Oberlandesgericht München Urteil, 09. Jan. 2014 - 4 StRR 261/13

bei uns veröffentlicht am09.01.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tatbestand

1. Die Staatsanwaltschaft Traunstein legte dem Angeklagten und einem Mittäter mit Anklageschrift vom 28. August 2012 u. a. Betrug (im besonders schweren Fall) zur Last und erhob die öffentliche Klage zum Landgericht Traunstein - Jugendkammer. Diese eröffnete das Hauptverfahren mit Beschluss vom 11. Oktober 2012 vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Traunstein und ließ die Anklageschrift im hier verfahrensgegenständlichen Schuldvorwurf des Betrugs zur Hauptverhandlung zu (hinsichtlich eines weiteren Anklagepunkts, der den Mittäter betraf, wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt). Am 30. Januar 2013 fand vor dem Jugendschöffengericht die Hauptverhandlung statt, aufgrund derer das Amtsgericht den Angeklagten (und seinen Mittäter) des (banden- und gewerbsmäßigen) Betrugs für schuldig befand und ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren sechs Monaten verurteilte. Der Angeklagte und sein damaliger Pflichtverteidiger (der gewählte Verteidiger blieb der Hauptverhandlung fern) nahmen das Urteil an und verzichteten auf Rechtsmittel.

Mit am 1. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz seines Wahlverteidigers hat der Angeklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt; es ist vorgetragen worden, der erklärte Rechtsmittelverzicht sei wegen Verstoßes gegen § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO unwirksam. Nach Anhörung der Staatsanwaltschaft, des Pflichtverteidigers und des Verteidigers des Mitangeklagten hat die Jugendkammer des Landgerichts Traunstein mit Beschluss vom 24. April 2013 die Berufung des Angeklagten kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Auf die am 10. Mai 2013 eingegangene sofortige Beschwerde hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts München den Verwerfungsbeschluss des Landgerichts wegen Verstoßes gegen § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO, der auch bei „informellen Verständigungen“ gelte, aufgehoben (Az.: 1 Ws 469/13 - zit. nach juris) und den erklärten Rechtsmittelverzicht des Angeklagten für unwirksam erachtet; der 1. Strafsenat hat dem Berufungsverfahren weiteren Fortgang gegeben.

3. Aufgrund der Hauptverhandlung vom 24. Juli 2013 hat die Jugendkammer des Landgerichts Traunstein das Urteil des Amtsgerichts Traunstein vom 30. Januar 2013 im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung die Kammer zur Bewährung aussetzte. Die weitergehende Berufung des Angeklagten hat die Strafkammer als unbegründet verworfen.

Die Jugendkammer hat der Verurteilung folgenden Schuldspruch zugrunde gelegt:

„Festgestellter Sachverhalt

Der Angeklagte ... und der bereits verurteilte Mitangeklagte ... sind Teile eines Zusammenschlusses verschiedener Personen mit Sitz in Litauen, die mit sogenannten „Enkelbetrügereien“ ein nicht nur geringfügiges Einkommen erzielen. Die Tätigkeit besteht (jedenfalls auch) darin, in Deutschland lebenden Menschen mit Hilfe von sogenannten Schockanrufen Geld zu entlocken und sich auf deren Kosten zu bereichern.

Die Personengruppe geht dabei bewusst arbeitsteilig vor:

Mittels litauischer Mobilfunknummern von derzeit noch unbekannten Personen („Anbahnern“) werden vornehmlich russischstämmige Opfer in Deutschland angerufen und diesen dann bewusst wahrheitswidrig vorgespiegelt, dass ein naher Angehöriger in einen Unfall oder ein ähnliches Geschehen verwickelt worden sei; deshalb sei unbedingt kurzfristig eine größere Menge Geld erforderlich, um Schaden von dem nahen Angehörigen abzuwenden. Wenn die Opfer der frei erfundenen Geschichte Glauben schenken und zu einer Zahlung bereit sind, verleitet der Anrufer die Geschädigten dazu, Bargeld bereit zu halten, das im unmittelbaren Anschluss von einem „Abholerteam“, das ein „Logistiker“ zu den Opfern dirigiert, übernommen wird. Das Opfer wird dabei von dem Anrufer aus Litauen bewusst so lange am Telefon gehalten, dass dieses gar nicht zum Nachdenken kommen und noch während des Gesprächs das Geld abgeholt werden kann.

Aufgabe des Angeklagten ... und des Verurteilten ... war es in dieser Gesamtstruktur, als „Abholerteam“ möglichst schnell zu den Opfern zu fahren, um das Bargeld sofort in Empfang zu nehmen, bevor die Opfer misstrauisch wurden bzw. werden konnten. Das „Abholerteam“ befand sich dabei im Zeitpunkt der Anrufe aus Litauen bei den Opfern bereits in der Gegend, wo die Opfer wohnten, und konnten daher schnell vor Ort sein.

Die Angeklagten sollten als Entlohnung nach der Rückkehr nach Litauen jeweils 10% der Einnahmen bekommen.

Der Verurteilte ... war bei den Geldabholungen dafür zuständig, zu den Wohnungen der Opfer zu gehen, dort zu klingeln und das Geld abzuholen. Der Angeklagte war als Fahrer eingesetzt.

Zur konkreten Tat:

Am 02.05.2012 gegen 14.00 Uhr rief ein Mitglied des oben beschriebenen Zusammenschlusses die Geschädigte ... in ... an, gab sich als ihr Sohn aus und sagte bewusst wahrheitswidrig auf russisch: „Mama, Mama, ich habe einen Unfall gehabt.“ Weiterhin teilte er mit, dass sein Gesicht vom Unfall zerschlagen sei und er blute, er könne nicht lange reden, da er genäht werden müsste.

Die Geschädigte ... entgegnete daraufhin, sie erkenne ihn an der Stimme nicht. Der Anrufer bekräftigte aber nochmals, er sei ihr Sohn. Die Geschädigte ... glaubte ihm schließlich, weil sie, wie geplant, davon ausging, die Stimme ihres Sohnes wegen der Verletzung nicht erkennen zu können.

Sodann übergab der Anrufer das Telefon an einen vermeintlichen Rechtsanwalt. Dieser befahl der Geschädigten ... ebenfalls in russischer Sprache, nicht aufzulegen. Er schilderte dann, ihr Sohn habe beim Rückwärtsfahren mit seinem Auto ein Mädchen umgefahren, das nun verletzt sei und operiert werden müsse. Damit dies nicht zu Gericht komme, wolle der Vater des Mädchens von ihr 10.000,- Euro.

Die Geschädigte ... teilte dem vermeintlichen Rechtsanwalt, wie von diesem vorhergesehen, mit, sie sei bereit, 8.000,- Euro zu bezahlen. Damit war dieser zunächst einverstanden. Er sagte, der Bruder des Mädchens sei schon auf dem Weg zu ihr, sie solle am Telefon bleiben. Dann diktierte der vermeintliche Rechtsanwalt ihr einen Vertrag. Er nannte sich hierbei ... Der Bruder des Mädchens, der das Geld abholen werde, heiße ...

Wie geplant erschien noch während des Telefonats zwischen der Geschädigten ... und dem angeblichen Rechtsanwalt der Verurteilte ... an der Wohnadresse der Geschädigten in ..., ..., gab sich als ... aus, nahm die bereitgelegten 8.000,- Euro in 500-Euro-Scheinen in Empfang, quittierte diese und entfernte sich wieder.

Das Telefonat zwischen der Geschädigten ... und dem vermeintlichen Rechtsanwalt dauerte währenddessen an. Dieser teilte ihr dann mit, der Zustand des verletzten Mädchens habe sich verschlechtert und dessen Vater sei mit der Zahlung von nur 8.000,- Euro nicht einverstanden. Sie solle weitere 2.000,- Euro bezahlen. Die Geschädigte ... war damit, wie von dem angeblichen Rechtsanwalt vorhergesehen, einverstanden.

Fünf Minuten später erschien daraufhin erneut ... bei der Geschädigten und nahm die weiteren 2.000,- Euro in 500-Euro-Scheinen in Empfang.

Sodann informierte der vermeintliche Rechtsanwalt, mit dem das Telefonat weiterhin fortgedauert hatte, die Geschädigte ... darüber, dass der Vater des Mädchens nun einverstanden sei.

Der Verurteilte ... und der Angeklagte ... waren während des Telefonats zwischen der Geschädigten ... und dem vermeintlichen Rechtsanwalt von weiteren Mitgliedern des besagten Zusammenschlusses über die Adresse der Geschädigten informiert und angewiesen worden, dort hin zu fahren. Zudem war dem Verurteilten ... gesagt worden, sich als ... auszugeben. Der Angeklagte ... fuhr den Angeklagten ... zum Anwesen der Geschädigten und war mit der gesamten Vorgehensweise vertraut. Ihm war insbesondere bewusst, dass das der Geschädigten geschilderte Geschehen bezüglich des Unfalles ihres Sohnes nicht der Wahrheit entsprach.

Der Angeklagte ... handelte bei Tatbegehung in der Absicht, sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.

Die Schuldfähigkeit des Angeklagten ... war während dieser Tat weder erheblich vermindert noch gar aufgehoben.“

4. Gegen dieses Urteil richtete sich die am 25. Juli 2013 eingegangene Revision der Staatsanwaltschaft Traunstein, die mit ihrer am 5. September 2013 eingegangenen Revisionsbegründungsschrift zwei Verfahrensrügen erhob und die Verletzung der Vorschriften der §§ 257c Abs. 1 Satz 1, 244 Abs. Abs. 3 StPO rügte. Der Angeklagte hielt die Revision der Staatsanwaltschaft gemäß Schriftsatz seines Verteidigers vom 16. September 2013 für unbegründet.

5. Die Generalstaatsanwaltschaft hielt das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Traunstein für begründet und vertrat es, gestützt auf das Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft. Sie beantragte, das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 24. Juli 2013 - samt den Feststellungen - aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts Traunstein zurückzuverweisen.

6. Der Verteidiger beantragte mit Schriftsatz vom 16. September 2013, die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet zurückzuweisen. (...)

Gründe

Das statthafte (§ 333 StPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel (§§ 341 Abs. 1, 344, 345 StPO) hat mit der erhobenen Verfahrensrüge einer Verletzung des § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO Erfolg.

1. Die Rüge der Verletzung des Verbots informeller Absprachen im Strafverfahren nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO ist in der nach § 344 Abs. 2 StPO gebotenen Form erhoben. Die Rüge trägt die zur Beurteilung der in Anspruch genommenen Verletzung der Verfahrensvorschrift erforderlichen Tatsachen vollständig vor; diesen Verfahrenstatsachen ist weder das Landgericht (durch dienstliche Erklärungen des Vorsitzenden und des Beisitzers) noch der Verteidiger (durch anwaltliche Erklärung) entgegen getreten.

2. Danach ergibt sich für das Revisionsgericht folgender Verfahrensablauf:

Nach Aufruf der Sache, Feststellung der Anwesenheit, Bekanntgabe der Gerichtsbesetzung, Vorsitzendenbericht über den bisherigen Verfahrensgang, teilweiser Verlesung des erstinstanzlichen Urteils und Feststellung der Haftdaten wurde der Angeklagte gemäß § 243 Abs. 5 StPO belehrt. Er erklärte, sich zur Sache nicht, jedoch zu den persönlichen Verhältnissen äußern zu wollen.

Hierauf regte der Verteidiger ein Rechtsgespräch an, und der Angeklagte äußerte sich zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf Fragen des Gerichts.

Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten erörtert. Der Verteidiger äußerte sich zum Ziel der Berufung.

Mit den Verfahrensbeteiligten wurde ein ausführliches Rechtsgespräch geführt. Der Verteidiger regte eine zügige Erledigung des Verfahrens auf Basis einer von ihm abzugebenden geständigen Erklärung des Angeklagten an; im Hinblick auf die bereits 14 Monate und 3 Wochen andauernde Untersuchungshaft und andere Umstände regte er eine Freiheitsstrafe von maximal 2 Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung an.

Hierauf erklärte der Staatsanwalt, er werde die Sachlage überprüfen, und erbat eine Unterbrechung der Hauptverhandlung von 15 Minuten.

Das Gericht hielt die vom Verteidiger angeregte Lösung gerade auch im Hinblick auf die prozessuale Situation für gangbar.

Sodann wurde die Hauptverhandlung für 15 Minuten unterbrochen.

Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung erklärte der Staatsanwalt, er könne der vom Verteidiger vorgeschlagenen Verständigung nicht zustimmen. Er halte eine unbedingte Freiheitsstrafe für geboten und rege deshalb an, die Zeugen zu vernehmen.

Danach trat der Verteidiger erneut an die Strafkammer heran und regte eine weitere Unterbrechung der Hauptverhandlung für ca. 5 Minuten an, damit er sich mit seinem Mandanten besprechen könne, nachdem die Strafkammer darauf hingewiesen hatte, dass bei einer geständigen Erklärung des Angeklagten eine verkürzte Beweisaufnahme unter Vernehmung der auf den Sitzungstag geladenen Zeugen denkbar und bei entsprechendem Gehalt der geständigen Erklärung des Angeklagten auch eine Freiheitsstrafe von max. 2 Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung möglich erscheine.

Nach Wiedereintritt in die sodann kurz unterbrochene Hauptverhandlung gab der Verteidiger für den Angeklagten eine Erklärung zur Sache ab. Hierzu befragt erklärte der Angeklagte, dass diese Erklärung so richtig sei.

Der Verteidiger erklärte dann, der Angeklagte räume die Tat, wie in der Anklage Ziffer 1 dargestellt, ein und bereue sie zutiefst.

Hieran schloss sich die Erklärung des Angeklagten an, er schließe sich seinem Verteidiger an und lege aus eigener Einsicht ein Geständnis der Tat ab, die er zutiefst bereue. Er äußerte sich daraufhin auf Fragen des Gerichts zur Sache.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme und Ablehnung eines von der Staatsanwaltschaft gestellten Beweisantrags gab der Vorsitzende bekannt, dass keine Verständigung im Sinne des § 257c StPO stattgefunden hätte. Nach den Plädoyers des Verteidigers, der die Verhängung einer Strafe deutlich unter zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden sollte, beantragte, und des Staatsanwalts, der die Verwerfung der Berufung des Angeklagten begehrte, sowie nach dem letzten Wort des Angeklagten verkündete der Vorsitzende der Strafkammer nach geheimer Beratung des Gerichts das Urteil der Strafkammer. Unter Verwerfung der Berufung des Angeklagten im Übrigen wurde auf seine Berufung das Urteil des Amtsgerichts Traunstein vom 30. Januar 2013 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten festgesetzt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Das am 28. August 2013 zu den Akten gelangte schriftliche Urteil enthält die Feststellung (BU S. 3), dass eine Verständigung nach § 257c StPO nicht stattgefunden hat. Zusätzlich enthält dieses Urteil (wiederum BU S. 3) die Wendung: „Die Kammer hat jedoch bei einer geständigen Erklärung des Angeklagten eine Freiheitsstrafe von max. 2 Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung in Aussicht gestellt.“

Der geschilderte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 24. Juli 2013 sowie aus den schriftlichen Urteilsgründen, die die Revisionsführerin so vorgetragen hat.

3. Zwar enthält das Hauptverhandlungsprotokoll ein „Negativattest“, wie es für Verständigungsverfahren von § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO gefordert wird. Die im Übrigen dem Hauptverhandlungsprotokoll zu entnehmenden Verfahrenstatsachen ergeben aber nach dem unwidersprochenen Revisionsvortrag der Staatsanwaltschaft, dass nach dem Scheitern von Gesprächen, die auf eine Verständigung nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO abzielten, die Strafkammer sich einseitig gegenüber dem Angeklagten und seinem Verteidiger in einer § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO widersprechenden Weise in die Pflicht begeben hat, für den Fall einer erwarteten prozessualen Haltung des Angeklagten eine Bewährungsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren zu verhängen. Mithin ist das Hauptverhandlungsprotokoll inhaltlich widersprüchlich und verliert deshalb seine Beweiskraft im Sinne des § 274 StPO (Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 273 Rdn. 12c). Der Senat ist daher nach freibeweislich gewonnener Überzeugung dem nicht widersprochenen Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft gefolgt (Meyer-Goßner a. a. O.).

4. Die Rüge der Verletzung des § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO erweist sich aufgrund des unter Ziffer II. 2. geschilderten Verfahrensablaufs als begründet, denn die Strafkammer des Landgerichts hat mit dem Angeklagten und seinem Verteidiger eine sogenannte „informelle Verständigung“ über die (maximale) Höhe der zu erwartenden Strafe bei geständiger Einlassung geschlossen, den Angeklagten auf dieser Grundlage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.

a) § 257c StPO ist die zentrale Vorschrift für Verständigungen im Strafverfahren (Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 257c Rdn. 1), die das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2353) neben anderen flankierenden, gleichwohl nicht weniger bedeutsamen Vorschriften in das Strafverfahrensrecht einführte.

Nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Gericht (nach § 332 StPO auch die Berufungskammer) sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. Verfahrensbeteiligter ist derjenige, der nach dem Gesetz eine prozessuale Rolle auszuüben hat (Meyer-Goßner Einl. Rdn. 71; Griesbaum-KK 7. Aufl. § 160b Rdn. 3), jedenfalls der Angeklagte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft (Griesbaum-KK Rdn. 3 ff.; Meyer-Goßner Einl. Rdn. 72 ff.). Eine Verständigung liegt vor bei zumindest einseitig bindenden Absprachen zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten über mit dem Urteil zu verhängende Rechtsfolgen, die unter Beachtung der hierfür geltenden gesetzlichen Maßgaben erfolgen (§§ 243 Abs. 4; 257 b; 273 Abs. 1a; 302 Abs. 1 Satz 2)(Griesbaum-KK § 257c Rdn. 8). Eine solche Übereinkunft zwischen dem Gericht in seiner für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen gesetzlichen Besetzung, der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten und dem Verteidiger ist vorliegend nicht zustande gekommen. Dies stellt das Sitzungsprotokoll über die Hauptverhandlung vom 24. Juli 2013 ebenso zutreffend fest wie das schriftliche Urteil der Strafkammer. Denn die Staatsanwaltschaft hat ihre erforderliche Zustimmung zu einer Verständigung auf der vorgeschlagenen Grundlage einer geständigen Einlassung einerseits und zu verhängender Freiheitsstrafe von nicht über zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, andererseits ausdrücklich verweigert, weil ihr andererseits an einer unbedingten Freiheitsstrafe gelegen war.

b) Die Strafkammer hat vielmehr dem Angeklagten und seinem Verteidiger gegenüber eine einseitige „Verpflichtungserklärung“ abgegeben und bei entsprechendem prozessualen Verhalten des Angeklagten und seines Verteidigers eine Rechtsfolge (bindend) in Aussicht gestellt. Diese im Übrigen früher gepflogene Praxis der strafrechtlichen Tatgerichte (vgl. dazu MeyerGoßner § 257c Rdn. 2; Griesbaum-KK § 257c Rdn. 2 f.; BGHSt 50, 40/46 ff.). hat jedoch mit dem Verständigungsgesetz vom 29. Juli 2009 ein Ende gefunden und ist seither auch zum Schutz des Angeklagten nicht mehr zulässig (Meyer-Goßner § 257c Rdn. 3). Die einseitige Verpflichtungserklärung war gesetzeswidrig (BVerfG Urteil vom 19. März 2013 NJW 2013 1058/1069 und 1070; Griesbaum-KK § 257c Rdn. 44) und konnte deshalb keiner Bindungswirkung oder Vertrauenstatbestand entfalten (BGH Beschluss vom 12. Juli.2011 Az.: 1 StR 274/11 zit. nach juris Rdn. 3), selbst wenn im Übrigen die Strafkammer den gesetzlich geforderten Dokumentations- und Transparenzanforderungen gerecht geworden ist und den Anforderungen des § 257c Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 244 Abs. 2 StPO folgend das verständigungsbasierte Geständnis einer Überprüfung durch Beweisaufnahme unterzogen hat (dazu BGH Beschluss vom 21. Januar 2012 Az.: 3 StR 285/11 zit. nach juris Rdn. 7; BGH NStZ-RR 2012 52; BGH Beschluss vom 22. September 2011 Az.: 2 StR 383/11 zit. nach juris Rdn. 3; OLG Celle Beschluss vom 9. November 2010 Az.: 32 Ss 152/10 zit. nach juris Rdn. 19 f.; BGH Beschluss vom 25. Juni 2013 Az.: 1 StR 163/13 zit. nach juris; BGH Beschluss vom 6. August 2013 Az.: 3 StR 212/13 zit. nach juris Rdn. 4).

5. Das so zustande gekommene Urteil beruht auch auf dem Gesetzesverstoß (Meyer-Goßner § 344 Rdn. 27; § 337 Rdn. 38; Gericke-KK § 344 Rdn. 65, § 337 Rdn. 33 ff.; OLG Celle Beschluss vom 30. August 2011 Az.: 32 Ss 87/11 zit. nach juris Rdn. 13).

a) Dies folgt schon daraus, dass § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO keine bloße Ordnungsvorschrift ist, sondern als zentrale Vorschrift des Strafverfahrensrechts das Verständigungsverfahren gesetzlich erst eröffnet (zur Beruhensfrage bei der Verletzung von Ordnungsvorschriften Gericke-KK § 337 Rdn. 38).

b) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Verständigung im Strafverfahren (Urteil vom 19. März 2013 NJW 2013 1058 ff.; zur MRK-Konformität EGMR Urteil vom 3. November 2011 Az.: 29090/06 zit. nach juris Rdn. 73) bei der Frage nach Vollzugsdefiziten in der Anwendung der Neuregelungen des Verständigungsgesetzes zur verfassungsrechtlich erheblichen Kontrolle von verständigungsbasierten Strafurteilen zu den Kontrollaufgaben von Staatsanwaltschaft und Rechtsmittelinstanzen Stellung genommen und beiden Institutionen eine besondere Aufgabe bei der Umsetzung der verständigungsbezogenen Regelungen zugewiesen (NJW 2013 1058/1066). Dieser Aufgabe ist die Staatsanwaltschaft nachgekommen, indem sie das Urteil der Strafkammer durch Revision angefochten hat. Die Effektivität der hieraufhin erfolgenden Kontrolle durch das Revisionsgericht darf, um die gesetzestreue Umsetzung der Regelungen des Verständigungsgesetzes zu gewährleisten, die Beruhensfrage bei eindeutigen Verstößen gegen § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO nur noch in Ausnahmefällen stellen, die hier jedoch nicht vorliegen. Diese Ausnahmefälle können sich ergeben, wenn etwa trotz unterbliebener Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO das Revisionsgericht die Überzeugung gewonnen hat, dass der Angeklagte das verständigungsbasierte Geständnis gleichwohl abgegeben hätte (BGH Urteil vom 7. August 2013 Az.: 5 StR 253/13 zit. nach juris Rdn. 11 f.). Der Senat ist sich hierbei der Tatsache bewusst, dass auf der Grundlage dieser Rechtsansicht der eindeutige Verstoß gegen § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO eine solche Rechtsverletzung in die Nähe eines absoluten Revisionsgrundes nach § 338 StPO rückt, obwohl der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Verständigungsgesetzes eine so weit reichende Regelung nicht getroffen hat (OLG Celle Beschluss vom 30. August 2011 Az.: 32 Ss 87/11 zit. nach juris Rdn. 12). Im Interesse der Wahrung einer verfassungsmäßigen Umsetzungspraxis gerade im Lichte der Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Verständigungspraxis erscheint dem Senat aber eine solche Sichtweise jedoch nicht nur hinnehmbar, sondern verfahrensrechtlich unausweichlich.

c) Der Verfahrensgang sowie die Dokumentation der von der Revision vorgetragenen und von der Strafkammer angenommenen und darüber hinaus im Urteil ausgesprochenen Bindung an die gesetzeswidrige Absprache mit dem Angeklagten und seinem Verteidiger sind eindeutig und entheben das Revisionsgericht von weiteren freibeweislichen Nachforschungen (vgl. dazu OLG Zweibrücken Beschluss vom 31. Juli 2012 Az.: 1 Ws 169/12 zit. nach juris Rdn. 12). Nach Scheitern der angestrebten und § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO entsprechenden Verständigung ist die Strafkammer dem Drängen des Verteidigers erlegen und hat sich zu der hier vorliegenden gesetzeswidrigen Absprache hinreißen lassen, durch die sie dem Angeklagten eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden sollte, zusicherte. Erst hierauf hat sich der Angeklagte zu einem Geständnis entschlossen, nachdem er zuvor eindeutig jede Angaben zur Sache verweigert hatte. Es hat bei diesem klaren Gang des Verfahrens eine eigene Aussagekraft, dass sich der Angeklagte durch seinen Verteidiger zur gerügten Verletzung des § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO nicht, sondern nur zu der weiteren erhobenen Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft geäußert hat.

6. Schon aus diesem Grunde war das angegriffene Urteil des Landgerichts Traunstein vom 24. Juli 2013 gemäß § 353 Abs. 1 StPO samt den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts Traunstein zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). (...)

Wie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 entnommen werden kann, kommen den gesetzlich statuierten Dokumentationspflichten insbesondere nach § 257c Abs. 3 Satz 1 StPO wegen des Schutzes des Angeklagten vor gesetzwidrigen oder sachfremden Erwägungen (KG Urteil vom 23. April 2012 zit. nach juris Rdn. 3; BGH Urteil vom 17. Februar 2011 Az.: 3 StR 426/100 zit. nach juris Rdn. 4 f.; BGH Beschluss vom 28. September 2010 Az.: 3 StR 359/10 zit. nach juris Rdn. 8, 10) und wegen der Kontrolle verständigungsbasierter Verfahrenserledigungen durch die Öffentlichkeit (§ 169 GVG) und durch das Rechtsmittelgericht hervorragende Bedeutung zu. Die Dokumentation des Verständigungsgeschehens durch die Strafkammer, die dem gesetzeswidrig zustande gekommenen (Absprache-) Urteil vorausging, erscheint dem Revisionssenat als unzureichend. Deswegen bemerkt der Senat für das weitere Verfahren:

Sollte es erneut zu einer Verständigung nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO vor der nunmehr zur Entscheidung aufgerufenen Strafkammer kommen, darf sich diese nicht darauf beschränken, eine vorgeschlagene Verständigungslösung „als gangbar“ oder den prozessualen Gegebenheiten „entsprechend“ zu bezeichnen. Ohne das Hauptverhandlungsprotokoll zu überfrachten, wird sie mitzuteilen haben, welche wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände für die dann erzielte Verständigungslösung über die Höhe der Strafe und über deren Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung streiten (vgl. auch BGH Beschluss vom 13. Januar 2010 Az.: 3 StR 528/09 zit. nach juris Rdn. 2).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Urteil, 09. Jan. 2014 - 4 StRR 261/13

