Sozialgericht Augsburg Urteil, 14. Dez. 2017 - S 11 AS 1200/17
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch (Aktenzeichen des Bevollmächtigten:) der Kläger vom 7. Juli 2017 gegen den Bescheid vom 20. Juni 2017 zu entscheiden und bis 31. Januar 2018 dem Bevollmächtigten der Klägerin die Entscheidung hierüber bekannt zu geben.
II. Der Beklagte erstattet den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch der Kläger vom 07.07.2017 gegen den Bescheid des Beklagten vom 20.06.2017 zu entscheiden.
die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
„b) Zwar erbringt ein Faxsendeprotokoll nicht bereits den vollen Beweis für den Zugang des Beschlusses, für den es nicht auf den Ausdruck des Faxes, sondern allein auf den vollständigen Empfang (d.h. die Speicherung) der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät ankommt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.04.2006, IV ZB 20/05). Ein Sendebericht über eine ordnungsgemäß abgelaufene Übertragung indiziert aber jedenfalls einen Zugang beim empfangenden Faxgerät. Bei einem Faxsendebericht, der eine vollständige Übertragung bestätigt, kann generell davon ausgegangen werden, dass die Faxübertragung im Speicher des empfangenden Geräts angekommen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2008, 12 U 65/08). Vorliegend gibt es für eine Störung des empfangenden Faxgerätes keinerlei Hinweis. Der Bf hat diesbezüglich auch im Rahmen der Anhörung nichts vorgetragen und beispielsweise die technischen Aufzeichnungen des Empfangsgerätes über die empfangenen Sendungen vorgelegt. Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass der Beschluss des SG dem empfangenden Faxgerät zugegangen ist.“
„(..) Trägt der Sendebericht den Vermerk „OK“, kann es einem am Verfahren Beteiligten nicht als schuldhaftes Verhalten angelastet werden, wenn es bei dem elektronischen Übertragungsvorgang dennoch zu - nicht aus dem Sendeprotokoll ersichtlichen - Fehlern kommt (BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2006 - XI ZB 4/05, NJW 2006, 1518 Rn. 15 mwN; vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 229/13, a.a.O. Rn. 6; vom 14. Oktober 2010 - V ZB 112/10, a.a.O. Rn. 8). Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem „OK“-Vermerk versehenen Sendeberichts den Empfänger nicht erreicht, ist so gering, dass sich der Rechtsanwalt auf den „OK“-Vermerk verlassen darf (BGH, Beschlüsse vom 28. März 2001 - XII ZB 100/00, a.a.O. unter II 2; vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 229/13, a.a.O.). Bestätigt das Sendeprotokoll des verwendeten Telefaxgerätes durch den Vermerk „OK“, gibt es für den Absender regelmäßig keine tragfähigen Anhaltspunkte, dass die Übermittlung dennoch fehlgeschlagen sein könnte, noch hat er Anlass, sich beim Berufungsgericht über den Eingang des Telefaxes zu erkundigen (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 112/10, a.a.O m.w.N).“
II.
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(1) Gegen Verwaltungsakte
- 1.
in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung findet, - 2.
in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu vollstrecken sind, - 3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, auf die dieses Gesetz nach § 164a des Steuerberatungsgesetzes Anwendung findet, - 4.
in anderen durch die Finanzbehörden verwalteten Angelegenheiten, soweit die Vorschriften über die außergerichtlichen Rechtsbehelfe durch Gesetz für anwendbar erklärt worden sind oder erklärt werden,
(2) Abgabenangelegenheiten sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.
(3) Die Vorschriften des Siebenten Teils finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.
(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.
(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz - Einzelrichter - vom 02. April 2013 (Einstellung der Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung) wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 2) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
- 1
Das Landgericht hat mit Teil-Versäumnisurteil vom 25.02.2013 (GA 31 ff.), zugestellt am 27.02.2013 (GA 36), gemäß § 331 Abs. 3 ZPO den Beklagten zu 2) verurteilt, das Anwesen H.-straße 2 in …K. herauszugeben. Mit am 07.03.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 05.03.2013 hat der Beklagte zu 2) hiergegen Einspruch eingelegt (GA 48 ff.). Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02.04.2013 (GA 94 ff.) entschieden, die Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts vom 25.02.2013 gegen den Beklagten zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,00 € vorläufig einzustellen. Der Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) am 23.04.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden (GA 100). Hiergegen wendet sich der Beklagte zu 2) mit seiner am 03.05.2013 (GA 1o4 ff.) bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Er beantragt, seine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung.
II.
