 - I ZR 58/93, NJW 1995, 3177, 3181; MüKoZPO/Gruber, 4. Aufl., § 890 Rn. 27). Das ist hier der Fall. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass es sich bei dem beantragten Ordnungsgeld von 600 € um die Obergrenze eines Ordnungsgeldes handeln soll.

30

3. Unbegründet ist die Revision, soweit die Klägerin von dem Beklagten die Erstattung der Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung verlangt. Es handelt sich dabei um Kosten für eine Maßnahme, die nicht der Beseitigung der konkreten Besitzstörung, sondern der Vorbereitung der Unterlassungsaufforderung an den Beklagten diente. Dem Parkplatzbetreiber steht gegen den als Zustandsstörer auf Unterlassung in Anspruch genommenen Fahrzeughalter unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halteranfrage zu.

31

a) Ein Ersatzanspruch ist nicht nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag begründet (§ 677, § 683 Satz 1, § 670 BGB). Allerdings hat der Senat (Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 13) die Aufwendungen zur Ermittlung des Fahrzeughalters in Anlehnung an die Rechtsprechung des I. Zivilsenats zur Erstattungsfähigkeit der Kosten einer berechtigten außergerichtlichen Abmahnung (Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759 Rn. 9) als zur Vorbereitung der an den Zustandsstörer gerichteten Unterlassungsaufforderung erforderlich und nach § 683 Satz 1, § 677, § 670 BGB als ersatzfähig angesehen. Daran hält er jedoch nicht fest.

32

aa) Es entspricht nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen eines Halters, als Adressat einer Unterlassungsaufforderung ermittelt zu werden. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von den Fällen der wettbewerblichen Abmahnung (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 139/07, GRUR 2009, 502 Rn. 11; Urteil vom 21. Januar 2010 - I ZR 47/09, GRUR 2010, 354 Rn. 8; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 16; Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 Rn. 21). Diese liegt im Interesse des dem Abmahnenden bekannten potentiellen Rechtsverletzers, weil er dadurch Gelegenheit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Demgegenüber ist den Fällen des unberechtigten Parkens die Person des Halters nicht bekannt. Es kann nicht angenommen werden, dass er ein Interesse daran hat, aus der Anonymität herauszutreten, um auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Anders kann es liegen, wenn sein unbefugt abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt wird (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 11).

33

bb) Der entgegenstehende Wille des Beklagten ist auch nicht unbeachtlich, § 679 BGB. Das Erfüllen der Unterlassungspflicht liegt nicht im öffentlichen, sondern im alleinigen Interesse des Parkplatzbetreibers, wenn sich der Parkverstoß auf einem privaten Parkplatz ereignet, selbst wenn dieser für die Allgemeinheit eröffnet ist.

34

b) Der Ersatzanspruch kann nicht auf § 677, § 684 Satz 1, § 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB gestützt werden. Der Beklagte hat durch die Halteranfrage nichts erlangt, was sein Vermögen vermehrt hätte.

35

c) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar ist § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Senat, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 15; BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - VI ZR 259/90, BGHZ 114, 305, 313; Urteil vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 41/80, NJW 1981, 865, 866; Senat, Urteil vom 7. März 1956 - V ZR 106/54, BGHZ 20, 169, 171). Der Schadensersatzanspruch setzt aber ein Verschulden voraus, an dem es hier fehlt. Es ist nicht festgestellt oder aus den Umständen ersichtlich, dass es der Beklagte war, der das Fahrzeug verbotswidrig abgestellt hat, oder dass die verbotene Eigenmacht durch den Fahrzeugführer für ihn konkret vorhersehbar war.

36

d) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs scheidet aus (§ 280 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB). Der Beklagte befindet sich nicht in Verzug. Es fehlt an einer verzugsbegründenden Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Diese war auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 ZPO entbehrlich (zum Schuldnerverzug des Kunden beim Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 171/10, NJW 2011, 2871 Rn. 12 u. 18 ff.). Die Klägerin macht lediglich einen Anspruch auf Unterlassung einer künftigen Störung geltend. Es ist weder festgestellt, dass der Beklagte das Fahrzeug unberechtigt abgestellt hat, noch dient die Halterabfrage der Beseitigung der Störung.