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Urteil, 09. Jan. 2014 - 4 StRR 261/13

Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
Oberlandesgericht München Urteil, 09. Jan. 2014 - 4 StRR 261/13 zitiert 16 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

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(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausges

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(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

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Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht München Urteil, 09. Jan. 2014 - 4 StRR 261/13 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Urteil, 09. Jan. 2014 - 4 StRR 261/13 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11

bei uns veröffentlicht am 12.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 274/11 vom 12. Juli 2011 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2011 beschlossen: Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgericht

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2013 - 1 StR 163/13

bei uns veröffentlicht am 25.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 163/13 vom 25. Juni 2013 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2013 beschlossen: Die

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2011 - 2 StR 383/11

bei uns veröffentlicht am 22.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 383/11 vom 22. September 2011 in der Strafsache gegen wegen versuchten schweren Raubes Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1 a) betref

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2010 - 3 StR 359/10

bei uns veröffentlicht am 28.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 359/10 vom 28. September 2010 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Gen

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2010 - 3 StR 528/09

bei uns veröffentlicht am 13.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 528/09 vom 13. Januar 2010 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhöru

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Aug. 2013 - 5 StR 253/13

bei uns veröffentlicht am 07.08.2013

5 StR 253/13 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 7. August 2013 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. A

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2013 - 3 StR 212/13

bei uns veröffentlicht am 06.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 212/13 vom 6. August 2013 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers un

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2011 - 3 StR 426/10

bei uns veröffentlicht am 17.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 426/10 vom 17. Februar 2011 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Febr

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 17. Okt. 2013 - 1 Ws 469/13

bei uns veröffentlicht am 17.10.2013

Tenor Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 12.08.2013 gegen den Beschluss der36. großen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 08.07.2013  hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.10.2013nach Anhörung der Generalstaatsanwaltscha

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 31. Juli 2012 - 1 Ws 169/12

bei uns veröffentlicht am 31.07.2012

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss der 3. (Kleinen) Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 27. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdever

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(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

Tenor

Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 12.08.2013 gegen den Beschluss der

36. großen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 08.07.2013  hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.10.2013

nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Verurteilten bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.


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(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Gegen die Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte ist Revision zulässig.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Im übrigen gelten die im sechsten Abschnitt des zweiten Buches über die Hauptverhandlung gegebenen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 274/11
vom
12. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2011 beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 15. Februar 2011 wird als unbegründet verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Schriftsätze der Revision vom 5. und vom 8. Juli 2011 lagen vor. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat : 1. Die Urteilsfeststellungen und der Schuldspruch werden von der auf dem Geständnis der Angeklagten beruhenden Beweiswürdigung des Landgerichts getragen. Zwar hat das Landgericht nicht die Feststellung getroffen, dass es sich bei den dem Betriebsausgabenabzug und der Geltendmachung von Vorsteuer zugrunde gelegten Aufträgen um Scheingeschäfte i.S.d. § 41 Abs. 2 AO gehandelt hat. Solches lag freilich nach den im Urteil mitgeteilten Umständen nahe; auch ist das Tatgericht nicht gehalten, Behauptungen eines Angeklagten (etwa im Rahmen eines auf der Grundlage einer Verständigung abgegebenen Geständnisses) als unwiderlegbar hinzunehmen, wenn hinreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Angaben fehlen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2010 - 1 StR 502/10 Rn. 12). Der Senat kann hier jedoch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, dass im Jahr 2002 - wie die Angeklagte wusste - aus Gutachtenaufträgen weder eine Leistung bezogen wurde, noch eine Zahlung hierfür erfolgte, was die Geltendmachung der Betriebsausgaben oder der Vorsteuer hätte rechtfertigen können. Die Angeklagte hat ausdrücklich eingeräumt, dass ihr im Jahr 2002 „keines der Gutachten“ übergeben worden sei. 2. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand. Entgegen der Auffassung der Revision enthalten die Urteilsgründe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte lediglich eine „Steuerverkürzung auf Zeit“ beabsichtigt haben könnte. Dies hat die Angeklagte als ausgebildete Steuerfachgehilfin und damit in steuerlichen Angelegenheiten hinreichend sachkundige Angeklagte (UA S. 9) auch nicht behauptet, obwohl sie die gewinnmindernde Berücksichtigung der Gutachtenkosten eingeräumt hat (UA S. 8) und zum Zeitpunkt der Einreichung der unrichtigen Körperschaftsteuerund Gewerbesteuererklärungen im Jahr 2006 die steuerlichen Verhältnisse der von ihr geleiteten Firmen seit dem Jahr 2002 gekannt hatte. Bereits die Annah- me des Landgerichts, „faktisch“ habe eine „Steuerverkürzung auf Zeit“ vorgele- gen, wird von den Feststellungen nicht getragen. Denn aus den Urteilsgründen ergibt sich nicht, dass in den Folgejahren überhaupt Gewinne erzielt worden sind, die durch einen dann möglichen Betriebsausgabenabzug hätten vermindert werden können. Solches liegt, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse der Angeklagten (UA S. 2 ff.) auch fern. Eine Aufklärungsrüge hat die Revision nicht erhoben.
3. Die Feststellung in den Urteilsgründen, das Urteil beruhe „auf einer in einer Vorbesprechung nach § 202a StPO informell getroffenen, verfahrensverkürzenden Verständigung“ (UA S. 9), gibt dem Senat Anlass zu folgendem Hinweis: „Informelle Verständigungen“ widersprechen der Strafprozessordnung. Zwar ist es zulässig, auch schon vor Eröffnung des Hauptverfahrens Erörterungen zur Vorbereitung einer Verständigung zu führen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 202a Rn. 2). Solche Gespräche können - bei gründlicher Vorbereitung auf der Basis der Anklageschrift und des gesamten Akteninhalts - im Einzelfall sinnvoll sein. Sie lösen aber weder eine Bindung des Gerichts an dabei in Aussicht gestellte Strafober- oder -untergrenzen aus, noch kann durch sie ein durch den fair-trial-Grundsatz geschützter Vertrauenstatbestand entstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 1 StR 458/10; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - 2 StR 354/10; BGH, Beschluss vom 4. August 2010 - 2 StR 205/10). Die Annahme einer solchen Bindung ist rechtfehlerhaft und könnte u.U. sogar den Bestand eines Urteils gefährden. Die Staatsanwaltschaft, der neben dem Gericht die Wahrung eines rechtsstaatlichen Verfahrens obliegt, hat hier indes kein Rechtsmittel eingelegt; eine von der Strafkammer angenommene Bindung an den Inhalt geführter Vorgespräche könnte hier dieAngeklagte, die dies auch nicht mit einer Verfahrensrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - 3 StR 528/09) geltend macht, nicht beschweren.

