Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Juni 2016 - M 17 S 16.1243
nachgehend
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wird hinsichtlich Nr. 1 des Bescheides vom
II.
Der Antragsgegner und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Altkleidersammlung im Landkreis S..
Mit Schreiben vom
Mit Schreiben vom
Auf das Anhörungsschreiben des Landratsamtes vom
Mit Bescheid vom
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15. März 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhob die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 10. Februar 2016 und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vorliege, soweit das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde und gleichzeitig als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger fungiere. Zudem wurde im Detail begründet, aus welchen Gründen Alttextilien nicht unter den Abfallbegriff fielen. Bei dem Antragsgegner handele es sich darüber hinaus um kein nach Art. 106 Abs. 2 AEUV privilegiertes Unternehmen. Entgegenstehende öffentliche Interessen lägen nicht vor. Da Wertstoffhöfe an Sonn- und Feiertagen geschlossen seien, bedeuteten die am Straßenrand oder auf Parkplätzen von Supermärkten aufgestellten Container eine deutlich hochwertigere, im Sinne einer für den Verbraucher bequemere Erfassung. Indem der Antragsgegner auch andere Gegenstände, wie Fahrradhelme und Protektoren sammle, verstoße er gegen das Gebot der hochwertigen und vor allem getrennten Erfassung. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Abgabe von Gebrauchtkleidung von 12,5 kg pro Einwohner ergebe sich bei 131.218 Landkreiseinwohnern eine rechnerische Sammelmenge in Höhe von 1.640 t pro Jahr. Abzüglich der von dem Beigeladenen gesammelten Altkleidern (560 t) verblieben ca. 1.100 t, die eingesammelt werden könnten. Der Beigeladene schöpfe das Potential des Landkreises bei weitem nicht aus. Er unterlasse es auch, die jährlichen Steigerungsraten in der Sammlung von Alttextilien zu benennen. Hinzu komme, dass laut Antragsgegner gewerbliche Sammler auf öffentlichen Straßen und Plätzen keine Sammelplätze erhielten. Ausschließlich der Beigeladene erhalte diese hochfrequentierten im großen Maß vorhandenen Stellplätze. Bei Zugrundelegung eines Erlöses von 400,00 EUR pro Tonne fielen 160.000,00 EUR bei einem Gesamterlös des Beigeladenen von rund 13 Mio. EUR nicht ins Gewicht. Würde man heute der Antragstellerin die Sammlung untersagen, wäre ihr ein unwiederbringlicher Schaden entstanden, wenn das Bundesverwaltungsgericht in den beiden anhängigen Revisionsverfahren die Rechtslage zugunsten der Antragstellerin auslegen würde.
Mit Beschluss vom 15. März 2016
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bezüglich der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beigeladenen und der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin werde auf die in dem streitgegenständlichen Bescheid vom
Der Antragsgegner teilte auf gerichtliche Anfrage mit Schreiben vom
Der Beigeladene beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
den Antrag abzulehnen.
Im Jahr 2015 habe die Sammelmenge des Beigeladenen in Bezug auf Alttextilien 660 t betragen, im 1. Quartal 2016 177 t. Außerdem sei die Sammlung des Beigeladenen mittlerweile von 134 Sammelcontainern an 78 Standorten auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet worden. Im Weiteren wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Antragstellerin nicht vollständig dargelegt habe, dass die über ihre gewerbliche Sammlung erfassten Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Nach der Rechtsprechung des BayVGH sei eine lückenlose Kette des Verwertungsweges aufzuzeigen (BayVGH, U.v. 29.01.2015 - 20 B 14.666). Der gewerbliche Sammler müsse seine Vertragsverhältnisse mit einem Verwertungsunternehmen, das selbst über die erforderlichen Genehmigungen verfüge, offenlegen (OVG NW, U.v. 07.05.2015 - 20 A 2670/13). Nach wie vor fehle es an Angaben darüber, durch wen, an welchen Ort und auf welche Weise die aussortierten Abfälle entsorgt werden. Der allgemeine Hinweis auf die Firmengruppe ... sei nicht ausreichend. Zudem bestünden Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder den für die Leitung und Beaufsichtigung der gewerblichen Sammlung Verantwortlichen. Die Antragstellerin habe nicht nur unvollständige Angaben zur Verwertung gemacht, sondern auch falsche bzw. in jedem Fall unglaubwürdige Aussagen zu der zu erwartenden Sammelmenge, indem sie angegeben habe, mit 40 Sammelcontainern lediglich 39 t pro Jahr an Alttextilien sammeln zu wollen. Dies widerspreche dem Sammelergebnis des Beigeladenen von ca. 4,2 t pro Jahr pro Container. Die abfallrechtliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin betreffe nur das hiesige Anzeigeverfahren gem. § 17, 18 KrWG, nicht ihre Eigenschaft als Drittbeauftragte. Denn im Vergabeverfahren habe sie ihre Verwertung vollständig offengelegt. Der Beigeladene führe eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durch. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die ausführliche Darstellung des Beigeladenen in seiner Stellungnahme vom ... ... 2015 zu Qualität, Effizienz, Umfang, Dauer, Verwertung und gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit verwiesen. Derzeit sei die Antragstellerin mit der Durchführung der Sammlung beauftragt. Der Vertrag laufe zum ... ... 2016 aus, weshalb im ersten Halbjahr 2016 eine neue Ausschreibung stattgefunden habe. Derzeit werde ein Vergabeverfahren mit Veröffentlichungsnummer 2016/S023-036786 durchgeführt; die Angebotsöffnung habe am ... ... 2016 stattgefunden. Von der Antragstellerin sei ein Angebot abgegeben worden. Dass das dargelegte System des Beigeladenen zur Erfassung und Verwertung von Alttextilien den Anforderungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genüge, habe das VG München bereits bestätigt (VG München, U.v. 24.10.2013 - M 17 K 13.2189). Dem stehe nicht entgegen, dass der Beigeladene eine Sammlung im Bringsystem durchführe (OVG NW, U.v. 21.09.2016 - 20 A 2220/14). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die Sammlung an Wertstoffhöfen kein Minus zu denjenigen im Stadt- und Straßenbild aufgestellten Containern. An den Wertstoffhöfen könnten die Bürger unterschiedliche Abfälle, hierunter auch Alttextilien, unter Aufsicht abgeben. Zudem verfüge der Beigeladene auch über weitere 61 Standorte außerhalb von Wertstoffhöfen, die der Bevölkerung rund um die Uhr zugänglich seien. Auch der weitergehende Einwand der Antragstellerin, nämlich dass der Beigeladene das im Entsorgungsgebiet bestehende Potential an vorhandenen Alttextilien nicht ausschöpfe, gehe ins Leere. Selbst wenn es zutreffend wäre, dass pro Einwohner jährlich 12,5 kg Altkleidung anfielen und diese im Entsorgungsgebiet des Beigeladenen eine rechnerische Sammelmenge von rund 1.640 t pro Jahr ausmachten, stehe mit der Rechtsprechung fest, dass an den Ausbreitungsgrad keine allzu hohen Anforderungen gestellt würden (VG München, U.v. 07.11.2013 - M 17 K 13.6408,
Der Bevollmächtige der Antragstellerin teilte mit Schriftsatz vom
Unter dem ... ... 2016 teilte der Bevollmächtigte des Beigeladenen mit, dass entgegen der Darstellung des Beklagten der in der Liste vom ... ... 2016 auf S. 1 unter 10. angeführte Sammler seine nach Obsiegen mit Urteil vom 24. Oktober 2013 zulässige Sammlung mit einem Umfang von 0,30 Mg/Jahr auch weiterhin tatsächlich durchführe. Zudem würde auch die am ... ... 2016 neu angezeigte Sammlung (S. 2 der Liste unter 18.) mit einem Gesamtvolumen von 30 Mg/Jahr nach Ablauf der dreimonatigen Wartefrist unter die Kategorie „zulässig durchgeführte Sammlung“ fallen. Da die Antragstellerin keine Angaben dazu gemacht habe, in welchen Ortsteilen gesammelt werden soll, liege nicht nur wegen der Falschangabe von 40 Containern eine unrichtige, sondern auch eine unvollständige Anzeige im Sinne des Ordnungswidrigkeitentatbestandes gem. § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG vor. Der Antragstellerin könne zudem als Teil eines international agierenden Großkonzerns mit Sitz in der Schweiz „Verdrängungswirkung“ unterstellt werden. Selbst bei einer Containerzahl von 20 könne von einer Gesamtmenge von 80 Mg/Jahr ausgegangen werden. In einer vergleichbaren Angelegenheit gehe das OVG Nordrhein-Westfalen (B.v. 20.01.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 44) von 10 Mg/Jahr und Container aus. Schon im Hinblick auf den Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG („größtmöglicher Umfang“) bestehe keine Rechtfertigung, den Umfang der Sammlung der Antragstellerin auch noch kleinzurechnen. Schließlich wurde auf die am 18. April 2016 in Kraft getretene Vergaberechtsreform hingewiesen, die schon nach dem Rechtsgedanken der „Einheit der Rechtsordnung“ bei der Frage zu berücksichtigen sei, wann eine „wesentliche Beeinträchtigung“ i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG für ein „erhebliches Erschweren oder Unterlaufen einer Vergabe“ gegeben sei. Der Gesetzgeber gehe nach Maßgabe von § 132 Abs. 3 GWB grundsätzlich davon aus, dass bei Dienstleistungsaufträgen - wie sie auch die Entsorgung von Altkleidern darstelle - von einer wesentlichen Änderung, die zu einer Neuausschreibung verpflichtet, bereits bei 10% Abweichung auszugehen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
Der Antrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Antragstellerin begehrt sinngemäß die Aussetzung des Sofortvollzugs der Untersagungsverfügung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage insoweit bzw. durch Anordnung der nach Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids richtet.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides des Landratsamts vom
Die Begründung des Sofortvollzugs erfordert besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen. Eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist nicht ausreichend. Allerdings dürfen keine allzu hohen Anforderungen an die Begründungspflicht gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Die Begründung soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl. 1999, 465; VG Würzburg, B.v. 22.5.2013 - W 4 S 13.327 - juris Rn. 24).
Vorliegend hat das Landratsamt hinreichend einzelfallbezogen und insbesondere nicht nur floskelhaft dargelegt, dass es ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids annimmt: Die Anordnung des Sofortvollzugs sei zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallerfassung und -verwertung erforderlich. Eine geordnete und funktionierende Abfallwirtschaft sei ein öffentliches Gut von hoher Bedeutung. Insofern wäre es nicht vertretbar, die gewerbliche Sammlung so lange ausüben zu lassen, bis ein eventuelles Rechtsbehelfsverfahren abgeschlossen sei.
Diese Begründung macht deutlich, dass die Behörde sich den Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs vor Augen geführt hat, das Begründungserfordernis also seiner Warnfunktion gerecht geworden ist. Ob sie ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung zu Recht angenommen hat und die Begründung auch in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.
3. Die aufschiebende Wirkung der Klage war wiederherzustellen, da nach summarischer Prüfung die Klage der Antragstellerin, soweit sie sich gegen die Untersagungsverfügung richtet, voraussichtlich Erfolg haben wird, da davon auszugehen ist, dass Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 insoweit rechtswidrig ist.
Nach dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung. Sie entfällt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausnahmsweise dann, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird. Auszugehen ist davon, dass die grundsätzlich durch Widerspruch und Klage herbeigeführte aufschiebende Wirkung ein Wesensmerkmal gewährleisteten Verwaltungsrechtsschutzes ist. Ohne aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage würde der Verwaltungsrechtsschutz häufig hinfällig werden, weil bei einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes in vielen Fällen von der Verwaltung vollendete Tatsachen geschaffen würden, die auch dann nicht oder jedenfalls nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Betroffene mit seinem Rechtsmittel letzten Endes Erfolg hat. Die in der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe liegende Sicherung vorläufigen Rechtsschutzes gehört daher zu den wesentlichen Elementen des Rechtsschutzes überhaupt. Im Hinblick auf diese Gewährleistung ist für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentlichen Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgehen muss, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2013 - 20 AS 13.700 - juris Rn. 20 m. w. N.).
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen, sofern das Interesse des Betroffenen, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsakts bis zur Klärung seiner Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung übersteigt. Das Gericht hat hierbei nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der danach erforderlichen Abwägung der Interessen sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen, soweit sie bei summarischer Prüfung bereits im Zeitpunkt der Entscheidung beurteilt werden können. Summarische Prüfung im Rahmen eines Eilverfahrens bedeutet insbesondere, dass eine umfassende Beweisaufnahme nicht durchgeführt wird, sondern dem Klageverfahren vorbehalten bleiben muss. Ergibt die Überprüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer reinen Interessenabwägung.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsanordnung überwiegt. Nach derzeitiger Aktenlage spricht viel dafür, dass sich der Bescheid des Antragsgegners vom 10. Februar 2016 - bei der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung - als rechtswidrig erweisen und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In der Konsequenz war auch der Vollzug von Nr. 3 des Bescheids auszusetzen (s.u. 4.).
3.1. Formell dürfte die Untersagung nicht zu beanstanden sein.
3.1.1. Die Antragstellerin wurde vor dem Erlass mit Schreiben vom
3.1.2. Das Landratsamt S. war als Kreisverwaltungsbehörde für Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG gemäß Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) i. d. F. d. Bek. v. 7.11.2005 (GVBl S. 565; BayRS 2129-2-1-1-UG), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Januar 2015 (GVBl S. 5), sowie Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO), und damit für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagung zuständig.
Durch die Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Landratsamts ist das Neutralitätsgebot nicht verletzt. Gemäß Art. 37 Abs. 1 LKrO ist das Landratsamt Kreisbehörde und, soweit es rein staatliche Aufgaben wahrnimmt, Staatsbehörde (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2013 - 20 ZB 13.805 - juris Rn. 5). § 4 Abs. 1 Nr. 2 AbfZustV ermächtigt die Kreisverwaltungsbehörde als Staatsbehörde und nicht den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Das Landratsamt als eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen und insoweit „von Amts wegen“ Neutralität zu wahren. Es ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht sowie gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, U.v. 18.3.2009 - 9 A 39/07 - NvWZ 2010, 44 f.; VG Würzburg, B.v. 6.6.2013 - W 4 S 13.441 - juris Rn. 29,
3.2. Bei summarischer Prüfung wird die Untersagungsverfügung (Nr. 1 des Bescheides vom
3.2.1. Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG. Hiernach ist eine angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) einer ordnungsgemäßen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG) und schadlosen (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG) Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Wann öffentliche Interessen entgegenstehen, ist wiederum in § 17 Abs. 3 KrWG geregelt.
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ist wegen des Charakters der Untersagung als Dauerverwaltungsakt derjenige der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, B.v. 24.7.2012 - 20 CS 12.841 - juris Rn. 25).
b) Die §§ 17, 18 KrWG sind mit höherrangigem Recht vereinbar.
Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können (BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154/163 Rn. 36). Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zugunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 10).
Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar (ständige Rechtsprechung der Kammer, zuletzt VG München, U.v. 9.7.2015 - M 17 K 14.1415). Zwar stellen die gesetzlichen Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit dar (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85). Diese sind jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerseite nach Art. 106 Abs. 2 AEUV europarechtlich gerechtfertigt. Die Kammer verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die eingehenden Ausführungen des VGH Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - DVBl 2013, 1537 - juris Rn. 12 ff.) betreffend die Entsorgung von Alttextilien. Danach stellt die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV dar, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann. Die damit verbundenen Beschränkungen der europarechtlich gewährten Freiheiten sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gerechtfertigt, soweit andernfalls die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet ist oder jene Rechte zur wirtschaftlich annehmbaren Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Indem § 17 Abs. 3 KrWG den Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert, wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG den europarechtlichen Anforderungen gerecht. Die Vorschrift sieht auch keine europarechtswidrige pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor, sondern stellt die Einräumung exklusiver Rechte unter den Vorbehalt der „Erforderlichkeit“. Durch die Ausnahmetatbestände wird der Möglichkeit gewerblicher Sammlungen nach Maßgabe der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt. § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG sind dabei restriktiv, d. h. europarechtskonform auszulegen, damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen wird.
3.2.2. Die Vorschriften der §§ 17 und 18 KrWG sind entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch auf die gewerbliche Sammlung von Alttextilien anwendbar, denn nach einhelliger Meinung handelt es sich bei den fraglichen Alttextilien um „Abfall“ im Rechtssinne (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG) (VG München, U.v. 10.04.2014 - M 17 K 12.6238 - UA S. 13; OVG NW, U.v. 21.09.2015 - 20 A 2219/14 - juris Rn. 55 ff.; OVG NW, B.v. 20.01.2014 - 20 B 331/13 - NWVBl. 2014, 300; VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 27.11.2014 - 17 L 2471/14 - juris Rn. 37; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174). Die von der Antragstellerin vorgetragenen Argumente mögen bei einer Weitergabe von Altkleidern beispielsweise an „Second-Hand-Shops“ oder an Kleiderkammern karitativer Einrichtungen zum Tragen kommen; werden Alttextilien - wie hier vorgetragen - jedoch in Sammelcontainer gegeben, liegt eine „Entledigung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG vor, weil nach der Aufgabe der Sachherrschaft über die Alttextilien lediglich eine bloße Hoffnung auf Wiederverwendung der Gegenstände nach einem Sortierungsprozess besteht (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - DVBl 2013,1517 Rn. 29 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154 zu § 13 KrWG-/AbfG; OVG NW, B.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 11). Soweit vorgetragen wird, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmer ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände, denn diese Motive geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll. Der von der Antragstellerin angeführten Forsa-Umfrage kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Der Abgebende gibt mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhen in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf (vgl. im Einzelnen OVG NW, B.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 13 ff.). Soweit ersichtlich, wird in den meisten Gerichtsentscheidungen zur gewerblichen Sammlung von Alttextilien aus Haushalten stillschweigend von der Abfalleigenschaft ausgegangen und diese daher nicht weiter begründet und schon nicht bezweifelt.
3.2.3. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen (§ 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG). Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vorausgesetzt. Nach übereinstimmender Auffassung (OVG NW, U.v. 07.05.2015 - 20 A 316/14 - juris Rn. 45 ff.; NdsOVG, B.v. 17.05.2016 - 7 ME 43/16 - juris) beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nach den zu § 35 Gewerbeordnung - GewO - entwickelten Grundsätzen (s. z. B. VGH BW, B.v. 04.03.2014 - 10 S 1127/13 - GewArch 2014, 245). Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d. h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z. B. BVerwG, U.v. 02.02.1982 - 1 C 146/80 - NVwZ 1982, 503; OVG RhP,
Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und 14 Grundgesetz - GG - insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG NW, B.v. 19.07.2013 - 20 B 607/13 - juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, B.v. 25.06.2013 - 5 V 2112/12 - juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.02.2015 - 9 K 2303/13 - juris).
Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, B.v. 25.06.2013 - 5 V 2112/12 - juris). Soweit der Antragsgegner die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin jedoch daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, indem sie nicht nur unvollständige Angaben zur Verwertung, sondern auch falsche bzw. in jedem Fall unglaubwürdige Aussagen zu der zu erwartenden Sammelmenge gemacht habe, vermag das Gericht dem gemessen an den dargestellten Anforderungen nicht zu folgen.
Gleichwohl der Anzeige u. a. Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen sind, stehen die von der Antragstellerin getätigten Angaben ihrer Zuverlässigkeit nicht entgegen. Bereits in der Anzeige der gewerblichen Sammlung vom 3. September 2015 gab die Antragstellerin an, mittels 20 Containern im Landkreis S., mit einer Jahressammelmenge von ca. 39 t eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen durchführen zu wollen (vgl. Übersicht über das geplante Sammlungsgebiet, Bl. 9 BA). Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 stellte der Bevollmächtigte der Antragstellerin klar, dass eine Sammlung nicht mit einer Anzahl von 40 Containern, sondern mit 20 Containern durchgeführt werde. Es liegt auf der Hand, dass aus der versehentlichen Nennung einer höheren Containeranzahl keine Unzuverlässigkeit abgeleitet werden kann. Auch die Angabe über die Sammelmenge erfüllt den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG. Denn diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Unabhängig davon, wieviele Tonnen pro Container realistischerweise angesetzt werden können, ist durch die getätigten Angaben der Antragstellerin eine Prüfung der rechtlichen Voraussetzung jedenfalls möglich. Im Übrigen dürfte die konkrete Sammelmenge in der Tat maßgeblich von dem Standort des jeweiligen Containers abhängen. Die Erfahrung aus parallelen Gerichtsverfahren zeigt zudem, dass in weit überwiegendem Ausmaß im Durchschnitt ca. 2t /Container von gewerblichen Sammlern angesetzt werden (VG München, U.v. 21.05.2015 - M 17 K 14.392 - UA S. 22). Auch die Angaben zu dem Verwertungs- und Entsorgungsweg stehen der Zuverlässigkeit nicht entgegen, da dieser in ausreichendem Umfang dargelegt wurde (s. dazu 3.2.4.)
Der Beilgeladene geht auch fehl in der Annahme, dass die Antragstellerin verpflichtet wäre, zusätzlich zu der vorgelegten gemeindebezogenen Standortliste (Bl. 9 BA) anzugeben, in welchen konkreten Ortsteilen, ggf. mit adressgenauer Standortbezeichnung, gesammelt werden soll, und daher eine unrichtige und unvollständige Anzeige vorliegen würde (VG München, U.v. 11.6.2015 - M 17 K 14.4616 - UA S. 27 ff.). Zwar führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem
Der Antragstellerin ist weiter zuzugestehen, dass allein die Anzeige einer gewerblichen Sammlung parallel zum laufenden kommunalen Auftrag, die womöglich - so jedenfalls vom Beigeladenen vorgetragen - eine Verletzung des bilateralen Vertragsverhältnisses (§ 241 BGB) ist, über das dem Gericht keinerlei Unterlagen vorliegen, noch keine für eine Untersagung ausreichende Zuverlässigkeitsbedenken rechtfertigt. So ist eine Negativprognose nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil die Antragstellerin wohl auch mit Blick auf das endende Vertragsverhältnis am 30. Juni 2016 ihre unternehmerischen Ziele verfolgt. Sollte sich die Antragstellerin mit ihrem Geschäftsgebaren vertragswidrig gegenüber dem Beigeladenen verhalten, so stünden diesem ausreichend zivilrechtliche Möglichkeiten zu, gegen diese Obliegenheitsverletzung vorzugehen. Bedenken jedenfalls, die ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG NW, B.v. 19.07.2013 - 20 B 607/13 - juris), sind in dem Verhalten der Antragstellerin augenscheinlich nicht ersichtlich. Dass bei prognostischer Betrachtung gerade keine Gefahr besteht, dass es im Fall der Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird und die Antragstellerin die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, B.v. 25.06.2013 - 5 V 2112/12 - juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.02.2015 - 9 K 2303/13 - juris), stellt auch der Beigeladene grundsätzlich nicht in Abrede (Schreiben des Beigeladenen vom 5. November 2015, Bl. 39 BA). Schließlich übernimmt die Antragstellerin derzeit für ihn (noch) die Sammlung und Verwertung im Rahmen einer Drittbeauftragung.
3.2.4. Die Untersagung kann auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt werden: Die Untersagung einer Sammlung wäre nach dieser Vorschrift zulässig, wenn die von der Antragstellerin gesammelten Abfälle keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Nach § 17 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG), und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG). Diese Voraussetzungen sind von der Antragstellerin detailliert, transparent und nachvollziehbar nachzuweisen (BayVGH, B.v. 24.7.2012 - 20 CS 12.841 - juris Rn. 28; VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 34;
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehen keine Zweifel daran, dass die von der Antragstellerin erfassten Alttextilien einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Das Landratsamt hat seinen Bescheid auch nicht auf eine nicht ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle gestützt.
Der Vortrag des Beigeladenen, dass es nach wie vor an Angaben darüber fehle, durch wen, an welchen Ort und auf welche Weise die aussortierten Abfälle entsorgt würden, ist nicht geeignet, die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der durch die Antragstellerin gesammelten Abfälle infrage zu stellen.
Die Antragstellerin hat mit ihrer konkretisierten Anzeige vom 3. September 2015 und in ihrem Schreiben vom 3. Februar 2016 die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihr erfassten Altkleider ausreichend detailliert und nachvollziehbar dargelegt. Enthalten sind insbesondere Angaben zum Sammelunternehmen der Antragstellerin als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb für das Handeln und Vermitteln sowie zum Abnehmer als Betreiber einer Anlage zum Sortieren und Verpacken von Alttextilien. Der Darstellung der Verwertungswege ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Weitere Angaben sind vor dem Hintergrund, dass es sich bei Alttextilien und -schuhen nicht um gefährliche Abfälle handelt, nicht erforderlich (VG München, U.v. 10.4.2014 - M 17 K 12.6238). Hinzu kommt auch hier, dass die Antragstellerin derzeit als von der Beigeladenen drittbeauftragtes Unternehmen mit der Sammlung der Alttextilien und -schuhe im Landkreis beauftragt ist. Falls die Abfälle keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden sollten, wären wohl Maßnahmen seitens des Beigeladenen zu erwarten, um die Antragstellerin zu veranlassen, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Im Übrigen hat zwar der BayVGH in seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 29. Januar 2015 (Az. 20 B 14.666 - juris) entschieden, dass die Regelung des § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG gebietet, eine lückenlose Kette des Verwertungsweges aufzuzeigen, also vom Einsammeln bis zum Abschluss der Verwertung. Hierbei ist aber auch die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit zu berücksichtigen. Im Hinblick auf eine einheitliche Vollzugspraxis in Bayern ist im gegebenen Fall bei der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage, welche Voraussetzungen an die Darlegung des Verwertungsweges und der ordnungsgemäßen Verwertung gestellt werden, nach der Rechtsprechung des BayVGH jedenfalls kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sammlungsuntersagung durch das Landratsamt gegeben (so BayVGH, B.v. 09.11.2015 - 20 CS 15.1971 - juris Rn. 4 ff).
3.2.5. Der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin stehen nach summarischer Prüfung auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen:
Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG wäre dies der Fall, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist wiederum anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Nummern 1 und 2 gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.
a) Dass die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG), hat der Antragsgegner nicht dargetan. Für eine derartige „Verhinderung“ wäre - auch im Hinblick auf die Europarechtskonformität - eine Analyse und Bewertung der tatsächlichen konkreten Auswirkungen der gewerblichen (und ggf. gemeinnützigen) Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unerlässlich, wobei auf die gesamten Entsorgungspflichten i. S. des § 20 KrWG und nicht nur auf die hier relevante Fraktion der Alttextilien abzustellen ist. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nur vereinbar, wenn die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleibt und die Prüfung im Einzelfall erfolgt. Ein Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung ist im Hausmüllbereich nach geltendem Recht nicht vertretbar, sondern es muss zur Sicherung der Europarechtskonformität eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden, um eine Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen bejahen zu können (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 31 ff.;
b) Vorliegend ist aber auch nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG) auszugehen. Es greift keine der Vermutungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein.
aa) Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG besteht für den Fall, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe oder sonst hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die gewerbliche Sammlung nicht wesentlich leistungsfähiger ist, eine Vermutung für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten (§ 17 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 KrWG).
(1) Der Beigeladene hielt zum Zeitpunkt der Anzeige im September 2015 im Landkreisgebiet 134 Sammelcontainer an 78 Standorten (mittlerweile auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet) auf oder nahe den bestehenden Wertstoffinseln und -höfen für Glas, Metalle und Kunststoffe vor. Damit ist wohl eine haushaltsnahe (vgl. VG Köln, B.v. 25.1.2013 - 13 L 1796/12 - juris Rn. 9), zumindest aber eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Alttextilien zu bejahen.
Dem Beigeladenen ist insoweit beizupflichten, dass eine Beeinträchtigung der Erfassung und Verwertung dadurch, dass u. a. auch Fahrradhelme und Protektoren in die Container des Drittbeauftragten eingeworfen werden dürfen, nicht stattfindet, da derartige Gegenstände einfach und bereits bei der Entleerung des Sammelcontainers aussortiert werden können. Die Erfassung von Fahrradhelmen und Protektoren spricht damit eher für die Hochwertigkeit der Sammlung, da diese Gegenstände für die Wiederverwendung zusätzlich vorbereitet werden. Nach unwidersprochener Darstellung des Beigeladenen sei das Portfolio zudem auf den ausdrücklichen Wunsch der Antragstellerin in ihrer Funktion als drittbeauftragtes Unternehmen erweitert worden, worüber eine diesbezügliche Abstimmung letztmals am 27. Oktober 2014 im Haus des Beigeladenen stattgefunden habe.
In derartigen Fällen einer hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Alttextilien besteht aber eine widerlegliche Vermutung für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten (§ 17 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 KrWG - vgl. OVG NW, U.v. 21.9.2015 - 20 A 2120/14 - juris Rn. 75 und 82).
Nach der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung des § 17 KrWG (vgl. amtliche Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 17/7505, S. 44)) ergibt sich ein klares Auslegungsergebnis, wonach überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe, hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Antragstellerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist. Das so gewonnene Auslegungsergebnis bedarf nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 10.2.2015 - 20 B 14.710 - juris Rn. 23 ff., 29), unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16.08 - BVerwGE 134, 154) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG B.v. 28.8.2014 - 2 BvR 2639/09 - NVwZ 2015, 52), auch keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV (so auch OVG NW, U.v. 21.9.2015 - 20 A 2120/14 - juris Rn. 119-150).
(2) Gleichwohl erfordert auch der Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG eine einschränkende Auslegung. Deswegen genügt nicht jede geringfügige Auswirkung der gewerblichen Sammlungen auf die haushaltsnahe Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Folglich bedarf es nach wie vor einer Betrachtung und Bewertung der Umstände des Einzelfalls (BayVGH, U.v. 10.02.2015 - 20 B 14.710 - juris Rn. 30).
Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG kommt es dabei nicht darauf an, welche Auswirkungen allein die Sammlung der Antragstellerin auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. den von diesem beauftragten Dritten hat, sondern es ist auf das Zusammenwirken mit anderen (gewerblichen) Sammlungen abzustellen, das heißt, es kommt auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43).
Es ist auch nicht auf das Verhältnis der Sammlung von Alttextilien durch die Antragstellerin (und weitere gewerbliche Sammler) zum Gesamtabfall im Landkreisgebiet abzustellen, sondern allein auf die Abfallfraktion der Alttextilien. Denn durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird nicht nur das Sammlungssystem des öffentlich-rechtlichen Trägers im Allgemeinen, sondern es werden auch gesondert betriebene Sammlungs- und Verwertungssysteme für bestimmte Abfallfraktionen, wie z. B. Altkleider, geschützt (BayVGH, U.v. 10.2.2015 - 20 B 14.710 - juris Rn. 30; VGH B-W,
In seinen Urteilen vom 21. September 2015 hat das OVG Nordrhein-Westfalen (u. a. 20 A 2120/14 - juris Rn. 165-197) folgende Kriterien dafür entwickelt, unter welchen Umständen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen:
„Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage-/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige - insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte - zumal ihr dafür nur die „Pflichtangaben“ nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen - wie bereits ausgeführt - nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen - etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen - insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
Ist aber allein nach den - hinreichend aussagekräftigen - Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern „auch“ das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie - sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will - noch nicht durchführt.
Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist - schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen - aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört - wie ausgeführt - auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also - anders als die gewerblichen - zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
Eine - als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen - insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10% des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50% zu veranschlagen ist, würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche „Rosinenpickerei“ im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50% der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10% verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird“.
Die Kammer schließt sich diesen Erwägungen an (vgl. VG München, U.v. 17.03.2016 - M 17 K 15.1249 - UA S. 19 ff.). Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Antragstellerin derzeit wohl keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen:
Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen dürften vorliegend zwar - wie dargestellt - erfüllt sein, da die Antragstellerin selbst als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine „sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung“ (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der nunmehr zusätzlich angezeigten Sammlung der Antragstellerin erfassten Alttextilien durchführt. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles liegen indes besondere Umstände vor, die die Vermutung, dass der Sammlung der Antragstellerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung entgegenstehen, widerlegen bzw. nicht durchgreifen lassen. Die angezeigte Sammlung der Antragstellerin selbst erreicht, bezogen auf die bestehende Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, kein Gewicht, das die Annahme einer Beeinträchtigung plausibel erscheinen ließe. Die von ihr angezeigte maximale Sammelmenge von 39 t pro Jahr entspricht lediglich etwa 5,9% des für das Jahr 2015 erzielten Ertrages der Beigeladenen von 660 t und bleibt für sich genommen deutlich unterhalb der oben genannten Bagatellgrenze. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform (OVG NW, U.v. 21.09.2015 - 20 A 2120/14 - juris Rn. 168). Zumal - wie bereits unter 3.2.3. dargestellt - die konkrete Sammelmenge maßgeblich von dem Standort des jeweiligen Containers abhängen dürfte und es nach den Erfahrungen des Gerichts aus parallelen Verfahren als durchaus realistisch erscheint, eine Sammelmenge in Höhe von durchschnittlich ca. 2t /Container anzusetzen (VG München, U.v. 21.05.2015 - M 17 K 14.392 - UA S. 22).
Ein durchgreifend anderes Ergebnis ergibt sich hier auch nicht unter Einbeziehung der weiteren berücksichtigungsfähigen gewerblichen Alttextilsammlungen im Landkreis S.. Hinzuzurechnen sind hier nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 8. September 2015 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Zu diesem Zeitpunkt ist die Anzeige der Antragstellerin beim Antragsgegner nach Aktenlage eingegangen. Von Seiten des Antragsgegners wurde mit Schreiben vom 21. April 2016 klargestellt, dass aktuell keine gewerbliche Sammlung im Landkreis S. angezeigt sei, welche noch nicht durchgeführt werden dürfe, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen sei. Es dürften gegenwärtig lediglich zwei gewerbliche Sammlungen im Landkreis mit einem Umfang von 80 t (VG München, U.v. 24.10.2013 - M 17 K 13.2189 (Klage des gewerblichen Sammlers auf Aufhebung der Untersagungsverfügung wurde abgewiesen) bzw. BayVGH, Aussetzungsbeschluss
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen (Schreiben vom 18. Mai 2016) ist hingegen die am 8. Februar 2016 neu angezeigte Sammlung (S. 2 der Liste unter 18.) mit einem Gesamtvolumen von 30 t/Jahr trotz Ablaufs der dreimonatigen Wartefrist nicht zu berücksichtigen, da diese erst nach der Eingang der Anzeige der Antragstellerin (8. September 2015) beim Antragsgegner angezeigt wurde (in diesem Sinne auch Schreiben des Beigeladenen vom 2. Mai 2016, S. 20). Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört auch die Beachtung des Prioritätsprinzips (vgl. OVG NW, U.v. 21.09.2015 - 20 A 2219/14 - juris Rn. 194).
Bei der deshalb nach obigen Maßstäben erforderlichen Prüfung des Einzelfalles ist zu berücksichtigen, dass auch diese potentielle Gesamtbelastung von weniger als einem Fünftel in der maßgeblichen Bandbreite von 10 - 50% deutlich näher an der Bagatellgrenze bleibt und deshalb eine eingehende und plausible Darlegung der gleichwohl realistischerweise anzunehmenden Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Drittbeauftragten seitens der Antragsgegners zu erfolgen hätte. An einer solchen fehlt es hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass sich beispielsweise Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat, oder es zu anderen spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird, sind zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Überdies sprechen folgende Erwägungen derzeit gegen ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sammlungsuntersagung durch das Landratsamt: Es ist davon auszugehen, dass die Folgen gewerblicher Sammlungen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger praktisch nicht allein treffen werden, da nach Angaben des Antragsgegners und des Beigeladenen (Schriftsatz vom 2. Mai 2016 S. 3; Stellungnahme vom 5. November 2015, Bl. 38 BA) gemeinnützige Sammlungen im Landkreis in nicht unerheblichem Umfang von ca. 344 t/Jahr Alttextilien sammeln würden, so dass bei einem Mengenentzug von weniger als einem Fünftel drastische Anpassungen weniger realistisch werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Sammelmenge im Landkreis eine steigende Tendenz aufweist (2014: 560 t; 2015: 660 t; 1. Quartal 2016: 177 t) und die Sammlung des Beigeladenen mittlerweile von 134 Sammelcontainern an 78 Standorten auf 149 Sammelcontainer an 82 Standorten ausgeweitet wurde.
Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung überwiegt daher das Interesse des Betroffenen, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsakts bis zur Klärung seiner Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung. Dies gilt nicht zuletzt wegen des Gesichtspunktes, dass bezüglich der streitgegenständlich rechtlich umstrittenen Frage, unter welchen Voraussetzungen der angezeigten Sammlung überwiegende öffentlich-rechtliche Interessen entgegenstehen, mehrere Revisionsverfahren zur höchstrichterlichen Klärung beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sind.
bb) Auch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG enthaltene Vermutungsregelung trägt hier nicht. Nach dieser Vorschrift ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird. Hierfür wurde vom Antragsgegner, den insoweit die Darlegungslast trifft (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01693 - juris Rn. 76;
Da bereits die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob die Sammlung der Antragstellerin wesentlich leistungsfähiger ist, nicht an.
cc) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Beigeladenen kann die Untersagung nach summarischer Prüfung auch nicht auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gestützt werden, wonach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Dabei kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen“ wird (OVG NW, U.v. 15.8.2013 - 20 A 2798/11 - juris Rn. 194). Damit die Möglichkeit der Untersagung einer gewerblichen Sammlung unter dem in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG genannten Aspekt verfassungs- und europarechtskonform ist, bedarf es insoweit deshalb einer besonders restriktiven Auslegung, da sich die Ausnahmebestimmung in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG nur auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG, nicht aber auf Nr. 3 bezieht (vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar, § 17 Rn. 185; VG Gelsenkirchen, U.v. 2.6.2015 - 9 K 4775/14 - juris Rn. 98 ff.).
Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung (Vertrag läuft zum
Auch eine „erhebliche Erschwerung“ der Vergabe kommt im konkreten Fall nicht in Betracht. Erheblich erschwert wird die Vergabe, wenn ein gewerblicher Sammler unmittelbarer Konkurrent bei der Vergabe der Entsorgungsleistung wäre und infolgedessen der Anteil, der auf die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers entfällt und damit der auszuschreibende Entsorgungsumfang nicht oder nur ansatzweise angegeben werden könnte, was vergaberechtswidrig wäre. Denn bei der Menge der betreffenden Abfallfraktion handelt es sich um einen Grundparameter für die Kalkulation, die für die Abgabe von Angeboten erforderlich ist (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01693 - juris Rn. 77 ff.;
3.2.6. Somit greift voraussichtlich keine der Regelvermutungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, eine anderweitige konkrete und vor allem wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wurde vom Antragsgegner bzw. vom Beigeladenen nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind Beeinträchtigungen, also unterhalb der Schwelle einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drs. 17/6052, S. 87).
Der Sammlung der Antragstellerin im angezeigten Umfang stehen daher nach summarischer Prüfung derzeit aller Voraussicht nach keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen, so dass die Untersagung in Nr. 1 des Bescheides vom 10. Februar 2016 wohl rechtswidrig ist.
4. Der Antrag hat in Konsequenz auch hinsichtlich der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom
Die nach Art. 21a VwZVG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage war folglich anzuordnen. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids dürfte zwar für sich genommen rechtmäßig sein. Allerdings fehlt es infolge der hiermit widerhergestellten aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagungsverfügung jedenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache an einer sofort vollziehbaren Grundverfügung, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG.
5. Dem Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO stattzugeben. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er den hälftigen Anteil der Verfahrenskosten und seine außergerichtliche Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
6. Der Streitwert bemisst sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5, 1.7.2 und 2.4.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2013).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Juni 2016 - M 17 S 16.1243
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Juni 2016 - M 17 S 16.1243 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
Tenor
I.
Unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 16. Januar 2013 wird die Klage insgesamt abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe der zu vollstreckenden Kosten leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist gewerbliche Sammlerin von Alttextilien. Sie wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der ihr die Sammlung von Alttextilien im Gebiet des Beklagten untersagt wurde.
3Der Beklagte ist nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die in seinem Gebiet anfallenden und zu überlassenden Abfälle und hat die Wahrnehmung der sich daraus ergebenden Aufgaben auf die 1992 gegründete Entsorgungswirtschaft T. GmbH (im Folgenden esg) übertragen. Im Juni/Juli 2012 schloss er mit allen 14 Städten und Gemeinden im Kreisgebiet jeweils eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung ab, die im Wesentlichen zum Gegenstand hatte, dass die jeweilige Kommune die ihr obliegende Aufgabe des Einsammelns und Beförderns von Altkleidern aus privaten Haushaltungen auf den Beklagten überträgt. Unter dem 4. Oktober 2012 schlossen dann der Beklagte und die esg mit zwei Kreisverbänden des Deutschen Roten Kreuzes, mit der Arbeitsgemeinschaft des Kolpingwerkes Kreis T. und mit dem N. Hilfsdienst e. V. jeweils einen Kooperationsvertrag zur Sammlung und Verwertung von Altkleidern im Gebiet des Beklagten durch die an den Kooperationsverträgen beteiligten karitativen Einrichtungen.
4Die an den vier Kooperationsverträgen vom 4. Oktober 2012 beteiligten Einrichtungen unterhalten auf dem Gebiet des Beklagten an 222 Standorten 311 Altkleidercontainer (Stand April 2015). Die Standorte verteilen sich auf sämtliche Kommunen im Kreisgebiet und in den Kommunen in der Regel auf die jeweiligen Ortsteile. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Standortliste Bezug genommen.
5Bereits unter dem 25. August 2012 zeigte die Klägerin, damals noch unter der Firma "O. Altkleider & Altschuh Textilrecycling", bei dem Beklagten die gewerbliche Sammlung von Alttextilien an und erklärte dazu: Es sei beabsichtigt, auf dem Gebiet des Beklagten unbefristet im Wege eines Container-Bringsystems jeden Monat etwa 18 t Altkleider zu sammeln. Sammlungsverantwortlicher sei der Inhaber der damaligen Einzelfirma und jetzige Geschäftsführer der Klägerin, Herr W. O1. . Die gesammelten Textilien würden von Fehlwürfen aussortiert, in Lagern untergebracht, von Kunden dort abgeholt, zur Wiederverwendung vorbereitet und teilweise recycelt. Der Anzeige waren Bescheinigungen der Unternehmen W1. TEXTILE RECYCLING Sp. Z o.o. und P. B. s.l. beigefügt, in denen diese sich verpflichteten, der Klägerin insgesamt eine Menge von 1.450 t Altkleidern jährlich abzunehmen.
6Im August/September 2012 leitete der Beklagte die Anzeige der Klägerin zusammen mit weiteren zwischen Ende Juli 2012 und Mitte September 2012 bei ihm angezeigten gewerblichen Sammlungen an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden weiter. In der Folge erklärten die Kommunen mit weitgehend wortgleichen Schreiben, diese Sammlungen beeinträchtigten in ihrem Zusammenwirken die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich. Deshalb komme nur eine Untersagung der gewerblichen Sammlungen in Betracht.
7Mit Schreiben vom 25. September 2012 forderte der Beklagte von der Klägerin weitere Unterlagen hinsichtlich der beabsichtigten Sammlung an und bemängelte, dass die als Anlage zur Sammlungsanzeige angekündigte Standortliste nicht beigefügt gewesen sei. Mit E-Mail vom 6. Oktober 2012 lehnte die Klägerin solche Angaben ab, da sie hierzu nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht verpflichtet sei.
8Unter dem 25. Oktober 2012 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Untersagung ihrer Sammlung an. Dazu führte er aus: Die Anzeige der Klägerin sei unvollständig. Sie enthalte lediglich eine allgemeine Beschreibung der bundesweit üblichen Leistungen der Klägerin ohne konkreten Bezug auf sein Kreisgebiet. Die Klägerin habe keine Standortliste vorgelegt; hierzu sei sie auch nicht bereit. Zudem bestehe für Alttextilien und Altschuhe im Kreisgebiet eine von karitativen Einrichtungen durchgeführte haushaltsnahe und hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung. Die von der Klägerin angezeigte Sammlung gefährde im Zusammenwirken mit den weiteren angezeigten Sammlungen die Funktionsfähigkeit dieses Systems, ohne wesentlich leistungsfähiger zu sein.
9Mit Ordnungsverfügung vom 21. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin ab Bestandskraft der Verfügung die angezeigte gewerbliche Sammlung von Bekleidung und Textilien. Zugleich drohte er für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- Euro an. Zur Begründung führte er aus: Die Untersagung stütze sich auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei durch die geplante Sammlung der Klägerin sowie die weiteren 14 angezeigten Sammlungen im Kreisgebiet wesentlich beeinträchtigt.
10Am 28. November 2012 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Der Beklagte habe seine Ordnungsverfügung ausweislich der Begründung ausschließlich auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt. Erst im gerichtlichen Verfahren habe der Beklagte die Unzuverlässigkeit der Klägerin als Untersagungsgrund angeführt. Insoweit sei die Untersagung formell rechtswidrig, da sie zu den dort erhobenen Vorwürfen nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Unabhängig davon sei sie nicht unzuverlässig. Eine Containerstandortliste habe sie nicht einreichen müssen. Dies werde mit der Klagebegründung jedoch nachgeholt. Sie sei auch als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb anerkannt. Überwiegende öffentliche Interessen stünden ihrer Sammlung nicht entgegen. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des bestehenden Systems des Beklagten sei auch im Zusammenwirken mit den übrigen angezeigten Sammlungen nicht zu erkennen. Der Beklagte selbst habe eine solche Gesamtschau nicht vorgenommen, er wisse nicht einmal, wieviele Container gewerbliche Sammler überhaupt im Kreisgebiet aufgestellt hätten. Es sei auch nicht zu erkennen, dass das vom Beklagten initiierte System wesentlich leistungsfähiger sei. Schließlich genieße sie nach § 18 Abs. 7 KrWG Vertrauensschutz.
11Die Klägerin hat beantragt,
12die Verfügung des Beklagten vom 21. November 2012 aufzuheben.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Untersagung der Sammlung rechtfertige sich neben dem Entgegenstehen öffentlicher Interessen auch aus der Unzuverlässigkeit der Klägerin. Insofern werde die Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung ergänzt. Die Klägerin bzw. ihre Vorgängerfirma O. sei als ausführendes Sammelunternehmen des Vereins C5. E. e. V. für umfangreiche und systematische Verstöße gegen das Straßenrecht mitverantwortlich gewesen. Auch folge aus der Personalunion des Geschäftsführers der Klägerin mit der für die Leitung und Beaufsichtigung verantwortlichen Person der von der vormaligen C. GmbH (jetzt F. GmbH) angezeigten Altkleidersammlung die Annahme, auch die Klägerin sei nicht hinreichend zuverlässig. Zudem habe sie selbst Container unter Missachtung des Straßenrechts aufgestellt und ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis genutzt. Zumindest am Standort T1. Weg in T. seien Container so unmittelbar am Rand der öffentlichen Wegefläche aufgestellt worden, dass die Befüllung und Entleerung über die öffentliche Straße erfolgen müsse und insofern eine Sondernutzung vorliege. Zudem habe die Klägerin gegen ihre Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 Nrn. 2 bis 5 KrWG verstoßen. Zum Ausmaß der Sammlung habe sie lediglich angegeben, sie beabsichtige, Sammelcontainer im Kreisgebiet aufzustellen. Konkretere Angaben dazu, wie viele Container in welchen Städten und Gemeinden aufgestellt werden sollten, seien auch auf Nachfrage nicht erfolgt. Informationen zu den Standorten seien vielmehr ausdrücklich verweigert worden. Dies sei umso bedeutsamer, als die Klägerin an einer Vielzahl ungenehmigter Aufstellvorgänge in der Vergangenheit beteiligt gewesen sei. Auch die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Alttextilien habe sie nicht hinreichend dargelegt. Der pauschale Hinweis auf eine Entsorgung in Spanien und Polen genüge hierfür nicht.
16Die Untersagung könne sich zudem auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG stützen. Im Kreisgebiet bestehe eine hochwertige haushaltsnahe Erfassung und Verwertung von Alttextilien in Kooperation mit den seit langem in dieser Abfallfraktion aktiven gemeinnützigen Sammlungen. Durch die Sammlung der Klägerin sei im Zusammenspiel mit den übrigen angezeigten gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten gefährdet. Die Sammlung der Klägerin sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger. Eine Bestandssammlung liege nicht vor, weil die Klägerin nicht habe belegen können, in der Vergangenheit eine Sammlung mit ordnungsgemäßer und schadloser Verwertung durchgeführt zu haben.
17Mit dem angegriffenen Urteil vom 30. September 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt: Die Verfügung vom 21. November 2012 sei formell rechtmäßig, insbesondere sei der Beklagte für ihren Erlass zuständig gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Landrätin des Beklagten sowohl öffentlich-rechtliche Entsorgungsträgerin als auch Untere Umweltschutzbehörde sei. Eine hinreichende organisatorische Trennung dieser Funktionen innerhalb der Behörde sei schon deshalb gewährleistet, weil die esg für den Beklagten die Entsorgungspflichten übernommen habe. Gegen eine hinreichende Trennung spreche auch nicht, dass die Stellungnahmen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu den angezeigten Sammlungen von Alttextilien überwiegend wortidentisch seien. Die Koordination der Stellungnahmen habe die esg übernommen, der Beklagte sei hieran nicht beteiligt gewesen. Das Zusammenwirken der esg und der Städte und Gemeinden bedeute keine Beeinträchtigung der Neutralität des Beklagten.
18Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Sie führe im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten. Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden wesentlich beeinträchtigt. Es sei davon auszugehen, dass das Zusammenwirken der beim Beklagten angezeigten 15 gewerblichen Sammlungen die bestehenden karitativen Sammlungen nicht nur gefährde, sondern schlicht unmöglich mache. Im Kreisgebiet sei eine maximale Sammelmenge für Alttextilien und Altschuhe von 2.250 t zu erwarten. Verteilte man diese gedanklich auf die 15 angezeigten gewerblichen Sammlungen und die vier vorhandenen Sammlungen der karitativen Einrichtungen, bliebe für jeden Sammler eine jährliche Sammelmenge von weniger als 120 t übrig. Die Klägerin allein beabsichtige jedoch, 216 t pro Jahr einzusammeln. Mehrere andere Sammler hätten ebenfalls Sammelmengen von mehr als 120 t jährlich angezeigt. Angesichts dessen gebe es keinen Zweifel daran, dass sich die gewerblichen Altkleidersammler einen ruinösen Wettbewerb liefern würden, in dem die karitativen Altkleidersammlungen notwendig untergehen müssten. Es sei eine Gesamtschau vorzunehmen, denn das Merkmal des Zusammenwirkens im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG verlange kein abgestimmtes Vorgehen der gewerblichen Sammler nach einem gemeinsam entwickelten Plan. Auch das zufällige Nebeneinander mehrerer Sammlungen erfülle dieses Merkmal.
19Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und führt zur Begründung aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts fehle es an der Zuständigkeit des Beklagten für den Erlass der angefochtenen Untersagungsverfügung. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde seien nicht hinreichend getrennt. Letztere sei nicht neutral, sondern entscheide in eigener Sache, weil der Kreis als Mehrheitseigner der esg an einem hohen Sammelaufkommen interessiert sei. Die fehlende organisatorische Trennung sei insbesondere im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und damit aus europarechtlichen Gründen nicht hinnehmbar. Dass verschiedene Personen in unterschiedlichen Dezernaten tätig geworden seien, ändere nichts daran, dass diese das gemeinsame Ziel verfolgten, konkurrierende Altkleidersammlungen privatwirtschaftlich agierender Unternehmen zu verhindern. Zu beachten sei auch, dass der Ministerialerlass zur Umsetzung der behördeninternen Trennung erst am 13. März 2013 ergangen sei, die angefochtene Ordnungsverfügung jedoch bereits am 21. November 2012.
20Die Untersagungsverfügung könne nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gestützt werden. Es sei bereits fraglich, ob die karitativen Einrichtungen als beauftragte Dritte im Sinne des § 22 KrWG anzusehen seien. Eine wirksame Drittbeauftragung im Sinne dieser Vorschrift habe das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Diese sei zumindest vergaberechtswidrig erfolgt. Im Hinblick auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dürfe auch nicht auf die angezeigten und damit lediglich geplanten Sammelmengen abgestellt werden. Das Verwaltungsgericht habe "frei jeder empirischen Grundlage und in wilder Spekulation“ eine Vernichtung der karitativen Sammlungen prognostiziert. Insbesondere habe das Verwaltungsgericht nicht die von ihr (der Klägerin) prognostizierte Menge zugrunde legen dürfen. Dass sie diese tatsächlich einsammeln könne, sei eine reine Unterstellung. Prognosen seien "Wunschgrößen, die sich nachträglich nicht selten als Fehlvorstellungen entpuppten". Zumindest müssten jedoch mildere Mittel vorab geprüft werden. In Betracht komme insoweit eine Limitierung der Sammelcontainer pro gewerblichem Sammler. Zudem habe ihr das Verwaltungsgericht zu Unrecht Vertrauensschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG verweigert. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe sie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung hinreichend dargelegt. Mindestens einmal in der Woche hätten ihre Fahrer die Standorte abgefahren und alle Container geleert. Dabei hätten sie schon im Vorfeld das Sammelgut von den Fehlwürfen getrennt. Diese Fehlwürfe seien in die dafür extra vorgesehenen Behälter, die sich in allen Fahrzeugen befunden hätten, gefüllt worden. Das bereinigte Sammelgut und die Fehlwürfe seien in das Lager in Wülfrath transportiert worden. Die Fehlwürfe seien in von dem Unternehmen Remondis bereitgestellten Containern unmittelbar entsorgt, das übrige Sammelgut vorsortiert worden. Der überwiegende Teil der Kleidung, Schuhe und Textilien sei dann an das benannte polnische Unternehmen als Second-Hand-Ware, der Rest an das benannte spanische Unternehmen verkauft worden. Diese hätten die Ware jeweils vom Lager in B1. abgeholt. Entsprechende Verträge mit den zertifizierten Abnehmern seien bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden. Insbesondere das Unternehmen P. B. habe die übernommene Ware dann weiter sortiert und in verschiedene Qualitätskategorien eingeteilt. Bedenken ließen sich auch nicht daraus konstruieren, dass sie, die Klägerin, mit maximal 12.000 Altkleidercontainern lediglich Abnahmebestätigungen für 7.400 t pro Jahr vorgelegt habe. Das Unternehmen P. B. habe mit 2.000 t pro Jahr lediglich die Mindestabnahmemenge angegeben. Bei Bedarf werde mehr Altkleidung abgenommen.
21Gewichtige Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit habe der Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht belegen können. Verfehlungen der C. GmbH, der AG Textilverbund und der M. KG könnten ihr nicht zugerechnet werden. Die unterschiedlichen Gesellschaften stellten kein Firmengeflecht dar, sondern seien rechtlich selbständige Unternehmen. Vermeintliche Unregelmäßigkeiten der C. GmbH könnten ihr auch nicht deshalb zugerechnet werden, weil ihr Geschäftsführer in Anzeigen der C. GmbH als verantwortliche Person genannt worden sei. Dies sei irrtümlich geschehen, gemeint gewesen sei dessen Bruder, Herr K. O1. . Dies sei, nachdem das "Missgeschick" aufgefallen sei, umgehend korrigiert worden. Auch nach der Umfirmierung der C. GmbH in die F. GmbH sei dort Herr K. O1. als verantwortliche Person eingetragen. Die konkreten Vorwürfe des Beklagten müssten daher mit Nichtwissen im Hinblick auf Container der C. GmbH bestritten werden. Gleiches gelte für den angeblichen Umstand, dass eines ihrer Fahrzeuge verwendet worden sei, um Sammelcontainer der L. aufzustellen. Auch die Geschäftsbeziehung zum Verein Babynotfallhilfe E. e. V. führe nicht zur Unzuverlässigkeit. Die mit diesem Verein geschlossenen Verträge seien schon im November 2012 gekündigt worden. Zutreffend sei lediglich, dass sie, die Klägerin, mit mehreren Dienstleistungsfirmen zusammenarbeite und von diesen ihre Container betreuen lasse. Diese seien vertraglich verpflichtet, sich bei der Aufstellung der Container an gesetzliche Vorschriften zu halten. Für die Einhaltung dieser Verpflichtungen seien aber die beauftragten Unternehmen allein verantwortlich. Fehlverhalten könne ihr nicht zugerechnet werden. Die Vorwürfe gegen das Unternehmen G. seien unsubstantiiert. Soweit der Beklagte auf einen Vorfall von Ende Juni 2014 in X. -T2. abstelle, handele es sich um einen privaten Stellplatz, für den eine Genehmigung vorliege. Ihrerseits sei nicht bekannt, dass das Berufungsverfahren den Suspensiveffekt entfallen lasse. Hinsichtlich der Feststellungen aus den Urteilen des Verwaltungsgerichts Minden vom 21. Mai 2014 reiche der Hinweis, dass diese Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen seien. Die dortigen Feststellungen könnten damit nicht verwandt werden.
22Die Klägerin beantragt,
23das angegriffene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 21. November 2012 aufzuheben.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er verteidigt das angegriffene Urteil und macht geltend: An seiner Zuständigkeit bestünden keine durchgreifenden Zweifel. Insbesondere bedürfe es keiner Trennung der Zuständigkeiten dergestalt, dass diese nicht wieder auf einer höheren Ebene zusammenfielen. Das sei bei der Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger jedenfalls auf der obersten Ebene unvermeidbar und vom Gesetzgeber als solches auch hingenommen. Insoweit sei die gewählte Organisationsstruktur nicht zu beanstanden. Der handelnde Sachbearbeiter sei dem Sachgebiet 70 des Dezernats 04 zugeordnet. Für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger habe im vorliegenden Zusammenhang der Kreisdirektor als Leiter des Dezernats 02 gehandelt. Die tatsächlich tätige esg sei organisatorisch und personell autonom.
27Die Klägerin sei unzuverlässig. Der erkennende Senat habe bereits festgestellt, dass das "Schwesterunternehmen" der Klägerin, die C. GmbH, unzuverlässig sei. Die enge Verbindung in einem Firmengeflecht ergebe sich maßgeblich daraus, dass der Geschäftsführer der Klägerin zugleich als für die Leitung und die Beaufsichtigung des Betriebs verantwortliche Person der C. GmbH fungiere, wie etwa die bei ihm, dem Beklagten, eingegangene Anzeige der gewerblichen Altkleidersammlung der C. GmbH vom 27. August 2012 zeige. Auch in Anzeigen der ebenfalls unzuverlässigen "AG Textilverbund" bzw. "AG Textilverbund GmbH & Co. KG" sei der Geschäftsführer der Klägerin als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes der C. GmbH verantwortliche Person genannt worden. Dass dies ein Irrtum gewesen sein solle, sei der Klägerin nicht abzunehmen. Zudem zeige der Umstand, dass sie Behördenkorrespondenz der C. GmbH und der F. GmbH habe vorlegen können, die bestehenden engen Verflechtungen der Unternehmen. Darüber hinaus seien die Brüder K. und W. O1. gemeinsam Prokuristen der M. KG, die ebenfalls in großem Umfang illegal Altkleidercontainer aufstelle. Die Unzuverlässigkeit der Klägerin habe sich auch in seinem Zuständigkeitsbereich bestätigt. Namentlich sei in T. , T1. Weg, ein illegal aufgestellter Sammelcontainer aufgefunden worden, der der gewerblichen Sammlung der Klägerin zuzuordnen sei. Ferner seien im September 2013 in der Gemeinde F1. von einem auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeug aus ein Altkleidercontainer des Unternehmens L. in der Nähe des dortigen Kaufparks im öffentlichen Straßenraum sowie zwei weitere L. -Altkleidercontainer auf Privatgrund ohne Gestattung des Eigentümers aufgestellt worden. Diese Container hätten sich so am Rand des öffentlichen Straßenraums befunden, dass sie nur unter dessen Inanspruchnahme hätten befüllt und entleert werden können. Mit dem gleichen Fahrzeug sei am Folgetag bei den kommunalen Betrieben in T. versucht worden, Altkleidercontainer mit einer Kennzeichnung der C. GmbH auszulösen. Der Fahrer habe angegeben, Altkleidercontainer des Unternehmens G. abholen zu wollen. Im Kreisgebiet sei zudem festzustellen, dass eine Vielzahl von Containern mit der Kennzeichnung der C. GmbH inzwischen von dem Unternehmen G. genutzt werde. Dieses gehöre einem Herrn E1. , der wiederum zugleich als Vertreter der Klägerin agiere, wie sich aus verschiedenen Schreiben des Unternehmens G. einerseits und der Klägerin andererseits ergebe. Er verfüge auch über eine der Klägerin zugeordnete E-Mail-Adresse. Das Unternehmen G. sei im Kreisgebiet durch systematische Verstöße gegen das Straßenrecht und die Verfügungsbefugnis privater Grundstückseigentümer etwa in S. , B2. und X. sowie T. aufgefallen. Eine Sammlung habe sie aber nicht angezeigt. Im Rahmen eines Untersagungsverfahrens habe sie angegeben, nur Sammlungen Dritter zu betreuen. Erst auf weitere Nachfrage habe sie konkretisiert, dass es sich insoweit ausschließlich um Sammlungen der Klägerin handele. Gegenwärtig befänden sich nach den Erkenntnissen der esg mindestens 17 nicht angezeigte und illegal aufgestellte Altkleidercontainer des Unternehmens G. im Kreisgebiet. In jüngerer Zeit seien zwei weitere Vorfälle (C1. Straße und N1. in H. ) bekannt geworden, bei denen das für die Klägerin tätige Unternehmen G. ohne Einverständnis der Berechtigten Sammelcontainer auf Privatgelände aufgestellt habe. Letztlich liege die Vermutung nahe, dass die Klägerin ihre unzulässigen Sammelaktivitäten tatsächlich nur unter einer neuen Firma fortsetze. Die Unzuverlässigkeit der Klägerin ergebe sich zudem daraus, dass sie noch unter der Firmierung O. im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Verein Babynotfallhilfe E. e. V. umfangreich und systematisch gegen das Straßenrecht verstoßen habe. Zugleich habe sie sich einer angeblich gemeinnützigen, in Wahrheit jedoch gewerblichen Sammlung beteiligt und die Gemeinnützigkeit lediglich vorgetäuscht. Solche Aktivitäten habe die Klägerin auch im Kreisgebiet entfaltet. Der Verein Babynotfallhilfe E. e. V. habe im Rahmen des Anzeige- und Untersagungsverfahrens mehrfach bestätigt, dass er die Klägerin mit der Durchführung der Sammlungen beauftragt habe. Ein weiterer Beleg für die Unzuverlässigkeit der Klägerin sei der Umstand, dass sie Ende Juni 2014 einen ihrer Altkleidercontainer auf städtischem Grund in X. -T2. aufgestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sie sich bereits nicht mehr auf die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs berufen können. Die vorgelegte Genehmigung des - angeblichen - Grundstückseigentümers sei falsch. Die Klägerin könne die substantiierten Vorwürfe auch nicht mit Nichtwissen bestreiten. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Aktivitäten der C. GmbH, da der Geschäftsführer der Klägerin als verantwortliche Person dieses Unternehmens agiert habe, als auch - erst recht - für die Aktivitäten eines auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeugs. Die Angaben der Klägerin, sie lasse ihre Container durch mehrere Dienstleistungsfirmen betreuen und sei deshalb für Missstände nicht verantwortlich, lasse ihre fortbestehende abfallrechtliche Verantwortlichkeit für die von ihr angezeigte Sammlung unberücksichtigt. Unabhängig davon widersprächen diese Angaben der von der Klägerin abgegebenen Sammlungsanzeige. Schließlich habe die Klägerin auch nicht mitgeteilt, welche weiteren Dienstleistungsfirmen sie neben dem Unternehmen G. beauftragt habe. Ausführliche Feststellungen zur Unzuverlässigkeit der Klägerin ergäben sich zudem aus den Feststellungen in den Urteilen des Verwaltungsgerichts Minden vom 21. Mai 2014 - 11 K 3593/13 - und - 11 K 1711/11 - sowie aus weiteren Erkenntnissen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
28Entgegen den Einwänden der Klägerin stünden der angezeigten Sammlung auch überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Die etablierten Sammlungen der gemeinnützigen Kooperationspartner seien insbesondere hochwertig, wie die jährlichen Sammelmengen (2014: 1.802 t einschließlich 62 t Alttextilien aus Straßensammlungen, 2013: 1.624 t einschließlich 60 t Alttextilien aus Straßensammlungen) sowie die bedarfsoptimierte Nachverdichtung der Infrastruktur auf inzwischen 222 Standorte mit 311 Containern belegten. Ergänzend sei insoweit vorzutragen, dass die Organisation der Alttextiliensammlung nicht zu beanstanden sei. Es liege eine wirksame Drittbeauftragung der karitativen Einrichtungen im Sinne von § 22 KrWG vor. Dabei handele es sich um eine Vorschrift des Abfallrechts, nicht um eine solche des Vergaberechts. Allerdings seien auch die Anforderungen des Vergaberechts erfüllt. Im Übrigen sei auf die konkrete Organisation der Alttextilienentsorgung im Kreisgebiet abzustellen. Er, der Beklagte, habe sich dafür entschieden, diese dadurch sicherzustellen, dass er Kooperationsverträge abschließe und sich Weisungsrechte vorbehalte, die eine flächendeckende Alttextiliensammlung garantierten. Die Funktionsfähigkeit der karitativen Sammler sei deshalb mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gleichzusetzen. Im Hinblick auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sei diese konkrete Ausgestaltung maßgeblich. Würden die karitativen Einrichtungen Altkleidermengen an die gewerblichen Sammler verlieren, bestünde die Gefahr, dass sie sich aus der Altkleiderentsorgung zurückzögen. Gleichzeitig sei jedoch nicht garantiert, dass die gewerblichen Sammler die Entsorgung dauerhaft sicherstellten. Ihm könne auch nicht zugemutet werden, die Mengenschwelle zu bestimmen, ab der die karitativen Einrichtungen ihre Altkleiderentsorgung voraussichtlich aufgäben. Eine solche Schwelle könne auch niemals vorab fixiert werden, da sie unter anderem von den schwankenden Marktpreisen von Alttextilien abhänge. Deshalb sei es ihm ebenso wenig möglich, ein bestimmtes Mengenkontingent für die gewerblichen Sammler freizuhalten.
29Schließlich sei die Untersagung auch deshalb rechtmäßig, weil die Klägerin ihrer Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht ausreichend nachgekommen sei, insbesondere habe sie die Verwertungswege nicht ordnungsgemäß dargelegt. Der Verbleib der Alttextilien und die vorgesehenen Verwertungen blieben offen. Hinweise auf die in der Anzeige vom 25. August 2012 bezeichneten Entsorgungsverfahren "Vorbereitung zur Wiederverwendung" und "Recycling" ließen sich weder den Bescheinigungen der P. B. noch denjenigen der W1. TEXTILE RECYCLING entnehmen. Vielmehr kauften diese offenbar lediglich Textilien bei der Klägerin ab. Die Klägerin selbst habe lediglich angegeben, die gesammelten Alttextilien in Lagern unterzubringen, wo sie von den Kunden abgeholt würden. Eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle sei insoweit nicht nachzuvollziehen. Dies gelte ebenfalls für die nach Angaben der Klägerin nicht unerhebliche Menge von monatlich bis zu 1,44 t Fehlwürfen. Diese unterlägen der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kreisgebiet. Die von der Klägerin angezeigte Entsorgung der Fehlwürfe im Müllheizkraftwerk L1. sei deshalb keine ordnungsgemäße Verwertung. Die dargelegten Einwände würden durch den Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren nicht entkräftet. Die Klägerin habe lediglich in der Vergangenheit liegende Entsorgungswege geschildert. Unabhängig davon wichen die in der Zukunft beabsichtigten Sammlungen von dieser Darstellung und der angezeigten Sammlung ab. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass die Klägerin nunmehr die Sammlungen nicht mehr selbst durchführen wolle. Ferner solle die Entsorgung der Fehlwürfe offenbar nicht mehr im Müllheizkraftwerk in L1. , sondern in der AWA X1. erfolgen. Zudem gebe die Klägerin erstmals an, im Lager in X2. eine Sortierung vorzunehmen. Die von den Unternehmen W1. TEXTILE RECYCLING und P. B. bestätigte Ankaufmenge für Alttextilien von insgesamt maximal 7.400 t pro Jahr sei im Hinblick auf die Aktivitäten, die die Klägerin selbst im Internet veröffentliche, unplausibel. Sie gebe an, ca. 12.000 Altkleidercontainer deutschlandweit zu betreiben. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die P. B. eine Mindestabnahme bescheinigt habe. Es fehle jeglicher Anhalt, bis zu welcher tatsächlichen Sammelmenge das Unternehmen Aufnahmekapazitäten habe.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten und der weiteren in diesem Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Gerichtsakten Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
33Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 21. November 2012 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtene Ordnungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34I. Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung von Alttextilien ist hier § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt.
351. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig und die im erstinstanzlichen Verfahren auf den Tatbestand des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erweiterte Begründung nicht zu beanstanden.
36a) Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
37Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 3043/11 -, juris.
38An der Zuständigkeit des Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger war und ist. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde ist zwar aus rechtsstaatlichen Gründen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und der Neutralitätspflicht, nicht bedenkenfrei, da es bei der Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist aber dann gegeben, wenn behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
39Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171; OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 205/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245, und vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl. 2013, 1537.
40Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte in allgemeiner Form angewiesen, eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der Unteren Umweltschutzbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits zu gewährleisten.
41Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2-408.10.02.
42Diese Voraussetzung ist bei dem Beklagten erfüllt und auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung erfüllt gewesen. Für das Gebiet des Beklagten wurde die Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bereits in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts an die esg delegiert, an der der Beklagte neben zwei privaten Entsorgern mehrheitlich beteiligt ist. Zwar ist der Beklagte damit nicht aus seiner Position als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entlassen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist aber institutionell weitergehend verselbständigt, als es etwa bei einer Zuständigkeitsverteilung auf unterschiedliche Fachbereiche desselben Rechtsträgers der Fall wäre. Die Aufgaben der Beteiligungsverwaltung und damit auch die Zuständigkeit für die esg sind dabei im Dezernat 02 unter Leitung des Kreisdirektors angesiedelt. Die Funktion der Unteren Abfallbehörde wird hingegen von dem Fachbereich 70 des Dezernats 04 der Verwaltung des Beklagten ausgeübt. Die Verantwortlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde nehmen für das Kreisgebiet der Beklagten demnach unterschiedliche Stellen und Personen wahr. Diese Aufgabenverteilung bestand, wie dem Senat aus in anderen (Eil-)Verfahren - so etwa dem Verfahren 20 B 444/13 - überreichten Organisationsplänen des Beklagten aus dem Jahr 2012 bekannt ist, auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung.
43b) Entgegen der von der Klägerin erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte seine Untersagungsverfügung im gerichtlichen Verfahren nunmehr auch auf die fehlende Zuverlässigkeit der Klägerin gestützt hat. Beinhaltet das Vorgehen des Beklagten eine Ergänzung der vorhandenen Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG NRW) der angefochtenen Untersagungsverfügung, ist dies unter dem hier behandelten Gesichtspunkt der formellen Rechtmäßigkeit ohne Weiteres zulässig, weil nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sogar eine vollständig fehlende Begründung nachgeholt werden kann.
442. Die Untersagungsverfügung vom 21. November 2012 ist auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte hat seine Untersagungsverfügung zu Recht (auch) darauf gestützt, dass durchgreifende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bestehen.
45Die Problematik des "Nachschiebens von Gründen" stellt sich hier nicht, weil der Senat auch ohne eine entsprechende Ergänzung der Begründung nicht gehindert gewesen wäre, die angefochtene Untersagungsverfügung auch unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit der Klägerin zu prüfen. Denn bei einer Sammlungsuntersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; das Merkmal der Zuverlässigkeit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, die gegebenenfalls von Amts wegen hätte erfolgen müssen.
46Vgl. dazu nur Marks in: Landmann/Rohmer, GewO - Kommentar, § 35 Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 20 B 643/13 -, juris.
47a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage der Zuverlässigkeit ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 ‑ 20 A 3043/11 -, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris.
49Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist auch im Hinblick auf die gewerberechtliche Rechtsprechung, wonach es bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nach § 35 Abs. 1 GewO auf die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankommt, nicht angezeigt. Diese Rechtsprechung beruht auf der im materiellen Recht angelegten Trennung zwischen Untersagungsverfahren einerseits (§ 35 Abs. 1 GewO) und Wiedergestattungsverfahren andererseits (§ 35 Abs. 6 GewO).
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, BVerwGE 65, 1.
51Eine vergleichbare Regelung enthält das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht. Auch der Umstand, dass eine Sammlung jederzeit erneut angezeigt werden kann, ist zumindest im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG kein funktionales Äquivalent zum Wiedergestattungsverfahren, da es sich bei der Zuverlässigkeit ‑ wie aus dem Nachstehenden folgt ‑ nicht um ein unmittelbar sammlungsbezogenes, sondern um ein personenbezogenes Merkmal handelt.
52b) Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 GewO unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, liegt es angesichts des Fehlens einer eigenständigen gesetzlichen Begriffsbestimmung nahe, insoweit auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückzugreifen.
53Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.
54Dies ist auch bei anderen spezialgesetzlich geregelten gewerblichen Tätigkeiten anerkannt.
55Vgl. zum Gaststättenrecht etwa: OVG NRW, Beschluss vom 5. April 2006 - 4 B 1531/05 -, m. w. N.
56Die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist insbesondere nicht auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien beschränkt, da gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen.
57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 ‑ 20 B 122/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -,
58a. a. O.
59§ 3 Abs. 2 der Verordnung über das Anzeige- und Erlaubnisverfahren für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (Anzeige- und Erlaubnisverordnung - AbfAEV -) findet zur Konkretisierung des Zuverlässigkeitsbegriffs des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ebenfalls keine ausschließliche Anwendung. Diese Vorschrift dient ausweislich ihres Abs. 1 allein der Konkretisierung von § 53 Abs. 2 Satz 1 KrWG und § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG; eine Konkretisierung von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist hingegen nicht vorgesehen. Angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen ist es auch nicht geboten, den Anwendungsbereich der Norm über ihren Wortlaut hinaus auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG zu erstrecken. Dies gilt schon deshalb, weil die zuvor genannte Verordnung lediglich einen bestimmten eingegrenzten Regelungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes betrifft, so dass sich nicht erschließt, warum die auf diesen eingeschränkten Regelungsbereich abstellende Vorschrift des § 3 Abs. 2 AbfAEV darüber hinaus auch im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG Berücksichtigung finden sollte. Unabhängig davon wäre ein Rückgriff etwa auf straßenrechtliche Vorschriften auch bei einer Anwendung des § 3 Abs. 2 AbfAEV möglich, da es sich bei den dort aufgeführten Konkretisierungen lediglich um Regelbeispiele handelt.
60Nach den damit grundsätzlich maßgeblichen zu § 35 GewO entwickelten Grundsätzen ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben. Handelt es sich bei dem Gewerbetreibenden um eine juristische Person, ist auf das Verhalten der für sie handelnden gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter abzustellen. Deren (Un-)Zuverlässigkeit schlägt unmittelbar auf den Gewerbetreibenden durch.
61Vgl. dazu nur Marcks in: Landmann/ Rohmer, a. a. O., § 35 Rn. 65, m. w. N.
62Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Erforderlich ist weder ein Verschulden im Sinne eines rechtlichen, moralischen oder ethischen Vorwurfs noch ein Charaktermangel.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, a. a. O.; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 - 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553; zusammenfassend Marcks, a. a. O., § 35 Rn. 29 ff.; Brüning in: Pielow, GewO 2009, § 35 Rn. 19 ff.
64Die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, müssen dabei nicht zwingend im Rahmen des konkret untersagten Gewerbebetriebes eingetreten sein. Denn die Unzuverlässigkeit ist eine Frage der persönlichen Veranlagung und Haltung, die sich nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Betroffenen beurteilt, so dass auch Komponenten außerhalb des Gewerbebetriebes maßgeblich sein können. Die Tatsachen, auf die die Unzuverlässigkeit gestützt werden soll, müssen allerdings selbst gewerbebezogen sein.
65Zum Ganzen Marcks, a. a. O., § 35 Rn. 34 ff.
66Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf Art. 12, 14 GG und im Einklang mit dem Verständnis des § 35 GewO allerdings insoweit einschränkend auszulegen, als (bloße) Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen.
67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 ‑ 20 B 607/13 -, juris.
68Dies wird in der Regel nur der Fall sein, wenn sich der Gesamteindruck der Unzuverlässigkeit auf hinreichend aussagekräftige konkrete Tatsachen zurückführen lässt. Bloße Vermutungen oder rein empirische Erfahrungssätze reichen hierfür nicht aus. Im Übrigen besteht aber kein Anlass zu der Annahme, dass Verhaltensweisen, die zu einer Untersagung jeder gewerblicher Tätigkeit führen können bzw. im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO müssen, für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht ausreichten, zumal nach der zuletzt genannten Vorschrift nicht die gewerbliche Tätigkeit insgesamt oder auch nur ein bestimmtes Gewerbe untersagt wird, sondern lediglich ein einzelner Ausschnitt aus einer solchen gewerblichen Tätigkeit.
69Weiterhin besteht keine Veranlassung, die Zuverlässigkeitsprüfung auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu beschränken und nur Tatsachen zugrunde zu legen, die dort zutage getreten sind. Denn die Zuverlässigkeit ist ein personenbezogenes Merkmal, kein regionales. Regelmäßig dürfte sich ein Verhalten deshalb nicht stadt- oder kreisbezogen beurteilen lassen, insbesondere gibt es keinen Grund, warum die Manifestation nicht ordnungsgemäßer Gewerbeausübung in einem Sammelgebiet etwa in einem Nachbarkreis von vornherein außer Betracht bleiben müsste. Der Fall, dass der Träger einer Sammlung ‑ aus welchen Gründen auch immer ‑ ausschließlich im Zuständigkeitsbereich einer Behörde auffällig wird und sich im Übrigen stets an die einschlägigen Vorschriften hält, dürfte eher theoretischer Natur sein.
70Neben dem Fehlen dieser allgemeinen Zuverlässigkeitskriterien können auch Verstöße gegen die spezifischen, bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen zu beachtenden Anforderungen die nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erforderliche Zuverlässigkeit in Frage stellen. Unter Anwendung allgemeiner Maßstäbe schlagen dabei grundsätzlich Verstöße gegen solche Vorschriften ohne weiteres auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. In diesem Zusammenhang trifft den Träger einer gewerblichen Sammlung insbesondere die Pflicht zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle und zu einer insoweit vollständigen Anzeige im Sinne von § 18 Abs. 2 KrWG. Eine Missachtung dieser Anforderungen bedeutet jedenfalls eine potentielle Gefährdung des primären abfallrechtlichen Schutzgutes. Eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige kann deshalb grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die zuständige Behörde berechtigterweise auf die Unvollständigkeit hingewiesen und erfolglos um Ergänzung gebeten hat.
71Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5. Mai 2014 ‑ 10 S 30/14 -, NVwZ-RR 2014, 1253.
72Erst recht steht die Zuverlässigkeit durchgreifend in Frage, wenn im Rahmen der Anzeige (bewusst) unwahre oder verschleiernde Angaben in Bezug auf die Sammlung gemacht werden oder sich die tatsächliche Sammlungsaktivität in diesem Licht präsentiert.
73In diesem Sinne OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 20 B 444/13 -, juris.
74Daneben stehen Verstöße gegen Vorschriften, die ohne unmittelbaren Bezug zur Umwelt als dem Schutzgut des Abfallrechts für die ordnungsgemäße Sammlung von Abfällen einschlägig sind. Gründe, diese von vornherein bei der Prüfung der Zuverlässigkeit auszusparen, sind nicht ersichtlich. Solche Verstöße geben vielmehr Aufschluss über das Verhalten bezüglich der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit. Je weniger direkt das Schutzgut des Abfallrechts von der Vorschrift betroffen ist, gegen die verstoßen wird, umso strenger muss jedoch der Maßstab zur Berücksichtigung dieses Verstoßes im Hinblick auf die Annahme der Unzuverlässigkeit sein. Dies bedeutet indes nicht, dass sich die Relevanz von Verstößen allein aus der Schwere des einzelnen Verstoßes ergibt. Vielmehr kann auch eine Vielzahl weniger gewichtiger Verstöße in ihrer Gesamtheit zur Prognose der Unzuverlässigkeit führen. Denn sie lässt einen Hang zur Nichtbeachtung geltenden Rechts erkennen, der ‑ vorbehaltlich erkennbarer Verhaltensänderungen ‑ dem erforderlichen Vertrauen auf künftige Rechtstreue entgegensteht.
75Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. April 2006 ‑ 4 B 1531/05 - und vom 10. Juni 2011 - 4 B 369/11 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 1986 - 14 S 1961/86 -, GewArch 1987, 32.
76Grundsätzlich reicht dementsprechend die in einer Vielzahl kleinerer Verstöße zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung zur Annahme der Unzuverlässigkeit aus, ohne dass ein - letztlich auf Verschulden abstellendes - zielgerichtetes Handeln festgestellt werden müsste. Je mehr allerdings System hinter den Verstößen zu erkennen ist, umso weniger gewichtig kann der einzelne Verstoß sein, um die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG zu rechtfertigen. Aus diesem Grund sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Solche kommen im vorliegenden Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf das Straßenrecht, aber auch auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken in Betracht.
77Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 - 20 B 444/13 -, a. a. O., und - 20 B 627/13 -, a. a. O.
78Entgegen der Ansicht der Klägerin gehören sowohl straßenrechtliche Normen als auch zivilrechtliche Abwehrrechte aus Eigentum und Besitz zu den im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung die Annahme einer Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen kann. Nach § 3 Abs. 15 KrWG wird eine Sammlung durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert. Dieses beginnt regelmäßig und ‑ abgesehen von sog. Straßensammlungen - notwendig mit dem Aufstellen von Containern.
79Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 607/13 -, a. a. O.
80Das Aufstellen von Sammelcontainern für Alttextilien auf öffentlichen Gehwegen/ Straßenflächen bedarf gemäß § 18 Abs. 1 StrWG NRW einer Sondernutzungserlaubnis. Denn dadurch werden öffentliche Straßenflächen über den Gemeingebrauch hinaus genutzt. Dies gilt auch für Container, die zwar auf privater Fläche, jedoch so aufgestellt sind, dass die Nutzer beim Befüllen der Container auf der öffentlichen Verkehrsfläche stehen müssen. In diesem Fall nehmen sie Handlungen vor - etwa Öffnen einer Klappe, Einwerfen von Schuhen oder Kleidung -, die nicht überwiegend dem Verkehr dienen, sondern der gewerblichen Tätigkeit des Aufstellers zuzurechnen sind und damit eine Sondernutzung darstellen.
81Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Juli 1999 ‑ 23 B 334/99 -, NVwZ-RR 2000, 429, sowie vom 25. September 2013 - 11 B 798/13 - und vom 24. Oktober 2014 - 11 B 1065/14 -, beide juris.
82Gleiches gilt für die Entleerung durch den gewerblichen Sammler, die regelmäßig sogar mehr Zeit in Anspruch nimmt als ein einzelner Befüllungsvorgang.
83Steht eine Unzuverlässigkeit wegen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften im Raum, muss allerdings beachtet werden, dass das primäre Schutzgut des Abfallrechts davon nicht unmittelbar betroffen ist und ein einzelner Verstoß grundsätzlich noch nicht ins Gewicht fällt. Bei diesen Verstößen muss daher regelmäßig ein massives Fehlverhalten in Rede stehen.
84Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris, und - 20 B 607/13 -, a. a. O.; Saarl. OVG, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5. Mai 2014 - 10 S 30/14 -, a. a. O.
85Unter letztlich gleichen Voraussetzungen kann die Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann angenommen werden, wenn Sammelcontainer ohne die erforderliche Erlaubnis des Verfügungsberechtigten auf Privatgrundstücken aufgestellt werden.
86Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5. Mai 2014 - 10 S 30/14 -, a. a. O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 17 K 2897/13 -, juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 607/13 -, a. a. O.
87Ist in diesem Sinne in der Vergangenheit unzuverlässiges Handeln festzustellen, muss dieses Verhalten mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt.
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, § 18 Rn. 23; Karpenstein/Dingemann in: Jarass/ Petersen, KrWG-Kommentar, § 18 Rn. 77.
89Insoweit ist - neben dem Charakter der Verstöße - naturgemäß eine zeitliche Komponente zu beachten. Je länger ein Verstoß zurückliegt, desto mehr müssen andere Aspekte hinzukommen, die in ihrer Gesamtschau die Prognose künftiger Rechtsverstöße rechtfertigen. Umgekehrt bedeutet dies, dass bei aktuellen oder in jüngerer Zeit festgestellten Verstößen die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Rechtsverstöße regelmäßig größer ist, so dass strengere Anforderungen an den "Gegenbeweis" anzulegen sind. Hat der Betroffene bis in die jüngste Vergangenheit hinein wiederholte oder schwerwiegende einschlägige Rechtsverstöße begangen, ist die Zusicherung zukünftiger Rechtstreue regelmäßig nicht mehr als eine vage Hoffnung, aber keine tragfähige Basis für eine behördliche Zuverlässigkeitsprognose.
90Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 4 E 1094/12 -.
91Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass einem Wohlverhalten unter dem Druck eines Untersagungsverfahrens regelmäßig allenfalls ein geringerer Indizwert zukommt.
92Vgl. in diesem Sinne OVG NRW, Beschluss vom 5. April 2006 - 4 B 1531/05 -.
93Umgekehrt gilt aber, dass ein Fehlverhalten in diesem Verfahrensstadium ein ungleich höheres Gewicht erhält. Wer sich nicht einmal unter dem Druck avisierter behördlicher Maßnahmen oder während eines gerichtlichen Verfahrens rechtstreu verhält, von dem kann dies ohne eine solche Sondersituation erst recht nicht erwartet werden.
94c) Ausgehend hiervon ist die Klägerin bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ihres Verhaltens unzuverlässig, weil sie ihre Sammlung - nicht nur im Gebiet des Beklagten - unter systematischen Verstößen gegen Straßenrecht und privatrechtliche Verfügungsbefugnisse durchgeführt und dies selbst noch nach Erlass der angefochtenen Verfügung fortgesetzt hat (im Folgenden aa). Unabhängig davon vermittelt auch das Auftreten des Geschäftsführers der Klägerin im Geschäftsverkehr den Gesamteindruck, dass die Klägerin generell keine Gewähr dafür bietet, Sammlungen zukünftig ordnungsgemäß durchzuführen (im Folgenden bb).
95aa) Die Unzuverlässigkeit der Klägerin gründet sich schon darauf, dass die ihr im Kreisgebiet des Beklagten zuzurechnenden Container wiederholt unter Verstoß gegen Straßenrecht und private Verfügungsrechte aufgestellt wurden. Zu solchen Verstößen ist es auch noch während des Verwaltungsverfahrens und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens gekommen. Dieser Befund wird zudem bestätigt durch Feststellungen anderer Gerichte und Behörden über entsprechende Verhaltensweisen der Klägerin im übrigen Bundesgebiet.
96Für das Gebiet des Beklagten hat dieser mit Fotos belegte Dokumentationen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin wiederholt Container unter Verstoß gegen Straßenrecht aufgestellt hat. Dem hat die Klägerin überwiegend gar nicht, jedenfalls aber nicht in hinreichend substantiierter Form widersprochen. Eine weitere Aufklärung war dementsprechend nicht angezeigt. Das betrifft zunächst einen Sammelcontainer der Klägerin am T3. Weg in T. , der ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt wurde. Dieser mit mehreren Fotos bewiesene Verstoß wiegt nicht zuletzt deshalb schwer, weil sich aus der einschlägigen Dokumentation ergibt, dass die Sammlung auch im Übrigen nicht ordnungsgemäß erfolgte. Es ist eindeutig zu erkennen, dass zu sammelnde Kleidung, möglicherweise aber auch sonstige Abfälle in großem Umfang um den überfüllten Container verteilt waren. Neben der (weiteren) Verletzung des Straßenrechts begründet dies zusätzliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Umwelt, durch eine Art wilde Müllkippe. Hinzu kommt, dass dadurch die Qualität des Sammelgutes erheblich beeinträchtigt wird, so dass von einer ordnungsgemäßen Verwertung nicht ausgegangen werden kann.
97Darüber hinaus wurden im September 2013 durch die Klägerin mehrere Sammelcontainer im Gebiet der Gemeinde F2. teils auf öffentlichem Grund, teils ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers auf Privatgelände und dort so aufgestellt, dass für die Nutzung öffentlicher Straßenraum in Anspruch genommen werden musste. Dieses Verhalten ihres eigenen Fahrers hat die Klägerin lediglich mit Nichtwissen bestritten. Dies reicht schon deshalb nicht aus, weil sich der Vorgang in ihrem Betriebsbereich abgespielt hat. Dieser Vorfall wiegt im Übrigen deshalb besonders schwer, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein gerichtliches Verfahren zu den Sammlungsaktivitäten der Klägerin anhängig war und dort ihre Zuverlässigkeit in Rede stand. Wenn die Klägerin sich gleichwohl weder um Straßenrecht noch um private Eigentumsrechte kümmert, kann nicht erwartet werden, dass sie dies ohne das Bestehen einer vergleichbaren Druck- oder Kontrollsituation tun würde.
98Diese Prognose gilt umso mehr angesichts des Vorfalls in X. -T2. vom Juni 2014. Zwar mag der dort aufgestellte Sammelcontainer aufgrund eines Nutzungsvertrages noch auf Privatgelände stehen. Aus der von dem Beklagten vorgelegten Fotodokumentation ergibt sich jedoch, dass für die Nutzung dieses Containers der öffentliche Straßenraum in Anspruch genommen werden muss. Im Übrigen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt gemäß § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels der Klägerin bereits entfallen war und sie sich deshalb an die Untersagungsverfügung an sich hätte halten müssen. Um diese Frage hat sie sich indes - selbst nach Vorhalt des Beklagten - nicht weiter gekümmert.
99In seine Bewertung, dass dieser Sachverhalt die Prognose der Unzuverlässigkeit nachhaltig stützt, war dabei nicht einmal einzubeziehen, dass nach den von dem Beklagten in seinem Schriftsatz vom 4. Mai 2015 näher dargelegten Ermittlungen der von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Nutzungsvertrag eine Fälschung ist. Da es hierauf nicht ankam, bedurfte es der von den Prozessbevollmächtigten zu 2. der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragten Schriftsatznachlassfrist nicht.
100Bei der gebotenen Bewertung des Verhaltens der Klägerin ist im Hinblick auf diese Verstöße zudem zu berücksichtigen, dass sie im Kreisgebiet nur wenige als ihr gehörend gekennzeichnete Container aufgestellt hat. Nach den Dokumentationen des Beklagten lässt sich nicht feststellen, dass auch nur einer dieser Container straßenrechtskonform aufgestellt wurde. Ob die erforderlichen Genehmigungen der - teilweise betroffenen - Grundstückseigentümer vorliegen, ist zudem durchweg offen.
101In diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass die Aktivitäten des für die Klägerin im Gebiet des Beklagten tätigen Unternehmens G. ebenfalls durch systematische Verstöße gegen Straßenrecht und privatrechtliche Verfügungsbefugnisse gekennzeichnet sind, die sich die Klägerin zumindest aufgrund des bestehenden Auftragsverhältnisses im Rahmen ihrer abfallrechtlichen Verantwortung als Trägerin der angezeigten Sammlung bereits nach allgemeinen Grundsätzen zurechnen lassen muss. Die Geschäftsbeziehung hat die Klägerin selbst ‑ allerdings erst auf entsprechenden eingehenden Vortrag des Beklagten hin - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat explizit bestätigt. Auch das Unternehmen G. hat ‑ nach mehreren Nachfragen ‑ gegenüber dem Beklagten erklärt, ihre Sammeltätigkeit im Gebiet des Beklagten ausschließlich für die Klägerin durchzuführen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin in diesem Zusammenhang ergänzend klargestellt und auf ausdrückliche Nachfrage des Beklagten wiederholt, dass dem Unternehmen G. allein untergeordnete ausführende Tätigkeiten übertragen seien, es weder über eine eigene Organisation hinsichtlich der vorliegenden Sammlung noch über eigene Container verfüge und die von ihm im Kreisgebiet aufgestellten Container in ihrem Eigentum stünden.
102Die insoweit dokumentierten Verstöße hat die Klägerin nicht bestritten, sie macht lediglich geltend, hierfür nicht verantwortlich zu sein. Dies widerspricht ihrer Verantwortung als Trägerin der von ihr angezeigten Sammlung fundamental und begründet bereits für sich genommen durchgreifende Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Zudem lässt die fehlende Organisationsverantwortung des Unternehmens G. nur darauf schließen, dass die Klägerin die Grundstrukturen der Sammlung und damit insbesondere die Aufstellungsorte der Container selbst in der Hand behält. Unabhängig davon kann von einer fehlenden Zurechenbarkeit schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil insoweit engste personelle Verflechtungen zwischen der Klägerin und dem Unternehmen G. existieren. Dessen Inhaber, Herr E1. , ist gleichzeitig als Vertreter der Klägerin aufgetreten und besitzt eine auf die Klägerin hindeutende E-Mail-Adresse.
103Von der Klägerin sind durch das Unternehmen G. wiederholt Sammelcontainer im öffentlichen Straßenraum oder so auf Privatflächen abgestellt worden, dass ihre Nutzung über öffentliche Verkehrsflächen erfolgen musste (so etwa bei insgesamt sechs Containern in T. , Q. Weg und D. Straße; in S. , M1. Straße; drei Containern in X. ; X. -O2. , C2.----straße und M2. ). Darüber hinaus erfolgte die Aufstellung auf Privatgelände oftmals ohne Einverständnis des Berechtigten (so in T. am C3.---weg , in X. -C4. und in Bad T4. , T5.-------straße ). Der zuletzt genannte Fall wiegt besonders schwer, weil er sich im September 2014 und damit im laufenden Berufungsverfahren und zu einem Zeitpunkt, als die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels bereits entfallen war, ereignet hat. In zumindest einem Fall wurde ein Container auch mit einem Aufkleber fälschlicherweise als "genehmigt" markiert (X. -T6. , Alte L2.----straße ).
104An einer Verwertung des Inhalts der ein von dem Beklagten gegen das Unternehmen G. eingeleitetes Untersagungsverfahren betreffenden Beiakte Heft 6 ist der Senat dabei trotz der hiergegen erhobenen Einwände der Prozessbevollmächtigten zu 2. der Klägerin nicht gehindert. Entgegen der von diesen geäußerten Auffassung bestand ausreichend Gelegenheit, in die beigezogene Verwaltungsakte bei Gericht, gegebenenfalls auch noch am Terminstag, Einsicht zu nehmen. Warum sich die neuen Prozessbevollmächtigten, die sich erst zwei Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestellt haben, hierzu nicht in der Lage sahen, ist schon deshalb unerheblich, weil die bisherigen Prozessbevollmächtigten, die ebenfalls Einsicht in die beigezogene Akte beantragt hatten, gegen diese vom Senat am 29. April 2015 vorgegebene Verfahrensweise keine Einwände erhoben haben. Etwaige Unzuträglichkeiten, die sich aus der kurzfristigen Mandatsübernahme ergeben, fallen im Übrigen in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Diese konnte namentlich nicht damit rechnen, dass noch zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung eine Akteneinsicht durch Übersendung an ihre neuen Prozessbevollmächtigten würde erfolgen können. Hinzu kommt, dass die gegen das Unternehmen G. erhobenen Vorwürfe der Sache nach bereits seit April 2014 bekannt waren. Aufgrund der von der Klägerin selbst dargestellten organisatorischen Verantwortung für die von dem Unternehmen G. betreuten Sammlungen und der bestehenden personellen Identitäten ist schließlich die Berufung darauf, von den Ermittlungsergebnissen des Beklagten nichts zu wissen, offensichtlich eine reine Schutzbehauptung. Es ist entweder lebensfremd oder Ausdruck fehlender Wahrnehmung der abfallrechtlichen Verantwortung, dass die Klägerin von dem Verfahren gegen ihren ‑ nach eigenen Angaben ‑ allein mit "untergeordneten ausführenden Tätigkeiten" betrauten Dienstleister nichts erfahren haben will.
105Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob es vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Unternehmen G. gibt, die gerade für den Beklagten ein Weisungsrecht der Klägerin vorsehen,
106vgl. für andere Kreise VG Minden, Urteile vom 24. Mai 2014 - 11 K 1711/13 ‑ und 11 K 3593/13 ‑,
107da nach der Darstellung der Klägerin sie jedenfalls die Organisation insgesamt in der Hand hat.
108Die der Klägerin zuzurechnenden systematischen Verstöße des Unternehmens G. gegen maßgebliche Regelungen zum Einsammeln von Alttextilien im Kreisgebiet des Beklagten werden darüber hinaus durch die in den den Beteiligten bekannten Urteilen des Verwaltungsgerichts Minden vom 24. Mai 2014 ‑ 11 K 1711/13 ‑ und ‑ 11 K 3593/13 ‑ enthaltenen Feststellungen auch für andere Sammlungen der Klägerin bestätigt. Die auffälligen Parallelen zum Verhalten im Gebiet des Beklagten sprechen insoweit für sich. Auch den Feststellungen in den beiden zuvor zitierten und nach den Senatsbeschlüssen vom 27. Januar 2015 ‑ 20 A 1324/14 ‑ und ‑ 20 A 1344/14 ‑ inzwischen rechtskräftig gewordenen Urteilen ist die Klägerin nicht, geschweige denn in substantiierter Form entgegengetreten.
109Eine weitere Bestätigung der systematischen Missachtung straßenrechtlicher Vorschriften enthält ‑ entgegen der Auffassung der Klägerin ‑ die ebenfalls rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Saarlouis vom 8. Juli 2013 ‑ 10 L 828/13 ‑, juris. Nach dessen Feststellungen, denen die Klägerin in der Sache nicht entgegengetreten ist, verzichtet sie (auch) im Saarland systematisch darauf, Sondernutzungserlaubnisse für die Aufstellung ihrer Container einzuholen. Dabei ist der zitierten Entscheidung auch nicht im Ansatz zu entnehmen, dass es in allen dokumentierten Fällen um schwierige Abgrenzungsfragen des Sondernutzungsrechts gegangen wäre, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat. Im Gegenteil betont das Verwaltungsgericht Saarlouis, dass es für die Klägerin im Regelfall, wenn auch möglicherweise nicht immer, offensichtlich war, ob eine Sondernutzung vorliegt. Im Hinblick auf Container, die auf Privatgrundstücken standen, deren Nutzung aber die Inanspruchnahme öffentlicher Flächen erfordert, hat das Verwaltungsgericht Saarlouis auch allein die oben dargestellte, langjährige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zum Vorliegen einer Sondernutzung zugrunde gelegt und nicht ‑ überraschenderweise ‑ weitergehende Sondernutzungsformen statuiert. Das in jenem Verfahren dokumentierte Verhalten zeigt damit im Übrigen, dass sich die Klägerin um diese Anforderungen des Straßenrechts gerade nicht kümmert, sondern Rechtsbrüche billigend in Kauf nimmt, zumal sie in keinem der dem Verwaltungsgericht Saarlouis vorliegenden Fälle auch nur einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gestellt hat (vgl. Rn. 24 des zitierten Beschlusses). Auch das Verwaltungsgericht Minden hat entsprechende Aktivitäten nicht feststellen können. Für das Gebiet des Beklagten gilt Gleiches.
110Worauf der Beklagte angesichts dessen eine Prognose, die Klägerin werde sich zukünftig rechtstreu verhalten, stützen könnte, ist nicht zu erkennen. Es zeigt sich vielmehr exemplarisch ein Verhaltensmuster, wonach die Klägerin geltendes Recht allenfalls dann zu akzeptieren bereit ist, wenn andernfalls konkrete Sanktionen drohen. Von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden ist jedoch zu erwarten, dass er sich stets, d. h. auch ohne äußeren Druck, an das geltende Recht hält und sich gegebenenfalls kundig macht, was dieses von ihm fordert.
111bb) Die Unzuverlässigkeit der Klägerin gründet sich im Übrigen auch darauf, dass das Auftreten ihres Geschäftsführers im Geschäftsverkehr den Gesamteindruck vermittelt, dass die Klägerin generell keine Gewähr dafür bietet, ihr Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß durchzuführen, dies vielmehr danach letztlich auszuschließen ist. Dieser Gesamteindruck wird maßgeblich nicht nur durch das unter aa) dargestellte Auftreten der Klägerin, sondern vielmehr auch durch die engen persönlichen und geschäftlichen Beziehungen der Klägerin und ihres Geschäftsführers zu anderen Unternehmen geprägt, die selbst wiederum durch eine systematische Missachtung des für sie geltenden Rechts aufgefallen sind.
112In diesem Zusammenhang ist zunächst die Tätigkeit der Klägerin für den Verein Babynotfallhilfe E. e. V. zu nennen. Diese Geschäftsbeziehung ist, wie sich aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen und unter anderem den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Arnsberg im Beschluss vom 20. März 2013 ‑ 8 L 916/12 ‑ und im Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2013 ‑ 8 K 3344/12 ‑ ergibt, geprägt von einer durchgehenden Missachtung des Straßenrechts und der privatrechtlichen Verfügungsbefugnisse der betroffenen Grundstückseigentümer. Die für den Verein Babynotfallhilfe E. e. V. aufgestellten Container waren durchweg so platziert, dass eine Befüllung nur vom öffentlichen Straßenraum aus möglich war, teilweise ‑ insbesondere in I. ‑ sogar verbunden mit einer erheblichen Gefährdung der Nutzer und der Verkehrsteilnehmer.
113Dass darüber hinaus im Rahmen der kollusiven Zusammenarbeit mit dem Verein Babynotfallhilfe E. e. V. die Gemeinnützigkeit einer Sammlung lediglich vorgetäuscht wurde,
114vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 20. März 2013 - 8 L 916/12 -, juris, und Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2013 - 8 K 2244/12 -,
115verleiht diesem Verhalten im vorliegenden Kontext zusätzliches Gewicht.
116Diesen vom Beklagten substantiiert erhobenen Einwänden ist die Klägerin nicht in beachtlicher Weise entgegengetreten. Neben der pauschalen Erklärung, es werde in der Regel unzutreffend über die Aktivitäten berichtet, hat sie lediglich geltend gemacht, die Zusammenarbeit mit dem Verein Babynotfallhilfe E. e. V. sei im November 2012 beendet worden. Eine schriftliche Kündigung hat die Klägerin aber auch auf konkrete Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat trotz des in dem Kooperationsvertrag vom 28. Februar 2012 vereinbarten Schriftformerfordernisses nicht vorgelegt. Schon deshalb ist diese Erklärung wenig glaubhaft. Unabhängig davon stammen die von dem Beklagten eingeführten Berichte zu den Aktivitäten des Vereins Babynotfallhilfe E. e. V. alle aus der Zeit vor der angeblichen Kündigung. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals geltend gemacht hat, die Zusammenarbeit sei beendet worden, weil sich der Verein Babynotfallhilfe E. e. V. wiederholt nicht an die vereinbarte Exklusivität der Zusammenarbeit gehalten habe, lässt sich diesem allgemeinen und vagen Hinweis nicht ansatzweise - geschweige denn in überprüfbarer Weise - entnehmen, dass dies bei einer, mehreren oder allen hier in Rede stehenden Sammlungen der Fall gewesen wäre. Dies gilt umso weniger, als etwa in Freiburg (Bericht der Badischen Zeitung vom 16. Oktober 2012) die Leerung der dort aufgestellten Sammelcontainer des Vereins Babynotfallhilfe E. e. V. von einem Fahrzeug mit Kennzeichen des Landkreises X3. -G1. (L3. ) erfolgte, in dessen Gebiet sich der Sitz der Klägerin befindet. Bei der Sammlungsanzeige des Vereins Babynotfallhilfe E. e. V. für das Gebiet des Beklagten im August 2012 wurde zudem die Rechtsvorgängerin der Klägerin als ausführendes Unternehmen benannt. Dass die festgestellten Verstöße ihr gleichwohl nicht zugerechnet werden könnten, ist weder ersichtlich noch ansatzweise substantiiert behauptet worden. Unabhängig davon änderte eine Einschaltung weiterer Sammelunternehmen nichts daran, dass die Klägerin an einer vorgetäuschten gemeinnützigen Sammlung verantwortlich mitgewirkt hat.
117Eine weitere zur Unzuverlässigkeit der Klägerin führende Geschäftsbeziehung unterhält diese mit dem Unternehmen G. , das - wie ausgeführt - nicht nur im Gebiet des Beklagten ebenfalls durch systematische Verstöße gegen Straßenrecht und private Verfügungsbefugnisse aufgefallen ist.
118Aus den rechtskräftigen Urteilen des Verwaltungsgerichts Minden vom 24. Mai 2014 - 11 K 1711/13 und 11 K 3593/13 - ergibt sich zudem eine Geschäftsverbindung der Klägerin zur F3. -U. KG, die ebenfalls für die Klägerin tätig geworden ist und sich ebenfalls durch ein systematisches Missachten straßenrechtlicher und privatrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit dem Einsammeln von Abfällen hervorgetan hat. Für die F3. -U. KG fungiert(e) der Geschäftsführer der Klägerin als Prokurist und Kommanditist, neben seinem Bruder K. O1. . Der hierauf bezogene Einwand der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass es das Unternehmen nicht mehr gebe und deshalb auch keine Zusammenarbeit mehr stattfinde, ändert an diesen Tatsachen nichts.
119Eine gleiche Konstellation ergibt sich für die M. KG aus F4. , in der die Brüder W. und K. O1. als Prokuristen fungieren. Dieses Unternehmen wiederum ist nach den substantiierten Ausführungen des Beklagten ebenfalls ‑ in Thüringen ‑ wegen Missachtung straßenrechtlicher Anforderungen auffällig geworden. Dem ist die Klägerin wiederum nicht entgegen getreten. Soweit sie darauf hinweist, es handele sich bei der M. KG um ein selbständiges Unternehmen, mag dies zutreffen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Geschäftsführer der Klägerin für dieses Unternehmen Verantwortung trägt und damit die von diesem Unternehmen verwirklichten Unzuverlässigkeitsmerkmale auch auf die Klägerin durchschlagen. Der hierauf bezogene Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, erstens von nichts zu wissen und zweitens von einer Prokura nicht auf operative Einflüsse auf die Sammeltätigkeit schließen zu können, liegt gleich mehrfach neben der Sache. So ist die Klägerin auf den in Rede stehenden Sachverhalt bereits durch die Berufungserwiderung vom 2. April 2014 hingewiesen worden. Im Weiteren ist der Geschäftsführer der Klägerin als Prokurist der M. KG auch selbstverständlich in der Lage, sich entsprechendes Wissen zu verschaffen. Die Verantwortung endet nicht vor der operativen Sammeltätigkeit.
120Angesichts dessen besteht auch ausreichende Veranlassung, der Klägerin über die Person ihres Geschäftsführers das Verhalten der (früheren) C. GmbH zuzurechnen. Aus deren Sammlungsanzeigen unter anderem gegenüber dem Beklagten, jedoch auch in zahlreichen weiteren Fällen, ergibt sich, dass der Geschäftsführer der Klägerin als für die Sammlung Verantwortlicher der C. GmbH fungierte. Auch diese Gesellschaft ist bundesweit wegen zahlloser Verstöße gegen Straßenrecht aufgefallen.
121Der Erklärung der Klägerin, ihr Geschäftsführer sei im Rahmen der Anzeige der C. GmbH nach § 53 KrWG nur irrtümlich als Sammlungsverantwortlicher genannt worden, tatsächlich habe sein Bruder K. O1. diese Funktion innegehabt, kann schon im Ansatz nicht gefolgt werden. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, dass ein entsprechender "Irrtum" erst mehr als ein Jahr später aufgefallen sein soll - die korrigierte Sammleranzeige stammt vom 4. September 2013, die ursprünglichen Anzeigen vom 6. Juni 2012. Denn die C. GmbH hat diese Angaben in jener Zeit in einer Vielzahl von Fällen und gegenüber einer Vielzahl von Behörden ‑ auch im Zusammenhang mit Sammlungsanzeigen der AG Textilverbund ‑ gemacht. Auch der Umstand, dass nicht nur der Vorname des Klägers genannt wird, sondern sich in den Anzeigen auch sein korrektes Geburtsdatum findet, spricht gegen einen solchen Irrtum. Unabhängig davon erklärte sich eine solche konkretisierte Angabe von vornherein nicht, wenn der Geschäftsführer der Klägerin, wie angegeben, mit der C. GmbH nichts zu tun gehabt hätte. Warum dann deren Geschäftsführer auf die Idee gekommen sein könnten, ihn - mit korrekten Personalien - als Sammlungsverantwortlichen anzugeben, wäre schlicht nicht zu erklären. Dem entspricht, dass auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keinen Grund für diesen angeblichen Irrtum nennen konnte. Allerdings erscheint es angesichts der korrekten persönlichen Daten und der unmittelbar darüber in der Rubrik "Betriebsinhaber, gesetzlicher Vertreter des Betriebsinhabers, vertretungsberechtigter Gesellschafter, Geschäftsführer" angegebenen Personalien des Bruders als ausgeschlossen, dass jemand schlicht "durcheinander gekommen" ist. Hinzu kommt, dass dies bei zwei unabhängigen Anzeigen - gegenüber den Regierungspräsidien L1. und H1. - hätte geschehen müssen. Zudem wird die enge Verbindung der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers mit der C. GmbH durch das von dem Beklagten geschilderte Verhalten und die Erklärungen eines Mitarbeiters der Klägerin aus September 2013 bestätigt, als dieser unter anderem die Herausgabe der Sammlungscontainer mit der Kennzeichnung der C. GmbH für die Klägerin bzw. das von ihr beauftragte Unternehmen G. forderte.
122Vor diesem Hintergrund spricht für die Unzuverlässigkeit der Klägerin auch ihre Beteiligung in Person ihres Geschäftsführers an der AG Textilverbund, deren Geschäftsgebaren der Senat in mehreren Eilverfahren als unseriös und die Verantwortlichen deshalb als unzuverlässig gewertet hat.
123Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Dezember 2013 - 20 B 869/13 -, 20 B 319/13 - und - 20 B 205/13 -; siehe ferner die die C. GmbH betreffenden Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 - 20 B 444/13 - und - 20 B 627/13 -, alle juris.
124Schließlich hat der Beklagte ebenfalls in der Sache unwidersprochen auf enge Beziehungen der Klägerin mit dem als unzuverlässig einzustufenden Unternehmen L. hingewiesen.
125Diese Umstände lassen insgesamt bei der gebotenen Gesamtschau und verständigen Würdigung nur den Schluss zu, dass die Klägerin selbst unzuverlässig ist. Es liegt nahe, dass es sich bei diesen zahlreichen Verbindungen nicht um bloße Zufälligkeiten handelt. Selbst wenn man dies jedoch zugunsten der Klägerin unterstellen wollte, bliebe der Befund bestehen, dass sie sich offensichtlich nicht daran stört, dass ihre Geschäftspartner teilweise in ihrem Namen das für sie geltende Recht systematisch missachten. Dass sich dies in Zukunft nicht wiederholen wird, ist deshalb nicht zu erwarten, zumal die Klägerin zwar konkret angegeben hat, mit mehreren Unternehmen zusammenzuarbeiten, die für sie Sammlungen durchführten. Auch auf konkrete Nachfragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat es ihr Prozessbevollmächtigter aber abgelehnt, diese Kooperationspartner zu benennen.
126Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen bedarf es keiner abschließenden Entscheidung mehr, ob in die Bewertung des durch das Auftreten des Geschäftsführers der Klägerin im Geschäftsverkehr vermittelten Gesamteindrucks auch eingestellt werden kann, dass sie gegenüber dem Beklagten möglicherweise (bewusst) falsche und/oder verschleiernde Angaben gemacht hat, um diesem die ihm zukommende Kontrolle unmöglich zu machen oder zumindest wesentlich zu erschweren. Dies könnte hier aber deshalb in Rede stehen, weil die Kläger in ihrer Anzeige an keiner Stelle zum Ausdruck gebracht hat, bei ihrer Sammlung Drittbeauftragte einzuschalten, und die ihr gehörenden Container teilweise mit einer solchen Kennzeichnung versehen sind, die für diese Container die Verantwortlichkeit eines anderen Unternehmens nahe legt. Aufgrund dessen liegt der Schluss nicht fern, dass der Beklagten ‑ planmäßig ‑ in die Irre geführt werden soll. Seiner Aufgabe, ordnungsgemäße Zustände zu gewährleisten, kann er so allenfalls mit unnötig großem Ermittlungsaufwand und damit einhergehendem Zeitverlust nachkommen. Dies zeigt sich hier exemplarisch in Bezug auf das Unternehmen G. , das erst im Laufe eines zeitintensiven Untersagungsverfahrens und nach mehrfachen Anfragen klarstellte, selbst nicht Trägerin einer Sammlung zu sein. Erst im Anschluss daran konnte der Beklagte die Klägerin als Verantwortliche heranziehen. Die aus den Akten ersichtliche Verzögerungstaktik des Unternehmens G. widerlegt zugleich die Behauptung der Klägerin, die Strukturen dienten nicht der Verschleierung; sie seien auch jederzeit auf Nachfrage offen gelegt und die Überwachung nicht erschwert worden. Unabhängig davon ist sie auch hinsichtlich der Klägerin offensichtlich falsch; die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen G. hat sie auf Vorhalt vom 2. April 2014 erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich eingeräumt und bis heute die Angaben der weiteren Kooperationspartner verweigert.
127d) Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Klärung, ob sich die Unzuverlässigkeit der Klägerin auch daraus ergibt, dass sie trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Beklagten jedenfalls im gerichtlichen Verfahren ihrer Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht bzw. nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
128Die Klägerin hat allerdings deutlich zu erkennen gegeben, dass sie jedenfalls nicht bereit ist, die Anforderungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG ernst zu nehmen. Anders ist der Vortrag, es sei eine reine Unterstellung, dass sie tatsächlich die von ihr prognostizierten Mengen einsammeln werde, hierbei handele es sich vielmehr um "Wunschgrößen", nicht zu verstehen. Sie macht damit deutlich, dass ihre Angaben keine Grundlage dafür sein können und sein sollen, dass der Beklagte insbesondere die Einhaltung der Anforderungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG überprüfen kann. Damit entzieht sich die Klägerin bewusst der vom Gesetzgeber mit der Anzeigepflicht verfolgten Kontrollmöglichkeit.
129Zur Erforderlichkeit einer plausibel geschätzten Prognose Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 43, m. w. N.
130Darüber hinaus spricht vieles dafür, dass sie mit Blick auf § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihr eingesammelten Alttextilien nicht, jedenfalls nicht hinreichend dargelegt hat.
131Zwar ist im Einzelnen umstritten, welche Anforderungen im Rahmen des § 18 Abs. 2 Nrn. 3 bis 5 KrWG zu stellen sind. Da die Anzeigepflicht aber generell der zuständigen Behörde die Möglichkeit geben soll, die materielle Rechtmäßigkeit der Sammlung zu prüfen, zu der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG auch die schadlose Verwertung gehört, ist von einer hinreichenden Darlegung der Verwertungswege allenfalls dann auszugehen, wenn der Träger der Sammlung nachvollziehbar und transparent schildert, dass und wie der gesammelte Abfall der Verwertung zugeführt wird. Erforderlich ist dabei regelmäßig, dass er - sofern er die Abfälle nicht selbst verwertet - sein Vertragsverhältnis mit einem Verwertungsunternehmen, das selbst über die erforderlichen Genehmigungen verfügt, offenlegt. Aus diesem Innenverhältnis muss sich zumindest der Verbleib der angezeigten Sammelmenge sowie ‑ im Hinblick auf das Merkmal ordnungsgemäß (§ 7 Abs. 3 KrWG) ‑ die Wahrung der Abfallhierarchie ergeben.
132Die Frage, ob dabei angesichts des typischerweise bestehenden ökonomischen Interesses an einer möglichst weitgehenden Verwertung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind,
133vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. August 2013 ‑ 7 ME 62/13 -, NVwZ-RR 2013, 957; OVG Rh.‑Pf., Beschluss vom 9. Oktober 2013 - 8 B 10791/13 -, NVwZ-RR 2014, 135; VG Düsseldorf, Urteil vom 2. August 2013 - 17 K 7953/12 -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 49,
134oder ob aus dem Begriff der "Darlegung" in § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG in Verbindung mit dem Schutzgut des Kreislaufwirtschaftsgesetzes folgt, dass nach § 18 Abs. 2 Nrn. 4, 5 KrWG eine lückenlose Kette des Verwertungsweges einschließlich der Verwertungsverfahren sowie der genutzten Anlagen aufzuzeigen ist,
135so Bay. VGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - 20 B 14.666 -, AbfallR 2015, 79, m. w. N.; Wenzel, ZUR 2014, 579; vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 4. Juli 2013 - 8 B 10553/13 -, juris,
136wird bislang nicht einhellig beantwortet. Allerdings dürfte der Sinn der Anzeigepflicht und der Verzicht auf Nachweise dafür sprechen, dass eher der letztgenannten Auffassung zu folgen ist, zumal auch bei einem langjährig positiven Marktpreis für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Preisverfall insgesamt oder in Teilsegmenten eintritt und die Verwertung wirtschaftlich weniger lohnend wird und gegebenenfalls die Wahrung der Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) beeinträchtigen kann.
137Vorliegend sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass es auch bei einer großzügigen Betrachtung an einer hinreichenden Darlegung der Verwertungswege und der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Alttextilien fehlt. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil die entsprechenden Schilderungen der Klägerin in der Sammlungsanzeige vom 25. August 2012 und im Berufungsverfahren weder in sich widerspruchsfrei sind noch eine insgesamt transparente Darlegung der Verwertungswege enthalten. So trägt die Klägerin ‑ erstmals im Berufungsverfahren ‑ vor, die gesammelten Alttextilien in einem Lager in X2. ‑ offenbar nur grob ‑ vorzusortieren. Die eigentliche Vorbereitung zur Wiederverwendung und zum Recycling soll von den Unternehmen W1. TEXTILE RECYCLING und P. B. erfolgen. Diese wiederum sollen die gesammelten Alttextilien in B1. abholen. Wie dies für die in X2. gelagerten Textilien praktisch umzusetzen ist, bleibt offen. Darüber hinaus ist zumindest für das Unternehmen P. B. weder dargelegt noch ersichtlich, dass dieses für die in Rede stehenden Verwertungsverfahren zertifiziert ist. Die vorgelegten Bescheinigungen lassen dies nicht erkennen. Zudem wird durch die von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungen nur die Abnahme von Alttextilien in einer Größenordnung von etwa 7.400 t sichergestellt. Ausgehend von den im Internet veröffentlichten Informationen der Klägerin,
138‑ vgl. http://dtrw.de/ueber-uns/unternehmen ‑
139stellt sie bundesweit 12.000 Altkleidercontainer auf. Legt man nur die Angaben der Klägerin zu den - im Vergleich zu den angezeigten Sammelmengen deutlich geringeren - tatsächlich im Gebiet des Beklagten gesammelten Abfallmengen zugrunde, ergibt sich eine mindestens doppelt so hohe jährliche Sammelmenge der Klägerin, für deren Verbleib und Verwertung entsprechende Nachweise und Darlegungen fehlen.
140Vgl. dazu bereits VG Minden, Urteile vom 24. Mai 2014 - 11 K 1711/13 und 11 K 3593/13 -, auch zu ähnlichen tatsächlichen Erträgen pro Container im Kreis Q1. .
141Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hinweist, bei der Übernahme durch das Unternehmen P. B. handele es sich lediglich um eine Mindestabnahmemenge, ändert dies hieran nichts. Denn dieser Bescheinigung lässt sich entnehmen, dass derzeit lediglich 2.000 t Altkleider abgenommen werden. Nach den eigenen Angaben der Klägerin muss ihre aktuelle jährliche Sammelmenge deutlich darüber liegen.
142Die vorliegenden Bescheinigungen dürften damit erst recht ungeeignet sein, eine ordnungsgemäße Verwertung für die Vergangenheit nachträglich nachzuweisen. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob ein entsprechender nachträglicher Nachweis im Rahmen des § 18 Abs. 7 KrWG zulässig wäre.
143Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 122/13 -, juris; dagegen Wenzel ZUR 2014, 579, 589.
144Schon aus diesem Grund kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz im Sinne dieser Vorschrift berufen. Unabhängig davon käme dieser nur im Hinblick auf eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG in Betracht. Für eine Untersagung wegen Unzuverlässigkeit, wie sie hier rechtmäßig vorliegt, bleibt diese Regelung außer Betracht.
1453. Angesichts der nach Vorstehenden gegebenen Unzuverlässigkeit der Klägerin kann offenbleiben, ob die Untersagung der angezeigten Sammlung auch auf der Grundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfolgen konnte, weil der Sammlung möglicherweise überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG entgegenstehen, wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat. Gleichfalls bedarf es keiner ‑ abschließenden ‑ Auseinandersetzung mit der Frage, ob die angeführten defizitären Angaben in der Sammlungsanzeige die Annahme rechtfertigen, dass die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung, wie sie § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG materiell fordert, nicht hinreichend sichergestellt ist. Über die zuvor angeführten Gesichtspunkte hinaus könnte hier allerdings auch dem Umstand Bedeutung zukommen, dass die von der Klägerin gemachten Angaben hinsichtlich des Umgangs mit Fehlwürfen ebenfalls nicht schlüssig sind. Unabhängig von der Frage, ob hierzu im Rahmen der Sammlungsanzeige Angaben erforderlich sind, dürfte die ordnungsgemäße und schadlose Behandlung der zwangsläufig auftretenden Fehlwürfe vom Träger einer Alttextiliensammlung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG jedenfall materiell sicherzustellen sein. Dies könnte hier schon deshalb fraglich sein, weil die Klägerin die unmittelbar bei der Leerung der Container abgetrennten Fehlwürfe nicht dem Beklagten als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlässt.
146II. Die Zwangsmittelandrohung ist auf der Grundlage von §§ 55 ff. VwVG NRW erfolgt. Bedenken gegen ihre Rechtmäßigkeit sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
147Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
148Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte der Beklagten unter dem 9. Januar 2013 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) an, dass sie im Stadtgebiet der Beklagten eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten durchführt. Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Sie betreibe bislang zwei Container und erfasse dort 7 Tonnen Ware pro Jahr. Sie beabsichtige, weitere 50 Container für die Dauer von 10 Jahren aufzustellen und damit ca. 175 Tonnen jährlich zu erfassen.
4Die Beklagte (Fachbereich Umwelt) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 17. Januar 2013 auf, zur Vervollständigung der Anzeige noch nähere Angaben zum Jahresumschlag und eventuell vorhandenen Sondernutzungserlaubnissen zu machen sowie Führungszeugnisse der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen vorzulegen. Die Klägerin übersandte daraufhin die geforderten Führungszeugnisse und gab an, derzeit mit insgesamt drei Containern an zwei verschiedenen Stellplätzen ca. 6 Tonnen Alttextilien und -schuhe im Jahr zu sammeln; die Sammelcontainer stünden auf Privatgrundstücken. Die Stellplatzvereinbarungen mit den jeweiligen Eigentümern fügte die Klägerin bei.
5Mit Schreiben vom 11. Februar 2013 nahm die Beklagte (Fachbereich Finanzen/ Beteiligungen) in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu der Anzeige der Klägerin gemäß § 18 Abs. 4 KrWG im Wesentlichen wie folgt Stellung: Die Sammlung und Erfassung von Alttextilien erfolge im Stadtgebiet über Sammelcontainer der B. GmbH & Co. KG (im Folgenden B. ). Diese sei von der Beklagten vertraglich mit der Erfassung und Verwertung von Alttextilien und -schuhen im Stadtgebiet beauftragt. Durch die angezeigte Sammlung der Klägerin würde die Entsorgungssicherheit und Funktionsfähigkeit des vom beauftragten Unternehmen eingerichteten nutzerfreundlichen Rücknahmesystems beeinträchtigt. Die Klägerin könne eine vollständige Erfassung und Sammlung von Alttextilien im Stadtgebiet nicht sicherstellen. Es müsse daher von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgers ausgegangen werden, da insoweit auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen sei.
6Die B. führte unter dem 25. Februar 2013 aus: Sie unterhalte seit dem Jahr 2000 ein flächendeckendes Sammelsystem. An derzeit 205 Standorten hätten die Bürger die Möglichkeit, Alttextilien schnell und bequem zu entsorgen. Die Container würden im ein- oder zweiwöchigen Entsorgungsturnus geleert. Die Standorte würden regelmäßig kontrolliert und gesäubert und defekte Container würden ausgetauscht. Die Bürger könnten größere Mengen an Alttextilien auch in ihrem Wertstoffzentrum abgeben. Für Bürgeranfragen und Beschwerden in Zusammenhang mit der Alttextilienverwertung stehe ihre Hotline Abfallberatung kontinuierlich zur Verfügung. Jährlich würden ca. 850 Tonnen Altkleider von ihr im Stadtgebiet gesammelt. Die gesammelten Textilien würden einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur Verwertung übergeben. Langfristige Entsorgungsverträge mit den Entsorgungspartnern gewährleisteten eine kontinuierliche Sicherstellung des Entsorgungsangebotes unabhängig von der aktuellen Weltmarktlage für Alttextilien. Als unmittelbar von der Stadt beauftragter Dritter seien die Erträge der Sammlung gebührenrelevant und die erwirtschafteten Erlöse flössen vollständig in die Gebührenkalkulation der Abfallentsorgung der Beklagten ein.
7Mit Bescheid vom 24. Mai 2013 gab die Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung auf, nicht mehr als die bereits bestehenden drei Altkleidercontainer aufzustellen (I.), und befristete die Durchführung der angezeigten Sammlung auf den Zeitraum bis zum 1. Januar 2014 (II.). Weiter wurde der Klägerin aufgegeben, Standortwechsel unter Vorlage des Mietvertrages schriftlich mitzuteilen, jede Veränderung des Verwertungsweges schriftlich anzuzeigen und die Sammelcontainer mit Namen und Anschrift des Unternehmens zu kennzeichnen (III.). Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe an. Zur Begründung führte sie aus: Der Sammlung der Klägerin stünden überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die die Beklagte bzw. der von ihr beauftragte Dritte ein hochwertiges, flächendeckendes Sammelsystem eingerichtet habe. Bei der Bewertung sei auch das Zusammenwirken der gewerblichen Sammlung der Klägerin mit einer Vielzahl weiterer angezeigter Sammlungen zu berücksichtigen. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten. Mit der Befristung der bisherigen Sammlung werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin bereits Investitionen in Form der Mietzahlungen an die Grundstückseigentümer getätigt habe. Sie erhalte so die Möglichkeit, die Mietverträge fristgerecht zu kündigen und bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin das Grundstück für ihre gewerbliche Sammlung zu nutzen. Die übrigen Auflagen seien erforderlich, um sicherzustellen, dass eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Alttextilien erfolge. Die Androhung der Zwangsgelder sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 17. Juni 2013 Klage erhoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Die Beklagte sei nicht die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 5 KrWG, da sie nicht gleichzeitig die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wahrnehmen könne. Die Verfügung der Beklagten sei außerdem verfristet, da sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Anzeige erlassen worden sei. Eine nach Ablauf der dreimonatigen Frist des § 18 Abs. 1 KrWG vorgenommene Verfügung könne aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht aufgrund von Tatsachen erfolgen, die innerhalb dieses Dreimonatszeitraums bekannt gewesen seien. § 18 Abs. 1 KrWG diene insoweit nicht nur dem Schutz der Entscheidungsfähigkeit der Beklagten, sondern auch dem Investitions- und Vertrauensschutz des Sammlers. Nach Fristablauf komme allenfalls eine Untersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG in Betracht. Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des "Verhinderns" in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Mögliche Überkapazitäten rechtfertigten keine Untersagung konkurrierender gewerblicher Sammlungen. Hier sei auch die missglückte Gesetzesfassung des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zu berücksichtigen. Die Angabe der maximalen Sammelmenge führe zu Zahlen, die vermutlich nie erreicht würden. Deshalb obliege es dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abzuschätzen, was tatsächlich realistischerweise gesammelt werden könne. Er habe die bessere Ortskenntnis. Die Einnahmeausfälle der Beklagten beliefen sich bei derzeit sechs Tonnen im Jahr auf höchstens 2.400,00 € jährlich, bei 175 Tonnen im Jahr auf 70.000,00 € jährlich; dem stünden jährliche Gebühreneinnahmen der Beklagten von rund 27 Mio. € gegenüber. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der von der Beklagten beauftragte Dritte die Altkleider nicht selbst verwerte, sondern nur erfasse und an einen Dritten weitergebe. Jedenfalls sei die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG, weil die Beklagte keine Sortierung und Verwertung anbiete, sondern sich insoweit Dritter bedienen müsse.
9In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 11. September 2014 hat die Beklagte die Ziffern II. und III. des Bescheids vom 24. Mai 2013 aufgehoben. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
10Die Klägerin hat beantragt,
11den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2013 in Ziffer I aufzuheben.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte hat sich auf die Begründung der Untersagungsverfügung berufen und ergänzend im Wesentlichen geltend gemacht: Sie sei nach § 1 Abs. 3 ZustVU als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Die Funktionen der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden von getrennten Organisationseinheiten wahrgenommen. Die Funktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers obliege dem Fachbereich Finanzen im Dezernat II, die untere Abfallwirtschaftsbehörde sei hingegen dem Fachbereich Umwelt im Dezernat III zugeordnet. Es finde somit eine organisatorische wie auch personelle Trennung dieser beiden Aufgabenbereiche statt. Die dreimonatige Frist des § 18 Abs. 1 KrWG beziehe sich auf die Anzeige der Sammlung, nicht auf Maßnahmen der Behörde. Im Übrigen sei die Klägerin noch innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Anzeige zum beabsichtigten Erlass der streitgegenständlichen Verfügung angehört worden. Alttextilien unterfielen dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in den Altkleidercontainer sei eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG. Altkleider seien nur dann kein Abfall, wenn sie persönlich bei einer Kleiderkammer abgegeben würden. Das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei erfüllt. Die Beklagte habe die dahingehende Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren. Die Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könne auch nicht als nur geringfügig angesehen werden, da auch das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen berücksichtigt werden müsse und für ihr Stadtgebiet eine Vielzahl gewerblicher Altkleidersammlungen angezeigt worden sei. Bei einer vollständigen Aufstellung der durch Dritte angezeigten Container würde voraussichtlich mindestens die Hälfte der Einsammelmenge der B. wegfallen.
15Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Ziffer I. des angefochtenen Bescheids der Beklagten vom 23. April 2014 aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der angefochtene Bescheid sei zwar formell, nicht jedoch materiell rechtmäßig. Der angezeigten Erweiterung der gewerblichen Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf Letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die von der Beklagten beauftragte B. im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
16Mit ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet die Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restrektiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 -. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe sie, die Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden durch die B. ca. 1.000 Tonnen Alttextilien pro Jahr gesammelt. Lege man ein Altkleiderpotenzial von 8 kg pro Einwohner und Jahr zugrunde, ergebe sich für die B. eine maximale Erfassungsmenge von knapp 1.300 Tonnen bei vollständiger Abschöpfung. Davon seien Mengen abzuziehen, die in die direkte Secondhand-Vermarktung insbesondere bei Kinderkleidung oder in Rücknahmesysteme von Händlern (z. B. H & M) gingen. Es verbleibe so ein Potenzial von ca. 1.100 Tonnen pro Jahr. Nach den ihr vorliegenden Anzeigen beabsichtigten sechs gewerbliche Sammlungen mit insgesamt 375 Sammelcontainern 805 Tonnen Alttextilien pro Jahr im Stadtgebiet einzusammeln. Sechs weitere gewerbliche Sammler hätten zwar die Anzahl der Container nicht angegeben, jedoch eine voraussichtliche Sammelmenge von knapp 200 Tonnen pro Jahr benannt. Darüber hinaus seien sieben Straßensammlungen mit einer geschätzten Sammelmenge von knapp 139 Tonnen pro Jahr angezeigt worden. Hinzu kämen die vor Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereits vorhandenen 29 Container. Insgesamt ergebe sich aus diesen Zahlen eine beabsichtigte Sammelmenge der gewerblichen Sammler, die deutlich über dem vorhandenen Potenzial liege. Sie sei auch nicht verpflichtet zuzuwarten, bis die befürchteten Auswirkungen auf die von der B. durchgeführte flächendeckende hochwertige Entsorgung tatsächlich stattgefunden hätten.
17In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat die Beklagte die in ihrer Ordnungsverfügung vom 24. Mai 2013 enthaltene, auf die Ziffer I. bezogene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
18Die Beklagte beantragt,
19das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage im noch anhängigen Umfang abzuweisen.
20Die Klägerin beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Weiter führt sie im Wesentlichen an: Die Annahmen der Beklagten zu den zu erwartenden Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Sammlung der B. überzeugten nicht. Das System sei etabliert und erziele offenbar wachsende Sammelmengen. Hierzu trage auch der Standortvorteil bei, dass die B. an öffentlichen Straßen und Plätzen im Stadtgebiet ohne Probleme weitere Sammelcontainer aufstellen könne. Deshalb erscheine es ausgeschlossen, dass mit der Aufstellung von 375 privaten Sammelcontainern mit einer Sammelmenge von 600 bis 700 Tonnen pro Jahr zu rechnen sei. Zudem dürfe die Beklagte nicht gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen in einen Topf werfen. Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und das zugrunde liegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts seien nicht einschlägig. Sie bezögen sich auf eine Sammelsituation, die es für Altkleider so nie gegeben habe. Im Übrigen komme es immer auf den Einzelfall an. Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei im Übrigen von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das im Stadtgebiet der Beklagten weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der von der Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
26Im Übrigen ist die zulässige Berufung der Beklagten begründet.
27Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
28Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 24. Mai 2013 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
30I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
31Die Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Sie ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
32Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, NWVBl. 2014, 16, sowie - 20 A 3043/11 - und 20 A 3044/11 -, beide juris.
33An der Zuständigkeit der Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass sie zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger war und ist. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde ist zwar aus rechtsstaatlichen Gründen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und der Neutralitätspflicht, nicht bedenkenfrei, da es bei der Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist aber dann gegeben, wenn behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 205/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245, und vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl. 2013, 1537.
35Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte in allgemeiner Form angewiesen, eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der Unteren Umweltschutzbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits zu gewährleisten.
36Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2-408.10.02.
37Diese Voraussetzung ist bei der Beklagten erfüllt und auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung erfüllt gewesen. Für das Gebiet der Beklagten wurde die Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bereits vor mehr als einem Jahrzehnt an die B. GmbH & Co KG (B. ) delegiert, an der die Beklagte und der Bergische Abfallwirtschaftsverband zu jeweils 50 % beteiligt sind. Zwar ist die Beklagte damit nicht aus ihrer Position als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entlassen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist aber institutionell weitergehend verselbständigt, als es etwa bei einer Zuständigkeitsverteilung auf unterschiedliche Fachbereiche desselben Rechtsträgers der Fall wäre.
38Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
39Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Beteiligungsverwaltung und damit auch die Zuständigkeit für die B. sind im Übrigen im Fachbereich Finanzen (Dezernat II) angesiedelt, die Funktion der Unteren Abfallbehörde wird hingegen von dem Fachbereich Umwelt 70 des Dezernats III der Verwaltung der Beklagten ausgeübt. Die Verantwortlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde nehmen für das Kreisgebiet der Beklagten demnach unterschiedliche Stellen und Personen wahr, so dass von einer ausreichenden organisatorischen Trennung ausgegangen werden kann. Diese Aufgabenverteilung bestand auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung.
40II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
411. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
42Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
43Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
44Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
45Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
46Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
47Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
48Vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
49§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
50Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
512. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
52a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
53Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
54b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
55So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, a. a. O.; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
56Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
57- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
58die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
60Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
61Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
62Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
63vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
64auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
65Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
66Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
67c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
68aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
69- 70
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 71
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 72
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
74bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
75Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
76Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
77Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
78In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
79cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
80Diese Feststellung bedeutet entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
81Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
82Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
83Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
84Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
85Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
86- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
87oder als gesetzliche Fiktion
88- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
89verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
90Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
91Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
92dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
93Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
94nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
95Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
96(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
97Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
98- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
99ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
100Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
101Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
102" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
103In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
104" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
105Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
106BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
107Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
108" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
109Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
110vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
111ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist.
112Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt die Fallgestaltung, die dem Senatsurteil vom 21. September 2015 - 20 A 2120/14 - zugrunde liegt. Der beklagte Kreis hatte der Klägerin die Sammlungstätigkeit nur in einer kreisangehörigen Kommune untersagt, in allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existierten, durfte die dortige Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen.
113(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
114BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
115konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
116Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
117BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
118Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
119BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
120Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
121Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
122(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
123Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
124Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
125In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
126Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
127In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
128Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
129(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
130Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt". Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
131Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
132Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
133Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
134- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
135lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
136Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
137Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
138Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
139Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
140Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
141Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
142Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
143Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
144Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
145Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
147Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
148Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
149Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
150Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
151Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
152Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
153Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
154In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
155Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
156Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
157Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
158Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
159So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
160Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
161(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
162Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
163Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
164ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
165(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
166Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
167Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
168Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
169Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
170Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
171Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
172Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
173In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
174Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
175Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
176Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
177Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
178Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
179Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
180Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
181Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
182Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
183Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
184Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
185Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
186(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
187Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
188Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
189Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
190Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
191Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
192Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
193Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
194Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
195Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
196Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
197Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
198Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
199Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
200(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
201Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
202Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
203Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
204vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
205würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
206In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
207Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
208ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
209(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
210Die B. führt als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
211Von der B. werden gegenwärtig im Stadtgebiet flächendeckend 207 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Hinzu kommt - insbesondere für die Abgabe größerer Mengen - ein zentrales Wertstoffzentrum. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist von Seiten der Beklagten auch nachvollziehbar dargelegt worden, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird vor allem durch die Verdichtung des Netzes von Standorten und Sammelcontainern seit dem Jahr 2012 - insgesamt enthält die Anlage 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 15. September 2015 38 zusätzliche Container - bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
212Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr im Stadtgebiet der Beklagten weitgehend tatsächlich durch die Sammelcontainer der B. erfasst wird. Die für das Jahr 2015 hochgerechnete Sammelmenge liegt bei ca. 1.085 Tonnen. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 164.000 ergibt sich ein (theoretisches) Potenzial von max. 1.315 Tonnen. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der B. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
213Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der B. keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die B. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Von Seiten der Beklagten ist schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt worden, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
214(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der B. als Drittbeauftragte entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
215Bereits die angezeigte Sammlung der Klägerin selbst erreicht bezogen auf die bestehende Sammlung der B. als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ein erhebliches Gewicht. Die von der Klägerin angezeigte Containerzahl entspricht etwa einem Viertel der von der B. vorgehaltenen. Die prognostizierte Sammelmenge von 175 Tonnen pro Jahr entspricht gut 16 % des für das Jahr 2015 hochgerechneten Ertrages der B. . Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Beeinträchtigungspotenzial der Klägerin angesichts ihrer Größe und Präsens auf dem Markt als hoch einzuschätzen ist.
216Neben der angezeigten Sammlung der Klägerin sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens im Weiteren jedenfalls alle bis zum 9. Januar 2013 angezeigten Sammlungen zu berücksichtigen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt ist die Anzeige der Klägerin bei der Beklagten nach Aktenlage eingegangen. Insofern kann zugunsten der Klägerin außer Betracht gelassen bleiben, ob die Beklagte diese Anzeige zu Recht als unvollständig angesehen hat und deshalb von einem tatsächlich späteren Stichtag auszugehen wäre. Zudem ist in der mündlichen Verhandlung von Seiten der Beklagten klargestellt worden, dass über die Bestandssammlungen hinaus derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der neuangezeigten potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der B. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung aller angezeigten Sammlungen ist deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 262,23 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 4, 8, 10, 11, 13, 14 und 19 gemäß der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 15. September 2015 vorgelegten "Anzeigen nach § 18 KrWG zur Sammlung von Alttextilien" ergeben. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin folgt daraus eine jährliche Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen von 437,23 Tonnen, die etwas mehr als 40% selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der B. in Höhe von 1.085 Tonnen ausmacht.
217Daraus erschließt sich nach den dargestellten Maßstäben zwar noch nicht, dass sich eine weitere Prüfung des Einzelfalles erübrigte. Allerdings liegt diese Belastung bereits in der Nähe der hierfür in aller Regel anzunehmenden Obergrenze. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass aufgrund des sehr hohen "Marktanteils" der B. der einzustellende Mengenabfluss praktisch ausschließlich zu ihren Lasten zu erwarten ist. Daher liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen nahe, dass hier bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste.
218Unabhängig davon hat die Beklagte aber auch wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der B. plausibel dargetan. Von Seiten der Beklagten ist in der mündlichen Verhandlung ausführlich die derzeitigen Sammelstrukturen beschrieben worden. Demnach besteht im Stadtgebiet ein dichtes Sammelsystem, an dem derzeit zehn Mitarbeiter mit einem entsprechenden Fuhrpark beteiligt sind. Diese Mitarbeiter werden durchweg nicht in Vollzeit eingesetzt, um einen internen Belastungsausgleich und die Hochwertigkeit der Erfassung zu gewährleisten. Ausgehend hiervon - insbesondere von den deshalb zu berücksichtigenden komplexen Arbeitszeitstrukturen - ist die Annahme plausibel, dass bereits bei einem Ertragsrückgang von 40 % eine faktisch vollständige Neuplanung der Logistik hinsichtlich des Mitarbeiter- und Fahrzeugeinsatzes sowie des konkreten Sammelrhythmus und der -struktur erforderlich würde. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der für die Sammlung von Alttextilien beschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die B. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
219(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
220Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
221Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
222Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die in der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung richtet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Am 4. Dezember 2012 zeigte die Klägerin bei der Beklagten gemäß § 18 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) an, im Stadtgebiet der Beklagten eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen aus privaten Haushalten in Form einer Straßensammlung durchführen zu wollen.
3Die Beklagte (Fachbereich Umwelt) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 auf, zur Vervollständigung der Anzeige noch nähere Angaben zum Unternehmen, zu Art und Umfang der geplanten Sammlung und zu den vorgesehenen Verwertungswegen zu machen und aktuellere Führungszeugnisse und Gewerbezentralregisterauszüge einzureichen.