- 2
Die Beschwerde ist gemäß §§ 719 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht statthaft. Danach sind Beschlüsse, die die Einstellung der Zwangsvollstreckung betreffen, nicht anfechtbar (KG, Beschluss vom 11.01.2008 - 12 W 2/08 - MDR 2008, 1356; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.12.2005 - 5 W 332/05-97. 5 W 332/05 - OLGR Saarbrücken 2006, 315 f. = NJW-RR 2006, 1579; Thomas/Putzo, 33. Aufl. 2013, § 719 Rn. 12, § 707 Rn. 17). Dies betrifft nicht nur die Konstellation, in der es um die Überprüfung des Ermessens bei der Bestimmung der Sicherheitsleistung geht, sondern auch Fälle, in denen Fälle greifbarer Gesetzeswidrigkeit vorliegen. Zwar hat früher die Rechtsprechung die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen über Anträge auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 707, 719 Abs. 1 ZPO) trotz der eindeutigen und gegenteiligen Regelung in § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO in Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ausnahmsweise zugelassen. Diese Rechtsprechung ist jedoch angesichts der grundlegenden des Verfahrensrechts durch das am 01.01.2012 in Kraft getretene Zivilreformgesetz und insbesondere das Anhörungsrügengesetz zum 01.01.2005 überholt, weil der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung praktizierte Ausnahmebeschwerde nicht in die ZPO übernommen hat (OLG Saarbrücken, aaO, Juris Rn. 10 f.).
- 3
Soweit der Beklagte zu 2) gegen die Versäumung der Bestellungs- und Verteidigungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, ist der Beklagte zu 2) gehalten das Rechtsmittel der Berufung gegen das Endurteil einzulegen (Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflage 2012, § 238 Rn. 7; Thomas/Putzo, aaO, § 238 Rn. 14).
- 4
Soweit das Landgericht in seinem Beschluss vom 02.04.2013 ausführt, der Beklagte zu 2) habe nicht glaubhaft gemacht, dass seine Säumnis unverschuldet gewesen sei, denn der Beklagte zu 2) habe nur die Sendebestätigung der Verteidigungsanzeige des am 05.02.2013 gesendeten Fax-Schreibens vorgelegt, es sei jedoch nicht ersichtlich, dass das Fax-Schreiben auch bei Gericht eingegangen sei, bestehen Bedenken hinsichtlich dieser Begründung.
- 5
Behauptet der Empfänger eines Fax-Schreibens dieses nicht erhalten zu haben, muss er sich das Fax-Ausgangsjournal des Senders entgegenhalten lassen. Das Vorliegen eines „OK-Vermerks“ im Sendebericht belegt das Zustandekommen der Verbindung. Damit steht fest, dass zwischen dem Telefaxgerät des Senders und dem des Empfängers zu der angegebenen Zeit eine Leistungsverbindung bestanden hat (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Hinweisbeschluss gemäß vom 17.12.2012 - 2 U 1249/11 - GWR 2013, 110; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2008 - 12 U 65/08 - VersR 2009, 245 = RuS 2008, 505 f. = DB 2008, 2479 f.). Zwar begründet die im Sendebericht mit dem „OK“-Vermerk bezeichnete Übertragung eines Telefaxschreibens keinen Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich des Zugangs am Faxgerät des Empfängers, allenfalls ein Indiz. Maßgebend ist die Speicherung der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Empfängers (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 07.12.1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665, Juris Rn. 22; BGHZ 167, 214 ff.). Behauptet der Empfänger der Sendung, diese nicht erhalten zu haben, so obliegt ihm im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorzutragen, welches Gerät er an der Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher des Geräts enthalten ist und ob und auf welcher Weise er eine Dokumentation des Empfangsjournals führt (in Anknüpfung an OLG Frankfurt, Urteil vom 05.03.2010 - 19 U 213/09 - IBR 2010, 267, Juris Rn. 17). Der Adressat ist gehalten, das Fax-Eingangsjournal vorzulegen, um darzulegen, dass er entweder zu diesem Zeitpunkt kein Telefax oder ggf. ein Schreiben mit anderem Inhalt von dem Sender des Fax-Schreibens erhalten hat.
- 6
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
- 7
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.000,00 € festgesetzt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 21.815,13 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die Parteien streiten um die Leistung aus einer von der Klägerin bei der Beklagten genommenen Einbruchdiebstahlversicherung. Die Beklagte beruft sich unter anderem auf Obliegenheitsverletzungen und lehnt eine Eintrittspflicht ab.
- 2
- Das Landgericht wies die Klage ab. Nach form- und fristgerechter Berufungseinlegung und Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis einschließlich 14. Juli 2004 übermittelten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem Berufungsgericht mit zwei Telefaxsendungen eine siebenseitige Berufungsbegründung nebst Anlagen. Eine erste Telefaxverbindung bestand nach einer Einzelverbindungsübersicht der D. T. am 14. Juli 2004 ab 23:55:40 h mit einer Dauer von vier Minuten 24 Sekunden, also bis am 15. Juli 2004 um 00:00:04 h. Mit ihr wurden die siebenseitige Berufungsbegründung sowie zwei Seiten Anlagen übermittelt. Eine zweite Telefaxverbindung am 15. Juli 2004 ab 00:02:08 h diente der Übermittlung weiterer Anlagen.
- 3
- Das Telefaxgerät des Berufungsgerichts war so eingestellt, dass der Ausdruck einer Telefaxsendung erst nach dem Empfang sämtlicher Seiten der Sendung im Speicher dieses Geräts erfolgte. Das Gerät druckte sortiert aus, die zuletzt gesendete Seite zuerst und die zuerst gesendete Seite zuletzt. Bei der ersten Telefaxsendung wurden demgemäß - nach vollständigem Empfang der gesendeten technischen Signale - zunächst die zweite und die erste Seite der Anlagen, danach die Seite 7 der Berufungsbegründung mit der Wiedergabe der Unterschrift des unterzeichnenden Prozessbevollmächtigten und sodann die weiteren Seiten der Berufungsbegründung von Seite 6 bis Seite 1 gedruckt.
- 4
- Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
- 5
- II. Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein per Telefax übermittelter Schriftsatz sei grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen , in welchem das Telefaxgerät des Gerichts das Telefaxschreiben ausgedruckt habe. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei nur dann zu machen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Telefaxgerät des Gerichts defekt gewesen oder falsch gehandhabt worden sei und die eingehenden Signale deshalb nicht sofort hätten ausgedruckt werden können. Darüber hinaus sei bei rechtzeitiger Telefaxsendung eine Ausnahme geboten, wenn ein Gericht die nachts eingehenden Telefaxsendungen zunächst lediglich speichern und erst am nächsten Morgen ausdrucken lasse. Solche Ausnahmefälle lägen hier jedoch nicht vor. Maßgeblich bleibe daher der Zeitpunkt des Ausdrucks. Da die Frist zur Berufungsbegründung mit Ablauf des 14. Juli 2004 geendet habe und die Berufungsbegründung bis zum Ablauf dieses Tages nicht vollständig ausgedruckt gewesen sei, habe die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt.
- 7
- 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- Die a) Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und im Übrigen nach § 575 ZPO zulässig. Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung hinreichend dargetan , dass die Rechtsfrage, ob ein per Telefax übermittelter Schriftsatz bei störungsfreier Übermittlung und störungsfrei ausdruckendem Telefaxgerät des Gerichts erst in dem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist, in dem das Telefaxgerät des Gerichts ihn vollständig ausgedruckt hat, oder - wie die Rechtsbeschwerde meint - bereits mit dem vollständigen Empfang (Speicherung ) der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Gerichts, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 i.V. mit § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Diese kommt einer Rechtsfrage zu, wenn sie entscheidungserheblich , klärungsbedürftig und klärungsfähig ist und sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGHZ 152, 182, 191; 151, 221, 223 m.w.N.).
- 9
- DerEntscheidungserheblichkeitst eht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht nicht ausdrücklich (positiv) festgestellt hat, dass die Übermittlung/Speicherung der gesendeten Signale der Seiten 1 bis 7 der Berufungsbegründung, auf die es allein ankommt, im Telefaxgerät des Berufungsgerichts vor Mitternacht abgeschlossen war. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu berücksichtigenden unstreitigen weiteren Übermittlungsfakten belegen dies. Die (erste) Telefaxverbindung war am 15. Juli 2004 um 00:00:04 h zu Ende, die mit ihr erfolgte Übermittlung der zwei Seiten Anlagen im Anschluss an die Übermittlung der siebenseitigen Berufungsbegründung hat mindestens fünf Sekunden in Anspruch genommen. Das folgert auch das Berufungsgericht aus den hier gegebenen Umständen. Der entsprechende vollständige Ausdruck kann erst nach Mitternacht erstellt worden sein.
- 10
- b) Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
- 11
- aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und überwiegender Ansicht in der Literatur ein per Telefax übermittelter Schriftsatz grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist, in welchem das Telefaxgerät des Gerichts ihn vollständig ausgedruckt hat (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94 - NJW 1994, 2097 unter II 2; vom 19. April 1994 - VI ZB 3/94 - NJW 1994, 1881 unter II 2 a; vom 12. Dezember 1990 - XII ZB 64/90 - VersR 1991, 894 unter 2 b; zum Fernschreiben vgl. BGHZ 105, 40, 42 f. u. 45; 101, 276, 279 f.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665 unter II 3 b bb aaa; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 519 Rdn. 4 und 10; Ball in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 519 Rdn. 22; Feiber in MünchKomm zur ZPO, 2. Aufl. § 233 Rdn. 104; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 519 Rdn. 20; Leipold in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 56; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 129 Rdn. 13; Zimmermann, ZPO 7. Aufl. § 519 Rdn. 8; offen geblieben in BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03 - NJW 2003, 3487 unter II 2 b). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird zugelassen , wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Telefaxgerät des Gerichts defekt war oder falsch gehandhabt wurde und deswegen die eingehenden Signale nicht oder nicht sofort (vollständig) ausgedruckt werden konnten, wenn also die Ursache für den Mangel der Lesbarkeit oder (der Vollständigkeit) des Ausdrucks in der Sphäre des Gerichts gelegen hat; was vom Empfangsgerät eines Gerichts aufgenommen und infolge eines Fehlers im Gerät oder bei dessen Bedienung nicht oder nicht sofort (vollständig) ausgedruckt worden sei, müsse aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und des Vertrauensschutzes so behandelt werden, als habe das Gerät es ordnungsgemäß ausgedruckt und als sei es auf diese Weise in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 aaO; vom 19. April 1994 aaO unter II 2 a und b; vom 12. Dezember 1990 aaO; BGHZ 105, 40, 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. März 2001 - XII ZR 51/99 - NJW 2001, 1581 unter 2 b; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 aaO; BGH, Beschluss vom 23. November 2004 - XI ZB 4/04 - NJW-RR 2005, 435 unter II 2; Albers, aaO; Ball, aaO; Gerken, aaO; Reichold, aaO; Zimmermann, aaO). In diesen Fällen wird schon bei vollständigem Empfang der gesendeten Signale im Telefaxgerät des Gerichts vor Fristablauf von einer rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes ausgegangen.