Nack Wahl Hebenstreit Graf Jäger

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 383/11
vom
22. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren Raubes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1 a) betreffend den Beschwerdeführer
auf dessen Antrag - am 22. September 2011 gemäß § 349 Abs. 4, § 357
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 4. Februar 2011 aufgehoben,
a) soweit es ihn und den Mitangeklagten P. betrifft, mit den Feststellungen,
b) soweit es den Mitangeklagten M. betrifft, im Fall B. 2) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. sowie die nichtrevidierenden Mitangeklagten P. und M. wegen versuchten schweren Raubes (Fall B. 2), den Mitangeklagten M. ferner wegen versuchten Betruges (Fall B. 1), zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten (D. ), von zwei Jahren (P. ) und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (M. ) verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten D. hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Aufhebung des Urteils erstreckt sich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten.
2
1. Das Urteil ist, soweit es den Angeklagten D. betrifft, bereits deswegen aufzuheben, weil es eine Beweiswürdigung im Sinne des § 261 StPO vermissen lässt. Ausweislich der Urteilsgründe beruhen die Feststellungen zur Sache allein "auf der Anklageschrift", welcher der AngeklagteD. sowie die Mitangeklagten P. und M. "nach Maßgabe" der getroffenen Verständigung "nicht entgegengetreten" sind (UA S. 26).
3
Das Urteil genügt damit nicht den Mindestanforderungen, die an die richterliche Überzeugungsbildung auch dann zu stellen sind, wenn die Entscheidung , wie hier, nach einer Verständigung ergangen ist. Auch bei einer Verständigung hat das Gericht von Amts wegen den wahren Sachverhalt aufzuklären (§ 257c Abs. 1 S. 2, § 244 Abs. 2 StPO). Die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet nicht von dieser Pflicht (vgl. BGH, NStZ 2009, 467; NStZ-RR 2010, 54; Senat, NStZ-RR 2010, 336; Beschluss vom 9. März 2011 - 2 StR 428/10). Nur ein Sachverhalt, der auf einer Überzeugungsbildung des Gerichts unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht, kann die Grundlage einer Verurteilung bilden. Eine Anklageschrift kann auch dann nicht Grundlage sein, wenn ihr neben dem Angeklagten , wie vorliegend, seine wegen gemeinschaftlichem Handelns angeklagten Mittäter ebenfalls nicht entgegengetreten sind. Diesem Einlassungsverhalten lässt sich ein irgendwie geartetes - auch nur "schlankes" - Geständnis, das einen als glaubhaft bewertbaren inhaltlichen Gehalt hätte, auf den einen Schuldspruch tragende Feststellungen gestützt werden könnten, nicht entnehmen (vgl. BGH, NStZ 2004, 509, 510). Es fehlt schon an einem tatsächlichen Einräumen des dem Anklagevorwurf zu Grunde liegenden Sachverhalts.
4
2. Die Aufhebung ist gemäß § 357 StPO auf die nichtrevidierenden Angeklagten P. und M. zu erstrecken, soweit sie wegen der nämlichen Tat verurteilt worden sind. Der materiell-rechtliche Fehler der nicht vorgenommenen Beweiswürdigung, der der Verurteilung des Angeklagten D. im Fall B. 2 der Urteilsgründe zu Grunde liegt, betrifft die Mitangeklagten P. und M. in gleicher Weise.
5
Dass sich die Anforderungen an die Urteilsgründe hinsichtlich der nichtrevidierenden Mitangeklagten nur nach dem Maßstab des § 267 Abs. 4 StPO bestimmen, steht einer Erstreckung nicht entgegen, denn es handelt sich hier nicht nur um einen Erörterungsmangel (vgl. BGH, NStZ 2005, 223; Beschluss vom 4. Februar 1997 - 5 StR 12/97) oder eine sonst fehlerhafte Beweiswürdigung , sondern um das Fehlen einer Beweiswürdigung, wovon auch § 267 Abs. 4 StPO, der nur Darstellungspflichten betrifft, nicht befreien kann.
6
Das Urteil hinsichtlich des Angeklagten P. war daher insgesamt aufzuheben. Betreffend den Mitangeklagten M. erstreckt sich die Aufhebung nur auf Fall B. 2 der Urteilsgründe, was zum Wegfall der dazugehörigen Einzelstrafe sowie des Gesamtstrafenausspruchs führt.
Fischer Appl Berger Krehl Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 163/13
vom
25. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2013 beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 19. November 2012 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Beschwerdeführerin rügt als Verletzung von § 261 StPO, dass das Urteil nach der Urteilsurkunde auf einer Verständigung nach § 257c StPO beruhe, obwohl eine solche tatsächlich nicht stattgefunden habe, wie sich auch aus dem Protokoll ergebe. Ein revisibler Rechtsfehler ist damit nicht dargelegt. Zwar korrespondiert der Hinweis im Urteil auf eine Verständigung (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO) nicht mit dem Inhalt des Protokolls und den Angaben der Beschwerdeführerin, dass keine Verständigung stattgefunden hat. Der Senat schließt aber aus, dass sich dieser Fehler auf das Verfahren oder das Urteil zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat. Die Überprüfung eines verständigungsbasierten Geständnisses unterliegt grundsätzlich nicht strengeren Anforderungen, als sie an eine Beweisaufnahme in der nach herkömmlicher Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung nach Abgabe eines Geständnisses zu stellen wären (BVerfG, Ur- teil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1063 Rn. 71). Vorliegend hat das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung das vollumfängliche Geständnis der Angeklagten durch zahlreiche sachliche und persönliche Beweismittel überprüft und bestätigt gefunden. Es kann daher dahinstehen, ob dem "Berichtigungsbeschluss" des Landgerichts vom 22. April 2013 (Bl. 235 d.A.) Rechtswirkung zukommt, wonach der vor den eigentlichen Urteilsgründen angebrachte und in Klammern gesetzte Hinweis auf eine Verständigung , der vom weiteren Schriftbild der Urteilsgründe deutlich abweicht, wegen eines Schreibversehens entfällt (vgl. demgegenüber Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 267 Rn. 39 mwN). Wahl Graf Jäger RiBGH Prof. Dr. Radtke ist urlaubsabwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Wahl Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 212/13
vom
6. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am
6. August 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 10. April 2013 aufgehoben. Die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoffgehalt der eingeführten Betäubungsmittel bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Der Schuldspruch wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach veranlasste der Angeklagten einen anderen jeweils dazu, in die Niederlande zu fahren, dort "mindestens 500 Gramm Marihuana" mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils "mindestens 1,5%" THC (Wirkstoff demnach mindestens 7,5 g THC) zu erwerben und nach Deutschland einzuführen. Hier entnahmen beide der Einfuhrmenge jeweils Marihuana zum Eigenverbrauch. Der Rest wurde auf Weisung des Angeklagten von dem anderen gewinnbringend verkauft. Damit ist eine Anstiftung zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht belegt, da der zum Eigenverbrauch verwendete Anteil nicht zum gewinnbringenden Verkauf dienen sollte und die zum Handeltreiben bestimmte Menge deshalb unter dem Grenzwert von 7,5 g THC (BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 – 3 StR 183/84, BGHSt 33, 8) lag.
3
2. Eine Schuldspruchänderung durch den Senat kommt nicht in Betracht. Es liegt vielmehr nahe, dass in einer erneuten Hauptverhandlung weitere, den bisherigen Schuldspruch tragende Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Marihuanas getroffen werden können, die das Landgericht bislang rechtsfehlerhaft nicht getroffen hat.
4
Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge des Rauschgifts bestimmt. Hierzu bedarf es deshalb konkreter Feststellungen. Stehen die tatgegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung, muss das Tatgericht unter Berücksichtigung der anderen ausreichend sicher festgestellten Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Beurteilung durch die Tatbeteiligten, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) die Wirkstoffkonzentration – notfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes – durch eine "Schätzung" festlegen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 mwN). Hierauf darf auch dann nicht verzichtet werden, wenn das Urteil – wie hier – auf einer Verständigung beruht. Auch in diesen Fällen gilt die aus dem verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzip folgende Verpflichtung des Gerichts, von Amts wegen den wahren Sachverhalt – die materielle Wahrheit – zu erforschen (§ 244 Abs. 2 StPO, vgl. zuletzt BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 15. April 2013 – 3 StR 35/13, juris). Es ist daher unzulässig, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu legen , der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte – unter Umständen aufgrund einer Verständigung – geständig gezeigt hat. Zwar unterfällt auch die Bewertung eines Geständnisses dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein. Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das abgelegte Geständnis mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren ist, ob es in sich stimmig ist und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (BGH aaO Rn. 7 mwN).
5
Dem genügt das angefochtene Urteil nicht. Das Landgericht nimmt ohne weitere Erörterungen einen Mindestwirkstoffgehalt an, der mit 1,5% THC gerade noch ausreicht, um die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zu erfüllen. Er entfernt sich indes weit von den üblicherweise festzustellenden Wirkstoffgehalten (vgl. dazu Weber, BtMG, 4. Aufl., Einleitung Rn. 146), ohne dass der Sachverhalt dazu einen Anhaltspunkt geben würde. Vielmehr sind die Betäubungsmittel in ihrer Qualität von den Konsumenten erkennbar niemals beanstandet worden.
6
Die sonstigen Urteilsfeststellungen sind von diesem Aufklärungsmangel nicht betroffen und können daher – mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoffge- halt – aufrechterhalten bleiben. Über die Qualität der Betäubungsmittel muss dagegen erneut verhandelt und entschieden werden.
7
3. Rechtsfehlerhaft ist das Urteil auch insoweit, als es das Landgericht unterlassen hat zu prüfen, ob gegen den Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen ist, obwohl die Feststellungen dazu drängten. Danach wollte der Angeklagte mit den Taten "seinen eigenen Betäubungsmittelkonsum finanzieren" (UA S. 10) und "seine Betäubungsmittelabhängigkeit befriedigen" (UA S. 15). Der Angeklagte ist erst in jüngster Zeit – erkennbar für eine Tat während der Verbüßung einer seiner Vorstrafen – we- gen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln bestraft worden. Er ist jetzt "gewillt, eine Drogentherapie zu absolvieren" (UA S. 17). Danach hätte es der Erörterung bedurft, ob bei dem Angeklagten ein Hang zum Konsum berauschender Mittel im Übermaß vorliegt und die anderen Voraussetzungen für eine Unterbringung gegeben sind. Auch dies wird der neue Tatrichter nachzuholen haben.
8
4. Zuletzt gibt das Urteil Anlass zu folgendem Hinweis:
9
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Angeklagten zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe durch das Amtsgericht Rinteln am 11. Mai 2010 eine Zäsur darstellt. Es hat deshalb – wie sich allerdings erst aus den Urteilsgründen ergibt – wegen drei der hier verfahrensgegenständlichen , vor der Zäsur liegenden Taten unter Einbeziehung der Vorstrafe eine Gesamtstrafe und hinsichtlich der anderen sechs Taten eine weitere Gesamtstrafe gebildet. Der neue Tatrichter wird bereits in der Entscheidungsformel die Anzahl der Taten zum Ausdruck bringen müssen, aus deren Einzelstrafen jeweils die Gesamtstrafen gebildet worden sind.
Becker Pfister Mayer Gericke Spaniol

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

5 StR 253/13

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 7. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. August
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Beihilfe zur in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begangenen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die gegen die- ses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, bleibt ohne Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützte der Angeklagte gemeinsam mit dem Mitangeklagten E. und dem gesondert verfolgten , bereits rechtskräftig verurteilten Zeugen K. ihm nicht bekannte Haupttäter bei der Abwicklung eines Geschäfts über ungefähr 100 Kilogramm Kokain. Gegen eine in Aussicht gestellte Beteiligung an der E. von dessen Kontaktmann versprochenen Entlohnung fuhr der Angeklagte den Mitangeklagten E. und den Zeugen K. zweimal nachDresden. Dort wirkte der Angeklagte an der Anmietung einer geeigneten Halle für den Empfang der in Kraftfahrzeugmotoren versteckten Kokainlieferung und einer Scheinwohnung für den Zeugen K. zwecks Anmeldung eines vorge- täuschten Autoteile-Handelsgewerbes mit. Dabei wusste er zwar, dass es sich um eine Kokainlieferung größeren Umfangs handelte, verfügte hinsichtlich der tatsächlichen Liefermenge aber nicht über nähere Informationen. Das inzwischen auf dem Schiffswege aus Uruguay nach Bremerhaven transportierte Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 65 % Kokainhydrochlorid wurde bei einer Zollkontrolle vollständig sichergestellt.
3
2. Die auf eine Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO gestützte Verfahrensrüge ist im Ergebnis unbegründet.
4
a) Der Rüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
5
Am 15. Hauptverhandlungstag teilte der Vorsitzende mit, dass am Vortage auf Initiative des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Ve. , ein Vorgespräch zwischen diesem, der Staatsanwältin und der Strafkammer über die Frage einer Verständigung „auf der Basis einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren“ stattgefunden habe. Nach Erörterung der Sach- undRechts- lage und einer Unterbrechung von etwas mehr als einer halben Stunde teilte der Vorsitzende Folgendes mit: „Die Kammer schlägt dem Angeklagten V. für den Fall, dass er ein glaubhaftes Geständnis ablegt, sämtliche noch nicht beschiedenen Beweisanträge zurücknimmt, keine neuen Beweisanträge zur Schuldfrage stellt und auf die Herausgabe sämtlicher sichergestellter Gegenstände und die Rückzahlung sämtlicher sichergestellter Gelder verzichtet , die Verhängung einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Jahren und sechs Jahren und sechs Monaten vor“.
6
Nach erneuter Erörterung der Sach- und Rechtslage stimmten der Angeklagte , sein Verteidiger und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft dem Vorschlag zu. Sodann wurde dem Angeklagten eine Belehrung gemäß § 257c Abs. 4 und 5 StPO erteilt. Anschließend erklärte der Verteidiger des Angeklagten die Rücknahme sämtlicher bislang noch nicht beschiedener Beweisanträge. Am folgenden Verhandlungstag, eine Woche später, ließ sich der Angeklagte durch eine schriftlich vorbereitete Verteidigererklärung, die der Verteidiger dem Gericht und der Staatsanwaltschaft einen Tag zuvor vorzulegen zugesagt hatte, erneut zur Sache ein. Dabei räumte er nunmehr entgegen seiner früheren Einlassung ein, vor der ersten Fahrt nach Dresden von E. über dessen Gespräche mit seinem Kontaktmann sowie darüber informiert worden zu sein, dass die in Dresden vorzunehmenden organisatorischen Maßnahmen der Vorbereitung einer größeren Kokainlieferung – und nicht dem illegalen Handel mit Autoteilen – dienten. Ferner habe E. ihm in Aussicht gestellt, dass er von dessen sich auf 10.000 € belaufendem Anteil etwas abbekomme. Die Höhe seines Anteils sei nicht abschließend vereinbart gewesen, da nicht von vornherein klar gewesen sei, wie oft er zur Vorbereitung nach Dresden würde mitfahren können. Tatsächlich habe er drei- bis viertausend Euro erhalten.
7
Die Strafkammer wertete diese Einlassung, zu der sich der Angeklagte ergänzend äußerte, als Geständnis im Sinne der getroffenen Verständigung und verurteilte ihn auf dieser Grundlage, wobei es seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten unter anderem auf dessen Geständnis stützte.
8
b) Die Revision rügt im Ausgangspunkt zutreffend, dass die Vorschrift des § 257c Abs. 5 StPO dadurch verletzt wurde, dass der Vorsitzende der Strafkammer es unterlassen hat, den Angeklagten bereits bei Unterbreitung des Verständigungsvorschlags über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung zu belehren.
9
aa) § 257c Abs. 5 StPO sieht vor, dass der Angeklagte vor der Verständigung über die Voraussetzungen und Folgen der nach § 257c Abs. 4 StPO möglichen Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis zu belehren ist. Hiermit wollte der Gesetzgeber die Fairness des Verständigungsverfahrens sichern und zugleich die Autonomie des Angeklagten in weitem Umfang schützen. Unter anderem durch die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO soll ferner einer Gefährdung der Selbstbelastungsfreiheit Rechnung getragen werden, die mit der Aussicht auf eine das Gericht bindende Zusage einer Strafobergrenze und der dadurch begründeten Anreiz - und Verlockungssituation einhergeht (BVerfG NJW 2013, 1058 Rn. 99; BGH, Beschlüsse vom 19. August 2010 – 3 StR 226/10, BGHR StPO § 257c Abs. 5 Belehrung 1, und vom 11. April 2013 – 1 StR 563/12, StraFo 2013, 286). Mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens ist eine Verständigung regelmäßig nur dann zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist. Der grundlegenden Bedeutung der Belehrungspflicht für die Fairness des Verfahrens und die Selbstbelastungsfreiheit ist nur dann Rechnung getragen, wenn der Angeklagte vor dem Eingehen einer Verständigung , deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung informiert ist. Nur so ist gewährleistet , dass er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, (weiterhin) Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt (BVerfG aaO, Rn. 125).
10
bb) Eine Heilung des Verstoßes ist nicht eingetreten. Sie hätte hier eine rechtsfehlerfreie Wiederholung des von dem Verfahrensfehler betroffenen Verfahrensabschnitts vorausgesetzt. Dafür hätte es – wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend ausgeführt hat – eines ausdrücklichen Hinweises auf den Fehler und auf die daraus folgende gänzliche Unverbindlichkeit der Zustimmung des Angeklagten bedurft sowie einer Nachholung der versäumten Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO und der erneuten Einholung einer nunmehr verbindlichen Zustimmungserklärung. Dem entspräche eine von der Verteidigung in Erwägung gezogene qualifizierte Belehrung.
11
c) Indes liegt – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – ein vom Bundesverfassungsgericht konzedierter Ausnahmefall vor, in dem aufgrund konkreter Feststellungen die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis ausgeschlossen werden kann, weil der Angeklagte dieses auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte (BVerfG aaO, Rn. 127).
12
aa) Freilich ist ein Ausschluss des Beruhens des Urteils auf diesem Verfahrensfehler im Hinblick auf die in einer Verständigung ohne vorherige Belehrung liegende Verletzung des Angeklagten in seinem Recht auf ein faires Verfahren und in seiner Selbstbelastungsfreiheit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen denkbar, auch eingedenk des gesetzgeberischen Zieles einer wirksamen vollumfänglichen Kontrolle verständigungsbasierter Urteile (vgl. hierzu Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12310, S. 9; BVerfG aaO, Rn. 94 bis 97). Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Verständigung bestehen und fließt das auf der Verständigung basierende Geständnis in das Urteil ein, beruht das Urteil regelmäßig auf dem Unterlassen der Belehrung und der hiermit einhergehenden Grundrechtsverletzung.
13
bb) Indes ist hier anders als in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen, in denen eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO gänzlich fehlte, eine solche, wenngleich verspätet, vor Ablegung des Geständnisses erfolgt, und zwar unmittelbar nach der allseitigen Zustimmung zum gerichtlichen Verständigungsvorschlag. Dadurch war der Angeklagte über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelten Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts vom in Aussicht gestellten Ergebnis unterrichtet. In Kenntnis dieses Umstands hat er das in das Urteil eingeflossene Geständnis abgelegt, und zwar nach einer ihm verbleibenden weiteren Überlegungsfrist von einer Woche. Er stand durchgehend im Beistand seines – notwendigen – Verteidigers. Dieser hatte dieVerständigung selbst initiiert. An der Gestaltung des Geständnisses hat der Verteidiger – ersichtlich im Einvernehmen mit dem Angeklagten – durch die von ihm gefertigte Verteidigerschrift wesentlich mitgewirkt. Bei alledem ist eine die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten berührende Drucksituation auszuschließen. Im Üb- rigen liegt denkbar fern, dass der Verteidiger die Initiative zur Verständigung ohne Information seines Mandanten über deren Konsequenzen ergriffen hätte.
14
cc) Unter diesen besonderen Umständen ist davon auszugehen, dass der Angeklagte, bevor er seine Mitwirkungshandlungen vornahm, vollen Umfangs über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung informiert war und autonom darüber entscheiden konnte, ob er von seiner Freiheit, an seiner bisherigen Einlassung festzuhalten und gegebenenfalls darüber hinaus die Aussage zu verweigern, Gebrauch machen wollte (vgl. BVerfG aaO, Rn. 125 f.). Schließlich war auch schon der in dem Verständigungsvorschlag enthaltenen Formulierung „… für den Fall, dass er einglaubhaftes Geständnis ablegt …“ ein klarer Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Entschei- dung hierüber ebenso wie über die Vornahme der weiteren Mitwirkungshandlungen weiterhin beim Angeklagten lag.
15
3. Die Rüge einer Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet, weil sich das Landgericht angesichts des vom Angeklagten bereits vor der Verständigung eingeräumten, mit den Schilderungen des Mitangeklagten und des Zeugen K. in Einklang stehenden äußeren Geschehensablaufs und der erheblichen für eine Kenntnis des Angeklagten von dem Kokaingeschäft sprechenden Indizien – insbesondere des engen Verhältnisses zum Mitangeklagten E. – zu weiteren Beweiserhebungen über den Wahrheitsgehalt des substantiierten Geständnisses nicht gedrängt sehen musste.
16
4. Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Basdorf Schneider Dölp Berger Bellay