4Die B. GmbH & Co. KG (im Folgenden B. ) führte zur Anzeige der Klägerin aus: Sie unterhalte seit dem Jahr 2000 ein flächendeckendes Sammelsystem. An derzeit 205 Standorten hätten die Bürger die Möglichkeit, Alttextilien schnell und bequem zu entsorgen. Die Container würden im ein- oder zweiwöchigen Entsorgungsturnus geleert. Die Standorte würden regelmäßig kontrolliert und gesäubert und defekte Container würden ausgetauscht. Die Bürger könnten größere Mengen an Alttextilien auch in ihrem Wertstoffzentrum abgeben. Für Bürgeranfragen und Beschwerden in Zusammenhang mit der Alttextilienverwertung stehe ihre Hotline Abfallberatung kontinuierlich zur Verfügung. Jährlich würden ca. 850 Tonnen Altkleider von ihr im Stadtgebiet gesammelt. Die gesammelten Textilien würden einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur Verwertung übergeben. Langfristige Entsorgungsverträge mit den Entsorgungspartnern gewährleisteten eine kontinuierliche Sicherstellung des Entsorgungsangebotes unabhängig von der aktuellen Weltmarktlage für Alttextilien. Als unmittelbar von der Stadt beauftragter Dritter seien die Erträge der Sammlung gebührenrelevant und die erwirtschafteten Erlöse flössen vollständig in die Gebührenkalkulation der Abfallentsorgung der Beklagten ein.
5Unter dem 28. März 2013 nahm die Beklagte (Fachbereich Finanzen/ Beteiligungen) in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu der Anzeige der Klägerin gemäß § 18 Abs. 4 KrWG im Wesentlichen wie folgt Stellung: Die Sammlung und Erfassung von Alttextilien erfolge im Stadtgebiet über Sammelcontainer der B. . Diese sei von der Beklagten vertraglich mit der Erfassung und Verwertung von Alttextilien und -schuhen im Stadtgebiet beauftragt. Durch die angezeigte Sammlung der Klägerin würde die Entsorgungssicherheit und Funktionsfähigkeit des vom beauftragten Unternehmen eingerichteten nutzerfreundlichen Rücknahmesystems beeinträchtigt. Die Klägerin könne eine vollständige Erfassung und Sammlung von Alttextilien im Stadtgebiet nicht sicherstellen. Es müsse daher von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgers ausgegangen werden, da insoweit auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen sei.
6Am 3. April 2013 übersandte die Klägerin nähere Angaben zur beabsichtigten Sammlung und weitere Unterlagen. Sie teilte unter anderem mit: Es handele sich bei ihr um ein Kleinstunternehmen mit zehn Mitarbeitern und drei Fahrzeugen und sie beabsichtige, ab sofort flächendeckend im gesamten Stadtgebiet zu sammeln. Die Sammlung erfolge voraussichtlich zwei Mal monatlich als Straßensammlung mit Sammelkörbern, Säcken oder Eimern, eventuell auch über Container, wenn Stellplätze akquiriert werden könnten. Die Abfälle würden an zugelassene Entsorgungsunternehmen in Polen zur Wiederverwendung und -verwertung weitergegeben. Die Klägerin legte unter anderem die Verträge mit den benannten Verwertungsbetrieben bei.
7Mit der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 - zugestellt am 6. Mai 2013 - untersagte die Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in ihrem Stadtgebiet entsprechend der Anzeige vom 4. Dezember 2012 Altkleider und -schuhe gewerblich zu sammeln (Nr. 1). Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Kalendertag und Sammlungsgebiet bzw. je Altkleidercontainer an (Nr. 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Sammlung der Klägerin stünden überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die die Beklagte bzw. der von ihr beauftragte Dritte ein hochwertiges, flächendeckendes Sammelsystem eingerichtet habe. Bei der Bewertung sei auch das Zusammenwirken der gewerblichen Sammlung der Klägerin mit einer Vielzahl weiterer angezeigter Sammlungen zu berücksichtigen. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten.
8Die Klägerin hat am 6. Juni 2013 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es sei bereits zweifelhaft, ob bei der Beklagten eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorhanden sei. Insoweit komme ein Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot in Betracht. Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung könne materiell bereits deshalb nicht auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz gestützt werden, weil es sich bei Altkleidern nicht um Abfall im Sinne des § 3 KrWG handele. Der Besitzer der Altkleider gebe seine Sachherrschaft nicht ohne jede weitere Zweckbestimmung auf, sondern gebe die Kleidung in die Sammlung, damit sie weitergetragen werde. Die Untersagungsverfügung sei im Übrigen zwar vom Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG gedeckt, es sei aber eine einschränkende, europarechtskonforme Auslegung geboten. Das bloße Vorhandensein eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger rechtfertige nicht die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung. Vorliegend sei eine solche Beeinträchtigung nicht anzunehmen, weil die beabsichtigte Sammlung der Klägerin nur geringe Mengen erfasse (ca. 60 Tonnen im Jahr). Daher seien auch nur geringfügige Auswirkungen auf die Gebührenkalkulation zu erwarten. Es könne nicht jede Gebührenerhöhung als Gefährdung der Gebührenstabilität eingestuft werden. Auf andere Gründe habe die Beklagte ihre Verfügung nicht gestützt.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. April 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte hat sich auf die Begründung der Untersagungsverfügung berufen und ergänzend im Wesentlichen geltend gemacht: Sie sei nach § 1 Abs. 3 ZustVU als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Die Funktionen der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden von getrennten Organisationseinheiten wahrgenommen. Die Funktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers obliege dem Fachbereich Finanzen im Dezernat II, die untere Abfallwirtschaftsbehörde sei hingegen dem Fachbereich Umwelt im Dezernat III zugeordnet. Es finde somit eine organisatorische wie auch personelle Trennung dieser beiden Aufgabenbereiche statt. Die dreimonatige Frist des § 18 Abs. 1 KrWG beziehe sich auf die Anzeige der Sammlung, nicht auf Maßnahmen der Behörde. Im Übrigen sei die Klägerin noch innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Anzeige zum beabsichtigten Erlass der streitgegenständlichen Verfügung angehört worden. Alttextilien unterfielen dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in den Altkleidercontainer sei eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG. Altkleider seien nur dann kein Abfall, wenn sie persönlich bei einer Kleiderkammer abgegeben würden. Das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei erfüllt. Die Beklagte habe die dahingehende Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren. Die Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könne auch nicht als nur geringfügig angesehen werden, da auch das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen berücksichtigt werden müsse und für ihr Stadtgebiet eine Vielzahl gewerblicher Altkleidersammlungen angezeigt worden sei. Bei einer vollständigen Aufstellung der durch Dritte angezeigten Container würde voraussichtlich mindestens die Hälfte der Einsammelmenge der B. wegfallen.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. April 2013 aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der angefochtene Bescheid sei zwar formell, nicht jedoch materiell rechtmäßig. Der angezeigten gewerblichen Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die von der Beklagten beauftragte B. im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet die Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 -. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe sie, die Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden durch die B. ca. 1.000 Tonnen Alttextilien pro Jahr gesammelt. Lege man ein Altkleiderpotenzial von 8 kg pro Einwohner und Jahr zugrunde, ergebe sich für die B. eine maximale Erfassungsmenge von knapp 1.300 Tonnen bei vollständiger Abschöpfung. Davon seien Mengen abzuziehen, die in die direkte Secondhand-Vermarktung insbesondere bei Kinderkleidung oder in Rücknahmesysteme von Händlern (z. B. H & M) gingen. Es verbleibe so ein Potenzial von ca. 1.100 Tonnen pro Jahr. Nach den ihr vorliegenden Anzeigen beabsichtigten sechs gewerbliche Sammlungen mit insgesamt 375 Sammelcontainern 805 Tonnen Alttextilien pro Jahr im Stadtgebiet einzusammeln. Sechs weitere gewerbliche Sammler hätten zwar die Anzahl der Container nicht angegeben, jedoch eine voraussichtliche Sammelmenge von knapp 200 Tonnen pro Jahr benannt. Darüber hinaus seien sieben Straßensammlungen mit einer geschätzten Sammelmenge von knapp 139 Tonnen pro Jahr angezeigt worden. Hinzu kämen die vor Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereits vorhandenen 29 Container. Insgesamt ergebe sich aus diesen Zahlen eine beabsichtigte Sammelmenge der gewerblichen Sammler, die deutlich über dem vorhandenen Potenzial liege. Sie sei auch nicht verpflichtet zuzuwarten, bis die befürchteten Auswirkungen auf die von der B. durchgeführte flächendeckende hochwertige Entsorgung tatsächlich stattgefunden hätten.
16Unabhängig davon gehe sie, die Beklagte, inzwischen davon aus, dass die beabsichtigte Sammlung der Klägerin auch wegen deren Unzuverlässigkeit untersagt werden müsse. Aus den von ihr eingeholten Auszügen aus dem Gewerbezentralregister und dem polizeilichen Führungszeugnis des Geschäftsführers ergäben sich nicht nur Verstöße gegen die Anzeigepflicht in ihrem Stadtgebiet, sondern auch in H. und in L. . Insbesondere seien Bußgeldbescheide der Stadt H. vom 9. Januar 2013 und vom 19. November 2013 der Stadt H. nach Einspruchrücknahme der Klägerin zwischenzeitlich rechtskräftig geworden. Darüber hinaus seien weitere Bußgeldbescheide (etwa aus dem Kreis S. ) einzubeziehen, in denen das Einspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Auch der Kreis D. betreibe ein entsprechendes Verfahren, da die Klägerin ohne Einholung einer Sondernutzungserlaubnis eine Straßensammlung mittels Waschkörben und Eimern durchgeführt habe. Ferner betreibe die Klägerin in E. seit ca. sechs Monaten eine Sortieranlage, ohne hierfür die erforderliche Baugenehmigung eingeholt zu haben. Ebenso wenig habe sie ihr Gewerbe bei der Stadt E. angemeldet.
17In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat die Beklagte die in ihrer Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben.
18Die Beklagte beantragt,
19das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
20Die Klägerin beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Weiter führt sie im Wesentlichen an: Die tatsächlichen Annahmen der Beklagten zu den zu erwartenden Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Sammlung der B. überzeugten nicht. Danach erziele die B. bei einem angenommenen Potenzial von 8 kg pro Einwohner pro Jahr einen Wirkungsgrad von 90 %. Die Klägerin gehe nach eigenen Erfahrungen jedoch davon aus, dass lediglich ein Potenzial von 6 kg pro Einwohner und Jahr realistisch sei. Das System sei etabliert und erziele offenbar wachsende Sammelmengen. Hierzu trage auch der Standortvorteil bei, dass die B. an öffentlichen Straßen und Plätzen im Stadtgebiet ohne Probleme weitere Sammelcontainer aufstellen könne. Deshalb erscheine es ausgeschlossen, dass mit der Aufstellung von 375 privaten Sammelcontainern mit einer Sammelmenge von 600 bis 700 Tonnen pro Jahr zu rechnen sei. Es sei vielmehr realistisch, dass sich an der vor der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes festzustellenden Mengenverteilung zwischen öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und gewerblichen Sammlern keine signifikanten Änderungen ergeben würden, wenn von einer Untersagung der angezeigten gewerblichen Sammlungen abgesehen werde. Entgegen dem Berufungsvorbringen der Beklagten sei sie, die Klägerin, auch nicht unzuverlässig. Bis zur Neufassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes habe sie über zehn Jahre beanstandungsfrei gearbeitet. Nach Wirksamwerden der Neufassung habe sie sich zwar zunächst tatsächlich schwer getan, ihren Anzeigeverpflichtungen als Grundlage für die Fortsetzung ihrer Sammlungstätigkeit vollständig nachzukommen. Dieses Problem habe sich durch Zukauf des Unternehmens P. -Alttextilien in E. verschärft. Insoweit sei sie davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen, namentlich eine freiberuflich für dieses tätige langjährige Mitarbeiterin, in der Lage sei, die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen an Sammlungen sicherzustellen. Dieser verantwortlichen Mitarbeiterin des übernommenen Unternehmens habe sie, die Klägerin, daher zunächst freie Hand gelassen. Nachdem festgestellt worden sei, dass diese Erwartung falsch gewesen sei, habe sie umgehend reagiert. Die von der Beklagten angeführten, in der Vergangenheit liegenden Verstöße würden sich daher in Zukunft nicht wiederholen. Aktuellere Gesetzesverstöße habe die Beklagte auch nicht vorgetragen. Insbesondere habe sie, die Klägerin, aufgrund der geäußerten Bedenken das Aufstellen von Sammelbehältern auf öffentlichen Flächen aufgegeben.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
26Soweit die Beklagte ihre Ordnungsverfügung in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2015 hinsichtlich der unter Nr. 2 enthaltenen Zwangsgeldandrohung aufgehoben hat, geht die Anfechtungsklage der Klägerin ins Leere. In diesem Umfang ist sie unzulässig (geworden).
27Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
28Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 ist hinsichtlich ihrer Nr. 1 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29Als Rechtsgrundlagen für die Untersagung der Sammlung kommen hier § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG und § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG in Betracht. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Person ergeben. Die gleiche Rechtsfolge tritt nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ein, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin nicht erfüllt.
30I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
311. Die Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Sie ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
32Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, NWVBl. 2014, 16, sowie - 20 A 3043/11 - und 20 A 3044/11 -, beide juris.
33An der Zuständigkeit der Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass sie zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger war und ist. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde ist zwar aus rechtsstaatlichen Gründen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und der Neutralitätspflicht, nicht bedenkenfrei, da es bei der Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist aber dann gegeben, wenn behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 205/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245, und vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl. 2013, 1537.
35Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte in allgemeiner Form angewiesen, eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der Unteren Umweltschutzbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits zu gewährleisten.
36Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2-408.10.02.
37Diese Voraussetzung ist bei der Beklagten erfüllt und auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung erfüllt gewesen. Für das Gebiet der Beklagten wurde die Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bereits vor mehr als einem Jahrzehnt an die B. GmbH & Co. KG (B. ) delegiert, an der die Beklagte und der Bergische Abfallwirtschaftsverband zu jeweils 50 % beteiligt sind. Zwar ist die Beklagte damit nicht aus ihrer Position als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entlassen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist aber institutionell weitergehend verselbständigt, als es etwa bei einer Zuständigkeitsverteilung auf unterschiedliche Fachbereiche desselben Rechtsträgers der Fall wäre.
38Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
39Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Beteiligungsverwaltung und damit auch die Zuständigkeit für die B. sind im Übrigen im Fachbereich Finanzen (Dezernat II) angesiedelt, die Funktion der Unteren Abfallbehörde wird hingegen von dem Fachbereich Umwelt 70 des Dezernats III der Verwaltung der Beklagten ausgeübt. Die Verantwortlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde nehmen für das Kreisgebiet der Beklagten demnach unterschiedliche Stellen und Personen wahr, so dass von einer ausreichenden organisatorischen Trennung ausgegangen werden kann. Diese Aufgabenverteilung bestand auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung.
40b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Untersagungsverfügung im gerichtlichen Verfahren nunmehr auch auf die fehlende Zuverlässigkeit der Klägerin gestützt hat. Beinhaltet das Vorgehen des Beklagten eine Ergänzung der vorhandenen Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG NRW) der angefochtenen Untersagungsverfügung, ist dies unter dem hier behandelten Gesichtspunkt der formellen Rechtmäßigkeit ohne Weiteres zulässig, weil nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sogar eine vollständig fehlende Begründung nachgeholt werden kann.
41Die Problematik des "Nachschiebens von Gründen" stellt sich hier nicht, weil der Senat auch ohne eine entsprechende Ergänzung der Begründung nicht gehindert gewesen wäre, die angefochtene Untersagungsverfügung auch unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit der Klägerin zu prüfen. Denn bei einer Sammlungsuntersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; das Merkmal der Zuverlässigkeit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, die gegebenenfalls von Amts wegen hätte erfolgen müssen.
42Vgl. dazu nur Marks in: Landmann/Rohmer, GewO - Kommentar, § 35 Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 20 B 643/13 -, juris, und Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
43II. Die Untersagungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig.
441. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist - ebenso wie für die Frage der (Un-)Zuverlässigkeit - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
45Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
46Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
47Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bereits: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑ und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
48Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
49Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
50Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
51Vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
52§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
53Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
542. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf den die Beklagte die angefochtene Verfügung ursprünglich allein gestützt hat, liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor.
55a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
56Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
57b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
58So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, a. a. O.; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
59Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
60- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
61die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
63Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
64Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
65Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
66vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
67auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
68Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
69Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
70c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen jedoch überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht entgegen.
71aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
72- 73
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 74
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 75
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
77bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
78Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
79Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
80Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
81In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
82cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
83Diese Feststellung bedeutet entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
84Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
85Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
86Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
87Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
88Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
89- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
90oder als gesetzliche Fiktion
91- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
92verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
93Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
94Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
95dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
96Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
97nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
98Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
99(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
100Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
101- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
102ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
103Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
104Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
105" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
106In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
107" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
108Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
109BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
110Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
111" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
112Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
113vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
114ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist.
115Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt die Fallgestaltung, die dem Senatsurteil vom 21. September 2015 - 20 A 2120/14 - zugrunde liegt. Der beklagte Kreis hatte der Klägerin die Sammlungstätigkeit nur in einer kreisangehörigen Kommune untersagt, in allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existierten, durfte die dortige Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen.
116(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
117BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
118konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
119Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
120BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
121Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
122BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
123Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
124Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
125(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
126Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
127Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
128In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
129Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
130In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
131Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
132(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
133Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt". Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
134Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
135Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
136Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
137- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
138lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
139Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
140Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
141Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
142Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
143Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
144Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
145Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
146Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
147Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
148Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
150Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
151Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
152Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
153Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
154Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
155Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
156Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
157In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
158Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
159Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
160Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
161Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
162So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
163Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
164(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
165Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
166Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
167ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
168(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
169Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
170Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
171Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
172Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
173Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
174Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
175Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
176In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
177Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
178Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
179Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
180Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
181Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
182Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
183Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
184Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
185Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
186Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
187Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
188Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
189(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
190Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
191Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
192Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
193Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
194Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
195Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Dritt-beauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
196Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
197Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
198Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
199Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
200Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
201Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
202Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
203(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
204Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
205Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
206Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
207vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
208würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
209In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
210Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
211ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen.
212(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend zwar erfüllt.
213Die B. führt als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
214Von der B. werden gegenwärtig im Stadtgebiet flächendeckend 207 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Hinzu kommt - insbesondere für die Abgabe größerer Mengen - ein zentrales Wertstoffzentrum. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist von Seiten der Beklagten auch nachvollziehbar dargelegt worden, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird vor allem durch die Verdichtung des Netzes von Standorten und Sammelcontainern seit dem Jahr 2012 - insgesamt enthält die Anlage 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 15. September 2015 38 zusätzliche Container - bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
215Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr im Stadtgebiet der Beklagten weitgehend tatsächlich durch die Sammelcontainer der B. erfasst wird. Die für das Jahr 2015 hochgerechnete Sammelmenge liegt bei ca. 1.085 Tonnen. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 164.000 ergibt sich ein (theoretisches) Potenzial von max. 1.315 Tonnen. Soweit die Klägerin aufgrund eigener Erfahrungen von einem deutlich niedrigeren Potential von sechs Kilogramm pro Einwohner ausgeht (dies entspräche einem Sammelpotential in M. von knapp 1.000 Tonnen), mag dies auf sich beruhen, da sich dadurch der Erfassungsgrad der Sammlung der B. lediglich auf eine Vollabdeckung erhöhte.
216Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der B. keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und ihre Sammlung unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könnte, liegen nicht vor. Die B. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Von Seiten der Beklagten ist schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt worden, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
217(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift an sich die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der B. als Drittbeauftragte entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles liegen indes besondere Umstände vor, die diese Vermutung widerlegen bzw. nicht durchgreifen lassen.
218Die angezeigte Sammlung der Klägerin selbst erreicht bezogen auf die bestehende Sammlung der B. als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kein Gewicht, das die Annahme einer Beeinträchtigung plausibel erscheinen ließe. Die von ihr angezeigte maximale Sammelmenge von 60 Tonnen pro Jahr entspricht lediglich etwa 5,5 % des für das Jahr 2015 hochgerechneten Ertrages der B. und bleibt für sich genommen deutlich unterhalb der oben genannten Bagatellgrenze. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin im laufenden Verfahren auf die Einwände der Beklagten bezüglich ihrer Zuverlässigkeit hin zugesichert hat, diesen Bedenken Rechnung zu tragen und ihre Sammlung entsprechend zu beschränken. Daher kann realistischer Weise nicht mehr davon ausgegangen werden, sie werde das ursprünglich avisierte Sammlungsvolumen tatsächlich erreichen. Das hatte die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 21. September 2015 jedenfalls konkret zu berücksichtigen.
219Ein durchgreifend anderes Ergebnis ergibt sich hier auch nicht unter Einbeziehung der weiteren berücksichtigungsfähigen Sammlungen. Hinzuzurechnen sind hier nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 14. Dezember 2012 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Zu diesem ist die Anzeige der Klägerin bei der Beklagten nach Aktenlage eingegangen. Die Beklagte ist auch von einer Prüffähigkeit der Anzeige ausgegangen, obwohl sie zu einem späteren Zeitpunkt noch Unterlagen nachgefordert hat. Denn sie hat ungeachtet dessen das Beteiligungsverfahren eingeleitet und den Drittbeauftragten um Stellungnahme gebeten. Von Seiten der Beklagten ist zudem in der mündlichen Verhandlung klargestellt worden, dass über die Bestandssammlungen hinaus derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der neuangezeigten potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der B. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung aller angezeigten Sammlungen ist deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 202,23 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 4, 8, 10, 11, 13 und 14 gemäß der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 15. September 2015 vorgelegten "Anzeigen nach § 18 KrWG zur Sammlung von Alttextilien" ergeben. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin folgt daraus eine jährliche Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen von (maximal) 262,23 Tonnen, die etwas mehr als 24% des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der B. in Höhe von 1.085 Tonnen ausmacht.
220Bei der deshalb nach obigen Maßstäben erforderlichen Prüfung des Einzelfalles ist zu berücksichtigen, dass auch diese potentielle Gesamtbelastung von weniger als einem Viertel in der maßgeblichen Bandbreite von 10 - 50 % deutlich näher an der Bagatellgrenze bleibt und deshalb eine eingehende und plausible Darlegung der gleichwohl realistischer Weise anzunehmenden Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Drittbeauftragten seitens der Beklagten zu erfolgen hätte. Eine solche fehlt hier schon deshalb, weil die von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat geschilderten möglichen Beeinträchtigungen der B. außer Acht lassen, dass diese ausschließlich ein Containersammelsystem, also ein Bringsystem, betreibt, während die Klägerin eine Straßensammlung, mithin ein Holsystem, ins Werk setzen will. Wie bereits ausgeführt, kommt einem solchen System tendenziell eine ergänzende Funktion zu, da es zumindest potentiell geeignet ist, ein bisher noch nicht realisiertes Ressourcenpotenzial derjenigen Alttextilienbesitzer zu erschließen, die nicht willens oder in der Lage sind, die bereitgestellten Container trotz ihrer Flächenabdeckung aufzusuchen. Dass sich die Sammlung der Klägerin, die ohnehin nur einen geringen Umfang hat, auch unter Berücksichtigung dieser Eigentümlichkeit gefährdend auf das bestehende System auswirken könnte, ist nicht zu erkennen und wird von der Beklagten auch nicht plausibel dargelegt. Insbesondere sind realistische Rückwirkungen auf die derzeitigen Sammelstrukturen trotz der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagtenseite geschilderten relativ komplexen Organisation des Bringsystems ohne Untersagung der Sammlung der Klägerin fernliegend.
2213. Die angefochtene Untersagungsverfügung lässt sich auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG stützen. Es liegen derzeit keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin im Sinne dieser Vorschrift unzuverlässig ist.
222Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 GewO unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, kann auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Danach ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Unter welchen Voraussetzungen dies im Rahmen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG anzunehmen ist, hat der Senat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, im Einzelnen dargelegt. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf diese Ausführungen (Rn. 51 ff. bei juris) Bezug genommen.
223Danach können namentlich auch Verstöße gegen die spezifischen, bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen zu beachtenden Anforderungen die nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erforderliche Zuverlässigkeit in Frage stellen. Unter Anwendung allgemeiner Maßstäbe schlagen dabei grundsätzlich Verstöße gegen solche Vorschriften auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. Hierzu zählt grundsätzlich etwa auch die Verletzung der Anzeigeverpflichtung nach § 18 Abs. 1, 2 KrWG. Daneben sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Solche kommen im vorliegenden Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf das Straßenrecht, aber auch auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken in Betracht. Ist in diesem Sinne in der Vergangenheit unzuverlässiges Handeln festzustellen, muss dieses Verhalten mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt.
224Nach diesen Grundsätzen kann hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einer sammlungsrechtlichen Unzuverlässigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Insoweit kann letztlich dahinstehen, ob die von der Beklagten im Einzelnen angeführten Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klägerin bzw. ihren Geschäftsführer wegen Verstößen gegen die Anzeigepflicht und gegen behördliche Sammlungsuntersagungen sowie wegen Nichteinholung erforderlicher Sondernutzungserlaubnisse für sich genommen hinreichend schwerwiegende Verstöße darstellen, die die Annahme der Unzuverlässigkeit der Klägerin für die Vergangenheit begründen könnten. Selbst wenn dies der Fall wäre, ließe sich darauf nicht die erforderliche Prognose stützen, die Klägerin werde sich auch zukünftig nicht hinreichend rechtstreu verhalten.
225Denn die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 19. Januar 2015 nachvollziehbar dargelegt, dass insbesondere den Verletzungen der Anzeigepflicht besondere, aus dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und einer Betriebserweiterung begründete Umstände zugrunde lagen, deren Ursache sie zwischenzeitlich beseitigt hat. Diese lagen nach ihren von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben im Wesentlichen in durch die Übernahme des Unternehmens P. -Alttextilien und deren wider Erwarten nicht hinreichend qualifizierte Mitarbeiter begründeten Organisationsmängeln. Die hierfür verantwortliche Mitarbeiterin wurde danach entlassen, als die Klägerin diese Versäumnisse erkannt hat. Diese Angaben sind nicht zuletzt deshalb plausibel, weil neuere Verstöße gegen die Anzeigeverpflichtung von der Beklagten auch in der Folgezeit nicht vorgetragen wurden. Anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus den aktuelleren Gewerbezentralregisterauszügen, die die Beklagte im Vorfeld und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt hat und die für die Klägerin Eintragungen auch jüngeren Datums enthalten. Denn daraus lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit ableiten, dass auch die zugrunde liegenden Verstöße in jüngerer Zeit begangen worden sind. Diese können vielmehr bereits längere Zeit zurückliegen, wie nicht zuletzt die bis heute fehlende Eintragung seit längerer Zeit rechtskräftiger Bußgeldbescheide der Stadt H. zeigt. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass Meldungen zum Gewerbezentralregister durch die einzelnen Gewerbeaufsichtsbehörden nicht immer zeitnah erfolgen. Ebenso kann zwischen dem geahndeten Verstoß und der Rechtskraft eines Bußgeldbescheides ohne weiteres ein längerer Zeitraum liegen. Eigene Erkenntnisse zu den konkreten Umständen, insbesondere zum genauen Datum der einzelnen Verstöße, hat die Beklagte nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht.
226Unabhängig davon ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die den genannten Bußgeldverfahren überwiegend zugrunde liegenden Verstöße gegen die Anzeigepflicht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zum Tragen kommen können, weil die Klägerin die beabsichtigte Aufnahme der Sammlungstätigkeit gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß angezeigt hat.
227Soweit die Beklagte im Übrigen auf Verstöße gegen das straßenrechtliche Erfordernis einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Sammeleimern abgestellt hat, ergibt sich auch hieraus nicht die hinreichend tragfähige Prognose, die Klägerin werde sich zukünftig erneut solche Verstöße zu Schulden kommen lassen. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Fragen, ob entsprechende Sammlungen einer Sondernutzungserlaubnis bedürfen und ob Verstöße als schwerwiegend zu werten sind, erst allmählich in der Rechtsprechung klärten.
228Vgl. in diesem Zusammenhang etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2014 - 20 B 719/14 -, vom 24. Juni 2015 - 20 B 1392/14 - und vom 2. September 2015 - 20 B 10/15 -.
229Ihrer weiteren Angabe, angesichts dessen inzwischen vorsichtshalber darauf zu verzichten, solche Sammelbehältnisse im öffentlichen Straßenraum aufzustellen, ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Anderes ist dem Senat auch im Übrigen nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund ist derzeit davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Straßensammlung in rechtlich unproblematischer Form - etwa dadurch, dass sie nur mittels Flyer auf solche Sammlungen hinweist und/oder lediglich Sammelsäcke zur Verfügung stellt - durchführt.
230Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
231Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
entgegen § 9a Absatz 1 gefährliche Abfälle vermischt, - 1a.
entgegen § 9a Absatz 3 Abfälle nicht oder nicht rechtzeitig trennt oder nicht oder nicht rechtzeitig behandelt, - 1b.
entgegen § 12 Absatz 4 oder § 56 Absatz 4 Satz 2 ein dort genanntes Zeichen führt, - 2.
entgegen § 28 Absatz 1 Satz 1 Abfälle zur Beseitigung behandelt, lagert oder ablagert, - 3.
ohne Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2 Satz 1 oder ohne Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3 Satz 1 eine Deponie errichtet oder wesentlich ändert, - 4.
einer vollziehbaren Auflage nach § 36 Absatz 4 Satz 1 oder Satz 3, § 39 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1, § 53 Absatz 3 Satz 1 oder § 54 Absatz 2 zuwiderhandelt, - 5.
einer mit einer Zulassung nach § 37 Absatz 1 Satz 1 verbundenen vollziehbaren Auflage zuwiderhandelt, - 6.
einer vollziehbaren Untersagung nach § 53 Absatz 3 Satz 3 zuwiderhandelt, - 7.
ohne Erlaubnis nach § 54 Absatz 1 Satz 1 gefährliche Abfälle sammelt, befördert, mit ihnen Handel treibt oder diese makelt oder - 8.
einer Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 2, § 5 Absatz 2, § 10 Absatz 1 oder 4 Nummer 2, § 11 Absatz 2 Satz 1 oder 2 oder Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 oder Satz 2 Nummer 2, § 12 Absatz 7, § 16 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2, § 24, § 25 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 oder 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 oder 10, § 28 Absatz 3 Satz 2, § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 5, 7 oder Nummer 8 oder § 57 Satz 2 Nummer 1 bis 7 oder Nummer 8 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
entgegen § 18 Absatz 1, § 26 Absatz 2, § 40 Absatz 1 Satz 1 oder § 53 Absatz 1 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, - 2.
entgegen § 34 Absatz 1 Satz 1 das Betreten eines Grundstücks oder eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 3.
entgegen § 41 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 41 Absatz 2 Satz 1 eine Emissionserklärung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgibt oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig ergänzt, - 4.
entgegen § 47 Absatz 3 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt, - 5.
entgegen § 47 Absatz 3 Satz 2 oder Satz 3 das Betreten eines Grundstücks oder eines Wohn-, Geschäfts- oder Betriebsraumes, die Einsicht in eine Unterlage oder die Vornahme einer technischen Ermittlung oder Prüfung nicht gestattet, - 6.
entgegen § 47 Absatz 4 eine dort genannte Anlage nicht zugänglich macht oder eine Arbeitskraft, ein Werkzeug oder eine Unterlage nicht zur Verfügung stellt, - 7.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 47 Absatz 4 oder Absatz 9 Satz 1, § 51 Absatz 1 Satz 1 oder § 59 Absatz 2 zuwiderhandelt, - 8.
entgegen § 49 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 49 Absatz 3 oder einer Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b oder § 52 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 3 oder Nummer 5, ein Register nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt, - 9.
entgegen § 49 Absatz 2 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 52 Absatz 1 Satz 1 eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig verzeichnet, - 10.
entgegen § 49 Absatz 4, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b oder § 52 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 3, ein Register nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt oder eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht, - 11.
entgegen § 49 Absatz 5, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 52 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, eine Angabe oder einen Beleg nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer aufbewahrt, - 12.
entgegen § 50 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 52 Absatz 1 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b oder § 52 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, einen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig führt, - 13.
entgegen § 55 Absatz 1 Satz 1 ein Fahrzeug nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mit Warntafeln versieht, - 14.
entgegen § 59 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 59 Absatz 1 Satz 2 und 3 einen Abfallbeauftragten nicht oder nicht rechtzeitig bestellt oder - 15.
einer Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, Nummer 2 bis 7 oder Nummer 8, jeweils auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4, § 16 Satz 1 Nummer 3 oder § 43 Absatz 5, nach § 10 Absatz 4 Nummer 1, § 11 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1, § 25 Absatz 1 Nummer 7 oder 8 oder Absatz 2 Nummer 3, 9 oder 11, § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 oder Nummer 9, § 52 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Nummer 2 oder Nummer 3, § 53 Absatz 6 Nummer 1, 2, 4 oder Nummer 5, § 54 Absatz 7 Nummer 1, 2, 4 oder Nummer 5 oder § 57 Satz 2 Nummer 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Vorschrift verweist.
(3) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro, die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.
(4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bundesamt für Logistik und Mobilität, soweit es sich um Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nummer 6 bis 8 oder nach Absatz 2 Nummer 1, 7, 8, 10 bis 13 und 15 handelt und die Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Beförderung von Abfällen durch Fahrzeuge zur Güterbeförderung auf der Straße in einem Unternehmen begangen wird, das im Inland weder seinen Sitz noch eine geschäftliche Niederlassung hat, und soweit die betroffene Person im Inland keinen Wohnsitz hat.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Klage der Antragstellerin (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Zwangsgeldandrohung unter III. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Antragstellerin zu drei Viertel und die Antragsgegnerin zu einem Viertel.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 26.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 hinsichtlich der Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer III. anzuordnen,
4weiterverfolgt, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Verwaltungsgericht hat den vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfalle, weil die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung unter I. der Ordnungsverfügung sei § 62 KrWG, weil die Antragstellerin ihre Sammlung nicht gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angezeigt habe. Bei den gesammelten Altkleidern und -schuhen handele es sich um Abfall, weil die Vorbesitzer die Sachherrschaft ohne weitere Zweckbestimmung aufgegeben hätten. Die Zwangsgeldandrohung unter III. der Ordnungsverfügung sei noch verhältnismäßig. Dem setzt die Antragstellerin mit ihrem fristgemäßen Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Durchgreifendes entgegen.
6Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Ordnungsverfügung wegen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für formell rechtswidrig hält, dringt sie damit nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellende rechtsstaatliche Bedenken, die sich aus dem Zusammenfallen von Aufgaben (Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einerseits, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger andererseits) bei ein und derselben Stelle der öffentlichen Verwaltung ergeben (können), durch eine verwaltungsinterne organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche Rechnung getragen werden kann. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des hier beschließenden Gerichts.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
9Soweit die Antragstellerin sinngemäß die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten nicht für ausreichend hält, weil - was zutreffend ist - auf einer "höheren" (Vorgesetzten-)Ebene die Zuständigkeiten (wieder) zusammenfallen, dringt sie damit nicht durch. Das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer "höheren" (jedenfalls auf der obersten) Ebene ist bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar. Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken dürften sich daraus aber nicht ergeben, zumal die jeweiligen Amtsträger sowohl beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als auch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Beschränkungen und Bindungen unterliegen, insbesondere "von Amts wegen" Neutralität zu wahren haben, und diesbezüglich schon auf Verwaltungsebene Kontrollmöglichkeiten bestehen. Im Übrigen ist bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz die (rechtsstaatliche) Problematik einer zusammenfallenden Behördenzuständigkeit gesehen worden, ohne dass dies zum Anlass genommen worden ist, eine Trennung dahingehend zu fordern, dass die Aufgaben bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden müssen - was sich bei den Stadtstaaten kaum hätte praktizieren lassen.
10Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 88, und 17/6645, S. 4.
11Vorliegend erscheint das Bestehen eines - die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellenden - Interessenkonflikts auch deshalb fernliegend, weil die Ordnungsverfügung ohne Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ausgesprochen wurde und die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin gar keine getrennte Alttextiliensammlung oder -erfassung vornimmt. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen internen Organisationsregelungen (systematisch) missachtet. Dass es bei einer vorangegangenen, inzwischen aufgehobenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zu einer Abweichung von diesen Organisationsregelungen gekommen ist, hat zum einen die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren plausibel erklärt und stellt zum anderen nicht in Frage, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Organisationsregelungen beachtet wurden.
12Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht weiterhin - in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur - zutreffend von der Abfalleigenschaft der von der Antragstellerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ausgegangen.
13Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
14- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 -, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 - 3 Ob OWi 124/83 -, NVwZ 1984, 198 -
15die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruhte zum einen auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972, der in seiner ersten Alternative allein auf den Entledigungswillen des Besitzers abstellte, d. h. keinen § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Alt. 3 KrWG vergleichbaren Entstehungstatbestand enthielt, und zum anderen auf einem nicht maßgeblich von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägten Verständnis des Entledigungswillens. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
16Der Rückschluss der Antragstellerin aus der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt ebenfalls nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis steht im Übrigen entgegen, dass die Antragstellerin mehrere verschiedene Wiederverwendungsquoten - einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die (angebliche) Quote ihres Unternehmens - benennt und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote der Antragstellerin auseinandergesetzt haben oder ihnen diese bekannt ist. Weiterhin bezieht sich die von der Antragstellerin angeführte Wiederverwendungsquote - soweit ersichtlich - lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt-)Textilien und (Alt-)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
17Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit einer- hier nicht in Rede stehenden - Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden" oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer. Der von der Antragstellerin in Bezug genommene Fernsehbericht des WDR vom 13. September 2013 gibt für die Annahme einer Zweckbestimmung auch nicht ansatzweise etwas her; bestenfalls können dem Bericht Anhaltspunkte für eine auf einen "guten Zweck" zielende Motivationslage der Abgebenden entnommen werden.
18Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es - auch nach der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage - unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht "loswerden" werden will und es beispielsweise aus Umweltschutzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Antragstellerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
19Was das Sortieren der Alttextilien nach der Einsammlung anbelangt, hat das Verwaltungsgericht darin nicht den maßgeblichen, die Abfalleigenschaft begründenden Umstand gesehen. Vielmehr hat es das Sortieren lediglich zur Untermauerung seiner Annahme angeführt, dass der Besitzer von Alttextilien im Fall des Einwurfs in einen Sammelcontainer keine Garantie hinsichtlich einer Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 21 KrWG hat oder erhält. Jedenfalls kann aus dem Sortieren keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen.
20Soweit das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids als auf der Grundlage von § 62 KrWG (offensichtlich) rechtmäßig angesehen hat, hat das Beschwerdevorbringen jedenfalls insoweit Erfolg, als die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin als offen anzusehen sind.
21Vom Grundsatz her erscheint eine Sammlungsuntersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG bei fehlender oder unvollständiger Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG nicht ausgeschlossen, wenn das Anzeigeverfahren seinen Zweck aufgrund der fehlenden Anzeige oder unvollständiger Angaben des Anzeigenden nicht erfüllen kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 476/13 -, juris.
23Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt und in der Literatur umstritten.
24Vgl. Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 KrWG Rn. 25, m. w. N. in Fußnote 49; Klement in: Schmehl: Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 18 Rn. 21; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 KrWG Rn. 22.
25Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Anzeigepflichten in anderen Rechtsgebieten (§ 14 GewO, § 67 Abs. 2 BImSchG) durchaus die Auffassung vertreten wird, dass bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht Maßnahmen im Sinne der hier in Rede stehenden Untersagung nicht in Betracht kommen.
26Vgl. Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 14 Rn. 98; Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12 (17), m. w. N.
27Dies führt dazu, dass im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der auf § 62 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht ausgegangen werden kann.
28Andererseits kann die Sammlungsuntersagung aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Das folgt für die Frage, ob § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung wegen des Fehlens oder der (wesentlichen) Unvollständigkeit einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG in Betracht kommt, schon aus dem Vorstehenden. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung kann auch nicht (eindeutig) festgestellt werden, dass sich im Fall einer fehlenden oder in wesentlichen Punkten unvollständigen Sammlungsanzeige eine auf § 62 KrWG gestützte Untersagungsverfügung jedenfalls als unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft erweisen muss.
29Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Antragstellerin meint, bei § 18 Abs. 1 KrWG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift und alleine eine fehlende Sammlungsanzeige könne keine Untersagung rechtfertigen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die fehlende Anzeige abgestellt, sondern zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch nachträglich ihrer Anzeigepflicht trotz entsprechender Anhörung durch die Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist und ohne Anzeige die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hinsichtlich der Sammlung nicht überprüft werden können. Damit setzt sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter auseinander. Zum anderen spricht der Umstand, dass - wie es bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat - mit einer Sammlungsanzeige ein materiell-rechtliches "Prüfprogramm" der Behörde eröffnet werden soll,
30vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 476/13 -, a. a. O.,
31dagegen, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen.
32Vgl. auch Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen zur Anzeige gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen gemäß § 18 KrWG, AbfallR 2012, 231 (237).
33Der weiteren Auffassung der Antragstellerin, eine Untersagung im Zusammenhang mit einer fehlenden Sammlungsanzeige komme angesichts der bestehenden Bußgeldvorschriften nicht in Betracht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, jedenfalls nicht insoweit, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, § 62 KrWG scheide von vornherein als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung aus. Dies kann schon aufgrund der anderen Zielrichtung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG einerseits und der (generellen) Handlungsermächtigung des § 62 KrWG andererseits nicht angenommen werden.
34Die danach anzustellende, von den Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
35Zu ihren Gunsten ist zwar zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Vollziehbarkeit der Untersagung bestätigt und der Antragstellerin damit (jedenfalls vorübergehend) ein Sammeln verwehrt wird, auf ihrer Seite vom Grundsatz her eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung eintritt, wenn sich die Untersagung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist. Denn ihre Sammlungstätigkeit dürfte in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG fallen.
36Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 122/13 -, juris.
37Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bei einer Betätigung im Rahmen ihrer Grundrechte an die ansonsten geltenden Gesetze zu halten hat und dies hier unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage eine Sammlungsuntersagung verfügt werden kann, nicht der Fall ist, weil sie die nach der vorstehenden Ausführungen erforderliche Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 72 Abs. 2 KrWG, nicht erstattet hat. Mit Blick darauf sind hier auf jeden Fall auch öffentliche Interessen betroffen oder beeinträchtigt. Diese können nicht mit dem Argument als wenig(er) gewichtig angesehen oder abgetan werden, bei § 18 Abs. 1 und 2 KrWG handele es sich lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Vielmehr dient die Sammlungsanzeige- wie ausgeführt - dazu, der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlich normierten Anforderungen an eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Davon, dass eine solche Prüfung hier offensichtlich entbehrlich ist, kann nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG zu vernachlässigen ist, weil die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin keine getrennte Sammlung von Alttextilien und -schuhen betreibt, verbleibt die Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG, die mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin (vgl. insoweit § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG) nicht vorgenommen werden kann. Im Übrigen kann diese Prüfung nicht mit dem Argument als entbehrlich angesehen werden, dass es für Alttextilien einen Markt gebe, sich damit (derzeit hohe) Erlöse erzielen ließen und schon deshalb von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausgegangen werden könne. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass dies nicht auf sämtliche im Wege einer öffentlichen Containersammlung erfassten Gegenstände zutrifft, weil es einen gewissen Anteil sog. "Fehlwürfe" gibt, hinsichtlich derer eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ebenfalls gewährleistet sein muss. Entsprechendes gilt für nicht wiederverwendbare, d. h. nicht wieder oder weiter tragbare Bekleidung und Schuhe sowie sonstige Alttextilien.
38Mit Blick darauf kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, ihre Sammlung (vorübergehend) fortzusetzen, auch in Ansehung ihrer vom Grundsatz her grundrechtlich geschützten Betätigung nicht angenommen werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Folgen einer hier anzunehmenden vorübergehenden Sammlungsunterbrechung sich in Grenzen halten dürften. Ausgehend davon, dass sich die Antragstellerin ordnungsgemäß die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der für die Aufstellung ihrer Sammelcontainer genutzten Flächen gesichert hat, dürften ihr keine Standorte für den Fall verloren gehen, dass sie ihre Container (unterstellt) vorübergehend von den Flächen entfernen muss. Dementsprechend besteht die tatsächliche Beeinträchtigung in (vorübergehenden) Einnahmeverlusten, zu deren Höhe die Antragstellerin jedoch nichts Konkretes vorgetragen hat.
39Unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung oder Belastung der Antragstellerin ist ferner zu berücksichtigen, dass die Angelegenheit für sie im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht "erledigt" wäre. Angesichts der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorgeschriebenen oder veranlassten Prüfung wäre die Antragsgegnerin unabhängig von der noch ausstehenden Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Untersagungsverfügung gehalten, sich die für die Prüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erforderlichen Angaben auf einem anderen als dem an sich gesetzlich vorgesehenen Weg - das ist die vom Sammler zu erstattende Anzeige - zu verschaffen, indem sie gegen die ohne Anzeige sammelnde Antragstellerin durch die Festsetzung eines Bußgelds (vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KrWG) Druck ausübt und/oder sie mittels auf § 62 KrWG gestützter, gegebenenfalls zwangsgeldbewehrter Ordnungsverfügung zur Erstattung der Anzeige auffordert. Dies bedeutete zum einen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und führte zum anderen jedenfalls im Fall der Verhängung eines Bußgelds ebenfalls zu einer finanziellen Belastung der Antragstellerin.
40Zu deren Lasten kommt ferner die bereits vom Verwaltungsgericht betonte Nachahmungsgefahr zum Tragen. Zwar weist die Antragstellerin diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass unmittelbar von den von ihr aufgestellten Sammelcontainern keine Nachahmungsgefahr ausgeht, weil ihnen nicht anzusehen ist, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht. Eine Nachahmungsgefahr leitet sich jedoch daraus ab, dass im (unterstellten) Fall des Bekanntwerdens der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dies in Sammlerkreisen als Signal dahingehend verstanden werden könnte, eine Sammlung könne auch ohne Anzeige begonnen und trotz fehlender Anzeige weitergeführt werden, weil eine Untersagung oder Einstellung der Sammlung nicht zu befürchten sei.
41Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist es, wie es bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, daher eher der Antragstellerin zuzumuten, ihre Sammlung vorübergehend zu unterbrechen, als der Antragsgegnerin, weiterhin (vorübergehend) auf die vorgeschriebene Prüfung jedenfalls gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG verzichten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als es die Antragstellerin selbst in der Hand hat, der Untersagungsverfügung durch Erstattung der erforderlichen Anzeige die Grundlage zu entziehen. Größerer Aufwand ist damit nicht verbunden, weil § 18 Abs. 2 KrWG zwar Angaben und Darlegungen verlangt, Nachweise dagegen nicht gefordert werden.
42Erfolg hat die Beschwerde dagegen im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung unter III. des angefochtenen Bescheids, weil sich die Androhung als offensichtlich rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig erweist. Dies ergibt sich daraus, dass das angedrohte Zwangsgeld von 2.500,00 €, wie ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid angeordnet, für jeden Tag der Zuwiderhandlung gilt und darüber hinaus, da sich die Androhung ebenfalls ausdrücklich auch auf die nicht vollständige Befolgung der Untersagung unter I. des Bescheids bezieht, in voller Höhe selbst dann "fällig" wird, wenn die Antragstellerin auch nur mit einem Container weitersammelt. Mit Blick auf diese Fallkonstellation erweist sich die Androhung auch oder gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) als unangemessen. Denn ein Zwangsgeld von 2.500,00 € pro Tag bei einem Sammelcontainer liegt offensichtlich so weit von dem Umsatz entfernt, der mit einem einzelnen Sammelcontainer täglich erzielt werden kann, dass hier eine Unverhältnismäßigkeit auf der Hand liegt.
43Vgl. in diesem Sinn auch schon VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 9 L 337/13 -.
44Dass die Antragsgegnerin möglicherweise hinsichtlich der zuvor behandelten Fallkonstellation keine (besondere) Regelungsintention hatte, ist unerheblich, weil eine Verhältnismäßigkeit der Androhung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich in jedem (einzelnen) in Betracht kommenden Anwendungsfall als angemessen erweist, was hier - wie zuvor dargestellt - nicht der Fall ist, wenn die Antragstellerin gegebenenfalls - entgegen der Untersagungsverfügung - lediglich mit einem Container weitersammelt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten kann eine Verhältnismäßigkeit nicht allein deshalb angenommen werden, weil das pro Tag angedrohte Zwangsgeld am unteren Rand der in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW genannten Spanne liegt. Der von der Antragsgegnerin gegebenenfalls anzustellende Ermittlungsaufwand zur Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsverfügung dürfte mit Blick auf § 58 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW bereits vom Ansatz her kein tauglicher Gesichtspunkt zur Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes darstellen und vermag dementsprechend ebenfalls nicht die Annahme der Verhältnismäßigkeit zu begründen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin zu schätzen, was angesichts der Mitteilung der Antragstellerin, dass im Gebiet der Antragsgegnerin 26 Sammelcontainer stehen, auch sachgerecht möglich ist. Ausgehend von einer jährlichen Sammelmenge pro Container von 10 t und einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
47siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
48sowie einer - ebenfalls geschätzten - Gewinnmarge von 50 % ergibt sich ein Jahresgewinn von 52.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Die Zwangsgeldandrohung bleibt nach Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs außer Betracht. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 132 Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit
(1) Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentlich sind Änderungen, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Eine wesentliche Änderung liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
mit der Änderung Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten, - a)
die Zulassung anderer Bewerber oder Bieter ermöglicht hätten, - b)
die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten oder - c)
das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten,
- 2.
mit der Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrags zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben wird, die im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen war, - 3.
mit der Änderung der Umfang des öffentlichen Auftrags erheblich ausgeweitet wird oder - 4.
ein neuer Auftragnehmer den Auftragnehmer in anderen als den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 vorgesehenen Fällen ersetzt.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn
- 1.
in den ursprünglichen Vergabeunterlagen klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen sind, die Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert, - 2.
zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen erforderlich geworden sind, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren, und ein Wechsel des Auftragnehmers - a)
aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und - b)
mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden wäre,
- 3.
die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert oder - 4.
ein neuer Auftragnehmer den bisherigen Auftragnehmer ersetzt - a)
aufgrund einer Überprüfungsklausel im Sinne von Nummer 1, - b)
aufgrund der Tatsache, dass ein anderes Unternehmen, das die ursprünglich festgelegten Anforderungen an die Eignung erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung, wie zum Beispiel durch Übernahme, Zusammenschluss, Erwerb oder Insolvenz, ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen im Sinne des Absatzes 1 zur Folge hat, oder - c)
aufgrund der Tatsache, dass der öffentliche Auftraggeber selbst die Verpflichtungen des Hauptauftragnehmers gegenüber seinen Unterauftragnehmern übernimmt.
(3) Die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist ferner zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert und der Wert der Änderung
- 1.
die jeweiligen Schwellenwerte nach § 106 nicht übersteigt und - 2.
bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
(4) Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel, wird für die Wertberechnung gemäß Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie gemäß Absatz 3 der höhere Preis als Referenzwert herangezogen.
(5) Änderungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Klage der Antragstellerin (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Zwangsgeldandrohung unter III. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Antragstellerin zu drei Viertel und die Antragsgegnerin zu einem Viertel.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 26.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 hinsichtlich der Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer III. anzuordnen,
4weiterverfolgt, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Verwaltungsgericht hat den vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfalle, weil die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung unter I. der Ordnungsverfügung sei § 62 KrWG, weil die Antragstellerin ihre Sammlung nicht gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angezeigt habe. Bei den gesammelten Altkleidern und -schuhen handele es sich um Abfall, weil die Vorbesitzer die Sachherrschaft ohne weitere Zweckbestimmung aufgegeben hätten. Die Zwangsgeldandrohung unter III. der Ordnungsverfügung sei noch verhältnismäßig. Dem setzt die Antragstellerin mit ihrem fristgemäßen Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Durchgreifendes entgegen.
6Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Ordnungsverfügung wegen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für formell rechtswidrig hält, dringt sie damit nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellende rechtsstaatliche Bedenken, die sich aus dem Zusammenfallen von Aufgaben (Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einerseits, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger andererseits) bei ein und derselben Stelle der öffentlichen Verwaltung ergeben (können), durch eine verwaltungsinterne organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche Rechnung getragen werden kann. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des hier beschließenden Gerichts.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
9Soweit die Antragstellerin sinngemäß die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten nicht für ausreichend hält, weil - was zutreffend ist - auf einer "höheren" (Vorgesetzten-)Ebene die Zuständigkeiten (wieder) zusammenfallen, dringt sie damit nicht durch. Das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer "höheren" (jedenfalls auf der obersten) Ebene ist bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar. Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken dürften sich daraus aber nicht ergeben, zumal die jeweiligen Amtsträger sowohl beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als auch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Beschränkungen und Bindungen unterliegen, insbesondere "von Amts wegen" Neutralität zu wahren haben, und diesbezüglich schon auf Verwaltungsebene Kontrollmöglichkeiten bestehen. Im Übrigen ist bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz die (rechtsstaatliche) Problematik einer zusammenfallenden Behördenzuständigkeit gesehen worden, ohne dass dies zum Anlass genommen worden ist, eine Trennung dahingehend zu fordern, dass die Aufgaben bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden müssen - was sich bei den Stadtstaaten kaum hätte praktizieren lassen.
10Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 88, und 17/6645, S. 4.
11Vorliegend erscheint das Bestehen eines - die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellenden - Interessenkonflikts auch deshalb fernliegend, weil die Ordnungsverfügung ohne Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ausgesprochen wurde und die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin gar keine getrennte Alttextiliensammlung oder -erfassung vornimmt. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen internen Organisationsregelungen (systematisch) missachtet. Dass es bei einer vorangegangenen, inzwischen aufgehobenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zu einer Abweichung von diesen Organisationsregelungen gekommen ist, hat zum einen die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren plausibel erklärt und stellt zum anderen nicht in Frage, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Organisationsregelungen beachtet wurden.
12Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht weiterhin - in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur - zutreffend von der Abfalleigenschaft der von der Antragstellerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ausgegangen.
13Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
14- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 -, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 - 3 Ob OWi 124/83 -, NVwZ 1984, 198 -
15die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruhte zum einen auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972, der in seiner ersten Alternative allein auf den Entledigungswillen des Besitzers abstellte, d. h. keinen § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Alt. 3 KrWG vergleichbaren Entstehungstatbestand enthielt, und zum anderen auf einem nicht maßgeblich von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägten Verständnis des Entledigungswillens. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
16Der Rückschluss der Antragstellerin aus der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt ebenfalls nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis steht im Übrigen entgegen, dass die Antragstellerin mehrere verschiedene Wiederverwendungsquoten - einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die (angebliche) Quote ihres Unternehmens - benennt und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote der Antragstellerin auseinandergesetzt haben oder ihnen diese bekannt ist. Weiterhin bezieht sich die von der Antragstellerin angeführte Wiederverwendungsquote - soweit ersichtlich - lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt-)Textilien und (Alt-)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
17Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit einer- hier nicht in Rede stehenden - Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden" oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer. Der von der Antragstellerin in Bezug genommene Fernsehbericht des WDR vom 13. September 2013 gibt für die Annahme einer Zweckbestimmung auch nicht ansatzweise etwas her; bestenfalls können dem Bericht Anhaltspunkte für eine auf einen "guten Zweck" zielende Motivationslage der Abgebenden entnommen werden.
18Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es - auch nach der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage - unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht "loswerden" werden will und es beispielsweise aus Umweltschutzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Antragstellerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
19Was das Sortieren der Alttextilien nach der Einsammlung anbelangt, hat das Verwaltungsgericht darin nicht den maßgeblichen, die Abfalleigenschaft begründenden Umstand gesehen. Vielmehr hat es das Sortieren lediglich zur Untermauerung seiner Annahme angeführt, dass der Besitzer von Alttextilien im Fall des Einwurfs in einen Sammelcontainer keine Garantie hinsichtlich einer Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 21 KrWG hat oder erhält. Jedenfalls kann aus dem Sortieren keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen.
20Soweit das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids als auf der Grundlage von § 62 KrWG (offensichtlich) rechtmäßig angesehen hat, hat das Beschwerdevorbringen jedenfalls insoweit Erfolg, als die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin als offen anzusehen sind.
21Vom Grundsatz her erscheint eine Sammlungsuntersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG bei fehlender oder unvollständiger Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG nicht ausgeschlossen, wenn das Anzeigeverfahren seinen Zweck aufgrund der fehlenden Anzeige oder unvollständiger Angaben des Anzeigenden nicht erfüllen kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 476/13 -, juris.
23Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt und in der Literatur umstritten.
24Vgl. Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 KrWG Rn. 25, m. w. N. in Fußnote 49; Klement in: Schmehl: Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 18 Rn. 21; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 KrWG Rn. 22.
25Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Anzeigepflichten in anderen Rechtsgebieten (§ 14 GewO, § 67 Abs. 2 BImSchG) durchaus die Auffassung vertreten wird, dass bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht Maßnahmen im Sinne der hier in Rede stehenden Untersagung nicht in Betracht kommen.
26Vgl. Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 14 Rn. 98; Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12 (17), m. w. N.
27Dies führt dazu, dass im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der auf § 62 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht ausgegangen werden kann.
28Andererseits kann die Sammlungsuntersagung aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Das folgt für die Frage, ob § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung wegen des Fehlens oder der (wesentlichen) Unvollständigkeit einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG in Betracht kommt, schon aus dem Vorstehenden. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung kann auch nicht (eindeutig) festgestellt werden, dass sich im Fall einer fehlenden oder in wesentlichen Punkten unvollständigen Sammlungsanzeige eine auf § 62 KrWG gestützte Untersagungsverfügung jedenfalls als unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft erweisen muss.
29Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Antragstellerin meint, bei § 18 Abs. 1 KrWG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift und alleine eine fehlende Sammlungsanzeige könne keine Untersagung rechtfertigen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die fehlende Anzeige abgestellt, sondern zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch nachträglich ihrer Anzeigepflicht trotz entsprechender Anhörung durch die Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist und ohne Anzeige die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hinsichtlich der Sammlung nicht überprüft werden können. Damit setzt sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter auseinander. Zum anderen spricht der Umstand, dass - wie es bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat - mit einer Sammlungsanzeige ein materiell-rechtliches "Prüfprogramm" der Behörde eröffnet werden soll,
30vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 476/13 -, a. a. O.,
31dagegen, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen.
32Vgl. auch Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen zur Anzeige gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen gemäß § 18 KrWG, AbfallR 2012, 231 (237).
33Der weiteren Auffassung der Antragstellerin, eine Untersagung im Zusammenhang mit einer fehlenden Sammlungsanzeige komme angesichts der bestehenden Bußgeldvorschriften nicht in Betracht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, jedenfalls nicht insoweit, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, § 62 KrWG scheide von vornherein als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung aus. Dies kann schon aufgrund der anderen Zielrichtung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG einerseits und der (generellen) Handlungsermächtigung des § 62 KrWG andererseits nicht angenommen werden.
34Die danach anzustellende, von den Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
35Zu ihren Gunsten ist zwar zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Vollziehbarkeit der Untersagung bestätigt und der Antragstellerin damit (jedenfalls vorübergehend) ein Sammeln verwehrt wird, auf ihrer Seite vom Grundsatz her eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung eintritt, wenn sich die Untersagung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist. Denn ihre Sammlungstätigkeit dürfte in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG fallen.
36Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 122/13 -, juris.
37Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bei einer Betätigung im Rahmen ihrer Grundrechte an die ansonsten geltenden Gesetze zu halten hat und dies hier unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage eine Sammlungsuntersagung verfügt werden kann, nicht der Fall ist, weil sie die nach der vorstehenden Ausführungen erforderliche Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 72 Abs. 2 KrWG, nicht erstattet hat. Mit Blick darauf sind hier auf jeden Fall auch öffentliche Interessen betroffen oder beeinträchtigt. Diese können nicht mit dem Argument als wenig(er) gewichtig angesehen oder abgetan werden, bei § 18 Abs. 1 und 2 KrWG handele es sich lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Vielmehr dient die Sammlungsanzeige- wie ausgeführt - dazu, der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlich normierten Anforderungen an eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Davon, dass eine solche Prüfung hier offensichtlich entbehrlich ist, kann nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG zu vernachlässigen ist, weil die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin keine getrennte Sammlung von Alttextilien und -schuhen betreibt, verbleibt die Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG, die mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin (vgl. insoweit § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG) nicht vorgenommen werden kann. Im Übrigen kann diese Prüfung nicht mit dem Argument als entbehrlich angesehen werden, dass es für Alttextilien einen Markt gebe, sich damit (derzeit hohe) Erlöse erzielen ließen und schon deshalb von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausgegangen werden könne. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass dies nicht auf sämtliche im Wege einer öffentlichen Containersammlung erfassten Gegenstände zutrifft, weil es einen gewissen Anteil sog. "Fehlwürfe" gibt, hinsichtlich derer eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ebenfalls gewährleistet sein muss. Entsprechendes gilt für nicht wiederverwendbare, d. h. nicht wieder oder weiter tragbare Bekleidung und Schuhe sowie sonstige Alttextilien.
38Mit Blick darauf kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, ihre Sammlung (vorübergehend) fortzusetzen, auch in Ansehung ihrer vom Grundsatz her grundrechtlich geschützten Betätigung nicht angenommen werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Folgen einer hier anzunehmenden vorübergehenden Sammlungsunterbrechung sich in Grenzen halten dürften. Ausgehend davon, dass sich die Antragstellerin ordnungsgemäß die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der für die Aufstellung ihrer Sammelcontainer genutzten Flächen gesichert hat, dürften ihr keine Standorte für den Fall verloren gehen, dass sie ihre Container (unterstellt) vorübergehend von den Flächen entfernen muss. Dementsprechend besteht die tatsächliche Beeinträchtigung in (vorübergehenden) Einnahmeverlusten, zu deren Höhe die Antragstellerin jedoch nichts Konkretes vorgetragen hat.
39Unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung oder Belastung der Antragstellerin ist ferner zu berücksichtigen, dass die Angelegenheit für sie im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht "erledigt" wäre. Angesichts der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorgeschriebenen oder veranlassten Prüfung wäre die Antragsgegnerin unabhängig von der noch ausstehenden Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Untersagungsverfügung gehalten, sich die für die Prüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erforderlichen Angaben auf einem anderen als dem an sich gesetzlich vorgesehenen Weg - das ist die vom Sammler zu erstattende Anzeige - zu verschaffen, indem sie gegen die ohne Anzeige sammelnde Antragstellerin durch die Festsetzung eines Bußgelds (vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KrWG) Druck ausübt und/oder sie mittels auf § 62 KrWG gestützter, gegebenenfalls zwangsgeldbewehrter Ordnungsverfügung zur Erstattung der Anzeige auffordert. Dies bedeutete zum einen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und führte zum anderen jedenfalls im Fall der Verhängung eines Bußgelds ebenfalls zu einer finanziellen Belastung der Antragstellerin.
40Zu deren Lasten kommt ferner die bereits vom Verwaltungsgericht betonte Nachahmungsgefahr zum Tragen. Zwar weist die Antragstellerin diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass unmittelbar von den von ihr aufgestellten Sammelcontainern keine Nachahmungsgefahr ausgeht, weil ihnen nicht anzusehen ist, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht. Eine Nachahmungsgefahr leitet sich jedoch daraus ab, dass im (unterstellten) Fall des Bekanntwerdens der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dies in Sammlerkreisen als Signal dahingehend verstanden werden könnte, eine Sammlung könne auch ohne Anzeige begonnen und trotz fehlender Anzeige weitergeführt werden, weil eine Untersagung oder Einstellung der Sammlung nicht zu befürchten sei.
41Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist es, wie es bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, daher eher der Antragstellerin zuzumuten, ihre Sammlung vorübergehend zu unterbrechen, als der Antragsgegnerin, weiterhin (vorübergehend) auf die vorgeschriebene Prüfung jedenfalls gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG verzichten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als es die Antragstellerin selbst in der Hand hat, der Untersagungsverfügung durch Erstattung der erforderlichen Anzeige die Grundlage zu entziehen. Größerer Aufwand ist damit nicht verbunden, weil § 18 Abs. 2 KrWG zwar Angaben und Darlegungen verlangt, Nachweise dagegen nicht gefordert werden.
42Erfolg hat die Beschwerde dagegen im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung unter III. des angefochtenen Bescheids, weil sich die Androhung als offensichtlich rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig erweist. Dies ergibt sich daraus, dass das angedrohte Zwangsgeld von 2.500,00 €, wie ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid angeordnet, für jeden Tag der Zuwiderhandlung gilt und darüber hinaus, da sich die Androhung ebenfalls ausdrücklich auch auf die nicht vollständige Befolgung der Untersagung unter I. des Bescheids bezieht, in voller Höhe selbst dann "fällig" wird, wenn die Antragstellerin auch nur mit einem Container weitersammelt. Mit Blick auf diese Fallkonstellation erweist sich die Androhung auch oder gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) als unangemessen. Denn ein Zwangsgeld von 2.500,00 € pro Tag bei einem Sammelcontainer liegt offensichtlich so weit von dem Umsatz entfernt, der mit einem einzelnen Sammelcontainer täglich erzielt werden kann, dass hier eine Unverhältnismäßigkeit auf der Hand liegt.
43Vgl. in diesem Sinn auch schon VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 9 L 337/13 -.
44Dass die Antragsgegnerin möglicherweise hinsichtlich der zuvor behandelten Fallkonstellation keine (besondere) Regelungsintention hatte, ist unerheblich, weil eine Verhältnismäßigkeit der Androhung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich in jedem (einzelnen) in Betracht kommenden Anwendungsfall als angemessen erweist, was hier - wie zuvor dargestellt - nicht der Fall ist, wenn die Antragstellerin gegebenenfalls - entgegen der Untersagungsverfügung - lediglich mit einem Container weitersammelt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten kann eine Verhältnismäßigkeit nicht allein deshalb angenommen werden, weil das pro Tag angedrohte Zwangsgeld am unteren Rand der in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW genannten Spanne liegt. Der von der Antragsgegnerin gegebenenfalls anzustellende Ermittlungsaufwand zur Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsverfügung dürfte mit Blick auf § 58 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW bereits vom Ansatz her kein tauglicher Gesichtspunkt zur Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes darstellen und vermag dementsprechend ebenfalls nicht die Annahme der Verhältnismäßigkeit zu begründen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin zu schätzen, was angesichts der Mitteilung der Antragstellerin, dass im Gebiet der Antragsgegnerin 26 Sammelcontainer stehen, auch sachgerecht möglich ist. Ausgehend von einer jährlichen Sammelmenge pro Container von 10 t und einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
47siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
48sowie einer - ebenfalls geschätzten - Gewinnmarge von 50 % ergibt sich ein Jahresgewinn von 52.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Die Zwangsgeldandrohung bleibt nach Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs außer Betracht. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.
(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,
- 1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder - 2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.
(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.
(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle
- 1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und - 2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
- a)
Abfälle aus Produktion, - b)
Abfälle aus Landwirtschaft, - c)
Abfälle aus Forstwirtschaft, - d)
Abfälle aus Fischerei, - e)
Abfälle aus Abwasseranlagen, - f)
Bau- und Abbruchabfälle und - g)
Altfahrzeuge.
(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,
- 1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen, - 2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren, - 3.
die sich nicht biologisch abbauen und - 4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.
(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende
- 1.
Garten- und Parkabfälle, - 2.
Landschaftspflegeabfälle, - 3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und - 4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.
(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.
(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.
(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,
- 1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder - 2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).
(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.
(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.
(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.
(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.
(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.
(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.
(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.
(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.
(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.
(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.
(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.
(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.
(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.
(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.
(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.
(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.
(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.
(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.
(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.
(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.
(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.
(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.
(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.
(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten können Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt und so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist. Die beauftragten Dritten müssen über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.
(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,
- 1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder - 2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.
(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.
(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle
- 1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und - 2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
- a)
Abfälle aus Produktion, - b)
Abfälle aus Landwirtschaft, - c)
Abfälle aus Forstwirtschaft, - d)
Abfälle aus Fischerei, - e)
Abfälle aus Abwasseranlagen, - f)
Bau- und Abbruchabfälle und - g)
Altfahrzeuge.
(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,
- 1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen, - 2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren, - 3.
die sich nicht biologisch abbauen und - 4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.
(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende
- 1.
Garten- und Parkabfälle, - 2.
Landschaftspflegeabfälle, - 3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und - 4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.
(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.
(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.
(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,
- 1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder - 2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).
(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.
(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.
(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.
(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.
(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.
(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.
(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.
(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.
(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.
(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.
(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.
(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.
(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.
(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.
(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.
(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.
(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.
(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.
(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.
(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.
(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.
(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
Tenor
I.
Der Bescheid des Beklagten vom ... November 2012 wird aufgehoben.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Aufhebung eines Bescheids des Landratsamtes P. ..., der es ihr ab ... Juni 2013 untersagt, im Landkreis gewerblich Altkleider und Altschuhe zu sammeln.
Mit E-Mail vom ... Mai 2012 zeigte die Klägerin beim Landratsamt „die (bereits bisher im Landkreis bzw. Gemeinde- und/oder Stadtgebiet durchgeführte) gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten an“. Im beigefügten Schreiben gab die Klägerin an, sie betreibe bundesweit ca. 7.000 Altkleidercontainer. In ihrem Werk ... würden über 350.000 Kleidungsstücke täglich sortiert. Die Container- als auch Straßensammlung werde über einen Zeitraum von zehn Jahren beantragt und erstrecke sich über das komplette Landkreis- bzw. Gemeinde- und Stadtgebiet. Das Sammelgut setze sich erfahrungsgemäß zu 60% aus tragfähiger wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen zusammen. Ca. 30% würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert. Ca. 10% gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Die sortierten Produkte würden in 27 inländischen ReSales Shops und im Export in Länder Afrikas, in den nahen und mittleren Osten sowie nach Osteuropa zur Wiederverwendung geliefert. Die Wiederverwendung von sortierter Second-Hand-Kleidung/Ware als Produkt (nicht mehr Abfall) sei aufgrund stetig steigender Nachfrage und langjähriger Geschäftsverbindungen ebenfalls gesichert. Die notwendigen Verwertungs-Kapazitäten seien gegeben. Im Rahmen des jährlichen Audits aus dem Entsorgungsfachbetrieb der Klägerin seien die festgelegten Prozessabläufe innerhalb der Verwertungswege jederzeit transparent und nachvollziehbar.
Der Beigeladene wurde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger mit Schreiben von ... Juni 2012 um Stellungnahme gebeten. In seiner Äußerung vom ... Juli 2012 machte er geltend, die vorgelegten Unterlagen entsprächen nicht den Anforderungen des § 18 KrWG. Es fehlten Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung, Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle sowie die Darlegung der Verwertungswege.
Unabhängig von den nachzufordernden Unterlagen werde mitgeteilt, dass der Werkausschuss des Kreistags am ... Juni 2012 eine Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes beschlossen habe. Mit Wirkung ab ... Januar 2013 werde der Abfallwirtschaftsbetrieb ein eigenes flächendeckendes Erfassungssystem für Alttextilien installieren. In Abstimmung mit allen kreisangehörigen Gemeinden würden auf den Wertstoffhöfen sowie allen derzeitigen Depotcontainerstellplätzen auch Container zur Erfassung von Alttextilien aufgestellt. Die Vergabe der hierfür erforderlichen Dienstleistung erfolge im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung.
Der Durchführung von gewerblichen Sammlungen stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen, da durch die Zulassung von gewerblichen Sammlungen für Alttextilien die konkret geplante Ausschreibung nicht diskriminierungsfrei und transparent durchgeführt werden könne.
Das Landratsamt forderte die Klägerin mit Schreiben vom ... August 2012 auf, konkrete Angaben zur angezeigten Sammlung zu machen, insbesondere Mengenprognosen abzugeben. Eine allgemeine Bezugnahme auf mögliche Verwertungswege genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anzeige. Es sei darzulegen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet werde.
Mit E-Mail vom ... August 2012 reichte die Klägerin ergänzende Unterlagen nach und gab an, die Klägerin betreibe im Landkreis bereits 14 Container, wie aus der beigefügten Stellplatzliste ersichtlich, und erfasse dort 50 t Ware pro Jahr. Es sei beabsichtigt, weitere 100 Container für die Dauer von 10 Jahren aufzustellen und damit ca. 350 t jährlich zu erfassen.
Mit Schreiben vom ... November 2012 teilte das Landratsamt mit, der Beigeladene beabsichtige ab ... Januar ein eigenes flächendeckendes Erfassungssystem für Alttextilien und -schuhe zu installieren. Der von der Klägerin angezeigten gewerblichen Sammlung stünden damit überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Bescheid vom ... November 2012 ließ der Beklagte die angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen im Kreisgebiet des Beigeladenen befristet bis zum ... Mai 2013 zu (Nummer 1) und untersagte die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen ab dem ... Juni 2013 (Nummer 2). Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen aus: Ab dem Beginn der geplanten Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stehe die angezeigte Sammlung der Klägerin in Konkurrenz dazu. Durch die konkurrierende gewerbliche Sammlung werde die Funktionsfähigkeit der kommunalen Erfassung erheblich gestört, da diese die Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindere und Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtige. Die angezeigte Sammlung sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die geplante des AWP.
Gegen den Bescheid vom ... November 2012 erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am ... Dezember 2012 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom ... November 2013 (Az.: 40/1761) aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, wenn die Beklagtenseite nach Art. 3 Abs. 1 BayAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei, könne sie nicht gleichzeitig die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 4 KrWG sein, also auch nicht für die Untersagungsverfügung zuständig sein.
Die Klägerin sammle in den von ihr aufgestellten Altkleidercontainern keine Abfälle, sondern überwiegend sogenannte Second-Hand-Kleidung. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung nicht im Sinne von § 3 Abs. 3 KrWG auf. Das Einwerfen in einen Altkleidercontainer bedeute nichts anderes als die Aufforderung an die Klägerin, dieses Altkleiderstück dorthin zu bringen, wo Bedürftige dieses Kleiderstück benötigen. Das in § 3 Abs. 3 Ziff. 2 KrWG eingefügte Wort „unmittelbar“ sei ein rechtswidriges Abweichen von der Abfallrahmenrichtlinie und solle so zu einem völlig ausufernden Abfallbegriff führen. Über diese Abweichung habe letztlich der EuGH zu entscheiden, eine diesbezügliche Vorlage werde beantragt.
Solange ein Verbraucher der Meinung sei, er würde ein tragfähiges Kleidungsstück zu dem Zweck in den Altkleidercontainer einwerfen, dass Bedürftige diese Kleidungsstücke weiter tragen können, sei seine Auffassung vor dem Hintergrund des subjektiven Abfallbegriffs eindeutig maßgebend. Sortiere ein gewerblicher Alttextilunternehmer Kleidungsstücke aus, weil sie nicht vermarktungsfähig seien, sei dies eine Entscheidung des Unternehmers, die abfallerzeugend wirke. Diese Entscheidung wirke jedoch nicht auf den Verbraucher zurück. In allen Fällen der Wiederverwendung von Kleidung scheide der Abfallbegriff aus.
Auch nach § 5 KrWG erfülle ein Kleidungsstück im Augenblick des Einwurfs in einen Altkleidercontainer alle Voraussetzungen für das Ende der Abfalleigenschaft. Aus alledem ergebe sich, dass Altkleidung, Gebrauchtkleidung, Gebrauchttextilien oder auch Second-Hand-Kleidung nicht dem Abfallbegriff unterlägen, da sie aufgrund des subjektiven Abfallbegriffs und des Spendenzwecks der Verbraucher nicht zu Abfall würden.
Eine nachvollziehbare und wirksame Begründung für die Befristung bis ... Juni 2013 lasse der angefochtene Bescheid vermissen. Wie das eigene flächendeckende Erfassungssystem von Alttextilien duch den Beigeladenen ausgestaltet sei, und ob die angezeigte Sammlung der Klägerin eine Gefährdung mit sich bringe, bleibe völlig offen. Daher könne auch nicht zu der Frage, dass die Sammlung der Klägerin ggf. wesentlich besser sei im Sinne des § 17 KrWG, Stellung genommen werden. Es bleibe offen, ob hier wirklich eine leistungsfähige Sammlung, Sortierung und Vermarktung geplant sei. Ebenfalls nicht beachtet worden sei der Vertrauensschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG. Die gewerbliche Sammlung der Klägerin sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen KrWG bereits sei Jahren durchgeführt worden und habe die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet, weshalb der Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin zu beachten habe.
Zwischenzeitlich wurde das Vergabeverfahren abgeschlossen. Die Vergabe der Dienstleistung erfolgte durch öffentliche, europaweite Ausschreibung. Der Zuschlag an den wirtschaftlichsten der neun Bieter wurde am ... Mai 2013 erteilt. Der Vertrag hat eine Laufzeit vom ... Juni 2013 bis ... Mai 2016. Der Auftragnehmer entrichtet ein pauschales Entgelt von EUR 109,65 pro Container und Monat an den AWP. Tatsächlicher Leistungsbeginn war der ... Juli 2013. Vorgesehen war eine Erfassung auf Wertstoffhöfen und daneben „anfallsnah“ mittels 115 Containern auf von den Gemeinden des Landkreises zur Verfügung gestellten Stellflächen.
Mit Beschluss des Gerichts vom ... Juli 2013 wurde der Landkreis P. ... als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger beigeladen.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom ... Juli 2013,
die Klage abzuweisen.
Das Landratsamt sei für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids sachlich und örtlich zuständig gewesen. Es habe als Staatsbehörde gehandelt. Für eine behördeninterne organisatorische und personelle Trennung von den Aufgaben des Beigeladenen sei gesorgt, da es sich beim dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Beigeladenen um einen Eigenbetrieb mit vollkommen eigener personeller, räumlicher und organisatorischer Ausstattung handle. Ein etwaiger Anhörungsmangel sei jedenfalls durch die von der Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholte Verschaffung rechtlichen Gehörs geheilt.
Die Voraussetzungen sowohl für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung als auch für eine Befristung lägen vor. Die angezeigten Sammelgüter unterfielen dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die geplante Sammlung gefährde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, da die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG eingreife, wonach eine solche wesentliche Beeinträchtigung insbesondere anzunehmen sei, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein von diesem beauftragter Dritter eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe. Bei der nun seit ... Juli 2013 durchgeführten landkreisdeckenden Erfassung handle es sich um eine hochwertige Erfassung: Es erfolge eine Containererfassung auf 20 Wertstoffhöfen und an ca. 62 Depotcontainerstandorten. Die Sortierung und Weiterverwertung der eingesammelten Abfälle wird im Einzelnen detailliert dargestellt.
Es würden in etwa folgende Verwertungsquorten erzielt: 45% - 50% Wiederverwendung als Secondhand-Bekleidung bzw. -Schuhe, 25% Weiterverwendung als Putzlappen, 20% stoffliche Verwertung in Form von Faser- und Rohstoff-Rückgewinnung sowie 5% - 10% thermische Verwertung.
Eine wesentliche Beeinträchtigung liege vor: Im Vergabeverfahren sei man von einer prognostizierten Sammelmenge von 400 t pro Jahr ausgegangen. Die Klägerin plane landkreisweit eine flächendeckende Erfassung von Alttextilien durch ca. 115 Container auf Depotstandflächen und Straßensammlungen und prognostiziere eine Sammelmenge von 350 t jährlich, so dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger allein durch die Klägerin bereits nahezu 90% der zu erwartenden Abfallmenge entzogen würde, womit eine wesentliche Beeinträchtigung außer Frage stehe.
Weiterhin würde durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin die Gebührenstabilität gefährdet. Die Erlöse aus der Alttextilerfassung entsprächen ca. 2,25% des jährlichen Gebührenaufkommens. Es sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene für die Entsorgung von Alttextilien nicht nur zu Zeiten eines positiven Marktwertes zuständig sei. Bei einem negativen Marktwert könnten sich gewerbliche Sammler von der Erfassung und Vermarktung zurückziehen.
Es liege außerdem eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung i. S. d. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vor. Die Regelung umfasse Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erhalten habe oder am Ausschreibungsverfahren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gar nicht teilgenommen habe und nun eine gewerbliche Sammlung vornehme. Durch die Zulassung paralleler gewerblicher Sammlungen wäre es nahezu unmöglich, die Bedingungen des bereits durchgeführten Vergabeverfahrens aufrecht zu erhalten und künftig Vergabeverfahren rechtskonform durchzuführen.
Bei der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei auch auf das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen abzustellen. Nach der vorliegenden Mengenprognose hätte alle gewerblichen Sammler zusammen eine Menge von 1.422,80 t/a prognostiziert. Stelle man die im Vergabeverfahren prognostizierte Sammelmenge von 400 t/a gegenüber, würde dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die gesamte Sammelmenge entzogen und eine Vergabe wäre nicht möglich.
Die Sammlung der Klägerin sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die Sammlung des Beigeladenen.
Die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sei im vorliegenden Fall nicht anders zu gewährleisten. Es stehe dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich frei, sich für eine Neuaufnahme einer bisher nicht betriebenen Abfallfraktion zu entscheiden, was § 17 Abs. 3 KrWG mit dem Schutz der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zum Ausdruck bringe (VG Ansbach). Diese Möglichkeit sei bei einer Zulassung der gewerblichen Sammlung der Klägerin wesentlich beeinträchtigt. Eine andere Möglichkeit, diese Beeinträchtigung anders als durch Untersagung zu beseitigen, sei nicht ersichtlich und werde von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung widerspreche auch nicht dem in § 18 Abs. 7 KrWG normierten Vertrauensgrundsatz. Die Übergangsfrist bis 31. Mai 2013 sei ausreichend dafür, dass sich die Klägerin auf das Ende der gewerblichen Sammlung einstellen und die insoweit notwendigen betrieblichen Vorkehrungen treffen könne. Zu berücksichtigen sei hierbei auch, dass die Erfassung mittels Containern auf Depotstandflächen dem Beklagten mit einer jährlichen Erfassungsmenge von 27 t bekannt sei, wie im Zuge der Erstellung der Abfallbilanz 2012 von der Klägerin selbst mitgeteilt. Insofern liege nunmehr eine wesentliche Ausweitung gegenüber der einem möglichen Vertrauensschutz unterliegenden bisherigen Tätigkeit vor.
Die Voraussetzungen einer Befristung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG lägen ebenfalls vor. Eine unbefristete Zulassung wäre nicht geeignet gewesen, obwohl vor dem ... Juni 2013 noch keine konkurrierende Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorhanden war, da spätestens ab diesem Zeitpunkt ein Untersagungsgrund vorgelegen habe. Die Befristung sei unter dem Gesichtspunkt eines sich entwickelnden Vertrauensschutzes geboten gewesen, um die Klägerin vor Investitionen und betrieblichen Organisationsentscheidungen zu schützen, die im Falle einer (späteren) Untersagung zu einem Vermögensschaden geführt hätten.
§ 17 Abs. 3 KrWG bringe deutlich die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass das öffentlich-rechtliche Interesse an der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers höher zu gewichten sei als die wirtschaftlichen Interessen einzelner. Diese Wertung des Gesetzgebers sei in die Ermessensentscheidung einzustellen gewesen.
Der Beigeladene beantragte durch seine Prozessbevollmächtigten am ... Juli 2013,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags führte er unter dem ... Oktober 2013 aus: Die Klägerin verkenne, das auch Altkleidung regelmäßig den Abfallbegriff erfülle, da die Bereitstellung der Alttextilien oder deren Einwurf in Sammelcontainer in Entledigungsabsicht erfolge.
Vorliegend sei von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen, weil der Beigeladene eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG haushaltsnahe und hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe. Der Beigeladene bzw. der von ihm beauftragte Dritte halte ein flächendeckendes Erfassungssystem mit Containern auf allen 20 Wertstoffhöfen sowie auf ca. 62 weiteren Depotcontainer-Standorten vor. Die Leerung der Container erfolge mindestens wöchentlich. Die aus dem Container entnommene Sammelware werde in der Sortieranlage in die Fraktionen sauberer Altkleider, saubere Altschuhe, gebrauchte Federbetten und Abfälle zur thermischen Verwertung sortiert.
Nach den Angaben der Klägerin im Anzeigeverfahren plane diese landkreisweit eine flächendeckende Erfassung von Alttextilien durch insgesamt 114 Container auf Depotcontainerstandorten. Die Klägerin gehe bei dem geplanten Sammelumfang von einer jährlichen Sammelmenge von ca. 350 t aus. Unter Zugrundelegung der im Vergabeverfahren prognostizierten Sammelmenge von 400 t jährlich würden dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger daher allein durch die Klägerin bereits nahezu 90% der zu erwartenden Abfallmenge entzogen. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei daher schon durch die allein von der Klägerin angezeigte gewerbliche Sammlung gegeben. Die gewerbliche Sammlung der Klägerin sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei vorliegend dadurch gewahrt, dass der Beklagte die angezeigte Sammlung bis zum Beginn der kommunalen Sammlung befristet zugelassen habe.
Die Klägerin vertiefte ihre Rechtsausführungen mit Schriftsatz vom ... April 2014. Der Beigeladene legte mit Schreiben vom ... April 2014 den Stand der Maßnahmen zur Einführung eines eigenen Systems zur Erfassung von Alttextilien dar.
In der mündlichen Verhandlung am 10. April 2014 hat der Klägerbevollmächtigte angegeben, am ... Juni 2014 seien im Landkreis 16 Container an 14 Standorten aufgestellt gewesen. Daraus errechne sich ein Aufkommen von 48 t pro Jahr.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 10. April 2014 verwiesen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Tragfähige Rechtsgrundlage für die Untersagung einer gewerblichen Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen ist § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG.
1.1 Diese Vorschriften sind nach entgegen der Auffassung der Klägerin auch auf die gewerbliche Sammlung von Alttextilien anwendbar, denn nach einhelliger Meinung handelt es sich bei den fraglichen Alttextilien um „Abfall“ im Rechtssinne (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Die von der Klägerin vorgetragenen Argument mögen bei einer Weitergabe von Altkleidern beispielsweise an „Second-Hand-Shops“ oder an Kleiderkammern karitativer Einrichtungen zum Tragen kommen; werden Alttextilien wie hier vorgetragen jedoch in Sammelcontainer gegeben, liegt eine „Entledigung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 AltKrWGKrWG vor, weil nach der Aufgabe der Sachherrschaft über die Alttextilien lediglich eine bloße Hoffnung auf Wiederverwendung der Gegenstände nach einem Sortierungsprozess besteht (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - DVBl 2013,1517 Rn. 29 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154 zu § 13 KrWG-/AbfG; OVG NRW, B.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 11). Soweit vorgetragen wird, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmer ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände, denn diese Motive geben nicht Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll. Der von der Klägerin vorgelegten Forsa-Umfrage kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Der Abgebende gibt mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhen in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf (vgl. im Einzelnen OVG NRW, B.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 13 ff.). Soweit ersichtlich wird in den meisten Gerichtsentscheidungen zur gewerblichen Sammlung von Alttextilien aus Haushalten stillschweigend von der Abfalleigenschaft ausgegangen und diese daher nicht weiter begründet und schon nicht bezweifelt.
1.2 Das Gericht legt die mit einer Befristung verbundene Untersagung analog §§ 157, 133 BGB (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 35 Rn. 54) einheitlich als Untersagung unter Gewährung einer Übergangsfrist aus (vgl. VG München, U.v. 23.1.2014 - M 17 K 13.1851; U.v. 7.11.2013 - M 17 K 12.6334). Der Bescheid beschränkt sich in seiner Wirkung auf die Untersagung ab dem ... Juni 2013. Die in Nummer 1 vorgenommene Befristung bis ... Mai 2013 erlangt daneben keine eigenständige Bedeutung. Ein objektiver Empfänger würde den Bescheid in seiner Gesamtheit ausschließlich so verstehen, dass die Sammlung ab dem ... Juni 2013 dauerhaft nicht mehr stattfinden darf.
1.3 Die Untersagungsverfügung im Bescheid vom ... November 2012 ist nicht verfristet, obwohl seit der Anzeige vom ... Mai 2012 mehr als drei Monate verstrichen waren. Die Drei-Monats-Frist der vorherigen Anzeige nach § 18 Abs. 1 KrWG ist keine Ausschlussfrist in dem Sinne, dass behördliche Anordnungen nur innerhalb der Frist oder nur vor Aufnahme der Sammlungstätigkeit erfolgen können. Wird die Behörde auf eine Anzeige nicht tätig, so führt dies mit Ablauf der drei Monate nicht zu einer Genehmigungsfiktion o.ä.; die Sammlung bleibt weiter genehmigungsfrei. Grundsätzlich können solche Anordnungen also auch nach dem Zeitraum ergehen. Sodann ist aber die Nichtreaktion der Behörde ggf. - etwa bei unveränderten Umständen - als Vertrauenstatbestand zugunsten des Trägers der Sammlung zu werten, was u.U. die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen einschränkt (Schwind in von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Stand Mai 2014, § 18 KrWG Rn. 72). Sinn und Zweck der Regelung in § 18 Abs. 1 KrWG bestehen darin, dass der Sammler nach Ablauf der Drei-Monats-Frist, wenn die Behörde keine Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 oder 2 KrWG getroffen hat, mit der Sammlungstätigkeit beginnen darf, soweit und solange er sich im Rahmen seiner Anzeige hält. Abweichungen von der Anzeige bedürfen allerdings einer erneuten Anzeige (Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl. 2012, § 18 Rn. 10).
1.4 Die §§ 17, 18 KrWG sind verfassungs- und europarechtskonform.
1.4.1 Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zugunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154, 163 Rn. 36).
1.4.2 Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 - juris Rn. 11 ff.) an, der hierzu Folgendes ausgeführt hat:
„Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85), diese sind jedoch europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VG Hamburg, U.v. 9.8.2012 - 4 K 1905/10 - ZUR 2013, 43/44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung können unter den dort genannten Voraussetzungen Beschränkungen sowohl der Warenverkehrsfreiheit als auch der Wettbewerbsfreiheit legitimiert werden.
aa) Art. 106 Abs. 2 AEUV ist auf die Entsorgung von Alttextilien anwendbar (ebenso VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 38). Dass die Abfallverwertung Gegenstand einer Dienstleistung von „allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ sein kann, ist geklärt (EuGH, U.v. 23.5.2000 - Rs. C-209/98 - Slg. 2000, I-3743 Rn. 75). Speziell zum Abholen und zur Behandlung von Haushaltsabfällen hat der Gerichtshof entschieden, diese Tätigkeiten seien „unbestreitbar eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe“, die von privaten Unternehmen möglicherweise nicht in dem notwendigen Maß erfüllt werden könnten, so dass der Staat die Aufgabe „von Behörden wahrnehmen lassen kann“ (EuGH, U.v. 12.11.1998 - Rs. C-360/96 - Slg. 1998, I-6846 Rn. 52). Danach kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen als eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu qualifizieren ist (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 71). Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt (Dolde/Vetter, VBlBW 2010, 22 f.; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521/526; Schink, in: ders./Versteyl, KrWG, 2012, § 20 Rn. 21).
Bestätigt wird dieses Verständnis des Art. 106 Abs. 2 AEUV durch das Protokoll Nr. 26 „über Dienste von allgemeinem Interesse“ (ABl-EU 2010 C 83/308). Dieses Protokoll ist gemäß Art. 51 EUV Bestandteil des primären Unionsrechts. In dem Protokoll werden „die wichtige Rolle und der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden“ zu der Frage hervorgehoben, „wie Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf eine den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechende Weise zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind“. Dieses Protokoll Nr. 26 ist bei der Auslegung des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu beachten; inhaltlich weist es den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum zu (Dörr, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Mai 2013, Art. 51 EUV Rn. 13). Davon ist mit § 17 KrWG dem Grunde nach europarechtskonform Gebrauch gemacht worden (Dolde/Vetter, AbfallR 2011, 22/23; Karpenstein/Schink, AbfallR 2011, 222, 230; Franßen, in: Hansmann/Sellner, Grundzüge des Umweltrechts, 4. Aufl. 2012, Kap. 14 Rn. 6).
bb) In der Sache ist die Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig, es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (EuGH, U.v. 17.5.2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109 Rn. 54; U.v. 15.11.2007 - Rs. C-162/06
Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drs. 17/6052, S. 87). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird (ebenso VG Ansbach, a. a. O., Rn. 73). Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.
cc) Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 63 und Rn. 72). Seine Anwendung gerade auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (EuGH, U.v. 25.6.1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075 Rn. 67; U.v. 23.5.200 - Rs. C-209/98
Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat der Senat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063/1070; Suhl, AbfallR 2012, 201/212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drs. 17/6052, S. 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521/526; Kropp, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., Art. 16 AbfRRL Rn. 37). Stehen § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Satz 1 des § 17 Abs. 3 KrWG gleichsam im Dienst des Art. 106 Abs. 2 AEUV, bedürfen Satz 2 und Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG einer restriktiven, d. h. europarechtskonformen Auslegung (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 39), damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen wird.
Der Senat teilt die im Schrifttum (Suhl, AbfallR 2012, 201/205 f.; Bickenbach, LKRZ 2012, 222/227) geäußerten Bedenken an der Möglichkeit einer europarechtskonformen Handhabung jener gesetzlichen Bestimmungen nicht. Das Gesetz trifft keine starren Festlegungen, sondern verwendet auslegungsfähige unbestimmte Rechtsbegriffe (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG: „überwiegende öffentliche Interessen“; § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG: „Funktionsfähigkeit“ des Aufgabenträgers etc.) und normiert in Satz 2 und Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG, wie noch darzulegen sein wird, widerlegbare Vermutungen. Auslegung und Anwendung der Öffnungsklausel des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG können demnach im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV gehandhabt werden. Die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts ist folglich zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, U.v. 17.5.2001 - Rs. C-340/99 - Rn. 59; Mitt.v. 15.11.2007 - Rs. C-162/06
2. In formeller Hinsicht hält der angefochtene Bescheid der gerichtlichen Überprüfung stand.
2.1 Insbesondere war das Landratsamt als Kreisverwaltungsbehörde für Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG gemäß Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) i. d. F. d. Bek. v. 7.11.2005 (GVBl S. 565; BayRS 2129-2-1-1-UG), geändert durch Verordnung vom 16. April 2012 (GVBl S. 156), sowie Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LKrO, und damit für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig.
Eine - für bestimmte Konstellationen angezweifelte (NdsOVG, U.v. 21.3.2013 - 7 LB 56/11) - neutrale Aufgabenwahrnehmung ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls dann gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 20.6.2013 - 20 ZB 13.869; B.v. 1.7.2013 - 20 ZB 13.895; B.v. 8.7.2013 - 20 ZB 13.870 und 20 ZB 13.894). Das Landratsamt wurde mit der Untersagung nicht als Kreisbehörde, sondern als Staatsbehörde tätig, während Art. 3 BayAbfG dem Landkreis als kommunaler Gebietskörperschaft die Aufgabe der entsorgungspflichtigen Körperschaft, mithin des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zuweist. Die Wahrnehmung der Aufgaben erfolgt zwar wegen der Doppelnatur des Landratsamtes mitunter unter demselben Dach, jedoch stets durch unterschiedliche Rechtsträger. Damit einher geht eine personelle Trennung der unmittelbar entscheidungsbefugten Amtswalter (vgl. VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 26). Im Fall des Beigeladenen werden die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsaufgaben zudem von einem auch räumlich aus dem Landratsamt ausgelagerten Eigenbetrieb wahrgenommen, wodurch jedenfalls für eine hinreichende Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 23).
2.2 Die Anhörung der Klägerin war zwar fehlerhaft, jedoch wurde dieser Mangel durch die Gelegenheit zur Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren geheilt.
Mit Schreiben vom ... November 2012 war der Klägerin gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum... Dezember 2012 gegeben worden. Noch vor Ablauf der Frist erging unter dem ... November 2012 der streitgegenständliche Bescheid. Wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt, so darf die beabsichtigte Entscheidung nicht vor deren Ablauf ergehen. Bei einem zeitlichen Abstand von nur einem Tag zwischen Anhörungsschreiben und Bescheid ist die Anhörung als nicht erfolgt zu betrachten.
Der Anhörungsmangel ist gleichwohl gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden, da die Anhörung im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurde. Die Klägerin hatte nach Klageerhebung Gelegenheit, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht Stellung zu nehmen.
3. Der angefochtene Bescheid erweist sich als materiell rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sind nicht erfüllt.
3.1 Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen, § 18 Abs. 5 Satz 2 AltKrWGKrWG.
Im Allgemeinen ist unzuverlässig, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß ausübt. Das schließt sämtliche Anforderungen an die Tätigkeit ein (OVG NRW, B.v. 19.7.2013 - 20 B 530/13 - juris Rn. 8).
Nach diesem Maßstab bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Klägerin. Der Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich für eine Untersagung Zuverlässigkeitsbedenken ergeben könnten. Diese müssten zudem ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigten (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 20).
3.2 Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehen keine Zweifel daran, dass das von der Klägerin erfasste Sammelgut einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt wird, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG.
Nach § 7 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. Diese Voraussetzungen sind hier von der Klägerin detailliert, transparent und nachvollziehbar nachzuweisen (BayVGH, B.v. 24.7.2012 - 20 CS 12.841 - juris Rn. 28; VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 34; U.v. 3.7.2013 - AN 11 K 13.00617 - juris Rn. 25; VG Würzburg, B.v. 15.4.2013 - W 4 S 13.145 - juris Rn. 33 ff.; U.v. 14.5.2013 - W 4 K 12.1139 - juris Rn. 27 ff.).
Die Klägerin hat mit ihrer konkretisierten Anzeige vom ... August 2012 und in der mündlichen Verhandlung die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihr erfassten Altkleider ausreichend detailliert und nachvollziehbar dargelegt. Enthalten sind insbesondere Angaben zum Sammelunternehmen der Klägerin als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb für das Handeln und Vermitteln sowie dem Abnehmer als Betreiber einer Anlage zum Sortieren und Verpacken von Alttextilien von Alttextilien mit einer Leistung von ca. 100t/Tag. Der Darstellung der Verwertungswege ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Weitere Angaben sind vor dem Hintergrund, dass es sich bei Alttextilien und -schuhen nicht um gefährliche Abfälle handelt, nicht erforderlich.
3.3 Die Untersagung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Sammlung der Klägerin (sonstige) überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG.
Von der Sammlung geht keine wesentliche Beeinträchtigung für die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen aus, § 17 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. KrWG. Weder der Beklagte noch der Beigeladene haben substantiiert dargelegt, dass die Erfüllung des Entsorgungsauftrags nicht mehr gesichert wäre, wenn die Fraktion der Altkleider vollständig von der Überlassungspflicht ausgenommen wäre. Die Darlegungslast insoweit obliegt der Verwaltung (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 31; OVG NRW, B.v. 19.7.2013 - 20 B 122/13 - juris Rn. 15). Nachdem die Erfassung der Abfallfraktion der Alttextilien und -schuhe vor der Installation eines eigenen Systems durch den Beigeladenen vollumfänglich von vom Beigeladenen wirtschaftlich unabhängigen Dritten besorgt wurde, dürfte dies sogar als widerlegt gelten.
3.4 Im Ergebnis ist keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 KrWG anzunehmen.
3.4.1 Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Sammlung der Klägerin die Stabilität der Gebühren gefährdet, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
Im Wirtschaftsplan vom ... April 2013 sind Erträge von EUR 88.300,-- aus der Alttextilvermarktung enthalten, die für ein gesamtes Jahr EUR 150.000,-- ausmachen würden. Diese würden dem Beigeladenen nicht zwangsläufig entzogen, wenn die Sammlung der Klägerin stattfände. Wie noch zu zeigen sein wird, gehen private Sammelaktivitäten nicht zwingend zulasten der ausgeschriebenen Sammelmenge (s.u. 3.4.3).
Im Übrigen ist die Gebührenstabilität nicht deshalb gefährdet, weil dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Einnahmen aus der Neuerschließung einer bisher nicht bedienten Abfallfraktion nicht zufließen. Eine etwa aus anderen Gründen (z. B. steigende Infrastrukturkosten) erforderlich werdende Gebührenerhöhung stellt keine durch die Sammlung der Klägerin verursachte Gefährdung der Gebührenstabilität dar, wenn diese nicht mit den Erlösen aus der Vermarktung von Alttextilien abgefangen werden kann. Es handelte sich um eine anderweitig verursachte Gefährdung der Gebührenstabilität, die nicht der Klägerin angelastet werden könnte.
Im Übrigen müsste eine Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 82).
3.4.2 Auch konnte das Gericht aufgrund des Vorbringens des Beklagten nicht die Überzeugung gewinnen, dass eine diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird, wenn die Sammlung der Klägerin stattfindet, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG.
Der Beigeladene hat ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt und den Auftrag vergeben. Nach Kenntnis des Gerichts aufgrund von Angaben des Beigeladenen in Parallelverfahren kommt die prognostizierte Menge von 400 T jährlich zuverlässig zustande. Von einer erheblichen Erschwernis ist rückblickend nicht auszugehen, da die zu erwartenden Mengen durchaus zuverlässig prognostiziert werden konnten und sich die Angaben in den Ausschreibungsunterlagen nicht als spekulativ erwiesen haben.
Die Alternative des Unterlaufens ist ebenfalls nicht erfüllt. Die Regelung erfasst Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erhalten hat (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 90; VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 47). Die Klägerin selbst hat sich unstreitig nicht an der Ausschreibung beteiligt.
Die Klägerin tritt lediglich als Sammler auf und erbringt ausschließlich Sammelleistungen. An welchen Verwerter sie das Sammelgut veräußert oder zu veräußern zu verpflichtet ist, ist für die Eigenschaft als Trägerin der Sammlung unerheblich. Die Alternative des Unterlaufens ist unionsrechtskonform restriktiv auszulegen, um eine allzu leichte Verdrängung der privaten Sammler zu verhindern.
Es kann somit dahinstehen, ob die vom Beigeladenen durchgeführte Vergabe den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG entsprach oder eine bloße Dienstleistungskonzession vorlag (vgl. VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 46; OLG Düsseldorf, B.v. 7.3.2012 - VII-Verg 78/11 - juris Rn. 34 f.).
3.4.3 Eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG auch dann anzunehmen, wenn von der Sammlung der Klägerin Abfälle erfasst werden, für die der Beigeladene bzw. ein von ihm beauftragter Dritter eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung durchführt. Dies ist im Landkreis P. ... der Fall.
Es genügt jedoch nicht - wie der Beklagte vorträgt - schon jede Konkurrenzsituation zwischen gewerblichen Sammlungen und öffentlich-rechtlicher Abfallwirtschaft. Ein solches Verständnis der Vermutungsregelung wäre mit Unionsrecht unvereinbar (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 33, 37). Daher sind sowohl an die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten (i.) als auch an den Grad der von der gewerblichen Sammlung ausgehenden Beeinträchtigung gewisse einschränkende Anforderungen zu stellen (ii.).
i. (1) Die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger initiierte Sammlung muss nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits durchgeführt werden. Anders als zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war die von einem durch den Beigeladenen beauftragten Dritten getragene Sammlung (im Folgenden verkürzt als „Sammlung des Beigeladenen“ bezeichnet) noch nicht angelaufen, als die Klägerin ihre gewerbliche Sammlung am ... Mai 2012 erstmals anzeigte. Eine hinreichend konkrete Planung soll jedoch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG genügen, um eine Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in den Schutzbereich des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG fallen zu lassen (vgl. VG Arnsberg, B.v. 26.6.2013 - 8 L 228/13 - juris Rn. 21; VG München, U.v. 7.11.2013 - M 17 K 12.6409). Um zu verhindern, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die ihm gemäß § 18 Abs. 4 KrWG zur Stellungnahme zugeleitete Anzeige erst zum Anlass nimmt, eine eigene Planung aufzunehmen und so die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu schaffen (vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, UmwR, Stand 2013, § 17 KrWG Rn. 139), ist eine konkrete Planung schon am Tag der Anzeige zu fordern.
Es kann dahinstehen, ob auch eine bloß formale Anzeige ohne nähere Angaben gemäß § 18 Abs. 2 KrWG, wie die der Klägerin am... Mai 2012, schon ausreichend ist, um der Installation einer gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG privilegierten eigenen Sammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zuvorzukommen, da die Sammlung des Beigeladenen zu diesem Zeitpunkt schon hinreichend konkrete Formen angenommen hatte. Es ist aufgrund der Schilderungen des Beigeladenen zum Planungsfortschritt nicht anzunehmen, dass ihn erst die Anzeige der Klägerin dazu veranlasste, Überlegungen hinsichtlich der Installation einer eigenen Sammlung anzustellen.
Der Werkausschuss des Beigeladenen hatte schon am ... Juni 2012 beschlossen, dass das Abfallwirtschaftskonzept in der Weise fortzuschreiben sei, dass mit dem ... Januar 2013 ein flächendeckendes Erfassungssystem für Alttextilien installiert werde und der Leistungsbeginn für den ... Juni 2013 vorgesehen sei. Die ungefähr zu erwartenden Sammelmengen waren dem Beigeladenen bereits aus den Meldungen zur Abfallbilanz bekannt. Dass die Erfassung der Sammelware, wie zuvor durch die gemeinnützigen Sammler, auf Wertstoffhöfen und an Wertstoffinseln erfolgen sollte, stand ebenfalls fest.
Eine detailliertere Planung, insbesondere eine einen Leistungsvergleich nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG ermöglichende, muss im Zeitpunkt der Anzeige allerdings noch nicht vorliegen (anders noch: VG München, U.v. 23.1.2014 - M 17 K 13.1851). Da ein Leistungsvergleich erst vorzunehmen ist, wenn Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG getroffen werden, müssen die dafür erforderlichen Angaben auf beiden Seiten erst dann vorliegen. Das übergeordnete Interesse an einer hochwertigen Abfallentsorgung entkräftet auch den Einwand, die untere Abfallbehörde könnte dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch ein Hinauszögern ihrer Entscheidung Zeit verschaffen, selbst ein leistungsfähiges System zu installieren (vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, UmwR, Stand 2013, § 17 KrWG Rn. 139). Zudem steht es dem gewerblichen Sammler frei, in der Zwischenzeit ebenfalls seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Eine Stärkung des Wettbewerbs - auch zwischen der privaten und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungswirtschaft - zur Verbesserung der Qualität und Quantität des Recyclings ist mit der Regelung ausdrücklich bezweckt (vgl. BT-Drs. 18/800, S. 3).
(2) Die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG scheitert nicht daran, dass der vom Beigeladenen beauftragte Dritte keine eigene Verwertungsleistung erbringt, sondern das sortierte Sammelgut zur weiteren Verwertung an Abnehmer bzw. Endverwerter veräußert. Zwar verlangt die Vermutungsregel ihrem Wortlaut nach, dass eine Erfassung und Verwertung durchgeführt werden, jedoch ist bei lebensnaher Betrachtung von einer arbeitsteiligen Vorgehensweise auszugehen. Auch die Klägerin übernimmt - wie die meisten gewerblichen Sammler - die Verwertung des Sammelguts nicht selbst, sondern bedient sich dazu weiterer Unternehmen. Nach Auffassung der Kammer steht es der Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht entgegen, wenn die Verwertung nicht durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder den von diesem Beauftragten erfolgen - so lange sie nachweislich ordnungsgemäß und schadlos erfolgt, was hier der Fall ist. Mehr kann von einem gewerblichen Sammler auf Grundlage von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ebenfalls nicht gefordert werden.
(3) § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG gilt auch in Ansehung des § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG, da sich die Sammlung der Klägerin im Vergleich mit der des Beigeladenen nicht als wesentlich leistungsfähiger erweist.
Wenn im Zeitpunkt der Anzeige ein verbindlicher Beschluss hinsichtlich der Installation eines eigenen Erfassungssystems vorliegt und nicht nur Überlegungen mit offenem Ausgang angestellt wurden, muss sich die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einem Leistungsvergleich nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG stellen. Einen wesentlich leistungsfähigeren Konkurrenten muss die untere Abfallbehörde grundsätzlich als Wettbewerber des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gewähren lassen.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit zugrunde zu legen. Bei einer vergleichenden Gegenüberstellung anhand dieser Kriterien erweist sich keine der beiden Sammlungen als leistungsfähiger: Die Qualität der Erfassung ist gleich. Beide Sammlungen erfolgen im Bringmodus mittels Containern. Bei der Effizienz der Erfassung liegt die bestehende Sammlung der Klägerin zurück, das Aufstellen weiterer 100 Container wurde lediglich als Absicht angezeigt. Die Sammlung des Beigeladenen verfügt über mehr Standorte und Container als die der Klägerin. Die Aufnahme der Sammelware an Wertstoffhöfen bietet gewisse Synergieeffekte. Die meisten Bürger dürften die Entsorgung ihrer sonstigen Wertstoffe zum Anlass nehmen, auch ihre Alttextilien einer getrennten Versorgung zuzuführen, so dass mit einem erhöhten Aufkommen zu rechnen ist. Die überwiegend auf Supermarktparkplätzen platzierten Container der Klägerin bieten hierzu eine Ergänzung bzw. Alternative, ohne jedoch allein aufgrund der Platzierung eine größere Effizienz aufzuweisen. Der Einkauf dürfte weit weniger in Verbindung mit der Entsorgung von Alttextilien gebracht werden, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass Sammelgut auf diesem Wege erfasst wird, geringer ist. Hinzu kommt die größere Anzahl von Containern im System des Beigeladenen, die - im Gegensatz zu denen der Klägerin - auch flächendeckend und nicht nur an einzelnen Standorten aufgestellt sind, so dass die Erfassung durch die Sammlung des Beigeladenen servicegerechter erfolgt.
Was die Dauer der Erfassung und Verwertung anbelangt, so besteht auf Seiten des Beigeladenen ein höheres Maß an Verbindlichkeit. Zwar sammelt die Klägerin schon seit Längerem, jedoch ist das vom Beigeladenen beauftragte Unternehmen ausweislich der Vergabeunterlagen einen Vertrag bis ... Mai 2016 eingegangen, wobei sich der Landkreis eine einjährige Verlängerungsoption vorbehalten hat (vgl. S. 6 der Vergabeunterlagen vom ... November 2012, Behördenakte). Die Klägerin ist allein aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarungen mit den Stellplatzinhabern, nicht aber gegenüber dem Beigeladenen gebunden und könnte die Erfassung, etwa bei Verfall der Rohstoffpreise oder sinkenden Vermarktungserlösen, jederzeit einstellen. Dass, wofür kein Nachweis erbracht ist, in der Vergangenheit bereits über einen längeren Zeitraum gesammelt worden sein könnte, lässt keine Rückschlüsse für die Zukunft zu. Die Qualität der Verwertung ist nach Ansicht des Gerichts bei beiden Sammlungen gleich hoch. Dass die Klägerin die Verwertung teilweise auch selbst übernimmt, macht sie nicht hochwertiger. Einen gewissen Vorsprung hat die Sammlung der Klägerin in Bezug auf die Effizienz der Verwertung: Nach ihrem (unwidersprochenen) Vortrag wird durch hochwertige Sortierung eine Wiederverwendungsquote von ca. 60% erreicht. Bei der Sammlung des Beigeladenen liegt die Wiederverwendungsquote bei nur 45 bis 50%. Dieses Defizit an Leistungsfähigkeit bei der Verwertung macht die Sammlung des Beigeladenen jedoch durch eine höhere Servicegerechtigkeit bei der Erfassung wett. Beide Sammlungen sind gleich leistungsfähig. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG überhaupt eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammlung gefordert werden darf.
ii. Im Ergebnis kommt es aber trotz Erfüllung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
(1) Nach dem Gesetzeswortlaut liegt im konkreten Fall nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, auch wenn ein Regelbeispiel nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG bejaht wird. Bei fehlender Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung kann eine gewerbliche Sammlung im Einzelfall durchaus zulässig sein (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 39; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl. 2012, 1403/1408).
Die Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG sind als widerlegliche Vermutungen ausgestaltet (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 85; VG Würzburg, U.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130; VG München, U.v. 24.10.2013 - M 17 K 13.2189 und M 17 K 13.2442; offen gelassen von VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 39). Zwar spricht die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 17/7505, S. 44), wonach Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG die Schwelle konkretisiere, ab der eine wesentliche Beeinträchtigung angenommen werden könne und den Betroffenen und Behörden eine klare Leitlinie vorgebe, insbesondere um die von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung vor dem sogenannten „Rosinenpicken“ von Seiten Privater zu schützen, gegen dieses Verständnis. Jedenfalls ist § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG aber unionsrechtskonform dahingehend restriktiv auszulegen, dass bloß geringfügige Auswirkungen nicht ausreichen, sondern eine wesentliche Beeinträchtigung erforderlich ist (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 40). Dafür spricht die Gesetzessystematik: In § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung als Grundvoraussetzung die Rede, während die in Satz 3 genannten Konstellationen diesen Begriff erst beispielhaft („insbesondere“) ausfüllen sollen
(2) Solch eine wesentliche Beeinträchtigung geht von der bisher durchgeführten Sammlung der Klägerin allein jedenfalls nicht aus. Zumindest dann, wenn von einer gewerblichen Sammlung nur 10 bis 15% einer getrennten Abfallfraktion erfasst werden, kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass diese allein bereits zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung führt (VGH BW, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 - juris Rn. 42; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 82, 85; U.v. 3.7.2013 - AN 11 K 13.00617 - juris Rn. 26; VG Stuttgart, B.v. 30.4.2013 - 2 K 595/13 - juris Rn. 26, 32, 37; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 39 ff.).
Laut der konkretisierten Anzeige vom ... August 2012 erfasst die Klägerin im Landkreis jährlich 50 t Alttextilien, nach Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung aufgrund der Abfallbilanz in den Jahren 2007 bis 2012 zwischen 42 und zuletzt 27 t jährlich. Dies entspricht 7 bis 12,5% der ausgeschriebenen Menge von 400 t. Es spricht einiges dafür, auf diese Menge abzustellen, da sich die Sammlung - würde sie nicht untersagt oder beschränkt - wohl in diesem mengenmäßigen Umfang bewegen müsste. Würde nämlich eine Anzeige nach § 18 Abs. 2 KrWG die beliebige Ausweitung der Sammlung erlauben, hätten die verpflichtenden Angaben zu Mengenprognosen und Umfang nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 und 3 KrWG keinerlei Bedeutung mehr. Dies kann jedoch nicht für die angezeigte Absicht gelten, weitere 100 Container aufzustellen und damit ca. 350 t jährlich zu erfassen.
(3) Bei der Betrachtung der Auswirkungen der Sammlung der Klägerin „auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“, wie sie § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG vorgibt, ist eine potentielle wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zumindest nicht ausgeschlossen.
Nach Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom ... Juli 2013 gehen die anzeigenden gewerblichen Sammler gemeinsam von einer jährlichen Sammelmenge von gut 1.400 t aus. In der mündlichen Verhandlung wurde vorgetragen, die Zahl habe sich in der Zwischenzeit bereits auf über 1.600 t erhöht. Dieses Sammelaufkommen überschreitet die ausgeschriebene Menge um ein Vielfaches und könnte zu einem teilweisen oder sogar vollständigen Entzug führen.
Für die Beurteilung der Gefährdung oder der wesentlichen Beeinträchtigung kommt es grundsätzlich auf die zu erwartende Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43). Maßgeblich sind dabei auch nicht nur die vorhandenen Altkleidersammlungen, sondern auch die bisher lediglich angezeigten Sammlungen. Zwar spricht die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/7505, S. 43) insoweit von „bereits bestehenden Sammlungen“, jedoch stellt die Begründung auch auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Würde man nur auf Bestandssammlungen abstellen, würde aber gerade ein Teil dieser Gesamtbelastung, nämlich diejenigen gewerblichen Sammlungen, deren Beginn aufgrund der Anzeige unmittelbar bevorsteht, sehenden Auges unberücksichtigt bleiben, ohne dass die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geklärt ist. Der Grad der hinzunehmenden Beeinträchtigung würde somit von dem Zufallsmoment abhängen, wie viele der Gewerbeunternehmen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses mit ihrer Sammlung bereits begonnen haben. Das Landratsamt müsste gegebenenfalls beim ersten Unternehmer, der seine Sammlung anzeigt, noch von einer Untersagung Abstand nehmen, obwohl aufgrund der bereits vorliegenden weiteren Anzeigen eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit absehbar ist. Dies wäre mit Sinn und Zweck der §§ 17, 18 KrWG aber nicht zu vereinbaren (im Ergebnis ebenso: VG Ansbach, U.v. 7.8.2012 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 48).
(4) Die Kammer sieht sich aber dazu veranlasst, bei einem „Überangebot“ von gewerblichen Sammlungen nicht länger gleichsam zwingend von einer Gefährdung i. S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG infolge von deren Zusammenwirken auszugehen. Ließe man schon ein Überangebot gewerblicher Sammlungen für eine wesentliche Beeinträchtigung i. S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genügen, führte dies zwangsläufig dazu, dass es keine Konkurrenz gewerblicher Sammlungen mit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungswirtschaft hinsichtlich derselben Abfallfraktion geben kann. Eine solche Deutung mit der Konsequenz eines absoluten Konkurrentenschutzes ist aber mit Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbar (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - S 10 1127/13 - juris Rn. 33, 43). Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind „Beeinträchtigungen“, also unterhalb der Schwelle einer „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drs. 17/6052, S. 87).
Es ist nach Auffassung der Kammer nicht ausgeschlossen, dass die Situation im Landkreis P. ... ein verträgliches Nebeneinander von leistungsfähigen gewerblichen Sammlungen und öffentlich-rechtlicher Entsorgungstätigkeit hinsichtlich der Fraktion der Alttextilien und -schuhe zulässt, weil über die ausgeschriebene sowie die von gemeinnützigen Sammlungen abgeschöpfte Menge hinaus noch Alttextilien und -schuhe in nicht unerheblichem Umfang anfallen. Die Existenz weiterer Sammlungen neben der des Beigeladenen muss daher nicht notwendig dazu führen, dass diesem beträchtliche Mengen entzogen werden.
Zu dieser Einschätzung führten die folgenden Anhaltspunkte: Nach Erhebungen des Landesamtes für Umwelt (LfU) fallen in Bayern pro Einwohner und Jahr durchschnittlich 9 kg mittels Containern und Straßensammlungen erfasste Alttextilien und Altschuhe an (http://www.b...de/a..., S. 17). Im Landkreis P. ... mit über 118.954 Einwohnern (Stand 30. Juni 2013, http://www.l...de/L....aspx) ergäbe sich demnach eine zu erfassende Gesamtmenge von circa 1.000 t. In der mündlichen Verhandlung in einem Parallelverfahren hat der stellvertretende Werksleiter des Eigenbetriebs des Beigeladenen erklärt, eine Auswertung der jährlichen Abfallbilanz habe ergeben, dass jedenfalls 560 t jährlich anfielen. Die Ausschreibungsmenge von 400 t sei zustande gekommen, indem man davon einen den gemeinnützigen Sammlern vorzubehaltende Anteil abgezogen habe. Er könne aber nicht ausschließen, dass darüber hinaus noch „Graumengen“ vorhanden sind, die in der Abfallbilanz mangels Meldung durch die privaten Sammler bislang nicht erfasst wurden. Die Einschätzung wird gestützt durch die Erhebung des LfU sowie die Tatsache, dass im Gebiet des Landkreises P. ... bekanntermaßen auch nicht angezeigte private Sammlungen unbekannten Umfangs stattfinden. In der Folge wäre auch der durch die Sammlung der Klägerin erfasste prozentuale Anteil der Abfallfraktion der Altkleider und -schuhe geringer.
Einen Konkurrenzschutz kann die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf Grundlage von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bzw. gegebenenfalls Nr. 3 KrWG allenfalls hinsichtlich der Menge von 400 t für sich in Anspruch nehmen. Inwieweit sie sich darüber hinaus im Wettbewerb gegen die private Konkurrenz behaupten kann, hängt davon ab, wie wettbewerbsfähig und insbesondere wie servicegerecht er seine Sammlung ausgestaltet. Zudem hat der öffentlich-rechtlich beauftragte Sammler schon deshalb einen Vorteil, weil gebührenpflichtige Abfallerzeuger ihm ihre Alttextilien möglicherweise in der Erwartung einer Senkung der Abfallgebühren zur Verfügung stellen. Zudem stehen dieser Sammlung im Landkreis P. ... exklusiv die Wertstoffhöfe zur Verfügung. Bei dieser günstigen Ausgangsposition im Wettbewerb ist nicht zwangsläufig von einer Konkurrenz durch gewerbliche Sammler auf eine wesentliche Beeinträchtigung zu schließen.
3.4.4 Es kann letztlich offen bleiben, inwieweit von der Sammlung der Klägerin auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung für den öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger ausgeht. Denn jedenfalls stellt sich die Entscheidung des Beklagten als unverhältnismäßig (1) bzw. ermessensfehlerhaft (2) dar. Denn selbst bei Bejahung des Tatbestandes des § 17 Abs. 3 KrWG dürfte dies nicht ohne weiteres eine vollständige Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Rechtsfolge nach sich ziehen (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 52).
3.4.4.1 Eine Untersagung wäre nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur rechtmäßig, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG normierten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten wäre. Auch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG statuiert Ausnahmen von der Überlassungspflicht, „soweit“ überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Auch dieses „soweit“ ist als Ausdruck des Erforderlichkeitsgebots zu verstehen (vgl. VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 16; BT-Drs. 17/6052, S. 85). Es ist mit den Anforderungen an eine unionsrechtskonforme Handhabung der Vorschriften jedenfalls nicht vereinbar, durch flächendeckende Untersagung der gewerblichen Sammlungen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch die Erfassung der sehr wahrscheinlich vorhandenen aber mengenmäßig nicht bestimmbaren „Graumengen“ zu ermöglichen. Diese „Graumengen“ sind vielmehr dem Wettbewerb zu überantworten, weil ansonsten ein rechtlich unzulässiger absoluter Konkurrentenschutz etabliert würde (VGH BW,
Vor diesem Hintergrund ist es unverhältnismäßig, gegenüber jeder angezeigten gewerblichen Sammlung pauschal zum Instrument der Untersagung zu greifen, ohne zuvor Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ernsthaft erwogen zu haben (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 53). Dies gilt selbst dann, wenn die aufgrund der Anzeigen zu erwartende Gesamtbelastung mehr als 100% oder sogar ein Vielfaches der ausgeschriebenen Sammelmenge ausmacht. Bei der im Landkreis P. ... gegebenen Situation musste die Behörde davon ausgehen, dass tatsächlich mehr als die ausgeschriebenen 400 T anfallen würden. Deswegen wären zuvor weitere Ermittlungen geboten gewesen, um die Wirksamkeit milderer Mittel auszuloten.
3.4.4.2 Die Untersagung stellt sich zudem als ermessensfehlerhaft dar. Nach dem in § 18 Abs. 5 KrWG vorgesehenen System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von ihm beauftragten Dritten) in Betracht kommt. (NdsOVG, U.v. 21.3.2013 - 7 LB 56/11 juris Rn. 37; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 49; VGH BW, B.v.4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 56). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, Band 1, Stand 2014, § 18 KrWG Rn. 64; Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl. 2012, § 18 Rn. 16). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 56).
Eine auf den konkreten Fall bezogene Darlegung, weshalb ein milderes Mittel nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG im Fall der Klägerin nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, lässt der angefochtene Bescheid vermissen. Das Landratsamt hat hier vorschnell zur Untersagung gegriffen, ohne zuvor geprüft zu haben, in welchem Umfang private Sammelaktivitäten für die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers noch verträglich wären, und wie eine Reduzierung auf das noch verträgliche Maß umgesetzt werden könnte. Sie ist vielmehr davon ausgegangen, dass allein schon wegen der bevorstehenden Konkurrenzsituation eine Untersagung ab diesem Zeitpunkt zwingend zu erfolgen hätte, was einer Ermessensunterschreitung entspricht. Die Behörde hat die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten verkannt und Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht ernsthaft erwogen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 114 Rn. 17). Die in Nummer 1 des Bescheids ausgesprochene Befristung stellt keine Befristung i. S. d. § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dar (s.o. 1.2), sondern eine Nebenbestimmung zur Untersagung nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG. Dass in Bezug auf die verhältnismäßige Ausgestaltung der Untersagung Ermessenserwägungen angestellt wurden, vermag aber nichts daran zu ändern, dass mildere Maßnahmen auf der ersten Eingriffsstufe ermessensfehlerhaft nicht in Betracht gezogen wurden.
3.4.4.3 Etwaige Überwachungsprobleme bei Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können die gebotene Prüfung milderer Mittel grundsätzlich nicht erübrigen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die behördliche Informationsgewinnung auch mit dem Instrument der Auskunft nach § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erfolgen kann. Bevor die danach bestehenden behördlichen Möglichkeiten nicht geprüft und ggf. ausgeschöpft sind, ist der Rückgriff auf die ultima ratio der vollständigen Untersagung schwerlich haltbar (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 58). Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG in praktikabler Weise anzuordnen und zu vollziehen, gestaltet sich zwar in der Tat schwierig (VG München, U.v. 7.11.2013 - M 17 K 13.6334, BayVGH B.v. 18.3.2014 - 20 ZB 14.3). Insbesondere gilt dies für die Durchsetzung räumlicher oder mengenmäßiger Beschränkungen. Solche sind aber nach Auffassung der Kammer nicht unbedingt erforderlich, um eine erhebliche Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu vermeiden, zumal die Sammlung der Klägerin für sich genommen die Erheblichkeitsschwelle nicht überschreitet (vgl. BayVGH B.v. 18.3.2014 - 20 ZB 14.3).
Die Behörde wäre für die neuerliche Entscheidung über einschränkende Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG vor allem von einer realistischen Einschätzung der im Kreisgebiet anfallenden Gesamtmengen abhängig. Diesem Zweck wäre etwa die Auflage nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dienlich, der unteren Abfallbehörde jährlich über die erfassten Abfallmengen Meldung zu erstatten. Bei Verbindung mit einer Befristung bestünde nach deren Ablauf die Möglichkeit, auf Grundlage der gewonnenen Daten über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung von Beschränkungen der Sammeltätigkeit zu befinden (vgl. zur Möglichkeit der Befristung zum Zweck der späteren Überprüfung: VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 57; a.A.: VG Ansbach, U.v. 26.3.2014 - AN 11 K 13.01592, AN 11 K 13.01604, AN 11 K 13.1608).
3.5 Es ist dem Gericht verwehrt, das in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG eingeräumte Auswahlermessen anstelle der Behörde auszuüben. Da es aber die angestellten Ermessenserwägungen nicht als tragfähig ansieht, war die Entscheidung aufzuheben (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 114 Rn. 22). Ein Bescheidungsausspruch konnte unterbleiben, da die Sammlung der Klägerin keiner behördlichen Zulassung bedarf.
Nachdem die Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht erfüllt sind, war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die in der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung richtet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Am 4. Dezember 2012 zeigte die Klägerin bei der Beklagten gemäß § 18 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) an, im Stadtgebiet der Beklagten eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen aus privaten Haushalten in Form einer Straßensammlung durchführen zu wollen.
3Die Beklagte (Fachbereich Umwelt) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 auf, zur Vervollständigung der Anzeige noch nähere Angaben zum Unternehmen, zu Art und Umfang der geplanten Sammlung und zu den vorgesehenen Verwertungswegen zu machen und aktuellere Führungszeugnisse und Gewerbezentralregisterauszüge einzureichen.
4Die B. GmbH & Co. KG (im Folgenden B. ) führte zur Anzeige der Klägerin aus: Sie unterhalte seit dem Jahr 2000 ein flächendeckendes Sammelsystem. An derzeit 205 Standorten hätten die Bürger die Möglichkeit, Alttextilien schnell und bequem zu entsorgen. Die Container würden im ein- oder zweiwöchigen Entsorgungsturnus geleert. Die Standorte würden regelmäßig kontrolliert und gesäubert und defekte Container würden ausgetauscht. Die Bürger könnten größere Mengen an Alttextilien auch in ihrem Wertstoffzentrum abgeben. Für Bürgeranfragen und Beschwerden in Zusammenhang mit der Alttextilienverwertung stehe ihre Hotline Abfallberatung kontinuierlich zur Verfügung. Jährlich würden ca. 850 Tonnen Altkleider von ihr im Stadtgebiet gesammelt. Die gesammelten Textilien würden einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur Verwertung übergeben. Langfristige Entsorgungsverträge mit den Entsorgungspartnern gewährleisteten eine kontinuierliche Sicherstellung des Entsorgungsangebotes unabhängig von der aktuellen Weltmarktlage für Alttextilien. Als unmittelbar von der Stadt beauftragter Dritter seien die Erträge der Sammlung gebührenrelevant und die erwirtschafteten Erlöse flössen vollständig in die Gebührenkalkulation der Abfallentsorgung der Beklagten ein.
5Unter dem 28. März 2013 nahm die Beklagte (Fachbereich Finanzen/ Beteiligungen) in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu der Anzeige der Klägerin gemäß § 18 Abs. 4 KrWG im Wesentlichen wie folgt Stellung: Die Sammlung und Erfassung von Alttextilien erfolge im Stadtgebiet über Sammelcontainer der B. . Diese sei von der Beklagten vertraglich mit der Erfassung und Verwertung von Alttextilien und -schuhen im Stadtgebiet beauftragt. Durch die angezeigte Sammlung der Klägerin würde die Entsorgungssicherheit und Funktionsfähigkeit des vom beauftragten Unternehmen eingerichteten nutzerfreundlichen Rücknahmesystems beeinträchtigt. Die Klägerin könne eine vollständige Erfassung und Sammlung von Alttextilien im Stadtgebiet nicht sicherstellen. Es müsse daher von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgers ausgegangen werden, da insoweit auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen sei.
6Am 3. April 2013 übersandte die Klägerin nähere Angaben zur beabsichtigten Sammlung und weitere Unterlagen. Sie teilte unter anderem mit: Es handele sich bei ihr um ein Kleinstunternehmen mit zehn Mitarbeitern und drei Fahrzeugen und sie beabsichtige, ab sofort flächendeckend im gesamten Stadtgebiet zu sammeln. Die Sammlung erfolge voraussichtlich zwei Mal monatlich als Straßensammlung mit Sammelkörbern, Säcken oder Eimern, eventuell auch über Container, wenn Stellplätze akquiriert werden könnten. Die Abfälle würden an zugelassene Entsorgungsunternehmen in Polen zur Wiederverwendung und -verwertung weitergegeben. Die Klägerin legte unter anderem die Verträge mit den benannten Verwertungsbetrieben bei.
7Mit der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 - zugestellt am 6. Mai 2013 - untersagte die Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in ihrem Stadtgebiet entsprechend der Anzeige vom 4. Dezember 2012 Altkleider und -schuhe gewerblich zu sammeln (Nr. 1). Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Kalendertag und Sammlungsgebiet bzw. je Altkleidercontainer an (Nr. 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Sammlung der Klägerin stünden überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die die Beklagte bzw. der von ihr beauftragte Dritte ein hochwertiges, flächendeckendes Sammelsystem eingerichtet habe. Bei der Bewertung sei auch das Zusammenwirken der gewerblichen Sammlung der Klägerin mit einer Vielzahl weiterer angezeigter Sammlungen zu berücksichtigen. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten.
8Die Klägerin hat am 6. Juni 2013 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es sei bereits zweifelhaft, ob bei der Beklagten eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorhanden sei. Insoweit komme ein Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot in Betracht. Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung könne materiell bereits deshalb nicht auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz gestützt werden, weil es sich bei Altkleidern nicht um Abfall im Sinne des § 3 KrWG handele. Der Besitzer der Altkleider gebe seine Sachherrschaft nicht ohne jede weitere Zweckbestimmung auf, sondern gebe die Kleidung in die Sammlung, damit sie weitergetragen werde. Die Untersagungsverfügung sei im Übrigen zwar vom Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG gedeckt, es sei aber eine einschränkende, europarechtskonforme Auslegung geboten. Das bloße Vorhandensein eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger rechtfertige nicht die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung. Vorliegend sei eine solche Beeinträchtigung nicht anzunehmen, weil die beabsichtigte Sammlung der Klägerin nur geringe Mengen erfasse (ca. 60 Tonnen im Jahr). Daher seien auch nur geringfügige Auswirkungen auf die Gebührenkalkulation zu erwarten. Es könne nicht jede Gebührenerhöhung als Gefährdung der Gebührenstabilität eingestuft werden. Auf andere Gründe habe die Beklagte ihre Verfügung nicht gestützt.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. April 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte hat sich auf die Begründung der Untersagungsverfügung berufen und ergänzend im Wesentlichen geltend gemacht: Sie sei nach § 1 Abs. 3 ZustVU als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Die Funktionen der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden von getrennten Organisationseinheiten wahrgenommen. Die Funktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers obliege dem Fachbereich Finanzen im Dezernat II, die untere Abfallwirtschaftsbehörde sei hingegen dem Fachbereich Umwelt im Dezernat III zugeordnet. Es finde somit eine organisatorische wie auch personelle Trennung dieser beiden Aufgabenbereiche statt. Die dreimonatige Frist des § 18 Abs. 1 KrWG beziehe sich auf die Anzeige der Sammlung, nicht auf Maßnahmen der Behörde. Im Übrigen sei die Klägerin noch innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Anzeige zum beabsichtigten Erlass der streitgegenständlichen Verfügung angehört worden. Alttextilien unterfielen dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in den Altkleidercontainer sei eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG. Altkleider seien nur dann kein Abfall, wenn sie persönlich bei einer Kleiderkammer abgegeben würden. Das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei erfüllt. Die Beklagte habe die dahingehende Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren. Die Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könne auch nicht als nur geringfügig angesehen werden, da auch das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen berücksichtigt werden müsse und für ihr Stadtgebiet eine Vielzahl gewerblicher Altkleidersammlungen angezeigt worden sei. Bei einer vollständigen Aufstellung der durch Dritte angezeigten Container würde voraussichtlich mindestens die Hälfte der Einsammelmenge der B. wegfallen.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. April 2013 aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der angefochtene Bescheid sei zwar formell, nicht jedoch materiell rechtmäßig. Der angezeigten gewerblichen Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die von der Beklagten beauftragte B. im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet die Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 -. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe sie, die Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden durch die B. ca. 1.000 Tonnen Alttextilien pro Jahr gesammelt. Lege man ein Altkleiderpotenzial von 8 kg pro Einwohner und Jahr zugrunde, ergebe sich für die B. eine maximale Erfassungsmenge von knapp 1.300 Tonnen bei vollständiger Abschöpfung. Davon seien Mengen abzuziehen, die in die direkte Secondhand-Vermarktung insbesondere bei Kinderkleidung oder in Rücknahmesysteme von Händlern (z. B. H & M) gingen. Es verbleibe so ein Potenzial von ca. 1.100 Tonnen pro Jahr. Nach den ihr vorliegenden Anzeigen beabsichtigten sechs gewerbliche Sammlungen mit insgesamt 375 Sammelcontainern 805 Tonnen Alttextilien pro Jahr im Stadtgebiet einzusammeln. Sechs weitere gewerbliche Sammler hätten zwar die Anzahl der Container nicht angegeben, jedoch eine voraussichtliche Sammelmenge von knapp 200 Tonnen pro Jahr benannt. Darüber hinaus seien sieben Straßensammlungen mit einer geschätzten Sammelmenge von knapp 139 Tonnen pro Jahr angezeigt worden. Hinzu kämen die vor Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereits vorhandenen 29 Container. Insgesamt ergebe sich aus diesen Zahlen eine beabsichtigte Sammelmenge der gewerblichen Sammler, die deutlich über dem vorhandenen Potenzial liege. Sie sei auch nicht verpflichtet zuzuwarten, bis die befürchteten Auswirkungen auf die von der B. durchgeführte flächendeckende hochwertige Entsorgung tatsächlich stattgefunden hätten.
16Unabhängig davon gehe sie, die Beklagte, inzwischen davon aus, dass die beabsichtigte Sammlung der Klägerin auch wegen deren Unzuverlässigkeit untersagt werden müsse. Aus den von ihr eingeholten Auszügen aus dem Gewerbezentralregister und dem polizeilichen Führungszeugnis des Geschäftsführers ergäben sich nicht nur Verstöße gegen die Anzeigepflicht in ihrem Stadtgebiet, sondern auch in H. und in L. . Insbesondere seien Bußgeldbescheide der Stadt H. vom 9. Januar 2013 und vom 19. November 2013 der Stadt H. nach Einspruchrücknahme der Klägerin zwischenzeitlich rechtskräftig geworden. Darüber hinaus seien weitere Bußgeldbescheide (etwa aus dem Kreis S. ) einzubeziehen, in denen das Einspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Auch der Kreis D. betreibe ein entsprechendes Verfahren, da die Klägerin ohne Einholung einer Sondernutzungserlaubnis eine Straßensammlung mittels Waschkörben und Eimern durchgeführt habe. Ferner betreibe die Klägerin in E. seit ca. sechs Monaten eine Sortieranlage, ohne hierfür die erforderliche Baugenehmigung eingeholt zu haben. Ebenso wenig habe sie ihr Gewerbe bei der Stadt E. angemeldet.
17In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat die Beklagte die in ihrer Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben.
18Die Beklagte beantragt,
19das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
20Die Klägerin beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Weiter führt sie im Wesentlichen an: Die tatsächlichen Annahmen der Beklagten zu den zu erwartenden Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Sammlung der B. überzeugten nicht. Danach erziele die B. bei einem angenommenen Potenzial von 8 kg pro Einwohner pro Jahr einen Wirkungsgrad von 90 %. Die Klägerin gehe nach eigenen Erfahrungen jedoch davon aus, dass lediglich ein Potenzial von 6 kg pro Einwohner und Jahr realistisch sei. Das System sei etabliert und erziele offenbar wachsende Sammelmengen. Hierzu trage auch der Standortvorteil bei, dass die B. an öffentlichen Straßen und Plätzen im Stadtgebiet ohne Probleme weitere Sammelcontainer aufstellen könne. Deshalb erscheine es ausgeschlossen, dass mit der Aufstellung von 375 privaten Sammelcontainern mit einer Sammelmenge von 600 bis 700 Tonnen pro Jahr zu rechnen sei. Es sei vielmehr realistisch, dass sich an der vor der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes festzustellenden Mengenverteilung zwischen öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und gewerblichen Sammlern keine signifikanten Änderungen ergeben würden, wenn von einer Untersagung der angezeigten gewerblichen Sammlungen abgesehen werde. Entgegen dem Berufungsvorbringen der Beklagten sei sie, die Klägerin, auch nicht unzuverlässig. Bis zur Neufassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes habe sie über zehn Jahre beanstandungsfrei gearbeitet. Nach Wirksamwerden der Neufassung habe sie sich zwar zunächst tatsächlich schwer getan, ihren Anzeigeverpflichtungen als Grundlage für die Fortsetzung ihrer Sammlungstätigkeit vollständig nachzukommen. Dieses Problem habe sich durch Zukauf des Unternehmens P. -Alttextilien in E. verschärft. Insoweit sei sie davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen, namentlich eine freiberuflich für dieses tätige langjährige Mitarbeiterin, in der Lage sei, die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen an Sammlungen sicherzustellen. Dieser verantwortlichen Mitarbeiterin des übernommenen Unternehmens habe sie, die Klägerin, daher zunächst freie Hand gelassen. Nachdem festgestellt worden sei, dass diese Erwartung falsch gewesen sei, habe sie umgehend reagiert. Die von der Beklagten angeführten, in der Vergangenheit liegenden Verstöße würden sich daher in Zukunft nicht wiederholen. Aktuellere Gesetzesverstöße habe die Beklagte auch nicht vorgetragen. Insbesondere habe sie, die Klägerin, aufgrund der geäußerten Bedenken das Aufstellen von Sammelbehältern auf öffentlichen Flächen aufgegeben.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
26Soweit die Beklagte ihre Ordnungsverfügung in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2015 hinsichtlich der unter Nr. 2 enthaltenen Zwangsgeldandrohung aufgehoben hat, geht die Anfechtungsklage der Klägerin ins Leere. In diesem Umfang ist sie unzulässig (geworden).
27Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
28Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 ist hinsichtlich ihrer Nr. 1 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29Als Rechtsgrundlagen für die Untersagung der Sammlung kommen hier § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG und § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG in Betracht. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Person ergeben. Die gleiche Rechtsfolge tritt nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ein, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin nicht erfüllt.
30I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
311. Die Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Sie ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
32Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, NWVBl. 2014, 16, sowie - 20 A 3043/11 - und 20 A 3044/11 -, beide juris.
33An der Zuständigkeit der Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass sie zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger war und ist. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde ist zwar aus rechtsstaatlichen Gründen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und der Neutralitätspflicht, nicht bedenkenfrei, da es bei der Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist aber dann gegeben, wenn behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 205/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245, und vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl. 2013, 1537.
35Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte in allgemeiner Form angewiesen, eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der Unteren Umweltschutzbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits zu gewährleisten.
36Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2-408.10.02.
37Diese Voraussetzung ist bei der Beklagten erfüllt und auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung erfüllt gewesen. Für das Gebiet der Beklagten wurde die Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bereits vor mehr als einem Jahrzehnt an die B. GmbH & Co. KG (B. ) delegiert, an der die Beklagte und der Bergische Abfallwirtschaftsverband zu jeweils 50 % beteiligt sind. Zwar ist die Beklagte damit nicht aus ihrer Position als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entlassen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist aber institutionell weitergehend verselbständigt, als es etwa bei einer Zuständigkeitsverteilung auf unterschiedliche Fachbereiche desselben Rechtsträgers der Fall wäre.
38Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
39Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Beteiligungsverwaltung und damit auch die Zuständigkeit für die B. sind im Übrigen im Fachbereich Finanzen (Dezernat II) angesiedelt, die Funktion der Unteren Abfallbehörde wird hingegen von dem Fachbereich Umwelt 70 des Dezernats III der Verwaltung der Beklagten ausgeübt. Die Verantwortlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde nehmen für das Kreisgebiet der Beklagten demnach unterschiedliche Stellen und Personen wahr, so dass von einer ausreichenden organisatorischen Trennung ausgegangen werden kann. Diese Aufgabenverteilung bestand auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung.
40b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Untersagungsverfügung im gerichtlichen Verfahren nunmehr auch auf die fehlende Zuverlässigkeit der Klägerin gestützt hat. Beinhaltet das Vorgehen des Beklagten eine Ergänzung der vorhandenen Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG NRW) der angefochtenen Untersagungsverfügung, ist dies unter dem hier behandelten Gesichtspunkt der formellen Rechtmäßigkeit ohne Weiteres zulässig, weil nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sogar eine vollständig fehlende Begründung nachgeholt werden kann.
41Die Problematik des "Nachschiebens von Gründen" stellt sich hier nicht, weil der Senat auch ohne eine entsprechende Ergänzung der Begründung nicht gehindert gewesen wäre, die angefochtene Untersagungsverfügung auch unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit der Klägerin zu prüfen. Denn bei einer Sammlungsuntersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; das Merkmal der Zuverlässigkeit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, die gegebenenfalls von Amts wegen hätte erfolgen müssen.
42Vgl. dazu nur Marks in: Landmann/Rohmer, GewO - Kommentar, § 35 Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 20 B 643/13 -, juris, und Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, a. a. O.
43II. Die Untersagungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig.
441. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist - ebenso wie für die Frage der (Un-)Zuverlässigkeit - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
45Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
46Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
47Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bereits: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑ und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
48Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
49Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
50Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
51Vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
52§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
53Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
542. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf den die Beklagte die angefochtene Verfügung ursprünglich allein gestützt hat, liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor.
55a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
56Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
57b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
58So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, a. a. O.; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
59Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
60- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
61die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
63Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
64Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
65Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
66vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
67auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
68Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
69Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
70c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen jedoch überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht entgegen.
71aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
72- 73
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 74
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 75
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
77bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
78Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
79Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
80Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
81In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
82cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
83Diese Feststellung bedeutet entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
84Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
85Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
86Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
87Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
88Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
89- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
90oder als gesetzliche Fiktion
91- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
92verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
93Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
94Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
95dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
96Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
97nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
98Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
99(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
100Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
101- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
102ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
103Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
104Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
105" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
106In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
107" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
108Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
109BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
110Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
111" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
112Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
113vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
114ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist.
115Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt die Fallgestaltung, die dem Senatsurteil vom 21. September 2015 - 20 A 2120/14 - zugrunde liegt. Der beklagte Kreis hatte der Klägerin die Sammlungstätigkeit nur in einer kreisangehörigen Kommune untersagt, in allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existierten, durfte die dortige Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen.
116(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
117BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
118konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
119Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
120BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
121Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
122BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
123Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
124Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
125(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
126Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
127Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
128In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
129Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
130In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
131Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
132(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
133Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt". Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
134Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
135Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
136Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
137- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
138lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
139Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
140Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
141Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
142Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
143Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
144Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
145Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
146Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
147Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
148Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
150Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
151Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
152Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
153Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
154Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
155Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
156Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
157In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
158Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
159Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
160Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
161Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
162So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
163Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
164(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
165Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
166Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
167ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
168(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
169Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
170Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
171Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
172Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
173Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
174Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
175Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
176In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
177Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
178Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
179Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
180Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
181Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
182Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
183Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
184Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
185Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
186Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
187Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
188Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
189(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
190Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
191Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
192Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
193Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
194Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
195Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Dritt-beauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
196Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
197Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
198Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
199Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
200Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
201Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
202Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
203(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
204Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
205Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
206Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
207vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
208würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
209In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
210Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
211ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen.
212(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend zwar erfüllt.
213Die B. führt als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
214Von der B. werden gegenwärtig im Stadtgebiet flächendeckend 207 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Hinzu kommt - insbesondere für die Abgabe größerer Mengen - ein zentrales Wertstoffzentrum. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist von Seiten der Beklagten auch nachvollziehbar dargelegt worden, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird vor allem durch die Verdichtung des Netzes von Standorten und Sammelcontainern seit dem Jahr 2012 - insgesamt enthält die Anlage 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 15. September 2015 38 zusätzliche Container - bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
215Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr im Stadtgebiet der Beklagten weitgehend tatsächlich durch die Sammelcontainer der B. erfasst wird. Die für das Jahr 2015 hochgerechnete Sammelmenge liegt bei ca. 1.085 Tonnen. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 164.000 ergibt sich ein (theoretisches) Potenzial von max. 1.315 Tonnen. Soweit die Klägerin aufgrund eigener Erfahrungen von einem deutlich niedrigeren Potential von sechs Kilogramm pro Einwohner ausgeht (dies entspräche einem Sammelpotential in M. von knapp 1.000 Tonnen), mag dies auf sich beruhen, da sich dadurch der Erfassungsgrad der Sammlung der B. lediglich auf eine Vollabdeckung erhöhte.
216Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der B. keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und ihre Sammlung unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könnte, liegen nicht vor. Die B. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Von Seiten der Beklagten ist schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt worden, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
217(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift an sich die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der B. als Drittbeauftragte entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles liegen indes besondere Umstände vor, die diese Vermutung widerlegen bzw. nicht durchgreifen lassen.
218Die angezeigte Sammlung der Klägerin selbst erreicht bezogen auf die bestehende Sammlung der B. als Drittbeauftragte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kein Gewicht, das die Annahme einer Beeinträchtigung plausibel erscheinen ließe. Die von ihr angezeigte maximale Sammelmenge von 60 Tonnen pro Jahr entspricht lediglich etwa 5,5 % des für das Jahr 2015 hochgerechneten Ertrages der B. und bleibt für sich genommen deutlich unterhalb der oben genannten Bagatellgrenze. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin im laufenden Verfahren auf die Einwände der Beklagten bezüglich ihrer Zuverlässigkeit hin zugesichert hat, diesen Bedenken Rechnung zu tragen und ihre Sammlung entsprechend zu beschränken. Daher kann realistischer Weise nicht mehr davon ausgegangen werden, sie werde das ursprünglich avisierte Sammlungsvolumen tatsächlich erreichen. Das hatte die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 21. September 2015 jedenfalls konkret zu berücksichtigen.
219Ein durchgreifend anderes Ergebnis ergibt sich hier auch nicht unter Einbeziehung der weiteren berücksichtigungsfähigen Sammlungen. Hinzuzurechnen sind hier nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 14. Dezember 2012 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Zu diesem ist die Anzeige der Klägerin bei der Beklagten nach Aktenlage eingegangen. Die Beklagte ist auch von einer Prüffähigkeit der Anzeige ausgegangen, obwohl sie zu einem späteren Zeitpunkt noch Unterlagen nachgefordert hat. Denn sie hat ungeachtet dessen das Beteiligungsverfahren eingeleitet und den Drittbeauftragten um Stellungnahme gebeten. Von Seiten der Beklagten ist zudem in der mündlichen Verhandlung klargestellt worden, dass über die Bestandssammlungen hinaus derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der neuangezeigten potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der B. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung aller angezeigten Sammlungen ist deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 202,23 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 4, 8, 10, 11, 13 und 14 gemäß der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 15. September 2015 vorgelegten "Anzeigen nach § 18 KrWG zur Sammlung von Alttextilien" ergeben. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin folgt daraus eine jährliche Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen von (maximal) 262,23 Tonnen, die etwas mehr als 24% des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der B. in Höhe von 1.085 Tonnen ausmacht.
220Bei der deshalb nach obigen Maßstäben erforderlichen Prüfung des Einzelfalles ist zu berücksichtigen, dass auch diese potentielle Gesamtbelastung von weniger als einem Viertel in der maßgeblichen Bandbreite von 10 - 50 % deutlich näher an der Bagatellgrenze bleibt und deshalb eine eingehende und plausible Darlegung der gleichwohl realistischer Weise anzunehmenden Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Drittbeauftragten seitens der Beklagten zu erfolgen hätte. Eine solche fehlt hier schon deshalb, weil die von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat geschilderten möglichen Beeinträchtigungen der B. außer Acht lassen, dass diese ausschließlich ein Containersammelsystem, also ein Bringsystem, betreibt, während die Klägerin eine Straßensammlung, mithin ein Holsystem, ins Werk setzen will. Wie bereits ausgeführt, kommt einem solchen System tendenziell eine ergänzende Funktion zu, da es zumindest potentiell geeignet ist, ein bisher noch nicht realisiertes Ressourcenpotenzial derjenigen Alttextilienbesitzer zu erschließen, die nicht willens oder in der Lage sind, die bereitgestellten Container trotz ihrer Flächenabdeckung aufzusuchen. Dass sich die Sammlung der Klägerin, die ohnehin nur einen geringen Umfang hat, auch unter Berücksichtigung dieser Eigentümlichkeit gefährdend auf das bestehende System auswirken könnte, ist nicht zu erkennen und wird von der Beklagten auch nicht plausibel dargelegt. Insbesondere sind realistische Rückwirkungen auf die derzeitigen Sammelstrukturen trotz der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagtenseite geschilderten relativ komplexen Organisation des Bringsystems ohne Untersagung der Sammlung der Klägerin fernliegend.
2213. Die angefochtene Untersagungsverfügung lässt sich auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG stützen. Es liegen derzeit keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin im Sinne dieser Vorschrift unzuverlässig ist.
222Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 GewO unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, kann auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Danach ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Unter welchen Voraussetzungen dies im Rahmen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG anzunehmen ist, hat der Senat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 7. Mai 2015 - 20 A 2670/13 -, juris, im Einzelnen dargelegt. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf diese Ausführungen (Rn. 51 ff. bei juris) Bezug genommen.
223Danach können namentlich auch Verstöße gegen die spezifischen, bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen zu beachtenden Anforderungen die nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erforderliche Zuverlässigkeit in Frage stellen. Unter Anwendung allgemeiner Maßstäbe schlagen dabei grundsätzlich Verstöße gegen solche Vorschriften auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. Hierzu zählt grundsätzlich etwa auch die Verletzung der Anzeigeverpflichtung nach § 18 Abs. 1, 2 KrWG. Daneben sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Solche kommen im vorliegenden Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf das Straßenrecht, aber auch auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken in Betracht. Ist in diesem Sinne in der Vergangenheit unzuverlässiges Handeln festzustellen, muss dieses Verhalten mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt.
224Nach diesen Grundsätzen kann hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einer sammlungsrechtlichen Unzuverlässigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Insoweit kann letztlich dahinstehen, ob die von der Beklagten im Einzelnen angeführten Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klägerin bzw. ihren Geschäftsführer wegen Verstößen gegen die Anzeigepflicht und gegen behördliche Sammlungsuntersagungen sowie wegen Nichteinholung erforderlicher Sondernutzungserlaubnisse für sich genommen hinreichend schwerwiegende Verstöße darstellen, die die Annahme der Unzuverlässigkeit der Klägerin für die Vergangenheit begründen könnten. Selbst wenn dies der Fall wäre, ließe sich darauf nicht die erforderliche Prognose stützen, die Klägerin werde sich auch zukünftig nicht hinreichend rechtstreu verhalten.
225Denn die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 19. Januar 2015 nachvollziehbar dargelegt, dass insbesondere den Verletzungen der Anzeigepflicht besondere, aus dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und einer Betriebserweiterung begründete Umstände zugrunde lagen, deren Ursache sie zwischenzeitlich beseitigt hat. Diese lagen nach ihren von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben im Wesentlichen in durch die Übernahme des Unternehmens P. -Alttextilien und deren wider Erwarten nicht hinreichend qualifizierte Mitarbeiter begründeten Organisationsmängeln. Die hierfür verantwortliche Mitarbeiterin wurde danach entlassen, als die Klägerin diese Versäumnisse erkannt hat. Diese Angaben sind nicht zuletzt deshalb plausibel, weil neuere Verstöße gegen die Anzeigeverpflichtung von der Beklagten auch in der Folgezeit nicht vorgetragen wurden. Anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus den aktuelleren Gewerbezentralregisterauszügen, die die Beklagte im Vorfeld und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt hat und die für die Klägerin Eintragungen auch jüngeren Datums enthalten. Denn daraus lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit ableiten, dass auch die zugrunde liegenden Verstöße in jüngerer Zeit begangen worden sind. Diese können vielmehr bereits längere Zeit zurückliegen, wie nicht zuletzt die bis heute fehlende Eintragung seit längerer Zeit rechtskräftiger Bußgeldbescheide der Stadt H. zeigt. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass Meldungen zum Gewerbezentralregister durch die einzelnen Gewerbeaufsichtsbehörden nicht immer zeitnah erfolgen. Ebenso kann zwischen dem geahndeten Verstoß und der Rechtskraft eines Bußgeldbescheides ohne weiteres ein längerer Zeitraum liegen. Eigene Erkenntnisse zu den konkreten Umständen, insbesondere zum genauen Datum der einzelnen Verstöße, hat die Beklagte nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht.
226Unabhängig davon ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die den genannten Bußgeldverfahren überwiegend zugrunde liegenden Verstöße gegen die Anzeigepflicht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zum Tragen kommen können, weil die Klägerin die beabsichtigte Aufnahme der Sammlungstätigkeit gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß angezeigt hat.
227Soweit die Beklagte im Übrigen auf Verstöße gegen das straßenrechtliche Erfordernis einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Sammeleimern abgestellt hat, ergibt sich auch hieraus nicht die hinreichend tragfähige Prognose, die Klägerin werde sich zukünftig erneut solche Verstöße zu Schulden kommen lassen. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Fragen, ob entsprechende Sammlungen einer Sondernutzungserlaubnis bedürfen und ob Verstöße als schwerwiegend zu werten sind, erst allmählich in der Rechtsprechung klärten.
228Vgl. in diesem Zusammenhang etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2014 - 20 B 719/14 -, vom 24. Juni 2015 - 20 B 1392/14 - und vom 2. September 2015 - 20 B 10/15 -.
229Ihrer weiteren Angabe, angesichts dessen inzwischen vorsichtshalber darauf zu verzichten, solche Sammelbehältnisse im öffentlichen Straßenraum aufzustellen, ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Anderes ist dem Senat auch im Übrigen nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund ist derzeit davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Straßensammlung in rechtlich unproblematischer Form - etwa dadurch, dass sie nur mittels Flyer auf solche Sammlungen hinweist und/oder lediglich Sammelsäcke zur Verfügung stellt - durchführt.
230Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
231Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Klage der Antragstellerin (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Zwangsgeldandrohung unter III. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Antragstellerin zu drei Viertel und die Antragsgegnerin zu einem Viertel.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 26.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 hinsichtlich der Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer III. anzuordnen,
4weiterverfolgt, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Verwaltungsgericht hat den vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfalle, weil die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung unter I. der Ordnungsverfügung sei § 62 KrWG, weil die Antragstellerin ihre Sammlung nicht gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angezeigt habe. Bei den gesammelten Altkleidern und -schuhen handele es sich um Abfall, weil die Vorbesitzer die Sachherrschaft ohne weitere Zweckbestimmung aufgegeben hätten. Die Zwangsgeldandrohung unter III. der Ordnungsverfügung sei noch verhältnismäßig. Dem setzt die Antragstellerin mit ihrem fristgemäßen Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Durchgreifendes entgegen.
6Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Ordnungsverfügung wegen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für formell rechtswidrig hält, dringt sie damit nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellende rechtsstaatliche Bedenken, die sich aus dem Zusammenfallen von Aufgaben (Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einerseits, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger andererseits) bei ein und derselben Stelle der öffentlichen Verwaltung ergeben (können), durch eine verwaltungsinterne organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche Rechnung getragen werden kann. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des hier beschließenden Gerichts.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
9Soweit die Antragstellerin sinngemäß die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten nicht für ausreichend hält, weil - was zutreffend ist - auf einer "höheren" (Vorgesetzten-)Ebene die Zuständigkeiten (wieder) zusammenfallen, dringt sie damit nicht durch. Das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer "höheren" (jedenfalls auf der obersten) Ebene ist bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar. Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken dürften sich daraus aber nicht ergeben, zumal die jeweiligen Amtsträger sowohl beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als auch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Beschränkungen und Bindungen unterliegen, insbesondere "von Amts wegen" Neutralität zu wahren haben, und diesbezüglich schon auf Verwaltungsebene Kontrollmöglichkeiten bestehen. Im Übrigen ist bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz die (rechtsstaatliche) Problematik einer zusammenfallenden Behördenzuständigkeit gesehen worden, ohne dass dies zum Anlass genommen worden ist, eine Trennung dahingehend zu fordern, dass die Aufgaben bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden müssen - was sich bei den Stadtstaaten kaum hätte praktizieren lassen.
10Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 88, und 17/6645, S. 4.
11Vorliegend erscheint das Bestehen eines - die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellenden - Interessenkonflikts auch deshalb fernliegend, weil die Ordnungsverfügung ohne Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ausgesprochen wurde und die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin gar keine getrennte Alttextiliensammlung oder -erfassung vornimmt. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen internen Organisationsregelungen (systematisch) missachtet. Dass es bei einer vorangegangenen, inzwischen aufgehobenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zu einer Abweichung von diesen Organisationsregelungen gekommen ist, hat zum einen die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren plausibel erklärt und stellt zum anderen nicht in Frage, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Organisationsregelungen beachtet wurden.
12Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht weiterhin - in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur - zutreffend von der Abfalleigenschaft der von der Antragstellerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ausgegangen.
13Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
14- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 -, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 - 3 Ob OWi 124/83 -, NVwZ 1984, 198 -
15die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruhte zum einen auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972, der in seiner ersten Alternative allein auf den Entledigungswillen des Besitzers abstellte, d. h. keinen § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Alt. 3 KrWG vergleichbaren Entstehungstatbestand enthielt, und zum anderen auf einem nicht maßgeblich von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägten Verständnis des Entledigungswillens. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
16Der Rückschluss der Antragstellerin aus der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt ebenfalls nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis steht im Übrigen entgegen, dass die Antragstellerin mehrere verschiedene Wiederverwendungsquoten - einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die (angebliche) Quote ihres Unternehmens - benennt und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote der Antragstellerin auseinandergesetzt haben oder ihnen diese bekannt ist. Weiterhin bezieht sich die von der Antragstellerin angeführte Wiederverwendungsquote - soweit ersichtlich - lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt-)Textilien und (Alt-)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
17Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit einer- hier nicht in Rede stehenden - Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden" oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer. Der von der Antragstellerin in Bezug genommene Fernsehbericht des WDR vom 13. September 2013 gibt für die Annahme einer Zweckbestimmung auch nicht ansatzweise etwas her; bestenfalls können dem Bericht Anhaltspunkte für eine auf einen "guten Zweck" zielende Motivationslage der Abgebenden entnommen werden.
18Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es - auch nach der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage - unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht "loswerden" werden will und es beispielsweise aus Umweltschutzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Antragstellerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
19Was das Sortieren der Alttextilien nach der Einsammlung anbelangt, hat das Verwaltungsgericht darin nicht den maßgeblichen, die Abfalleigenschaft begründenden Umstand gesehen. Vielmehr hat es das Sortieren lediglich zur Untermauerung seiner Annahme angeführt, dass der Besitzer von Alttextilien im Fall des Einwurfs in einen Sammelcontainer keine Garantie hinsichtlich einer Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 21 KrWG hat oder erhält. Jedenfalls kann aus dem Sortieren keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen.
20Soweit das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids als auf der Grundlage von § 62 KrWG (offensichtlich) rechtmäßig angesehen hat, hat das Beschwerdevorbringen jedenfalls insoweit Erfolg, als die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin als offen anzusehen sind.
21Vom Grundsatz her erscheint eine Sammlungsuntersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG bei fehlender oder unvollständiger Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG nicht ausgeschlossen, wenn das Anzeigeverfahren seinen Zweck aufgrund der fehlenden Anzeige oder unvollständiger Angaben des Anzeigenden nicht erfüllen kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 476/13 -, juris.
23Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt und in der Literatur umstritten.
24Vgl. Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 KrWG Rn. 25, m. w. N. in Fußnote 49; Klement in: Schmehl: Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 18 Rn. 21; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 KrWG Rn. 22.
25Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Anzeigepflichten in anderen Rechtsgebieten (§ 14 GewO, § 67 Abs. 2 BImSchG) durchaus die Auffassung vertreten wird, dass bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht Maßnahmen im Sinne der hier in Rede stehenden Untersagung nicht in Betracht kommen.
26Vgl. Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 14 Rn. 98; Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12 (17), m. w. N.
27Dies führt dazu, dass im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der auf § 62 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht ausgegangen werden kann.
28Andererseits kann die Sammlungsuntersagung aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Das folgt für die Frage, ob § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung wegen des Fehlens oder der (wesentlichen) Unvollständigkeit einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG in Betracht kommt, schon aus dem Vorstehenden. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung kann auch nicht (eindeutig) festgestellt werden, dass sich im Fall einer fehlenden oder in wesentlichen Punkten unvollständigen Sammlungsanzeige eine auf § 62 KrWG gestützte Untersagungsverfügung jedenfalls als unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft erweisen muss.
29Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Antragstellerin meint, bei § 18 Abs. 1 KrWG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift und alleine eine fehlende Sammlungsanzeige könne keine Untersagung rechtfertigen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die fehlende Anzeige abgestellt, sondern zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch nachträglich ihrer Anzeigepflicht trotz entsprechender Anhörung durch die Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist und ohne Anzeige die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hinsichtlich der Sammlung nicht überprüft werden können. Damit setzt sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter auseinander. Zum anderen spricht der Umstand, dass - wie es bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat - mit einer Sammlungsanzeige ein materiell-rechtliches "Prüfprogramm" der Behörde eröffnet werden soll,
30vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 476/13 -, a. a. O.,
31dagegen, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen.
32Vgl. auch Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen zur Anzeige gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen gemäß § 18 KrWG, AbfallR 2012, 231 (237).
33Der weiteren Auffassung der Antragstellerin, eine Untersagung im Zusammenhang mit einer fehlenden Sammlungsanzeige komme angesichts der bestehenden Bußgeldvorschriften nicht in Betracht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, jedenfalls nicht insoweit, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, § 62 KrWG scheide von vornherein als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung aus. Dies kann schon aufgrund der anderen Zielrichtung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG einerseits und der (generellen) Handlungsermächtigung des § 62 KrWG andererseits nicht angenommen werden.
34Die danach anzustellende, von den Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
35Zu ihren Gunsten ist zwar zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Vollziehbarkeit der Untersagung bestätigt und der Antragstellerin damit (jedenfalls vorübergehend) ein Sammeln verwehrt wird, auf ihrer Seite vom Grundsatz her eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung eintritt, wenn sich die Untersagung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist. Denn ihre Sammlungstätigkeit dürfte in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG fallen.
36Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 122/13 -, juris.
37Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bei einer Betätigung im Rahmen ihrer Grundrechte an die ansonsten geltenden Gesetze zu halten hat und dies hier unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage eine Sammlungsuntersagung verfügt werden kann, nicht der Fall ist, weil sie die nach der vorstehenden Ausführungen erforderliche Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 72 Abs. 2 KrWG, nicht erstattet hat. Mit Blick darauf sind hier auf jeden Fall auch öffentliche Interessen betroffen oder beeinträchtigt. Diese können nicht mit dem Argument als wenig(er) gewichtig angesehen oder abgetan werden, bei § 18 Abs. 1 und 2 KrWG handele es sich lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Vielmehr dient die Sammlungsanzeige- wie ausgeführt - dazu, der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlich normierten Anforderungen an eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Davon, dass eine solche Prüfung hier offensichtlich entbehrlich ist, kann nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG zu vernachlässigen ist, weil die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin keine getrennte Sammlung von Alttextilien und -schuhen betreibt, verbleibt die Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG, die mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin (vgl. insoweit § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG) nicht vorgenommen werden kann. Im Übrigen kann diese Prüfung nicht mit dem Argument als entbehrlich angesehen werden, dass es für Alttextilien einen Markt gebe, sich damit (derzeit hohe) Erlöse erzielen ließen und schon deshalb von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausgegangen werden könne. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass dies nicht auf sämtliche im Wege einer öffentlichen Containersammlung erfassten Gegenstände zutrifft, weil es einen gewissen Anteil sog. "Fehlwürfe" gibt, hinsichtlich derer eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ebenfalls gewährleistet sein muss. Entsprechendes gilt für nicht wiederverwendbare, d. h. nicht wieder oder weiter tragbare Bekleidung und Schuhe sowie sonstige Alttextilien.
38Mit Blick darauf kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, ihre Sammlung (vorübergehend) fortzusetzen, auch in Ansehung ihrer vom Grundsatz her grundrechtlich geschützten Betätigung nicht angenommen werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Folgen einer hier anzunehmenden vorübergehenden Sammlungsunterbrechung sich in Grenzen halten dürften. Ausgehend davon, dass sich die Antragstellerin ordnungsgemäß die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der für die Aufstellung ihrer Sammelcontainer genutzten Flächen gesichert hat, dürften ihr keine Standorte für den Fall verloren gehen, dass sie ihre Container (unterstellt) vorübergehend von den Flächen entfernen muss. Dementsprechend besteht die tatsächliche Beeinträchtigung in (vorübergehenden) Einnahmeverlusten, zu deren Höhe die Antragstellerin jedoch nichts Konkretes vorgetragen hat.
39Unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung oder Belastung der Antragstellerin ist ferner zu berücksichtigen, dass die Angelegenheit für sie im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht "erledigt" wäre. Angesichts der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorgeschriebenen oder veranlassten Prüfung wäre die Antragsgegnerin unabhängig von der noch ausstehenden Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Untersagungsverfügung gehalten, sich die für die Prüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erforderlichen Angaben auf einem anderen als dem an sich gesetzlich vorgesehenen Weg - das ist die vom Sammler zu erstattende Anzeige - zu verschaffen, indem sie gegen die ohne Anzeige sammelnde Antragstellerin durch die Festsetzung eines Bußgelds (vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KrWG) Druck ausübt und/oder sie mittels auf § 62 KrWG gestützter, gegebenenfalls zwangsgeldbewehrter Ordnungsverfügung zur Erstattung der Anzeige auffordert. Dies bedeutete zum einen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und führte zum anderen jedenfalls im Fall der Verhängung eines Bußgelds ebenfalls zu einer finanziellen Belastung der Antragstellerin.
40Zu deren Lasten kommt ferner die bereits vom Verwaltungsgericht betonte Nachahmungsgefahr zum Tragen. Zwar weist die Antragstellerin diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass unmittelbar von den von ihr aufgestellten Sammelcontainern keine Nachahmungsgefahr ausgeht, weil ihnen nicht anzusehen ist, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht. Eine Nachahmungsgefahr leitet sich jedoch daraus ab, dass im (unterstellten) Fall des Bekanntwerdens der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dies in Sammlerkreisen als Signal dahingehend verstanden werden könnte, eine Sammlung könne auch ohne Anzeige begonnen und trotz fehlender Anzeige weitergeführt werden, weil eine Untersagung oder Einstellung der Sammlung nicht zu befürchten sei.
41Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist es, wie es bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, daher eher der Antragstellerin zuzumuten, ihre Sammlung vorübergehend zu unterbrechen, als der Antragsgegnerin, weiterhin (vorübergehend) auf die vorgeschriebene Prüfung jedenfalls gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG verzichten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als es die Antragstellerin selbst in der Hand hat, der Untersagungsverfügung durch Erstattung der erforderlichen Anzeige die Grundlage zu entziehen. Größerer Aufwand ist damit nicht verbunden, weil § 18 Abs. 2 KrWG zwar Angaben und Darlegungen verlangt, Nachweise dagegen nicht gefordert werden.
42Erfolg hat die Beschwerde dagegen im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung unter III. des angefochtenen Bescheids, weil sich die Androhung als offensichtlich rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig erweist. Dies ergibt sich daraus, dass das angedrohte Zwangsgeld von 2.500,00 €, wie ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid angeordnet, für jeden Tag der Zuwiderhandlung gilt und darüber hinaus, da sich die Androhung ebenfalls ausdrücklich auch auf die nicht vollständige Befolgung der Untersagung unter I. des Bescheids bezieht, in voller Höhe selbst dann "fällig" wird, wenn die Antragstellerin auch nur mit einem Container weitersammelt. Mit Blick auf diese Fallkonstellation erweist sich die Androhung auch oder gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) als unangemessen. Denn ein Zwangsgeld von 2.500,00 € pro Tag bei einem Sammelcontainer liegt offensichtlich so weit von dem Umsatz entfernt, der mit einem einzelnen Sammelcontainer täglich erzielt werden kann, dass hier eine Unverhältnismäßigkeit auf der Hand liegt.
43Vgl. in diesem Sinn auch schon VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 9 L 337/13 -.
44Dass die Antragsgegnerin möglicherweise hinsichtlich der zuvor behandelten Fallkonstellation keine (besondere) Regelungsintention hatte, ist unerheblich, weil eine Verhältnismäßigkeit der Androhung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich in jedem (einzelnen) in Betracht kommenden Anwendungsfall als angemessen erweist, was hier - wie zuvor dargestellt - nicht der Fall ist, wenn die Antragstellerin gegebenenfalls - entgegen der Untersagungsverfügung - lediglich mit einem Container weitersammelt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten kann eine Verhältnismäßigkeit nicht allein deshalb angenommen werden, weil das pro Tag angedrohte Zwangsgeld am unteren Rand der in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW genannten Spanne liegt. Der von der Antragsgegnerin gegebenenfalls anzustellende Ermittlungsaufwand zur Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsverfügung dürfte mit Blick auf § 58 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW bereits vom Ansatz her kein tauglicher Gesichtspunkt zur Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes darstellen und vermag dementsprechend ebenfalls nicht die Annahme der Verhältnismäßigkeit zu begründen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin zu schätzen, was angesichts der Mitteilung der Antragstellerin, dass im Gebiet der Antragsgegnerin 26 Sammelcontainer stehen, auch sachgerecht möglich ist. Ausgehend von einer jährlichen Sammelmenge pro Container von 10 t und einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
47siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
48sowie einer - ebenfalls geschätzten - Gewinnmarge von 50 % ergibt sich ein Jahresgewinn von 52.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Die Zwangsgeldandrohung bleibt nach Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs außer Betracht. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
Die Pflichten der Betreiber von genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, diese so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden, verwertet oder beseitigt werden, richten sich nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Klage der Antragstellerin (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Zwangsgeldandrohung unter III. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Antragstellerin zu drei Viertel und die Antragsgegnerin zu einem Viertel.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 26.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Düsseldorf 17 K 1535/13) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2013 hinsichtlich der Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer III. anzuordnen,
4weiterverfolgt, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Verwaltungsgericht hat den vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausfalle, weil die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung unter I. der Ordnungsverfügung sei § 62 KrWG, weil die Antragstellerin ihre Sammlung nicht gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angezeigt habe. Bei den gesammelten Altkleidern und -schuhen handele es sich um Abfall, weil die Vorbesitzer die Sachherrschaft ohne weitere Zweckbestimmung aufgegeben hätten. Die Zwangsgeldandrohung unter III. der Ordnungsverfügung sei noch verhältnismäßig. Dem setzt die Antragstellerin mit ihrem fristgemäßen Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Durchgreifendes entgegen.
6Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Ordnungsverfügung wegen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin für formell rechtswidrig hält, dringt sie damit nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellende rechtsstaatliche Bedenken, die sich aus dem Zusammenfallen von Aufgaben (Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einerseits, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger andererseits) bei ein und derselben Stelle der öffentlichen Verwaltung ergeben (können), durch eine verwaltungsinterne organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche Rechnung getragen werden kann. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des hier beschließenden Gerichts.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
9Soweit die Antragstellerin sinngemäß die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten nicht für ausreichend hält, weil - was zutreffend ist - auf einer "höheren" (Vorgesetzten-)Ebene die Zuständigkeiten (wieder) zusammenfallen, dringt sie damit nicht durch. Das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer "höheren" (jedenfalls auf der obersten) Ebene ist bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar. Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken dürften sich daraus aber nicht ergeben, zumal die jeweiligen Amtsträger sowohl beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als auch bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Beschränkungen und Bindungen unterliegen, insbesondere "von Amts wegen" Neutralität zu wahren haben, und diesbezüglich schon auf Verwaltungsebene Kontrollmöglichkeiten bestehen. Im Übrigen ist bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz die (rechtsstaatliche) Problematik einer zusammenfallenden Behördenzuständigkeit gesehen worden, ohne dass dies zum Anlass genommen worden ist, eine Trennung dahingehend zu fordern, dass die Aufgaben bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden müssen - was sich bei den Stadtstaaten kaum hätte praktizieren lassen.
10Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 88, und 17/6645, S. 4.
11Vorliegend erscheint das Bestehen eines - die Zuständigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise in Frage stellenden - Interessenkonflikts auch deshalb fernliegend, weil die Ordnungsverfügung ohne Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ausgesprochen wurde und die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin gar keine getrennte Alttextiliensammlung oder -erfassung vornimmt. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ihre eigenen internen Organisationsregelungen (systematisch) missachtet. Dass es bei einer vorangegangenen, inzwischen aufgehobenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zu einer Abweichung von diesen Organisationsregelungen gekommen ist, hat zum einen die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren plausibel erklärt und stellt zum anderen nicht in Frage, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Organisationsregelungen beachtet wurden.
12Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht weiterhin - in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur - zutreffend von der Abfalleigenschaft der von der Antragstellerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ausgegangen.
13Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
14- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 -, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 - 3 Ob OWi 124/83 -, NVwZ 1984, 198 -
15die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruhte zum einen auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972, der in seiner ersten Alternative allein auf den Entledigungswillen des Besitzers abstellte, d. h. keinen § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Alt. 3 KrWG vergleichbaren Entstehungstatbestand enthielt, und zum anderen auf einem nicht maßgeblich von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägten Verständnis des Entledigungswillens. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
16Der Rückschluss der Antragstellerin aus der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt ebenfalls nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis steht im Übrigen entgegen, dass die Antragstellerin mehrere verschiedene Wiederverwendungsquoten - einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die (angebliche) Quote ihres Unternehmens - benennt und es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote der Antragstellerin auseinandergesetzt haben oder ihnen diese bekannt ist. Weiterhin bezieht sich die von der Antragstellerin angeführte Wiederverwendungsquote - soweit ersichtlich - lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt-)Textilien und (Alt-)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
17Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit einer- hier nicht in Rede stehenden - Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden" oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer. Der von der Antragstellerin in Bezug genommene Fernsehbericht des WDR vom 13. September 2013 gibt für die Annahme einer Zweckbestimmung auch nicht ansatzweise etwas her; bestenfalls können dem Bericht Anhaltspunkte für eine auf einen "guten Zweck" zielende Motivationslage der Abgebenden entnommen werden.
18Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es - auch nach der von der Antragstellerin vorgelegten forsa-Umfrage - unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht "loswerden" werden will und es beispielsweise aus Umweltschutzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Antragstellerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
19Was das Sortieren der Alttextilien nach der Einsammlung anbelangt, hat das Verwaltungsgericht darin nicht den maßgeblichen, die Abfalleigenschaft begründenden Umstand gesehen. Vielmehr hat es das Sortieren lediglich zur Untermauerung seiner Annahme angeführt, dass der Besitzer von Alttextilien im Fall des Einwurfs in einen Sammelcontainer keine Garantie hinsichtlich einer Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 21 KrWG hat oder erhält. Jedenfalls kann aus dem Sortieren keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen.
20Soweit das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids als auf der Grundlage von § 62 KrWG (offensichtlich) rechtmäßig angesehen hat, hat das Beschwerdevorbringen jedenfalls insoweit Erfolg, als die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin als offen anzusehen sind.
21Vom Grundsatz her erscheint eine Sammlungsuntersagung auf der Grundlage von § 62 KrWG bei fehlender oder unvollständiger Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG nicht ausgeschlossen, wenn das Anzeigeverfahren seinen Zweck aufgrund der fehlenden Anzeige oder unvollständiger Angaben des Anzeigenden nicht erfüllen kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 476/13 -, juris.
23Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt und in der Literatur umstritten.
24Vgl. Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 KrWG Rn. 25, m. w. N. in Fußnote 49; Klement in: Schmehl: Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 18 Rn. 21; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 KrWG Rn. 22.
25Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit Anzeigepflichten in anderen Rechtsgebieten (§ 14 GewO, § 67 Abs. 2 BImSchG) durchaus die Auffassung vertreten wird, dass bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht Maßnahmen im Sinne der hier in Rede stehenden Untersagung nicht in Betracht kommen.
26Vgl. Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 14 Rn. 98; Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12 (17), m. w. N.
27Dies führt dazu, dass im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der auf § 62 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht ausgegangen werden kann.
28Andererseits kann die Sammlungsuntersagung aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Das folgt für die Frage, ob § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung wegen des Fehlens oder der (wesentlichen) Unvollständigkeit einer Anzeige nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG in Betracht kommt, schon aus dem Vorstehenden. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung kann auch nicht (eindeutig) festgestellt werden, dass sich im Fall einer fehlenden oder in wesentlichen Punkten unvollständigen Sammlungsanzeige eine auf § 62 KrWG gestützte Untersagungsverfügung jedenfalls als unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft erweisen muss.
29Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass die Antragstellerin meint, bei § 18 Abs. 1 KrWG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift und alleine eine fehlende Sammlungsanzeige könne keine Untersagung rechtfertigen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die fehlende Anzeige abgestellt, sondern zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch nachträglich ihrer Anzeigepflicht trotz entsprechender Anhörung durch die Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist und ohne Anzeige die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen hinsichtlich der Sammlung nicht überprüft werden können. Damit setzt sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter auseinander. Zum anderen spricht der Umstand, dass - wie es bereits das Verwaltungsgericht angemerkt hat - mit einer Sammlungsanzeige ein materiell-rechtliches "Prüfprogramm" der Behörde eröffnet werden soll,
30vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 476/13 -, a. a. O.,
31dagegen, § 18 Abs. 1 und 2 KrWG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen.
32Vgl. auch Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen zur Anzeige gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen gemäß § 18 KrWG, AbfallR 2012, 231 (237).
33Der weiteren Auffassung der Antragstellerin, eine Untersagung im Zusammenhang mit einer fehlenden Sammlungsanzeige komme angesichts der bestehenden Bußgeldvorschriften nicht in Betracht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, jedenfalls nicht insoweit, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, § 62 KrWG scheide von vornherein als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung aus. Dies kann schon aufgrund der anderen Zielrichtung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG einerseits und der (generellen) Handlungsermächtigung des § 62 KrWG andererseits nicht angenommen werden.
34Die danach anzustellende, von den Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung unter I. des angefochtenen Bescheids losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.
35Zu ihren Gunsten ist zwar zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Vollziehbarkeit der Untersagung bestätigt und der Antragstellerin damit (jedenfalls vorübergehend) ein Sammeln verwehrt wird, auf ihrer Seite vom Grundsatz her eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung eintritt, wenn sich die Untersagung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist. Denn ihre Sammlungstätigkeit dürfte in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG fallen.
36Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013- 20 B 122/13 -, juris.
37Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bei einer Betätigung im Rahmen ihrer Grundrechte an die ansonsten geltenden Gesetze zu halten hat und dies hier unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage eine Sammlungsuntersagung verfügt werden kann, nicht der Fall ist, weil sie die nach der vorstehenden Ausführungen erforderliche Anzeige gemäß § 18 Abs. 1 und 2 KrWG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 72 Abs. 2 KrWG, nicht erstattet hat. Mit Blick darauf sind hier auf jeden Fall auch öffentliche Interessen betroffen oder beeinträchtigt. Diese können nicht mit dem Argument als wenig(er) gewichtig angesehen oder abgetan werden, bei § 18 Abs. 1 und 2 KrWG handele es sich lediglich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Vielmehr dient die Sammlungsanzeige- wie ausgeführt - dazu, der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlich normierten Anforderungen an eine gewerbliche Sammlung erfüllt sind. Davon, dass eine solche Prüfung hier offensichtlich entbehrlich ist, kann nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG zu vernachlässigen ist, weil die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin keine getrennte Sammlung von Alttextilien und -schuhen betreibt, verbleibt die Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG, die mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin (vgl. insoweit § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG) nicht vorgenommen werden kann. Im Übrigen kann diese Prüfung nicht mit dem Argument als entbehrlich angesehen werden, dass es für Alttextilien einen Markt gebe, sich damit (derzeit hohe) Erlöse erzielen ließen und schon deshalb von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausgegangen werden könne. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass dies nicht auf sämtliche im Wege einer öffentlichen Containersammlung erfassten Gegenstände zutrifft, weil es einen gewissen Anteil sog. "Fehlwürfe" gibt, hinsichtlich derer eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ebenfalls gewährleistet sein muss. Entsprechendes gilt für nicht wiederverwendbare, d. h. nicht wieder oder weiter tragbare Bekleidung und Schuhe sowie sonstige Alttextilien.
38Mit Blick darauf kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, ihre Sammlung (vorübergehend) fortzusetzen, auch in Ansehung ihrer vom Grundsatz her grundrechtlich geschützten Betätigung nicht angenommen werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Folgen einer hier anzunehmenden vorübergehenden Sammlungsunterbrechung sich in Grenzen halten dürften. Ausgehend davon, dass sich die Antragstellerin ordnungsgemäß die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der für die Aufstellung ihrer Sammelcontainer genutzten Flächen gesichert hat, dürften ihr keine Standorte für den Fall verloren gehen, dass sie ihre Container (unterstellt) vorübergehend von den Flächen entfernen muss. Dementsprechend besteht die tatsächliche Beeinträchtigung in (vorübergehenden) Einnahmeverlusten, zu deren Höhe die Antragstellerin jedoch nichts Konkretes vorgetragen hat.
39Unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung oder Belastung der Antragstellerin ist ferner zu berücksichtigen, dass die Angelegenheit für sie im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich nicht "erledigt" wäre. Angesichts der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vorgeschriebenen oder veranlassten Prüfung wäre die Antragsgegnerin unabhängig von der noch ausstehenden Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Untersagungsverfügung gehalten, sich die für die Prüfung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erforderlichen Angaben auf einem anderen als dem an sich gesetzlich vorgesehenen Weg - das ist die vom Sammler zu erstattende Anzeige - zu verschaffen, indem sie gegen die ohne Anzeige sammelnde Antragstellerin durch die Festsetzung eines Bußgelds (vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KrWG) Druck ausübt und/oder sie mittels auf § 62 KrWG gestützter, gegebenenfalls zwangsgeldbewehrter Ordnungsverfügung zur Erstattung der Anzeige auffordert. Dies bedeutete zum einen einen erheblichen Verwaltungsaufwand und führte zum anderen jedenfalls im Fall der Verhängung eines Bußgelds ebenfalls zu einer finanziellen Belastung der Antragstellerin.
40Zu deren Lasten kommt ferner die bereits vom Verwaltungsgericht betonte Nachahmungsgefahr zum Tragen. Zwar weist die Antragstellerin diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass unmittelbar von den von ihr aufgestellten Sammelcontainern keine Nachahmungsgefahr ausgeht, weil ihnen nicht anzusehen ist, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht. Eine Nachahmungsgefahr leitet sich jedoch daraus ab, dass im (unterstellten) Fall des Bekanntwerdens der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dies in Sammlerkreisen als Signal dahingehend verstanden werden könnte, eine Sammlung könne auch ohne Anzeige begonnen und trotz fehlender Anzeige weitergeführt werden, weil eine Untersagung oder Einstellung der Sammlung nicht zu befürchten sei.
41Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist es, wie es bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, daher eher der Antragstellerin zuzumuten, ihre Sammlung vorübergehend zu unterbrechen, als der Antragsgegnerin, weiterhin (vorübergehend) auf die vorgeschriebene Prüfung jedenfalls gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG verzichten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als es die Antragstellerin selbst in der Hand hat, der Untersagungsverfügung durch Erstattung der erforderlichen Anzeige die Grundlage zu entziehen. Größerer Aufwand ist damit nicht verbunden, weil § 18 Abs. 2 KrWG zwar Angaben und Darlegungen verlangt, Nachweise dagegen nicht gefordert werden.
42Erfolg hat die Beschwerde dagegen im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung unter III. des angefochtenen Bescheids, weil sich die Androhung als offensichtlich rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig erweist. Dies ergibt sich daraus, dass das angedrohte Zwangsgeld von 2.500,00 €, wie ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid angeordnet, für jeden Tag der Zuwiderhandlung gilt und darüber hinaus, da sich die Androhung ebenfalls ausdrücklich auch auf die nicht vollständige Befolgung der Untersagung unter I. des Bescheids bezieht, in voller Höhe selbst dann "fällig" wird, wenn die Antragstellerin auch nur mit einem Container weitersammelt. Mit Blick auf diese Fallkonstellation erweist sich die Androhung auch oder gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) als unangemessen. Denn ein Zwangsgeld von 2.500,00 € pro Tag bei einem Sammelcontainer liegt offensichtlich so weit von dem Umsatz entfernt, der mit einem einzelnen Sammelcontainer täglich erzielt werden kann, dass hier eine Unverhältnismäßigkeit auf der Hand liegt.
43Vgl. in diesem Sinn auch schon VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 9 L 337/13 -.
44Dass die Antragsgegnerin möglicherweise hinsichtlich der zuvor behandelten Fallkonstellation keine (besondere) Regelungsintention hatte, ist unerheblich, weil eine Verhältnismäßigkeit der Androhung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich in jedem (einzelnen) in Betracht kommenden Anwendungsfall als angemessen erweist, was hier - wie zuvor dargestellt - nicht der Fall ist, wenn die Antragstellerin gegebenenfalls - entgegen der Untersagungsverfügung - lediglich mit einem Container weitersammelt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten kann eine Verhältnismäßigkeit nicht allein deshalb angenommen werden, weil das pro Tag angedrohte Zwangsgeld am unteren Rand der in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW genannten Spanne liegt. Der von der Antragsgegnerin gegebenenfalls anzustellende Ermittlungsaufwand zur Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsverfügung dürfte mit Blick auf § 58 Abs. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW bereits vom Ansatz her kein tauglicher Gesichtspunkt zur Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes darstellen und vermag dementsprechend ebenfalls nicht die Annahme der Verhältnismäßigkeit zu begründen.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
46Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist mangels diesbezüglicher Angaben der Antragstellerin zu schätzen, was angesichts der Mitteilung der Antragstellerin, dass im Gebiet der Antragsgegnerin 26 Sammelcontainer stehen, auch sachgerecht möglich ist. Ausgehend von einer jährlichen Sammelmenge pro Container von 10 t und einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
47siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
48sowie einer - ebenfalls geschätzten - Gewinnmarge von 50 % ergibt sich ein Jahresgewinn von 52.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Die Zwangsgeldandrohung bleibt nach Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs außer Betracht. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist gewerblicher Sammler von Alttextilien. Er wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der ihm die Sammlung von Alttextilien im Kreis T. untersagt worden ist.
3Der Beklagte ist nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die in seinem Gebiet anfallenden und zu überlassenden Abfälle und hat die Wahrnehmung der sich daraus ergebenden Aufgaben auf die 1992 gegründete Entsorgungswirtschaft T. GmbH (im Folgenden esg) übertragen. Im Juni/Juli 2012 schloss er mit allen 14 Städten und Gemeinden im Kreisgebiet jeweils eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung ab, die im Wesentlichen zum Gegenstand hatte, dass die jeweilige Kommune die ihr obliegende Aufgabe des Einsammelns und Beförderns von Altkleidern aus privaten Haushaltungen auf den Beklagten überträgt. Unter dem 4. Oktober 2012 schlossen dann der Beklagte und die esg mit zwei Kreisverbänden des Deutschen Roten Kreuzes, mit der Arbeitsgemeinschaft des Kolpingwerkes Kreis T. und mit dem Malteser Hilfsdienst e. V. jeweils einen Kooperationsvertrag zur Sammlung und Verwertung von Altkleidern im Kreis T. durch die an den Kooperationsverträgen beteiligten karitativen Einrichtungen.
4Bereits unter dem 12. September 2012 zeigte der Kläger bei dem Beklagten die gewerbliche Sammlung von Alttextilien an. Dabei gab er an: Sein Unternehmen sei ein Familienbetrieb mit derzeit 36 Containerstandplätzen in der Stadt E. , dem Kreis V. , dem Hochsauerlandkreis, dem Märkischen Kreis sowie dem Kreis T. . Die Stellplätze befänden sich auf privatem Grund. Für alle Standorte liege eine Genehmigung des jeweiligen Grundstückseigentümers vor. Die Stellplätze würden mindestens einmal pro Woche angefahren und die Container bei Bedarf geleert. Die Verwertung der Textilien erfolge in einem eigenen Lager in X. . Dort würden diese sortiert, gelagert und gegebenenfalls direkt an Personen zur Ausstattung von Second-Hand-Geschäften veräußert. Die übrigen Textilien würden an die F. Gesellschaft für Textilverwertung und Handel GmbH veräußert. Insgesamt würden 99 % der Containerinhalte verwertet, die verbleibenden 1 % Fehlwürfe über das örtlich ansässige Abfallentsorgungsunternehmen entsorgt.
5Unter dem 18. September 2012 forderte der Beklagte von dem Kläger weitere Unterlagen hinsichtlich der beabsichtigten Sammlung im Kreis T. an, insbesondere sei darzulegen, wie viele und welche Standplätze dort genutzt werden sollten. Gleichzeitig leitete er die Anzeige zusammen mit weiteren zwischen Ende Juli 2012 und Mitte September 2012 angezeigten gewerblichen Sammlungen an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden weiter. In der Folge erklärten die Kommunen mit weitgehend wortgleichen Schreiben, die Sammlungen beeinträchtigten in ihrem Zusammenwirken die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich. Deshalb komme nur eine Untersagung der gewerblichen Sammlungen in Betracht.
6Am 8. Oktober 2012 reichte der Kläger eine handschriftliche Auflistung der genutzten Standorte für den Kreis T. ein, aus der sich die Aufstellung von insgesamt acht Containern ergab.
7Unter dem 31. Oktober 2012 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Untersagung seiner Sammlung an. Dazu führte er aus: Die Untersagung beziehe sich auf die angezeigten sechs Containerstandorte im Kreis T. - drei am M.------weg in H. und insgesamt drei in der Stadt T. bei Aldi (C.---weg ) und Hit (Bahnhof). Die weiter angezeigten Containerstandorte in T1. und in T2. lägen im Kreis Q. und damit nicht in seinem Zuständigkeitsbereich. Zwar handele es sich offenbar um eine Bestandssammlung, da die angezeigten Container bereits früher im Kreisgebiet aufgestellt gewesen seien. Den schon nach früherer Rechtslage erforderlichen Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung habe der Kläger jedoch nie geführt. Auch seine Anzeige enthalte insoweit keine prüffähigen Darlegungen. Dies wiege umso schwerer, als solche Nachweise problemlos geführt werden könnten, wenn die bestehende Sammlung immer ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Daher ergäben sich aus der Nichtmitteilung insoweit nicht nur weiterer Klärungsbedarf, den der Kläger nicht befriedigt habe, sondern auch Zweifel an seiner Zuverlässigkeit. Zudem werde für Alttextilien und Altschuhe im Kreisgebiet bereits von karitativen Einrichtungen eine haushaltsnahe und hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung durchgeführt. Die Sammlung des Klägers sei nicht wesentlich leistungsfähiger.
8Unter dem 14. November 2012 reichte der Kläger Unterlagen über die vorgesehene Verwertung der Sammlungsgegenstände ein. Außerdem überreichte er eine Bestätigung des Unternehmens G. , wonach dieses einen Teil seiner Firmenhalle in C1. dem Kläger bisher kostenlos zur Verfügung gestellt habe, ab Januar 2013 werde ein Teil der Mietkosten vom Kläger übernommen.
9In einer E-Mail vom 22. November 2012 an den Beklagten führte ein Vertreter der esg an: Es bestehe der konkrete Verdacht, dass der Kläger eine Sammlung nicht nur mit den angegebenen Containern betreibe, sondern auch insgesamt 30 Container der inzwischen insolventen Kinder-Leukämie-Hilfe nutze. Insgesamt seien im Kreisgebiet an 22 Standorten solche Container gefunden worden. Auffällig sei, dass die mit einem Spendenaufruf der ehemaligen Kinder-Leukämie-Hilfe versehenen Container überwiegend auch einen Werbeaufkleber des Unternehmens K. S. trügen, das wie der Kläger aus C1. stamme. Es gebe ferner mit dem Kürzel "J.B." gekennzeichnete Container in B. und X1. , die ebenfalls mit Werbeaufklebern des Unternehmens S. versehen seien. Zudem trügen einige der Container mit dem Aufdruck der Kinder-Leukämie-Hilfe einen weiteren Werbeaufdruck des Unternehmens G. . Die genannten Container stünden überwiegend auf Flächen, die straßenrechtlich nicht zugelassen seien. Dies gelte namentlich auch für mit "J.B." ausgewiesene Container.
10Mit Ordnungsverfügung vom 23. November 2012 untersagte der Beklagte dem Kläger ab Bestandskraft der Verfügung die angezeigte gewerbliche Sammlung von Bekleidung und Textilien. Zugleich drohte er für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- Euro an. Zur Begründung führte er aus: Die Untersagung stütze sich auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei durch die geplante Sammlung des Klägers sowie die weiteren 14 angezeigten Sammlungen im Kreisgebiet wesentlich beeinträchtigt. Zudem bestünden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers. Die Ehefrau des Klägers habe telefonisch mitgeteilt, die Firma verwende weiße Container mit roter Aufschrift "Kleidung und Schuhe", am linken oberen Rand der Container befinde sich das Kürzel "J.B.". Auf dem Parkplatz des Hit-Supermarktes hätten sich indes solche Container nicht befunden, sondern lediglich zwei Container mit dem Aufdruck "Kinder-Leukämie-Hilfe". Solche Container stünden auch an weiteren - nicht angezeigten - Standorten. Zum Teil trügen sie auch einen Werbeaufdruck des Unternehmens G. . Es bestehe der Verdacht, dass der Kläger den Namen eines inzwischen insolventen gemeinnützigen Vereins weiter nutze, um seine Sammlung zu betreiben. Der vom Kläger genannte Standort C.---weg 7 in T. sei ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers genutzt worden. Im Übrigen hätten auch die dort aufgestellten Container den Spendenaufruf der Kinder-Leukämie-Hilfe getragen. Weitere mit "J.B." gekennzeichnete Container hätten sich an anderen Standorten gefunden, ohne dass der Kläger sie angezeigt habe. Zumindest einer dieser Container - am T3.------ring in X1. - sei ohne straßenrechtliche Erlaubnis auf öffentlicher Fläche aufgestellt worden.
11Am 24. Dezember 2012 hat der Kläger Klage erhoben. Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die in der angefochtenen Ordnungsverfügung vom 23. November 2012 enthaltene Androhung eines Zwangsgeldes aufgehoben hatte, haben die Beteiligten übereinstimmend das Verfahren insoweit für erledigt erklärt. Zur Begründung der weiterverfolgten Klage gegen die Sammlungsuntersagung hat der Kläger vorgetragen: Er sei nicht unzuverlässig. Er habe im Kreisgebiet lediglich die sechs angezeigten Container aufgestellt. Von den in der Verwaltungsakte enthaltenen Fotos von Containern, die der Beklagte ihm zurechne, seien lediglich zwei mit dem Kürzel "J.B." und einer Handynummer versehene Container von ihm aufgestellt worden - und zwar am Standort in H. . Aufgrund einer privatrechtlichen Erlaubnis befänden sich seit zehn Jahren dort seine Sammelcontainer, die einmal wöchentlich geleert würden. Die ursprünglich vier Container seien auf drei reduziert worden. Zwar treffe es zu, dass er in der Vergangenheit auch zahlreiche Container mit dem Aufdruck "Kinder-Leukämie-Hilfe" genutzt habe. Diese habe er jedoch bereits am 9. Mai 2011 an einen Herrn T4. verkauft. In B. und X1. habe er hingegen keine Container aufgestellt. Die beiden Container auf dem Grundstück C.---weg 7 in T. seien mit Zustimmung des Eigentümers aufgestellt worden. Ein schriftlicher Mietvertrag existiere allerdings nicht. Im Übrigen gehe es den Beklagten auch nichts an, worauf sein Nutzungsrecht beruhe. Zur Vorlage von Nutzungsverträgen sei er nicht verpflichtet. Seine Anzeige sei dementsprechend auch vollständig gewesen, eine Containerstandortliste habe er nicht vorlegen müssen, ebenso wenig Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen der Berechtigten. Seiner Sammlung stünden auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Angesichts der Möglichkeit zur kostendeckenden Gebührenerhebung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bedürfe es keiner Verwertungserlöse einzelner Abfallfraktionen, um eine Aufgabenwahrnehmung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu ermöglichen. Dies gelte insbesondere für seine Sammlung, die lediglich an drei Standorten erfolgen solle, so dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ohnehin allenfalls geringe Abfallmengen entzogen werden könnten. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sei deshalb ausgeschlossen. Schließlich seien die Regelungen der §§ 17, 18 KrWG nicht europarechtskonform.
12Der Kläger hat beantragt,
13die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 23. November 2012 in dem weiterhin streitbefangenen Umfang aufzuheben.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die geringe Anzahl der vom Kläger im Kreis T. angezeigten Container bei gleichzeitiger Beteuerung, diese seien existenznotwendig, hätten Veranlassung gegeben, über die esg weitere Ermittlungen anzustellen. Bei einer kreisweiten Erfassung aller aufgestellten Container seien an insgesamt 22 Standorten 30 Container aufgefunden worden, die einen Spendenaufruf der Kinder-Leukämie-Hilfe getragen hätten. Dieser Werbeaufkleber habe sich auch auf Containern, die mit den Initialen des Klägers versehen seien, befunden. Eine weitere Verbindung zum Kläger sei durch den Werbeaufdruck des Unternehmens G. belegt, die dem Kläger einen Teil ihrer Halle unentgeltlich überlassen habe. Offenbar sei der Werbeaufdruck im Gegenzug für diese Hallennutzung gewährt worden. Unabhängig davon seien in B. , T. , X2. und X1. Container des Klägers mit dem Kürzel "J.B." und der von ihm dargestellten Farbgebung weiß mit roter Aufschrift gefunden worden, ohne dass diese angezeigt worden seien. Insgesamt seien so dem Kläger 37 Container an 26 Standorten wirtschaftlich zuzuordnen. 16 Standorte seien straßenrechtlich unzulässig genutzt worden. Zudem bleibe es dabei, dass der Kläger das private Grundstück C.---weg 7 widerrechtlich genutzt habe. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe des Klägers seien haltlos. Vielmehr sei der Eigentümer selbst an ihn, den Beklagten, herangetreten. Dieser habe zudem schriftlich bestätigt, dass er zwar in der Vergangenheit einen Einmalbetrag von 600,- € für die Nutzung des Grundstücks C.---weg 14 in den Jahren 2007/2008 erhalten habe. Eine Verlängerung des Mietverhältnisses sei indes nicht zustande gekommen. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich insbesondere daraus, dass er verdeckt mit Containern des inzwischen in Insolvenz befindlichen Vereins "Kinder-Leukämie-Hilfe" gesammelt habe. Damit habe er nicht nur die Rückverfolgbarkeit zu seinem Unternehmen erschwert, sondern auch die Gemeinnützigkeit der Sammlung vorgetäuscht. Die erst auf entsprechende Vorhalte eingeräumte Verbindung mit dem Verein und den zugehörigen Containern spreche für sich. Es sei dem Kläger auch nicht abzunehmen, dass er die Container der Kinder-Leukämie-Hilfe nicht weiter nutze. Bei der Angabe, sie an einen Herrn T4. verkauft zu haben, handele es sich um eine reine Schutzbehauptung, zumal dieser die gleiche Wohnadresse habe wie der Kläger. Seine Behauptung, seine Container seien alle weiß und trügen lediglich die rote Aufschrift "Kleidung und Schuhe", sei bereits nach seinen eigenen Angaben über die in T. am Bahnhof (Hit-Center) und am C.---weg (Aldi) aufgestellten Container widerlegt. An diesen Standorten seien nur Container mit dem Aufdruck der Kinder-Leukämie-Hilfe aufgestellt gewesen. Darüber hinaus seien die vom Kläger beschriebenen Container auch an anderen nicht angezeigten Standorten unter Verstoß gegen das Straßenrecht aufgestellt worden. Die Untersagungsverfügung sei im Übrigen auch deshalb rechtmäßig, weil der Kläger gegen seine Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG verstoßen habe. Es fehlten insbesondere Angaben zur ordnungsgemäßen Entsorgung einschließlich der Verwertungswege bis zur endgültigen ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Alttextilien. Die Unterlagen des Klägers seien trotz Aufforderung zur Nachbesserung defizitär geblieben. Die Untersagung könne sich zudem auch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG stützen. Im Kreisgebiet bestehe eine hochwertige haushaltsnahe Erfassung und Verwertung von Alttextilien in Kooperation mit den seit langem in dieser Abfallfraktion aktiven gemeinnützigen Sammlungen. Durch die vom Kläger angezeigte Sammlung sei im Zusammenspiel mit den übrigen beim Kreis angezeigten gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten gefährdet. Eine Bestandssammlung liege nicht vor, weil der Kläger nicht habe belegen können, in der Vergangenheit eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung durchgeführt zu haben.
17Mit dem angegriffenen Urteil vom 16. Dezember 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt: Der vom Kläger angezeigten Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Sie führe im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten. Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden wesentlich beeinträchtigt. Es sei davon auszugehen, dass das Zusammenwirkung der beim Beklagten angezeigten 15 Sammlungen die bestehenden karitativen Sammlungen nicht nur gefährde, sondern schlicht unmöglich mache. Zwar stellten die wenigen Container des Klägers für sich genommen keine ernsthafte Konkurrenz für die gemeinnützigen Sammlungen dar. Es sei aber eine Gesamtschau vorzunehmen. Da die Sammlung bereits nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG unzulässig sei, komme es nicht darauf an, ob der Kläger unzuverlässig im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG sei.
18Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Nachdem er durch den Senat am 28. März 2014 darauf hingewiesen worden war, dass eine Berufungsbegründung innerhalb der letztlich bis zum 20. März 2014 verlängerten Begründungsfrist nicht eingegangen sei, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. April 2014, eingegangen am 9. April 2014, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und eine Berufungsbegründungsschrift vom 17. März 2014 vorgelegt.
19Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags führt der Prozessbevollmächtigte des Klägers an: Er habe die Berufungsbegründung vom 17. März 2014 wegen des Umfangs zur Post aufgegeben. Gemeinsam mit anderen Schriftstücken sei sie um ca. 17.00 Uhr mit einfachem Brief an das Oberverwaltungsgericht abgesandt worden. Er habe deshalb mit einem fristgerechten Eingang der Berufungsbegründung vor dem 20. März 2014 rechnen können. Die tatsächlichen Angaben könnten von Rechtsanwalt S1. bestätigt werden, der ihn auf dem Weg zur Post begleitet habe.
20Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts verstießen gegen die "Gesetze der Logik". Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb seine Sammlung sowie die weiteren Sammlungen es dem Beklagten unmöglich machen sollten, die karitativen Sammlungen weiterzuführen. Er könne weiterhin eigene Sammelcontainer im Kreisgebiet aufstellen bzw. durch die karitativen Sammler aufstellen lassen. Durch die Konkurrenz der gewerblichen Sammler könne zwar die gesammelte Menge geringer ausfallen, die karitativen Sammlungen würden indes nicht unmöglich gemacht.
21Der Kläger beantragt,
22ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sowie das angegriffene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 23. November 2012, soweit darin unter Nr. 1 die gewerbliche Sammlung von Bekleidung und Textilien untersagt wird, aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er verteidigt das angegriffene Urteil. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht festgestellt, dass ohne die Untersagung der angezeigten Sammlung des Klägers die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten gefährdet wäre. Insofern sei auf die konkrete Organisation der Alttextilienentsorgung im Kreis T. abzustellen. Er, der Beklagte, habe sich dafür entschieden, diese dadurch sicherzustellen, dass er Kooperationsverträge abschließe und sich Weisungsrechte vorbehalte, die eine flächendeckende Alttextiliensammlung garantierten. Die Funktionsfähigkeit der karitativen Sammler sei deshalb mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gleichzusetzen. Im Hinblick auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sei diese konkrete Ausgestaltung maßgeblich. Würden die karitativen Einrichtungen Altkleidermengen an die gewerblichen Sammler verlieren, bestünde die Gefahr, dass sie sich aus der Altkleiderentsorgung zurückzögen. Gleichzeitig sei jedoch nicht garantiert, dass die gewerblichen Sammler die Entsorgung dauerhaft sicherstellten. Unabhängig davon bleibe es dabei, dass der Kläger unzuverlässig sei. Seine Sammlung sei deutlich umfangreicher, als er ursprünglich angegeben habe. Ihm seien nicht nur die drei angezeigten Standorte zuzurechnen, sondern auch eine Reihe weiterer Container insbesondere der Kinder-Leukämie-Hilfe. Dies ergebe sich insbesondere aus der auf diesen Containern angebrachten Kontaktnummer, die mit der des Klägers identisch sei. Unter dieser Nummer sei er noch jüngst mit der Stadtverwaltung Essen in Kontakt getreten. Durch die Weiterverwendung der Container der Kinder-Leukämie-Hilfe habe er zudem eine gemeinnützige Sammlung vorgetäuscht. Zwar sei der Text an diesen Containern mittlerweile teilweise entfernt worden, der Zusatz "Ihre Altkleiderspende" sei aber immer noch lesbar. Auch in jüngerer Zeit habe der Kläger etwa in M1. und O. Sammelcontainer aufgestellt, obwohl die Grundstückseigentümer eine Erlaubnis hierzu nicht gegeben hätten. Anderen habe er unter Hinweis auf eine Zusammenarbeit mit dem Kleiderladen D. in C1. letztlich eine gemeinnützige Sammlung vorgetäuscht. An neuen Standorten befänden sich inzwischen auch Container mit der Aufschrift "Wir helfen anderen Menschen und sorgen für die Umwelt - und Sie?", die ebenfalls einen gemeinnützigen Zweck suggerierten, jedenfalls aber eine gewerbliche Sammlung nicht hervortreten ließen. Der Kläger habe dieses Verhalten trotz des seit langem laufenden Verfahrens und entsprechender Vorhalte nicht geändert. Ein weiteres Beispiel hierfür sei der Umstand, dass im Juli 2014 neben der Babyklappe am Klinikum E1. ein Altkleidercontainer des Klägers unzulässig aufgestellt worden sei. Die auf diesem Container angebrachte Rufnummer sei ebenfalls dem Kläger zuzurechnen, er habe sie etwa im Rahmen einer Aufstellvereinbarung gegenüber dem Getränkehandel G1. in T. verwendet. Auf einen größeren Umfang der Sammlungstätigkeit deute auch hin, dass diese Telefonnummer in einer Internetanzeige einer Firma aus C1. verwandt werde, in der diese damit werbe, mit drei weißen Transportern "täglich von morgens bis abends geschäftlich unterwegs durch ganz Nordrhein-Westfalen zu sein".
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe
28Die Berufung ist zulässig.
29Zwar hat der Kläger die Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung nicht gewahrt. Die mehrfach verlängerte Frist endete am 20. März 2014. Eine Berufungsbegründung ist indes erst am 9. April 2014 und damit verspätet beim Oberverwaltungsgericht eingegangen.
30Dem Kläger ist jedoch auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren. Er hat Umstände vorgetragen und glaubhaft gemacht, wonach die Fristversäumnis von ihm nicht zu vertreten war. Insbesondere liegt kein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten vor. Nach dessen durch zwei eidesstattliche Versicherungen bestätigten Angaben hat er die Berufungsbegründung am 17. März 2014 persönlich zur Post gegeben. Dies zugrunde gelegt, durfte der Prozessbevollmächtigte davon ausgehen, dass die Berufungsbegründungsschrift innerhalb der vom Gericht verlängerten Frist beim Oberverwaltungsgericht eingehen würde. Warum dies nicht der Fall war, lässt sich letztlich nicht klären. Vor diesem Hintergrund ist von einer unverschuldeten Fristversäumnis auszugehen. Die Wiedereinsetzung hat der Kläger auch fristgerecht beantragt. Erst mit dem gerichtlichen Hinweis vom 28. März 2014 ist ihm bekannt geworden, dass seine Berufungsbegründung bis dahin nicht beim Oberverwaltungsgericht eingegangen war.
31Die Berufung ist nicht begründet.
32Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 23. November 2012 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtene Ordnungsverfügung erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung von Alttextilien ist hier § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Person ergeben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob der Beklagte die angezeigte Sammlung auch auf der Grundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG untersagen durfte, weil der vom Kläger angezeigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG entgegenstehen und/oder die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nicht sichergestellt ist.
341. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat der Beklagte als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
35Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 3043/11 -, juris.
36An der Zuständigkeit des Beklagten ändert sich nichts dadurch, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger war und ist. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde ist zwar aus rechtsstaatlichen Gründen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und der Neutralitätspflicht, nicht bedenkenfrei, da es bei der Wahrnehmung der unterschiedlichen Aufgaben zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist aber dann gegeben, wenn behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171; OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 205/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245, und vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl. 2013, 1537.
38Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, sind in Nordrhein-Westfalen die Kreise und kreisfreien Städte in allgemeiner Form angewiesen, eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche der Unteren Umweltschutzbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits zu gewährleisten.
39Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2-408.10.02.
40Diese Voraussetzung ist bei dem Beklagten erfüllt und auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung erfüllt gewesen. Für das Gebiet des Beklagten wurde die Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bereits in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts an die esg delegiert, an der der Beklagte neben zwei privaten Entsorgern mehrheitlich beteiligt ist. Zwar ist der Beklagte damit nicht aus seiner Position als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entlassen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist aber institutionell weitergehend verselbständigt, als es etwa bei einer Zuständigkeitsverteilung auf unterschiedliche Fachbereiche desselben Rechtsträgers der Fall wäre. Die Aufgaben der Beteiligungsverwaltung und damit auch die Zuständigkeit für die esg sind dabei im Dezernat 02 unter Leitung des Kreisdirektors angesiedelt. Die Funktion der Unteren Abfallbehörde wird hingegen von dem Fachbereich 70 des Dezernats 04 der Verwaltung des Beklagten ausgeübt. Die Verantwortlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Unteren Abfallbehörde nehmen für das Kreisgebiet der Beklagten demnach unterschiedliche Stellen und Personen wahr. Diese Aufgabenverteilung bestand, wie dem Senat aus in anderen (Eil-)Verfahren - so etwa dem Verfahren 20 B 444/13 - überreichten Organisationsplänen des Beklagten aus dem Jahr 2012 bekannt ist, auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung.
412. Der Beklagte hat seine Untersagungsverfügung zu Recht (auch) darauf gestützt, dass durchgreifende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Klägers bestehen.
42a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage der Zuverlässigkeit ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 ‑ 20 A 3043/11 -, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris.
44Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist auch im Hinblick auf die gewerberechtliche Rechtsprechung, wonach es bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nach § 35 Abs. 1 GewO auf die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankommt, nicht angezeigt. Diese Rechtsprechung beruht auf der im materiellen Recht angelegten Trennung zwischen Untersagungsverfahren einerseits (§ 35 Abs. 1 GewO) und Wiedergestattungsverfahren andererseits (§ 35 Abs. 6 GewO).
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, BVerwGE 65, 1.
46Eine vergleichbare Regelung enthält das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht. Auch der Umstand, dass eine Sammlung jederzeit erneut angezeigt werden kann, ist zumindest im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG kein funktionales Äquivalent zum Wiedergestattungsverfahren, da es sich bei der Zuverlässigkeit ‑ wie aus dem Nachstehend folgt ‑ nicht um ein unmittelbar sammlungsbezogenes, sondern um ein personenbezogenes Merkmal handelt.
47b) Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 GewO unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, liegt es angesichts des Fehlens einer eigenständigen gesetzlichen Begriffsbestimmung nahe, insoweit auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückzugreifen.
48Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.
49Dies ist auch bei anderen spezialgesetzlich geregelten gewerblichen Tätigkeiten anerkannt.
50Vgl. zum Gaststättenrecht etwa: OVG NRW, Beschluss vom 5. April 2006 - 4 B 1531/05 -, m. w. N.
51Die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist insbesondere nicht auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien beschränkt, da gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013
53- 20 B 122/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -,
54a. a. O.
55§ 3 Abs. 2 der Verordnung über das Anzeige- und Erlaubnisverfahren für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (Anzeige- und Erlaubnisverordnung - AbfAEV -) findet zur Konkretisierung des Zuverlässigkeitsbegriffs des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ebenfalls keine ausschließliche Anwendung. Diese Vorschrift dient ausweislich ihres Abs. 1 allein der Konkretisierung von § 53 Abs. 2 Satz 1 KrWG und § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG; eine Konkretisierung von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist hingegen nicht vorgesehen. Angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen ist es auch nicht geboten, den Anwendungsbereich der Norm über ihren Wortlaut hinaus auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG zu erstrecken. Dies gilt schon deshalb, weil die zuvor genannte Verordnung lediglich einen bestimmten eingegrenzten Regelungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes betrifft, so dass sich nicht erschließt, warum die auf diesen eingeschränkten Regelungsbereich abstellende Vorschrift des § 3 Abs. 2 AbfAEV darüber hinaus auch im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG Berücksichtigung finden sollte. Unabhängig davon wäre ein Rückgriff etwa auf straßenrechtliche Vorschriften auch bei einer Anwendung des § 3 Abs. 2 AbfAEV möglich, da es sich bei den dort aufgeführten Konkretisierungen lediglich um Regelbeispiele handelt.
56Nach den damit grundsätzlich maßgeblichen zu § 35 GewO entwickelten Grundsätzen ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Erforderlich ist weder ein Verschulden im Sinne eines rechtlichen, moralischen oder ethischen Vorwurfs noch ein Charaktermangel.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, a. a. O.; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 - 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553; zusammenfassend Marcks, in: Landmann/ Rohmer, GewO - Kommentar, § 35 Rn. 29 ff.; Brüning in: Pielow, GewO 2009, § 35 Rn. 19 ff.
58Die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, müssen dabei nicht zwingend im Rahmen des konkret untersagten Gewerbebetriebes eingetreten sein. Denn die Unzuverlässigkeit ist eine Frage der persönlichen Veranlagung und Haltung, die sich nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Betroffenen beurteilt, so dass auch Komponenten außerhalb des Gewerbebetriebes maßgeblich sein können. Die Tatsachen, auf die die Unzuverlässigkeit gestützt werden soll, müssen allerdings selbst gewerbebezogen sein.
59Zum Ganzen Marcks, a. a. O., § 35 Rn. 34 ff.
60Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf Art. 12, 14 GG und im Einklang mit dem Verständnis des § 35 GewO allerdings insoweit einschränkend auszulegen, als (bloße) Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen.
61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013
62- 20 B 607/13 -, juris.
63Dies wird in der Regel nur der Fall sein, wenn sich der Gesamteindruck der Unzuverlässigkeit auf hinreichend aussagekräftige konkrete Tatsachen zurückführen lässt. Bloße Vermutungen oder rein empirische Erfahrungssätze reichen hierfür nicht aus. Im Übrigen besteht aber kein Anlass zu der Annahme, dass Verhaltensweisen, die zu einer Untersagung jeder gewerblicher Tätigkeit führen können bzw. im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO müssen, für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht ausreichten, zumal nach der zuletzt genannten Vorschrift nicht die gewerbliche Tätigkeit insgesamt oder auch nur ein bestimmtes Gewerbe untersagt wird, sondern lediglich ein einzelner Ausschnitt aus einer solchen gewerblichen Tätigkeit.
64Weiterhin besteht keine Veranlassung, die Zuverlässigkeitsprüfung auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu beschränken und nur Tatsachen zugrunde zu legen, die dort zutage getreten sind. Denn die Zuverlässigkeit ist ein personenbezogenes Merkmal, kein regionales. Regelmäßig dürfte sich ein Verhalten deshalb nicht stadt- oder kreisbezogen beurteilen lassen, insbesondere gibt es keinen Grund, warum die Manifestation nicht ordnungsgemäßer Gewerbeausübung in einem Sammelgebiet etwa in einem Nachbarkreis von vornherein außer Betracht bleiben müsste. Der Fall, dass der Träger einer Sammlung ‑ aus welchen Gründen auch immer ‑ ausschließlich im Zuständigkeitsbereich einer Behörde auffällig wird und sich im Übrigen stets an die einschlägigen Vorschriften hält, dürfte eher theoretischer Natur sein.
65Neben dem Fehlen dieser allgemeinen Zuverlässigkeitskriterien können auch Verstöße gegen die spezifischen, bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen zu beachtenden Anforderungen die nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erforderliche Zuverlässigkeit in Frage stellen. Unter Anwendung allgemeiner Maßstäbe schlagen dabei grundsätzlich Verstöße gegen solche Vorschriften ohne weiteres auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. In diesem Zusammenhang trifft den Träger einer gewerblichen Sammlung insbesondere die Pflicht zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle und zu einer insoweit vollständigen Anzeige im Sinne von § 18 Abs. 2 KrWG. Eine Missachtung dieser Anforderungen bedeutet jedenfalls eine potentielle Gefährdung des primären abfallrechtlichen Schutzgutes. Eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige kann deshalb grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die zuständige Behörde berechtigterweise auf die Unvollständigkeit hingewiesen und erfolglos um Ergänzung gebeten hat.
66Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5. Mai 2014 ‑ 10 S 30/14 -, NVwZ-RR 2014, 1253.
67Erst recht steht die Zuverlässigkeit durchgreifend in Frage, wenn im Rahmen der Anzeige (bewusst) unwahre oder verschleiernde Angaben in Bezug auf die Sammlung gemacht werden oder sich die tatsächliche Sammlungsaktivität in diesem Licht präsentiert.
68Vgl. in diesem Sinne OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 20 B 444/13 -, juris.
69Daneben stehen Verstöße gegen Vorschriften, die ohne unmittelbaren Bezug zur Umwelt als dem Schutzgut des Abfallrechts für die ordnungsgemäße Sammlung von Abfällen einschlägig sind. Gründe, diese von vornherein bei der Prüfung der Zuverlässigkeit auszusparen, sind nicht ersichtlich. Solche Verstöße geben vielmehr Aufschluss über das Verhalten bezüglich der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit. Je weniger direkt das Schutzgut des Abfallrechts von der Vorschrift betroffen ist, gegen die verstoßen wird, umso strenger muss jedoch der Maßstab zur Berücksichtigung dieses Verstoßes im Hinblick auf die Annahme der Unzuverlässigkeit sein. Dies bedeutet indes nicht, dass sich die Relevanz von Verstößen allein aus der Schwere des einzelnen Verstoßes ergibt. Vielmehr kann auch eine Vielzahl weniger gewichtiger Verstöße in ihrer Gesamtheit zur Prognose der Unzuverlässigkeit führen. Denn sie lässt einen Hang zur Nichtbeachtung geltenden Rechts erkennen, der - vorbehaltlich erkennbarer Verhaltensänderungen - dem erforderlichen Vertrauen auf künftige Rechtstreue entgegensteht.
70Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. April 2006 ‑ 4 B 1531/05 - und vom 10. Juni 2011 - 4 B 369/11 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 1986 - 14 S 1961/86 -, GewArch 1987, 32.
71Grundsätzlich reicht dementsprechend die in einer Vielzahl kleinerer Verstöße zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung zur Annahme der Unzuverlässigkeit aus, ohne dass ein - letztlich auf Verschulden abstellendes - zielgerichtetes Handeln festgestellt werden müsste. Je mehr allerdings System hinter den Verstößen zu erkennen ist, umso weniger gewichtig kann der einzelne Verstoß sein, um die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG zu rechtfertigen. Aus diesem Grund sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Solche kommen im vorliegenden Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf das Straßenrecht, aber auch auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken in Betracht.
72Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 - 20 B 444/13 -, a. a. O., und - 20 B 627/13 -, a. a. O.
73Entgegen der Ansicht des Klägers gehören sowohl straßenrechtliche Normen als auch zivilrechtliche Abwehrrechte aus Eigentum und Besitz zu den im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung die Annahme einer Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen kann. Nach § 3 Abs. 15 KrWG wird eine Sammlung durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert. Dieses beginnt regelmäßig und ‑ abgesehen von sog. Straßensammlungen - notwendig mit dem Aufstellen von Containern.
74Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 607/13 -, a. a. O.
75Das Aufstellen von Sammelcontainern für Alttextilien auf öffentlichen Gehwegen/ Straßenflächen bedarf gemäß § 18 Abs. 1 StrWG NRW einer Sondernutzungserlaubnis. Denn dadurch werden öffentliche Straßenflächen über den Gemeingebrauch hinaus genutzt. Dies gilt auch für Container, die zwar auf privater Fläche, jedoch so aufgestellt sind, dass die Nutzer beim Befüllen der Container auf der öffentlichen Verkehrsfläche stehen müssen. In diesem Fall nehmen sie Handlungen vor - etwa Öffnen einer Klappe, Einwerfen von Schuhen oder Kleidung -, die nicht überwiegend dem Verkehr dienen, sondern der gewerblichen Tätigkeit des Aufstellers zuzurechnen sind und damit eine Sondernutzung darstellen.
76Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Juli 1999 ‑ 23 B 334/99 -, NVwZ-RR 2000, 429, sowie vom 25. September 2013 - 11 B 798/13 - und vom 24. Oktober 2014 - 11 B 1065/14 -, beide juris.
77Gleiches gilt für die Entleerung durch den gewerblichen Sammler, die regelmäßig sogar mehr Zeit in Anspruch nimmt als ein einzelner Befüllungsvorgang.
78Steht eine Unzuverlässigkeit wegen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften im Raum, muss allerdings beachtet werden, dass das primäre Schutzgut des Abfallrechts davon nicht unmittelbar betroffen ist und ein einzelner Verstoß grundsätzlich noch nicht ins Gewicht fällt. Bei diesen Verstößen muss daher regelmäßig ein massives Fehlverhalten in Rede stehen.
79Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris, und - 20 B 607/13 -, a. a. O.; Saarl. OVG, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 2 B 348/14 -, NVwZ-RR 2015, 101; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5. Mai 2014 - 10 S 30/14 -, a. a. O.
80Unter letztlich gleichen Voraussetzungen kann die Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann angenommen werden, wenn Sammelcontainer ohne die erforderliche Erlaubnis des Verfügungsberechtigten auf Privatgrundstücken aufgestellt werden.
81Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5. Mai 2014 - 10 S 30/14 -, a. a. O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 17 K 2897/13 -, juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 607/13 -, a. a. O.
82Ist in diesem Sinne in der Vergangenheit unzuverlässiges Handeln festzustellen, muss dieses Verhalten mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt.
83Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, § 18 Rn. 23; Karpenstein/Dingemann in: Jarass/ Petersen, KrWG-Kommentar, § 18 Rn. 77.
84Insoweit ist - neben dem Charakter der Verstöße - naturgemäß eine zeitliche Komponente zu beachten. Je länger ein Verstoß zurückliegt, desto mehr müssen andere Aspekte hinzukommen, die in ihrer Gesamtschau die Prognose künftiger Rechtsverstöße rechtfertigen. Umgekehrt bedeutet dies, dass bei aktuellen oder in jüngerer Zeit festgestellten Verstößen die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Rechtsverstöße regelmäßig größer ist, so dass strengere Anforderungen an den “Gegenbeweis“ anzulegen sind. Hat der Betroffene bis in die jüngste Vergangenheit hinein wiederholte oder schwerwiegende einschlägige Rechtsverstöße begangen, ist die Zusicherung zukünftiger Rechtstreue regelmäßig nicht mehr als eine vage Hoffnung, aber keine tragfähige Basis für eine behördliche Zuverlässigkeitsprognose.
85Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 4 E 1094/12 -.
86Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass einem Wohlverhalten unter dem Druck eines Untersagungsverfahrens regelmäßig allenfalls ein geringerer Indizwert zukommt.
87Vgl. in diesem Sinne OVG NRW, Beschluss vom 5. April 2006 - 4 B 1531/05 -.
88Umgekehrt gilt aber, dass ein Fehlverhalten in diesem Verfahrensstadium ein ungleich höheres Gewicht erhält. Wer sich nicht einmal unter dem Druck avisierter behördlicher Maßnahmen oder während eines gerichtlichen Verfahrens rechtstreu verhält, von dem kann dies ohne eine solche Sondersituation erst recht nicht erwartet werden.
89c) Ausgehend hiervon ist der Kläger bei der gebotenen Gesamtbetrachtung seines Verhaltens unzuverlässig, weil er jedenfalls über den Umfang seiner Sammlung unvollständige, unrichtige und verschleiernde Angaben gemacht (im Folgenden aa) und im Rahmen der von ihm durchgeführten Sammlung Straßenrecht und privatrechtliche Verfügungsbefugnisse in - insbesondere bezogen auf den geringen Umfang der angezeigten Sammlung - erheblichem Ausmaß verletzt hat (im Folgenden bb).
90aa) Nach den umfangreichen Ermittlungen des Beklagten und der esg betreibt und betrieb der Kläger im Kreisgebiet nicht lediglich die angezeigten sechs Sammelcontainer an insgesamt drei Standorten in H. und T. . Ihm sind jedenfalls weitere mit dem Kürzel "J.B." versehene Sammelcontainer zuzurechnen, darüber hinaus aber auch solche, die mit Aufklebern der Kinder-Leukämie-Hilfe und/oder Werbung der C2. Unternehmen S. und G. versehen sind.
91Nach seinen eigenen Angaben nutzt der Kläger im Kreisgebiet weiße Container mit der roten Aufschrift "Kleidung und Schuhe", bei denen sich am linken oberen Rand der Container das Kürzel "J.B." und teilweise eine Handy-Nummer findet. Nach den vom Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Feststellungen des Beklagten befanden sich solche Container zumindest zeitweise nicht nur bzw. überhaupt nicht an den von ihm angegebenen Standorten in H. und T. (Am Bahnhof = Hit-Center und C.---weg = Aldi/Kress). Sie wurden in den Jahren 2012 und 2013 vielmehr auch in B. (C3.------straße ), T. (Q1. Weg) und X1. (T3.------ring ) sowie in jüngerer Zeit auch noch in M1. (S2. Straße) aufgestellt. Dass und warum diese Container dem Kläger nicht zugerechnet werden könnten, erschließt sich nicht. Insbesondere hat der Kläger selbst nicht behauptet, auch solche Container veräußert zu haben. Allein die - in der mündlichen Verhandlung wiederholte - Beteuerung, im Kreis T. nur (noch) an den wenigen in der Anzeige genannten Standorten zu sammeln, enthält keine ansatzweise plausible Begründung dafür, dass solche Container an nicht genannten Plätzen standen.
92Im Übrigen stehen - wie sich auch aus der jüngsten Dokumentation des Beklagten vom 27. April 2015 ergibt - weiterhin derartige Container an nicht genannten Plätzen. Insoweit sieht sich der Senat an einer Heranziehung des Schriftsatzes des Beklagten vom 27. April 2015 nicht gehindert, obwohl ihn der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach eigenen Angaben erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung erhalten hat. Angesichts des Umstandes, dass die Vorwürfe schon lange im Raum standen, hätte der Kläger genügend Zeit gehabt, Fehlinformationen oder Missverständnisse, sollte es sie gegeben haben, klarzustellen. Diese Gelegenheit hat er aber auch in der mündlichen Verhandlung nicht genutzt. Zudem handelt es sich auch nicht um für den Kläger neue Sachverhalte, was insbesondere dadurch belegt wird, dass er den in F1. -O. auf einem Edeka-Parkplatz ohne Einwilligung des Berechtigten abgestellten und in dessen Auftrag vom örtlichen Bauhof entfernten Container bei der Gemeinde F1. selbst herausgefordert hat. Der begehrten Schriftsatzfrist bedurfte es angesichts dessen sowie mit Blick darauf, dass der Kläger schon in den Jahren 2012 und 2013 Container an Standorten aufgestellt hatte, die in seiner Anzeige nicht genannt waren, zur Wahrung rechtlichen Gehörs insoweit nicht.
93Darüber hinaus hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass Container, die mit dem Aufkleber der Kinder-Leukämie-Hilfe versehen sind, dem Kläger zuzurechnen sind. Dies folgt bereits daraus, dass im Jahr 2012 (ausschließlich) solche Container an den T5. Standorten aufgestellt waren, die der Kläger als eigene angegeben hat. Allein am angezeigten Standort in H. befanden sich nur Container der vom Kläger angegebenen Art - allerdings nicht drei, wie in der am 8. Oktober 2012 überreichten Standortliste genannt, sondern bis heute vier. Dagegen befanden sich zum Zeitpunkt der Übergabe der handschriftlichen Standortliste an den Beklagten an den Standorten in T. (Am Bahnhof und C.---weg ) nicht die von ihm angeblich ausschließlich verwendeten weißen Container mit roter Aufschrift und dem Kürzel "J.B.", sondern lediglich solche mit Aufklebern der Kinder-Leukämie-Hilfe sowie des Unternehmens S. . Diese damit bereits nach den Anzeigeangaben des Klägers feststehende Verbindung wird dadurch bestätigt, dass die handschriftlich zumindest auf einigen als eigene bestätigten Containern angebrachte Kontaktnummer offenkundig identisch ist mit derjenigen, die sich aus den Aufklebern der Kinder-Leukämie-Hilfe ergibt. Besonders plastisch kommt dies bei der Aufnahme aus X3. -F2. (Bl. 186 der Beiakte Heft 2) zum Ausdruck, auf der die Handy-Nummer auch handschriftlich auf dem Container der Kinder-Leukämie-Hilfe aufgebracht ist.
94An dieser über eine gemeinsame Kontaktnummer begründeten Zurechnung und Verantwortlichkeit hat sich bis heute - was auch die vom Beklagten vorgelegte Fotodokumentation vom 27. April 2015 belegt - nichts geändert. Der Kläger hat selbst nicht in Abrede gestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer um seine eigene handelt. Dies steht im Übrigen bereits deshalb fest, weil die von ihm als eigene bestätigten Container in H. entsprechend gekennzeichnet sind. Dass der Kläger unter dieser Rufnummer jüngst noch mit der Stadtverwaltung F3. in Kontakt getreten ist, rundet dieses Bild - allerdings über das Maß des Erforderlichen hinaus - ab.
95Angesichts dessen besteht kein Grund zu der Annahme, der Kläger nutze nicht auch die übrigen im Kreisgebiet aufgestellten Container mit diesen Eigenschaften, zumal die Container auch kein anderer Sammler für sich reklamiert oder reklamiert hat.
96In diesem Zusammenhang hat der Beklagte zudem lebensnah dargelegt, dass die Werbeaufkleber der Unternehmen S. und G. aus C1. bereits für sich genommen auf eine Verbindung zum Kläger hindeuten. Dieser ist - wie sich auch aus der Aufstellung der Beklagten hinreichend ergibt - der einzige im Kreis T. tätige Sammler, der seinen Geschäftssitz in C1. hat. Zudem hat er eine Erklärung des Unternehmens G. vorgelegt, wonach dieses ihm einen Teil seiner Lagerhalle zunächst unentgeltlich und seit Beginn des Jahres 2013 entgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Die Geschäftsverbindungen sind damit offenkundig. Insoweit liegt auf der Hand, dass der Kläger eigene Sammelcontainer mit Werbeaufklebern dieses Unternehmens versehen hat. Jede andere Erklärung ist schlicht lebensfremd. Insgesamt ergibt sich so, dass der Kläger im Kreisgebiet statt der angezeigten sechs Container zumindest zeitweilig über 37 Sammelbehälter verfügt hat, wobei er hinsichtlich des tatsächlichen Ausmaßes seiner Sammlung offensichtlich unzutreffende Angaben gemacht hat.
97Dass die Annahmen des Beklagten zutreffen, wird zudem dadurch bestätigt, dass der Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eingeräumt hat, die Container der Kinder-Leukämie-Hilfe zumindest früher genutzt zu haben. Er will sie lediglich bereits im Jahre 2011 veräußert haben. Hierbei handelt es sich indes um eine reine Schutzbehauptung. Zum einen hat der angebliche Erwerber die gleiche Anschrift wie der Kläger, zum anderen ist er als Sammler insbesondere im Kreis T. nicht in Erscheinung getreten. Es existieren auch keine Hinweise darauf, dass er eine eigene Sammlung unabhängig vom Kläger betreibt bzw. betrieben hat. Zudem erscheint der angeblich bar entrichtete Kaufpreis von 50,- € pro Container unplausibel. Der Kläger selbst hat den Wert seiner Container in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit angeblichen Beschädigungen und Beschlagnahmen durch den Beklagten mit 700,- € pro Stück veranschlagt. Schließlich betrifft der - angebliche - Kauf nur zehn Container, obwohl allein im Kreis T. etwa 20 eingesetzt und aufgefunden wurden. Die Angaben des Klägers sind im Übrigen nicht weiter überprüfbar, weil der angebliche Käufer zum Zeitpunkt seiner Benennung bereits mit unbekanntem Ziel nach Q2. zurückgekehrt sein soll. Sollte dies zutreffen und er tatsächlich Käufer der Container gewesen sein, ist allerdings nicht zu erklären, dass diese unverändert im Kreisgebiet stehen und offenbar weiterhin genutzt werden - und zwar ausweislich der angebrachten Telefonnummer vom Kläger. Der angebliche Verkauf früher genutzter Container der Kinder-Leukämie-Hilfe im Jahr 2011 ist zudem deshalb zweifelhaft, weil der Kläger in der Klagebegründung vom 24. Dezember 2012 behauptet hatte, seine Container befänden sich "seit Jahren" an den gleichen Standorten. Dass er den Sammlungsumfang etwa eineinhalb Jahre zuvor auf etwa 1/6 reduziert haben will, ist damit jedenfalls nicht ohne weiteres in Übereinstimmung zu bringen.
98Die Eigentumsverhältnisse können indes letztlich offen bleiben, da aufgrund der identischen Kontakttelefonnummer und der Aufstellungsorte am C.---weg und am Bahnhof in T. zumindest feststeht, dass der Kläger diese Container weiterhin wie eigene genutzt hat und nutzt. Sie sind damit seiner Sammelaktivität zuzurechnen. Die Behauptung, sie veräußert zu haben, ist vielmehr als Indiz für eine planvolle Verschleierung zu werten.
99Bereits die damit feststehenden unrichtigen und den Umfang seiner Sammelaktivitäten in erheblichem Ausmaß verschleiernden Angaben führen zur Unzuverlässigkeit des Klägers. Darüber hinaus hat er durch Nutzung von Containern mit der Aufschrift Kinder-Leukämie-Hilfe dem unbefangenen Nutzer eine gemeinnützige Sammlung vorspiegelt, die tatsächlich nicht existiert. Diese Täuschung begründet ebenfalls durchgreifende Zweifel an seiner Zuverlässigkeit.
100In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger dieses Verhalten auch unter dem Druck des laufenden Verfahrens nicht geändert hat. Noch der jüngsten Aufstellung des Beklagten ist zu entnehmen, dass die Container der Kinder-Leukämie-Hilfe weiter in Benutzung sind. Zwar wurden bei diesen teilweise die aufgeklebten Informationen zu dem Verein entfernt, zumindest das Stichwort Kleiderspende ist jedoch immer noch lesbar. Erst recht kann angesichts dessen keine Rede davon sein, dass der Kläger nunmehr "geläutert" sein könnte, wie er in der mündlichen Verhandlung hat vortragen lassen. Eine Verhaltensänderung, die eine früher bestehende Unzuverlässigkeit für die hier anzustellende Prognose relativieren könnte, lässt sich nicht einmal ansatzweise erkennen.
101bb) Weiter gründet sich die Unzuverlässigkeit des Klägers darauf, dass bereits die ihm nach eigenen Angaben zuzurechnenden Container wiederholt unter Verstoß gegen Straßenrecht und private Verfügungsrechte im Kreisgebiet aufgestellt wurden. In noch größerem Ausmaß gilt dies für die von ihm nicht angezeigten Sammelcontainer, für die er die Verantwortung zu Unrecht ablehnt.
102Die Feststellung regelmäßiger Missachtung des Straßenrechts betrifft zunächst die Container mit dem Kürzel "J.B." in T. (Q1. Weg), X2. -T6. (Alte Kreisstraße), B. (C3.------straße ) und X1. (T3.------ring /I. ). Die dort aufgestellten Container befanden sich entweder selbst im öffentlichen Straßenraum (X1. ) oder zumindest so dicht an diesen gestellt, dass ihre Nutzung nur durch die Inanspruchnahme öffentlichen Straßenraums überhaupt möglich ist. Dies ergibt sich hinreichend deutlich aus der von dem Beklagten bereits erstinstanzlich vorgelegten Fotodokumentation (Beiakte Heft 2) nebst Erläuterungen. Diesen Feststellungen ist der Kläger nicht, insbesondere nicht in substantiierter Form entgegengetreten.
103Darüber hinaus sind die beiden am C.---weg 7 in T. auf Privatgelände aufgestellten Container gegen den Willen des Eigentümers dort platziert worden. Nach den Ermittlungen des Beklagten und den substantiierten Angaben des Eigentümers hat dieser dem Kläger lediglich für die Jahre 2007 und 2008 die Nutzung des Grundstücks C.---weg 14 erlaubt. Zum Zeitpunkt der Anzeige befanden sich die Container jedoch auf dem Grundstück C.---weg 7. Der Eigentümer dieses Grundstücks sah sich genötigt, den Beklagten um Hilfe bei der Beseitigung zu bitten, was eine beachtliche Beharrlichkeit des Klägers bei der Inanspruchnahme fremder Grundstücke belegt. Nach der Intervention des Beklagten hat der Kläger diese Container im Übrigen auch nicht entfernt, sondern - erneut ohne Einwilligung des Grundstückseigentümers - auf dem Gelände des Gartenmarktes N. (F4.-----weg in T. ) weiter genutzt.
104Der Erklärung des Klägers, auch für den C.---weg 7 habe ein Nutzungsrecht bestanden, der Eigentümer sei von dem Beklagten aber genötigt worden, dies in Abrede zu stellen, kann nicht überzeugen. Schriftliche Abreden existieren insoweit nach den Angaben des Klägers nicht. Zudem hat er entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung keine Zahlungsbelege vorgelegt. Soweit er meint, hierzu nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht verpflichtet zu sein, übersieht er, dass es vorliegend nicht um den Umfang der Anzeigepflicht, sondern um die Frage seiner (persönlichen) Zuverlässigkeit geht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass und warum sich der Grundstückseigentümer durch den Beklagten hätte nötigen lassen können. Die Vermietung privaten Grundes zur Aufstellung von Sammelcontainern ist für sich genommen jedenfalls nicht unzulässig. Allein der Umstand, dass schriftliche Abreden nicht existieren sollen, begründet ebenfalls kein "Nötigungspotential". Zudem ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Grundstückseigentümer von sich aus an den Beklagten herangetreten ist und nicht umgekehrt.
105Unabhängig davon zeigt das Verhalten des Klägers nach Entfernung der Sammelcontainer - nämlich die Umsetzung der Container auf ein anderes Privatgrundstück ohne Einwilligung des dortigen Eigentümers -, dass er offenbar privaten Verfügungsberechtigungen keinen besonderen Stellenwert einräumt. Dass dieser ‑ erneute ‑ Rechtsverstoß im laufenden Anhörungsverfahren bezüglich der von dem Beklagten beabsichtigten Sammlungsuntersagung erfolgte, verleiht diesem Verhalten besonderes Gewicht.
106Dieses Bild einer durchgängigen Indifferenz gegenüber dem Straßenrecht und privaten Verfügungsberechtigungen wird abgerundet durch die Feststellungen des Beklagten zu den übrigen, mit Aufklebern der Kinder-Leukämie-Hilfe und/oder der Unternehmen S. und G. versehenen Sammelcontainern. Von diesen war die Mehrzahl bereits im Jahr 2012 an straßenrechtlich unzulässigen Standorten aufgestellt. Dass sich der Kläger überhaupt in einem einzigen Fall um die Erteilung der erforderlichen Sondernutzungserlaubnis bemüht haben könnte, ist zudem weder dargelegt noch ersichtlich. An diesem Bild hat sich offenbar bis heute nichts geändert, wie die aktuellen Feststellungen des Beklagten belegen. Von einer "Läuterung" des Klägers kann danach auch in dieser Hinsicht keine Rede sein.
107d) Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Klärung, ob sich die Unzuverlässigkeit des Klägers auch daraus ergibt, dass er trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Beklagten seiner Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, er insbesondere eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihm eingesammelten Alttextilien nicht oder jedenfalls nicht hinreichend dargelegt hat. In diesem Zusammenhang wird allerdings auf Folgendes hingewiesen:
108Zwar ist im Einzelnen umstritten, welche Anforderungen im Rahmen des § 18 Abs. 2 Nrn. 3 bis 5 KrWG zu stellen sind. Da die Anzeigepflicht aber generell der zuständigen Behörde die Möglichkeit geben soll, die materielle Rechtmäßigkeit der Sammlung zu prüfen, zu der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG auch die schadlose Verwertung gehört, ist von einer hinreichenden Darlegung der Verwertungswege allenfalls dann auszugehen, wenn der Träger der Sammlung nachvollziehbar und transparent schildert, dass und wie der gesammelte Abfall der Verwertung zugeführt wird. Erforderlich ist dabei regelmäßig, dass er - sofern er die Abfälle nicht selbst verwertet - sein Vertragsverhältnis mit einem Verwertungsunternehmen, das selbst über die erforderlichen Genehmigungen verfügt, offenlegt. Aus diesem Innenverhältnis muss sich zumindest der Verbleib der angezeigten Sammelmenge sowie ‑ im Hinblick auf das Merkmal ordnungsgemäß (§ 7 Abs. 3 KrWG) ‑ die Wahrung der Abfallhierarchie ergeben.
109Die Frage, ob dabei angesichts des typischerweise bestehenden ökonomischen Interesses an einer möglichst weitgehenden Verwertung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind,
110vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. August 2013 ‑ 7 ME 62/13 -, NVwZ-RR 2013, 957; OVG Rh.‑Pf., Beschluss vom 9. Oktober 2013 - 8 B 10791/13 -, NVwZ-RR 2014, 135; VG Düsseldorf, Urteil vom 2. August 2013 - 17 K 7953/12 -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 49,
111oder ob aus dem Begriff der "Darlegung" in § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG in Verbindung mit dem Schutzgut des Kreislaufwirtschaftsgesetzes folgt, dass nach § 18 Abs. 2 Nrn. 4, 5 KrWG eine lückenlose Kette des Verwertungsweges einschließlich der Verwertungsverfahren sowie der genutzten Anlagen aufzuzeigen ist,
112so Bay. VGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - 20 B 14.666 -, AbfallR 2015, 79, m. w. N.; Wenzel, ZUR 2014, 579; vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 4. Juli 2013 - 8 B 10553/13 -, juris,
113wird bislang nicht einhellig beantwortet. Allerdings dürfte der Sinn der Anzeigepflicht und der Verzicht auf Nachweise dafür sprechen, dass eher der letztgenannten Auffassung zu folgen ist, zumal auch bei einem langjährig positiven Marktpreis für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Preisverfall insgesamt oder in Teilsegmenten eintritt und die Verwertung wirtschaftlich weniger lohnend wird und ggf. die Wahrung der Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) beeinträchtigen kann.
114Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
115Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.
(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.
(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.
Tenor
Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 26. April 2013 wird aufgehoben.
Ziffer 4 des Bescheides der Beklagten vom 26. April 2013 wird insoweit aufgehoben als sie die Ziffer 2 in Bezug nimmt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das gewerblich Altkleider und Altschuhe (im Folgenden: Alttextilien) in Sammelcontainern im Bringsystem sammelt.
3Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nimmt im Stadtgebiet der Beklagten grundsätzlich die Entsorgungsbetriebe F. GmbH (F1. ) wahr. Bezüglich der Dienstleistungskonzessionen für die Sammlung, den Transport und die Verwertung von Alttextilien fand eine Ausschreibung durch die F1. GmbH statt. Auch die Klägerin bewarb sich für die Vergabe der Dienstleistungskonzessionen. Die Konzessionen wurden jedoch an zwei andere Unternehmen vergeben.
4Bereits unter dem 25. Juli 2012 zeigte die Klägerin eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien der Beklagten an. In der Anzeige gab sie an, 16 Mitarbeiter und 16 Sammelfahrzeuge zu haben. Die maximale Jahresmenge der zu erwartenden Abfälle im Stadtgebiet der Beklagten betrage ca. 100 t pro Jahr. Die Gesamtdauer der Sammlung sei auf drei Jahre ausgelegt. Die Sammlungen würden ständig durchgeführt. Nach der Anzeige sollen die eingesammelten Abfälle zunächst bei der Klägerin zwischengelagert und dann von der Firma W. Textile Recycling Sp. z.o.o. in L. , Polen, verwertet werden. Der Anzeige beigefügt war u.a. ein zwischen der Klägerin und dieser Firma geschlossener Vertrag, ein Entsorgungsfach- betriebszertifikat für die Klägerin vom 21. März 2012 sowie weitere Unterlagen. Die Anzeige unterschrieb Herr O. X. als Abfallbeauftragter der Klägerin.
5Geschäftsführer der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt noch Herr N. E. .
6Mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Angaben / Unterlagen benötigt würden. Es fehlten u.a. die genauen Standorte und Größen der Container sowie die Einverständniserklärung der Eigentümer, auf dessen Grundstücken die Container stünden.
7Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 30. Januar 2013 mit, dass die gesammelten Alttextilien sowie die bei der Sammlung angefallenen Störstoffe im Jahr 2012 ordnungsgemäß schadlos verwertet bzw. gemeinwohlverträglich nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) beseitigt worden seien. Die Störstoffe seien dem öffentlich-rechtlichen Entsorger zur Verwertung übergeben worden. Unter dem 7. Februar 2013 teilte die Klägerin mit, dass die Nennung der Containerstandorte von § 18 Abs. 2 KrWG ihrer Ansicht nach nicht erfasst sei.
8Mit Schreiben vom 19. Februar 2013 wies die Beklagte die Klägerin u.a. darauf hin, sie habe bislang noch keinen Nachweis darüber erbracht, dass es sich bei der angezeigten Sammlung um eine bereits vor dem 1. Juni 2012 bestehende Sammlung handele.
9Im Februar 2013 erhielt die Beklagte Kenntnis von Eintragungen im Gewerbezentralregister für den damaligen Geschäftsführer Herrn E. . Im März erhielt die Beklagte Kenntnis von zwei Altkleidercontainern der Klägerin am Standort C. L1. / Ecke I. , von drei Containern in der C1. M. . 349-351, von einem Container in der Straße C2. / Ecke G. und von zwei Containern auf einem Aldi-Parkplatz in der O1. Straße 62 / W1. Weg, die ohne Einverständnis des Grundstückseigentümers dort aufgestellt waren, sowie von einem Container in der N1. -C3. -Straße 26/28.
10Mit Schreiben vom 22. März 2013 übersandte die Klägerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Liste einiger Containerstellplätze im Stadtgebiet der Beklagten.
11Die untere Abfallwirtschaftsbehörde ging gemäß einem Vermerk vom 4. April 2013 davon aus, dass eine nicht genehmigte Sammlung durch die Klägerin aufgenommen worden sei. Daher sei die Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers entbehrlich geworden.
12Die Beklagte untersagte der Klägerin mit Bescheid vom 26. April 2013 die angezeigte Sammlung von Textilien, Altkleidern, -schuhen und Verpackungen aus Textilien sowie die nicht angezeigte Sammlung jeglicher Textilien, Altkleider, -schuhe und Verpackungen aus Textilien (Ziff. 1). Sie gab der Klägerin auf, sämtliche ihr zugehörigen Sammelbehälter im Stadtgebiet der Beklagten, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche oder private Flächen handele, zu entfernen und untersagte das erneute Aufstellen ohne erforderliche behördliche Bestätigung (Ziff. 2). Sie ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung an (Ziff. 3) und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 5.000,00 € für den Fall an, dass die Anordnung der Ziffer 1. und 2. nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt werde (Ziff. 4). Die Beklagte begründete die Entscheidung u.a. damit: Es sei festgestellt worden, dass Container der Klägerin ohne Einverständnis der Eigentümer auf deren Privatgrundstücken stünden. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger habe im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens wirtschaftliche Unternehmen als beauftragte Dritte mit der Sammlung und Verwertung der im Stadtgebiet anfallenden Alttextilien betraut. Durch die Aufnahme der nicht genehmigten Sammlung der Klägerin werde die Entsorgungsleistung dieser Firmen unterlaufen. Die Klägerin verschaffe sich durch illegale Standorte, für die sie keine Gebühr entrichte, einen wirtschaftlichen Vorteil, welcher zu einer Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen für die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beauftragten Dritten führe.
13Mit Beschluss vom 24. Mai 2013 wurde Herr E. als Geschäftsführer abberufen. Neuer Geschäftsführer ist seitdem Herr L2. . Herr E. bekam zunächst Einzelprokura. Diese ist ihm mit Schreiben vom 14. November 2014 entzogen worden.
14Die Klägerin hat bereits am 3. Mai 2013 Klage. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2015 hat die Beklagte den Bescheid vom 26. April 2013 klarstellend dahingehend geändert, dass damit nunmehr nicht auch eine „nicht angezeigte Sammlung“ untersagt wird.
15Zu Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Ermächtigungsgrundlage, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, auf die sich die Beklagte berufe, verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Untersagung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte nicht zuständig sei. In entsprechender Anwendung von § 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) müsse die Bezirksregierung über Untersagungen entscheiden, da ansonsten die kreisfreien Städte und Kreise in eigener Sache entscheiden würden. Nach ihrem Kenntnisstand fehle hier eine Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gegenüber der unteren Abfallwirtschaftsbehörde. Durch die fehlende Beteiligung liege ein Verfahrensfehler vor, der zur Rechtswidrigkeit der Untersagung führe. Dieser sei auch nicht unbeachtlich. Da eine Stellungnahme nicht eingeholt worden sei, sei ersichtlich, dass eine organisatorische Trennung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der unteren Abfallwirtschaftsbehörde nicht vorgenommen worden sei. Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Die Forderung der Beklagten, Containerstandorte anzugeben, habe keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage im KrWG.
16Die Untersagung könne nicht auf eine fehlende Zuverlässigkeit gestützt werden. Es lägen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des bisherigen Geschäftsführers, Herrn E. , vor. Darauf komme es auch gar nicht mehr an. Der neue Geschäftsführer, Herr L2. , sei ohne Zweifel zuverlässig. Etwaige Verstöße gegen zivilrechtliche Verpflichtungen kämen grundsätzlich nicht als Untersagungsgrund in Betracht, da öffentlich-rechtliche Belange nicht berührt seien. Straßenrechtliche Verstöße seien nicht zu berücksichtigen. Der Zuverlässigkeitsbegriff in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG werde durch § 8 Abs. 2 Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) konkretisiert. Selbst wenn etwaige straßenrechtliche Sachverhalte im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erheblich sein sollten, könnte nicht von ausreichend starken Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ausgegangen werden. Sie sei intensiv damit befasst, die Einhaltung straßenrechtlicher Vorgaben sicherzustellen. So erfolge eine ständig andauernde Überprüfung bestehender Containerstandorte auf die Einhaltung des Straßenrechts. Dieses Überprüfungsverfahren sei im Laufe der Zeit weiter verbessert worden. Ihr Geschäftsführer habe hierzu eine Arbeitsanweisung zu Überprüfung und Aufstellung von Sammelcontainern erlassen aus der sich ergebe, dass straßenrechtliche Vorgaben unbedingt einzuhalten seien. Ferner habe der Geschäftsführer eine Praxisanleitung erstellen lassen, aus der sich ergebe, wie die straßenrechtlichen Vorgaben zu prüfen und umzusetzen sein. Sie habe veranlasst, dass diejenigen Container, die die Beklagte im Eilverfahren als im Widerspruch zum geltenden Straßen- und Wegerechts stehend bemängelt habe (Standorte H.------graben , F2.---------straße 180), abgebaut werden.
17Die Untersagungsverfügung könne nicht auf entgegenstehende öffentliche Interessen gestützt werden. Die Untersagung sei ermessensfehlerhaft, da die Beklagte ihr Auswahlermessen nicht richtig ausgeübt habe. Außerdem sei sie unverhältnismäßig, da die Beklagte in nicht ausreichendem Maße berücksichtigt habe, dass es sich um eine Bestandssammlung i.S.v. § 18 Abs. 7 KrWG handele.
18Die Androhung des Zwangsgeldes sei rechtswidrig, da sie nicht hinreichend begründet sei. Es lägen zudem Ermessensfehler vor. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei ermessensfehlerhaft festgesetzt.
19Die Klägerin beantragt,
20den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 in der Fassung vom 24. Februar 2015 aufzuheben.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie trägt u.a. vor, dass sie die Untersagung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG stütze. Sie vertrete weiterhin die Auffassung, dass eine Containerstandortliste erforderlich sei, um die Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf das kommunale Erfassungssystem beurteilen zu können. Die Weigerung, Containerstellplätze zu benennen, führe zu einer Unvollständigkeit der Unterlagen. Die Anzeige sei somit vorsätzlich nicht vollständig erstattet. Aus anderen Verfahren sei die Ansicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bekannt, dass eine gewerbliche Sammlung im Zusammenwirken mit weiteren gewerblichen Sammlungen öffentliche Interessen beeinträchtige, weswegen auf eine Stellungnahme hier verzichtet worden sei. Eine andere Stellungnahme zur Sammlung der Klägerin sei nicht zu erwarten gewesen. § 17 Abs. 2 Satz 3 KrWG definiere drei Voraussetzungen, unter welchen die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen vom Gesetzgeber vermutet werde. Eine Beeinträchtigung sei schon dann anzunehmen, wenn nur eine der Voraussetzungen erfüllt sei. Im vorliegenden Fall seien alle Merkmale für die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gegeben.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
25Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
26Die Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ist rechtmäßig. Die Ziffer 4 ist rechtmäßig, soweit sie sich auf Ziffer 1 bezieht. Insoweit verletzt der Bescheid die Klägerin nicht in ihren Rechten. Im Übrigen ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
27Rechtsgrundlage für die Untersagung der angezeigten Sammlung von Alttextilien (Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides) ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Die Beklagte stützt die Untersagung zwar ihrem Vortrag nach auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG und damit auf eine andere Rechtsgrundlage. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes ist das Gericht angesichts des den Verwaltungsgerichtsprozess kennzeichnenden Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) aber weder auf den von der Beklagten zugrunde gelegten Sachverhalt noch auf die von ihr herangezogenen Rechtsgrundlagen beschränkt. Dieses Vorgehen ist mit Blick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung nur dann nicht zulässig, wenn sich das Gericht dabei Kompetenzen anmaßt, die der Beklagten zustehen, wie bei der Heranziehung einer Rechtsgrundlage mit einem gerichtlich nicht oder nicht voll überprüfbaren Beurteilungs-, Abwägungs- oder Ermessensspielraum. Da es sich bei § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht um eine Vorschrift handelt, die der Beklagten Ermessen oder einen Beurteilungsspielraum einräumt, ist die Kammer nicht daran gehindert, die Untersagung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG statt auf die Alt. 2 dieser Vorschrift zu stützen.
28Die Rechtsgrundlage für die Untersagung, § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Bei entsprechender, den Schutzbereichen der Art. 12, 14 GG Rechnung tragender Auslegung der Norm bestehen gegen dieselbe auch keine europarechtlichen Bedenken. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar, diese sind aber durch Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV gerechtfertigt. Danach gelten die Vorschriften der Verträge für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Bei der Abfallentsorgung aus privaten Haushalten handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann.
29Vgl. zu § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16/08 -, juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf das „Arnheim-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs, EuGH, Urteil vom 10. November 1998, - Rs. C-360/96 -.
30Bei einem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG, die durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris Rn. 109 f; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -, juris Rn. 41 ff, sowie zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerreglung § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, juris Rn. 36.
32Im Rahmen der Auslegung und Anwendung der §§ 17, 18 KrWG ist dies zu berücksichtigen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Reglungen ist insoweit möglich.
33Die Untersagung ist formell rechtmäßig. Es hat die zuständige Behörde gehandelt. Die Beklagte ist als untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG NRW) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 ZustVU in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zuständig. Auch wenn in der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz nur von dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Rede ist, gilt sie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des KrWG) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 39.
35Gemäß § 5 Abs. 1 LAbfG NRW sind zwar die Kreise und kreisfreien Städte auch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, denen nach § 5 Abs. 2 LAbfG insbesondere das Einsammeln und Befördern der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfällen obliegt. Ein Verstoß gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt darin jedoch nicht, auch wenn zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abstellen. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
36Vgl. OVG NRW Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris Rn. 41.
37Es kann aber unter dem Gesichtspunkt des Neutralitätsgebotes des Staates, das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, problematisch sein, wenn bei einem Rechtsträger unterschiedliche Aufgaben zusammenfallen, bei deren Wahrnehmung es zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, folgt die Notwendigkeit einer fairen Verfahrensgestaltung und damit auch das Neutralitätsgebot des Staates.
38Diese Bedenken sind bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 S. 2 KrWG sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
39Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
40Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später nicht als stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und “für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungs- wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge“ zu tragen.
41Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47.
42Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist grundsätzlich dann gegeben, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24, OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, juris Rn. 11.
44Durch Erlass ist in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
45Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Au. IV-2-408.10.02.
46Dies ist bei der Beklagten der Fall. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger gehört zum Geschäftsbereich 2, die untere Abfallwirtschaftsbehörde zum Geschäftsbereich 6A der Beklagten. Für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger war im Jahr 2003 Frau S. tätig, heute ist es Herr T. . Bei der unteren Abfallwirtschaftsbehörde ist Frau H1. im Rahmen des Anzeigeverfahrens tätig geworden. Eine ausreichende organisatorische und personelle Trennung liegt vor.
47Zwar hat die Beklagte als untere Umweltschutzbehörde keine Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eingeholt. Daraus kann aber nicht auf eine fehlende organisatorische und personelle Trennung geschlossen werden. Auf die Einholung der Stellungnahme verzichtete die untere Umweltschutzbehörde ausweislich eines im April 2013 gefertigten Vermerks, da sie wegen der bereits erfolgten Aufnahme der „nicht genehmigten Sammlung“ durch die Klägerin eine Stellungnahme nicht mehr für erforderlich hielt. Des Weiteren teilt die Beklagte mit, dass ihr aus anderen Verfahren die Auffassung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bekannt war und sie deshalb auf die Einholung einer Stellungnahme verzichtet habe. Ob diese Begründungen den Verzicht auf die Einholung einer Stellungnahme rechtfertigen können, kann dahinstehen. Jedenfalls zeigen sie, dass die Stellungnahme aus anderen Gründen unterblieb und nicht, weil eine Zusammenarbeit von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und unterer Abfallwirtschaftsbehörde vorlag. Gerade der Umstand, dass die Beklagte im gerichtlichen Verfahren die Beiladung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beantragte, zeigt, dass sie den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger quasi als Dritten ansieht.
48Die fehlende Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt nicht zur Aufhebung der Untersagungsverfügung bezüglich der angezeigten Sammlung. Es kann offen bleiben, ob die Rechtmäßigkeit einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Untersagungsverfügung zwingend eine vorherige Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 18 Abs. 4 KrWG voraussetzt. Selbst wenn zugunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass es einer derartigen Beteiligung gemäß § 18 Abs. 4 KrWG bedürfe oder eine Aufforderung zur Stellungnahme gemäß § 18 Abs. 4 KrWG auch dem Schutz der Belange des Sammlers diente, wäre ein insoweit unterstellter Mangel jedenfalls nach § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) unbeachtlich. Die Verletzung einer Verfahrensvorschrift führt nach § 46 VwVfG NRW nur dann zur Aufhebung des in Rede stehenden Verwaltungsaktes, wenn der Verfahrensfehler wesentlich und nicht auszuschließen ist, dass er auf das Ergebnis Einfluss hat. Hier hat die fehlende Stellungnahme keinen Einfluss auf das Ergebnis. Selbst wenn von der theoretischen Möglichkeit auszugehen sein sollte, dass die Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in dem Verfahren der Klägerin anders ausgefallen wäre als hinsichtlich der Anzeige anderer gewerblicher Sammlungen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hier keine entgegenstehenden öffentlichen Interessen geltend gemachte hätte, hätte das auf das Ergebnis keinen Einfluss gehabt, da die Kammer die Untersagung unter dem Gesichtspunkt der Unzuverlässigkeit der Klägerin gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG für rechtmäßig erachtet und es insofern nicht auf entgegenstehende öffentliche Interessen ankommt.
49Die Untersagungsverfügung ist materiell rechtmäßig.
50Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung der der (letzten) mündlichen Verhandlung.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798 /11 -, juris Rn. 31 f; BayVGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris Rn. 9.
52Die Voraussetzungen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG liegen. vor. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.
53Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder juristische Person, die die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, nicht veröffentlicht, Urteilsabdruck S. 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 60.
55Dies ist hier die Klägerin, der das Handeln ihres Geschäftsführers und ihres Abfallbeauftragten zuzurechnen ist.
56Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht legaldefiniert. Die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist nicht auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien beschränkt, da gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen.
57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 –, juris Rn. 29; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – 10 S 1202/13 –, juris Rn. 20.
58§ 3 Abs. 2 Verordnung über das Anzeige- und Erlaubnisverfahren für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (Anzeige- und Erlaubnisverordnung – AbfAEV –) findet zur Konkretisierung des Zuverlässigkeitsbegriffs des § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 KrWG keine Anwendung.
59Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 17 K 2897/13 -, juris Rn. 77; a.A. noch VG Köln, Urteil 11. September 2004 - 13 K 1220/12 -, nicht veröffentlicht, Urteilsabdruck S.15.
60In § 3 Abs. 1 AbfEV werden ausdrücklich nur § 53 Abs. 2 Satz 1 KrWG und § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG genannt. Eine Anwendung des § 3 Abs. 2 AbfEV auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist nicht vorgesehen. Es ist nicht ersichtlich, warum für die Beurteilung der Zuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG lediglich die in § 3 Abs. 2 AbfEV genannten Belange Berücksichtigung finden sollten.
61Mangels eigenständiger Definition beurteilt sich die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz nach den zu § 35 Gewerbeordnung (GewO) entwickelten Grundsätzen.
62Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 21; VG Minden, Urteil vom 21. Mai 2014 – 11 K 1711/13 –, juris Rn. 27.
63Unzuverlässig ist demnach, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben,
64vgl. zu § 35 GewO: OVG NRW Urteil vom 12. April 2011 –4 A 1449/08 –, juris Rn. 26.
65Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen.
66Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, juris Rn. 21.
67Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf Art. 12, 14 GG insoweit einschränkend auszulegen, als (bloße) Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 607/13 -, juris Rn. 10.
69Das heißt, für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG muss bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird.
70Im Rahmen der Beurteilung, ob es sich um einen gewichtigen Verstoß handelt, ist zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen Vorschriften möglich sind, die im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägig sind, die aber nicht unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. Solche Verstöße sind gleichwohl auch zu berücksichtigen, zumal diese Aufschluss über das Verhalten bezüglich der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit geben. Je weniger direkt das Schutzgut des Abfallrechts von der Vorschrift betroffen ist, gegen die verstoßen wird, umso strenger muss jedoch der Maßstab zur Berücksichtigung dieses Verstoßes sein.
71Zum anderen ist zu beachten, dass zwar zur Annahme der Unzuverlässigkeit die Gefahr gewichtiger Verstöße bestehen muss, dass sich die Relevanz von Verstößen aber nicht allein aus der Schwere des einzelnen Verstoßes ergibt, sondern auch eine Vielzahl weniger gewichtiger Verstöße in ihrer Gesamtheit zur Prognose der Unzuverlässigkeit führen kann. Je mehr System hinter den Verstößen liegt, umso weniger gewichtig kann der einzelne Verstoß zur Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt.1 KrWG sein.
72Schließlich ist eine zeitliche Komponente zu beachten. Je länger ein Verstoß zurückliegt, desto mehr müssen andere Aspekte hinzukommen, die in ihrer Gesamtschau die Prognose der Unzuverlässigkeit rechtfertigen.
73Dass die Klägerin im Anzeigeverfahren nicht die von der Beklagten angeforderte Liste der Containerstellplätze beigebracht hat, führt nicht zur Annahme ihrer Unzuverlässigkeit. Eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige kann zwar grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anzeigende seitens der zuständigen Behörde auf die Unvollständigkeit hingewiesen und um Ergänzung gebeten wurde, dieser darauf aber nicht reagiert oder sogar ausdrücklich die Mitteilung der Information/Vorlage der Unterlagen verweigert.
74Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 -, juris Rn 14.
75Die Klägerin war aber nicht zur Nennung der Containerstellplätze verpflichtet. Die nach § 18 Abs. 2 KrWG der Anzeige der Sammlung beizufügenden Angaben und Darlegungen erfassen keine Informationen zu den Stellplätzen. Auch eine Auslegung nach Sinn und Zweck, Gesetzessystematik und/oder gesetzgeberischen Willen ergeben keinerlei Anhaltspunkte für die gesetzliche Notwendigkeit einer solchen Angabe.
76Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 – 9 L 337/13 –, juris Rn. 28; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 15; offengelassen in OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 -, juris Rn. 14, jedoch in der Tendenz verneinend (vgl. Rn. 15); s.a. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 -, nicht veröffentlicht, Beschlussabdruck S. 8 -; a.A. VG Münster, Beschluss vom 14. März 2013 – 7 L 49/13 -, juris Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 8. April 2013 – 20 CS 13.337 –, juris Rn. 10.
77Die Beklagte hat nicht bereits im Anzeigeverfahren anhand einer Stellplatzliste zu überprüfen, ob die notwendigen Sondernutzungserlaubnisse oder privatrechtlichen Einverständniserklärungen vorliegen.
78In welchem Umfang die Klägerin bereits vor Inkrafttreten des KrwG tätig war, in welchem Umfang sie danach, aber vor Ablauf der Dreimonatsfrist tätig war, inwieweit sie sich auf eine Bestandssammlung berufen kann und ob auf eine Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann, wenn und soweit die Sammlung nach Inkrafttreten des KrWG, aber vor Ablauf der Dreimonatsfrist über die Bestandssammlung hinausgegangen sein sollte, kann dahinstehen, da die Klägerin wegen straßen- und zivilrechtlicher Verstöße im Zusammenhang mit der Aufstellung der Container unzuverlässig ist.
79Entgegen der Ansicht der Klägerin gehören straßenrechtliche Normen zu den im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung die Annahme einer Unzuverlässigkeit i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen kann. Nach § 3 Abs. 15 KrWG wird eine Sammlung durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert. Dieses beginnt mit dem Aufstellen von Containern. Aufstellung und Sammlung bedingen einander wechselseitig. Bei der Aufstellung kann es zu sich perpetuierenden straßenrechtlichen Verstößen kommen.
80Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 13.
81Steht eine Unzuverlässigkeit wegen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften im Raum, muss allerdings beachtet werden, dass das Schutzgut des Abfallrechts davon nicht unmittelbar betroffen ist und es sich bei einem einzelnen Verstoß grundsätzlich nicht um einen solchen gewichtiger Natur handelt. Bei diesen Verstößen muss daher ein systematisches und massives Fehlverhalten feststehen und es muss ferner bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Fall der Durchführung der Sammlung ebenfalls zu gewichtigen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften, also zu unerlaubten Sondernutzungen, kommen wird. Kam es in der Vergangenheit zu massiven und systematischen Verstößen gegen Vorschriften, ist davon in der Regel auch für die Zukunft auszugehen.
82Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 – juris Rn. 10; Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 – juris Rn. 14; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 6. Oktober 2014 – 2 B 348/14 –, juris Rn. 10; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 18.
83Das Aufstellen von Altkleider- und Altschuhcontainern auf öffentlichen Gehwegen/Straßenflächen bedarf gemäß § 18 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG NRW) einer Sondernutzungserlaubnis. Es werden durch das Aufstellen von solchen Containern öffentliche Straßenflächen über den Gemeingebrauch hinaus benutzt. Dies gilt auch für Container, die zwar auf privater Fläche stehen, jedoch so aufgestellt sind, dass die Benutzer zum Befüllen der Container auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen müssen. Die Benutzer handeln dabei nicht im Rahmen des Gemeingebrauchs. Vielmehr nimmt der Benutzer beim Befüllen eines Altkleider- und Altschuhcontainers Handlungen vor – Lektüre einer Gebrauchsanweisung, Öffnen einer Klappe, Einwerfen von Schuhen oder Kleidung – die nicht überwiegend dem Verkehr dienen, sondern der gewerblichen Nutzung des Aufstellers zuzurechnen sind.
84Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 1999 – 23 B 334/99 –, juris Rn. 11.
85Die Unzuverlässigkeit i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG kann außerdem dann angenommen werden, wenn Sammelcontainer systematisch und in massiver Weise ohne erforderliche Erlaubnis des Verfügungsberechtigten auf Privatgrundstücken aufgestellt werden.
86Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 10 S 30/14 -, juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 81; angedeutet in: OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 13.
87Die Klägerin verstößt systematisch und massiv gegen Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Sammlung stehen. Zum einen werden Container auf öffentlichen Flächen aufgestellt, für die sie keine Sondernutzungserlaubnis hat. Zum anderen stehen Container zwar mit Erlaubnis auf privaten Flächen, aber sie sind so aufgestellt, dass die öffentliche Fläche zum Befüllen genutzt werden muss. Des Weiteren kam es zumindest in der Vergangenheit zu Verstößen gegen das Privatrecht, da für Containerstandorte keine Erlaubnis der Verfügungsberechtigten vorlag. Dazu im Einzelnen:
88Im Stadtgebiet der Beklagten sind an elf Standorten Verstöße gegen das Straßen- und Wegegesetz oder das Zivilrecht bekannt:
89- 90
1. Mindestens ein Container der Klägerin stand im Jahr 2013 ohne die erforderliche Erlaubnis des Verfügungsberechtigten auf dem Aldi-Parkplatz in der O2.----------straße 62/ Ecke W1. Weg. Im März 2013 holte die Klägerin den Container ab. Es liegt ein Verstoß gegen das Privatrecht vor.
- 91
2. In Höhe C1. M1.---straße 349-351 standen drei Container der Klägerin im Jahr 2013 ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis auf öffentlicher Fläche bzw. konnten zumindest nur von öffentlicher Fläche aus befüllt und entleert werden. Dies lässt sich den der Kammer vorliegenden Fotos sowie einem Kartenausdruck von www.tim-online.nrw.de entnehmen.
- 92
3. Das gleiche gilt für die Container, die im Jahr 2013 in der B.--------straße / S1.-------straße standen. Nach der Internetrecherche (https://maps.google.de) standen die Container bereits im Jahr 2009 dort.
- 93
4. Einer der Container, die in der C4.-----straße / Ecke I1.--------ring standen, konnte ausweislich einer Internetrecherche (https://maps.google.de; www.geoportal.nrw.de) nur von öffentlicher Verkehrsfläche aus bedient werden.
- 94
5. Der Container in der Straße X1. (neben N2. ) konnte unabhängig von der Frage, ob er auf öffentlicher Fläche stand, jedenfalls nur von öffentlicher Fläche aus bedient werden. Auch dies ergibt sich aus einer Internetrecherche (https://maps.google.de; www.geoportal.nrw.de).
Dass für die Standorte 2. bis 5. möglicherweise privatrechtliche Vereinbarungen vorliegen, ist angesichts der erlaubnispflichtigen Sondernutzung unerheblich.
96- 97
6. Für die zwei Container, die in der Straße C5. / Ecke I. im Jahr 2013 standen, gab es nicht die erforderliche Sondernutzungserlaubnis. Es liegt ein Foto dieser Container an diesem Standort vor. Einem Kartenausdruck über www.geoportal.nrw.de lässt sich entnehmen, dass sich um eine öffentliche Fläche handelt. Mit Schreiben vom 11. März 2013 ist die Klägerin aufgefordert worden, die Container zu entfernen. Im April 2013 standen sie nicht mehr dort.
- 98
7. Der Container auf dem KIK-Parkplatz in der F2.---------straße / Elisabethstraße 101 stand dort ohne Erlaubnis des Verfügungsberechtigten. Es liegt ein Foto vor, das den Container auf diesem Parkplatz zeigt. Des Weiteren liegt eine E-Mail der L3. & A. AG vom 3. Mai 2012 vor, der sich entnehmen lässt, dass der Verfügungsberechtigte keine Einverständniserklärung zur Aufstellung an diesem Standort abgegeben hat. Nach dem Vortrag der Klägerin sei der Container dort bislang geduldet worden. Er wurde abgeholt.
- 99
8. Ein Container stand im Jahr 2013 in der Straße C2. / Ecke G. ohne Erlaubnis auf einer Fläche der GGE. Der vorgelegte Vertrag vom 12. Dezember 2012 betrifft einen anderen Standort (C2. 2).
- 100
9. Der Container im L4. Ring 75 konnte aufgrund seiner Ausrichtung, welche die Kammer mittels einer Internetrecherche (https://maps.google.de) ermittelt hat, zum Zeitpunkt des Aufnahmedatums des Bildes nur von öffentlicher Fläche aus befüllt werden, da der Grünstreifen entlang des Zaunes noch zum Straßengrund gehört. Dies ergibt sich aus einem Kartenausdruck von www.geoportal.nrw.de. Insofern ist eine privatrechtliche Erlaubnis unerheblich.
- 101
10. Das gleiche gilt für den Container im Schollbraukring 11-24 (Foto: https://google.maps.de; Kartenausdruck: www.geoportal.nrw.de), wobei dieser vermutlich bereits schon selbst auf öffentlicher Fläche steht, da das Flurstück 148 städtisches Eigentum ist. Der Vortrag der Klägerin, dass eine mündliche Vereinbarung für diesen Standort vorliegt, ist daher unbeachtlich. Es liegt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung vor.
- 102
11. Die Container in der V.-------straße gegenüber von Haus Nr. 461 sind ausweislich der Bilder, die die Beklagte vorgelegt hat, unabhängig von der Frage, ob sie sich auf einer privaten oder öffentlichen Fläche befinden, jedenfalls nur vom öffentlichen Straßenraum aus zu bedienen. Auch hier ist eine mündliche Vereinbarung unbeachtlich, da eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist.
Der im Jahr 2013 in der N1. -C3. -Straße 26/28 stehende Container stand ohne Einverständnis des Eigentümers dort. Ob er mit der Erlaubnis eines möglicherweise anderen Verfügungsberechtigten dort stand, ist unbekannt, obgleich die Klägerin dies unschwer darlegen können müsste. Bei dem Standort in der Burgstraße gegenüber von Haus Nr. 90 wendet die Klägerin ein, dass es sich um einen ihr entwendeten Container handeln müsse, der nicht von ihr genutzt werde. Angaben zu Zeit und Ort der Entwendung macht die Klägerin nicht. Nach einer Internetrecherche (https://maps.google.de) stand der Container bereits im Jahr 2009 dort. Anhand eines Kartenausdrucks von www.geoportal.nrw.de wird ersichtlich, dass es sich um eine öffentliche Fläche handelt.
104Nach den mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 vorgelegten Fotos sind die Container an etlichen Standorten nunmehr so aufgestellt, dass sie nicht mehr vom öffentlichen Gehweg aus bedient werden können.
105Der Kammer sind aus Parallelverfahren der Klägerin weitere Verstöße bekannt. Diese sind berücksichtigungsfähig, da die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden nicht von Stadt- und Kreisgrenzen beeinflusst wird.
106In Herne sind Verstöße an sieben Standorten gegen das Straßen- und Wegerecht aus der Vergangenheit bekannt:
1071. Zwei Container der Klägerin standen zumindest in der Vergangenheit – ausweislich des von der Klägerin selbst vorgelegten Fotos – in der F3.---straße auf einem Grünstreifen. Dabei handelt es sich um das Flurstück 217 (www.tim-online.nrw.de), welches sich im städtischen Eigentum befindet.
1082. Bei dem Standort in der I2. Straße (Zufahrt zu einem Bahngelände) handelt es sich ausweislich des – von der Klägerin vorgelegten – Fotos und des beigezogenen Kartenmaterials (www.tim-online.nrw.de) um das Flurstück 165, welches sich im städtischen Eigentum befindet.
1093. Der Standort des Containers der Klägerin in der I3. -C6. -Straße auf dem Grünstreifen hinter den dortigen Altglas- und Altpapiercontainer befindet sich ebenfalls im städtischen Eigentum (Flurstück 802, www.tim-online.nrw.de).
1104. Der Standort in der „L5.---straße “, tatsächlich in der F4.------straße vor dem Sportplatz „V1. G1. “, befindet sich in städtischem Eigentum (Flurstück 340). Der Standort des Containers ist auf einem Foto aus dem Jahr 2013 ersichtlich. Anhand eines Kartenausdrucks von www.tim-online.nrw.de wird das Flurstück erkennbar.
1115. Der Container im T1.-----------ring gegenüber von Haus Nr. 1 stand auf öffentlicher Fläche (Flurstück 794). Dies lässt sich dem vorliegenden Foto des Containers und einem Kartenausdruck von www.tim-online.nrw.de entnehmen.
112Da die Klägerin keine Sondernutzungserlaubnisse dafür hatte, handelt es sich um Verstöße gegen das Straßen- und Wegegesetz.
1136. Wie auch von der Klägerin vorgetragen, dürfte sich der Standort der zwei Container in der B1.----straße gegenüber von Haus Nr. 25 im Eigentum der Deutschen Bahn befinden (s. im Internet recherchierte Luftbilder sowie Kartenausdruck von www.tim-online.nrw.de). Eine Einverständniserklärung der Deutschen Bahn für die Aufstellung hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sollte der Standort auf öffentlicher Fläche liegen, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Straßen- und Wegerecht, da dafür keine Sondernutzungserlaubnis vorliegt.
1147. Für den Standort in der T2. Straße 14 hat die Klägerin einen Vertrag vorgelegt. Anhand der von der Beklagten vorgelegten Fotos in Verbindung mit dem beigezogenen Kartenmaterial (www.tim-online.nrw.de) ist zu erkennen, dass der Container zumindest zwischenzeitlich auf öffentlicher Fläche stand. Eine Sondernutzungserlaubnis lag nicht vor.
115In Dortmund sind Verstöße an mindestens sechs Standorten gegen das Straßen- und Wegegesetz bekannt:
1161. Zwei Container der Klägerin standen auf der C7.------straße gegenüber von Haus Nr. 126.
1172. Ein Container stand auf der N3.------straße , bei Haus Nr. 26.
1183. Ein Container stand auf der L6.------straße gegenüber von Haus Nr. 28.
119Bei diesen Standorten handelte es sich jeweils um eine öffentliche Fläche, wie den vorliegenden Fotos in Verbindung mit den Recherchen bei www.tim-online.nrw.de zu entnehmen ist. Eine Sondernutzungserlaubnis lag nicht vor. Die Klägerin hat dazu in den entsprechenden Verfahren vorgetragen, dass die dortigen Container zwischenzeitlich abgezogen seien, und damit die Verstöße indirekt bestätigt (vgl. 9 K 2778/13, 9 L 671/13).
1204. Ein Container stand im Dezember 2014 Im T3. 51/53. Für diesen Standort hat die Klägerin zwar einen Aufstellvertrag vorgelegt, jedoch ist anhand des der Kammer vorliegenden Bildes in Verbindung mit dem beigezogenem Kartenmaterial (www.tim-online.nrw.de) ersichtlich, dass sich der Container auf dem Gehweg und damit im öffentlichen Straßenraum befand.
1215. Am Standort S2. Straße auf dem Grünstreifen zwischen den Häusern Nr. 168 und 177 stand im Dezember 2014 ein Container der Klägerin. Unabhängig von der Frage, ob derjenige, mit dem die Klägerin einen Vertrag darüber geschlossen hat, berechtigt war, der Klägerin die Aufstellung zu erlauben, da es sich um eine öffentliche Fläche handelt, liegt hier ein Verstoß vor. Das Befüllen des Containers ist ausweislich des vorgelegten Fotos lediglich vom Gehweg aus möglich. Bei diesem handelt es sich um das Flurstück 595, welches sich ausweislich einer Recherche bei ALKIS-Online im städtischen Eigentum befindet. Dafür ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich.
1226. Ein Container steht im L7. Weg neben der Eisenbahnbrücke. Zwar trägt die Klägerin vor, sie habe eine mündliche Vereinbarung für den Standort L7. Weg 84. Der Container steht jedoch auf einem Grundstück der Deutschen Bahn AG, weswegen eine mündliche Vereinbarung mit einem Verfügungsberechtigten fraglich ist. Jedenfalls ist der Container nach dem vorliegenden Foto vom Gehweg aus zu befüllen und zu entleeren. Dafür ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich.
123Der Container in der X2. -F5. -Straße/ Ecke B2. Straße stand ausweislich des Bildes vom 24. Juli 2014 am Rand eines Grünstreifens. Bei diesem handelt es sich unter Auswertung des vorhandenen Bild- und Kartenmaterials um das Flurstück 1746, welches nach einer Recherche bei ALKIS-Online im Eigentum der Stadt Dortmund steht. Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen das Straßen- und Wegegesetz vor. Ebenso spricht bei dem Standort des Containers in der X3.------straße 215 ausweislich des vorliegenden Bild- und Kartenmaterials viel dafür, dass es sich um eine öffentliche Fläche handelt.
124Im Stadtgebiet H2. standen in den Jahren 2011 und 2012 etliche Container der Klägerin auf öffentlich gewidmeten Flächen ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis. Die Klägerin erhob im Jahr 2011 Klage gegen einen Heranziehungsbescheid der Stadt H2. vom 19. August 2011, mit dem die Stadt die Kosten für die Abräumung von rechtswidrig aufgestellten Containern verlangte (14 K 4052/11). An sechs Standorten wurden insgesamt acht Container der Klägerin im Mai 2011 abgeräumt, da sie entweder ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis auf öffentlicher Fläche standen oder auf privater Fläche so aufgestellt waren, dass zum Befüllen und Entleeren der Container öffentliche Fläche in Anspruch genommen werden musste:
1251. A1. Straße zwischen Haus Nr. 63 und 81
1262. C8.---------weg gegenüber der Firma C9.
1273. Wiesmannstraße
1284. C10.-------straße / Ecke I4. Straße
1295. I5.---------------straße (Nähe Friedhof)
1306. V2.---straße (Nähe A2. ).
131In der A1. Straße und im C8.---------weg gegenüber der Firma C9. befanden sich jeweils zwei Container der Klägerin.
132Im Jahr 2012 forderte die Stadt H2. die Klägerin mit Beseitigungsanordnung vom 27. Juni 2012 auf, an fünfzehn Standorten die Container ersatzlos zu entfernen und nicht wieder aufzustellen. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Dabei handelte es sich laut Bescheid vom 27. Juni 2012 um folgende Standorte auf öffentlicher Verkehrsfläche und auf an öffentliche Verkehrsflächen angrenzende Standorte, wo die Container so aufgestellt waren, dass die Benutzer zum Befüllen der Container auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen mussten:
1331. C11.---------straße (Gehweg gegenüber dem Aldi-Markt)
1342. C12.---straße (Parkstreifen)
1353. V3.-----straße (Parkstreifen hinter dem N4. )
1364. X4.----straße (Gehweg gegenüber Haus Nr. 13)
1375. S3. Straße/ Ecke I6.------straße (Gehweg)
1386. X5.----------straße (Gehweg gegenüber Haus Nr. 103)
1397. I7.------straße / Ecke L8.---straße
1408. I8.--------straße
1419. F6.---------straße (gegenüber der Gärtnerei Q. )
14210. N5.---------straße / I9. -E1. -Straße
14311. D.-----straße (Höhe O3. )
14412. X6. Straße (Bereich zwischen L9. und M2. )
14513. L10.-----straße / Ecke X6. Straße
14614. I10.---------straße
14715. X7.------weg , Höhe Haus Nr. 133
148Im August 2014 stand ein Container auf dem Grundstück U.-----------weg 13. Grundstückseigentümerin ist die Deutsche B3. . Zwar hatte die Klägerin nach ihrem Vortrag mit dieser einen Vertrag über mehrere Containerstandorte. Dieser war jedoch ausgelaufen. Die Klägerin vergaß nach eigenen Angaben an diesem Standort den Container zu entfernen. Noch im August 2014 stand er dort ohne Erlaubnis der Grundstückseigentümerin.
149Besonders schwer wiegen diese Verstöße in H2. , da die Klägerin am 10. Dezember 2008 eine Unterlassungserklärung unterzeichnete, worin sie erklärte, dass sie die abgeräumten Altkleidercontainer nicht mehr auf öffentlicher Verkehrsfläche im Stadtgebiet H2. aufstellen werde. Weiter heißt es in der Unterlassungserklärung: „Auf Privatgrundstücken werde ich sie auch nicht mehr so aufstellen, dass zum Befüllen und Entleeren die öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch genommen werden muss. Mir ist bekannt, dass das Aufstellen von Altkleider- oder Altschuhcontainern auf öffentlicher Verkehrsfläche ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis rechtswidrig ist.“
150Gleichwohl ist es in den Jahren 2011 und 2012 zu den vorgenannten Verstößen gekommen. Auch wenn sich die Unterlassungserklärung ihrem Wortlaut nach lediglich auf die zuvor im Jahr 2008 abgeräumten Container bezieht, führt dies nicht an der Tatsache vorbei, dass die Klägerin – zumindest bezüglich dieser Standorte – damit konkludent erklärt hat, sich in Zukunft (insoweit) rechtmäßig verhalten zu wollen, und dass sie sich der Erforderlichkeit von Sondernutzungserlaubnissen bewusst (gewesen) sein muss.
151Des Weiteren sind Verstöße gegen das Straßen- und Wegerecht in anderen Städten bekannt. Ausweislich des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (17 K 2897/13) lag eine Vielzahl von Verstößen in Remscheid vor und gab es weitere Verstöße in anderen Kommunen. Auch in Leipzig wurden Container der Klägerin aufgestellt, ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis zu haben. Dies wurde von der Klägerin letztlich eingeräumt (Bl. 19 der Verwaltungsvorgänge der Stadt Leipzig).
152Eine Gesamtbetrachtung der Anzahl der Verstöße gegen das Straßen- und Wegegesetz und der Verstöße gegen das Zivilrecht zeigt, in welch massiver und systematischer Weise die Klägerin im Zusammenhang mit der Aufstellung ihrer Container die Rechtsordnung missachtet.
153Besonders der Umstand, dass in H2. trotz der Unterlassungserklärung vom 10. Dezember 2008 in den Jahren 2011 und 2012 an 21 Standorten ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis Container aufgestellt waren, verdeutlicht, dass die Klägerin (zumindest bis zum Jahr 2012) nicht einsichtig war und aus ihren Fehlern keine naheliegenden Konsequenzen, gerichtet auf einen rechtmäßigen Sammelbetrieb zog.
154Dabei lässt die Kammer nicht unberücksichtigt, dass mehrere Verstöße geraume Zeit zurückliegen. Die noch aktuellen Verstöße zeigen aber, dass die Klägerin zumindest bis in die allerjüngste Vergangenheit hinein nicht bereit war, zur Wahrung der Rechtsordnung ihre Sammlungen auf das rechtlich zulässige Maß zu beschränken, indem sie der Rechtsordnung zuwider laufende Nutzungen aufgibt. Das Verhalten der Klägerin lässt hingegen allein den Schluss zu, dass sie ausschließlich auf ihr nachgewiesene Verstöße der vorgenannten Art reagiert, nicht aber bereit war und ist, von sich aus für eine Beachtung der Rechtsordnung zu sorgen. Es ist ferner nichts dafür ersichtlich, dass sich diese grundsätzliche Einstellung zur Rechtsordnung auf die Fälle der Missachtung privater Rechte und der Verstöße gegen das Straßen- und Wegerecht beschränkt und nicht auch die Pflichten nach dem KrWG erfasst. Allein der Umstand, dass derzeit Geld mit Altkleidern und -schuhen zu verdienen ist, lässt nur die ordnungsgemäße Verwertung des Wertstoffs erwarten, nicht aber die Beachtung des Abfallrechts in allen anderen Punkten, wie z.B. die Behandlung der Fehlwürfe. Die Annahme, dass derjenige, der durch Verstöße der festgestellten Art mit jeder Sammlung eigentlich verbundene Aufwendungen ersparen will, auch dann unter Missachtung der Rechtsordnung spart, wenn die Fehlwürfe überhand nehmen oder aufgrund ihrer Qualität einen erheblichen finanziellen Entsorgungsaufwand verursachen, ist jedenfalls nicht fernliegend.
155Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit der Klägerin dürfen auch die vorgenommenen personellen Veränderungen in der Führungsebene ihres Unternehmens nicht unberücksichtigt bleiben. So ist im Jahr 2013 der damalige Geschäftsführer Herrn E. abberufen worden. Stattdessen wurde ihm zunächst Einzelprokura erteilt. Diese wurde im November 2014 widerrufen. Nach dem Eindruck der Kammer sind diese personellen Veränderungen verfahrenstaktisch motiviert. So ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Vornahme der Änderungen und den gerichtlichen Verfahren und Entscheidungen auffällig: Die Abberufung des Herrn E. als Geschäftsführer erfolgte im Mai 2013, als einige Gerichtsverfahren anhängig waren und offensichtlich wurde, dass es auf die Zuverlässigkeit der Klägerin und in diesem Zusammenhang auch auf den Geschäftsführer, unter dem es zu den Verstößen gegen das Straßen- und Wegerecht kam, ankommen dürfte. Da jedoch Herr E. Einzelprokura erteilt wurde, konnte er weiterhin weitreichend für die Klägerin tätig werden. Nachdem dieser Umstand in gerichtlichen Entscheidungen aufgegriffen wurde, wurde die Einzelprokura mit Schreiben vom 14. November 2014 widerrufen. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 7. Oktober 2014 (17 K 2897/13) auch den Betriebsleiter, Herrn X. , für unzuverlässig erklärte und daraus auf ein Fortwirken der Unzuverlässigkeit der Klägerin schloss, da sich der Tätigkeitsbereich des Herrn X. nicht geändert habe, wurde mit Änderungskündigung zum 1. November 2014 sein Aufgabenbereich geändert. Er ist nunmehr nur noch Abfallbeauftragter und nicht mehr Betriebsleiter und soll für die Kontrolle der Aufstellung von Sammelcontainern und die Betreuung der Standplätze nicht mehr zuständig sein. Nicht in Einklang bringen lässt sich mit diesem Vorbringen die Benennung des Herrn X. als Zeuge zur Frage, wo Container der Klägerin stehen. Dass die organisatorischen Maßnahmen bisher nicht Erfolg zeigten, wird jedenfalls dadurch belegt, dass in jüngerer Vergangenheit und selbst aktuell noch gegen private Rechte und das Straßen- und Wegerecht verstoßen wird.
156Das Foto der Container der Klägerin am Standort in der V.-------straße gegenüber von Haus Nr. 467 im Stadtgebiet der Beklagten stammt vom 15. Januar 2015, das des Containers am Standort Im T3. 51/53 in Dortmund vom 1. Dezember 2014 und das Foto des Containers am Standort S2. Straße 177 in Dortmund stammt vom 4. Dezember 2014.
157Die Kammer lässt auch nicht die von der Klägerin erarbeiteten Arbeitsanweisungen, die eine Aufstellung der Container im Einklang mit dem öffentlichen und privaten Recht sicherstellen sollen, unberücksichtigt. Gerade die Unternehmenspraxis in der Vergangenheit und der Umstand, dass weiterhin Container der Klägerin ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt sind, zeigt aber, dass trotz der von der Klägerin vorgenommenen Änderungen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (dem der mündlichen Verhandlung) immer noch auch für die Zukunft mit Verstößen der festgestellten Art zu rechnen ist. Die aktuellen Verstöße mögen unter dem Druck der Rechtsprechung nicht mehr so zahlreich sein wie noch in den Jahren zuvor, aber es ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich für die Vergangenheit durch die illegale Aufstellung von Containern als unzuverlässig erwiesen hat und es deshalb für eine Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit handfester Nachweise bedarf.
158S. dazu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 – juris Rn. 108.
159Von einem in der Vergangenheit derart unzuverlässigen Sammler ist zu erwarten, dass er aktiv seine Aufstellorte überprüft, indem er zweifelhafte Standorte (vorübergehend) aufgibt, sich gegebenenfalls nachfolgend um eine Klärung der Sach- und Rechtslage bemüht und erst bei unzweifelhafter Berechtigung zum Aufstellen des Sammelcontainers diese (wieder) aufstellt. Die Klägerin ist einen Nachweis dafür schuldig geblieben, dass sie in dieser Weise verfährt. Sie hat auch – trotz der seit Monaten bekannten Zweifel – nicht aktiv ihre Zuverlässigkeit dargelegt, sondern auf die für ihre Unzuverlässigkeit sprechenden Einzelfälle ausschließlich in der Weise reagiert, dass sie berechtigten Beanstandungen abgeholfen hat.
160Die Klägerin kann sich nicht auf den besonderen Vertrauensschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG berufen. Die Vorschrift ist nicht einschlägig, weil nach Ansicht der Kammer Rechtsgrundlage der Sammlungsuntersagung § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist und insoweit keine entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen in Rede stehen.
161Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 869/13 - juris Rn. 14.
162Bei mangelnder Zuverlässigkeit kann kein schutzwürdiges Vertrauen bestehen.
163Sowohl die Anordnung der Entfernung der Container als auch die Untersagung der Neuaufstellung der Container ohne erforderliche behördliche Bestätigungen (Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides) ist rechtswidrig.
164Die Anordnung der Entfernung der Container ist nicht von § 18 Abs. 5 KrWG gedeckt. Für die Art und Weise der Beendigung einer bereits begonnenen Sammlung findet sich in § 18 Abs. 5 KrWG keine Rechtsgrundlage. Bei der Aufforderung zur Entfernung der Container handelt es sich nicht um eine Bedingung, Befristung oder Auflage i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Auch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ermächtigt nicht die Beklagten, die Entfernung der Container zu fordern, sondern lediglich zur Untersagung einer (angezeigten) Sammlung. Theoretisch möglich ist das Beenden einer bereits begonnen Containersammlung auch durch ein Verriegeln der Container, weswegen das Entfernen nicht zwingend mit einer Untersagung einhergehen muss.
165Für die Anordnung des Entfernens kann grundsätzlich § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommen. Mangels ausgeübten Ermessens ist die Anordnung auch nicht unter diesem Gesichtspunkt rechtmäßig.
166Das Verbot einer Neuaufstellung der Container ohne vorherige behördliche Bestätigung findet keine Rechtsgrundlage im Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sieht lediglich ein Anzeigeverfahren vor. Einer behördlichen Bestätigung bedarf es nicht. Mangels Ermächtigungsgrundlage ist dieser Teil des Bescheides rechtswidrig.
167Die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides) ist gemäß §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW) bezüglich der Anordnung in Ziffer 1 rechtmäßig. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte die Zwangsgeldandrohung im angefochtenen Bescheid hinreichend begründet. Es liegt kein Ermessensfehler vor. Das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € erweist sich insbesondere gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung als angemessen. Soweit die Zwangsgeldandrohung die Ziffer 2 des Bescheides betrifft, ist sie rechtswidrig, da die Anordnung in Ziffer 2 - wie zuvor dargelegt - rechtswidrig ist.
168Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in Höhe des Anteils ihres Unterliegens im Verhältnis zum gesamten Streitgegenstand zu tragen. Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
den Bescheid vom 24. Januar 2014 aufzuheben.
Gründe
-
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
-
2.die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
-
3.die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.
(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.
(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.
Tenor
Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 26. April 2013 wird aufgehoben.
Ziffer 4 des Bescheides der Beklagten vom 26. April 2013 wird insoweit aufgehoben als sie die Ziffer 2 in Bezug nimmt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das gewerblich Altkleider und Altschuhe (im Folgenden: Alttextilien) in Sammelcontainern im Bringsystem sammelt.
3Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nimmt im Stadtgebiet der Beklagten grundsätzlich die Entsorgungsbetriebe F. GmbH (F1. ) wahr. Bezüglich der Dienstleistungskonzessionen für die Sammlung, den Transport und die Verwertung von Alttextilien fand eine Ausschreibung durch die F1. GmbH statt. Auch die Klägerin bewarb sich für die Vergabe der Dienstleistungskonzessionen. Die Konzessionen wurden jedoch an zwei andere Unternehmen vergeben.
4Bereits unter dem 25. Juli 2012 zeigte die Klägerin eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien der Beklagten an. In der Anzeige gab sie an, 16 Mitarbeiter und 16 Sammelfahrzeuge zu haben. Die maximale Jahresmenge der zu erwartenden Abfälle im Stadtgebiet der Beklagten betrage ca. 100 t pro Jahr. Die Gesamtdauer der Sammlung sei auf drei Jahre ausgelegt. Die Sammlungen würden ständig durchgeführt. Nach der Anzeige sollen die eingesammelten Abfälle zunächst bei der Klägerin zwischengelagert und dann von der Firma W. Textile Recycling Sp. z.o.o. in L. , Polen, verwertet werden. Der Anzeige beigefügt war u.a. ein zwischen der Klägerin und dieser Firma geschlossener Vertrag, ein Entsorgungsfach- betriebszertifikat für die Klägerin vom 21. März 2012 sowie weitere Unterlagen. Die Anzeige unterschrieb Herr O. X. als Abfallbeauftragter der Klägerin.
5Geschäftsführer der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt noch Herr N. E. .
6Mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Angaben / Unterlagen benötigt würden. Es fehlten u.a. die genauen Standorte und Größen der Container sowie die Einverständniserklärung der Eigentümer, auf dessen Grundstücken die Container stünden.
7Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 30. Januar 2013 mit, dass die gesammelten Alttextilien sowie die bei der Sammlung angefallenen Störstoffe im Jahr 2012 ordnungsgemäß schadlos verwertet bzw. gemeinwohlverträglich nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) beseitigt worden seien. Die Störstoffe seien dem öffentlich-rechtlichen Entsorger zur Verwertung übergeben worden. Unter dem 7. Februar 2013 teilte die Klägerin mit, dass die Nennung der Containerstandorte von § 18 Abs. 2 KrWG ihrer Ansicht nach nicht erfasst sei.
8Mit Schreiben vom 19. Februar 2013 wies die Beklagte die Klägerin u.a. darauf hin, sie habe bislang noch keinen Nachweis darüber erbracht, dass es sich bei der angezeigten Sammlung um eine bereits vor dem 1. Juni 2012 bestehende Sammlung handele.
9Im Februar 2013 erhielt die Beklagte Kenntnis von Eintragungen im Gewerbezentralregister für den damaligen Geschäftsführer Herrn E. . Im März erhielt die Beklagte Kenntnis von zwei Altkleidercontainern der Klägerin am Standort C. L1. / Ecke I. , von drei Containern in der C1. M. . 349-351, von einem Container in der Straße C2. / Ecke G. und von zwei Containern auf einem Aldi-Parkplatz in der O1. Straße 62 / W1. Weg, die ohne Einverständnis des Grundstückseigentümers dort aufgestellt waren, sowie von einem Container in der N1. -C3. -Straße 26/28.
10Mit Schreiben vom 22. März 2013 übersandte die Klägerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Liste einiger Containerstellplätze im Stadtgebiet der Beklagten.
11Die untere Abfallwirtschaftsbehörde ging gemäß einem Vermerk vom 4. April 2013 davon aus, dass eine nicht genehmigte Sammlung durch die Klägerin aufgenommen worden sei. Daher sei die Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers entbehrlich geworden.
12Die Beklagte untersagte der Klägerin mit Bescheid vom 26. April 2013 die angezeigte Sammlung von Textilien, Altkleidern, -schuhen und Verpackungen aus Textilien sowie die nicht angezeigte Sammlung jeglicher Textilien, Altkleider, -schuhe und Verpackungen aus Textilien (Ziff. 1). Sie gab der Klägerin auf, sämtliche ihr zugehörigen Sammelbehälter im Stadtgebiet der Beklagten, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche oder private Flächen handele, zu entfernen und untersagte das erneute Aufstellen ohne erforderliche behördliche Bestätigung (Ziff. 2). Sie ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung an (Ziff. 3) und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 5.000,00 € für den Fall an, dass die Anordnung der Ziffer 1. und 2. nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt werde (Ziff. 4). Die Beklagte begründete die Entscheidung u.a. damit: Es sei festgestellt worden, dass Container der Klägerin ohne Einverständnis der Eigentümer auf deren Privatgrundstücken stünden. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger habe im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens wirtschaftliche Unternehmen als beauftragte Dritte mit der Sammlung und Verwertung der im Stadtgebiet anfallenden Alttextilien betraut. Durch die Aufnahme der nicht genehmigten Sammlung der Klägerin werde die Entsorgungsleistung dieser Firmen unterlaufen. Die Klägerin verschaffe sich durch illegale Standorte, für die sie keine Gebühr entrichte, einen wirtschaftlichen Vorteil, welcher zu einer Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen für die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beauftragten Dritten führe.
13Mit Beschluss vom 24. Mai 2013 wurde Herr E. als Geschäftsführer abberufen. Neuer Geschäftsführer ist seitdem Herr L2. . Herr E. bekam zunächst Einzelprokura. Diese ist ihm mit Schreiben vom 14. November 2014 entzogen worden.
14Die Klägerin hat bereits am 3. Mai 2013 Klage. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2015 hat die Beklagte den Bescheid vom 26. April 2013 klarstellend dahingehend geändert, dass damit nunmehr nicht auch eine „nicht angezeigte Sammlung“ untersagt wird.
15Zu Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Ermächtigungsgrundlage, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, auf die sich die Beklagte berufe, verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Untersagung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte nicht zuständig sei. In entsprechender Anwendung von § 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) müsse die Bezirksregierung über Untersagungen entscheiden, da ansonsten die kreisfreien Städte und Kreise in eigener Sache entscheiden würden. Nach ihrem Kenntnisstand fehle hier eine Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gegenüber der unteren Abfallwirtschaftsbehörde. Durch die fehlende Beteiligung liege ein Verfahrensfehler vor, der zur Rechtswidrigkeit der Untersagung führe. Dieser sei auch nicht unbeachtlich. Da eine Stellungnahme nicht eingeholt worden sei, sei ersichtlich, dass eine organisatorische Trennung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der unteren Abfallwirtschaftsbehörde nicht vorgenommen worden sei. Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Die Forderung der Beklagten, Containerstandorte anzugeben, habe keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage im KrWG.
16Die Untersagung könne nicht auf eine fehlende Zuverlässigkeit gestützt werden. Es lägen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des bisherigen Geschäftsführers, Herrn E. , vor. Darauf komme es auch gar nicht mehr an. Der neue Geschäftsführer, Herr L2. , sei ohne Zweifel zuverlässig. Etwaige Verstöße gegen zivilrechtliche Verpflichtungen kämen grundsätzlich nicht als Untersagungsgrund in Betracht, da öffentlich-rechtliche Belange nicht berührt seien. Straßenrechtliche Verstöße seien nicht zu berücksichtigen. Der Zuverlässigkeitsbegriff in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG werde durch § 8 Abs. 2 Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) konkretisiert. Selbst wenn etwaige straßenrechtliche Sachverhalte im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erheblich sein sollten, könnte nicht von ausreichend starken Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ausgegangen werden. Sie sei intensiv damit befasst, die Einhaltung straßenrechtlicher Vorgaben sicherzustellen. So erfolge eine ständig andauernde Überprüfung bestehender Containerstandorte auf die Einhaltung des Straßenrechts. Dieses Überprüfungsverfahren sei im Laufe der Zeit weiter verbessert worden. Ihr Geschäftsführer habe hierzu eine Arbeitsanweisung zu Überprüfung und Aufstellung von Sammelcontainern erlassen aus der sich ergebe, dass straßenrechtliche Vorgaben unbedingt einzuhalten seien. Ferner habe der Geschäftsführer eine Praxisanleitung erstellen lassen, aus der sich ergebe, wie die straßenrechtlichen Vorgaben zu prüfen und umzusetzen sein. Sie habe veranlasst, dass diejenigen Container, die die Beklagte im Eilverfahren als im Widerspruch zum geltenden Straßen- und Wegerechts stehend bemängelt habe (Standorte H.------graben , F2.---------straße 180), abgebaut werden.
17Die Untersagungsverfügung könne nicht auf entgegenstehende öffentliche Interessen gestützt werden. Die Untersagung sei ermessensfehlerhaft, da die Beklagte ihr Auswahlermessen nicht richtig ausgeübt habe. Außerdem sei sie unverhältnismäßig, da die Beklagte in nicht ausreichendem Maße berücksichtigt habe, dass es sich um eine Bestandssammlung i.S.v. § 18 Abs. 7 KrWG handele.
18Die Androhung des Zwangsgeldes sei rechtswidrig, da sie nicht hinreichend begründet sei. Es lägen zudem Ermessensfehler vor. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei ermessensfehlerhaft festgesetzt.
19Die Klägerin beantragt,
20den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 in der Fassung vom 24. Februar 2015 aufzuheben.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie trägt u.a. vor, dass sie die Untersagung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG stütze. Sie vertrete weiterhin die Auffassung, dass eine Containerstandortliste erforderlich sei, um die Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf das kommunale Erfassungssystem beurteilen zu können. Die Weigerung, Containerstellplätze zu benennen, führe zu einer Unvollständigkeit der Unterlagen. Die Anzeige sei somit vorsätzlich nicht vollständig erstattet. Aus anderen Verfahren sei die Ansicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bekannt, dass eine gewerbliche Sammlung im Zusammenwirken mit weiteren gewerblichen Sammlungen öffentliche Interessen beeinträchtige, weswegen auf eine Stellungnahme hier verzichtet worden sei. Eine andere Stellungnahme zur Sammlung der Klägerin sei nicht zu erwarten gewesen. § 17 Abs. 2 Satz 3 KrWG definiere drei Voraussetzungen, unter welchen die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen vom Gesetzgeber vermutet werde. Eine Beeinträchtigung sei schon dann anzunehmen, wenn nur eine der Voraussetzungen erfüllt sei. Im vorliegenden Fall seien alle Merkmale für die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gegeben.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
25Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
26Die Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ist rechtmäßig. Die Ziffer 4 ist rechtmäßig, soweit sie sich auf Ziffer 1 bezieht. Insoweit verletzt der Bescheid die Klägerin nicht in ihren Rechten. Im Übrigen ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
27Rechtsgrundlage für die Untersagung der angezeigten Sammlung von Alttextilien (Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides) ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Die Beklagte stützt die Untersagung zwar ihrem Vortrag nach auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG und damit auf eine andere Rechtsgrundlage. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes ist das Gericht angesichts des den Verwaltungsgerichtsprozess kennzeichnenden Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) aber weder auf den von der Beklagten zugrunde gelegten Sachverhalt noch auf die von ihr herangezogenen Rechtsgrundlagen beschränkt. Dieses Vorgehen ist mit Blick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung nur dann nicht zulässig, wenn sich das Gericht dabei Kompetenzen anmaßt, die der Beklagten zustehen, wie bei der Heranziehung einer Rechtsgrundlage mit einem gerichtlich nicht oder nicht voll überprüfbaren Beurteilungs-, Abwägungs- oder Ermessensspielraum. Da es sich bei § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht um eine Vorschrift handelt, die der Beklagten Ermessen oder einen Beurteilungsspielraum einräumt, ist die Kammer nicht daran gehindert, die Untersagung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG statt auf die Alt. 2 dieser Vorschrift zu stützen.
28Die Rechtsgrundlage für die Untersagung, § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Bei entsprechender, den Schutzbereichen der Art. 12, 14 GG Rechnung tragender Auslegung der Norm bestehen gegen dieselbe auch keine europarechtlichen Bedenken. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar, diese sind aber durch Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV gerechtfertigt. Danach gelten die Vorschriften der Verträge für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Bei der Abfallentsorgung aus privaten Haushalten handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann.
29Vgl. zu § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16/08 -, juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf das „Arnheim-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs, EuGH, Urteil vom 10. November 1998, - Rs. C-360/96 -.
30Bei einem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG, die durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris Rn. 109 f; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -, juris Rn. 41 ff, sowie zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerreglung § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, juris Rn. 36.
32Im Rahmen der Auslegung und Anwendung der §§ 17, 18 KrWG ist dies zu berücksichtigen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Reglungen ist insoweit möglich.
33Die Untersagung ist formell rechtmäßig. Es hat die zuständige Behörde gehandelt. Die Beklagte ist als untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG NRW) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 ZustVU in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zuständig. Auch wenn in der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz nur von dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Rede ist, gilt sie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des KrWG) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 39.
35Gemäß § 5 Abs. 1 LAbfG NRW sind zwar die Kreise und kreisfreien Städte auch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, denen nach § 5 Abs. 2 LAbfG insbesondere das Einsammeln und Befördern der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfällen obliegt. Ein Verstoß gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt darin jedoch nicht, auch wenn zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abstellen. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
36Vgl. OVG NRW Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris Rn. 41.
37Es kann aber unter dem Gesichtspunkt des Neutralitätsgebotes des Staates, das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, problematisch sein, wenn bei einem Rechtsträger unterschiedliche Aufgaben zusammenfallen, bei deren Wahrnehmung es zu einem Interessenkonflikt kommen kann. Aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, folgt die Notwendigkeit einer fairen Verfahrensgestaltung und damit auch das Neutralitätsgebot des Staates.
38Diese Bedenken sind bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 S. 2 KrWG sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
39Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
40Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später nicht als stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und “für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungs- wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge“ zu tragen.
41Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47.
42Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist grundsätzlich dann gegeben, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24, OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, juris Rn. 11.
44Durch Erlass ist in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
45Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Au. IV-2-408.10.02.
46Dies ist bei der Beklagten der Fall. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger gehört zum Geschäftsbereich 2, die untere Abfallwirtschaftsbehörde zum Geschäftsbereich 6A der Beklagten. Für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger war im Jahr 2003 Frau S. tätig, heute ist es Herr T. . Bei der unteren Abfallwirtschaftsbehörde ist Frau H1. im Rahmen des Anzeigeverfahrens tätig geworden. Eine ausreichende organisatorische und personelle Trennung liegt vor.
47Zwar hat die Beklagte als untere Umweltschutzbehörde keine Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eingeholt. Daraus kann aber nicht auf eine fehlende organisatorische und personelle Trennung geschlossen werden. Auf die Einholung der Stellungnahme verzichtete die untere Umweltschutzbehörde ausweislich eines im April 2013 gefertigten Vermerks, da sie wegen der bereits erfolgten Aufnahme der „nicht genehmigten Sammlung“ durch die Klägerin eine Stellungnahme nicht mehr für erforderlich hielt. Des Weiteren teilt die Beklagte mit, dass ihr aus anderen Verfahren die Auffassung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bekannt war und sie deshalb auf die Einholung einer Stellungnahme verzichtet habe. Ob diese Begründungen den Verzicht auf die Einholung einer Stellungnahme rechtfertigen können, kann dahinstehen. Jedenfalls zeigen sie, dass die Stellungnahme aus anderen Gründen unterblieb und nicht, weil eine Zusammenarbeit von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und unterer Abfallwirtschaftsbehörde vorlag. Gerade der Umstand, dass die Beklagte im gerichtlichen Verfahren die Beiladung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beantragte, zeigt, dass sie den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger quasi als Dritten ansieht.
48Die fehlende Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt nicht zur Aufhebung der Untersagungsverfügung bezüglich der angezeigten Sammlung. Es kann offen bleiben, ob die Rechtmäßigkeit einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Untersagungsverfügung zwingend eine vorherige Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 18 Abs. 4 KrWG voraussetzt. Selbst wenn zugunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass es einer derartigen Beteiligung gemäß § 18 Abs. 4 KrWG bedürfe oder eine Aufforderung zur Stellungnahme gemäß § 18 Abs. 4 KrWG auch dem Schutz der Belange des Sammlers diente, wäre ein insoweit unterstellter Mangel jedenfalls nach § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) unbeachtlich. Die Verletzung einer Verfahrensvorschrift führt nach § 46 VwVfG NRW nur dann zur Aufhebung des in Rede stehenden Verwaltungsaktes, wenn der Verfahrensfehler wesentlich und nicht auszuschließen ist, dass er auf das Ergebnis Einfluss hat. Hier hat die fehlende Stellungnahme keinen Einfluss auf das Ergebnis. Selbst wenn von der theoretischen Möglichkeit auszugehen sein sollte, dass die Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in dem Verfahren der Klägerin anders ausgefallen wäre als hinsichtlich der Anzeige anderer gewerblicher Sammlungen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hier keine entgegenstehenden öffentlichen Interessen geltend gemachte hätte, hätte das auf das Ergebnis keinen Einfluss gehabt, da die Kammer die Untersagung unter dem Gesichtspunkt der Unzuverlässigkeit der Klägerin gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG für rechtmäßig erachtet und es insofern nicht auf entgegenstehende öffentliche Interessen ankommt.
49Die Untersagungsverfügung ist materiell rechtmäßig.
50Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung der der (letzten) mündlichen Verhandlung.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798 /11 -, juris Rn. 31 f; BayVGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris Rn. 9.
52Die Voraussetzungen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG liegen. vor. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.
53Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder juristische Person, die die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, nicht veröffentlicht, Urteilsabdruck S. 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 60.
55Dies ist hier die Klägerin, der das Handeln ihres Geschäftsführers und ihres Abfallbeauftragten zuzurechnen ist.
56Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht legaldefiniert. Die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist nicht auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien beschränkt, da gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen.
57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 –, juris Rn. 29; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – 10 S 1202/13 –, juris Rn. 20.
58§ 3 Abs. 2 Verordnung über das Anzeige- und Erlaubnisverfahren für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (Anzeige- und Erlaubnisverordnung – AbfAEV –) findet zur Konkretisierung des Zuverlässigkeitsbegriffs des § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 KrWG keine Anwendung.
59Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 17 K 2897/13 -, juris Rn. 77; a.A. noch VG Köln, Urteil 11. September 2004 - 13 K 1220/12 -, nicht veröffentlicht, Urteilsabdruck S.15.
60In § 3 Abs. 1 AbfEV werden ausdrücklich nur § 53 Abs. 2 Satz 1 KrWG und § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG genannt. Eine Anwendung des § 3 Abs. 2 AbfEV auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist nicht vorgesehen. Es ist nicht ersichtlich, warum für die Beurteilung der Zuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG lediglich die in § 3 Abs. 2 AbfEV genannten Belange Berücksichtigung finden sollten.
61Mangels eigenständiger Definition beurteilt sich die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz nach den zu § 35 Gewerbeordnung (GewO) entwickelten Grundsätzen.
62Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 21; VG Minden, Urteil vom 21. Mai 2014 – 11 K 1711/13 –, juris Rn. 27.
63Unzuverlässig ist demnach, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben,
64vgl. zu § 35 GewO: OVG NRW Urteil vom 12. April 2011 –4 A 1449/08 –, juris Rn. 26.
65Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen.
66Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, juris Rn. 21.
67Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist im Hinblick auf Art. 12, 14 GG insoweit einschränkend auszulegen, als (bloße) Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 607/13 -, juris Rn. 10.
69Das heißt, für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG muss bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird.
70Im Rahmen der Beurteilung, ob es sich um einen gewichtigen Verstoß handelt, ist zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen Vorschriften möglich sind, die im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägig sind, die aber nicht unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. Solche Verstöße sind gleichwohl auch zu berücksichtigen, zumal diese Aufschluss über das Verhalten bezüglich der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit geben. Je weniger direkt das Schutzgut des Abfallrechts von der Vorschrift betroffen ist, gegen die verstoßen wird, umso strenger muss jedoch der Maßstab zur Berücksichtigung dieses Verstoßes sein.
71Zum anderen ist zu beachten, dass zwar zur Annahme der Unzuverlässigkeit die Gefahr gewichtiger Verstöße bestehen muss, dass sich die Relevanz von Verstößen aber nicht allein aus der Schwere des einzelnen Verstoßes ergibt, sondern auch eine Vielzahl weniger gewichtiger Verstöße in ihrer Gesamtheit zur Prognose der Unzuverlässigkeit führen kann. Je mehr System hinter den Verstößen liegt, umso weniger gewichtig kann der einzelne Verstoß zur Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt.1 KrWG sein.
72Schließlich ist eine zeitliche Komponente zu beachten. Je länger ein Verstoß zurückliegt, desto mehr müssen andere Aspekte hinzukommen, die in ihrer Gesamtschau die Prognose der Unzuverlässigkeit rechtfertigen.
73Dass die Klägerin im Anzeigeverfahren nicht die von der Beklagten angeforderte Liste der Containerstellplätze beigebracht hat, führt nicht zur Annahme ihrer Unzuverlässigkeit. Eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige kann zwar grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anzeigende seitens der zuständigen Behörde auf die Unvollständigkeit hingewiesen und um Ergänzung gebeten wurde, dieser darauf aber nicht reagiert oder sogar ausdrücklich die Mitteilung der Information/Vorlage der Unterlagen verweigert.
74Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 -, juris Rn 14.
75Die Klägerin war aber nicht zur Nennung der Containerstellplätze verpflichtet. Die nach § 18 Abs. 2 KrWG der Anzeige der Sammlung beizufügenden Angaben und Darlegungen erfassen keine Informationen zu den Stellplätzen. Auch eine Auslegung nach Sinn und Zweck, Gesetzessystematik und/oder gesetzgeberischen Willen ergeben keinerlei Anhaltspunkte für die gesetzliche Notwendigkeit einer solchen Angabe.
76Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Juni 2013 – 9 L 337/13 –, juris Rn. 28; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 15; offengelassen in OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 -, juris Rn. 14, jedoch in der Tendenz verneinend (vgl. Rn. 15); s.a. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 -, nicht veröffentlicht, Beschlussabdruck S. 8 -; a.A. VG Münster, Beschluss vom 14. März 2013 – 7 L 49/13 -, juris Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 8. April 2013 – 20 CS 13.337 –, juris Rn. 10.
77Die Beklagte hat nicht bereits im Anzeigeverfahren anhand einer Stellplatzliste zu überprüfen, ob die notwendigen Sondernutzungserlaubnisse oder privatrechtlichen Einverständniserklärungen vorliegen.
78In welchem Umfang die Klägerin bereits vor Inkrafttreten des KrwG tätig war, in welchem Umfang sie danach, aber vor Ablauf der Dreimonatsfrist tätig war, inwieweit sie sich auf eine Bestandssammlung berufen kann und ob auf eine Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann, wenn und soweit die Sammlung nach Inkrafttreten des KrWG, aber vor Ablauf der Dreimonatsfrist über die Bestandssammlung hinausgegangen sein sollte, kann dahinstehen, da die Klägerin wegen straßen- und zivilrechtlicher Verstöße im Zusammenhang mit der Aufstellung der Container unzuverlässig ist.
79Entgegen der Ansicht der Klägerin gehören straßenrechtliche Normen zu den im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung die Annahme einer Unzuverlässigkeit i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen kann. Nach § 3 Abs. 15 KrWG wird eine Sammlung durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert. Dieses beginnt mit dem Aufstellen von Containern. Aufstellung und Sammlung bedingen einander wechselseitig. Bei der Aufstellung kann es zu sich perpetuierenden straßenrechtlichen Verstößen kommen.
80Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 13.
81Steht eine Unzuverlässigkeit wegen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften im Raum, muss allerdings beachtet werden, dass das Schutzgut des Abfallrechts davon nicht unmittelbar betroffen ist und es sich bei einem einzelnen Verstoß grundsätzlich nicht um einen solchen gewichtiger Natur handelt. Bei diesen Verstößen muss daher ein systematisches und massives Fehlverhalten feststehen und es muss ferner bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Fall der Durchführung der Sammlung ebenfalls zu gewichtigen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften, also zu unerlaubten Sondernutzungen, kommen wird. Kam es in der Vergangenheit zu massiven und systematischen Verstößen gegen Vorschriften, ist davon in der Regel auch für die Zukunft auszugehen.
82Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 – juris Rn. 10; Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 – juris Rn. 14; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 6. Oktober 2014 – 2 B 348/14 –, juris Rn. 10; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 18.
83Das Aufstellen von Altkleider- und Altschuhcontainern auf öffentlichen Gehwegen/Straßenflächen bedarf gemäß § 18 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG NRW) einer Sondernutzungserlaubnis. Es werden durch das Aufstellen von solchen Containern öffentliche Straßenflächen über den Gemeingebrauch hinaus benutzt. Dies gilt auch für Container, die zwar auf privater Fläche stehen, jedoch so aufgestellt sind, dass die Benutzer zum Befüllen der Container auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen müssen. Die Benutzer handeln dabei nicht im Rahmen des Gemeingebrauchs. Vielmehr nimmt der Benutzer beim Befüllen eines Altkleider- und Altschuhcontainers Handlungen vor – Lektüre einer Gebrauchsanweisung, Öffnen einer Klappe, Einwerfen von Schuhen oder Kleidung – die nicht überwiegend dem Verkehr dienen, sondern der gewerblichen Nutzung des Aufstellers zuzurechnen sind.
84Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 1999 – 23 B 334/99 –, juris Rn. 11.
85Die Unzuverlässigkeit i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG kann außerdem dann angenommen werden, wenn Sammelcontainer systematisch und in massiver Weise ohne erforderliche Erlaubnis des Verfügungsberechtigten auf Privatgrundstücken aufgestellt werden.
86Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 10 S 30/14 -, juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 81; angedeutet in: OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 13.
87Die Klägerin verstößt systematisch und massiv gegen Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Sammlung stehen. Zum einen werden Container auf öffentlichen Flächen aufgestellt, für die sie keine Sondernutzungserlaubnis hat. Zum anderen stehen Container zwar mit Erlaubnis auf privaten Flächen, aber sie sind so aufgestellt, dass die öffentliche Fläche zum Befüllen genutzt werden muss. Des Weiteren kam es zumindest in der Vergangenheit zu Verstößen gegen das Privatrecht, da für Containerstandorte keine Erlaubnis der Verfügungsberechtigten vorlag. Dazu im Einzelnen:
88Im Stadtgebiet der Beklagten sind an elf Standorten Verstöße gegen das Straßen- und Wegegesetz oder das Zivilrecht bekannt:
89- 90
1. Mindestens ein Container der Klägerin stand im Jahr 2013 ohne die erforderliche Erlaubnis des Verfügungsberechtigten auf dem Aldi-Parkplatz in der O2.----------straße 62/ Ecke W1. Weg. Im März 2013 holte die Klägerin den Container ab. Es liegt ein Verstoß gegen das Privatrecht vor.
- 91
2. In Höhe C1. M1.---straße 349-351 standen drei Container der Klägerin im Jahr 2013 ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis auf öffentlicher Fläche bzw. konnten zumindest nur von öffentlicher Fläche aus befüllt und entleert werden. Dies lässt sich den der Kammer vorliegenden Fotos sowie einem Kartenausdruck von www.tim-online.nrw.de entnehmen.
- 92
3. Das gleiche gilt für die Container, die im Jahr 2013 in der B.--------straße / S1.-------straße standen. Nach der Internetrecherche (https://maps.google.de) standen die Container bereits im Jahr 2009 dort.
- 93
4. Einer der Container, die in der C4.-----straße / Ecke I1.--------ring standen, konnte ausweislich einer Internetrecherche (https://maps.google.de; www.geoportal.nrw.de) nur von öffentlicher Verkehrsfläche aus bedient werden.
- 94
5. Der Container in der Straße X1. (neben N2. ) konnte unabhängig von der Frage, ob er auf öffentlicher Fläche stand, jedenfalls nur von öffentlicher Fläche aus bedient werden. Auch dies ergibt sich aus einer Internetrecherche (https://maps.google.de; www.geoportal.nrw.de).
Dass für die Standorte 2. bis 5. möglicherweise privatrechtliche Vereinbarungen vorliegen, ist angesichts der erlaubnispflichtigen Sondernutzung unerheblich.
96- 97
6. Für die zwei Container, die in der Straße C5. / Ecke I. im Jahr 2013 standen, gab es nicht die erforderliche Sondernutzungserlaubnis. Es liegt ein Foto dieser Container an diesem Standort vor. Einem Kartenausdruck über www.geoportal.nrw.de lässt sich entnehmen, dass sich um eine öffentliche Fläche handelt. Mit Schreiben vom 11. März 2013 ist die Klägerin aufgefordert worden, die Container zu entfernen. Im April 2013 standen sie nicht mehr dort.
- 98
7. Der Container auf dem KIK-Parkplatz in der F2.---------straße / Elisabethstraße 101 stand dort ohne Erlaubnis des Verfügungsberechtigten. Es liegt ein Foto vor, das den Container auf diesem Parkplatz zeigt. Des Weiteren liegt eine E-Mail der L3. & A. AG vom 3. Mai 2012 vor, der sich entnehmen lässt, dass der Verfügungsberechtigte keine Einverständniserklärung zur Aufstellung an diesem Standort abgegeben hat. Nach dem Vortrag der Klägerin sei der Container dort bislang geduldet worden. Er wurde abgeholt.
- 99
8. Ein Container stand im Jahr 2013 in der Straße C2. / Ecke G. ohne Erlaubnis auf einer Fläche der GGE. Der vorgelegte Vertrag vom 12. Dezember 2012 betrifft einen anderen Standort (C2. 2).
- 100
9. Der Container im L4. Ring 75 konnte aufgrund seiner Ausrichtung, welche die Kammer mittels einer Internetrecherche (https://maps.google.de) ermittelt hat, zum Zeitpunkt des Aufnahmedatums des Bildes nur von öffentlicher Fläche aus befüllt werden, da der Grünstreifen entlang des Zaunes noch zum Straßengrund gehört. Dies ergibt sich aus einem Kartenausdruck von www.geoportal.nrw.de. Insofern ist eine privatrechtliche Erlaubnis unerheblich.
- 101
10. Das gleiche gilt für den Container im Schollbraukring 11-24 (Foto: https://google.maps.de; Kartenausdruck: www.geoportal.nrw.de), wobei dieser vermutlich bereits schon selbst auf öffentlicher Fläche steht, da das Flurstück 148 städtisches Eigentum ist. Der Vortrag der Klägerin, dass eine mündliche Vereinbarung für diesen Standort vorliegt, ist daher unbeachtlich. Es liegt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung vor.
- 102
11. Die Container in der V.-------straße gegenüber von Haus Nr. 461 sind ausweislich der Bilder, die die Beklagte vorgelegt hat, unabhängig von der Frage, ob sie sich auf einer privaten oder öffentlichen Fläche befinden, jedenfalls nur vom öffentlichen Straßenraum aus zu bedienen. Auch hier ist eine mündliche Vereinbarung unbeachtlich, da eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist.
Der im Jahr 2013 in der N1. -C3. -Straße 26/28 stehende Container stand ohne Einverständnis des Eigentümers dort. Ob er mit der Erlaubnis eines möglicherweise anderen Verfügungsberechtigten dort stand, ist unbekannt, obgleich die Klägerin dies unschwer darlegen können müsste. Bei dem Standort in der Burgstraße gegenüber von Haus Nr. 90 wendet die Klägerin ein, dass es sich um einen ihr entwendeten Container handeln müsse, der nicht von ihr genutzt werde. Angaben zu Zeit und Ort der Entwendung macht die Klägerin nicht. Nach einer Internetrecherche (https://maps.google.de) stand der Container bereits im Jahr 2009 dort. Anhand eines Kartenausdrucks von www.geoportal.nrw.de wird ersichtlich, dass es sich um eine öffentliche Fläche handelt.
104Nach den mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 vorgelegten Fotos sind die Container an etlichen Standorten nunmehr so aufgestellt, dass sie nicht mehr vom öffentlichen Gehweg aus bedient werden können.
105Der Kammer sind aus Parallelverfahren der Klägerin weitere Verstöße bekannt. Diese sind berücksichtigungsfähig, da die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden nicht von Stadt- und Kreisgrenzen beeinflusst wird.
106In Herne sind Verstöße an sieben Standorten gegen das Straßen- und Wegerecht aus der Vergangenheit bekannt:
1071. Zwei Container der Klägerin standen zumindest in der Vergangenheit – ausweislich des von der Klägerin selbst vorgelegten Fotos – in der F3.---straße auf einem Grünstreifen. Dabei handelt es sich um das Flurstück 217 (www.tim-online.nrw.de), welches sich im städtischen Eigentum befindet.
1082. Bei dem Standort in der I2. Straße (Zufahrt zu einem Bahngelände) handelt es sich ausweislich des – von der Klägerin vorgelegten – Fotos und des beigezogenen Kartenmaterials (www.tim-online.nrw.de) um das Flurstück 165, welches sich im städtischen Eigentum befindet.
1093. Der Standort des Containers der Klägerin in der I3. -C6. -Straße auf dem Grünstreifen hinter den dortigen Altglas- und Altpapiercontainer befindet sich ebenfalls im städtischen Eigentum (Flurstück 802, www.tim-online.nrw.de).
1104. Der Standort in der „L5.---straße “, tatsächlich in der F4.------straße vor dem Sportplatz „V1. G1. “, befindet sich in städtischem Eigentum (Flurstück 340). Der Standort des Containers ist auf einem Foto aus dem Jahr 2013 ersichtlich. Anhand eines Kartenausdrucks von www.tim-online.nrw.de wird das Flurstück erkennbar.
1115. Der Container im T1.-----------ring gegenüber von Haus Nr. 1 stand auf öffentlicher Fläche (Flurstück 794). Dies lässt sich dem vorliegenden Foto des Containers und einem Kartenausdruck von www.tim-online.nrw.de entnehmen.
112Da die Klägerin keine Sondernutzungserlaubnisse dafür hatte, handelt es sich um Verstöße gegen das Straßen- und Wegegesetz.
1136. Wie auch von der Klägerin vorgetragen, dürfte sich der Standort der zwei Container in der B1.----straße gegenüber von Haus Nr. 25 im Eigentum der Deutschen Bahn befinden (s. im Internet recherchierte Luftbilder sowie Kartenausdruck von www.tim-online.nrw.de). Eine Einverständniserklärung der Deutschen Bahn für die Aufstellung hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sollte der Standort auf öffentlicher Fläche liegen, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Straßen- und Wegerecht, da dafür keine Sondernutzungserlaubnis vorliegt.
1147. Für den Standort in der T2. Straße 14 hat die Klägerin einen Vertrag vorgelegt. Anhand der von der Beklagten vorgelegten Fotos in Verbindung mit dem beigezogenen Kartenmaterial (www.tim-online.nrw.de) ist zu erkennen, dass der Container zumindest zwischenzeitlich auf öffentlicher Fläche stand. Eine Sondernutzungserlaubnis lag nicht vor.
115In Dortmund sind Verstöße an mindestens sechs Standorten gegen das Straßen- und Wegegesetz bekannt:
1161. Zwei Container der Klägerin standen auf der C7.------straße gegenüber von Haus Nr. 126.
1172. Ein Container stand auf der N3.------straße , bei Haus Nr. 26.
1183. Ein Container stand auf der L6.------straße gegenüber von Haus Nr. 28.
119Bei diesen Standorten handelte es sich jeweils um eine öffentliche Fläche, wie den vorliegenden Fotos in Verbindung mit den Recherchen bei www.tim-online.nrw.de zu entnehmen ist. Eine Sondernutzungserlaubnis lag nicht vor. Die Klägerin hat dazu in den entsprechenden Verfahren vorgetragen, dass die dortigen Container zwischenzeitlich abgezogen seien, und damit die Verstöße indirekt bestätigt (vgl. 9 K 2778/13, 9 L 671/13).
1204. Ein Container stand im Dezember 2014 Im T3. 51/53. Für diesen Standort hat die Klägerin zwar einen Aufstellvertrag vorgelegt, jedoch ist anhand des der Kammer vorliegenden Bildes in Verbindung mit dem beigezogenem Kartenmaterial (www.tim-online.nrw.de) ersichtlich, dass sich der Container auf dem Gehweg und damit im öffentlichen Straßenraum befand.
1215. Am Standort S2. Straße auf dem Grünstreifen zwischen den Häusern Nr. 168 und 177 stand im Dezember 2014 ein Container der Klägerin. Unabhängig von der Frage, ob derjenige, mit dem die Klägerin einen Vertrag darüber geschlossen hat, berechtigt war, der Klägerin die Aufstellung zu erlauben, da es sich um eine öffentliche Fläche handelt, liegt hier ein Verstoß vor. Das Befüllen des Containers ist ausweislich des vorgelegten Fotos lediglich vom Gehweg aus möglich. Bei diesem handelt es sich um das Flurstück 595, welches sich ausweislich einer Recherche bei ALKIS-Online im städtischen Eigentum befindet. Dafür ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich.
1226. Ein Container steht im L7. Weg neben der Eisenbahnbrücke. Zwar trägt die Klägerin vor, sie habe eine mündliche Vereinbarung für den Standort L7. Weg 84. Der Container steht jedoch auf einem Grundstück der Deutschen Bahn AG, weswegen eine mündliche Vereinbarung mit einem Verfügungsberechtigten fraglich ist. Jedenfalls ist der Container nach dem vorliegenden Foto vom Gehweg aus zu befüllen und zu entleeren. Dafür ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich.
123Der Container in der X2. -F5. -Straße/ Ecke B2. Straße stand ausweislich des Bildes vom 24. Juli 2014 am Rand eines Grünstreifens. Bei diesem handelt es sich unter Auswertung des vorhandenen Bild- und Kartenmaterials um das Flurstück 1746, welches nach einer Recherche bei ALKIS-Online im Eigentum der Stadt Dortmund steht. Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen das Straßen- und Wegegesetz vor. Ebenso spricht bei dem Standort des Containers in der X3.------straße 215 ausweislich des vorliegenden Bild- und Kartenmaterials viel dafür, dass es sich um eine öffentliche Fläche handelt.
124Im Stadtgebiet H2. standen in den Jahren 2011 und 2012 etliche Container der Klägerin auf öffentlich gewidmeten Flächen ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis. Die Klägerin erhob im Jahr 2011 Klage gegen einen Heranziehungsbescheid der Stadt H2. vom 19. August 2011, mit dem die Stadt die Kosten für die Abräumung von rechtswidrig aufgestellten Containern verlangte (14 K 4052/11). An sechs Standorten wurden insgesamt acht Container der Klägerin im Mai 2011 abgeräumt, da sie entweder ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis auf öffentlicher Fläche standen oder auf privater Fläche so aufgestellt waren, dass zum Befüllen und Entleeren der Container öffentliche Fläche in Anspruch genommen werden musste:
1251. A1. Straße zwischen Haus Nr. 63 und 81
1262. C8.---------weg gegenüber der Firma C9.
1273. Wiesmannstraße
1284. C10.-------straße / Ecke I4. Straße
1295. I5.---------------straße (Nähe Friedhof)
1306. V2.---straße (Nähe A2. ).
131In der A1. Straße und im C8.---------weg gegenüber der Firma C9. befanden sich jeweils zwei Container der Klägerin.
132Im Jahr 2012 forderte die Stadt H2. die Klägerin mit Beseitigungsanordnung vom 27. Juni 2012 auf, an fünfzehn Standorten die Container ersatzlos zu entfernen und nicht wieder aufzustellen. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Dabei handelte es sich laut Bescheid vom 27. Juni 2012 um folgende Standorte auf öffentlicher Verkehrsfläche und auf an öffentliche Verkehrsflächen angrenzende Standorte, wo die Container so aufgestellt waren, dass die Benutzer zum Befüllen der Container auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen mussten:
1331. C11.---------straße (Gehweg gegenüber dem Aldi-Markt)
1342. C12.---straße (Parkstreifen)
1353. V3.-----straße (Parkstreifen hinter dem N4. )
1364. X4.----straße (Gehweg gegenüber Haus Nr. 13)
1375. S3. Straße/ Ecke I6.------straße (Gehweg)
1386. X5.----------straße (Gehweg gegenüber Haus Nr. 103)
1397. I7.------straße / Ecke L8.---straße
1408. I8.--------straße
1419. F6.---------straße (gegenüber der Gärtnerei Q. )
14210. N5.---------straße / I9. -E1. -Straße
14311. D.-----straße (Höhe O3. )
14412. X6. Straße (Bereich zwischen L9. und M2. )
14513. L10.-----straße / Ecke X6. Straße
14614. I10.---------straße
14715. X7.------weg , Höhe Haus Nr. 133
148Im August 2014 stand ein Container auf dem Grundstück U.-----------weg 13. Grundstückseigentümerin ist die Deutsche B3. . Zwar hatte die Klägerin nach ihrem Vortrag mit dieser einen Vertrag über mehrere Containerstandorte. Dieser war jedoch ausgelaufen. Die Klägerin vergaß nach eigenen Angaben an diesem Standort den Container zu entfernen. Noch im August 2014 stand er dort ohne Erlaubnis der Grundstückseigentümerin.
149Besonders schwer wiegen diese Verstöße in H2. , da die Klägerin am 10. Dezember 2008 eine Unterlassungserklärung unterzeichnete, worin sie erklärte, dass sie die abgeräumten Altkleidercontainer nicht mehr auf öffentlicher Verkehrsfläche im Stadtgebiet H2. aufstellen werde. Weiter heißt es in der Unterlassungserklärung: „Auf Privatgrundstücken werde ich sie auch nicht mehr so aufstellen, dass zum Befüllen und Entleeren die öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch genommen werden muss. Mir ist bekannt, dass das Aufstellen von Altkleider- oder Altschuhcontainern auf öffentlicher Verkehrsfläche ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis rechtswidrig ist.“
150Gleichwohl ist es in den Jahren 2011 und 2012 zu den vorgenannten Verstößen gekommen. Auch wenn sich die Unterlassungserklärung ihrem Wortlaut nach lediglich auf die zuvor im Jahr 2008 abgeräumten Container bezieht, führt dies nicht an der Tatsache vorbei, dass die Klägerin – zumindest bezüglich dieser Standorte – damit konkludent erklärt hat, sich in Zukunft (insoweit) rechtmäßig verhalten zu wollen, und dass sie sich der Erforderlichkeit von Sondernutzungserlaubnissen bewusst (gewesen) sein muss.
151Des Weiteren sind Verstöße gegen das Straßen- und Wegerecht in anderen Städten bekannt. Ausweislich des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (17 K 2897/13) lag eine Vielzahl von Verstößen in Remscheid vor und gab es weitere Verstöße in anderen Kommunen. Auch in Leipzig wurden Container der Klägerin aufgestellt, ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis zu haben. Dies wurde von der Klägerin letztlich eingeräumt (Bl. 19 der Verwaltungsvorgänge der Stadt Leipzig).
152Eine Gesamtbetrachtung der Anzahl der Verstöße gegen das Straßen- und Wegegesetz und der Verstöße gegen das Zivilrecht zeigt, in welch massiver und systematischer Weise die Klägerin im Zusammenhang mit der Aufstellung ihrer Container die Rechtsordnung missachtet.
153Besonders der Umstand, dass in H2. trotz der Unterlassungserklärung vom 10. Dezember 2008 in den Jahren 2011 und 2012 an 21 Standorten ohne die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis Container aufgestellt waren, verdeutlicht, dass die Klägerin (zumindest bis zum Jahr 2012) nicht einsichtig war und aus ihren Fehlern keine naheliegenden Konsequenzen, gerichtet auf einen rechtmäßigen Sammelbetrieb zog.
154Dabei lässt die Kammer nicht unberücksichtigt, dass mehrere Verstöße geraume Zeit zurückliegen. Die noch aktuellen Verstöße zeigen aber, dass die Klägerin zumindest bis in die allerjüngste Vergangenheit hinein nicht bereit war, zur Wahrung der Rechtsordnung ihre Sammlungen auf das rechtlich zulässige Maß zu beschränken, indem sie der Rechtsordnung zuwider laufende Nutzungen aufgibt. Das Verhalten der Klägerin lässt hingegen allein den Schluss zu, dass sie ausschließlich auf ihr nachgewiesene Verstöße der vorgenannten Art reagiert, nicht aber bereit war und ist, von sich aus für eine Beachtung der Rechtsordnung zu sorgen. Es ist ferner nichts dafür ersichtlich, dass sich diese grundsätzliche Einstellung zur Rechtsordnung auf die Fälle der Missachtung privater Rechte und der Verstöße gegen das Straßen- und Wegerecht beschränkt und nicht auch die Pflichten nach dem KrWG erfasst. Allein der Umstand, dass derzeit Geld mit Altkleidern und -schuhen zu verdienen ist, lässt nur die ordnungsgemäße Verwertung des Wertstoffs erwarten, nicht aber die Beachtung des Abfallrechts in allen anderen Punkten, wie z.B. die Behandlung der Fehlwürfe. Die Annahme, dass derjenige, der durch Verstöße der festgestellten Art mit jeder Sammlung eigentlich verbundene Aufwendungen ersparen will, auch dann unter Missachtung der Rechtsordnung spart, wenn die Fehlwürfe überhand nehmen oder aufgrund ihrer Qualität einen erheblichen finanziellen Entsorgungsaufwand verursachen, ist jedenfalls nicht fernliegend.
155Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit der Klägerin dürfen auch die vorgenommenen personellen Veränderungen in der Führungsebene ihres Unternehmens nicht unberücksichtigt bleiben. So ist im Jahr 2013 der damalige Geschäftsführer Herrn E. abberufen worden. Stattdessen wurde ihm zunächst Einzelprokura erteilt. Diese wurde im November 2014 widerrufen. Nach dem Eindruck der Kammer sind diese personellen Veränderungen verfahrenstaktisch motiviert. So ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Vornahme der Änderungen und den gerichtlichen Verfahren und Entscheidungen auffällig: Die Abberufung des Herrn E. als Geschäftsführer erfolgte im Mai 2013, als einige Gerichtsverfahren anhängig waren und offensichtlich wurde, dass es auf die Zuverlässigkeit der Klägerin und in diesem Zusammenhang auch auf den Geschäftsführer, unter dem es zu den Verstößen gegen das Straßen- und Wegerecht kam, ankommen dürfte. Da jedoch Herr E. Einzelprokura erteilt wurde, konnte er weiterhin weitreichend für die Klägerin tätig werden. Nachdem dieser Umstand in gerichtlichen Entscheidungen aufgegriffen wurde, wurde die Einzelprokura mit Schreiben vom 14. November 2014 widerrufen. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 7. Oktober 2014 (17 K 2897/13) auch den Betriebsleiter, Herrn X. , für unzuverlässig erklärte und daraus auf ein Fortwirken der Unzuverlässigkeit der Klägerin schloss, da sich der Tätigkeitsbereich des Herrn X. nicht geändert habe, wurde mit Änderungskündigung zum 1. November 2014 sein Aufgabenbereich geändert. Er ist nunmehr nur noch Abfallbeauftragter und nicht mehr Betriebsleiter und soll für die Kontrolle der Aufstellung von Sammelcontainern und die Betreuung der Standplätze nicht mehr zuständig sein. Nicht in Einklang bringen lässt sich mit diesem Vorbringen die Benennung des Herrn X. als Zeuge zur Frage, wo Container der Klägerin stehen. Dass die organisatorischen Maßnahmen bisher nicht Erfolg zeigten, wird jedenfalls dadurch belegt, dass in jüngerer Vergangenheit und selbst aktuell noch gegen private Rechte und das Straßen- und Wegerecht verstoßen wird.
156Das Foto der Container der Klägerin am Standort in der V.-------straße gegenüber von Haus Nr. 467 im Stadtgebiet der Beklagten stammt vom 15. Januar 2015, das des Containers am Standort Im T3. 51/53 in Dortmund vom 1. Dezember 2014 und das Foto des Containers am Standort S2. Straße 177 in Dortmund stammt vom 4. Dezember 2014.
157Die Kammer lässt auch nicht die von der Klägerin erarbeiteten Arbeitsanweisungen, die eine Aufstellung der Container im Einklang mit dem öffentlichen und privaten Recht sicherstellen sollen, unberücksichtigt. Gerade die Unternehmenspraxis in der Vergangenheit und der Umstand, dass weiterhin Container der Klägerin ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt sind, zeigt aber, dass trotz der von der Klägerin vorgenommenen Änderungen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (dem der mündlichen Verhandlung) immer noch auch für die Zukunft mit Verstößen der festgestellten Art zu rechnen ist. Die aktuellen Verstöße mögen unter dem Druck der Rechtsprechung nicht mehr so zahlreich sein wie noch in den Jahren zuvor, aber es ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich für die Vergangenheit durch die illegale Aufstellung von Containern als unzuverlässig erwiesen hat und es deshalb für eine Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit handfester Nachweise bedarf.
158S. dazu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 – juris Rn. 108.
159Von einem in der Vergangenheit derart unzuverlässigen Sammler ist zu erwarten, dass er aktiv seine Aufstellorte überprüft, indem er zweifelhafte Standorte (vorübergehend) aufgibt, sich gegebenenfalls nachfolgend um eine Klärung der Sach- und Rechtslage bemüht und erst bei unzweifelhafter Berechtigung zum Aufstellen des Sammelcontainers diese (wieder) aufstellt. Die Klägerin ist einen Nachweis dafür schuldig geblieben, dass sie in dieser Weise verfährt. Sie hat auch – trotz der seit Monaten bekannten Zweifel – nicht aktiv ihre Zuverlässigkeit dargelegt, sondern auf die für ihre Unzuverlässigkeit sprechenden Einzelfälle ausschließlich in der Weise reagiert, dass sie berechtigten Beanstandungen abgeholfen hat.
160Die Klägerin kann sich nicht auf den besonderen Vertrauensschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG berufen. Die Vorschrift ist nicht einschlägig, weil nach Ansicht der Kammer Rechtsgrundlage der Sammlungsuntersagung § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist und insoweit keine entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen in Rede stehen.
161Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 20 B 869/13 - juris Rn. 14.
162Bei mangelnder Zuverlässigkeit kann kein schutzwürdiges Vertrauen bestehen.
163Sowohl die Anordnung der Entfernung der Container als auch die Untersagung der Neuaufstellung der Container ohne erforderliche behördliche Bestätigungen (Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides) ist rechtswidrig.
164Die Anordnung der Entfernung der Container ist nicht von § 18 Abs. 5 KrWG gedeckt. Für die Art und Weise der Beendigung einer bereits begonnenen Sammlung findet sich in § 18 Abs. 5 KrWG keine Rechtsgrundlage. Bei der Aufforderung zur Entfernung der Container handelt es sich nicht um eine Bedingung, Befristung oder Auflage i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Auch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ermächtigt nicht die Beklagten, die Entfernung der Container zu fordern, sondern lediglich zur Untersagung einer (angezeigten) Sammlung. Theoretisch möglich ist das Beenden einer bereits begonnen Containersammlung auch durch ein Verriegeln der Container, weswegen das Entfernen nicht zwingend mit einer Untersagung einhergehen muss.
165Für die Anordnung des Entfernens kann grundsätzlich § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommen. Mangels ausgeübten Ermessens ist die Anordnung auch nicht unter diesem Gesichtspunkt rechtmäßig.
166Das Verbot einer Neuaufstellung der Container ohne vorherige behördliche Bestätigung findet keine Rechtsgrundlage im Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sieht lediglich ein Anzeigeverfahren vor. Einer behördlichen Bestätigung bedarf es nicht. Mangels Ermächtigungsgrundlage ist dieser Teil des Bescheides rechtswidrig.
167Die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides) ist gemäß §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW) bezüglich der Anordnung in Ziffer 1 rechtmäßig. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte die Zwangsgeldandrohung im angefochtenen Bescheid hinreichend begründet. Es liegt kein Ermessensfehler vor. Das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € erweist sich insbesondere gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen an der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung als angemessen. Soweit die Zwangsgeldandrohung die Ziffer 2 des Bescheides betrifft, ist sie rechtswidrig, da die Anordnung in Ziffer 2 - wie zuvor dargelegt - rechtswidrig ist.
168Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in Höhe des Anteils ihres Unterliegens im Verhältnis zum gesamten Streitgegenstand zu tragen. Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.
(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.
(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.
Tenor
I.
Der Bescheid des Beklagten vom ... November 2012 wird aufgehoben.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Aufhebung eines Bescheids des Landratsamtes P. ..., der es ihr ab ... Juni 2013 untersagt, im Landkreis gewerblich Altkleider und Altschuhe zu sammeln.
Mit E-Mail vom ... Mai 2012 zeigte die Klägerin beim Landratsamt „die (bereits bisher im Landkreis bzw. Gemeinde- und/oder Stadtgebiet durchgeführte) gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten an“. Im beigefügten Schreiben gab die Klägerin an, sie betreibe bundesweit ca. 7.000 Altkleidercontainer. In ihrem Werk ... würden über 350.000 Kleidungsstücke täglich sortiert. Die Container- als auch Straßensammlung werde über einen Zeitraum von zehn Jahren beantragt und erstrecke sich über das komplette Landkreis- bzw. Gemeinde- und Stadtgebiet. Das Sammelgut setze sich erfahrungsgemäß zu 60% aus tragfähiger wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen zusammen. Ca. 30% würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert. Ca. 10% gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Die sortierten Produkte würden in 27 inländischen ReSales Shops und im Export in Länder Afrikas, in den nahen und mittleren Osten sowie nach Osteuropa zur Wiederverwendung geliefert. Die Wiederverwendung von sortierter Second-Hand-Kleidung/Ware als Produkt (nicht mehr Abfall) sei aufgrund stetig steigender Nachfrage und langjähriger Geschäftsverbindungen ebenfalls gesichert. Die notwendigen Verwertungs-Kapazitäten seien gegeben. Im Rahmen des jährlichen Audits aus dem Entsorgungsfachbetrieb der Klägerin seien die festgelegten Prozessabläufe innerhalb der Verwertungswege jederzeit transparent und nachvollziehbar.
Der Beigeladene wurde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger mit Schreiben von ... Juni 2012 um Stellungnahme gebeten. In seiner Äußerung vom ... Juli 2012 machte er geltend, die vorgelegten Unterlagen entsprächen nicht den Anforderungen des § 18 KrWG. Es fehlten Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung, Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle sowie die Darlegung der Verwertungswege.
Unabhängig von den nachzufordernden Unterlagen werde mitgeteilt, dass der Werkausschuss des Kreistags am ... Juni 2012 eine Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes beschlossen habe. Mit Wirkung ab ... Januar 2013 werde der Abfallwirtschaftsbetrieb ein eigenes flächendeckendes Erfassungssystem für Alttextilien installieren. In Abstimmung mit allen kreisangehörigen Gemeinden würden auf den Wertstoffhöfen sowie allen derzeitigen Depotcontainerstellplätzen auch Container zur Erfassung von Alttextilien aufgestellt. Die Vergabe der hierfür erforderlichen Dienstleistung erfolge im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung.
Der Durchführung von gewerblichen Sammlungen stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen, da durch die Zulassung von gewerblichen Sammlungen für Alttextilien die konkret geplante Ausschreibung nicht diskriminierungsfrei und transparent durchgeführt werden könne.
Das Landratsamt forderte die Klägerin mit Schreiben vom ... August 2012 auf, konkrete Angaben zur angezeigten Sammlung zu machen, insbesondere Mengenprognosen abzugeben. Eine allgemeine Bezugnahme auf mögliche Verwertungswege genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anzeige. Es sei darzulegen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet werde.
Mit E-Mail vom ... August 2012 reichte die Klägerin ergänzende Unterlagen nach und gab an, die Klägerin betreibe im Landkreis bereits 14 Container, wie aus der beigefügten Stellplatzliste ersichtlich, und erfasse dort 50 t Ware pro Jahr. Es sei beabsichtigt, weitere 100 Container für die Dauer von 10 Jahren aufzustellen und damit ca. 350 t jährlich zu erfassen.
Mit Schreiben vom ... November 2012 teilte das Landratsamt mit, der Beigeladene beabsichtige ab ... Januar ein eigenes flächendeckendes Erfassungssystem für Alttextilien und -schuhe zu installieren. Der von der Klägerin angezeigten gewerblichen Sammlung stünden damit überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Bescheid vom ... November 2012 ließ der Beklagte die angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen im Kreisgebiet des Beigeladenen befristet bis zum ... Mai 2013 zu (Nummer 1) und untersagte die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen ab dem ... Juni 2013 (Nummer 2). Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen aus: Ab dem Beginn der geplanten Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stehe die angezeigte Sammlung der Klägerin in Konkurrenz dazu. Durch die konkurrierende gewerbliche Sammlung werde die Funktionsfähigkeit der kommunalen Erfassung erheblich gestört, da diese die Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindere und Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtige. Die angezeigte Sammlung sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die geplante des AWP.
Gegen den Bescheid vom ... November 2012 erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am ... Dezember 2012 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom ... November 2013 (Az.: 40/1761) aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, wenn die Beklagtenseite nach Art. 3 Abs. 1 BayAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei, könne sie nicht gleichzeitig die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 4 KrWG sein, also auch nicht für die Untersagungsverfügung zuständig sein.
Die Klägerin sammle in den von ihr aufgestellten Altkleidercontainern keine Abfälle, sondern überwiegend sogenannte Second-Hand-Kleidung. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung nicht im Sinne von § 3 Abs. 3 KrWG auf. Das Einwerfen in einen Altkleidercontainer bedeute nichts anderes als die Aufforderung an die Klägerin, dieses Altkleiderstück dorthin zu bringen, wo Bedürftige dieses Kleiderstück benötigen. Das in § 3 Abs. 3 Ziff. 2 KrWG eingefügte Wort „unmittelbar“ sei ein rechtswidriges Abweichen von der Abfallrahmenrichtlinie und solle so zu einem völlig ausufernden Abfallbegriff führen. Über diese Abweichung habe letztlich der EuGH zu entscheiden, eine diesbezügliche Vorlage werde beantragt.
Solange ein Verbraucher der Meinung sei, er würde ein tragfähiges Kleidungsstück zu dem Zweck in den Altkleidercontainer einwerfen, dass Bedürftige diese Kleidungsstücke weiter tragen können, sei seine Auffassung vor dem Hintergrund des subjektiven Abfallbegriffs eindeutig maßgebend. Sortiere ein gewerblicher Alttextilunternehmer Kleidungsstücke aus, weil sie nicht vermarktungsfähig seien, sei dies eine Entscheidung des Unternehmers, die abfallerzeugend wirke. Diese Entscheidung wirke jedoch nicht auf den Verbraucher zurück. In allen Fällen der Wiederverwendung von Kleidung scheide der Abfallbegriff aus.
Auch nach § 5 KrWG erfülle ein Kleidungsstück im Augenblick des Einwurfs in einen Altkleidercontainer alle Voraussetzungen für das Ende der Abfalleigenschaft. Aus alledem ergebe sich, dass Altkleidung, Gebrauchtkleidung, Gebrauchttextilien oder auch Second-Hand-Kleidung nicht dem Abfallbegriff unterlägen, da sie aufgrund des subjektiven Abfallbegriffs und des Spendenzwecks der Verbraucher nicht zu Abfall würden.
Eine nachvollziehbare und wirksame Begründung für die Befristung bis ... Juni 2013 lasse der angefochtene Bescheid vermissen. Wie das eigene flächendeckende Erfassungssystem von Alttextilien duch den Beigeladenen ausgestaltet sei, und ob die angezeigte Sammlung der Klägerin eine Gefährdung mit sich bringe, bleibe völlig offen. Daher könne auch nicht zu der Frage, dass die Sammlung der Klägerin ggf. wesentlich besser sei im Sinne des § 17 KrWG, Stellung genommen werden. Es bleibe offen, ob hier wirklich eine leistungsfähige Sammlung, Sortierung und Vermarktung geplant sei. Ebenfalls nicht beachtet worden sei der Vertrauensschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG. Die gewerbliche Sammlung der Klägerin sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen KrWG bereits sei Jahren durchgeführt worden und habe die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet, weshalb der Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin zu beachten habe.
Zwischenzeitlich wurde das Vergabeverfahren abgeschlossen. Die Vergabe der Dienstleistung erfolgte durch öffentliche, europaweite Ausschreibung. Der Zuschlag an den wirtschaftlichsten der neun Bieter wurde am ... Mai 2013 erteilt. Der Vertrag hat eine Laufzeit vom ... Juni 2013 bis ... Mai 2016. Der Auftragnehmer entrichtet ein pauschales Entgelt von EUR 109,65 pro Container und Monat an den AWP. Tatsächlicher Leistungsbeginn war der ... Juli 2013. Vorgesehen war eine Erfassung auf Wertstoffhöfen und daneben „anfallsnah“ mittels 115 Containern auf von den Gemeinden des Landkreises zur Verfügung gestellten Stellflächen.
Mit Beschluss des Gerichts vom ... Juli 2013 wurde der Landkreis P. ... als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger beigeladen.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom ... Juli 2013,
die Klage abzuweisen.
Das Landratsamt sei für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids sachlich und örtlich zuständig gewesen. Es habe als Staatsbehörde gehandelt. Für eine behördeninterne organisatorische und personelle Trennung von den Aufgaben des Beigeladenen sei gesorgt, da es sich beim dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Beigeladenen um einen Eigenbetrieb mit vollkommen eigener personeller, räumlicher und organisatorischer Ausstattung handle. Ein etwaiger Anhörungsmangel sei jedenfalls durch die von der Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholte Verschaffung rechtlichen Gehörs geheilt.
Die Voraussetzungen sowohl für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung als auch für eine Befristung lägen vor. Die angezeigten Sammelgüter unterfielen dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die geplante Sammlung gefährde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, da die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG eingreife, wonach eine solche wesentliche Beeinträchtigung insbesondere anzunehmen sei, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein von diesem beauftragter Dritter eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe. Bei der nun seit ... Juli 2013 durchgeführten landkreisdeckenden Erfassung handle es sich um eine hochwertige Erfassung: Es erfolge eine Containererfassung auf 20 Wertstoffhöfen und an ca. 62 Depotcontainerstandorten. Die Sortierung und Weiterverwertung der eingesammelten Abfälle wird im Einzelnen detailliert dargestellt.
Es würden in etwa folgende Verwertungsquorten erzielt: 45% - 50% Wiederverwendung als Secondhand-Bekleidung bzw. -Schuhe, 25% Weiterverwendung als Putzlappen, 20% stoffliche Verwertung in Form von Faser- und Rohstoff-Rückgewinnung sowie 5% - 10% thermische Verwertung.
Eine wesentliche Beeinträchtigung liege vor: Im Vergabeverfahren sei man von einer prognostizierten Sammelmenge von 400 t pro Jahr ausgegangen. Die Klägerin plane landkreisweit eine flächendeckende Erfassung von Alttextilien durch ca. 115 Container auf Depotstandflächen und Straßensammlungen und prognostiziere eine Sammelmenge von 350 t jährlich, so dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger allein durch die Klägerin bereits nahezu 90% der zu erwartenden Abfallmenge entzogen würde, womit eine wesentliche Beeinträchtigung außer Frage stehe.
Weiterhin würde durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin die Gebührenstabilität gefährdet. Die Erlöse aus der Alttextilerfassung entsprächen ca. 2,25% des jährlichen Gebührenaufkommens. Es sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene für die Entsorgung von Alttextilien nicht nur zu Zeiten eines positiven Marktwertes zuständig sei. Bei einem negativen Marktwert könnten sich gewerbliche Sammler von der Erfassung und Vermarktung zurückziehen.
Es liege außerdem eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung i. S. d. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vor. Die Regelung umfasse Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erhalten habe oder am Ausschreibungsverfahren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gar nicht teilgenommen habe und nun eine gewerbliche Sammlung vornehme. Durch die Zulassung paralleler gewerblicher Sammlungen wäre es nahezu unmöglich, die Bedingungen des bereits durchgeführten Vergabeverfahrens aufrecht zu erhalten und künftig Vergabeverfahren rechtskonform durchzuführen.
Bei der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei auch auf das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen abzustellen. Nach der vorliegenden Mengenprognose hätte alle gewerblichen Sammler zusammen eine Menge von 1.422,80 t/a prognostiziert. Stelle man die im Vergabeverfahren prognostizierte Sammelmenge von 400 t/a gegenüber, würde dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die gesamte Sammelmenge entzogen und eine Vergabe wäre nicht möglich.
Die Sammlung der Klägerin sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die Sammlung des Beigeladenen.
Die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sei im vorliegenden Fall nicht anders zu gewährleisten. Es stehe dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich frei, sich für eine Neuaufnahme einer bisher nicht betriebenen Abfallfraktion zu entscheiden, was § 17 Abs. 3 KrWG mit dem Schutz der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zum Ausdruck bringe (VG Ansbach). Diese Möglichkeit sei bei einer Zulassung der gewerblichen Sammlung der Klägerin wesentlich beeinträchtigt. Eine andere Möglichkeit, diese Beeinträchtigung anders als durch Untersagung zu beseitigen, sei nicht ersichtlich und werde von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung widerspreche auch nicht dem in § 18 Abs. 7 KrWG normierten Vertrauensgrundsatz. Die Übergangsfrist bis 31. Mai 2013 sei ausreichend dafür, dass sich die Klägerin auf das Ende der gewerblichen Sammlung einstellen und die insoweit notwendigen betrieblichen Vorkehrungen treffen könne. Zu berücksichtigen sei hierbei auch, dass die Erfassung mittels Containern auf Depotstandflächen dem Beklagten mit einer jährlichen Erfassungsmenge von 27 t bekannt sei, wie im Zuge der Erstellung der Abfallbilanz 2012 von der Klägerin selbst mitgeteilt. Insofern liege nunmehr eine wesentliche Ausweitung gegenüber der einem möglichen Vertrauensschutz unterliegenden bisherigen Tätigkeit vor.
Die Voraussetzungen einer Befristung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG lägen ebenfalls vor. Eine unbefristete Zulassung wäre nicht geeignet gewesen, obwohl vor dem ... Juni 2013 noch keine konkurrierende Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorhanden war, da spätestens ab diesem Zeitpunkt ein Untersagungsgrund vorgelegen habe. Die Befristung sei unter dem Gesichtspunkt eines sich entwickelnden Vertrauensschutzes geboten gewesen, um die Klägerin vor Investitionen und betrieblichen Organisationsentscheidungen zu schützen, die im Falle einer (späteren) Untersagung zu einem Vermögensschaden geführt hätten.
§ 17 Abs. 3 KrWG bringe deutlich die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass das öffentlich-rechtliche Interesse an der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers höher zu gewichten sei als die wirtschaftlichen Interessen einzelner. Diese Wertung des Gesetzgebers sei in die Ermessensentscheidung einzustellen gewesen.
Der Beigeladene beantragte durch seine Prozessbevollmächtigten am ... Juli 2013,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags führte er unter dem ... Oktober 2013 aus: Die Klägerin verkenne, das auch Altkleidung regelmäßig den Abfallbegriff erfülle, da die Bereitstellung der Alttextilien oder deren Einwurf in Sammelcontainer in Entledigungsabsicht erfolge.
Vorliegend sei von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen, weil der Beigeladene eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG haushaltsnahe und hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe. Der Beigeladene bzw. der von ihm beauftragte Dritte halte ein flächendeckendes Erfassungssystem mit Containern auf allen 20 Wertstoffhöfen sowie auf ca. 62 weiteren Depotcontainer-Standorten vor. Die Leerung der Container erfolge mindestens wöchentlich. Die aus dem Container entnommene Sammelware werde in der Sortieranlage in die Fraktionen sauberer Altkleider, saubere Altschuhe, gebrauchte Federbetten und Abfälle zur thermischen Verwertung sortiert.
Nach den Angaben der Klägerin im Anzeigeverfahren plane diese landkreisweit eine flächendeckende Erfassung von Alttextilien durch insgesamt 114 Container auf Depotcontainerstandorten. Die Klägerin gehe bei dem geplanten Sammelumfang von einer jährlichen Sammelmenge von ca. 350 t aus. Unter Zugrundelegung der im Vergabeverfahren prognostizierten Sammelmenge von 400 t jährlich würden dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger daher allein durch die Klägerin bereits nahezu 90% der zu erwartenden Abfallmenge entzogen. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei daher schon durch die allein von der Klägerin angezeigte gewerbliche Sammlung gegeben. Die gewerbliche Sammlung der Klägerin sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei vorliegend dadurch gewahrt, dass der Beklagte die angezeigte Sammlung bis zum Beginn der kommunalen Sammlung befristet zugelassen habe.
Die Klägerin vertiefte ihre Rechtsausführungen mit Schriftsatz vom ... April 2014. Der Beigeladene legte mit Schreiben vom ... April 2014 den Stand der Maßnahmen zur Einführung eines eigenen Systems zur Erfassung von Alttextilien dar.
In der mündlichen Verhandlung am 10. April 2014 hat der Klägerbevollmächtigte angegeben, am ... Juni 2014 seien im Landkreis 16 Container an 14 Standorten aufgestellt gewesen. Daraus errechne sich ein Aufkommen von 48 t pro Jahr.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 10. April 2014 verwiesen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Tragfähige Rechtsgrundlage für die Untersagung einer gewerblichen Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen ist § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG.
1.1 Diese Vorschriften sind nach entgegen der Auffassung der Klägerin auch auf die gewerbliche Sammlung von Alttextilien anwendbar, denn nach einhelliger Meinung handelt es sich bei den fraglichen Alttextilien um „Abfall“ im Rechtssinne (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Die von der Klägerin vorgetragenen Argument mögen bei einer Weitergabe von Altkleidern beispielsweise an „Second-Hand-Shops“ oder an Kleiderkammern karitativer Einrichtungen zum Tragen kommen; werden Alttextilien wie hier vorgetragen jedoch in Sammelcontainer gegeben, liegt eine „Entledigung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 AltKrWGKrWG vor, weil nach der Aufgabe der Sachherrschaft über die Alttextilien lediglich eine bloße Hoffnung auf Wiederverwendung der Gegenstände nach einem Sortierungsprozess besteht (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - DVBl 2013,1517 Rn. 29 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154 zu § 13 KrWG-/AbfG; OVG NRW, B.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 11). Soweit vorgetragen wird, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmer ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände, denn diese Motive geben nicht Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll. Der von der Klägerin vorgelegten Forsa-Umfrage kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der Abgebenden aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Der Abgebende gibt mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhen in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf (vgl. im Einzelnen OVG NRW, B.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 - juris Rn. 13 ff.). Soweit ersichtlich wird in den meisten Gerichtsentscheidungen zur gewerblichen Sammlung von Alttextilien aus Haushalten stillschweigend von der Abfalleigenschaft ausgegangen und diese daher nicht weiter begründet und schon nicht bezweifelt.
1.2 Das Gericht legt die mit einer Befristung verbundene Untersagung analog §§ 157, 133 BGB (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 35 Rn. 54) einheitlich als Untersagung unter Gewährung einer Übergangsfrist aus (vgl. VG München, U.v. 23.1.2014 - M 17 K 13.1851; U.v. 7.11.2013 - M 17 K 12.6334). Der Bescheid beschränkt sich in seiner Wirkung auf die Untersagung ab dem ... Juni 2013. Die in Nummer 1 vorgenommene Befristung bis ... Mai 2013 erlangt daneben keine eigenständige Bedeutung. Ein objektiver Empfänger würde den Bescheid in seiner Gesamtheit ausschließlich so verstehen, dass die Sammlung ab dem ... Juni 2013 dauerhaft nicht mehr stattfinden darf.
1.3 Die Untersagungsverfügung im Bescheid vom ... November 2012 ist nicht verfristet, obwohl seit der Anzeige vom ... Mai 2012 mehr als drei Monate verstrichen waren. Die Drei-Monats-Frist der vorherigen Anzeige nach § 18 Abs. 1 KrWG ist keine Ausschlussfrist in dem Sinne, dass behördliche Anordnungen nur innerhalb der Frist oder nur vor Aufnahme der Sammlungstätigkeit erfolgen können. Wird die Behörde auf eine Anzeige nicht tätig, so führt dies mit Ablauf der drei Monate nicht zu einer Genehmigungsfiktion o.ä.; die Sammlung bleibt weiter genehmigungsfrei. Grundsätzlich können solche Anordnungen also auch nach dem Zeitraum ergehen. Sodann ist aber die Nichtreaktion der Behörde ggf. - etwa bei unveränderten Umständen - als Vertrauenstatbestand zugunsten des Trägers der Sammlung zu werten, was u.U. die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen einschränkt (Schwind in von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Stand Mai 2014, § 18 KrWG Rn. 72). Sinn und Zweck der Regelung in § 18 Abs. 1 KrWG bestehen darin, dass der Sammler nach Ablauf der Drei-Monats-Frist, wenn die Behörde keine Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 oder 2 KrWG getroffen hat, mit der Sammlungstätigkeit beginnen darf, soweit und solange er sich im Rahmen seiner Anzeige hält. Abweichungen von der Anzeige bedürfen allerdings einer erneuten Anzeige (Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl. 2012, § 18 Rn. 10).
1.4 Die §§ 17, 18 KrWG sind verfassungs- und europarechtskonform.
1.4.1 Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zugunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154, 163 Rn. 36).
1.4.2 Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 - juris Rn. 11 ff.) an, der hierzu Folgendes ausgeführt hat:
„Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85), diese sind jedoch europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VG Hamburg, U.v. 9.8.2012 - 4 K 1905/10 - ZUR 2013, 43/44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung können unter den dort genannten Voraussetzungen Beschränkungen sowohl der Warenverkehrsfreiheit als auch der Wettbewerbsfreiheit legitimiert werden.
aa) Art. 106 Abs. 2 AEUV ist auf die Entsorgung von Alttextilien anwendbar (ebenso VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 38). Dass die Abfallverwertung Gegenstand einer Dienstleistung von „allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ sein kann, ist geklärt (EuGH, U.v. 23.5.2000 - Rs. C-209/98 - Slg. 2000, I-3743 Rn. 75). Speziell zum Abholen und zur Behandlung von Haushaltsabfällen hat der Gerichtshof entschieden, diese Tätigkeiten seien „unbestreitbar eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe“, die von privaten Unternehmen möglicherweise nicht in dem notwendigen Maß erfüllt werden könnten, so dass der Staat die Aufgabe „von Behörden wahrnehmen lassen kann“ (EuGH, U.v. 12.11.1998 - Rs. C-360/96 - Slg. 1998, I-6846 Rn. 52). Danach kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen als eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu qualifizieren ist (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 71). Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt (Dolde/Vetter, VBlBW 2010, 22 f.; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521/526; Schink, in: ders./Versteyl, KrWG, 2012, § 20 Rn. 21).
Bestätigt wird dieses Verständnis des Art. 106 Abs. 2 AEUV durch das Protokoll Nr. 26 „über Dienste von allgemeinem Interesse“ (ABl-EU 2010 C 83/308). Dieses Protokoll ist gemäß Art. 51 EUV Bestandteil des primären Unionsrechts. In dem Protokoll werden „die wichtige Rolle und der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden“ zu der Frage hervorgehoben, „wie Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf eine den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechende Weise zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind“. Dieses Protokoll Nr. 26 ist bei der Auslegung des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu beachten; inhaltlich weist es den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum zu (Dörr, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Mai 2013, Art. 51 EUV Rn. 13). Davon ist mit § 17 KrWG dem Grunde nach europarechtskonform Gebrauch gemacht worden (Dolde/Vetter, AbfallR 2011, 22/23; Karpenstein/Schink, AbfallR 2011, 222, 230; Franßen, in: Hansmann/Sellner, Grundzüge des Umweltrechts, 4. Aufl. 2012, Kap. 14 Rn. 6).
bb) In der Sache ist die Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig, es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (EuGH, U.v. 17.5.2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109 Rn. 54; U.v. 15.11.2007 - Rs. C-162/06
Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drs. 17/6052, S. 87). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird (ebenso VG Ansbach, a. a. O., Rn. 73). Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.
cc) Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 63 und Rn. 72). Seine Anwendung gerade auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (EuGH, U.v. 25.6.1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075 Rn. 67; U.v. 23.5.200 - Rs. C-209/98
Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat der Senat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063/1070; Suhl, AbfallR 2012, 201/212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drs. 17/6052, S. 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521/526; Kropp, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., Art. 16 AbfRRL Rn. 37). Stehen § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Satz 1 des § 17 Abs. 3 KrWG gleichsam im Dienst des Art. 106 Abs. 2 AEUV, bedürfen Satz 2 und Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG einer restriktiven, d. h. europarechtskonformen Auslegung (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 39), damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen wird.
Der Senat teilt die im Schrifttum (Suhl, AbfallR 2012, 201/205 f.; Bickenbach, LKRZ 2012, 222/227) geäußerten Bedenken an der Möglichkeit einer europarechtskonformen Handhabung jener gesetzlichen Bestimmungen nicht. Das Gesetz trifft keine starren Festlegungen, sondern verwendet auslegungsfähige unbestimmte Rechtsbegriffe (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG: „überwiegende öffentliche Interessen“; § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG: „Funktionsfähigkeit“ des Aufgabenträgers etc.) und normiert in Satz 2 und Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG, wie noch darzulegen sein wird, widerlegbare Vermutungen. Auslegung und Anwendung der Öffnungsklausel des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG können demnach im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV gehandhabt werden. Die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts ist folglich zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, U.v. 17.5.2001 - Rs. C-340/99 - Rn. 59; Mitt.v. 15.11.2007 - Rs. C-162/06
2. In formeller Hinsicht hält der angefochtene Bescheid der gerichtlichen Überprüfung stand.
2.1 Insbesondere war das Landratsamt als Kreisverwaltungsbehörde für Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG gemäß Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) i. d. F. d. Bek. v. 7.11.2005 (GVBl S. 565; BayRS 2129-2-1-1-UG), geändert durch Verordnung vom 16. April 2012 (GVBl S. 156), sowie Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LKrO, und damit für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig.
Eine - für bestimmte Konstellationen angezweifelte (NdsOVG, U.v. 21.3.2013 - 7 LB 56/11) - neutrale Aufgabenwahrnehmung ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls dann gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 20.6.2013 - 20 ZB 13.869; B.v. 1.7.2013 - 20 ZB 13.895; B.v. 8.7.2013 - 20 ZB 13.870 und 20 ZB 13.894). Das Landratsamt wurde mit der Untersagung nicht als Kreisbehörde, sondern als Staatsbehörde tätig, während Art. 3 BayAbfG dem Landkreis als kommunaler Gebietskörperschaft die Aufgabe der entsorgungspflichtigen Körperschaft, mithin des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zuweist. Die Wahrnehmung der Aufgaben erfolgt zwar wegen der Doppelnatur des Landratsamtes mitunter unter demselben Dach, jedoch stets durch unterschiedliche Rechtsträger. Damit einher geht eine personelle Trennung der unmittelbar entscheidungsbefugten Amtswalter (vgl. VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 26). Im Fall des Beigeladenen werden die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsaufgaben zudem von einem auch räumlich aus dem Landratsamt ausgelagerten Eigenbetrieb wahrgenommen, wodurch jedenfalls für eine hinreichende Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist (VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 23).
2.2 Die Anhörung der Klägerin war zwar fehlerhaft, jedoch wurde dieser Mangel durch die Gelegenheit zur Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren geheilt.
Mit Schreiben vom ... November 2012 war der Klägerin gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum... Dezember 2012 gegeben worden. Noch vor Ablauf der Frist erging unter dem ... November 2012 der streitgegenständliche Bescheid. Wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt, so darf die beabsichtigte Entscheidung nicht vor deren Ablauf ergehen. Bei einem zeitlichen Abstand von nur einem Tag zwischen Anhörungsschreiben und Bescheid ist die Anhörung als nicht erfolgt zu betrachten.
Der Anhörungsmangel ist gleichwohl gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden, da die Anhörung im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurde. Die Klägerin hatte nach Klageerhebung Gelegenheit, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht Stellung zu nehmen.
3. Der angefochtene Bescheid erweist sich als materiell rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sind nicht erfüllt.
3.1 Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen, § 18 Abs. 5 Satz 2 AltKrWGKrWG.
Im Allgemeinen ist unzuverlässig, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß ausübt. Das schließt sämtliche Anforderungen an die Tätigkeit ein (OVG NRW, B.v. 19.7.2013 - 20 B 530/13 - juris Rn. 8).
Nach diesem Maßstab bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Klägerin. Der Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich für eine Untersagung Zuverlässigkeitsbedenken ergeben könnten. Diese müssten zudem ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigten (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 20).
3.2 Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehen keine Zweifel daran, dass das von der Klägerin erfasste Sammelgut einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt wird, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG.
Nach § 7 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. Diese Voraussetzungen sind hier von der Klägerin detailliert, transparent und nachvollziehbar nachzuweisen (BayVGH, B.v. 24.7.2012 - 20 CS 12.841 - juris Rn. 28; VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 34; U.v. 3.7.2013 - AN 11 K 13.00617 - juris Rn. 25; VG Würzburg, B.v. 15.4.2013 - W 4 S 13.145 - juris Rn. 33 ff.; U.v. 14.5.2013 - W 4 K 12.1139 - juris Rn. 27 ff.).
Die Klägerin hat mit ihrer konkretisierten Anzeige vom ... August 2012 und in der mündlichen Verhandlung die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der von ihr erfassten Altkleider ausreichend detailliert und nachvollziehbar dargelegt. Enthalten sind insbesondere Angaben zum Sammelunternehmen der Klägerin als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb für das Handeln und Vermitteln sowie dem Abnehmer als Betreiber einer Anlage zum Sortieren und Verpacken von Alttextilien von Alttextilien mit einer Leistung von ca. 100t/Tag. Der Darstellung der Verwertungswege ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Weitere Angaben sind vor dem Hintergrund, dass es sich bei Alttextilien und -schuhen nicht um gefährliche Abfälle handelt, nicht erforderlich.
3.3 Die Untersagung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Sammlung der Klägerin (sonstige) überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG.
Von der Sammlung geht keine wesentliche Beeinträchtigung für die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen aus, § 17 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. KrWG. Weder der Beklagte noch der Beigeladene haben substantiiert dargelegt, dass die Erfüllung des Entsorgungsauftrags nicht mehr gesichert wäre, wenn die Fraktion der Altkleider vollständig von der Überlassungspflicht ausgenommen wäre. Die Darlegungslast insoweit obliegt der Verwaltung (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 31; OVG NRW, B.v. 19.7.2013 - 20 B 122/13 - juris Rn. 15). Nachdem die Erfassung der Abfallfraktion der Alttextilien und -schuhe vor der Installation eines eigenen Systems durch den Beigeladenen vollumfänglich von vom Beigeladenen wirtschaftlich unabhängigen Dritten besorgt wurde, dürfte dies sogar als widerlegt gelten.
3.4 Im Ergebnis ist keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 KrWG anzunehmen.
3.4.1 Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Sammlung der Klägerin die Stabilität der Gebühren gefährdet, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
Im Wirtschaftsplan vom ... April 2013 sind Erträge von EUR 88.300,-- aus der Alttextilvermarktung enthalten, die für ein gesamtes Jahr EUR 150.000,-- ausmachen würden. Diese würden dem Beigeladenen nicht zwangsläufig entzogen, wenn die Sammlung der Klägerin stattfände. Wie noch zu zeigen sein wird, gehen private Sammelaktivitäten nicht zwingend zulasten der ausgeschriebenen Sammelmenge (s.u. 3.4.3).
Im Übrigen ist die Gebührenstabilität nicht deshalb gefährdet, weil dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Einnahmen aus der Neuerschließung einer bisher nicht bedienten Abfallfraktion nicht zufließen. Eine etwa aus anderen Gründen (z. B. steigende Infrastrukturkosten) erforderlich werdende Gebührenerhöhung stellt keine durch die Sammlung der Klägerin verursachte Gefährdung der Gebührenstabilität dar, wenn diese nicht mit den Erlösen aus der Vermarktung von Alttextilien abgefangen werden kann. Es handelte sich um eine anderweitig verursachte Gefährdung der Gebührenstabilität, die nicht der Klägerin angelastet werden könnte.
Im Übrigen müsste eine Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 82).
3.4.2 Auch konnte das Gericht aufgrund des Vorbringens des Beklagten nicht die Überzeugung gewinnen, dass eine diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird, wenn die Sammlung der Klägerin stattfindet, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG.
Der Beigeladene hat ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt und den Auftrag vergeben. Nach Kenntnis des Gerichts aufgrund von Angaben des Beigeladenen in Parallelverfahren kommt die prognostizierte Menge von 400 T jährlich zuverlässig zustande. Von einer erheblichen Erschwernis ist rückblickend nicht auszugehen, da die zu erwartenden Mengen durchaus zuverlässig prognostiziert werden konnten und sich die Angaben in den Ausschreibungsunterlagen nicht als spekulativ erwiesen haben.
Die Alternative des Unterlaufens ist ebenfalls nicht erfüllt. Die Regelung erfasst Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erhalten hat (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 90; VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 47). Die Klägerin selbst hat sich unstreitig nicht an der Ausschreibung beteiligt.
Die Klägerin tritt lediglich als Sammler auf und erbringt ausschließlich Sammelleistungen. An welchen Verwerter sie das Sammelgut veräußert oder zu veräußern zu verpflichtet ist, ist für die Eigenschaft als Trägerin der Sammlung unerheblich. Die Alternative des Unterlaufens ist unionsrechtskonform restriktiv auszulegen, um eine allzu leichte Verdrängung der privaten Sammler zu verhindern.
Es kann somit dahinstehen, ob die vom Beigeladenen durchgeführte Vergabe den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG entsprach oder eine bloße Dienstleistungskonzession vorlag (vgl. VG Ansbach, U.v. 7.8.2013 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 46; OLG Düsseldorf, B.v. 7.3.2012 - VII-Verg 78/11 - juris Rn. 34 f.).
3.4.3 Eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG auch dann anzunehmen, wenn von der Sammlung der Klägerin Abfälle erfasst werden, für die der Beigeladene bzw. ein von ihm beauftragter Dritter eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung durchführt. Dies ist im Landkreis P. ... der Fall.
Es genügt jedoch nicht - wie der Beklagte vorträgt - schon jede Konkurrenzsituation zwischen gewerblichen Sammlungen und öffentlich-rechtlicher Abfallwirtschaft. Ein solches Verständnis der Vermutungsregelung wäre mit Unionsrecht unvereinbar (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 33, 37). Daher sind sowohl an die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von ihm beauftragten Dritten (i.) als auch an den Grad der von der gewerblichen Sammlung ausgehenden Beeinträchtigung gewisse einschränkende Anforderungen zu stellen (ii.).
i. (1) Die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger initiierte Sammlung muss nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits durchgeführt werden. Anders als zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war die von einem durch den Beigeladenen beauftragten Dritten getragene Sammlung (im Folgenden verkürzt als „Sammlung des Beigeladenen“ bezeichnet) noch nicht angelaufen, als die Klägerin ihre gewerbliche Sammlung am ... Mai 2012 erstmals anzeigte. Eine hinreichend konkrete Planung soll jedoch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG genügen, um eine Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in den Schutzbereich des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG fallen zu lassen (vgl. VG Arnsberg, B.v. 26.6.2013 - 8 L 228/13 - juris Rn. 21; VG München, U.v. 7.11.2013 - M 17 K 12.6409). Um zu verhindern, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die ihm gemäß § 18 Abs. 4 KrWG zur Stellungnahme zugeleitete Anzeige erst zum Anlass nimmt, eine eigene Planung aufzunehmen und so die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu schaffen (vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, UmwR, Stand 2013, § 17 KrWG Rn. 139), ist eine konkrete Planung schon am Tag der Anzeige zu fordern.
Es kann dahinstehen, ob auch eine bloß formale Anzeige ohne nähere Angaben gemäß § 18 Abs. 2 KrWG, wie die der Klägerin am... Mai 2012, schon ausreichend ist, um der Installation einer gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG privilegierten eigenen Sammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zuvorzukommen, da die Sammlung des Beigeladenen zu diesem Zeitpunkt schon hinreichend konkrete Formen angenommen hatte. Es ist aufgrund der Schilderungen des Beigeladenen zum Planungsfortschritt nicht anzunehmen, dass ihn erst die Anzeige der Klägerin dazu veranlasste, Überlegungen hinsichtlich der Installation einer eigenen Sammlung anzustellen.
Der Werkausschuss des Beigeladenen hatte schon am ... Juni 2012 beschlossen, dass das Abfallwirtschaftskonzept in der Weise fortzuschreiben sei, dass mit dem ... Januar 2013 ein flächendeckendes Erfassungssystem für Alttextilien installiert werde und der Leistungsbeginn für den ... Juni 2013 vorgesehen sei. Die ungefähr zu erwartenden Sammelmengen waren dem Beigeladenen bereits aus den Meldungen zur Abfallbilanz bekannt. Dass die Erfassung der Sammelware, wie zuvor durch die gemeinnützigen Sammler, auf Wertstoffhöfen und an Wertstoffinseln erfolgen sollte, stand ebenfalls fest.
Eine detailliertere Planung, insbesondere eine einen Leistungsvergleich nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG ermöglichende, muss im Zeitpunkt der Anzeige allerdings noch nicht vorliegen (anders noch: VG München, U.v. 23.1.2014 - M 17 K 13.1851). Da ein Leistungsvergleich erst vorzunehmen ist, wenn Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG getroffen werden, müssen die dafür erforderlichen Angaben auf beiden Seiten erst dann vorliegen. Das übergeordnete Interesse an einer hochwertigen Abfallentsorgung entkräftet auch den Einwand, die untere Abfallbehörde könnte dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch ein Hinauszögern ihrer Entscheidung Zeit verschaffen, selbst ein leistungsfähiges System zu installieren (vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, UmwR, Stand 2013, § 17 KrWG Rn. 139). Zudem steht es dem gewerblichen Sammler frei, in der Zwischenzeit ebenfalls seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Eine Stärkung des Wettbewerbs - auch zwischen der privaten und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungswirtschaft - zur Verbesserung der Qualität und Quantität des Recyclings ist mit der Regelung ausdrücklich bezweckt (vgl. BT-Drs. 18/800, S. 3).
(2) Die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG scheitert nicht daran, dass der vom Beigeladenen beauftragte Dritte keine eigene Verwertungsleistung erbringt, sondern das sortierte Sammelgut zur weiteren Verwertung an Abnehmer bzw. Endverwerter veräußert. Zwar verlangt die Vermutungsregel ihrem Wortlaut nach, dass eine Erfassung und Verwertung durchgeführt werden, jedoch ist bei lebensnaher Betrachtung von einer arbeitsteiligen Vorgehensweise auszugehen. Auch die Klägerin übernimmt - wie die meisten gewerblichen Sammler - die Verwertung des Sammelguts nicht selbst, sondern bedient sich dazu weiterer Unternehmen. Nach Auffassung der Kammer steht es der Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht entgegen, wenn die Verwertung nicht durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder den von diesem Beauftragten erfolgen - so lange sie nachweislich ordnungsgemäß und schadlos erfolgt, was hier der Fall ist. Mehr kann von einem gewerblichen Sammler auf Grundlage von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ebenfalls nicht gefordert werden.
(3) § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG gilt auch in Ansehung des § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG, da sich die Sammlung der Klägerin im Vergleich mit der des Beigeladenen nicht als wesentlich leistungsfähiger erweist.
Wenn im Zeitpunkt der Anzeige ein verbindlicher Beschluss hinsichtlich der Installation eines eigenen Erfassungssystems vorliegt und nicht nur Überlegungen mit offenem Ausgang angestellt wurden, muss sich die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einem Leistungsvergleich nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG stellen. Einen wesentlich leistungsfähigeren Konkurrenten muss die untere Abfallbehörde grundsätzlich als Wettbewerber des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gewähren lassen.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit zugrunde zu legen. Bei einer vergleichenden Gegenüberstellung anhand dieser Kriterien erweist sich keine der beiden Sammlungen als leistungsfähiger: Die Qualität der Erfassung ist gleich. Beide Sammlungen erfolgen im Bringmodus mittels Containern. Bei der Effizienz der Erfassung liegt die bestehende Sammlung der Klägerin zurück, das Aufstellen weiterer 100 Container wurde lediglich als Absicht angezeigt. Die Sammlung des Beigeladenen verfügt über mehr Standorte und Container als die der Klägerin. Die Aufnahme der Sammelware an Wertstoffhöfen bietet gewisse Synergieeffekte. Die meisten Bürger dürften die Entsorgung ihrer sonstigen Wertstoffe zum Anlass nehmen, auch ihre Alttextilien einer getrennten Versorgung zuzuführen, so dass mit einem erhöhten Aufkommen zu rechnen ist. Die überwiegend auf Supermarktparkplätzen platzierten Container der Klägerin bieten hierzu eine Ergänzung bzw. Alternative, ohne jedoch allein aufgrund der Platzierung eine größere Effizienz aufzuweisen. Der Einkauf dürfte weit weniger in Verbindung mit der Entsorgung von Alttextilien gebracht werden, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass Sammelgut auf diesem Wege erfasst wird, geringer ist. Hinzu kommt die größere Anzahl von Containern im System des Beigeladenen, die - im Gegensatz zu denen der Klägerin - auch flächendeckend und nicht nur an einzelnen Standorten aufgestellt sind, so dass die Erfassung durch die Sammlung des Beigeladenen servicegerechter erfolgt.
Was die Dauer der Erfassung und Verwertung anbelangt, so besteht auf Seiten des Beigeladenen ein höheres Maß an Verbindlichkeit. Zwar sammelt die Klägerin schon seit Längerem, jedoch ist das vom Beigeladenen beauftragte Unternehmen ausweislich der Vergabeunterlagen einen Vertrag bis ... Mai 2016 eingegangen, wobei sich der Landkreis eine einjährige Verlängerungsoption vorbehalten hat (vgl. S. 6 der Vergabeunterlagen vom ... November 2012, Behördenakte). Die Klägerin ist allein aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarungen mit den Stellplatzinhabern, nicht aber gegenüber dem Beigeladenen gebunden und könnte die Erfassung, etwa bei Verfall der Rohstoffpreise oder sinkenden Vermarktungserlösen, jederzeit einstellen. Dass, wofür kein Nachweis erbracht ist, in der Vergangenheit bereits über einen längeren Zeitraum gesammelt worden sein könnte, lässt keine Rückschlüsse für die Zukunft zu. Die Qualität der Verwertung ist nach Ansicht des Gerichts bei beiden Sammlungen gleich hoch. Dass die Klägerin die Verwertung teilweise auch selbst übernimmt, macht sie nicht hochwertiger. Einen gewissen Vorsprung hat die Sammlung der Klägerin in Bezug auf die Effizienz der Verwertung: Nach ihrem (unwidersprochenen) Vortrag wird durch hochwertige Sortierung eine Wiederverwendungsquote von ca. 60% erreicht. Bei der Sammlung des Beigeladenen liegt die Wiederverwendungsquote bei nur 45 bis 50%. Dieses Defizit an Leistungsfähigkeit bei der Verwertung macht die Sammlung des Beigeladenen jedoch durch eine höhere Servicegerechtigkeit bei der Erfassung wett. Beide Sammlungen sind gleich leistungsfähig. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG überhaupt eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammlung gefordert werden darf.
ii. Im Ergebnis kommt es aber trotz Erfüllung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
(1) Nach dem Gesetzeswortlaut liegt im konkreten Fall nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, auch wenn ein Regelbeispiel nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG bejaht wird. Bei fehlender Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung kann eine gewerbliche Sammlung im Einzelfall durchaus zulässig sein (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 39; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl. 2012, 1403/1408).
Die Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG sind als widerlegliche Vermutungen ausgestaltet (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 85; VG Würzburg, U.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130; VG München, U.v. 24.10.2013 - M 17 K 13.2189 und M 17 K 13.2442; offen gelassen von VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 39). Zwar spricht die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 17/7505, S. 44), wonach Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG die Schwelle konkretisiere, ab der eine wesentliche Beeinträchtigung angenommen werden könne und den Betroffenen und Behörden eine klare Leitlinie vorgebe, insbesondere um die von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung vor dem sogenannten „Rosinenpicken“ von Seiten Privater zu schützen, gegen dieses Verständnis. Jedenfalls ist § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG aber unionsrechtskonform dahingehend restriktiv auszulegen, dass bloß geringfügige Auswirkungen nicht ausreichen, sondern eine wesentliche Beeinträchtigung erforderlich ist (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 40). Dafür spricht die Gesetzessystematik: In § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung als Grundvoraussetzung die Rede, während die in Satz 3 genannten Konstellationen diesen Begriff erst beispielhaft („insbesondere“) ausfüllen sollen
(2) Solch eine wesentliche Beeinträchtigung geht von der bisher durchgeführten Sammlung der Klägerin allein jedenfalls nicht aus. Zumindest dann, wenn von einer gewerblichen Sammlung nur 10 bis 15% einer getrennten Abfallfraktion erfasst werden, kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass diese allein bereits zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung führt (VGH BW, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 - juris Rn. 42; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 82, 85; U.v. 3.7.2013 - AN 11 K 13.00617 - juris Rn. 26; VG Stuttgart, B.v. 30.4.2013 - 2 K 595/13 - juris Rn. 26, 32, 37; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 39 ff.).
Laut der konkretisierten Anzeige vom ... August 2012 erfasst die Klägerin im Landkreis jährlich 50 t Alttextilien, nach Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung aufgrund der Abfallbilanz in den Jahren 2007 bis 2012 zwischen 42 und zuletzt 27 t jährlich. Dies entspricht 7 bis 12,5% der ausgeschriebenen Menge von 400 t. Es spricht einiges dafür, auf diese Menge abzustellen, da sich die Sammlung - würde sie nicht untersagt oder beschränkt - wohl in diesem mengenmäßigen Umfang bewegen müsste. Würde nämlich eine Anzeige nach § 18 Abs. 2 KrWG die beliebige Ausweitung der Sammlung erlauben, hätten die verpflichtenden Angaben zu Mengenprognosen und Umfang nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 und 3 KrWG keinerlei Bedeutung mehr. Dies kann jedoch nicht für die angezeigte Absicht gelten, weitere 100 Container aufzustellen und damit ca. 350 t jährlich zu erfassen.
(3) Bei der Betrachtung der Auswirkungen der Sammlung der Klägerin „auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“, wie sie § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG vorgibt, ist eine potentielle wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zumindest nicht ausgeschlossen.
Nach Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom ... Juli 2013 gehen die anzeigenden gewerblichen Sammler gemeinsam von einer jährlichen Sammelmenge von gut 1.400 t aus. In der mündlichen Verhandlung wurde vorgetragen, die Zahl habe sich in der Zwischenzeit bereits auf über 1.600 t erhöht. Dieses Sammelaufkommen überschreitet die ausgeschriebene Menge um ein Vielfaches und könnte zu einem teilweisen oder sogar vollständigen Entzug führen.
Für die Beurteilung der Gefährdung oder der wesentlichen Beeinträchtigung kommt es grundsätzlich auf die zu erwartende Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43). Maßgeblich sind dabei auch nicht nur die vorhandenen Altkleidersammlungen, sondern auch die bisher lediglich angezeigten Sammlungen. Zwar spricht die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/7505, S. 43) insoweit von „bereits bestehenden Sammlungen“, jedoch stellt die Begründung auch auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Würde man nur auf Bestandssammlungen abstellen, würde aber gerade ein Teil dieser Gesamtbelastung, nämlich diejenigen gewerblichen Sammlungen, deren Beginn aufgrund der Anzeige unmittelbar bevorsteht, sehenden Auges unberücksichtigt bleiben, ohne dass die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geklärt ist. Der Grad der hinzunehmenden Beeinträchtigung würde somit von dem Zufallsmoment abhängen, wie viele der Gewerbeunternehmen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses mit ihrer Sammlung bereits begonnen haben. Das Landratsamt müsste gegebenenfalls beim ersten Unternehmer, der seine Sammlung anzeigt, noch von einer Untersagung Abstand nehmen, obwohl aufgrund der bereits vorliegenden weiteren Anzeigen eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit absehbar ist. Dies wäre mit Sinn und Zweck der §§ 17, 18 KrWG aber nicht zu vereinbaren (im Ergebnis ebenso: VG Ansbach, U.v. 7.8.2012 - AN 11 K 12.02212 - juris Rn. 48).
(4) Die Kammer sieht sich aber dazu veranlasst, bei einem „Überangebot“ von gewerblichen Sammlungen nicht länger gleichsam zwingend von einer Gefährdung i. S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG infolge von deren Zusammenwirken auszugehen. Ließe man schon ein Überangebot gewerblicher Sammlungen für eine wesentliche Beeinträchtigung i. S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genügen, führte dies zwangsläufig dazu, dass es keine Konkurrenz gewerblicher Sammlungen mit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungswirtschaft hinsichtlich derselben Abfallfraktion geben kann. Eine solche Deutung mit der Konsequenz eines absoluten Konkurrentenschutzes ist aber mit Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbar (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - S 10 1127/13 - juris Rn. 33, 43). Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind „Beeinträchtigungen“, also unterhalb der Schwelle einer „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drs. 17/6052, S. 87).
Es ist nach Auffassung der Kammer nicht ausgeschlossen, dass die Situation im Landkreis P. ... ein verträgliches Nebeneinander von leistungsfähigen gewerblichen Sammlungen und öffentlich-rechtlicher Entsorgungstätigkeit hinsichtlich der Fraktion der Alttextilien und -schuhe zulässt, weil über die ausgeschriebene sowie die von gemeinnützigen Sammlungen abgeschöpfte Menge hinaus noch Alttextilien und -schuhe in nicht unerheblichem Umfang anfallen. Die Existenz weiterer Sammlungen neben der des Beigeladenen muss daher nicht notwendig dazu führen, dass diesem beträchtliche Mengen entzogen werden.
Zu dieser Einschätzung führten die folgenden Anhaltspunkte: Nach Erhebungen des Landesamtes für Umwelt (LfU) fallen in Bayern pro Einwohner und Jahr durchschnittlich 9 kg mittels Containern und Straßensammlungen erfasste Alttextilien und Altschuhe an (http://www.b...de/a..., S. 17). Im Landkreis P. ... mit über 118.954 Einwohnern (Stand 30. Juni 2013, http://www.l...de/L....aspx) ergäbe sich demnach eine zu erfassende Gesamtmenge von circa 1.000 t. In der mündlichen Verhandlung in einem Parallelverfahren hat der stellvertretende Werksleiter des Eigenbetriebs des Beigeladenen erklärt, eine Auswertung der jährlichen Abfallbilanz habe ergeben, dass jedenfalls 560 t jährlich anfielen. Die Ausschreibungsmenge von 400 t sei zustande gekommen, indem man davon einen den gemeinnützigen Sammlern vorzubehaltende Anteil abgezogen habe. Er könne aber nicht ausschließen, dass darüber hinaus noch „Graumengen“ vorhanden sind, die in der Abfallbilanz mangels Meldung durch die privaten Sammler bislang nicht erfasst wurden. Die Einschätzung wird gestützt durch die Erhebung des LfU sowie die Tatsache, dass im Gebiet des Landkreises P. ... bekanntermaßen auch nicht angezeigte private Sammlungen unbekannten Umfangs stattfinden. In der Folge wäre auch der durch die Sammlung der Klägerin erfasste prozentuale Anteil der Abfallfraktion der Altkleider und -schuhe geringer.
Einen Konkurrenzschutz kann die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf Grundlage von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bzw. gegebenenfalls Nr. 3 KrWG allenfalls hinsichtlich der Menge von 400 t für sich in Anspruch nehmen. Inwieweit sie sich darüber hinaus im Wettbewerb gegen die private Konkurrenz behaupten kann, hängt davon ab, wie wettbewerbsfähig und insbesondere wie servicegerecht er seine Sammlung ausgestaltet. Zudem hat der öffentlich-rechtlich beauftragte Sammler schon deshalb einen Vorteil, weil gebührenpflichtige Abfallerzeuger ihm ihre Alttextilien möglicherweise in der Erwartung einer Senkung der Abfallgebühren zur Verfügung stellen. Zudem stehen dieser Sammlung im Landkreis P. ... exklusiv die Wertstoffhöfe zur Verfügung. Bei dieser günstigen Ausgangsposition im Wettbewerb ist nicht zwangsläufig von einer Konkurrenz durch gewerbliche Sammler auf eine wesentliche Beeinträchtigung zu schließen.
3.4.4 Es kann letztlich offen bleiben, inwieweit von der Sammlung der Klägerin auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung für den öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger ausgeht. Denn jedenfalls stellt sich die Entscheidung des Beklagten als unverhältnismäßig (1) bzw. ermessensfehlerhaft (2) dar. Denn selbst bei Bejahung des Tatbestandes des § 17 Abs. 3 KrWG dürfte dies nicht ohne weiteres eine vollständige Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Rechtsfolge nach sich ziehen (vgl. VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 52).
3.4.4.1 Eine Untersagung wäre nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur rechtmäßig, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG normierten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten wäre. Auch § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG statuiert Ausnahmen von der Überlassungspflicht, „soweit“ überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Auch dieses „soweit“ ist als Ausdruck des Erforderlichkeitsgebots zu verstehen (vgl. VGH BW, B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - juris Rn. 16; BT-Drs. 17/6052, S. 85). Es ist mit den Anforderungen an eine unionsrechtskonforme Handhabung der Vorschriften jedenfalls nicht vereinbar, durch flächendeckende Untersagung der gewerblichen Sammlungen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch die Erfassung der sehr wahrscheinlich vorhandenen aber mengenmäßig nicht bestimmbaren „Graumengen“ zu ermöglichen. Diese „Graumengen“ sind vielmehr dem Wettbewerb zu überantworten, weil ansonsten ein rechtlich unzulässiger absoluter Konkurrentenschutz etabliert würde (VGH BW,
Vor diesem Hintergrund ist es unverhältnismäßig, gegenüber jeder angezeigten gewerblichen Sammlung pauschal zum Instrument der Untersagung zu greifen, ohne zuvor Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ernsthaft erwogen zu haben (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 53). Dies gilt selbst dann, wenn die aufgrund der Anzeigen zu erwartende Gesamtbelastung mehr als 100% oder sogar ein Vielfaches der ausgeschriebenen Sammelmenge ausmacht. Bei der im Landkreis P. ... gegebenen Situation musste die Behörde davon ausgehen, dass tatsächlich mehr als die ausgeschriebenen 400 T anfallen würden. Deswegen wären zuvor weitere Ermittlungen geboten gewesen, um die Wirksamkeit milderer Mittel auszuloten.
3.4.4.2 Die Untersagung stellt sich zudem als ermessensfehlerhaft dar. Nach dem in § 18 Abs. 5 KrWG vorgesehenen System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von ihm beauftragten Dritten) in Betracht kommt. (NdsOVG, U.v. 21.3.2013 - 7 LB 56/11 juris Rn. 37; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 49; VGH BW, B.v.4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 56). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, Band 1, Stand 2014, § 18 KrWG Rn. 64; Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl. 2012, § 18 Rn. 16). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 56).
Eine auf den konkreten Fall bezogene Darlegung, weshalb ein milderes Mittel nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG im Fall der Klägerin nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, lässt der angefochtene Bescheid vermissen. Das Landratsamt hat hier vorschnell zur Untersagung gegriffen, ohne zuvor geprüft zu haben, in welchem Umfang private Sammelaktivitäten für die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers noch verträglich wären, und wie eine Reduzierung auf das noch verträgliche Maß umgesetzt werden könnte. Sie ist vielmehr davon ausgegangen, dass allein schon wegen der bevorstehenden Konkurrenzsituation eine Untersagung ab diesem Zeitpunkt zwingend zu erfolgen hätte, was einer Ermessensunterschreitung entspricht. Die Behörde hat die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten verkannt und Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht ernsthaft erwogen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 114 Rn. 17). Die in Nummer 1 des Bescheids ausgesprochene Befristung stellt keine Befristung i. S. d. § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dar (s.o. 1.2), sondern eine Nebenbestimmung zur Untersagung nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG. Dass in Bezug auf die verhältnismäßige Ausgestaltung der Untersagung Ermessenserwägungen angestellt wurden, vermag aber nichts daran zu ändern, dass mildere Maßnahmen auf der ersten Eingriffsstufe ermessensfehlerhaft nicht in Betracht gezogen wurden.
3.4.4.3 Etwaige Überwachungsprobleme bei Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können die gebotene Prüfung milderer Mittel grundsätzlich nicht erübrigen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die behördliche Informationsgewinnung auch mit dem Instrument der Auskunft nach § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erfolgen kann. Bevor die danach bestehenden behördlichen Möglichkeiten nicht geprüft und ggf. ausgeschöpft sind, ist der Rückgriff auf die ultima ratio der vollständigen Untersagung schwerlich haltbar (VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 58). Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG in praktikabler Weise anzuordnen und zu vollziehen, gestaltet sich zwar in der Tat schwierig (VG München, U.v. 7.11.2013 - M 17 K 13.6334, BayVGH B.v. 18.3.2014 - 20 ZB 14.3). Insbesondere gilt dies für die Durchsetzung räumlicher oder mengenmäßiger Beschränkungen. Solche sind aber nach Auffassung der Kammer nicht unbedingt erforderlich, um eine erhebliche Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu vermeiden, zumal die Sammlung der Klägerin für sich genommen die Erheblichkeitsschwelle nicht überschreitet (vgl. BayVGH B.v. 18.3.2014 - 20 ZB 14.3).
Die Behörde wäre für die neuerliche Entscheidung über einschränkende Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG vor allem von einer realistischen Einschätzung der im Kreisgebiet anfallenden Gesamtmengen abhängig. Diesem Zweck wäre etwa die Auflage nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dienlich, der unteren Abfallbehörde jährlich über die erfassten Abfallmengen Meldung zu erstatten. Bei Verbindung mit einer Befristung bestünde nach deren Ablauf die Möglichkeit, auf Grundlage der gewonnenen Daten über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung von Beschränkungen der Sammeltätigkeit zu befinden (vgl. zur Möglichkeit der Befristung zum Zweck der späteren Überprüfung: VGH BW, B.v. 4.3.2014 - 10 S 1127/13 - juris Rn. 57; a.A.: VG Ansbach, U.v. 26.3.2014 - AN 11 K 13.01592, AN 11 K 13.01604, AN 11 K 13.1608).
3.5 Es ist dem Gericht verwehrt, das in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG eingeräumte Auswahlermessen anstelle der Behörde auszuüben. Da es aber die angestellten Ermessenserwägungen nicht als tragfähig ansieht, war die Entscheidung aufzuheben (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 114 Rn. 22). Ein Bescheidungsausspruch konnte unterbleiben, da die Sammlung der Klägerin keiner behördlichen Zulassung bedarf.
Nachdem die Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht erfüllt sind, war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.
Tenor
I.
Unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 16. Januar 2013 wird die Klage insgesamt abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe der zu vollstreckenden Kosten leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird auf jeweils 10.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Hersteller oder Vertreiber
- 1.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Eröffnung einer für den jeweiligen Bereich flächendeckenden Rückgabemöglichkeit sowie Sicherstellung der umweltverträglichen Verwertung oder Beseitigung abgeben oder in Verkehr bringen dürfen, - 2.
bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe sowie die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen haben, insbesondere durch die Einrichtung von Rücknahmesystemen, die Beteiligung an Rücknahmesystemen, die Erhebung eines Pfandes oder die Gewährung anderer wirtschaftlicher Anreize, - 3.
bestimmte Erzeugnisse an der Abgabe- oder Anfallstelle oder einer anderen vorgeschriebenen Stelle zurückzunehmen haben, - 4.
sich an Kosten zu beteiligen haben, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Reinigung der Umwelt und die anschließende umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der nach Gebrauch der von einem Hersteller oder Vertreiber in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gemäß Teil E des Anhangs zu der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (ABl. L 155 vom 12.6.2019, S. 1) entstehen, - 5.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Bestellung eines Bevollmächtigten in Verkehr bringen dürfen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes niedergelassen ist und für die mit der Produktverantwortung verbundenen Pflichten verantwortlich ist, die sich aus den auf Grund der §§ 24 und 25 erlassenen Rechtsverordnungen ergeben, wenn der Hersteller oder Vertreiber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, - 6.
bestimmter Erzeugnisse Systeme zur Förderung der Wiederverwendung und Reparatur zu unterstützen haben, - 7.
einen Nachweis zu führen haben - a)
über die in Verkehr gebrachten Erzeugnisse, deren Eigenschaften und Mengen, - b)
über die Rücknahme von Abfällen und die Beteiligung an Rücknahmesystemen sowie - c)
über Art, Menge und Bewirtschaftung der zurückgenommenen Erzeugnisse oder der nach Gebrauch der Erzeugnisse entstehenden Abfälle,
- 8.
Belege nach Nummer 7 beizubringen, einzubehalten, aufzubewahren oder auf Verlangen vorzuzeigen haben sowie - 9.
zur Gewährleistung einer angemessenen Transparenz für bestimmte, unter die Obhutspflicht fallende Erzeugnisse einen Bericht zu erstellen haben, der die Verwendung der Erzeugnisse, insbesondere deren Art, Menge, Verbleib und Entsorgung, sowie die getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der Obhutspflicht zum Inhalt hat; es kann auch bestimmt werden, ob und in welcher Weise der Bericht durch Dritte zu überprüfen, der zuständigen Behörde vorzulegen oder in geeigneter Weise zu veröffentlichen ist; die gültige Umwelterklärung einer in das EMAS-Register eingetragenen Organisation erfüllt die Anforderungen an den Bericht, soweit sie die erforderlichen Obhutspflichten adressiert.
(2) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 sowie zur ergänzenden Festlegung von Pflichten sowohl der Erzeuger und Besitzer von Abfällen als auch der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Kreislaufwirtschaft weiter bestimmt werden,
- 1.
wer die Kosten für die Sammlung, Rücknahme, Verwertung und Beseitigung, die Kennzeichnung, die Datenerhebung und -übermittlung sowie die Beratung und Information nach § 24 Nummer 9 zu tragen hat, - 2.
wie die Kosten festgelegt werden, insbesondere, dass bei der Festlegung der Kosten der Lebenszyklus der Erzeugnisse zu berücksichtigen ist, - 3.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, einen Nachweis darüber zu erbringen hat, dass er über die erforderlichen finanziellen oder finanziellen und organisatorischen Mittel verfügt, um den Verpflichtungen im Rahmen der Produktverantwortung nachzukommen, insbesondere durch Leisten einer Sicherheit oder Bilden betrieblicher Rücklagen, - 4.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine geeignete Eigenkontrolle einzurichten und durchzuführen hat zur Prüfung und Bewertung - a)
seiner Finanzen, einschließlich der Kostenverteilung, und - b)
der Qualität der Daten, für die eine Nachweisführung nach Absatz 1 Nummer 7 verordnet wurde,
- 5.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine Prüfung der Eigenkontrolle nach Nummer 4 durch einen von der zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen, eine von dieser Behörde bekannt gegebene Stelle oder eine sonstige Person, die über die erforderliche Fach- und Sachkunde verfügt, durchführen zu lassen hat, - 6.
dass die Besitzer von Abfällen diese den nach Absatz 1 verpflichteten Herstellern, Vertreibern oder nach Absatz 1 Nummer 2 eingerichteten Rücknahmesystemen zu überlassen haben, - 7.
auf welche Art und Weise die Abfälle überlassen werden, einschließlich der Maßnahmen zum Bereitstellen, Sammeln und Befördern und des jeweils gebotenen Umfangs sowie der Bringpflichten der in Nummer 6 genannten Besitzer von Abfällen, - 8.
dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Sinne des § 20 durch Erfassung der Abfälle als ihnen übertragene Aufgabe bei der Rücknahme mitzuwirken und die erfassten Abfälle den nach Absatz 1 Verpflichteten zu überlassen haben, - 9.
welche Form, welchen Inhalt und welches Verfahren die Bestellung eines Bevollmächtigten nach Absatz 1 Nummer 5 oder eines freiwillig Bevollmächtigten einzuhalten hat, - 10.
welche Anforderungen an die Verwertung eingehalten werden müssen, insbesondere durch Festlegen abfallwirtschaftlicher Ziele, und - 11.
dass Daten über die Einhaltung der abfallwirtschaftlichen Ziele nach Nummer 10 sowie weitere Daten über die Organisation und Struktur der Rücknahmesysteme zu erheben und in geeigneter Weise zu veröffentlichen sind.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte dem Beklagten unter dem 25. Mai 2012 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten im Kreisgebiet des Beklagten an. Auf Bitte des Beklagten, die Anzeige zu vervollständigen und nähere Angaben zur Sammlung zu machen, teilte die Klägerin mit: Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Im Gebiet des Beklagten habe sie insgesamt vier Altkleidercontainer aufgestellt, und zwar jeweils zwei in S1. und in M. . Die Anzeige solle landkreisweit gelten. Die erfassten Textilien würden im Sortierwerk des Partnerunternehmens sortiert. Das Sammelgut bestehe erfahrungsgemäß zu ca. 60 % aus tragfähiger, wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Ca. 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert und ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Mit E‑Mail vom 27. Juli 2012 ergänzte die Klägerin, sie habe im Gebiet des Beklagten bislang 7 Tonnen Alttextilien im Jahr gesammelt und beabsichtige, dort weitere 100 Container für die Dauer von zehn Jahren aufzustellen und damit ca. 350 Tonnen jährlich zu erfassen. Des Weiteren übersandte sie unter anderem eine Übersicht über die Verwertungswege.
4Der Beklagte forderte die kreisangehörigen Gemeinden und den C. Abfallwirtschaftsverband zur Stellungnahme auf. Die Stadt C. H. erklärte, die Durchführung der angezeigten Sammlung werde eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin darstellen. Die Sammlung von Kleidung und Schuhen aus privaten Haushaltungen sei bereits Teil der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung. Erfasst würden die Alttextilien und Schuhe über Depotcontainer und Straßensammlungen durch den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Die angezeigte Sammlung der Klägerin werde jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen beeinträchtigen und aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren führen.
5Der Beklagte hörte die Klägerin zu der Absicht an, die Sammlung im Gebiet der Stadt C. H. zu untersagen, und führte zur Begründung an, die Sammlung der Stadt C. H. bestehe seit dem Jahr 1999 - ursprünglich im Rahmen einer Drittbeauftragung - und erfolge im gesamten Stadtgebiet flächendeckend über insgesamt 118 Container an 74 Standorten. Der Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, nähere Angaben zum voraussichtlichen Sammlungsumfang in den verschiedenen Gemeinden, insbesondere für die Stadt C. H. zu machen.
6Die Klägerin teilte darauf mit, dass bislang keine konkreten Planungen für zusätzliche Stellplätze bestünden.
7Mit Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin, im Gebiet der Stadt C. H. entsprechend der Anzeige vom 25. Mai 2012 Alttextilien/-schuhe etc. zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Sammeltag und Sammelgebiet an. Zur Begründung führte er aus: Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der Sammlung der Klägerin stünden im Gebiet der Stadt C. H. überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ‑ die Stadt C. H. ‑ ein hochwertiges Sammelsystem eingerichtet habe. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die Sammlung sei daher zu untersagen. Die Untersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz solle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht vor unliebsamer Konkurrenz schützen. In C. H. wolle sie, die Klägerin, voraussichtlich 20 Container aufstellen. Dadurch werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Die Stadt C. H. erfasse bislang noch nicht einmal das gesamte Altkleiderpotential von ca. 10 kg pro Einwohner pro Jahr. Wenn der Beklagte angebe, dass wegen der gestiegenen Sammelmengen neues Personal eingestellt werden müsse, so dürften die zusätzlichen Personalausgaben die Mehrerlöse weitgehend aufzehren, so dass geringere Sammelmengen allenfalls zu einer minimalen Gebührenerhöhung führen könnten. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider nicht selbst verwerte. Zur Verwertung sei die Stadt C. H. auch gar nicht in der Lage, da Altkleider nicht verwertet, sondern wiederverwendet würden. Die Sammlung der Klägerin sei aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die weltweite Vermarktung auch wesentlich leistungsfähiger. Jedenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 13. November 2012 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Bei Alttextilien handele es sich um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in die Container bleibe auch dann eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG, wenn der Besitzer die Altkleider einer Wiederverwendung oder -verwertung zuführen wolle. Ein großer Teil der gesammelten Alttextilien werde im Übrigen nicht wiederverwendet, sondern anderweitig verwertet. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Klägerin beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erheblich. Die kommunale Sammlung bestehe seit vielen Jahren und werde seit Dezember 2012 in Eigenregie des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt C. H. durchgeführt. Seit 2013 sei ein sprunghafter Anstieg der Sammelmengen zu verzeichnen. Deshalb seien zwölf zusätzliche Containerstandorte eingerichtet, ein neues Sammelfahrzeug beschafft und ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt worden. Insgesamt habe der Rat der Stadt zwei neue, unbefristete Stellen eingerichtet. Bei stark zurückgehenden Sammelmengen überstiegen die Personal- und Sachkosten den Erlös, so dass das Sammelsystem in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten werden könne und die Abfallgebühren erhöht werden müssten. Die Klägerin habe den genauen Umfang der beabsichtigten Sammlung nicht angegeben, insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, wieviele Container sie in C. H. aufzustellen beabsichtige. Bislang seien auf Privatflächen im Stadtgebiet im Wesentlichen nur Altkleidercontainer gemeinnütziger Sammler aufgestellt. Bei Aufstellung weiterer (gewerblicher) Altkleidercontainer an stark frequentierten und bequem zu erreichenden Standorten wie etwa auf Supermarktparkplätzen sei zu befürchten, dass die gewerblichen Sammlungen in ihrer Gesamtheit das bisher durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelte Volumen in voller Höhe abschöpfen würden. Es bestehe kein zusätzliches Erfassungspotential. Die Mengenschätzungen der Klägerin seien spekulativ. Es sei davon auszugehen, dass durch die Sammlung der Stadt C. H. das Sammelpotential bereits jetzt voll ausgeschöpft werde. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nicht selbst Sammlung und Verwertung vornehmen, sondern dürfe gemäß § 22 KrWG sowohl für die Sammlung als auch für die Verwertung Dritte beauftragen. Die Sammlung der Stadt C. H. sei auch leistungsfähiger als eine kleinere Sammlung. Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sei insoweit ausdrücklich auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geäußerten europarechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits die wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen des früheren Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als europarechtskonform eingestuft. Die Planungssicherheit könne nicht anders als durch die Untersagung der angezeigten Sammlung gewährleistet werden. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht möglich, die insgesamt 17 angezeigten gewerblichen Sammlungen wirkungsvoll zu koordinieren.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die Stadt C. H. in ihrem Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige städtische System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht für die Stadt C. H. gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht den Umstand, dass 19 Sammlungen mit Sammelmengen von ca. 1.250 Tonnen pro Jahr für das Kreisgebiet angezeigt worden seien. Zudem sei es zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 ‑. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe er, der Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in C. H. auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden in C. H. kommunal ca. 510 Tonnen Alttextilien pro Jahr in 130 Containern an 92 Standorten gesammelt. Straßensammlungen erzielten eine Sammelmenge von ca. 120 Tonnen pro Jahr. Neben gemeinnützigen Sammlungen fänden inzwischen im Stadtgebiet aufgrund eines konsequenten Vorgehens keine gewerblichen Sammlungen mehr statt. Pro gewerblichen Container sei eine Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Jahr zu erwarten. Die Beachtlichkeitsschwelle von 10 %, die in der Rechtsprechung insoweit zugrunde gelegt werde, sei deshalb bei 14 Containern zu ziehen. Unabhängig davon habe die Stadt C. H. die konkreten Beeinträchtigungen hinreichend plausibel gemacht. Die Einstellung von zwei Mitarbeitern und die Anschaffung von zwei Sammelfahrzeugen seien Organisationsentscheidungen, die bei erheblich zurückgehenden Sammelmengen nicht (mehr) tragbar seien.
16In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte die in der Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
17Der Beklagte beantragt,
18das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das in C. H. weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der vom Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
25Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet.
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
29I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
30Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
31Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, NWVBl. 2014, 16, sowie ‑ 20 A 3043/11 ‑ und ‑ 20 A 3044/11 ‑, beide juris.
32Die Frage der Neutralität der Unteren Umweltschutzbehörde in Fällen, in denen sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist,
33vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 ‑, juris.
34stellt sich hier nicht, weil im Gebiet des Beklagten die nicht den kreisangehörigen Gemeinden obliegenden Entsorgungspflichten (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) vom C. Abfallwirtschaftsverband wahrzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 LAbfG).
35II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
361. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
38Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
39Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
40Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
41Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
42Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
43Vgl. dazu die Bründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
44§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
45Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
462. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
47a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
48Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
49b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
50So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, DVBl. 2013, 1537; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
51Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
52- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
53die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
55Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
56Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
57Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
58vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
59auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
60Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
61Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
62c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
63aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
64- 65
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 66
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 67
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
69bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
70Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
71Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
72Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
73In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
74cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
75Diese Feststellung bedeutet entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
76Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
77Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
78Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
79Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
80Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
81- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
82oder als gesetzliche Fiktion
83- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
84verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
85Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
86Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
87dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
89nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
90Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
91(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
92Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
93- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
94ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
95Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
96Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
97" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
98In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
99" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
100Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
101BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
102Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
103" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
104Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
105vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
106ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist. Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Der Beklagte hat der Klägerin nicht die angezeigte Sammlung von Alttextilien in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich untersagt, sondern nur in einer einzelnen kreisangehörigen Kommune. In allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existieren, darf die Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen. Mit einem vollständigen Konkurrenzschutz ist die Klägerin daher nicht einmal im Zuständigkeitsbereich des Beklagten konfrontiert.
107(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
108BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
109konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
110Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
111BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
112Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
113BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
114Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
115Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
116(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
117Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
118Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
119In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
120Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
121In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
122Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
123(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
124Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt", wie es hier in weiten Teilen des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten für die Fraktion der Alttextilien weiterhin der Fall ist. Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
125Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
126Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
127Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
128- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
129lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
130Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
131Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
132Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
133Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
134Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
135Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
136Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
137Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
138Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
139Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
141Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
142Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
143Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
144Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
145Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
147Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
148In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
149Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
150Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
151Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
152Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
153So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
154Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
155(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
156Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
157Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
158ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
159(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
160Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
161Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
162Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
163Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
164Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
165Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
166Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
167In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
168Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
169Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
170Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
171Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
172Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
173Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
174Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
175Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
176Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
177Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
178Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
179Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
180(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
181Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
182Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
183Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
184Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
185Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
186Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
187Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
188Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
189Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
190Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
191Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
192Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
193Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
194(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
195Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
196Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
197Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
198vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
199würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
200In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
201Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
202ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
203(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
204Die Stadt C. H. führt eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
205Von der Stadt C. H. werden im Stadtgebiet flächendeckend an 92 Standorten 130 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter des AWB der Stadt C. H. hat dort plastisch und nachvollziehbar dargelegt, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird nicht nur durch die Verdichtung des Netzes von Standorten insbesondere seit dem Jahr 2013, sondern auch durch die zwischenzeitlich erhöhte Zahl der Sammelcontainer selbst bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
206Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr in der Stadt C. H. weitgehend tatsächlich durch die städtischen Sammelcontainer erfasst wird. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der Stadt C. H. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
207Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die Stadt C. H. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Der Beklagte bzw. die Stadt C. H. haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
208(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
209Die angezeigte Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den zu berücksichtigenden weiteren gewerblichen Sammlungen beeinträchtigt die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wesentlich. Denn die zu berücksichtigenden Sammlungen machen bereits mehr als 50 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers realisierten Aufkommens aus. Unabhängig davon hat die Stadt C. H. auch potentielle Auswirkungen auf ihre Planungssicherheit und Organisationsverantwortung hinreichend plausibel gemacht.
210Dabei wird zunächst zugunsten der Klägerin der von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstmals angegebene Sammlungsumfang für die Stadt C. H. von 20 Containern zugrunde gelegt und im Weiteren unterstellt, dass diese Angabe die bis dato lediglich für das gesamte Kreisgebiet bezifferte Sammlung konkretisiert und es sich nicht der Sache nach um eine neue, prozessual unbeachtliche Sammlungsanzeige handelt. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil der Beklagte anhand der ursprünglichen Angaben und der mehrmals ohne Erfolg gebliebenen Nachfragen angesichts der Einwohnerverteilung im Kreis (Einwohner der Stadt C. H. ca. 110.000, Gesamteinwohner im Rheinisch-Bergischen Kreises ca. 278.000) zumindest bei einer naheliegenden einwohnerorientierten Aufteilung von einem etwa doppelt so großen Umfang der Sammlung in C. H. ausgehen musste. Legt man für die 20 Container wegen der insofern im Raum stehenden Bandbreite eine realistische jährliche Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Container und Jahr zugrunde, war für die Sammlung der Klägerin von einem Umfang von 76 Tonnen pro Jahr auszugehen, die für sich genommen etwa 15 % der von der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelmenge in Höhe von 510 Tonnen erreicht.
211Hinzuzurechnen sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 11. September 2014 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Umfang ihrer beabsichtigten Sammlung näher dargelegt und konnte deshalb der Beklagte nach vorstehenden Ausführungen von einer hinreichend präzisierten Anzeige im nunmehr zugrunde gelegten Umfang ausgehen. Zudem hat die Stadt C. H. klargestellt, dass derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt C. H. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der vom Beklagten auf Bitten des Senats vorgelegten Aufstellung angezeigter Sammlungen ist kreisweit deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 672 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 1, 13, 18, 41, 46, 58, 77, 89, 91, 92, 95, 98, 102, 103 und 106 gemäß der vom Beklagten als Anlage 2 zum Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten "