Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 23. Sept. 2014 - 3 S 14.01483

bei uns veröffentlicht am23.09.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 1.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens ..., Gemarkung ...

Aufgrund einer Nachbarbeschwerde führte das Landratsamt ... am 13. August 2014 eine Ortsbesichtigung durch und stellte hierbei fest, dass in dem südöstlichen Bereich des Grundstücks eine Grundstücksauffüllung sowie eine Stützmauer aus Pflanzsteinen in 0,8 m Abstand zum Nachbargrundstück errichtet wurde. Die Pflanzsteine neigten sich ca. 10-20 cm zum Nachbargrundstück. Zwar bestehe noch keine Einsturzgefahr; die Stützmauer könne jedoch bei weiterem Nachgeben umfallen. Die Auffüllung und die Pflanztröge wurden auf bzw. an einer zum Nachbargrundstück bestehenden Betonstützwand (Höhe ca. 1,50 m) errichtet. Der Antragsteller erklärte hierzu, der Mieter seines Grundstücks errichte hier einen Grillplatz, der seiner Auffassung nach baugenehmigungsfrei sei.

Mit Bescheid vom 15. August 2014, der dem Antragsteller am 21. August 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, verfügte das Landratsamt ... die Einstellung der Bauarbeiten zur Errichtung einer Stützmauer aus Pflanzsteinen auf der vorhandenen Stützmauer mit Grundstücksauffüllung und Backofen an der südöstlichen Ecke des Grundstücks Fl. Nr. ..., Gemarkung ...(Ziffer I). Ziffer I des Bescheides wurde für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer II) und für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung wurde zu Ziffer II ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht (Ziffer III).

In den Gründen wurde ausgeführt, dass eine Baugenehmigung für diese gemäß Art. 55 BayBO genehmigungspflichtige Baumaßnahme nicht erteilt worden sei und deshalb die Einstellung der Bauarbeiten gemäß Art. 75 Abs. 1 BayBO nach pflichtgemäßem Ermessen habe angeordnet werden können. Grundsätzlich gebiete das öffentliche Interesse das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Baueinstellung. Auch sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt, da die Verhinderung gesetzwidriger Bauarbeiten und ihrer Fortsetzung oder die Schaffung eines bauordnungswidrigen Zustandes oder die Verfestigung eines bereits bestehenden bauordnungswidrigen Zustandes im besonderen öffentlichen Interesse an einer geordneten baulichen Entwicklung liege. Außerdem habe ein Bau ohne Baugenehmigung „Vorbildwirkung“ für Dritte.

Mit einem 12. September 2014 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten ließ der Antragsteller hiergegen Klage erheben (AN 3 K 14.01484), über die noch nicht entschieden ist und gleichzeitig beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Einstellungsverfügung vom 15. August 2014 wieder herzustellen.

Der Mieter habe im unteren Gartenbereich auf einer Fläche von 10 qm eine Aufschüttung vorgenommen, um auf dem unebenen Gelände eine ebene Fläche herzustellen, auf welche er einen Grillplatz errichten wolle. Für die Befestigung der Aufschüttung habe er vier Pflanztröge mit einer Höhe von je 30 cm, somit auf eine Gesamthöhe von 1,20 m zum Nachbargrundstück hin, eine Einfriedung zur Behinderung des Abrutschens der Aufschüttung erstellt.

Die Aufschüttung bzw. Stützmauer widerspreche nicht dem Bebauungsplan. Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7a und Nr. 9 BayBO bestehe Genehmigungsfreiheit. Auch habe bei der Auswahl zwischen Handlungs- und Zustandsstörer der Handlungsstörer in Anspruch genommen werden müssen. Ferner fehle es im behördlichen Verfahren an einer Anhörung.

Das Landratsamt ... beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der verfahrensfreie Tatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO sei nicht einschlägig, da es sich nicht um eine selbstständige Aufschüttung handele. Vielmehr sei die Aufschüttung für sich gesehen keine eigene Anlage, sie sei vielmehr Teil einer anderen baulichen Anlage, nämlich einer Terrasse zur Herstellung eines Grillplatzes. Nachdem Auffüllung und Pflanztröge auf bzw. an einer bestehenden Betonstützwand (Höhe ca. 1,50 m ) errichtet würden und somit eine Gesamthöhe des Bauwerks von 2,70 m erreicht werde, sei weiterhin auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO nicht einschlägig. Hinzu komme, dass gemäß Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. DIN 18065 auf die vorhandenen Stützmauern noch eine Umwehrung mit einer Höhe von 0,90 m anzubringen sei, womit das Gesamtbauwerk eine Höhe von ca. 3,60 m erreichen würde. Deshalb sei vorliegend von einer bauplanungsrechtlichen Relevanz der Anlage auszugehen. Auch bestehe wohl Abstandsflächenpflicht.

Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG könne von einer Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr in Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheine. Hier sei wegen der illegalen Errichtung der Anlage ein möglicherweise nicht mehr rückgängig zu machender Verstoß gegen die Rechtsordnung zu verhindern gewesen.

Auch habe bei der Ortsbesichtigung am 13. August 2014 kein Bewohner angetroffen werden können. Es habe deswegen nicht geklärt werden können, wer Handlungsstörer sei, weshalb die Anordnung gegen den Grundstückseigentümer und Zustandsstörer erlassen worden sei. Der Antragsteller könne als Eigentümer und Vermieter des Grundstücks schnell und effektiv auf den Mieter einwirken, nur baurechtskonforme Bauarbeiten durchzuführen. Nach dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr erweise sich die Auswahl des Zustandsstörers als rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese entfällt kraft Gesetzes bei den in § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO aufgeführten Maßnahmen und des Weiteren nach Nr. 4 der Bestimmung, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde besonders angeordnet wird. Das besondere Vollzugsinteresse ist in diesem Falle schriftlich zu begründen (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen, wenn das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der erlassene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da dann an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse nicht bestehen kann. Dagegen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, wenn sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist und bei der hier vorliegenden Fallgestaltung der behördlichen Vollzugsanordnung ein besonderes Vollziehungsinteresse hinzutritt. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab.

Vorliegend ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass die angefochtene Baueinstellungsverfügung rechtmäßig ist und auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie die Zwangsgeldandrohung in der Sache nicht zu beanstanden sind.

Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wennAnlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die vom Mieter des Antragstellers vorgenommenen Arbeiten verstoßen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, da diese voraussichtlich nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig sind und keine Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 BayBO besteht.

Es liegen weder die - wegen ihres Ausnahmecharakters eng auszulegenden - Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO noch die des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO oder des Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe e vor.

Bei dem Vorhaben „Grillplatz“ handelt es sich weder um eine Mauer oder Einfriedung noch um eine selbstständige Aufschüttung oder um eine unbedeutende Anlage wie eine (ebenerdige) Terrasse.

Wie die der Behördenakte beigefügten Lichtbildern zeigen, besteht das Vorhaben bislang aus einer (unselbstständigen) Aufschüttung und aus einer mit Pflanzsteinen errichteten Mauer, die die Aufschüttung stabilisieren soll. Das Vorhaben enthält damit zwar Elemente der Ausnahmevorschriften, erfüllt aber insgesamt die Voraussetzungen nicht.

Da das Vorhaben auf einer bereits 1,50 m hohen Betonstützmauer realisiert werden soll und die Mauer aus Pflanzsteinen 1,20 m hoch wird, sind außerdem die Höhenanforderungen der Ausnahmetatbestände des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a und des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 nicht erfüllt. Wie das Landratsamt F. in der Antragserwiderung zutreffend ausführt, wäre nach Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 BayBO wegen der Höhe von 2,70 m eine Umwehrung anzubringen, die das Vorhaben um weitere 90 cm erhöhte.

Die Baueinstellungsverfügung ist auch hinsichtlich der Ermessensausübung durch den Antragsgegner nicht zu beanstanden.

Eine Baueinstellung bezweckt sicherzustellen, dass vor abschließender Prüfung der Zulässigkeit eines Vorhabens keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Es ist daher regelmäßig sachgerecht, eine entsprechende Verfügung zu erlassen, wenn festgestellt wird, dass ein Bauvorhaben ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt wird. Hinsichtlich der Begründung der Ermessensentscheidung reicht es in einem solchen Fall aus, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Verfügung im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit, also das Fehlen einer Genehmigung oder sonstigen Zulassungsentscheidung, erfolgt ist.

Da es für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung grundsätzlich genügt, wenn festgestellt wird, dass das Bauvorhaben formell rechtswidrig ist, bedurfte es in den Bescheidsgründen auch keinen Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den einschlägigen materiell-rechtlichen Anforderungen (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Januar 2014, Art. 75 Rn. 34 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Offenbleiben kann, ob die Behörde von der Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG absehen durfte. Diese wurde jedenfalls im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens nachgeholt, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG.

Die Auswahl des Antragstellers als Zustandsstörer ist rechtlich nicht zu beanstanden, da der Antragsteller sowohl Eigentümer des Grundstücks ist als auch nach der Auskunft des Einwohnermeldeamts vom 15. August 2014 (Blatt 3 der Behördenakte) dort als wohnhaft gemeldet war. Zur Verantwortlichkeit des Adressaten reicht es aus, dass er für die sofortige Einstellung der Bauarbeiten sorgen sowie entschieden und nachhaltig auf die Unterlassung weiterer Bauarbeiten dringen kann. Schwierige und zeitraubende Untersuchungen der Baubehörde zur Störerauswahl sind wegen des im Polizei- und Ordnungsrecht notwendigen raschen Zugriffs auf den unter sicherheitsrechtlichen Gesichtspunkten Geeignetsten nicht erforderlich (BayVGH, B. v. 14.8.1986 - 1 CS 85 A.518).Die Behörde durfte davon ausgehen, dass der Antragsteller die Einstellung der Bauarbeiten bewirken kann. Eine Störerauswahl war nicht erforderlich, da der Behörde - nachdem bei der Baukontrolle am 13. August 2014 niemand angetroffen wurde - kein weiterer Störer bekannt war. Zwar sollte grundsätzlich der Handlungsstörer Adressat der Baueinstellungsverfügung sein (BayVGH, B. v. 9.11.2011 - 15 CS 11.867). Dieser ließ sich wegen der gebotenen Eile nicht ermitteln.

Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Baueinstellung ein besonderes Vollzugsinteresse besteht, dieses hat er in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet.

Bei Baueinstellungen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Regel, weil der Bauherr sonst im Schutze der aufschiebenden Wirkung die bauliche Anlage vollenden könnte und somit Maßnahmen ihren präventiven Zweck verfehlen würden. Dementsprechend genügt es hinsichtlich der Anforderungen an die Begründung der Anordnung - wie für die Baueinstellung selbst -, wenn sich dieser entnehmen lässt, dass die Maßnahme im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens verfügt wird.

Die Rechtsgrundlagen für das im Bescheid angedrohte Zwangsgeld findet sich in den vom Antragsgegner zitierten Vorschriften des VwZVG. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.

Der Antrag war demnach abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 23. Sept. 2014 - 3 S 14.01483

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 23. Sept. 2014 - 3 S 14.01483

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1
Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 23. Sept. 2014 - 3 S 14.01483 zitiert 3 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 23. Sept. 2014 - 3 S 14.01483 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 23. Sept. 2014 - 3 S 14.01483 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Feb. 2015 - AN 3 K 14.01484

bei uns veröffentlicht am 12.02.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens ..., ..., Fl. Nr. ..., Gemarkung ... Aufgrund einer Nachbarbeschwerde füh

Referenzen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens ..., ..., Fl. Nr. ..., Gemarkung ...

Aufgrund einer Nachbarbeschwerde führte das Landratsamt ... am 13. August 2014 eine Ortsbesichtigung durch und stellte hierbei fest, dass in dem südöstlichen Bereich dieses Grundstücks eine Grundstücksauffüllung sowie eine Stützmauer aus Pflanzsteinen in 0,8 m Abstand zum Nachbargrundstück errichtet wurde. Die Pflanzsteine neigten sich ca. 10-20 cm zum Nachbargrundstück. Zwar bestehe noch keine Einsturzgefahr; die Stützmauer könne jedoch bei weiterem Nachgeben umfallen. Die Auffüllung und die Pflanztröge wurden auf bzw. an einer zum Nachbargrundstück bestehenden Betonstützwand (Höhe ca. 1,50 m) errichtet. Der Kläger erklärte hierzu, der Mieter seines Grundstücks errichte hier einen Grillplatz, der seiner Auffassung nach baugenehmigungsfrei sei.

Mit Bescheid vom 15. August 2014, der dem Kläger am 21. August 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, verfügte das Landratsamt ... die Einstellung der Bauarbeiten zur Errichtung einer Stützmauer aus Pflanzsteinen auf der vorhandenen Stützmauer mit Grundstücksauffüllung und Backofen an der südöstlichen Ecke des Grundstücks Fl. Nr. ..., Gemarkung ... (Ziffer I). Ziffer I des Bescheides wurde für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer II) und für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung wurde zu Ziffer II ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht (Ziffer III).

In den Gründen wurde ausgeführt, dass eine Baugenehmigung für diese gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Baumaßnahme nicht erteilt worden sei und deshalb die Einstellung der Bauarbeiten gemäß Art. 75 Abs. 1 BayBO nach pflichtgemäßem Ermessen habe angeordnet werden können. Grundsätzlich gebiete das öffentliche Interesse das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Baueinstellung. Auch sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt, da die Verhinderung gesetzwidriger Bauarbeiten und ihrer Fortsetzung oder die Schaffung eines bauordnungswidrigen Zustandes oder die Verfestigung eines bereits bestehenden bauordnungswidrigen Zustandes im besonderen öffentlichen Interesse an einer geordneten baulichen Entwicklung liege. Außerdem habe ein Bau ohne Baugenehmigung „Vorbildwirkung“ für Dritte.

Mit einem 12. September 2014 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten ließ der Kläger gegen den Bescheid Klage erheben und beantragte, deren aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Der Mieter habe im unteren Gartenbereich auf einer Fläche von 10 qm eine Aufschüttung vorgenommen, um auf dem unebenen Gelände eine ebene Fläche herzustellen, auf welche er einen Grillplatz errichten wolle. Mit vier Pflanztrögen mit einer Höhe von je 30 cm, somit auf eine Gesamthöhe von 1,20 m zum Nachbargrundstück hin, habe er eine Einfriedung zur Behinderung des Abrutschens der Aufschüttung erstellt.

Die Aufschüttung bzw. Stützmauer widerspreche nicht dem Bebauungsplan. Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7a und Nr. 9 BayBO bestehe Genehmigungsfreiheit. Auch habe bei der Auswahl zwischen Handlungs- und Zustandsstörer der Handlungsstörer in Anspruch genommen werden müssen. Ferner habe es im behördlichen Verfahren an einer Anhörung gefehlt.

Er beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 15. August 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der verfahrensfreie Tatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO sei nicht einschlägig, da es sich nicht um eine selbstständige Aufschüttung handele. Vielmehr sei die Aufschüttung für sich gesehen keine eigene Anlage, sie sei vielmehr Teil einer anderen baulichen Anlage, nämlich einer Terrasse zur Herstellung eines Grillplatzes. Nachdem Auffüllung und Pflanztröge auf bzw. an einer bestehenden Betonstützwand (Höhe ca. 1,50 m) errichtet würden und somit eine Gesamthöhe des Bauwerks von 2,70 m erreicht werde, sei weiterhin auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO nicht einschlägig. Hinzu komme, dass gemäß Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. DIN 18065 auf die vorhandenen Stützmauern noch eine Umwehrung mit einer Höhe von 0,90 m anzubringen sei, womit das Gesamtbauwerk eine Höhe von ca. 3,60 m erreichen würde. Deshalb sei vorliegend von einer bauplanungsrechtlichen Relevanz der Anlage auszugehen. Auch bestehe wohl Abstandsflächenpflicht.

Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG könne von einer Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr in Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheine. Hier sei wegen der illegalen Errichtung der Anlage ein möglicherweise nicht mehr rückgängig zu machender Verstoß gegen die Rechtsordnung zu verhindern gewesen.

Auch habe bei der Ortsbesichtigung am 13. August 2014 kein Bewohner angetroffen werden können. Es habe deswegen nicht geklärt werden können, wer Handlungsstörer sei, weshalb die Anordnung gegen den Grundstückseigentümer und Zustandsstörer erlassen worden sei. Der Kläger könne als Eigentümer und Vermieter des Grundstücks schnell und effektiv auf den Mieter einwirken, nur baurechtskonforme Bauarbeiten durchzuführen. Nach dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr erweise sich die Auswahl des Zustandsstörers als rechtmäßig.

Den Antrag des Klägers vom 12. September, mit dem er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrte, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. September 2014 abgelehnt (AN 3 S 14.01483). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. November 2014 trug der Kläger vor, er vermute, dass ihm ein Kollege vom Landratsamt ..., bei dem er selbst in der Abteilung „Umwelt und Bau“ tätig sei, Probleme bereiten wolle. Es sei dort bekannt gewesen, dass er sich vom 13. August 2014 bis 22. August 2014 im Urlaub befunden habe und er frage sich, ob der Tag der Baukontrolle absichtlich an seinem ersten Urlaubstag gewählt worden sei. Darüber hinaus erweise sich die Störerauswahl als ermessensfehlerhaft, da der Handlungsstörer mit Leichtigkeit habe ermittelt und vor Ort angetroffen werden können, da der Mieter regelmäßig tagsüber zu Hause angetroffen werden könne.

Auch sei die angenommene Höhe des Bauwerks von 1,50 m nicht zutreffend, es sei höchstens 1m hoch, da sich der erste Pflanztrog im Boden befinde. Auch sei keine Gefahrensituation gegeben, da sich das Bauwerk nicht neige und auch nicht umfallen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten,

§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Baueinstellungsverfügung vom 15. August 2014 findet ihre Rechtsgrundlage in

Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO.

Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die vom Mieter des Klägers vorgenommenen Arbeiten verstoßen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, da diese nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig sind und keine Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 BayBO besteht.

Es liegen weder die - wegen ihres Ausnahmecharakters eng auszulegenden - Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO noch die des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO oder des Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe e vor.

Bei dem Vorhaben „Grillplatz“ handelt es sich weder um eine Mauer oder Einfriedung noch um eine selbstständige Aufschüttung oder um eine unbedeutende Anlage wie eine (ebenerdige) Terrasse.

Wie die der Behördenakte beigefügten Lichtbilder zeigen, besteht das Vorhaben aus einer (unselbstständigen) Aufschüttung und aus einer mit Pflanzsteinen errichteten Mauer, die die Aufschüttung stabilisieren soll. Das Vorhaben enthält damit zwar Elemente der Ausnahmevorschriften, erfüllt aber insgesamt die Voraussetzungen nicht.

Da das Vorhaben auf einer bereits 1,50 m hohen Betonstützmauer realisiert werden soll und die Mauer aus Pflanzsteinen 1 m bis 1,20 m hoch wird, sind außerdem die Höhenanforderungen der Ausnahmetatbestände des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO und des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO nicht erfüllt. Wie das Landratsamt ... in der Klageerwiderung zutreffend ausgeführt hat, wäre nach Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 BayBO wegen der Höhe von 2,70 m eine Umwehrung anzubringen, die das Vorhaben um weitere 90 cm erhöhen würde.

Grundsätzlich kommt es für die Beurteilung der Höhe von (grenznahen) Bauwerken zwar auf die - natürliche - Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück an (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand November 2014, Art. 57 Rn. 216). Jedoch verbietet es schon der allgemeine Sprachgebrauch, den Begriff der „Geländeoberfläche“ mit einer - künstlichen - „Sockelwand“ gleichzusetzen. Insoweit schließt sich die Kammer der Rechtsauffassung des VGH Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 24. März 2014 an (VGH Baden-Württemberg, U. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - juris Rn. 28 f.). Denn die bereits vorhandene Betonstützmauer dient als Fundament für die Aufschüttung und ihrer Stützmauer aus Pflanztrögen. Damit bildet sie einen unselbstständigen Bauteil des Vorhabens „Grillplatz“ und bildet mit ihm eine bauliche Einheit, weshalb für die Ermittlung der Höhe des Bauvorhabens auf die Geländeoberfläche des tieferliegenden Grundstücks abzustellen ist. Für eine Höhenermittlung nach den dargestellten Grundsätzen spricht außerdem, dass wegen der Betretbarkeit des „Grillplatzes“ bis unmittelbar an die Grundstücksgrenze eine tatsächliche Sturzhöhe von 2,50 m bis 2,70 m besteht.

Die Baueinstellungsverfügung ist auch hinsichtlich der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht zu beanstanden.

Eine Baueinstellung bezweckt sicherzustellen, dass vor abschließender Prüfung der Zulässigkeit eines Vorhabens keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Es ist daher regelmäßig sachgerecht, eine entsprechende Verfügung zu erlassen, wenn festgestellt wird, dass ein Bauvorhaben ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt wird. Hinsichtlich der Begründung der Ermessensentscheidung reicht es in einem solchen Fall aus, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Verfügung im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit, also das Fehlen einer Genehmigung oder sonstigen Zulassungsentscheidung, erfolgt ist.

Da es für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung grundsätzlich genügt, wenn festgestellt wird, dass das Bauvorhaben formell rechtswidrig ist, bedurfte es in den Bescheidsgründen auch keiner Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den einschlägigen materiell-rechtlichen Anforderungen (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Januar 2014, Art. 75 Rn. 34 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Offenbleiben kann, ob die Behörde von der Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG absehen durfte. Diese wurde jedenfalls im Rahmen des gerichtlichen (Eil -)Verfahrens nachgeholt, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG.

Die Auswahl des Klägers als Zustandsstörer ist rechtlich nicht zu beanstanden, da der Kläger sowohl Eigentümer des Grundstücks ist als auch nach der Auskunft des Einwohnermeldeamts vom 15. August 2014 (Blatt 3 der Behördenakte) dort als wohnhaft gemeldet war. Zur Verantwortlichkeit des Adressaten reicht es aus, dass er für die sofortige Einstellung der Bauarbeiten sorgen sowie entschieden und nachhaltig auf die Unterlassung weiterer Bauarbeiten dringen kann. Schwierige und zeitraubende Untersuchungen der Baubehörde zur Störerauswahl sind wegen des im Polizei- und Ordnungsrecht notwendigen raschen Zugriffs auf den unter sicherheitsrechtlichen Gesichtspunkten Geeignetsten nicht erforderlich (BayVGH, B. v. 14.8.1986 - 1 CS 85 A.518). Die Behörde durfte davon ausgehen, dass der Kläger die Einstellung der Bauarbeiten bewirken kann. Eine Störerauswahl war nicht erforderlich, da der Behörde - nachdem bei der Baukontrolle am 13. August 2014 niemand angetroffen wurde - kein weiterer Störer bekannt war. Zwar sollte grundsätzlich der Handlungsstörer Adressat der Baueinstellungsverfügung sein (BayVGH, B. v. 9.11.2011 - 15 CS 11.867). Dieser ließ sich wegen der gebotenen Eile nicht ermitteln.

Der Kläger ist als Grundstückseigentümer dafür verantwortlich, dass auf seinem Grundstück rechtmäßige Zustände bestehen. Er kann sich deshalb nicht darauf berufen, sein Mieter sei Bauherr und deshalb dieser vorrangig als Handlungsstörer in Anspruch zu nehmen.

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Baueinstellung ein besonderes Vollzugsinteresse besteht, dieses hat er in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet.

Bei Baueinstellungen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Regel, weil der Bauherr sonst im Schutze der aufschiebenden Wirkung die bauliche Anlage vollenden könnte und somit Maßnahmen ihren präventiven Zweck verfehlen würden. Dementsprechend genügt es hinsichtlich der Anforderungen an die Begründung der Anordnung - wie für die Baueinstellung selbst -, wenn sich dieser entnehmen lässt, dass die Maßnahme im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens verfügt wird.

Die Rechtsgrundlagen für das im Bescheid angedrohte Zwangsgeld finden sich in den vom Beklagten zitierten Vorschriften des VwZVG. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.