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss der 3. (Kleinen) Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 27. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die 3. (Kleine) Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz zurückverwiesen.

Gründe

1

Die Strafrichterin des Amtsgerichts Germersheim hat den Angeklagten mit Entscheidung vom 14. März 2012 wegen Unterschlagung schuldig gesprochen und ihn unter Vorbehalt der Verurteilung zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 20,00 € verwarnt.

2

In dem Protokoll der Hauptverhandlung ist u. a. vermerkt, dass eine Erörterung i. S. d. §§ 202 a, 212 StPO mit dem Ziel einer Verständigung über Fortgang und/oder Ergebnis des Verfahrens nie stattgefunden habe. Ferner ist darin festgehalten, dass nach Urteilsverkündung der Angeklagte, die Verteidigerin und der Vertreter der Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichtet haben.

3

Mit einem am 19. März 2012 eingegangenen Schriftsatz hat der vom Angeklagten neu gewählte Verteidiger, Rechtsanwalt Z., gegen das ergangene Urteil Rechtsmittel eingelegt und mit einem späteren Schreiben vom 23. April 2012 darauf hingewiesen, dass dieses als Berufung gelten soll.

4

Mit Beschluss vom 27. Juni 2012 hat die 3. (Kleine) Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil der Strafrichterin des Amtsgerichts Germersheim vom 14. März 2012 als unzulässig verworfen. Als Begründung wurde u. a. angeführt, dass die Berufung unzulässig sei, da der Angeklagte zuvor wirksam auf Rechtsmittel verzichtet habe. Dem Urteil sei keine Verständigung i. S. v. § 257 c StPO vorausgegangen, so dass ein Rechtsmittelverzicht vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung nicht ausgeschlossen sei. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen und klaren Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls. Insoweit sei das Hauptverhandlungsprotokoll bezüglich seiner inhaltlichen Richtigkeit auch im Rahmen der Berufungseinlegung nicht in Frage gestellt worden, noch werde ein Antrag auf Protokollberichtigung gestellt. Deshalb gelte uneingeschränkt die Beweiskraft des Protokolls i. S. d. § 274 StPO.

5

Hiergegen hat der Angeklagte form- und fristgerecht sofortige Beschwerde gemäß § 322 Abs. 2 StPO eingelegt.

6

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

7

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten hat einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung.

8

Das Landgericht hätte die gegen das am 14. März 2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Germersheim gerichtete Berufung des Angeklagten vom 19. März 2012 nicht ohne Sachaufklärung als unzulässig verwerfen dürfen. Denn der Angeklagte hat sich nämlich darauf berufen, dass sein in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 14. März 2012 erklärter Verzicht auf Rechtsmittel gemäß § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO unwirksam sei, da das angefochtene Urteil auf einer Verständigung i. S. v. § 257 c StPO beruhe. Seine Verteidigerin in erster Instanz habe eine solche Verständigung in ihrer schriftlichen Erklärung vom 25. April 2012 bestätigt.

9

Ob der Vortrag des Angeklagten und die Erklärung seiner Verteidigerin in erster Instanz zutreffend sind, hat das Landgericht nicht festgestellt und insofern das Gebot der (bestmöglichen) Sachaufklärung verletzt.

10

Entgegen der Auffassung des Landgerichts wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Germersheim vom 14. März 2012 nicht bewiesen, dass eine solche Verständigung nicht stattgefunden hat. Das Verhandlungsprotokoll enthält weder die Erklärung nach § 273 Abs. 1 a Satz 1 StPO noch das Negativattest nach § 273 Abs. 1 a Satz 3 StPO. Damit entfällt insoweit die dem Verhandlungsprotokoll gemäß § 274 StPO zukommende Beweiskraft. Das Verhandlungsprotokoll enthält ausschließlich Erklärungen gemäß §§ 202 a, 212 StPO. Diese Erklärungen schließen nicht aus, dass eine Verständigung in der Hauptverhandlung i. S. v. § 257 c StPO stattgefunden hat. Insofern hätte das Landgericht im Freibeweisverfahren und in freier Beweiswürdigung den wirklichen Verfahrensablauf klären müssen. Diese Sachaufklärung ist nunmehr u. a. durch Einholung dienstlicher Erklärungen der Verfahrensbeteiligten erster Instanz nachzuholen.

11

Eine eigene Sachentscheidung durch den Senat war – entgegen der Regel des § 309 Abs. 2 StPO - ausnahmsweise nicht angezeigt.

12

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass verbleibende Zweifel an einer Verständigung nicht zu Lasten des Angeklagten verwertet werden dürfen. Zwar ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass nach der auch im Freibeweisverfahren gebotenen Sachaufklärung nicht zu beseitigende Zweifel am Vorliegen von Verfahrenstatsachen grundsätzlich zu Lasten des Angeklagten geht. Das vom Angeklagten insofern zu tragende Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts findet aber dort seine Grenzen, wo die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts und dadurch entstehende Zweifel des Gerichts ihre Ursache in einem Verstoß gegen eine gesetzlich angeordnete Dokumentationspflicht finden (vgl. BVerfG, 2. Senat, 1. Kammer, Beschluss vom 5. März 2012 – 2 BvR 1464/11, zitiert nach juris, Rdnr. 26).

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 426/10
vom
17. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Februar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt (GL) bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der allgemeinen Sachrüge. Das Rechtsmittel ist hinsichtlich des Schuldspruchs unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Es führt jedoch zur Aufhebung des Strafausspruchs.
2
1. Die Strafzumessung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand; denn die Urteilsgründe legen nahe, dass das Landgericht lediglich die im Rahmen der getroffenen Verfahrensabsprache unzulässig vereinbarte Punktstrafe festgesetzt hat und daher die mitgeteilten Erwägungen zur Strafbemessung nur vorgeschoben und nicht ernst gemeint sind (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 359/10 unter Hinweis auf Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 257c Rn. 11). Hierzu im Einzelnen:
3
a) Ausweislich der Urteilsgründe ist zwischen den Verfahrensbeteiligten folgende Verständigung zustande gekommen: "Die Kammer hält eine Gesamtstrafe von drei Jahren und neun Monaten bei geständiger Einlassung im Rahmen der Anklage für angemessen mit folgenden Maßgaben: Verbindung des hiesigen Verfahrens mit dem Verfahren 60 Js 4291/09, Staatsanwaltschaft Düsseldorf; Abgabe der Erklärung der Staatsanwaltschaft, dass der Angeklagte zum Halbstrafenzeitpunkt abgeschoben werden kann."
4
b) Gegen den Inhalt der Verständigung bestehen durchgreifende Rechtsbedenken. Nach § 257c Abs. 3 StPO "gibt das Gericht bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben." Hieraus folgt, dass das Gericht nicht stets einen Verständigungsvorschlag unterbreiten muss, der eine Angabe zu einem Strafrahmen enthält. Denkbar sind auch andere, den Strafausspruch nicht umfassende gerichtliche Initiativen. Wenn das Gericht aber - wie in der Regel - von der Möglichkeit ("kann … auch") Gebrauch macht, den Verständigungsvorschlag auf den Strafausspruch zu beziehen, muss es sowohl eine Ober- als auch eine Untergrenze der Strafe, also einen Strafrahmen angeben. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und wird durch die Gesetzgebungsmaterialien bestätigt. Danach "ermöglicht diese Vorschrift die Mitteilung der gegenwärtigen Strafeinschätzung des Gerichtes, die für den Angeklagten in seiner Entscheidung, sich auf eine Verständigung einzulassen oder nicht, von großer Bedeutung ist. Außerdem legt die Vorschrift fest, dass das Gericht bei der Angabe des Strafrahmens die allgemeinen Strafzumessungserwägungen und die Umstände des Einzelfalles nicht verlassen darf." (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12310 S. 14). Mit der Pflicht zur Benennung eines Strafrahmens kommt auch zum Ausdruck, dass das Verständigungsgesetz an dem von der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 1997 - 4 StR 240/97, BGHSt 43, 195; Beschluss vom 3. März 2005 - GSSt 1/04, BGHSt 50, 40) entwickelten Verbot der Vereinbarung einer Punktstrafe festhält (BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2010 - 1 StR 345/10, NStZ 2010, 650; vom 28. September 2010 - 3 StR 359/10; vgl. auch Beschlüsse vom 8. Oktober 2010 - 1 StR 347/10, StRR 2010, 465 und vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10).
5
c) Die unter Verstoß gegen § 257c Abs. 3 StPO vom Gericht vorgeschlagene und auf dieser Basis zustande gekommene Verständigung auf eine Punktstrafe sowie die Verhängung exakt dieser Strafe deuten darauf hin, dass das Landgericht in der Urteilsberatung nach durchgeführter Hauptverhandlung nicht eine schuldangemessene Strafe bestimmt, sondern allein die vorher gemachte Zusage eingehalten hat, weshalb der gesamte Strafausspruch auf einer solchen schon vor den Schlussvorträgen der Verfahrensbeteiligten (§ 258 StPO) und der nachfolgenden Urteilsberatung (§ 260 Abs. 1 StPO) vorgenommenen Selbstbindung des Gerichts beruht. Hierin besteht eine Verletzung von § 46 StGB, die auf die Sachrüge zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06, BGHSt 51, 84 mwN; Beschluss vom 11. April 2007 - 3 StR 108/07, NStZ-RR 2007, 245).
6
2. Für ein Vorgehen nach § 354 Abs. 1a StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06, BGHSt 51, 84) sieht der Senat hier keinen Anlass. Die Strafe muss daher erneut zugemessen werden.
7
3. Im Hinblick auf die vom Landgericht zum Inhalt der Verständigung gemachte Erklärung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich einer späteren Vollstreckungsentscheidung verweist der Senat auf die Beschränkung in § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO sowie auf den Beschluss des 2. Strafsenats vom 6. Oktober 2010 - 2 StR 354/10, StRR 2010, 466.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 359/10
vom
28. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 28. September 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 10. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte bei dem gesondert Verfolgten N. als Lastkraftwagenfahrer angestellt. Spätestens im September 2004 vereinbarte er mit N. und dem gesondert Verfolgten Nä. , dass er in Zukunft gegen zusätzliche Bezahlung zum gewinnbringenden Handel bestimmtes Haschisch in großen Mengen transportieren werde. Anschließend brachte er in zwei Fällen im Zusammenwirken mit N. und Nä. nach Er- teilung entsprechender Aufträge durch die gesondert Verfolgten A. und K. mit einem Lastkraftwagen aus einer Lagerhalle des N. in V. /Spanien 300 kg Haschisch nach Paris (Fall 1.) und 1,8 Tonnen Haschisch nach Amsterdam (Fall 2.), das jeweils einen Wirkstoffgehalt von mindestens 3 % THC hatte.
3
Die Urteilsgründe enthalten folgenden Hinweis: "Dem Urteil ist eine Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen. Diese hatte den Inhalt, dass die Kammer im Fall eines glaubhaften Geständnisses gemäß den Vorwürfen der Anklageschrift - mit Ausnahme des Vorwurfs der bandenmäßigen Begehung - auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkennen werde."
4
Bei der Strafzumessung hat das Landgericht nach Abwägung mehrerer zu Gunsten und zu Lasten des Angeklagten sprechender Umstände jeweils einen minder schweren Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verneint und aus Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten (Fall 1.) und vier Jahren und sechs Monaten (Fall 2.) die vereinbarte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verhängt.
5
2. Gegen den Schuldspruch bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Nach den getroffenen Feststellungen erschöpften sich die Tatbeiträge des Angeklagten in bloßen Kurierfahrten und im Fall 2. zusätzlich darin, dass er in der Lagerhalle das Haschisch in Holzkisten packte. Solche für den Betäubungsmittelhandel untergeordnete Tätigkeiten, die sich insbesondere auf den bloßen Transport des Rauschgifts beschränken, sind nach der neueren Rechtsprechung als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu werten (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 223 f.; BGH, Beschluss vom 30. März 2007 - 2 StR 81/07, NStZ-RR 2007, 246 ff.). In Tateinheit hierzu macht sich der Kurier, der - wie hier - das Rauschgift über eine längere Strecke transportiert, regelmäßig wegen (mit-)täterschaftlichen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1997 - 2 StR 393/97, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Besitz 4; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 369/07, NStZ-RR 2008, 54 f.; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 1185, 1195 f., 1225).
6
3. Eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat kommt nicht in Betracht, weil die Urteilsgründe widersprüchlich sind und deshalb keine zweifelsfrei rechtliche Würdigung ermöglichen.
7
Auf der Grundlage der Feststellungen ist der Angeklagte schuldig des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, §§ 27, 52 StGB). Die Voraussetzungen eines bandenmäßigen Handelns sind festgestellt. Danach haben sich die gesondert Verfolgten N. und Nä. mit dem Angeklagten verbunden, um künftig für eine gewisse Dauer an im Einzelnen noch ungewissen Betäubungsmittelgeschäften mitzuwirken, an denen sie sich entsprechend der getroffenen Abrede auch tatsächlich beteiligten (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321). Mitglied einer Bande kann auch eine Person sein, der nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen , die sich als Gehilfentätigkeit darstellen (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2002 - 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214). Eine Bande kann sich sogar nur aus einem Haupttäter und zwei Gehilfen zusammensetzen (BGH, Beschluss vom 19. April 2006 - 4 StR 395/05, NStZ 2007, 33 f.).
8
Nach der Beweiswürdigung beruhen die Feststellungen zur bandenmäßigen Begehungsweise auf der glaubhaften geständigen Einlassung des Angeklagten. Demgegenüber folgt aus dem Hinweis auf die Verständigung und dem Schuldspruch jedoch, dass sich das Geständnis nicht auf die bandenmäßige Begehung beziehen sollte. Dieser Hinweis lässt zudem besorgen, dass Gegenstand der Verständigung unter Verstoß gegen § 257c Abs. 3 Satz 3 StPO der Schuldspruch war.
9
Die fehlerhafte rechtliche Würdigung und der dargestellte Widerspruch in den Urteilsgründen führt zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen.
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
10
Bei einer Verständigung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten darf gemäß § 257c Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 StPO für den Fall eines Geständnisses lediglich ein Strafrahmen mit einer Ober- und Untergrenze vereinbart werden. Die Verständigung auf eine bestimmte Strafe ist unzulässig (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 257c Rn. 11). Da das Landgericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren vereinbart und ausgesprochen hat, lassen die an sich rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen besorgen, dass diese nicht ernst gemeint sind, sondern lediglich formal die bereits feststehende Strafe begründen sollen (vgl. Meyer-Goßner aaO).
11
Das neue Tatgericht wird zu prüfen haben, ob die vom Angeklagten in Spanien erlittene verfahrensfremde Untersuchungshaft in entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 1 Satz 1 im Falle der Verurteilung auf eine zu verhängende Strafe anzurechnen ist (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 51 Rn. 6a mwN).
Becker Pfister von Lienen Schäfer Mayer

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 528/09
vom
13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Januar 2010 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 20. August 2009 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu der Begründung der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
bemerkt der Senat:
dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist und "wegen der
Einzelheiten auf das Verhandlungsprotokoll Bezug genommen". Dem
stehen im Ergebnis Rechtsbedenken nicht entgegen.
Die Bezugnahme auf die Niederschrift wäre zwar nicht geeignet, einer
etwaigen Dokumentationspflicht über den Inhalt einer Verständigung in
den Urteilsgründen Genüge zu tun, da die Urteilsurkunde aus sich heraus
verständlich sein muss und eine Bezugnahme nur im Rahmen von
§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zulässig ist (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl.
§ 267 Rdn. 8). § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO (eingefügt durch das Gesetz
zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 -
BGBl I 2353) erfordert indes lediglich die Angabe, dass dem Urteil eine
Verständigung (§ 257 c StPO) vorausgegangen ist. Die Vorschrift soll
"auch für die Urteilsgründe Transparenz" herstellen (BegrRE BTDrucks.
16/12310 S. 15). Hierfür ist die Angabe des Inhalts der Verständigung
nicht erforderlich. Insoweit findet die notwendige Dokumentation in der
Sitzungsniederschrift statt (§ 273 Abs. 1 a StPO). Diese ist ggf. die
Grundlage für die - vom Revisionsgericht nicht von Amts wegen, sondern
nur aufgrund einer Verfahrensrüge unter erforderlichem Tatsachenvortrag
vorzunehmende - Prüfung, ob das Verfahren nach § 257 c
StPO eingehalten worden ist (anders wohl Meyer-Goßner aaO EH
§ 267 Rdn. 1).
Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer