Oberlandesgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2014 - 8 U 2132/13

bei uns veröffentlicht am24.03.2014

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts Ansbach vom 24.09.2013, Az. 3 O 321/13 Ver, aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht Ansbach zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.575,77 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu einer Risikolebensversicherung.

Der Kläger stellte bei der Beklagten am 25.03.2006 einen Antrag auf Abschluss der genannten Versicherung. Die Beklagte nahm den Antrag an. Vertragsbeginn war der 01.04.2006. Die Versicherung läuft bis zum 31.03.2029. Aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung besteht im Falle bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit Anspruch auf 700,- € monatliche Rente und Beitragsbefreiung (82,83 € monatlich). Am 06.10.2010 stellte der Kläger einen Leistungsantrag wegen Berufsunfähigkeit. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 02.12.2010 den Rücktritt von der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und die Anfechtung des Vertrages in Bezug auf die Zusatzversicherung wegen arglistiger Täuschung.

Der Kläger hat in erster Instanz folgende Anträge gestellt:

I.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien abgeschlossene Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertragsverhältnis (Versicherungsscheinnummer …) nicht durch Anfechtung gemäß Anfechtungsschreiben der Beklagten vom 02.12.2010 beendet worden ist, sondern zu unveränderten Vertragsbedingungen über den 02.12.2010 hinaus fortbesteht.

II.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien abgeschlossene Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertragsverhältnis (Lebensversicherungsnummer …) nicht durch Rücktritt vom Vertrag bzw. Vertragsanpassung beendet worden ist bzw. geändert worden ist, sondern zu unveränderten Vertragsbedingungen fortbesteht.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.11.2010

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.12.2010

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.01.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.02.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.03.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.04.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.05.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.06.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.07.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.08.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.09.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.10.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.11.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.12.2011

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.01.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.02.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.03.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.04.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.05.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.06.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.07.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.08.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.09.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.10.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.11.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.12.2012

aus einem Betrag in Höhe von 700,00 € seit 01.01.2013

zu bezahlen für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis 31.01.2013.

IV.

Es wird festgestellt, dass

1. Die Beklagte verpflichtet ist, in Bezug auf den Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag-Nr. … ab dem 01.02.2013 künftig eine monatliche Berufsunfähigkeitszusatzrente in Höhe von derzeit 700,00 €, fällig zum Beginn eines Kalendermonats, bedingungsgemäß zu zahlen, bis der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50% sinkt, der Kläger als Versicherter verstirbt, längstens jedoch bis 31.03.2029.

2. die Beklagte verpflichtet ist, für den Vertrag-Nr. … Beitragsfreiheit zu gewähren, solange nicht der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50% sinkt, der Kläger als Versicherter verstirbt, oder die Dauer der Berufsunfähigkeitsversicherung unter dem 31.03.2029 abläuft.

3. die Beklagte verpflichtet ist, die für den Versicherungsvertragnummer … ab dem 01.11.2010 entrichteten Beiträge an den Kläger zurückzuzahlen.

V.

Die Beklagte wird verurteilt den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe des nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbaren Hälftebetrages der Geschäftsgebühr in Höhe von 880,54 € durch Zahlung an die Rechtsanwälte … freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Anfechtung und den Rücktritt für wirksam, bestreitet bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, hält den Sachvortrag des Klägers hierzu für unzureichend und verweist ihn überdies auf den Beruf des Radladerfahrers.

Das Landgericht hat im Termin vom 20.08.2013 Beweis erhoben zu den Angaben des Klägers bei der Antragstellung. Es hat den Kläger persönlich angehört und seine Ehefrau sowie den Vertragsvermittler als Zeugen vernommen.

Am 24.09.2013 hat das Landgericht folgendes Teilurteil erlassen:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien abgeschlossene Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungs-Vertragsverhältnis mit Versicherungsschein-Nummer … zu unveränderten Vertragsbedingungen fortbesteht.

Gegen dieses den Beklagtenvertretern am 27.09.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Sie beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit des Teilurteils die Sache an das Landgericht Ansbach zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Im Termin vom 24.02.2014 hat der Senat auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Teilurteils hingewiesen. Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

Sie hat insoweit Erfolg, als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen ist, weil es sich um ein entgegen den Voraussetzungen der Vorschrift des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil handelt (§ 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO) und es nach dem Ermessen des Senats nicht sachgerecht wäre, den vor dem Landgericht noch anhängigen Teil des Rechtsstreits in die Berufungsinstanz zu ziehen, weil insoweit - ebenso wie in Bezug auf den von der Beklagten geltend gemachten neuen Anfechtungsgrund bezüglich der Augenerkrankung des Klägers (Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 10.12.2013 S. 4/5 = Bl. 103/104 d. A.) - eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme in Betracht kommt. Die gleichzeitige Aufhebung des zugrunde liegenden Verfahrens ist dagegen nicht notwendig, weil der Mangel nur das Urteilsverfahren betrifft.

Voraussetzung sowohl für den Erfolg der vom Kläger gestellten Feststellungsanträge zum Bestand des Vertragsverhältnisses als auch der Anträge auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist, dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis betreffend die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht durch die Anfechtung oder den Rücktritt der Beklagten beendet worden ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, darf ein Teilurteil nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - besteht. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbstständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen den prozessual selbstständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (BGH, Urteil vom 11.05.2011, Az. VIII ZR 42/10, Rn. 13 und 14 bei juris). Im Falle der objektiven Klagehäufung von Leistungs- und Feststellungsansprüchen, die aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden, darf daher durch Teilurteil nur dann gesondert über einen oder nur einen Teil der Ansprüche entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über die restlichen Anspruchsteile ergeht (BGH, Urteil vom 05.12.2000, Az. VI ZR 275/99; Urteil vom 10.10.1991, Az. III ZR 93/90).

Anhand dieses Maßstabes erweist sich das vom Landgericht erlassene Teilurteil als unzulässig.

Die Sachverhalte, aus welchen die Feststellungs- und Leistungsansprüche hergeleitet werden, sind trotz der unterschiedlichen Streitgegenstände von Feststellungs- und Leistungsklage (BGH, Urteil vom 16.01.2008, Az. XII ZR 216/05, Rn. 22 bei juris) teilweise, nämlich in Bezug auf den von der Beklagten erklärten Rücktritt und die Anfechtung, identisch. Der Streitgegenstand der Feststellungsanträge in Bezug auf den Fortbestand des Vertrages ist im Rahmen der auf Leistungen aus diesem Vertrag gerichteten Anträge als Vorfrage erneut zu prüfen. Eine rechtskräftige Entscheidung über die Feststellungsanträge wäre bindend für die Leistungsklage. Da aber Rechtskraft diesbezüglich nicht eingetreten ist, besteht die Bindungswirkung nicht. Es kann deshalb in Bezug auf die Wirksamkeit von Anfechtung und Rücktritt infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht zu widersprechenden Entscheidungen kommen.

Auch wenn dies in der Praxis häufig nicht so gehandhabt wird, ist dem in der ersten Instanz anhängig gebliebenen Verfahrensteil während des Rechtsmittelverfahrens grundsätzlich Fortgang zu geben. Das Gericht darf die Fortsetzung des Rechtsstreits nicht mit der Begründung ablehnen, dass sich die Akten beim Rechtsmittelgericht befinden (Zöller, ZPO, 30. Auflage, Rn. 12 zu § 301). Teilurteil und Schlussurteil sind selbstständig anfechtbar und jeweils der Rechtskraft fähig. Die rechtzeitige Anfechtung des Teilurteils hemmt nicht den Eintritt der Rechtskraft des Schlussurteils (BGH, Beschluss vom 26.06.1986, Az. V ZB 15/86). Deshalb besteht bei der vom Landgericht gewählten Vorgehensweise die Gefahr widersprechender Entscheidungen. Dieser Gefahr hätte das Erstgericht nur dadurch entgehen können, dass es zugleich ein Grundurteil über die bei ihm weiterhin anhängigen Ansprüche auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erlassen hätte. Da dies nicht geschehen ist, erweist sich das Teilurteil als unzulässig. Dies ist von Amts wegen zu beachten. Eines Antrages auf Zurückverweisung bedarf es im Falle des § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO nicht (BGH, Urteil vom 11.05.2011, Az. VIII ZR 42/10, Rn. 12 bei juris). Er wurde von der Beklagten aber auch hilfsweise gestellt. Diesem Antrag ist zu entsprechen.

III.

Die Kostenentscheidung ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten (Zöller, ZPO, 30. Auflage, Rn. 58 zu § 538).

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch wenn das Urteil des Senats selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinn hat, ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da gemäß §§ 775 Nr. 1 und 776 ZPO das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung aus dem erstinstanziellen Urteil erst einstellen und etwaige bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln erst aufheben darf, wenn eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird (OLG München, Urteil vom 18.09.2002, Az. 27 U 1011/01, Rn. 75 bei juris).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 6.575,77 €.

Zu berücksichtigen sind nur die Feststellungsanträge Ziffern I und II, wobei dem Antrag II kein eigener Wert zukommt. Der Streitwert beträgt also 20% der Summe von Rentenleistung und Beitragsbefreiung für 42 Monate (BGH, Urteil vom 06.10.2011, IV ZR 183/10), das heißt 782,83 € x 42 = 32.878,86 x 0,2 = 6.575,77 €.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2014 - 8 U 2132/13

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 538 Zurückverweisung


(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 301 Teilurteil


(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 775 Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung


Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:1.wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder das
Oberlandesgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2014 - 8 U 2132/13 zitiert 5 §§.

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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

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Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

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Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:1.wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder das

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10

bei uns veröffentlicht am 11.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 42/10 Verkündet am: 11. Mai 2011 Ring Justizhauptsekretärin, als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

13
1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf auch bei der grundsätzlichen Teilbarkeit des Streitgegenstandes ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 26. April 1989 - VIb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242; vom 10. Oktober 1991 - III ZR 93/90, NJW 1992, 511 unter III 1; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709 unter II; vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, WM 2001, 106 unter II 1 b; vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452 unter II 1 a; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 12; vom 19. November 2008 - VIII ZR 47/07, NJW-RR 2009, 494 Rn. 14 f.; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, MDR 2010, 944 f.).
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3. Dies macht die vorliegende Klage zwar nicht unzulässig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die materielle Rechtskraft eines Urteils in einem späteren Rechtsstreit nur dann zur Unzulässigkeit der neuen Klage und deshalb zur Prozessabweisung, wenn die Streitgegenstände beider Prozesse identisch sind oder im zweiten Prozess das kontradiktorische Gegenteil der im ersten Prozess ausgesprochenen Rechtsfolge begehrt wird. Das ist hier nicht der Fall. Da das Urteil im Vorprozess einen Feststellungsanspruch betrifft, während hier ein Leistungsanspruch geltend gemacht wird, liegen unterschiedliche Streitgegenstände vor (vgl. BGH, Urteile vom 22. November 1988 - VI ZR 341/87 - NJW 1989, 393 f. und vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - NJW 1983, 2032 f.).

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

13
1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf auch bei der grundsätzlichen Teilbarkeit des Streitgegenstandes ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 26. April 1989 - VIb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242; vom 10. Oktober 1991 - III ZR 93/90, NJW 1992, 511 unter III 1; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709 unter II; vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, WM 2001, 106 unter II 1 b; vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452 unter II 1 a; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 12; vom 19. November 2008 - VIII ZR 47/07, NJW-RR 2009, 494 Rn. 14 f.; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, MDR 2010, 944 f.).

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.