III.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Stresemann     

RinBGH Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und RiBGH Dr. Göbel sind infolge
Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Karlsruhe, den 16. Dezember 2015

        

Brückner

        

Die Vorsitzende
Stresemann


     Haberkamp     

        
32
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der freien Beweiswürdigung unterlie- gen; im Einzelfall kann ihnen durchaus ein hoher Beweiswert zukommen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 23. September 1998 - 2 L 5/96, S. 12 mwN, und vom 18. November 1998 - 2 L 76/97, juris Rn. 20; OLG Brandenburg , Urteil vom 13. November 2007 - 10 UF 161/07, juris Rn. 32; RappLücke in Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 19 Rn. 69; siehe auch BVerfGE 96, 189, 202 f.; BAGE 74, 257, 265; VG Meiningen, LKV 1995, 298, 299 f.). Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass der Tenor des Landgerichtsurteils zu weit gefasst ist. Ein Verbot der angegriffenen Äußerungen setzt eine Abwägung zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berücksichtigung des Kontextes der Äußerungen voraus. Ein Verbot ohne Bezugnahme auf den Kontext geht daher grundsätzlich zu weit (vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2010, 606, 609; für die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen Senatsur- teile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, BGHZ 174, 262 Rn. 13 f.; vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08, VersR 2009, 1675 Rn. 7 mwN).

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

11
1. a) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 11). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06 - VersR 2009, 365 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO). Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt , soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen , in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 16; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt Hochleistungsmagneten zur Einsparung von fossilen Brennstoffen bei dem Betrieb von Heizungsanlagen her. Sie ist Inhaberin des beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Patents über die "Anordnung zur magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs sowie deren Verwendung". Nach der Patentschrift liegt die Aufgabe der Erfindung darin, den Verbrennungswirkungsgrad des behandelten Treibstoffes signifikant zu erhöhen. Der Beklagte hat Physik und Architektur studiert. Er ist der Auffassung, dass die von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Vorrichtungen keine Energieeinsparung bewirkten und die Klägerin dies wisse. Am 7. Juni 2011 teilte er einer Kundin der Klägerin unter voller Nennung der im Folgenden abgekürzt wiedergegebenen Namen per E-Mail mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe derzeit an einem Artikel über einen groß angelegten Schwindel durch eine Firma S. GmbH, die unter dem Markennamen E. Magnete vermarktet, die an die Brennstoffleitung einer Heizungsanlage geklemmt auf wundersame Weise enorme Energieeinsparungen bewirken sollen. Die Wirkung dieser Magnete entspricht der eines Perpetuum Mobiles, die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung der Magnete ist völliger Unsinn.

Zu den Opfern dieses Betruges gehört auch Ihr Unternehmen. Wie Herr J. vom Facility Management Ihres Unternehmens berichtet, wurden Heizungsanlagen in Ihren Niederlassungen A. und W. mit diesen Magneten ausgestattet.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dieser Angelegenheit Stellung beziehen könnten. Mich interessiert dabei insbesondere, ob Sie durch Ihren Heizungslieferanten oder Energieberater zu diesen Magneten zum Kauf dieser Magnete motiviert wurden, oder ob sich diese nach Kauf dazu geäußert haben. Besonders interessant ist auch, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung durchgeführt wurde. Gerne wird Ihnen dazu jeder Schornsteinfeger bestätigen, dass solch eine Effizienzsteigerung nach einer normalen Wartung und Reinigung, die eventuell beim Einbau der Magnete erfolgte, problemlos messbar ist.

Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dass sich Ihr Unternehmen durch die Bereitstellung des Anwenderberichts zu Werbezwecken für dieses Scharlatanerieprodukt (http://www.e.com/pressemeldungen/pdf/anwenderbericht_e..pdf) gegenüber dadurch beeinflussten weiteren Opfern des Betrugs eventuell schadensersatzpflichtig macht.

Vielen Dank und herzliche Grüße

T. B.

Wissenschaftsjournalist"

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Nachdem die Klägerin den Beklagten abgemahnt und seine Äußerungen als Schmähkritik bezeichnet hatte, teilte der Beklagte mit E-Mail vom 17. Juni 2011 unter Angabe eines Links mit, das Abmahnschreiben habe ihn veranlasst, den Betrug durch die Klägerin auch im Usenet bekannt zu machen.

3

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die Behauptungen zu unterlassen, die Klägerin initiiere mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen "E." hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den "E."-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles", die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei völliger Unsinn. Das Landgericht hat den Beklagten darüber hinaus verurteilt, es zu unterlassen, unmittelbar an Kunden der Klägerin mit den vorgenannten Behauptungen heranzutreten, und an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.974,40 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I.

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Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, § 824 BGB zu. Durch die beanstandeten Äußerungen habe der Beklagte die unternehmensbezogenen Interessen des Unternehmens der Klägerin betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt seien. Die Äußerungen des Beklagten genössen nicht den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, weil sie als unzulässige Schmähkritik zu qualifizieren seien. Ausweislich seiner E-Mail vom 7. Juni 2011 gehe es dem Beklagten vorrangig nicht um eine Auseinandersetzung mit der von ihm behaupteten Wirkungslosigkeit der von der Klägerin verwendeten Technik. Hierzu enthielten seine Ausführungen kaum einen brauchbaren Anhaltspunkt. Vielmehr gehe es dem Beklagten ersichtlich darum, das Unternehmen der Klägerin in den Augen auch von Kunden herabzusetzen. Während der Leser der E-Mail - anders als aus dem Bericht des Bayerischen Landesamtes für Umwelt - keinerlei Informationen erlange, aus welchen Gründen die Technik der Klägerin unbrauchbar sein solle, werde er ohne nähere Darlegungen mit angeblich betrügerischen Machenschaften der Klägerin konfrontiert. Dies habe mit einer Auseinandersetzung in der Sache nichts zu tun, sondern ziele einzig und allein darauf ab, die Klägerin als Betrügerin darzustellen und den Adressaten vor ihr zu warnen. Der Beklagte habe die Klägerin gleichsam als Betrügerin an den Pranger gestellt. Das Landgericht habe sich auch nicht mit den vom Beklagten behaupteten journalistischen und verbraucherschützenden Motiven für sein Verhalten auseinandersetzen müssen, da er sich erstinstanzlich nicht auf diese Motive berufen habe. Soweit er sie mit der Berufungsbegründung geltend gemacht habe, sei er mit dem Vortrag ausgeschlossen. Abgesehen davon habe er seine Motive bereits nicht nachvollziehbar und glaubhaft dargetan. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Artikel verfasst, ohne dass er dargelegt habe, was ihn daran gehindert habe, journalistisch tätig zu werden. Aber auch dann, wenn seine Motive tatsächlich journalistischer Art gewesen wären, würde es an der Bewertung seiner Äußerungen als Schmähkritik nichts ändern.

II.

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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen nicht bejaht werden.

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1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen nicht aus § 824 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt, da die angegriffenen Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren sind.

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a) Gemäß § 824 Abs. 1 BGB hat derjenige, der der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss. Die Vorschrift setzt danach voraus, dass unwahre Tatsachen und nicht bloß Werturteile mitgeteilt werden. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz (vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 62; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 12 Rn. 60; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 246; Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage, § 824 Rn. 2 ff.).

8

b) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72 m.w.N.). Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200; NJW 2008, 358, 359). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 10; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 15; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 63; BVerfGE 90, 241, 247; BVerfG NJW 2008, 358, 359). Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BVerfGE 85, 1, 15 f. m.w.N.; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846).

9

Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachenbehauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (Senatsurteile vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 14; BVerfGK 10, 485, 489). Bei der Sinndeutung ist zu beachten, dass die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 20; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, AfP 2014, 449 Rn. 13; BVerfG, NJW 2013, 217, 218).

10

c) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Aussagen als Meinungsäußerungen zu qualifizieren. Die Äußerungen, die Klägerin betreibe mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen E. hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den E.-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles" und die vom Hersteller "herbeigezerrte" wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei "völliger Unsinn", sind entscheidend durch das Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Zwar weisen alle Teilaussagen in ihrer Gesamtheit betrachtet auch tatsächliche Elemente auf. So bringt der Beklagte mit den Begriffen "Schwindel", "Betrug", "Scharlatanerieprodukte" und "Unsinn" im vorliegenden Zusammenhang zum Ausdruck, dass die von der Klägerin bei der Vermarktung ihres Produkts hervorgehobene energieeinsparende Wirkung der Magnete tatsächlich nicht gegeben sei. Die von der Klägerin zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise treffe nicht zu, die (angeblich) gemessenen Einsparungen könnten auch auf eine beim Einbau der Magnete erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen sein und die Klägerin habe hiervon Kenntnis. Hierin erschöpfen sich die Aussagen aber nicht; sie bringen vielmehr in erster Linie die Missbilligung des geschäftlichen Verhaltens der Klägerin durch den Beklagten zum Ausdruck und enthalten damit eine subjektive Wertung, die mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist. Auch dem Begriff "Betrug" kommt im vorliegenden Zusammenhang kein weitergehender Aussagegehalt zu. Er wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 14; BVerfGE 85, 1, 19; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42). Ein durchschnittlicher Leser versteht unter dieser Behauptung nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes, sondern den weiter gefassten Vorwurf der bewussten Verbrauchertäuschung.

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2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu.

12

a) Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die angegriffenen Äußerungen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingreifen. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9). Denn die Verwendung der beanstandeten Begriffe ist geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.

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Die angegriffenen Äußerungen berühren darüber hinaus das durch Art. 12 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Betroffen ist das Interesse der Klägerin daran, dass ihre wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihr abgehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 98; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359 f.). Die angegriffenen Äußerungen sind geeignet, eine Verunsicherung der Kunden der Klägerin zu bewirken mit der Folge, dass diese die angebotenen Leistungen nicht (mehr) nachfragen.

14

Das zuletzt genannte Interesse der Klägerin wird zusätzlich dadurch betroffen, dass der Beklagte mit den angegriffenen Äußerungen unmittelbar an Kunden der Klägerin herangetreten ist.

15

b) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Annahme, dass die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin und ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig sind.

16

aa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 97; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Gleiches gilt für das allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12). Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des jeweiligen Rechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135).

17

bb) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die danach erforderliche Abwägung sei vorliegend entbehrlich, weil die angegriffenen Äußerungen als Schmähkritik zu qualifizieren seien und deshalb nicht am Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG teilhätten.

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(1) Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Eine Schmähung liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; BVerfG, AfP 2013, 388 Rn. 15; NJW 2014, 3357 Rn. 11; NJW-RR 2004, 1710, 1712, jeweils m.w.N.). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 16).

19

(2) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Äußerungen nicht als Schmähkritik zu qualifizieren. Auch hier ist nämlich zu beachten, dass eine Aussage nicht isoliert gewürdigt werden darf, sondern in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 19). Der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 kann bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ein Sachbezug nicht abgesprochen werden. Es handelt sich zwar um polemische und überspitzte Kritik; diese hat aber eine sachliche Auseinandersetzung zur Grundlage. Der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit der gewerblichen Leistung und dem Geschäftsgebaren der Klägerin auseinander. Ihm geht es erkennbar darum, die aus seiner Sicht gegebene völlige Wirkungslosigkeit der Produkte der Klägerin aufzudecken und zur Unterrichtung der Marktteilnehmer und zur Markttransparenz beizutragen. Zu diesem Zweck bittet er den angeschriebenen Kunden der Klägerin um nähere Informationen, wie es zu dem Anwenderbericht des Kunden gekommen ist, den die Klägerin zu Werbezwecken für ihr Produkt verwendet. So bittet er insbesondere um Mitteilung, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung der Heizung durchgeführt wurde, und weist darauf hin, dass eine Effizienzsteigerung bereits nach einer normalen Wartung und Reinigung zu erwarten sei.

20

cc) Im Streitfall sind deshalb die unter a) genannten Schutzinteressen der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.

21

(1) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.). Danach fällt bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht. Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 18; vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081 Rn. 12; BVerfGE 90, 241, 248 f.; 94, 1, 8; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2008, 358, 359 f., 38; NJW 2012, 1643 Rn. 34). Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33). Dementsprechend muss sich ein Gewerbetreibender wertende, nicht mit unwahren Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik an seiner gewerblichen Leistung in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert ist (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich).

22

(2) Auf der Grundlage des mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags des Beklagten hat das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen und ihrer unternehmensbezogenen Interessen nach diesen Grundsätzen hinter dem Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit zurückzutreten. Nach dem - u.a. durch Vorlage zweier Privatgutachten und eines Warnschreibens des Bayerischen Landesamtes für Umwelt konkretisierten - Sachvortrag des Beklagten sind die tatsächlichen Elemente seiner insgesamt als Meinungsäußerungen zu qualifizierenden Aussagen wahr. Denn danach sind die von der Klägerin mit dem Versprechen der Energieeinsparung bei dem Betrieb von Heizungsanlagen vertriebenen Magnete wirkungslos. Die angeblich energieeinsparende Wirkung der Magnete ist tatsächlich nicht gegeben. Etwaige Energieeinsparungen nach dem Einbau eines Magneten sind auf eine beim Einbau des Magneten erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen. Die von der Klägerin durchgeführten, eine Effizienzsteigerung belegenden Messungen sind nicht aussagekräftig, da sie nicht unter standardisierten Bedingungen und von objektiven Dritten durchgeführt worden sind. Die zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise trifft nicht zu; der als Beleg für die Wirkung der Magnete hergestellte Bezug zur Kernspinresonanz ist frei erfunden und dient der bewussten Täuschung potentieller Kunden.

23

Zu Gunsten des Beklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass er seine Äußerungen nicht im Rahmen einer privaten Auseinandersetzung zur Verfolgung von Eigeninteressen gemacht, sondern ein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, AfP 2009, 55 Rn. 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich). Auch an wirtschaftlichen Fragen kann ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit, insbesondere der vom Verhalten eines Unternehmens betroffenen Kreise, bestehen. Eine marktwirtschaftliche Ordnung setzt voraus, dass die Marktteilnehmer über ein möglichst hohes Maß an Informationen über marktrelevante Faktoren verfügen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Wie sich bereits aus der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 ergibt, ging es ihm ungeachtet seiner überspitzten Formulierungen darum, über fragwürdige Geschäftspraktiken aufzuklären. Darüber hinaus ergab sich für den Empfängerkreis bereits aus der Art der Darstellung, dass ein subjektives Werturteil formuliert wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Meinungsfreiheit des Beklagten im Kern betroffen wird, wenn ihm die Äußerung seiner Meinung gerichtlich untersagt wird. Die Verurteilung zur Unterlassung einer Äußerung muss aber im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden (vgl. BVerfGK 2, 325, 329; BVerfG, AfP 2012, 549 Rn. 35).

24

3. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen Einwendungen der Parteien auseinanderzusetzen.

Galke                   Diederichsen                   Stöhr

          v. Pentz                            Oehler

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

15
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).
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cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, insbesondere wenn die Privatsphäre betroffen ist. Zur Privatsphäre - auch einer Person des öffentlichen Interesses - gehört grundsätzlich die eigene Erkrankung, wobei Ausnahmen allenfalls bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, VersR 1996, 339, 340; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06, VersR 2009, 78 Rn. 20; - VI ZR 256/06, VersR 2009, 76 Rn. 20 und - VI ZR 260/06, VersR 2009, 511 Rn. 19).
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aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 mwN).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

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cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, insbesondere wenn die Privatsphäre betroffen ist. Zur Privatsphäre - auch einer Person des öffentlichen Interesses - gehört grundsätzlich die eigene Erkrankung, wobei Ausnahmen allenfalls bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, VersR 1996, 339, 340; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06, VersR 2009, 78 Rn. 20; - VI ZR 256/06, VersR 2009, 76 Rn. 20 und - VI ZR 260/06, VersR 2009, 511 Rn. 19).
21
a) Werden aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht, liegt die Beweislast für die Unwahrheit nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Kläger (vgl. Damm/Rehbock, aaO, Rn. 826, 903 f.). Dies gilt auch bei einem Berichtigungsanspruch, bei dem eine Beweislastumkehr gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB nicht erfolgt (vgl. Senat, BGHZ 37, 187, 189 f.; 69, 181, 183; Löffler/Steffen, aaO; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 31.22 ff.; Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 18; a.A. Teile der Literatur, vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, 13. Aufl., § 88 II 2 a, Seite 712 und die Übersicht bei Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 19 m.w.N.).

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die angegriffenen Behauptungen nicht (erweislich) wahr. Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB wäre es Sache der auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden gewesen, die Wahrheit der Behauptung nachzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; Katzenmeier in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 823 Abs. 2 Rn. 9 mwN). Diesen Beweis haben sie nicht geführt.
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a) Werden aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht, liegt die Beweislast für die Unwahrheit nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Kläger (vgl. Damm/Rehbock, aaO, Rn. 826, 903 f.). Dies gilt auch bei einem Berichtigungsanspruch, bei dem eine Beweislastumkehr gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB nicht erfolgt (vgl. Senat, BGHZ 37, 187, 189 f.; 69, 181, 183; Löffler/Steffen, aaO; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 31.22 ff.; Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 18; a.A. Teile der Literatur, vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, 13. Aufl., § 88 II 2 a, Seite 712 und die Übersicht bei Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 19 m.w.N.).
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cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, insbesondere wenn die Privatsphäre betroffen ist. Zur Privatsphäre - auch einer Person des öffentlichen Interesses - gehört grundsätzlich die eigene Erkrankung, wobei Ausnahmen allenfalls bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, VersR 1996, 339, 340; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06, VersR 2009, 78 Rn. 20; - VI ZR 256/06, VersR 2009, 76 Rn. 20 und - VI ZR 260/06, VersR 2009, 511 Rn. 19).
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(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.