- 12
- bb) Von dieser Rechtsprechung ist der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit seinem Beschluss vom 9. November 2004 (5 StR 380/04) nicht abgewichen. Er hat darin einen Beschluss des Landgerichts Hamburg "aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts" aufgehoben. Der Generalbundesanwalt hatte zunächst dargelegt, dass eine per Telefax übermittelte Rechtsmittelbegründungsschrift grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt zugegangen sei, in dem sie im Telefaxgerät des Gerichts ausgedruckt worden sei. Gleichwohl hatte er im konkreten Fall die von der Verteidigerin des Angeklagten per Telefax übermittelte (342 Seiten umfassende) Revisionsbegründungsschrift für fristgerecht eingegangen gehalten, nachdem die gesendeten Signale von den über einen Internspeicher verfügenden Telefaxgeräten des Landgerichts noch am letzten Tag der Frist vollständig empfangen worden waren, der Ausdruck des Schriftsatzes ab Blatt 90 jedoch erst am Folgetag nach Wie- derauffüllen der Papierfächer der beiden Geräte abgeschlossen werden konnte. Bei Papiermangel liege zwar - anders als in den Fällen des Papierstaus - keine technische Störung der Empfangsgeräte, wohl aber eine andere Verzögerung bei der Entgegennahme rechtzeitig in den Gewahrsam des Gerichts gelangter fristwahrender Schriftsätze vor, deren Ursache allein in der Sphäre des Gerichts zu finden sei (Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. September 2004 - 5 StR 380/04 - S. 2 ff. unter Hinweis auf BVerfG NJW 1986, 244 = BVerfGE 69, 381, 385 f.; vgl. ferner Maul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. § 43 Rdn. 19; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. Vor § 42 Rdn. 18; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 43 Rdn. 2).
- 13
- cc) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird vom Bundesfinanzhof geteilt. Auch nach seiner Auffassung ist ein dem Gericht per Telefax übermittelter Schriftsatz, wenn der Ausdruck nicht durch einen Fehler in der Funktion oder bei der Bedienung des Telefaxgeräts des Gerichts verzögert wurde, in dem Zeitpunkt eingegangen, in dem er vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig ausgedruckt worden ist (BFH/NV 2004, 519 f.; BFH/NV 2004, 358; BFH/NV 1992, 532 f.; vgl. ferner BFHE 186, 491, 492 f.). In den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen waren jedoch nicht nur der Ausdruck, sondern auch der (vollständige) Empfang (Speicherung) der übermittelten Signale jeweils erst nach Fristablauf abgeschlossen, so dass es bei seinen Entscheidungen auf die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage (letztlich) nicht angekommen war.
- 14
- dd) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG NJW 1996, 2857 unter B I) und das Bundesarbeitsgericht (BAGE 90, 329, 331 f.) stellen demgegenüber auch bei nicht durch technische Störungen oder Bedienungsfeh- ler verzögertem Ausdruck für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes allein darauf ab, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) wurden. Dass der Ausdruck des Empfangenen bei Gericht (teilweise) erst nach Fristablauf erfolgt, wird nicht als erheblich angesehen. Auch diese Ansicht hat in der Literatur (Greger in Zöller, ZPO 25. Aufl. § 167 Rdn. 9; Gummer/Heßler in Zöller, ZPO 25. Aufl. § 519 Rdn. 18 d; von Albedyll in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO 3. Aufl. § 57 Rdn. 16) Zustimmung gefunden.
- 15
- ee) Der Senat gibt der letzteren Ansicht den Vorzug.
- 16
- aaa)Diebisherige, grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Ausdrucks abstellende Rechtsprechung wird den technischen Gegebenheiten der Telekommunikation nicht mehr gerecht. Sie geht zurück auf zwei Verfahren , in denen sich Parteien zur Wahrung von Fristen eines Fernschreibers bedient hatten (BGHZ 101, 276 ff.; 105, 40 ff.). Mit diesem Kommunikationsmittel wurde es dem rechtsuchenden Bürger ermöglicht, “auf einem schnellen und in der Regel sicheren Wege durch die Übermittlung von Signalen fristgebundene Eingaben an Behörden und Gerichte zu richten, die zeitgleich mit ihrem Eingeben beim Empfänger eingehen und dort ebenso zeitgleich wie eingegeben ausgedruckt werden“ (BGHZ 105, 40, 42).
- 17
- Von “Eingabe“ und Ausdruck stets zu ein und demselben Zeitpunkt kann bei Telefaxgeräten heutiger Art jedoch nicht (mehr) ausgegangen werden. Sie sind regelmäßig mit verschiedenen Empfangseinstellungen ausgestattet und lassen sich vom jeweiligen Benutzer unterschiedlich programmieren. Man kann sie etwa so einstellen, dass der Ausdruck nicht während, sondern erst nach der (kompletten) Übertragung der Daten erfolgt. Je nach Einstellung können die Geräte dann unmittelbar nach Abschluss der Datenübertragung mit dem Ausdruck beginnen oder aber - bei entsprechendem Speicherchip - zunächst mehrere hundert “Seiten“ empfangen, speichern und sie Stunden oder sogar erst Tage später ausdrucken. In der gerichtlichen Praxis wird von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch gemacht. So werden beispielsweise beim Oberlandesgericht München nächtlich eingehende Telefaxsendungen regelmäßig erst am nächsten Morgen ausgedruckt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03 - NJW 2004, 2525 unter II 1). Das ist sinnvoll, weil dadurch ein möglicher Papierstau, der mehrstündige Unterbrechungen der Telefaxverbindung und hieraus resultierende Wiedereinsetzungsverfahren zur Folge haben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2004 - XI ZB 4/04 - NJW-RR 435 ff.; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - IV ZR 68/91 - NJW 1992, 244 f.), nicht stundenlang unbemerkt bleibt.
- 18
- liegt Es auf der Hand, dass ein solcher gewollter Aufschub des Ausdrucks der Partei nicht zum Nachteil gereicht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 aaO). In Anbetracht der mittlerweile zur Verfügung stehenden vielfältigen Möglichkeiten, den Zeitpunkt des Ausdrucks eingegangener Telefaxsendungen auch bei Gericht den Bedürfnissen entsprechend zu variieren, erscheint es angezeigt, diesen Zeitpunkt bei der Beurteilung, ob ein per Telefax übermitteltes Dokument fristgerecht oder verspätet bei Gericht eingegangen ist, generell nicht mehr heranzuziehen und stattdessen auf den Zeitpunkt des vollständigen Empfangs (Speicherung ) der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Gerichts abzustellen. Dieser Zeitpunkt lässt sich in aller Regel zuverlässig bestimmen - wie hier mittels Einzelverbindungsübersicht des in Anspruch genommenen Dienstleisters D. T. , deren Zeitangaben mangels entgegenstehender Feststellungen der gesetzlichen Zeit im Sinne des Zeitgesetzes entsprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 aaO unter II 2 c und d) - und unterscheidet sich auch dadurch von demjenigen des Ausdrucks, der mitunter - wie im vorliegenden Fall - nicht einmal erfasst wird.
- 19
- bbb) Dies steht im Einklang mit der fortschreitenden technischen Entwicklung, wie sie auch in der Zivilprozessordnung bereits berücksichtigt worden ist. Seit 1. August 2001 gibt § 130a ZPO der Bundesregierung und den Landesregierungen die Möglichkeit, elektronische Dokumente im Verkehr mit den Gerichten zuzulassen. Nach § 130a Abs. 3 ZPO ist ein elektronisches Dokument eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll hierfür derjenige Zeitpunkt maßgebend sein, in dem diese Einrichtung den “Schriftsatz“ gespeichert hat - und nicht der Zeitpunkt des Ausdrucks (BT-Drucks. 14/4987, S. 24; Greger, aaO § 130a Rdn. 6; Stadler in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 130a Rdn. 5).
- 20
- Telefax und Computerfax fallen zwar nach überwiegend vertretener Ansicht (Dästner, NJW 2001, 3469 f.; Leipold, aaO § 130a Rdn. 5; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 129 Rdn. 44 u. § 130a Rdn. 1; Greger, aaO Rdn. 2; a.A. Peters in MünchKomm zur ZPO, 2. Aufl. § 130a Rdn. 2) nicht unter § 130a ZPO, weil die Gerichte bei der Schaffung der Vorschrift im Jahre 2001 bereits flächendeckend über Telekopieeinrichtungen verfügten und der Gesetzgeber nicht hinter bereits bestehende Übermittlungsmöglichkeiten zurückgehen oder diese Einschränkungen unterwerfen wollte (Dästner, aaO). Die Vorschrift erfasst daher nur solche elektronischen Dokumente wie z.B. E-Mails, deren Empfang und weitere Bearbeitung besondere technische und organisatorische Vorbereitungen bei den Gerichten erfordert (BT-Drucks. 14/5561, S. 20). Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass auch bei Telefax und Computerfax Dokumente auf elektronischem Wege übermittelt werden, es sich also auch hier (im weiteren Sinne) um elektronische Dokumente handelt (vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 19; BT-Drucks. 14/5561 aaO; GmS-OBG BGHZ 144, 160 ff.; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - NJW 2005, 2086 ff.). Vor diesem Hintergrund vermag nicht zu überzeugen, dass es für die Bestimmung des Eingangszeitpunkts bei der Übermittlung durch Telefax (weiterhin) grundsätzlich auf den Ausdruck im Telefaxgerät des Gerichts ankommen soll, während man bei der Übermittlung durch E-Mail nicht auf den Ausdruck am Computer (der Geschäftsstelle) des Gerichts abstellt, sondern stets bereits die Speicherung im von Seiten des Gerichts dafür vorgesehenen Gerät genügen lässt.
- 21
- ccc) Richtig ist zwar, dass erst dann, wenn ein Ausdruck vorliegt, das Gericht in der Lage ist, “von dem Inhalt des Schriftsatzes Kenntnis zu nehmen“ (BGH, Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO unter II 2). Auch vermag die elektronische Speicherung der Nachricht im Telefaxgerät des Gerichts nicht an die Stelle der Schriftform (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO) zu treten (so zutreffend Gerken aaO). Beides gibt aber keine Veranlassung, für die Bestimmung des Eingangszeitpunktes weiterhin an dem Zeitpunkt des vollständigen Ausdrucks durch das Telefaxgerät des Gerichts festzuhalten.
- 22
- (1) Im Störungsfall - d.h. bei einem Fehler in der Funktion oder der Bedienung des Telefaxgeräts des Gerichts und einer dadurch bedingten Verzögerung des Ausdrucks - haben diese Erwägungen ihre Maßgeblichkeit ohnehin “aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und des Vertrauensschutzes“ (BGH, Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO; BGHZ 105, 40, 45) bereits eingebüßt.
- 23
- (2) Auch im Normalfall kann das Gericht bei der Übermittlung eines Schriftsatzes über einen von ihm eingerichteten Briefkasten nicht ohne weiteres von dem Inhalt des Schriftsatzes Kenntnis nehmen. Der Schriftsatz muss vielmehr zuerst aus dem Briefkasten herausgeholt und in der Regel muss zunächst auch erst noch ein Briefumschlag entfernt werden, ehe das Gericht vom Inhalt des Schriftsatzes Kenntnis nehmen und die Einhaltung der Form (§ 130 Nr. 6 ZPO) überprüfen kann. Gleichwohl ist anerkannt, dass für die Fristwahrung schon der rechtzeitige Einwurf des Schriftsatzes in den Briefkasten des Gerichts genügt (BGHZ 80, 62, 63 f.; BGH, Beschluss vom 21. Juni 2004 - II ZB 18/03 - NJW-RR 2005, 75 unter II 2). Entnahme aus dem Briefkasten und Entfernen des Briefumschlages zählen bereits zur Weiterbearbeitung des Schriftsatzes durch das Gericht. Dem entspricht es, den Ausdruck durch ein Telefaxgerät des Gerichts ebenfalls lediglich als gerichtsinterne Weiterbearbeitung eines bereits im elektronischen Briefkasten - dem Speicher - eingegangenen Dokuments zu begreifen (vgl. Gummer/Heßler, aaO).
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- Die Senate des Bundesgerichtshofs haben auf Nachfrage mitgeteilt , dass sie an einer eventuell entgegenstehenden Rechtsprechung nicht festhalten.
- 25
- ff) Die Klägerin hat mithin die Berufungsbegründungsfrist gewahrt. Der angefochtene Beschluss muss deshalb aufgehoben werden. Das gilt auch, soweit ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt worden ist, weil die Klägerin den Wiedereinsetzungsantrag lediglich hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Berufung gestellt hat; dieser Fall ist aber nicht eingetreten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, unter II 2; vom 24. Juli 2003 aaO unter IV; vom 22. Oktober 1997 - VIII ZB 32/97 - NJW 1998, 1155 unter II 2).
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Hagen, Entscheidung vom 25.02.2004 - 2 O 397/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 25.02.2005 - 20 U 98/04 -
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 6. März 2008 - 2 O 421/07 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
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(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Gegen das ihr am 1. September 1999 zugestellte Urteil des Landgerichts , durch das sie zur Zahlung von 24.624,45 DM nebst Zinsen verurteilt wurde, legte die Beklagte am 1. Oktober 1999 Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1999, im Original bei Gericht eingegangen am 5. November 1999, beantragte sie, die Frist zur Berufungsbegründung um einen Monat zu verlängern, und begründete die Berufung am 1. Dezember 1999.Die Beklagte macht geltend, den aus einer Seite bestehenden Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung rechtzeitig am 29. Oktober 1999 per Fax an das Gericht übermittelt zu haben, und beruft sich insoweit auf ein Sendeprotokoll des Faxgerätes ihres Prozeßbevollmächtigten, demzufolge an diesem Tag um 16.50 Uhr eine Seite bei einer Übermittlungsdauer von 38 Sekunden an den Faxanschluß der Briefannahmestelle des Kammergerichts versandt wurde; die Spalte "Ergebnis" des Sendeprotokolls weist den Vermerk "OK" aus. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein entsprechendes Fax vom dortigen Faxgerät weder gespeichert noch ganz oder teilweise ausgedruckt worden. Das Journal dieses Faxgerätes weist für 16.49 Uhr - mit einer Dauer von 23 Sekunden - eine Verbindung mit dem Faxgerät des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten aus, der die laufende Dateinummer 223 zugeordnet ist. Die Anzahl der Seiten ist darin mit "1" angegeben. In der Rubrik "Komm." ist anstelle des üblichen OK-Vermerks die Zahl "495" ausgewiesen, was nach der Bedienungsanleitung dieses Geräts bedeutet, daß die Telefonverbindung unterbrochen wurde. In der Rubrik "Diagnose" ist der Code 0050270577000 angegeben. Bei kurz zuvor übermittelten Schriftätzen von einer Seite Umfang sind Übermittlungsdauern zwischen 27 und 47 Sekunden verzeichnet. Mit Verfügung vom 29. Dezember 1999, die dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 10. Januar 2000 zuging, wies das Kammergericht auf die fehlgeschlagene Übermittlung vom 29. Oktober 1999 hin. Am 14. Januar 2000 beantragte die Beklagte daraufhin vorsorglich, ihr Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren; dieser Schriftsatz enthält zugleich eine eidesstattliche Versicherung ihres Prozeßbe-
vollmächtigten, die dieser unterschrieben hat. Der nachstehende Wiedereinsetzungsantrag ist an der dafür vorgesehenen Stelle am Ende des Schriftsatzes nicht unterzeichnet. Das Kammergericht verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung durch Beschluß als unzulässig und wies den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurück, die zweiwöchige Antragsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO sei nicht gewahrt. Spätestens seit dem 1. Dezember 1999 sei die Unkenntnis von der Versäumung der Frist nicht mehr unverschuldet gewesen, weil der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten an diesem Tage anläßlich der Fertigung der Berufungsbegründung habe erkennen können und müssen, daß die Frist auf seinen Antrag vom 29. Oktober 1999 hin bislang nicht verlängert worden war. Angesichts dieses ungewöhnlichen Umstandes habe er auch dann, wenn das ihm vorliegende Sendeprotokoll keine Unregelmäßigkeiten erkennen ließ, auf den rechtzeitigen Eingang seines Fristverlängerungsantrages nicht mehr vertrauen dürfen, sondern sich durch Nachfrage bei Gericht vergewissern müssen. Bei entsprechender Nachfrage hätte er innerhalb einer Woche erfahren , daß sein Fax nicht eingegangen sei. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der die Beklagte geltend macht, ihr Antrag auf Fristverlängerung sei rechtzeitig eingegangen, und hilfsweise ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weiterverfolgt.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß es einer Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag nicht bedurfte und die Berufung sogleich als unzulässig zu verwerfen war, wenn dieser Antrag erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung bei Gericht eingegangen war. Hiervon durfte das Berufungsgericht indes nicht ausgehen, wie die sofortige Beschwerde zu Recht rügt. Zwar ist ein fristwahrender Schriftsatz, der per Fax übermittelt wird, grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt eingegangen, in dem er vom Empfangsgerät des Gerichts ausgedruckt wird. Wenn jedoch Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die abgesandten Signale im Empfangsgerät des Gerichts vollständig eingegangen sind und ihr Ausdruck nur infolge eines Fehlers oder fehlerhafter Handhabung des Empfangsgerätes nicht zu einem Ausdruck geführt haben, ist der Zugang zu fingieren (vgl. BVerfG NJW 1996, 2857; BGHZ 105, 40, 44 ff.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Inhalt des übermittelten Schriftsatzes - wie hier anhand des am 5. November 1999 bei Gericht eingegangenen Originals - anderweit einwandfrei zu ermitteln ist (vgl. BGH, Beschluß vom 19. April 1994 - VI ZB 3/94 - NJW 1994, 1881 f.). Es ist bereits fraglich, ob allein der Umstand, daß ein Faxausdruck des Verlängerungsantrages nicht zu den Akten gelangt ist, die von der sofortigen Beschwerde angegriffene Feststellung des Berufungsgerichts zu tragen vermag , ein Ausdruck dieses Schriftsatzes habe nicht stattgefunden. Zumindest aber die weitere Feststellung, wegen einer Unterbrechung der Telefonverbindung seien die übermittelten Daten im Empfangsgerät nicht gespeichert worden , findet in dem hierfür allein angeführten Empfangsjournal keine ausreichende Stütze.
Es mag dahinstehen, worauf es zurückzuführen ist, daß das Sendeprotokoll eine Verbindungsdauer von 38 Sekunden, das Empfangsjournal hingegen nur eine solche von 23 Sekunden ausweist. Jedenfalls läßt die Verbindungsdauer darauf schließen, daß in dieser Zeit Daten vom Sendegerät zum Empfangsgerät übermittelt wurden. Da ausweislich des Empfangsjournals andere Schriftsätze von einer Seite Umfang bei vergleichbarer Übermittlungsdauer vollständig eingegangen sind, kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß der Verlängerungsantrag vollständig, das heißt zumindest einschließlich der Unterschrift des Rechtsanwalts, eingegangen war, bevor die Telefonverbindung abbrach. Der Umstand, daß der Übermittlung laut Empfangsjournal die laufende Dateinummer 223 zugewiesen wurde, deutet ferner darauf hin, daß das Empfangsgerät über einen internen Speicher verfügt und die übermittelten Daten darin einige Zeit lang abrufbar bereitstanden. Zwar trägt im Grundsatz der Berufungskläger die Beweislast dafür, daß sein fristwahrender Schriftsatz rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 1977 - VIII ZR 286/75 - VersR 1977, 721; Zöller/ Gummer, ZPO 22. Aufl. § 518 Rdn. 20 m.w.N.). Gemäß § 519 b Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht jedoch von Amts wegen zu prüfen, ob die Frist eingehalten ist. Prüfung von Amts wegen in diesem Sinne bedeutet zwar nicht, daß uneingeschränkt der Untersuchungsgrundsatz gilt und der entscheidungserhebliche Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln ist. Das Berufungsgericht muß aber alle aus dem Akteninhalt ersichtlichen Anhaltspunkte prüfen und würdigen , die für die Entscheidung der Frage von Bedeutung sein können, ob der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig eingegangen ist oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2001 - XII ZR 51/99 -, unveröffentlicht; BGH, Beschlüsse vom
19. April 1994 aaO und vom 25. Oktober 1979 - III ZB 13/79 - VersR 1980, 90 f., jeweils m.N.). Das Berufungsgericht hätte daher - erforderlichenfalls durch Nachfrage beim Hersteller des Empfangsgerätes - aufklären müssen, ob und in welchem Umfang bis zur Unterbrechung der Verbindung eingegangene Daten im Empfangsgerät gespeichert werden und gegebenenfalls noch abrufbar sind, ob das verwendete Empfangsgerät in einem solchen Fall die eingegangenen Daten ausdruckt oder nicht, und welche Bedeutung der im Journal ausgewiesene Diagnosecode hat. 2. Da das Berufungsgericht diesen entscheidungserheblichen Fragen nicht nachgegangen ist, kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Da die aufzuklärenden Fragen tatsächlicher Art sind und am besten an Ort und Stelle geklärt werden können, ist es zweckmäßig, die weitere Sachaufklärung und Entscheidung dem Berufungsgericht zu übertragen und die Sache deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2001 aaO; BGH, Beschluß vom 25. Oktober 1979 aaO S. 91). Für den Fall, daß sich die Frage des rechtzeitigen Eingangs des vollständigen Fristverlängerungsantrages nicht aufklären läßt, weist der Senat für die dann erneut zu prüfende Frage der Wiedereinsetzung vorsorglich auf Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts hin, die Sorgfaltspflicht des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten hätte es erfordert, bei Fertigung der Berufungsbegründung am 1. Dezember 1999 angesichts des noch nicht beschiedenen Verlängerungsantrages bei Gericht nachzufragen, ob dieser rechtzeitig eingegangen sei. Wird ein erstmaliger, mit ausreichender Begründung versehener Verlängerungsantrag mit einfacher Post so rechtzeitig abgesandt, daß mit seinem fristwahrenden Eingang bei Gericht zu rechnen ist, besteht re-
gelmäßig - ebenso wie bei der Einlegung eines Rechtsmittels - keine Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts, sich nach dem rechtzeitigen Eingang zu erkundigen (vgl. BGH, Beschluß vom 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83 - NJW 1983, 1471). Dies gilt ebenso, wenn sich sein Vertrauen auf den rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Eingang des Schriftsatzes auf ein entsprechendes FaxSendeprotokoll mit OK-Vermerk stützt. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Schriftstück ungeachtet eines solchen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht hat, ist jedenfalls so gering, daß sich dem Rechtsanwalt diese Möglichkeit auch dann nicht aufdrängen muß, wenn er nach Ablauf eines Monats noch keine Nachricht darüber erhalten hat, ob seinem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.