Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 25. Aug. 2014 - Au 7 K 14.50198

bei uns veröffentlicht am25.08.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ... werden sowohl für das Eil- als auch für das Klageverfahren abgelehnt.

II. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.

III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1987 geborene Antragsteller, ein somalischer Staatsangehöriger, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien.

Der Antragsteller reiste auf dem Landweg am 30. März 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 9. April 2014 einen Asylantrag.

Am 23. Mai 2014 wurde gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung ein Aufnahmegesuch an Bulgarien gerichtet. Die bulgarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 21. Juli 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags (Bl 65 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 25. Juli 2014 wurde durch das Bundesamt festgestellt, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig ist (Ziffer 1); die Abschiebung nach Bulgarien wurde angeordnet (Ziffer 2).

Der Bescheid wurde laut Postzustellungsurkunde am 30. Juli 2014 zugestellt.

Am 5. August 2014 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben, mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 25. Juli 2014 aufzuheben.

Die Klage wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 14.50198 geführt.

Weiter wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Darüber hinaus wurde sowohl für das Klageverfahren als auch für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt... beantragt.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller von Bulgarien nach einer Inhaftierung in die Türkei abgeschoben worden sei. Es sei deshalb zu befürchten, dass er dort, ohne dass ihm erneut dazu die Möglichkeit geboten werde, ein internationales Schutzverfahren einzuleiten, nach Überstellung dorthin erneut inhaftiert und dann wiederum in die Türkei abgeschoben werde. Es sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, dass seitens Bulgariens zugesagt worden sei, dass nun der in Deutschland gestellte Schutzantrag dort bearbeitet werde.

Unter dem 20. August 2014 legte das Bundesamt die Behördenakten vor.

Mit Beschluss vom 22. August 2014 wurde der Rechtstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2014 erweist sich nach derzeitiger Aktenlage als rechtmäßig. Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt damit das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die Abschiebung nach Bulgarien im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann. § 34a AsylVfG macht insoweit den Erlass der Abschiebungsanordnung davon abhängig, dass die Abschiebung rechtlich zulässig und tatsächlich möglich ist.

a) Letzteres hängt in erster Linie von der Übernahmebereitschaft desjenigen Drittstaates ab, in den abgeschoben werden soll (OVG NRW, U.v. 30.9.1996 – 25 A 790/96.a – juris).

aa) Die Frage, welcher Staat für das Asylverfahren des Antragstellers zuständig ist, bestimmt sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. Nr. L 180 S. 31 – nachfolgend: Dublin III-VO). Gemäß Art. 49 UAbs. 2 Satz 1 Dublin III-VO, die zum 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist und die Dublin II-VO durch Art. 48 UAbs. 1 Dublin III-VO aufgehoben hat, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für solche Anträge auf internationalen Schutz, die – wie im vorliegenden Fall - ab dem ersten Tag des sechsten Monates nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden, nach der Dublin III-VO.

bb) Bulgarien ist aufgrund des illegalen Grenzübertritts des Antragstellers nach Art. 13 Abs. 1 der Dublin-III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig.

Die bulgarischen Behörden haben das Übernahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 2014 (Bl. 54 der Bundesamtsakte) mit Schreiben vom 21. Juli 2014 akzeptiert (Bl. 65 der Bundesamtsakte).

b) Die Abschiebung des Antragstellers nach Bulgarien ist auch rechtlich zulässig. Es sind nach der gegenwärtigen Auskunftslage keine Umstände für einen Ausnahmefall erkennbar, die es hier gebieten würden, einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Überstellung des Antragstellers nach Bulgarien zu gewähren.

Die Antragsgegnerin ist nicht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO zur Prüfung des Asylantrags verpflichtet. Systemische Mängel, die die Bundesrepublik zur Durchführung des Asylverfahrens in eigener Zuständigkeit verpflichten würden, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren in Bulgarien nicht (mehr) erkennbar.

aa) Zwar kam der UNHCR in einem Bericht vom 2. Januar 2014 zur Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen (Bulgaria as a country of Asylum) noch zu dem Ergebnis, dass Asylsuchenden in Bulgarien die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung auf Grund von systemischen Mängeln bei den Aufnahmebedingungen und dem Asylverfahren drohe. Der UNHCR folgerte daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien ausgesetzt werden müsse (UNHCR vom 2. Januar 2014, a.a.O. unter Bezugnahme auf eine Übersetzung und Zusammenfassung von ProAsyl). In einem Update vom 20. Januar 2014 (Refugee situation Bulgaria external update) stellte der UNHCR fest, dass sich die Anzahl der neuen Asylsuchenden stark verringert habe, nachdem Bulgarien an der Grenze zur Türkei einen Grenzzaun errichtet und zusätzliche Polizeibeamte eingesetzt habe. Auch hätten sich wohl die Lebensbedingungen auf Grund der Unterstützung des UNHCR verbessert und es gebe Fortschritte bei der Registrierung von Asylsuchenden. Der UNHCR bestätigte aber nach wie vor seine Einschätzung, dass systemische Mängel vorlägen und bekräftigte insbesondere wegen der Überfüllung und mangelhafter Bedingungen in den bulgarischen Haftlagern die Forderung nach einem Überstellungsstopp von Asylsuchenden im Rahmen des Dublin-Verfahrens.

In einer Neubewertung der Situation in Bulgarien vom April 2014 (Bulgaria as a country of Asylum – UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria) stellt der UNHCR jedoch fest, dass zwar nach wie vor Unzulänglichkeiten im bulgarischen Asylverfahren bestünden, diese jedoch einen generellen Ausschluss von Dublin-Überstellungen nicht länger rechtfertigen würden. In Bezug auf die Registrierung, die Behandlung der Anträge auf internationalen Schutz und die Aufnahmebedingungen seien bedeutende Verbesserungen zu beobachten. Im Einzelfall könnten jedoch Gründe vorliegen, die der Rücküberstellung besonders schutzbedürftiger Personen entgegenstehen könnten.

Vor diesem Hintergrund geht das Gericht nunmehr davon aus, dass es keine wesentlichen Gründe mehr für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO liegen damit nicht vor (so bereits bisher auch VG Potsdam, U.v. 4.2.2014 – 6 K 3905/13.A – juris Rn. 16; VG Ansbach, B.v. 1.7.2013 – AN 9 E 13.30401 – juris Rn. 22).

bb) Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt ergibt sich auch nicht aus Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO.

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zu dem besonders schutzbedürftigen Personenkreis zählt, bei dem unter Beachtung der Feststellungen des UNHCR im konkreten Einzelfall zu prüfen wäre, ob die Durchführung seines Asylverfahrens in Bulgarien mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben, die einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK befürchten ließen, verbunden ist, gibt es nicht. Auch sonstige, in der Person des Antragstellers vorliegende besondere humanitäre Gründe, die einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts rechtfertigen könnten, liegen offensichtlich nicht vor.

cc) Sonstige Duldungsgründe stehen der Abschiebung nicht entgegen.

Im Hinblick auf den Wortlaut des § 34 a AsylVfG, nach dem das Bundesamt die Abschiebung anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, hat das Bundesamt – abweichend von der übrigen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde – neben zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten auch Duldungsgründe zu prüfen (BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – Rn. 4). Der Antragsteller hat hierzu weder etwas vorgetragen noch sind Duldungsgründe ersichtlich.

Die Abschiebungsanordnung erweist sich damit nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Besondere Interessen des Antragstellers, die ausnahmsweise einen Verbleib in der Bundesrepublik bis zur Entscheidung über die Hauptsache erforderlich machen könnten, sind nicht ersichtlich.

c) Die Kostenentscheidung folgt auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.

2. Nachdem der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfolglos bleibt, waren auch die Anträge auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren und für das Klageverfahren abzulehnen (§§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO). Weil für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO maßgeblich ist, ob die Klage voraussichtlich erfolgreich sein wird, sich nach der auch im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens erforderlichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage der Bescheid des Bundesamts aber voraussichtlich als rechtmäßig erweist, lagen die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe insoweit nicht vor. Die Erfolgsaussichten sind auch für das Klageverfahren nicht zumindest als offen anzusehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 25. Aug. 2014 - Au 7 K 14.50198

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.