Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 16. Juni 2015 - Au 1 K 14.1850

bei uns veröffentlicht am16.06.2015

Tenor

I. Unter Aufhebung der Ziffer 2. des Bescheids vom 1.12.2014 wird die Beklagte verpflichtet, die Wirkungen der Verlustfeststellung auf fünf Jahre ab Ausreise zu befristen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, ein griechischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Verlustfeststellung seines Freizügigkeitsrechts.

Er wurde am 23. April 1986 in F… in Griechenland geboren und reiste erstmals 1991 mit seiner Familie nach Deutschland ein. Er besuchte die Hauptschule, welche er nach der 10. Klasse beendete. Im Anschluss daran erwarb er auf einer griechischen Schule einen Hauptschulabschluss. Nachdem er seinen dreimonatigen Wehrdienst in Griechenland abgeleistet hatte, schloss er in Deutschland eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich ab. Er war fast durchgehend bei Zeitarbeitsfirmen tätig. Der Kläger ist der griechischen Sprache mächtig. Nach seinem Grundwehrdienst hielt er sich zweimal für einen Urlaubsaufenthalt in Griechenland auf.

Der Kläger begann mit 21 Jahren Betäubungsmittel (Haschisch und Marihuana) zu konsumieren. Anfänglich konsumierte er an den Wochenenden 3 - 4 Joints, zwischen 2008 und 2012 benötigte er monatlich 5 - 7 g. Seit 2012 nahm der Kläger auch Amphetamine zur Leistungssteigerung zu sich. Zunächst konsumierte er 1 g pro Woche, dann 1 - 3 g alle drei bis vier Tage. Vereinzelt konsumierte er auch Kokain. Eine Drogentherapie hat er bislang nicht gemacht.

Seit dem Haftbefehl vom 29. November 2012 sitzt der Kläger in Haft. Der Kläger trat wie folgt strafrechtlich in Erscheinung:

1. Mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 31. Juli 2013 wurde er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit bewaffnetem unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet. Diese beginnt am 17. Juni 2015.

Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger erhielt im September 2012 von einem Lieferanten aus Köln/Aachen mindestens 1 kg Amphetamin an seine Adresse unter einem anderen Namen geliefert. Dabei brachte er ein anderes Namensschild an. 42 g der Drogen konsumierte er selbst, den Rest ließ der Kläger gewinnbringend weiterverkaufen (13 € pro g). Im Oktober 2012 erhielt der Kläger erneut unter falschem Namen ein Paket mit 1,768 kg Amphetamin. Hiervon konsumierte er 39 g selbst, der Rest war zum Weiterverkauf bestimmt. Dies scheiterte an der Sicherstellung der Drogen. Die Amphetamine waren an verschiedenen Stellen in seiner Küche gelagert. Dort bewahrte er in einer Schublade einen Teleskopschlagstock und ein Kampfmesser mit feststehender Klingenlänge von 18 cm auf.

2. Mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. April 2014 wurde der Kläger wegen Nötigung in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus der Verurteilung vom 31. Juli 2013 bei gleichzeitiger Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt.

Der Kläger drang im Januar 2012 zusammen mit drei weiteren maskierten Personen in die Wohnung eines Zeugen ein. Dieser wurde gewaltsam festgehalten, bedroht und aufgefordert, seine Schulden in Höhe von 1.500,- EUR zu begleichen. Zur Einschüchterung wurde ihm ein Zettel mit dem Namen und der Anschrift seiner Mutter mit den Worten „er wolle doch nicht, dass seiner Mutter etwas passiere“ vorgehalten. Als er angab, dass er das Geld nicht habe, sei ihm alternativ angeboten worden, Drogen für den Kläger zu verkaufen. Der Zeuge kam aus Angst den Forderungen nach und veräußerte das Amphetamin gewinnbringend weiter. Das Geld lieferte er dem Kläger ab. Zwischen April und September 2012 kamen erneut vier maskierte Personen in die Wohnung des Zeugen. Der Zeuge musste sich auf einen Stuhl setzen, die maskierten Personen reihten sich um ihn. Einer der Täter hatte mit Billigung des Klägers ein Küchenmesser in der Hand und sagte: „Weißt du, wir haben schon Leuten den Finger abgeschnitten.“ Der Zeuge wurde aufgefordert, mehr und schneller Amphetamin zu verkaufen. Weiter forderte der Kläger von dem Zeugen weitere 2.000,- EUR zur Begleichung der Kosten für den Einsatz.

Laut dem Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt Straubing vom 6. Mai 2015 erbringt der Kläger eine zufriedenstellende Arbeit und verhält sich beanstandungsfrei. Er hat an einem Rückfallprophylaxetraining teilgenommen und nimmt seit Dezember 2012 regelmäßig an Einzelgesprächen der Drogenberatung teil.

Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Äußerung hinsichtlich der beabsichtigten Verlustfeststellung gegeben. Er erklärte, dass er seit seinem 5. Lebensjahr in Deutschland lebe und seine Eltern, Geschwister und alle Verwandten hier lebten. Er habe keine sozialen Kontakte in Griechenland. Er werde nach seiner Therapie alles daran setzen, ein straffreies Leben zu führen.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2014 wurde der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt (Ziffer 1.) und die Wirkungen der Verlustfeststellung wurden auf 8 Jahre ab Ausreise befristet (Ziffer 2.). Die Abschiebung aus der Haft heraus wurde angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Kläger vor einer Abschiebung aus der Haft entlassen werde, wurde ihm eine Frist zur Ausreise von einem Monat gesetzt. Sollte er dieser Verpflichtung nicht nachkommen, wurde die Abschiebung angedroht (Ziffer 4.). Gestützt wurde der Bescheid auf die beiden strafrechtlichen Verurteilungen und § 6 Abs. 1 FreizügG/EU. Hier liege eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Das Verhalten des Klägers sowohl beim Erwerb der Drogen als auch im Umgang mit den Verteilern weise auf eine erhebliche kriminelle Energie hin. In der Gesamtbetrachtung aller Umstände sei von einer erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen. Der Kläger habe aufgrund der Menge nicht zur Stillung seines eigenen Suchtdrucks, sondern darüber hinaus mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Das Vorgehen gegenüber dem Zeugen zeige eine organisierte, bandenmäßige Kriminalität. Das Deponieren des Amphetamins und das Eintreiben des Verkaufserlöses seien als professionell zu beschreiben und bewiesen eine ganz erhebliche kriminelle Energie. Er sei zwar therapiemotiviert, habe aber noch keine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen, weshalb von einer Wiederholungsgefahr auszugehen sei. Bei Belastungen auch im privaten Bereich, sei von einer Rückfallgefahr auszugehen. Dabei sei der soziale Empfangsraum nach der Haftentlassung durchaus als positiv zu bewerten, dies beseitige aber nicht die Wiederholungsgefahr. Es sei mit weiteren Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität zu rechnen. Dem Kläger stehe ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4 a FreizügG/EU zu, weshalb er sich auf § 6 Abs. 4 FreizügG/EU berufen könne. Aufgrund der begangen Straftaten, des Verhaltens des Klägers und der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr seien schwerwiegende Gründe zu bejahen. Er sei wegen Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität zu 8 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Demgegenüber könne er sich nicht auf § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU berufen. Eine bloße zehnjährige Anwesenheit im Bundesgebiet genüge hierfür nicht. Mit Urteil vom 16. Januar 2014 habe der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass ein Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe geeignet sei, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen und sich dies auch dahingehend auswirken könne, wenn sich die Person vor dem Freiheitsentzug zehn Jahre lang im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten habe. Demnach habe hier keine tatsächliche und hinreichende Integration stattgefunden, welche den Erwerb eines erweiterten Schutzes rechtfertigen würde. Selbst wenn man den Schutz bejahen würde, lägen zwingende Gründe i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU durch die Verurteilungen vor. Unter Abwägung aller für und gegen den Kläger sprechenden Umstände überwiege das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Zugunsten des Klägers sei hierbei berücksichtigt worden, dass er seit seinem 5. Lebensjahr hier lebe, eine Ausbildung abgeschlossen habe, einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und die Sprache beherrsche. Seinen familiären Bindungen in Deutschland sei ein hohes Gewicht beizumessen gewesen, ebenso, dass er bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Ihm sei ein Leben in Griechenland zumutbar, er beherrsche die griechische Sprache. Eine Drogentherapie sei auch in Griechenland möglich. Während des Wehrdienstes habe er sich mit den Lebensverhältnissen dort vertraut machen können. Die Maßnahme sei auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK verhältnismäßig. Die Befristungsentscheidung sei angesichts der Gefahren, die von einem illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, verhältnismäßig. Eine Verkürzung komme in Betracht, wenn sich der Sachverhalt zu Gunsten des Klägers ändere.

Hiergegen ließ der Kläger am 30. Dezember 2014 Klage erheben. Er meint, ihm stehe der erhöhte Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU zu. Der EuGH stelle darauf ab, dass eine Freiheitsstrafe grundsätzlich die Kontinuität unterbrechen könne. Er verlange jedoch von der Behörde eine umfassende Beurteilung, ob die zuvor geknüpfte Integrationsverbindung zum Aufnahmemitgliedstaat abgerissen sei. Diesen Anforderungen werde die Beklagte nicht gerecht. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit lägen nicht vor. Die Behörde verweise zur Begründung nur nach oben. Dies genüge nicht den Anforderungen. Die Beklagte differenziere nicht zwischen schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit. Es habe keine individuelle Abwägung stattgefunden. Im Rahmen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU habe es die Beklagte versäumt, den Sachverhalt individuell zu prüfen und die Interessen abzuwägen. Sie habe die Wiederholungsgefahr nicht ausreichend dargestellt. Die Ermessenausübung der Beklagten sei fehlerhaft. Sie zähle zwar die Belange auf, sie stelle diese jedoch nicht in Zusammenhang. Sie verweise pauschal auf die erhebliche kriminelle Energie und die Straftat an sich. Fehlerhaft sei auch die Ansiedlung im Bereich der organisierten Kriminalität. Eine Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sei gerade nicht erfolgt. Er sei in Deutschland verwurzelt, er habe keinen Bezug zu Griechenland. In Griechenland lebe nur noch ein Onkel, zu dem er keinen Kontakt mehr habe. Es werde bestritten, dass er in Griechenland eine Drogentherapie machen könne. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage stehe das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch. Mit einer ernsthaften Drogentherapie sei in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Diese gesundheitliche Gefährdung des Klägers habe die Beklagte nicht in ihre Ermessenserwägungen eingestellt. Er beginne am 17. Juni 2015 die durch Urteil angeordnete Therapie in K …, welche etwa 18 bis 24 Monate dauern werde.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 1. Dezember 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, der Kläger könne sich nicht auf den Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berufen, die Beklagte habe alle wesentlichen Belange (der schulische und berufliche Werdegang, die familiären und sonst ersichtlichen schützenswerten Bindungen) berücksichtigt und könne davon ausgehen, dass von keiner abschließend gelungenen Integration des Klägers auszugehen sei. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit lägen vor. Beim illegalen Handel mit Betäubungsmitteln sei grundsätzlich von schwerwiegenden Beeinträchtigungen für die öffentliche Sicherheit auszugehen, da die von Betäubungsmitteln ausgehende Gefahr als gesellschaftsschädigend allgemein und auch durch die Rechtsprechung anerkannt sei. Die Beklagte habe sehr wohl zwischen schwerwiegenden Gründen i.S.d. § 6 Abs. 4 FreizügG/EU und zwingenden Gründen i.S.d. § 6 Abs. 5 FreizügG/EU unterschieden. Die stark überwiegende Gewinnerzielungsabsicht sei vehement gegen den Kläger zu werten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass er sogar Waffen in seiner Küche in der Nähe der gelagerten Amphetamine bereitgehalten habe. Das massive Vorgehen gegen den Zeugen unterstreiche das kriminelle Potenzial des Klägers. Die Beklagte überschreite nicht die Feststellungen des Strafgerichts. Aus dem Verhalten des Klägers zeige sich dessen Gleichgültigkeit gegenüber seinen Mitmenschen. Eine Wiederholungsgefahr sei zu bejahen. Es sei dem Kläger zumutbar in Griechenland zu leben, er könne durch sein Verhalten eine Reduzierung der Sperrfrist erreichen. Dass eine Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit in Griechenland unmöglich sei, werde bestritten, denn es handle sich um einen Mitgliedsstaat der EU.

Am 16. Juni 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2014 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Befristung der Wirkungen der Verlustfeststellung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids begegnet hingegen rechtlichen Bedenken, so dass die Verpflichtung auszusprechen war, eine Frist von fünf Jahren festzusetzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (BVerwG, U.v. 3.8.2004 - 1 C 30/02 - BVerwGE 121, 297 - Leitsatz 2).

2. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 bis 3 FreizügG/EU verfügte Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt liegen beim Kläger vor. Dies gilt trotz Vorliegens der besonderen Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 4 und - unterstellt -nach Abs. 5 FreizügG/EU und für den durch diese Regelungen bewirkten erhöhten Schutz vor Ausweisung, auf welchen sich der Kläger berufen kann.

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts eines Unionsbürgers auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU aus Gründen der öffentlichen Ordnung festgestellt werden. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU genügt die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich alleine nicht, um die Verlustfeststellung zu begründen. Es dürfen nach § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU nur im Bundeszentralregister nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrundeliegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gemeinschaft berührt. Bei der Entscheidung über die Verlustfeststellung sind nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU darüber hinaus insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Eine vom Kläger ausgehende gegenwärtige tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, liegt vor. Die Auskunft aus dem Zentralregister vom 25. Juni 2014 (Blatt 135 f. der Behördenakte) weist insgesamt zwei Eintragungen des Klägers auf: Eine Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Urteil des Landgerichts Augsburg vom 31. Juli 2013) und eine Verurteilung wegen Nötigung in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung (Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. April 2014). Die Unterbindung von Drogendelikten berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft, da es sich bei Drogendelikten um besonders gefährliche und schwer zu bekämpfende Kriminalität handelt.

Eine Wiederholungsgefahr ist nach Auffassung der Kammer gegeben. Es bestand ausweislich des Urteils des Landgerichts Augsburg vom 31. Juli 2013 ein klarer kausaler Zusammenhang zwischen Hang und Tat. Der Erwerb des Amphetamins und der Weiterverkauf mit Gewinnerzielungsabsicht zielten einzig auf die Finanzierung des eigenen Konsums auch anderer Betäubungsmittel (vgl. Urteil des Landgerichts Augsburg vom 31. Juli 2013, Blatt 71 der Behördenakte). Angesichts dieser Delikte ist der erfolgreiche Abschluss einer Drogentherapie von zentraler Bedeutung für die Prognose. Denn solange der Kläger nicht therapiert ist, sind in der Zukunft weitere schwere Straftaten im Rahmen der Betäubungsmittel- und Beschaffungskriminalität zur Finanzierung der Suchtmittel zu erwarten. Es muss zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts davon ausgegangen werden, dass eine erhebliche Wiederholungsgefahr bezüglich dieser Delikte vorliegt, da der Kläger den erfolgreichen Abschluss einer Drogentherapie nicht vorweisen kann. Er steht zwar unmittelbar vor dem Beginn einer vom Landgericht Augsburg im Urteil vom 31. Juli 2013 angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Auch ein im August 2014 durchgeführter Drogentest in der Justizvollzugsanstalt Straubing verlief negativ (vgl. Blatt 61 der Gerichtsakte). Laut Mitteilung der externen Drogenberatungsstelle hat sich der Kläger auch unmittelbar nach seiner Inhaftierung an die Drogenberatung gewandt und seit dem 18. Dezember 2012 regelmäßig an Einzelgesprächen teilgenommen (vgl. Blatt 97 der Behördenakte). Dies beseitigt jedoch nicht die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr. Die Prognose ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu treffen. Liegt - wie beim Kläger - die Ursache der begangenen Straftaten in der Suchtmittelabhängigkeit, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2014 - 10 ZB 14.538 und BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231). Ausschlaggebend für das Entfallen der Wiederholungsgefahr ist, dass ein vorhandenes Handlungs- und Verhaltensmuster dauerhaft korrigiert wird. Dies ist erst bei einem erfolgreichen Abschluss einer Therapie anzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231). Nach derzeitigem Stand handelt es sich beim Kläger um einen Suchgefährdeten, der seit seinem 21. Lebensjahr Drogen konsumiert und bisher noch keine Therapie gemacht hat. Auch das Vorbringen, wonach sich der Kläger im Strafvollzug absolut beanstandungsfrei und vorbildlich verhalte, lässt die Wiederholungsgefahr in Bezug auf die Begehung weiterer Straftaten im Bereich der Drogenkriminalität nicht entfallen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass ein Wohlverhalten in der Haft nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung schließen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2015 - 10 ZB 13.898; zuletzt BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231, Rn. 11).

b) Den nach dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts (§ 4a FreizügG/EU) eintretenden erhöhten Schutz nach § 6 Abs. 4 FreizügG/EU (siehe auch Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG) kann der Kläger für sich beanspruchen. Er hat das Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU (siehe auch Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG) erworben.

Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Der Kläger lebt seit 1991 in Deutschland und hat damit die Voraussetzungen des Daueraufenthaltsrechts erfüllt.

Gemäß § 6 Abs. 4 FreizügG/EU darf eine Feststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden. Hierbei wird an das geschützte Rechtsgut angeknüpft, so dass gesteigerte Anforderungen an das berührte Grundinteresse der Gesellschaft zu stellen sind. Ausreichend ist insoweit eine konkrete Wiederholungsgefahr. Dies ist insbesondere bei drohender Wiederholung von Verbrechen und besonders schwerer Vergehen anzunehmen 26 (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt Kommentar zum Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 6 FreizügG/EU Rn. 51). Diese schwerwiegenden Gründe sind vorliegend gegeben. Der Kläger wurde wegen Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Haftstrafe von 8 Jahren verurteilt. Bei Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität drohen im besonderen Maße negative Folgen für die Gesellschaft und die öffentliche Ordnung. Deshalb ist in einem solchen Fall davon auszugehen, dass die Grundinteressen der Gesellschaft besonders berührt sind. Eine konkrete Wiederholungsgefahr ist gegeben, weil der Kläger noch keine Therapie gemacht hat. Die Grundinteressen der Gesellschaft sind insbesondere auch deshalb in besonderem Maße betroffen, weil der Kläger nur einen Bruchteil der Drogen selbst konsumiert hat und den Rest gewinnbringend weiterveräußert hat. Sein Vorgehen bei der Begehung der Straftaten (Organisation hinsichtlich Lieferung des Amphetamins, insbesondere durch Änderung des Klingelschildes; das Bereithalten eines Teleskopschlagstocks und eines Kampfmessers mit einer Klingenlänge von 18 cm in unmittelbarer Nähe zu den versteckten Drogen) und das rücksichtslose Verhalten gegenüber einem Verteiler, um diesen zur gewinnbringenden Weiterveräußerung von Drogen zu nötigen, zeigen eine erheblich kriminelle Energie des Klägers und eine Rücksichtslosigkeit bei der Verfolgung der eigenen Ziele. Die Straftaten beeinträchtigen in besondere Weise das Sicherheitsempfinden weiter Teile der Bevölkerung, so dass an deren konsequenter Bekämpfung mittels präventiver Maßnahmen ein besonderes gesellschaftliches Interesse besteht.

c) Ob der Kläger auch den besonderen Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU für sich beanspruchen kann, ist angesichts seiner Inhaftierung wegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 16.1.2014 - C-400/12) fraglich. Die Verbüßung einer Freiheitsstrafe ist nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich geeignet, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen. Dies gilt auch, wenn sich der Unionsbürger vor dem Freiheitsentzug zehn Jahre lang im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat. Dies kann vorliegend offen bleiben, weil jedenfalls zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit berührt werden und eine Verlustfeststellung rechtfertigen.

Gemäß § 6 Abs. 5 FreizügG/EU darf eine Verlustfeststellung bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten 10 Jahren im Bundesgebiet hatten, nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit erfolgen. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit können gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU nur dann vorliegen, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt wurde. Nach den Erwägungsgründen der Richtlinie 2004/38 sind zwingende Gründe nur bei außergewöhnlichen Umständen gegeben. Was darunter zu verstehen ist, definiert die Richtlinie nicht. Die Schrankensystematik des Unionsrechts legt eine Auslegung nahe, die nur bei schwersten Straftaten in Verbindung mit einer Wiederholungsgefahr und besonders schwerwiegenden Merkmalen hinsichtlich der Art und Weise der Begehung aufenthaltsbeendende Maßnahmen ermöglicht (vgl. Hailbronner, AuslR, 89. Aktualisierung, Stand März 2015, § 6 FreizügG/EU Rn. 79). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger wurde wegen unerlaubten Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit bewaffnetem Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Wegen Nötigung in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung wurde er unter Einbeziehung des vorherigen Urteils zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt. Die Kammer geht von einer Wiederholungsgefahr aus, weil der Kläger bisher noch nicht therapiert ist (siehe oben). Hinsichtlich der Art und Weise der Begehung der Tat ist festzustellen, dass der Kläger mit erheblich krimineller Energie vorging, indem er Namensschilder austauschte und Waffen in der Nähe der versteckten Drogen aufbewahrte. Auch die Tatsache, dass er mittels Drohungen gegen Leib und Leben unter zur Hilfenahme von drei bis vier maskierten Männern einen Verteiler dazu nötigte, seine Drogen gewinnbringend weiterzuverkaufen und ihm den Erlös abzuliefern, zeigt sein rücksichtsloses Vorgehen im Streben um Geld, um seine eigenen Suchtmittel zu finanzieren.

3. Die Beklagte hat ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat alle in § 6 Abs. 1 Satz 3 FreizügG/EU aufgeführte Belange in ihre Entscheidung einbezogen und vertretbar gewichtet. Insbesondere hat sie die Verwurzelung des Klägers im Bundesgebiet und die Entwurzelung in Griechenland angemessen gewürdigt. Es kann nicht beanstandet werden, dass sie trotz dieses Umstands den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung den Vorrang gegeben und die Wiederholungsgefahr als derart schwerwiegend gewichtet hat, dass die persönlichen Belange des Klägers zurückzutreten haben.

4. Die Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts des Klägers ist auch unter Berücksichtigung des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Der Kläger kann sich zwar nicht auf den Schutz des Familienlebens berufen, da er weder Ehefrau noch Kinder in Deutschland hat. Die Bindungen an die hier lebenden Eltern und Geschwister unterliegen als Beziehungen zwischen Erwachsenen nicht notwendig dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK. Hierzu wäre erforderlich, dass besondere zusätzliche Aspekte der Abhängigkeit hinzutreten (Discher in GK-Aufenthaltsgesetz, Stand Oktober 2014, vor §§ 53 ff. Rn. 786 m.w.N.). Solche besonderen Bindungen sind nicht ersichtlich. Der Kläger kann sich jedoch auf das Recht auf Schutz des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Bestandteil des Privatlebens ist die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen ansässigen Zuwanderern und der Gesellschaft, in der sie leben. Diese Beziehungen sind für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv und von zentraler Bedeutung für die Entfaltung der Persönlichkeit. Bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts kommt ihnen wachsende Bedeutung zu (Discher in GK-Aufenthaltsrecht, a.a.O., Rn. 841 f.). Da sich der Kläger seit dem Jahr 1991 und damit seit über 24 Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhält, sind die hier geknüpften sozialen Beziehungen für ihn von zentraler Bedeutung.

Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor, ist im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlichen Abwägung eine umfassende Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens gerechtfertigt im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ist. Der Kläger ist zwar faktischer Inländer und hat seine sozialen Kontakte ausschließlich im Bundesgebiet. Dennoch führt die Abwägung aller Umstände des Einzelfalles zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung nach Art. 8 EMRK als gerechtfertigt und damit auch als verhältnismäßig anzusehen ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privatlebens nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Es ist damit zu beurteilen, ob die Ausweisung in diesem Sinne notwendig war, d.h. ob sie durch ein dringendes soziales Bedürfnis begründet war und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten legitimen Ziel stand. Der Prüfung zugrunde zu legen sind dabei im Wesentlichen die Art und Schwere der begangenen Straftat, die Aufenthaltsdauer, die seit der Tat verstrichene Zeitspanne und das Verhalten des Ausländers in dieser Zeit sowie die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gaststaat und zum Bestimmungsland.

Nach diesen Grundsätzen ist hier zunächst zu berücksichtigen, dass dem Recht des Klägers auf Achtung seines Privatlebens ein erhebliches Gewicht beizumessen ist. Er ist nunmehr seit über 24 Jahren ununterbrochen in Deutschland und hat seine wesentliche Sozialisierung hier erfahren. Die sozialen 33 Beziehungen zu seinem Heimatland sind abgebrochen und müssen im Falle einer Rückkehr neu aufgebaut werden. So ist dem Kläger in Griechenland nur ein Onkel bekannt, zu dem kein Kontakt mehr besteht. Im Bundesgebiet befinden sich die Eltern, Geschwister und sonstigen Verwandten des Klägers. Er selbst sowie seine engere Familie sind faktische Inländer, die in den hiesigen Lebensverhältnissen fest verwurzelt sind. Es ist zu berücksichtigen, dass sich der Kläger in Deutschland wirtschaftlich integriert hat. Er hat einen Hauptschulabschluss erworben und eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich abgeschlossen. Er war weit überwiegend erwerbstätig und hat in die Rentenversicherung eingezahlt. Zu seinen Lasten spricht jedoch, dass er seit seinem 21. Lebensjahr drogenabhängig ist und noch keine Therapie gemacht hat. Bisher war beim Kläger keine Therapiemotivation erkennbar. Erst seit seiner Inhaftierung nimmt der Kläger die Angebote der Drogenberatung wahr und beginnt ab dem 17. Juni 2015 eine gerichtlich angeordnete Therapie. Ein nachhaltiger Therapieerfolg wäre das entscheidende Kriterium, auf das sich die Prognose eines künftig straffreien Lebens stützen könnte. Die derzeit zu erwartenden Straftaten sind dabei aufgrund der hohen Gefährlichkeit der gehandelten Droge Amphetamin als schwere Delikte einzustufen. Bei Abwägung der Gesamtumstände und insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger ausgehende Gefahr ist ihm eine Rückkehr nach Griechenland zumutbar. Er ist volljährig, unverheiratet und kinderlos. Er hat eine griechische Schule besucht und einen griechischen Hauptschulabschluss erworben. Der Kläger beherrscht die griechische Sprache in Wort und Schrift. Die dreimonatige Grundwehrdienstzeit in Griechenland zeigt, dass er sich dort zurechtfinden kann. Zumindest am Anfang kann er auch auf die Unterstützung in Griechenland lebender, entfernter Verwandtschaft zurückgreifen, da jedenfalls ein Onkel dort wohnt.

5. Die Beklagte war zu verpflichten, die Sperrfrist auf 5 Jahre festzusetzen. Grundlage der Befristungsentscheidung ist § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU. Danach wird das Verbot nach § 7 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU auf Antrag befristet. Die Frist beginnt gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU mit der Ausreise. Diese Vorschrift gewährt Unionsbürgern anders als die Regelbefristung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG einen strikten Rechtsanspruch auf Befristung. Nur über die Länge der Frist ist im Ermessen zu entscheiden (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt Kommentar zum Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 7 FreizügG/EU Rn. 35.). Die Dauer der Befristung unterliegt einer uneingeschränkten, vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 13.11 - InfAuslR 2012, 397 Rn. 40). Bei der Bemessung der Frist sind das Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie der mit der Maßnahme verfolgte spezialpräventive Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der Prüfung im Einzelfall, ob die vorliegenden Umstände auch jetzt noch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen als Dauereingriff in das Freizügigkeitsrecht mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU tragen. Dabei ist auch das Verhalten des Betroffenen nach der Verlustfeststellung zu würdigen und im Wege einer Prognose auf der Grundlage einer aktualisierten Tatsachenbasis ist die Frist nach dem mutmaßlichen Eintritt der Zweckerreichung zu bemessen. Im Falle einer langfristig fortbestehenden Gefährdungsprognose ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers aber auch bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen (vgl. Dienelt, a.a.O., Rn. 37). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Befristungsbegehrens ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Tatsachengerichts (BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 14/12 - InfAuslR 2013, 141). Die Frist muss sich am höherrangigen Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK) und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) messen und ggf. relativieren lassen. Die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen sind zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU zu berücksichtigen. Die Frist ist nach der voraussichtlichen Dauer der Gefährdung zu bemessen (vgl. Dienelt, a.a.O., Rn. 39 f.).

Ausgehend hiervon hält die Kammer unter Berücksichtigung der familiären Situation des Klägers und seiner persönlichen Umstände eine Befristung der Wirkungen der Verlustfeststellung für 5 Jahre im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK für sachgerecht und ausreichend.

Als erste Orientierung kann dabei die letzte strafrechtliche Verurteilung des Klägers im Bundesgebiet dienen. Der Kläger wurde zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt. Ein Abweichen nach unten erscheint vorliegend nach Abwägung aller für und gegen den Kläger sprechenden Gesichtspunkte geboten.

Dabei ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit ca. seinem 5. Lebensjahr in Deutschland lebt. Als faktischen Inländer trifft es ihn besonders hart, wenn er Deutschland verlassen muss und für längere Zeit nicht zurückkehren kann. Hier leben die meisten seiner Verwandten, er hat in Deutschland die wesentlichen familiären und persönlichen Bindungen. Insbesondere pflegt er sozialen Kontakt zu seinen Eltern, Großeltern und Geschwistern. Für ihn spricht auch, dass er einen Hauptschulabschluss und eine abgeschlossene Ausbildung hat. Er war weit überwiegend erwerbstätig.

Auf der anderen Seite sprechen gegen den Kläger die beiden massiven strafrechtlichen Verurteilungen u.a. im Bereich der Betäubungsmitteldelikte, weshalb er zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt worden ist. Die Kammer geht weiterhin davon aus, dass vom Kläger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (siehe hierzu oben). Gegen den Kläger spricht auch, dass er derzeit noch nicht therapiert ist. Zu seinen Gunsten muss aber berücksichtigt werden, dass er unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung eine Therapie in einer Entziehungsanstalt in Kaufbeuren beginnt. Dass er diese nicht früher antreten konnte lag daran, dass das Gericht einen Vorwegvollzug von 30 Monaten angeordnet hatte. Das Strafgericht hat festgestellt, dass eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Unterbringung in der Erziehungsanstalt besteht. Ferner bestehe die konkrete Aussicht darauf, dass der 38 Kläger durch eine entsprechende Therapiemaßnahme, die er auch selbst unbedingt möchte, für einen erheblichen Zeitraum vor dem Rückfall in die akute Sucht bewahrt werden und von der dadurch bedingten Begehung neuer Straftaten abgehalten werden kann (vgl. Urteil des Landgerichts Augsburg vom 31. Juli 2013, Blatt 71 f. der Behördenakte).

In der Gesamtschau ist deshalb nach Auffassung der Kammer eine Sperrfrist von 5 Jahren sachgerecht. Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen überwiegen die persönlichen Interessen des Klägers. Die Frist ist angesichts der derzeit vom Kläger ausgehenden Gefahr auch deshalb angemessen, weil die Sperrfrist, wenn dies aufgrund einer Veränderung der Prognosegrundlagen gerechtfertigt ist, auf Antrag oder von Amts wegen zu verkürzen ist. Dies ergibt sich aus dem Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots und wird in § 7 Abs. 2 Satz 4 FreizügG/EU angedeutet. Die Berechtigung der Sperrfrist entfällt mit Ende der Gefährdung. Eine Veränderung kann sich aus einer raschen Resozialisierung oder dem Hinzutreten neuer Tatsachen ergeben, die eine günstigere Prognose rechtfertigen, wie beispielsweise der erfolgreiche Abschluss der Drogentherapie (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt Kommentar Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 7 FreizügG/EU Rn. 42). Im Falle einer erfolgreichen Therapierung der Drogensucht oder des Nachweises eines drogenfreien Lebens außerhalb einer beschützenden Einrichtung über einen längeren Zeitraum wäre aufgrund eines erneuten Befristungsantrags wohl eine geringere Frist festzusetzen, da in diesem Fall die Prognose sich erheblich günstiger darstellen würde.

6. Die Anordnung der Abschiebung des Klägers aus der Haft ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ist der Kläger zur Ausreise verpflichtet, da die Ausländerbehörde den Verlust seines Freizügigkeitsrechts festgestellt hat. Da er sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids in Haft befand, war eine freiwillige Erfüllung dieser Ausreisepflicht nicht gesichert. Nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU i.V.m. § 58 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AufenthG war deshalb die Abschiebung des Klägers aus der Haft heraus anzuordnen. Die für den Fall der Haftentlassung verfügte Abschiebungsandrohung mit Ausreisefrist findet ihre rechtliche Grundlage in § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 FreizügG/EU.

7. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Kläger hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dem Kläger waren die Kosten ganz aufzuerlegen, weil er nur in einem geringen Teil seiner Klage Erfolg hat. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 16. Juni 2015 - Au 1 K 14.1850

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 16. Juni 2015 - Au 1 K 14.1850

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 16. Juni 2015 - Au 1 K 14.1850 zitiert 9 §§.

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Si

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 16. Juni 2015 - Au 1 K 14.1850 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2014 - 10 ZB 14.538

bei uns veröffentlicht am 29.07.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Grü

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2015 - 10 ZB 13.898

bei uns veröffentlicht am 26.01.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründ

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, mit dem er seine in erster Instanz erfolglose Anfechtungsklage gegen die mit Bescheid der Beklagten vom 21. August 2013 (in der Fassung der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2014) verfügte Ausweisung weiter verfolgt, ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger aufgrund seiner vom Vater abgeleiteten assoziationsrechtlichen Rechtsposition nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 gemäß § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 AufenthG i. V. m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur ausgewiesen werden kann, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 13, U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 17, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - Rn. 14 jeweils unter Verweis auf EuGH, U. v. 8.12.2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422; BayVGH, U. v. 25.3.2014 - 10 B 13.529 - juris Rn. 29).

Das Verwaltungsgericht hat weiter ohne Rechtsfehler angenommen, dass das mit Urteil des Landgerichts München I vom 19. März 2013 strafrechtlich geahndete persönliche Verhalten des Klägers, der wegen vier tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall davon in Tateinheit mit Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden ist, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt. Soweit der Kläger in der Zulassungsbegründung darauf verweist, dass er nur mit der Einstiegsdroge Marihuana und nicht mit stärkeren Drogen wie Haschisch, Kokain, Heroin oder ähnlichem gehandelt habe, wobei dem Konsum von Marihuana nach wissenschaftlichen und rechtlichen Aspekten nicht mehr die Gefahr wie noch vor zehn Jahren zugemessen werde, was unter anderem zur Legalisierung des Konsums von Marihuana in einigen Staaten geführt habe, vermag dies die Bewertung des Erstgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage zu stellen. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass auch der vom Kläger betriebene Handel mit Betäubungsmitteln die Gesundheit anderer Personen gefährde, der Konsum dieser Droge oft den Beginn einer Abhängigkeit bewirke, die auch den Konsum stärkerer Drogen nach sich ziehe, der Kläger in allen vier Fällen den Wert der nicht geringen Menge um ein Vielfaches überschritten habe und schließlich der Schutz der Bevölkerung vor Betäubungsmitteln ein besonders gewichtiges Grundanliegen der Gesellschaft sei. Dass der Handel mit Betäubungsmitteln, selbst wenn er nicht bandenmäßig begangen wird, zum Bereich der besonders schweren Kriminalität zählt und als schwerwiegende Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Interessen anzusehen ist, entspricht im Übrigen auch ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 10.4.2014 - 10 ZB 13.71 - juris Rn. 9 m. w. Rspr.-Nachweisen). Zutreffend ist schließlich auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger, der selbst seit dem Alter von ca. 13 Jahren Betäubungsmittel - zunächst Cannabis, später auch Kokain und Ecstasy - konsumiert hat, zum illegalen Handel mit Betäubungsmitteln bereit war, um sich den eigenen (erheblichen) Konsum weiter finanzieren zu können.

Auch soweit der Kläger „bestreitet“, dass bei ihm die konkrete Gefahr der Wiederholung vergleichbarer Straftaten besteht, werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils begründet. Der Kläger macht insoweit geltend, es sei widersprüchlich, ihm einerseits nicht zu erlauben, die gewünschte Drogentherapie zu machen, und ihm andererseits vorzuhalten, dass bei ihm ohne erfolgreiche Drogentherapie eine Wiederholungsgefahr gegeben sei. Als drogenabhängiger Assoziationsberechtigter hätte er einen Anspruch auf Durchführung einer Drogentherapie gehabt. Deren Verweigerung sei als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Assoziationsabkommens zu werten. Seine Drogenabhängigkeit sei als Krankheit anzusehen. Das Verwaltungsgericht habe ebenso wie die Beklagte die im Strafurteil des Landgerichts München I angestellte positive Prognose nicht berücksichtigt. Der strafrichterlichen Bewertung komme jedoch wesentliche Bedeutung zu. Nur bei Vorliegen überzeugender Gründe könne die Ausländerbehörde davon abweichen. Das Landgericht München I habe positiv herausgestellt, dass der Kläger bereits an zwölf Drogenberatungsgesprächen in der JVA teilgenommen und seine Bereitschaft, eine Drogentherapie zu absolvieren, dadurch unter Beweis gestellt habe. Er habe dem Gericht glaubhaft vermittelt, dass er sich von seiner Drogenabhängigkeit distanzieren wolle. Bei professioneller Unterstützung und mit therapeutischer Hilfe sowie einer Abwendung von seinem bisherigen drogennahen Bekanntenkreis bestünde eine gute Chance, die Betäubungsmittelabhängigkeit zu überwinden, ein straffreies Leben zu führen und sich nach und nach beruflich zu integrieren. Überdies sei der Kläger nicht vorbestraft, habe sich in der Haft gut geführt und auch keinerlei Betäubungsmittel mehr konsumiert; er sei seit über zwei Jahren drogenfrei. Damit wird aber die Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt.

Ausgehend von einem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 16 m. w. N.; BayVGH, U. v. 25.3.2014 - 10 BV 13.484 - juris Rn. 27) ist das Erstgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Einschätzung gelangt, dass unter Berücksichtigung der Gesamtumstände beim Kläger mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Wiederholung entsprechend schwerer Straftaten im Bereich der Drogenkriminalität bestehe. So hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger seit seinem 13. Lebensjahr kontinuierlich Betäubungsmittel wie Marihuana, Kokain und Ecstasy konsumiert hat und bei ihm trotz Drogenabstinenz in der Haft eine noch nicht überwundene Betäubungsmittelabhängigkeit vorliegt. Liegt aber wie beim Kläger die Ursache der Straftaten in einer Suchtmittelabhängigkeit, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats, auf die das Erstgericht Bezug genommen hat, die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 26.11.2013 - 10 ZB 13.1873 - juris Rn. 7). Auch kommt es für die Erfüllung der Ausweisungsvoraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 und insbesondere für die dabei anzustellende Gefahrenprognose nicht darauf an, ob der Betroffene Anspruch auf die Durchführung einer Drogentherapie hatte, diese aber nicht bewilligt und durchgeführt wurde (BVerwG, B. v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 19; BayVGH, B. v. 26.11.2013 a. a. O.). Der vom Kläger nach Auffassung des Landgerichts München I glaubhaft geäußerte Wille zur Durchführung einer künftigen Drogentherapie, der Teilnahme an mehreren Drogenberatungsgesprächen und dem (bisherigen) Wohlverhalten des Klägers in der Haft mussten die Beklagte und das Verwaltungsgericht daher noch keine entscheidende Bedeutung zumessen. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der bloße Wille zur Durchführung einer künftigen Therapie nicht ausreicht, um vorhandene Handlungs- und Verhaltensmuster dauerhaft zu korrigieren, und dass ein Wohlverhalten in der Haft nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung schließen lässt. Schließlich hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass die vom Strafgericht bei seiner (Vorab-)Zustimmung gemäß § 35 BtMG (Zurückstellung der Strafvollstreckung zugunsten einer Therapie beim Kläger) angestellten Erwägungen schon wegen des unterschiedlichen Prognoseansatzes nicht ohne weiteres auf die hier anzustellende (sicherheitsrechtliche) Gefahrenprognose übertragbar sind. Auch der Einwand der Indizwirkung der strafgerichtlichen positiven Prognose greift insoweit nicht. Zudem hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme zum Zulassungsantrag des Klägers zutreffend darauf hingewiesen, dass das Landgericht A. - 1. auswärtige Strafvollstreckungskammer beim Amtsgericht L. - mit Beschluss vom 7. April 2014 die Aussetzung der Vollstreckung des letzten Drittels der gegen den Kläger verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zur Bewährung abgelehnt hat, weil diesem ohne entsprechende therapeutische Aufarbeitung seiner Suchtmittelproblematik keine günstige Prognose gestellt werden könne.

Auch die Bewertung des Erstgerichts, dass die der angefochtenen Ausweisung zugrunde liegenden Ermessenserwägungen der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden seien (s. § 114 Satz 1 VwGO) und sich die Maßnahme unter Berücksichtigung der durch Art. 8 EMRK und Art. 6 GG geschützten individuellen Belange und Interessen des Klägers als verhältnismäßig erweise, vermag der Kläger nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage zu stellen. Insoweit rügt der Kläger, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend gewürdigt, dass er nahezu sein gesamtes Leben in der Bundesrepublik verbracht habe und hier verwurzelt sei, während ihm vor allem die beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Türkei völlig unbekannt seien. Die wirtschaftliche Integration im Bundesgebiet sei bisher lediglich daran gescheitert, dass er wegen seiner Drogenabhängigkeit bzw. Suchtkrankheit nicht in der Lage gewesen sei, einen Lehrberuf abzuschließen. Falsch bewertet habe das Verwaltungsgericht auch die Tatsache, dass er Vater eines am 23. Mai 2012 geborenen deutschen Kindes sei. Das Gericht habe insbesondere die Situation des Kindes nicht hinreichend berücksichtigt. Da das fünfjährige Wiedereinreiseverbot erst ab der Ausreise beginne, könne er voraussichtlich erst 2020 wieder in das Bundesgebiet einreisen, wobei sein Kind dann bereits acht Jahre alt sei. Eine solche Umgangsvereitelung zwischen Vater und Kind stelle eine Gefährdung des Kindeswohls dar, da ein Kind beide Elternteile für seine persönliche Entwicklung benötige. Er - der Kläger - könne zwar gegenwärtig wegen der Haft kein Umgangsrecht mit dem Kind pflegen, wolle dies nach seiner Haftentlassung aber tun und auch Unterhalt bezahlen.

Das Verwaltungsgericht hat jedoch die schützenswerten Belange des Klägers, die sich auf sein Privat- und Familienleben beziehen, unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien (vgl. dazu EuGH, U. v. 8.12.2011 - Rs. C 371/08, Ziebell - juris Rn. 80 und 82; BayVGH, U. v.27.5.2014 - 10 B 12.1700 - juris Rn. 33) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gewürdigt und abgewogen. Dabei hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt, dass der Kläger nahezu sein gesamtes Leben in Deutschland verbracht hat, und demgemäß seine Ausweisung als einen erheblichen Eingriff in seine persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse angesehen, auch wenn der Kläger bisher zu keiner Zeit längerfristig in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen sei. Es ist weiter in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass es dem Kläger (gleichwohl) gelingen werde, in der Türkei wieder Fuß zu fassen, weil er erwachsen und deshalb nicht mehr wie ein jüngerer Mensch auf seine Familie angewiesen sei, die türkische Sprache spreche und bislang auch in der Bundesrepublik wirtschaftlich und beruflich noch nicht integriert gewesen sei. Zudem hat der Kläger in der Türkei seinen Militärdienst abgeleistet, so dass ihm die Verhältnisse dort nicht völlig unbekannt sind. Einen Fall, dass der durch die Ausweisung Betroffene auf die besondere Betreuung durch seine Familie angewiesen wäre oder umgekehrt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint.

Schließlich hat das Erstgericht rechtsfehlerfrei auch der Vaterschaft des Klägers zu seiner am 23. Mai 2012 geborenen Tochter im Rahmen der gebotenen Abwägung kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats ist es davon ausgegangen, dass auch von Art. 6 GG (und Art. 8 EMRK) geschützte familiäre Beziehungen eine Aufenthaltsbeendigung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung jedenfalls bei besonders schweren Straftaten und (langfristig) ungünstiger Prognose nicht generell ausschließen, sondern lediglich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Würdigung der gegenläufigen Interessen ausreichend berücksichtigt werden müssen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 13.2.2014 - 10 ZB 13.1628 - juris Rn. 4). Weiter ist zu berücksichtigen, dass Art. 6 GG ausländerrechtliche Schutzwirkungen nicht schon aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen entfaltet, sondern entscheidend vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern ist, wobei grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten ist (st. Rspr. des BVerfG; B. v. 30.1.2002 - 2 BvR 231/00 - juris Rn. 21 ff., B. v. 10. 5. 2008 - 2 BvR 588/08 - juris Rn. 12 ff., B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 12 ff.). Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist; dabei sind die Belange des Elternteils und des Kindes umfassend zu berücksichtigen (BVerfG, B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 14). Die Rüge des Klägers, die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts werde diesen Anforderungen nicht gerecht, greift nicht durch. Eine tatsächliche persönliche Verbundenheit des Klägers zu seiner Tochter, die während seiner Haft geboren worden ist und zu der er bisher offensichtlich keinerlei Kontakt hatte, besteht nach wie vor nicht. Der Kläger, dessen Vaterschaft zu seiner Tochter offenbar erst auf Betreiben der Mutter des Kindes durch das Amtsgericht - Familiengericht - mit Beschluss vom 5. Juni 2013 festgestellt worden ist, hat bisher lediglich die Absicht erklärt, den Umgang mit seiner Tochter nach dem Ende seiner Haft (im Mai 2015) ausüben und auch Unterhalt zahlen zu wollen. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht festgestellt, dass eine Aufenthaltsbeendigung bei Abwägung der gegenläufigen Interessen im konkreten Fall verhältnismäßig ist. Der Kläger könne für den Zeitraum seiner Wiedereinreisesperre den bisher noch nicht bestehenden Kontakt zur Tochter auch mit Hilfe von Telefonaten, Briefen und gegebenenfalls Besuchen ausbauen und intensivieren; es sei nichts vorgetragen, dass bei einem Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ein intensiverer Kontakt beabsichtigt werde. Dem ist der Kläger auch mit seinem Zulassungsvorbringen letztlich nicht substantiiert entgegengetreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 12. Mai 1986 im Bundesgebiet geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er war ab Dezember 1997 im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis, ab Juni 2002 einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bzw. einer Niederlassungserlaubnis.

Der Kläger hat im Bundesgebiet die Hauptschule besucht, jedoch keine Berufsausbildung durchlaufen. Erwerbstätig war er jeweils nur für kurze Zeit.

Der Kläger lebte zumeist mit seiner im Bundesgebiet lebenden Familie (Vater, zwei Schwestern und ein Bruder) zusammen. In der Türkei hat er entfernte Verwandte. Er ist der türkischen Sprache mächtig.

Bereits im Alter von 15 Jahren hat der Kläger seine ersten Straftaten begangen (Diebstahlsdelikte). Gewalttaten (Körperverletzungsdelikte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Bedrohung) kamen dazu. Nach mehreren Verurteilungen, u. a. zu Bewährungsstrafen, wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 11. September 2006 erstmals zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren vier Monaten verurteilt. Neben anderen Delikten (Sachbeschädigung, Diebstahl, Beleidigung, Bedrohung) hat er im Dezember 2005 eine vorsätzliche Körperverletzung begangen, bei der er dem Opfer mehrere Faustschläge ins Gesicht und einen Kopfstoß versetzte, wobei das Opfer erhebliche Verletzungen erlitt. Im Urteil werden dem Kläger schädliche Neigungen und Erziehungsdefizite bestätigt.

Am 18. April 2007 wurde der Kläger wegen eines am 15. April 2007 begangenen Körperverletzungsdelikts in Untersuchungshaft genommen.

Am 29. Mai 2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Augsburg wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 11. September 2006 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zehn Monaten. Ihm wurde zur Last gelegt, am 25. Juli 2006 zusammen mit einem anderen sein Opfer zusammengeschlagen zu haben, wobei dieses eine Nasenbeinfraktur, Prellungen, Hämatome und Bisswunden erlitt. Zudem hat er den Stiefvater des Opfers beleidigt und ihm gegenüber Drohungen gegen das Opfer ausgesprochen. Im Urteil wurde bei der Strafzumessung erneut davon ausgegangen, dass beim Kläger massive schädliche Neigungen vorliegen, zudem eine ausgeprägte Aggressivität und Gewaltbereitschaft. Er sei unbelehrbar, brutal und benötige eine Therapie.

Ab dem 30. Januar 2008 wurde der Kläger gemäß § 64 StGB in das Bezirkskrankenhaus P. verbracht, um dort eine Drogen- und Alkoholtherapie zu absolvieren.

Das Amtsgericht Augsburg verurteilte ihn nochmals am 21. Januar 2008 zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen gefährlicher Körperverletzung. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Kläger am 15. April 2007 angetrunken seinem Opfer ohne Grund mit der Faust in den Rücken geschlagen und mit Kopf und Knien gegen den Kopf des Opfers gestoßen ist. Dieser erlitt eine Stirnhöhlenvorderwandfraktur und musste operiert werden. Im Rahmen der Strafzumessung ging das Amtsgericht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB aus und führte aus, dass der Kläger stark aggressiv sei, erheblich alkoholabhängig und bestätigte einen Abusus von Cannabinoiden. Es stellte ihm eine sehr ungünstige Prognose aus.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2008 wies die Ausländerbehörde den Kläger aus dem Bundesgebiet aus, drohte seine Abschiebung aus der Haft an und erließ hilfsweise eine Abschiebungsandrohung. Im Rahmen der Begründung des Bescheids wurde berücksichtigt, dass der Kläger als assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger lediglich im Ermessenswege ausgewiesen werden dürfe. Zudem seien nur spezialpräventive Erwägungen zulässig. Eine Ausweisung sei nur möglich, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Ausländers außer der Störung der öffentlichen Ordnung auch eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Dies alles sei beim Kläger gegeben. Auch unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK erweise sich die Ausweisung als verhältnismäßig.

Mit seiner Klage vom 19. Januar 2009 machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe in der Haft und im Bezirkskrankenhaus positive Fortschritte gemacht. Er betreibe eine Ausbildung, nehme weder Drogen noch Alkohol zu sich und durchlaufe erfolgreich eine Therapie. Positive Stellungnahmen des Bezirkskrankenhauses vom Januar und September 2009 bestätigten dies.

Am 26. Oktober 2009 teilte das Bezirkskrankenhaus mit, dass beim Kläger ein Rückfall eingetreten sei. Er habe die Droge Speed genommen, nachdem er seine Arbeitsstelle verloren habe. Der Vorschlag der Klinik, die weitere Unterbringung zur Bewährung auszusetzen, werde zurückgezogen, da der Kläger unter schwierigen Lebensbedingungen keine stabile Abstinenz gegenüber illegalen Drogen aufrechterhalten könne.

Mit Beschluss vom 10. November 2009 setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren im Hinblick auf die damals noch nicht geklärte Anwendbarkeit der Unionsbürgerrichtlinie auf türkische Staatsangehörige aus.

Im Januar 2010 durfte der Kläger wieder einen Arbeitsplatz außerhalb des Bezirkskrankenhauses annehmen. Am 1. Mai 2010 wurden die mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 21. Januar 2008 angeordnete Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie der Rest der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt und Führungsaufsicht für drei Jahre angeordnet.

Ab seiner Entlassung war der Kläger zunächst vier Monate drogen- und alkoholfrei. Er schloss sich dann aber einer Rockergruppe an und konsumierte wieder Drogen. Vor seiner erneuten Inhaftierung im Juli 2011 nahm er zuletzt täglich eine Flasche Schnaps oder Wodka zu sich und ebenfalls täglich ein bis drei Gramm Kokain. Am 12. Mai 2011 hat der Kläger zusammen mit einem Mittäter eine Spielhalle überfallen, wobei er eine Angestellte mit einer Schreckschusswaffe bedrohte und die Aushändigung der Tageseinnahmen verlangte. Er erbeutete 1.130 Euro. 800 Euro davon behielt er für sich. Er verwendete das Geld zum Kauf von Drogen und gab den Rest in Nachtclubs aus. Wegen dieser Tat verurteilte ihn das Landgericht Augsburg mit Urteil vom 16. Mai 2012, das auf § 257c StPO beruhte, wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach eineinhalb Jahren Haft an. Nach dieser Verurteilung wurde auch der Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts Neumarkt/Oberpfalz vom 1. Mai 2010 widerrufen.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2013 befristete die Ausländerbehörde die Wirkung der Ausweisungsverfügung vom 18. Dezember 2008 auf die Dauer von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Ausreise des Klägers. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht über das wieder aufgenommene Ausweisungsverfahren wurde der Befristungsbescheid in die Klage einbezogen. Mit Urteil vom 6. März 2013 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Hiergegen richtet sich der Zulassungsantrag des Klägers vom 16. April 2013.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenunterlagen Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO nicht vorliegen. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt keine Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Diesen Zulassungsgrund hat der Kläger nämlich bereits nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nur dann den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 42). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers in der Zulassungsbegründung jedoch nicht.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Rechtssache deshalb grundsätzliche Bedeutung habe, weil für türkische assoziationsberechtigte Staatsangehörige aufgrund der Einführung der allgemeinen Zulassungsberufung Verschlechterungen ihrer rechtlichen Situation eingetreten seien, nach Art. 13 ARB 1/80 die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft für türkische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen aber keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürften. Die Benachteiligung der türkischen Staatsangehörigen liege darin, dass im Berufungsverfahren, das früher ohne vorherige Zulassung statthaft war, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich sei und deshalb entgegen dem jetzt erforderlichen (vorherigen) Zulassungsverfahren noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung für den betroffenen Ausländer günstige Tatsachen vorgetragen werden konnten.

Dieses Vorbringen führt nicht zur Zulassung der Berufung. Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass bei Durchführung eines Berufungsverfahrens hinsichtlich der Sach- und Rechtslage im Ausweisungsverfahren auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung des Berufungsgerichts abzustellen ist (st. Rspr. des BVerwG; vgl. U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - Rn. 12 m. w. N.) und deshalb während des Berufungsverfahrens noch eintretende - sowohl günstige als auch ungünstige - neue Umstände zu berücksichtigen sind. Anders als im Berufungsverfahren sind demgegenüber im Zulassungsverfahren die Zulassungsgründe innerhalb einer bestimmten Frist darzulegen. Später eintretende neue Zulassungsgründe können demgemäß grundsätzlich keine Berücksichtigung mehr finden, auch wenn sie für den jeweiligen Kläger günstig sind (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Dies allein besagt aber noch nicht, dass die vom Kläger aufgeworfene Frage für den konkreten Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, wie dies zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erforderlich gewesen wäre. Der Kläger legt insbesondere nicht dar, wieso er in seinem konkreten Einzelfall besser gestellt wäre, wenn statt des Zulassungsverfahrens von vornherein die Berufung gegen das angefochtene Urteil möglich gewesen wäre. Denn bis zum jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag, zu dem womöglich auch bereits über eine Berufung entschieden worden wäre, hat der Kläger nichts vorgetragen, was bei der Überprüfung der Ausweisungsentscheidung des Beklagten in entscheidungserheblicher Weise noch zu seinen Gunsten einzustellen gewesen wäre. Er zeigt deshalb nicht in der gebotenen Weise auf, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu unterschiedlichen Beurteilungszeitpunkten, beim Berufungsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt und beim Zulassungsverfahren mit Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist, in seinem konkreten Ausweisungsfall zu einem unterschiedlichen Ergebnis geführt hätte, er insbesondere durch die Entscheidung im Zulassungsverfahren schlechter gestellt wäre als in einem Berufungsverfahren.

Im Übrigen käme der Rechtssache auch dann keine grundsätzliche Bedeutung bei, wenn der Kläger eine konkrete Schlechterstellung durch die Einführung des Zulassungsverfahrens gegenüber dem früher von vornherein zulässigen Berufungsverfahren konkret dargelegt hätte. Denn die Stillhalteklausel in Art. 13 ARB 1/80, wonach die Mitgliedstaaten keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen, wäre zwar auf den Kläger, der eine aufenthaltsrechtliche Stellung aus Art. 7 ARB 1/80 besaß, anzuwenden. Jedoch erscheint bereits fraglich, ob die auf den Zugang zum Arbeits- bzw. Binnenmarkt zugeschnittene Stand-Still-Klausel überhaupt Verfahrensregelungen bei der Aufenthaltsbeendigung erfasst (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.2013 - 1 B 22/12 - juris Rn. 13). Zudem stellt die Durchführung des Zulassungsverfahrens nach §§ 124 ff. VwGO keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Ausweisung dar, sondern lediglich eine spezielle Prozessvoraussetzung für die Einlegung der Berufung. Dies ergibt sich aus § 124 Abs. 1 VwGO, wonach den Beteiligten gegen Urteile die Berufung zusteht, wenn sie vom Verwaltungsgericht oder vom Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Schließlich betrifft der Wegfall des Berufungsverfahrens ohne vorherige Zulassung der Berufung nicht nur türkische Assoziationsberechtigte, sondern auch Unionsbürger in gleicher Weise. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht der Erlass oder Wegfall von Regelungen, die - wie hier - in gleicher Weise auf türkische Staatsangehörige und auf Gemeinschaftsangehörige Anwendung finden, nicht im Widerspruch zur Stillhalteklausel in Art. 13 ARB 1/80 (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20/11 - juris Rn. 34; U.v. 14.5.2013 - 1 C 13/12 - juris Rn. 23). Im Übrigen wäre die Aufrechterhaltung des generellen Berufungsverfahrens ohne vorherige Zulassung nur für türkische Staatsangehörige nicht mit dem Besserstellungsverbot des Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP - vereinbar, denn nach dieser Vorschrift darf der Türkei in den von diesem Protokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, wie sie die Mitgliedstaaten untereinander aufgrund des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft einräumen. Da das Zulassungsverfahren auch auf Unionsbürger in den Fällen, in denen es um den Verlust ihres Rechts auf Einreise und Aufenthalt geht, Anwendung findet, kann für türkische Staatsangehörige in deren Ausweisungsverfahren nichts anderes gelten. Daran ändert auch die vom Kläger im Zulassungsverfahren zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Z. (U.v. 8.12.2011 - Rs. C-371/08 - NVwZ 2012, 422) nichts. Denn auch wenn nach dieser Entscheidung für Unionsbürger und türkische Staatsangehörige ein unterschiedlicher Maßstab hinsichtlich der Ausweisung gilt, betrifft sie nur den materiell-rechtlichen Bezugsrahmen für die Aufenthaltsbeendigung für die jeweilige Gruppe von Ausländern. Das Urteil in Sachen Z. verlangt aber nicht einen im Hinblick auf das statthafte Rechtsmittel unterschiedlichen Beurteilungszeitpunkt für Unionsbürger und türkische Assoziationsberechtigte.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Verschlechterungsverbot des Art. 13 ARB 1/80 wohl nicht dazu führen würde, die Vorschriften über die Zulassung der Berufung auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige überhaupt nicht anzuwenden und für diese in ausländerrechtlichen Streitigkeiten ausschließlich ein Berufungsverfahren durchzuführen. Denn hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, den der Kläger allein thematisiert, wäre auch denkbar, diesen Zeitpunkt hinsichtlich der während des Zulassungsverfahrens noch eintretenden neuen Umstände bis zur Entscheidung im Zulassungsverfahren hinauszuschieben. Dies wird aber weder geltend gemacht noch sind - wie bereits oben ausgeführt - bis zu einem womöglich bis zur Entscheidung des Senats verlagerten Zeitpunkt Gründe vorgetragen worden, die im Fall des Klägers zu einer anderen Beurteilung führen könnten als zum Zeitpunkt des Ablaufs der Zulassungsbegründungsfrist.

2. Der Senat hat auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

2.1. Der Kläger rügt insbesondere, entgegen den Voraussetzungen, die der Europäische Gerichtshof für die Ausweisung eines türkischen assoziationsberechtigten Staatsangehörigen nach Art. 14 ARB 1/80 für erforderlich ansieht, habe das Verwaltungsgericht in seinem Urteil die positiven Ansätze des Klägers vollkommen außer Betracht gelassen und insbesondere die Mitwirkungsbereitschaft des Klägers und in naher Zukunft anstehende Therapien und Trainings nicht hinreichend berücksichtigt.

Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers auch zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellte, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Diese Feststellung des Verwaltungsgerichts wird auch mit dem Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Die konkrete Gefahr der Wiederholung vergleichbarer Straftaten besteht auch unter Berücksichtigung der im Zulassungsantrag aufgeführten positiven Ansätze des Klägers weiter. Ausgehend von einem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 16 m. w. N.; BayVGH, U.v. 25.3.2014 -10 BV 13.484 - juris Rn. 27) ist das Erstgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Einschätzung gelangt, dass unter Berücksichtigung der Gesamtumstände beim Kläger mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Wiederholung entsprechend schwerer Straftaten, insbesondere im Bereich der Körperverletzungsdelikte, bestehe. Es hat dabei - ebenso wie der Beklagte im Bescheid vom 18. Dezember 2008 - sowohl die Tatumstände, die Persönlichkeitsstruktur des Klägers, dessen Perspektivlosigkeit und die mangelnde therapeutische Aufarbeitung seines Sucht- und Aggressionspotentials als auch sein Verhalten nach der Ausweisung gewürdigt und in seine Entscheidung einbezogen. Aufgrund der zahlreichen erheblichen Körperverletzungsdelikte, die der Kläger seit seinem 16. Lebensjahr begangen hat und deretwegen er zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden ist, bevor er zuletzt vom Landgericht Augsburg mit Urteil vom 16. Februar 2012 wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung (der Kläger hat mit einer Schreckschusswaffe eine Spielhalle überfallen) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt worden ist, ist bei ihm von einem erheblichen Aggressionspotential auszugehen, das er bislang nicht überwunden hat. Denn zahlreiche von ihm begangene Delikte hingen mit seiner Alkoholabhängigkeit zusammen, die nach wie vor nicht hinreichend behandelt ist. Zudem blickt der Kläger auf eine langjährige „Drogenkarriere“ zurück. Deshalb bedarf es nach Einschätzung des von der Strafkammer des Landgerichts Augsburg beigezogenen Sachverständigen, dem sich das Verwaltungsgericht angeschlossen hat, sowohl einer Drogen- als auch einer Alkoholtherapie. Im genannten Strafurteil wird überzeugend ausgeführt, dass vom Kläger unbehandelt in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Straftaten zu erwarten seien und deshalb sowohl seine Alkohol- als auch seine Drogensucht zuerst bekämpft werden müssten. Davon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die erfolgreiche Absolvierung dieser Therapien zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr ist (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 26.11.2013 -10 ZB 13.1873 - juris Rn. 7). Für die danach anzustellende Gefahrenprognose kommt es aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob dieser für eine neue Therapie vorgesehen ist, ob er seine Persönlichkeitsproblematik behandeln lassen und ob er ein Angebot einer Teilnahme an einem Aggressionstraining annehmen wird sowie auch nicht, dass Maßregelvollzug und Therapie für die Zukunft vorgesehen sind. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass der bloße Wille zur Durchführung einer künftigen Therapie nicht ausreicht, um vorhandene Handlungs- und Verhaltensmuster dauerhaft zu korrigieren und dass auch ein Wohlverhalten in der Haft, wie der Kläger dies meint, nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung schließen lässt. Dies gilt erst recht beim Kläger, der bereits einmal ab 30. Januar 2008 im Bezirkskrankenhaus P. eine Drogentherapie durchgeführt hat, dort erhebliche Fortschritte gemacht hat und aufgrund mehrerer positiver Stellungnahmen des Bezirkskrankenhauses im Juli 2009 beurlaubt worden ist. Bereits im Oktober 2009 wurde bei ihm ein Rückfall festgestellt und die zunächst vorgeschlagene Entlassung auf Bewährung zurückgezogen. Aber auch nach Fortführung der Therapie und Entlassung zur Bewährung ab Mai 2010 ist es dem Kläger nur vier Monate lang gelungen, drogen- und alkoholfrei zu leben. Vor seiner nächsten Inhaftierung im Juli 2011 hat er ausweislich der Akten täglich eine Flasche Schnaps bzw. Wodka sowie ein bis drei Gramm Kokain konsumiert. Damit zeigen die konkreten Umstände beim Kläger deutlich, dass bei ihm nicht einmal der Abschluss einer Therapie ausreicht, um ihn dauerhaft von seiner Alkohol- und Drogensucht abzuhalten. Damit kommt aber auch dem Umstand, dass er eine Drogentherapie durchführen will und seine Persönlichkeitsproblematik behandeln möchte, sowie seiner angeblichen Mitwirkungsbereitschaft an sonstigen Therapien und Trainings nur eine untergeordnete Bedeutung zu, da der Kläger damit zwar durchaus positive Ansätze zeigt, diese jedoch nach den bisherigen Erfahrungen mit ihm keinerlei Indiz dafür sind, dass tatsächlich seine Suchtprobleme und seine Persönlichkeitsproblematik in Zukunft erfolgreich überwunden werden können.

Aus demselben Grund kommt auch aktuellen positiven Führungsberichten der Justizanstalt keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da solche auch früher schon vorlagen, der Kläger aber nach seiner ersten Beurlaubung und nochmals nach der Entlassung aus der Haft immer wieder in sein früheres Suchtverhalten zurückfiel und erneut schwere Straftaten begangen hat. Im Übrigen zeigt auch der Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt K. vom 5. Februar 2013, dass der Kläger sich disziplinarisch nicht ordnungsgemäß verhält. Er musste geahndet werden, weil er Alkohol hergestellt hat. Aus dem Bericht geht hervor, dass beim Kläger nach wie vor eine ernstzunehmende Alkohol- und Drogenproblematik vorliege.

Zur Beurteilung der Gefahrenprognose musste das Verwaltungsgericht auch keine weiteren Stellungnahmen oder Sachverständigengutachten als die bereits vorliegenden einholen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu bereits in seinem Beschluss vom 4. Mai 1990 (1 B 82/89 - juris - Rn. 7; st. Rspr..) ausgeführt, dass insbesondere in Fällen wiederholter Straftaten die Prüfung der Frage, ob eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegenwärtig noch besteht, grundsätzlich nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordere, da sich das Gericht mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen bewege, die dem Richter allgemein zugänglich seien. Eine Ausnahme komme nur in Betracht, wenn die Prognose die Feststellung oder Bewertung von Umständen voraussetze, für die eine dem Richter nicht zur Verfügung stehende Sachkunde erforderlich sei, wie z. B. bei Vorliegen eines seelischen Leidens. Dass ein solcher Fall beim Kläger vorliege, wird aber weder im Zulassungsantrag behauptet noch ist dies sonst ersichtlich.

2.2. Auch das Vorbringen des Klägers, die Ausweisung sei unter Berücksichtigung des Schutzes seines Privat- und Familienlebens und der Tatsache, dass er sich bereits seit seiner Geburt im Bundesgebiet aufhalte, nicht verhältnismäßig, vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht zu begründen.

Das Verwaltungsgericht - und ebenso der Beklagte im angefochtenen Bescheid - hat im angegriffenen Urteil bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung sämtliche Aspekte berücksichtigt, die nach der Rechtsprechung, insbesondere des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, als Kriterien bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung heranzuziehen sind. Es hat dabei insbesondere auf die Vielzahl von Straftaten abgestellt, bei denen der Kläger ein hohes Gewalt- und Aggressionspotential gezeigt hat, und berücksichtigt, dass er erforderliche Therapien nicht abgeschlossen hat, sondern bereits mehrfach beim Versuch, eine Therapie zu durchlaufen, letztendlich gescheitert ist. Es hat ebenfalls in sein Prüfprogramm eingestellt, dass der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und seine engere Familie hier lebt, aber auch darauf hingewiesen, dass damit eine Ausweisung nicht schlechthin untersagt sei. Schließlich hat es auch die Zumutbarkeit der Rückkehr des Klägers in das Land seiner Staatsangehörigkeit in seine Erwägungen einbezogen. Dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung dieser Umstände zum Ergebnis gelangt ist, die Ausweisung des Klägers sei verhältnismäßig, ist nicht zu beanstanden.

Insbesondere erweist sich der Einwand des Klägers im Zulassungsverfahren, eine Ausweisung sei dann unverhältnismäßig, wenn der Ausländer außer seiner Staatsangehörigkeit keine Bindungen mehr zu seinem Herkunftsland seiner Eltern besitzt, als nicht durchgreifend. Denn zum einen sind in die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht ausschließlich die Bindungen zum Herkunftsland einzustellen, sondern alle vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil (vgl. dazu dessen Rn. 49) genannten Gesichtspunkte als Kriterien heranzuziehen. Zudem trifft es nicht zu, dass der Kläger keine Bindungen mehr zur Türkei besitzt. So steht unwidersprochen fest, dass der Kläger die türkische Sprache beherrscht und sich nach eigenen Angaben (vgl. Niederschrift des VG Augsburg v. 6.3.2013) etwa alle zwei oder drei Jahre für mehrere Wochen zum Zwecke des Besuchs von Verwandten in der Türkei aufgehalten hat. Damals hat der Kläger auch ausgesagt, die Schwestern seiner Mutter lebten noch in der Türkei. Dass er sich zuletzt im Jahr 2006 in der Türkei aufgehalten hat, beruht offensichtlich auf seinen langjährigen Freiheitsstrafen, die er seit 2007 verbüßen musste. Auch trifft die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei fest im türkischen Kulturkreis verwurzelt, bereits deshalb zu, weil er selbst ausgesagt hat, dass innerhalb der Familie immer noch Türkisch gesprochen werde und er in der Türkei noch familiäre Bindungen besitze. Zudem ergibt sich aus den Akten, dass er auch in der Justizvollzugsanstalt im Wesentlichen Kontakt zu türkischen Landsleuten gehalten hat (vgl. z. B. Führungsbericht der JVA K. vom 5.2.2013). Im Übrigen kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Kläger nach Überzeugung des Erstgerichts noch fest im türkischen Kulturkreis verwurzelt ist, sondern allein darauf, wie weit er Bindungen zum Heimatstaat hat, insbesondere dessen Sprache beherrscht und womöglich eine familiäre Anlaufstelle in der Türkei besitzt.

Insbesondere greift der Einwand des Klägers nicht, dass eine Ausweisung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch bei langjährigen Verurteilungen zu Haftstrafen ohne Bewährung als unverhältnismäßig i. S. des Art. 8 Abs. 2 EMRK anzusehen sei, wenn der Ausländer seit vielen Jahren im Inland lebe. Die von ihm aufgezählten Entscheidungen können bereits deshalb nicht mit dem Fall des Klägers verglichen werden, weil jenen andere Sachverhalte zugrunde lagen. So war etwa im Fall Mehemi (EGMR, U.v. 26.9.1997 -Nr. 85/1996/704/896, Mehemi/Frankreich - InfAuslR 1997, 430) entscheidungserheblich, dass der dortige Kläger im Gegensatz zum vorliegenden Fall verheiratet und Vater dreier französischer Kinder war. Auch der Kläger im Fall Beldjoudi (EGMR, U.v. 26.3.1992 - Nr. 55/1990/246/317, Beldjoudi - InfAuslR 1993, 86) war mit einer französischen Staatsangehörigen verheiratet und hatte lange Zeit selbst die französische Staatsangehörigkeit besessen und diese lediglich aufgrund dessen, dass seine Eltern keine Beibehaltungserklärung abgegeben hatten, verloren. Zudem hatte er im Wesentlichen (nur) Vermögensdelikte begangen, stammte aus einem französischen Gebiet in Algerien und sprach kein Arabisch. Er lebte 40 Jahre lang in Frankreich. Auch die Rechtssache Moustaquim (EGMR, U.v. 18.2.1991 - Nr. 31/1989/191/291, Moustaquim/Belgien - InfAuslR 1991, 149) unterscheidet sich wesentlich vom Fall des Klägers. Zwar kannte auch der dortige Kläger sein Heimatland nur von Urlaubsreisen, er hat aber die ihm vorgeworfenen Straftaten als Jugendlicher begangen, und zwar alle innerhalb einer kurzen Zeitspanne von nur elf Monaten, und befand sich deswegen nur 16 Monate in Haft. Schließlich ist auch die Rechtssache Lamguindaz (Europäische Kommission für Menschenrechte, Bericht an den Ministerausschuss v. 13.10.1992 - Nr. 16152/92, Lamguindaz/Vereinigtes Königreich - InfAuslR 1995, 133) nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers zu wecken, denn der dort Betroffene hat zumeist nur geringfügige Vergehen begangen, die nur leichte Strafen, zum Teil auf Bewährung, nach sich zogen. Auch die Bezugnahme auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 25.10.2000 - 24 CS 00.2611 - juris) führt nicht weiter, denn für die im Eilverfahren getroffene Abwägungsentscheidung war in erster Linie maßgebend, dass der Antragsteller „eher zufällig“ Franzose war, nicht die französische Sprache beherrschte und lediglich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt war. Eine Entscheidung über die Ausweisung wurde nicht getroffen, sondern lediglich weiterer Aufklärungsbedarf im Hauptsacheverfahren festgestellt. Schließlich ergibt sich aus den vom Kläger zitierten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 1997 (BVerwG 1 C 17.94 - InfAuslR 1997, 296) und vom 29. September 1998 (BVerwG 1 C 8/96 - InfAuslR 1999, 54) nichts anderes, denn nach diesen Entscheidungen kommt zwar eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung praktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Ein solcher Fall liegt hier aber gerade nicht vor. Im Übrigen widerspricht sich der Kläger mit seiner Argumentation im Zulassungsverfahren, wenn er ausführt: „Diese Schwierigkeiten sind bei einem in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Ausländer in aller Regel weit größer als für einen Ausländer der sog. ersten Generation, dem Sprache und die Verhältnisse seines Heimatlandes vertraut sind.“ Gerade diese türkischen Sprachkenntnisse besitzt aber der in Deutschland geborene und aufgewachsene Kläger.

2.3. Der Kläger macht weiter geltend, ihm sei die Trennung von seiner Familie nicht zuzumuten. Die staatliche Pflicht zum Schutz des Familienlebens ergebe sich aus Art. 8 EMRK. Der Familienschutz bestehe auch für Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen. Zwar ist die Argumentation des Klägers, Art. 8 EMRK schütze auch die Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern, vom Ansatz her zutreffend (vgl. EGMR, U.v. 23.6.2008 - Nr. 1638/03, Maslov II - InfAuslR 2008, 333), jedoch verkennt er, dass das Recht des Klägers auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK die Ausweisung nicht von vornherein verhindert, sondern eine Abwägung der besonderen Umstände des Betroffenen und des Allgemeininteresses im jeweiligen Einzelfall erfordert (vgl. EGMR, U.v. 13.10.2011 - Nr. 41548/06, Trabelsi - juris Rn. 53). Diese Abwägung hat das Verwaltungsgericht fehlerfrei vorgenommen.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den beiden von ihm genannten Entscheidungen einen anderen Maßstab bei der Auslegung von Art. 8 EMRK angelegt habe und sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts daher als europarechtswidrig erweise. Denn beiden Entscheidungen (EGMR, U.v. 11.7.2002 - Nr. 56811/00, Amrollahi -InfAuslR 2004, 180 und EGMR, U.v. 18.10.2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande -NVwZ 2007, 1279) liegt ein wesentlich anderer Sachverhalt zugrunde als im vorliegenden Fall. In beiden Fällen war der Betroffene nämlich mit einer Staatsangehörigen des Staates, aus dem er ausgewiesen werden sollte, verheiratet, lebte mit dieser zusammen und hatte zudem jeweils zwei Kinder, die die Staatsangehörigkeit der Mutter hatten, aber keinerlei Beziehung zur Staatsangehörigkeit des Betroffenen. Demgegenüber hat der Kläger keine eigene Familie. Er ist weder verheiratet noch hat er Kinder. Das Verwaltungsgericht ist dennoch wegen seiner engen Beziehungen zu seinen Eltern und seinen Geschwistern, die im Bundesgebiet leben, von einem besonders geschützten Familien- und Privatleben ausgegangen (vgl. Rn. 51 des angegriffenen Urteils). Es hat dann aber zutreffend ausgeführt, weshalb diese Bindungen nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung führen. Insbesondere ist dem erwachsenen, mittlerweile 28 Jahre alten Kläger, der nicht mehr auf die Fürsorge seiner Eltern angewiesen ist und auch sonst nicht auf den Beistand seiner Familie, die Rückkehr in sein Heimatland zumutbar. An diesem Abwägungsergebnis ändert auch die Behauptung des Klägers nichts, er habe keinen bzw. keinen engen Kontakt zu seinen in der Türkei lebenden entfernteren Verwandten und er sei auch nicht im türkischen Kulturkreis verwurzelt. Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Kläger zwar als sog. faktischer Inländer zu betrachten ist, seine Integration in die Verhältnisse des Bundesgebiets aber nicht so gewichtig ist, dass dies unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls der angefochtenen Ausweisungsentscheidung entgegenstehen könnte. Diese Einschätzung teilt auch der Senat.

3. Eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil solche Schwierigkeiten nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt wurden. Der Kläger hat sich vielmehr darauf beschränkt, das Vorliegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zu behaupten und pauschal auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu verweisen. Im Übrigen kann insoweit auf die Ausführungen zu 1. verwiesen werden. Die Frage, ob in Fällen von Ausweisungen türkischer Staatsangehöriger ohne ein vorgeschaltetes Zulassungsverfahren unmittelbar ein Berufungsverfahren durchzuführen ist, lässt sich anhand der Rechtsprechung, insbesondere auch des Bundesverwaltungsgerichts, ohne größere Schwierigkeiten beantworten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.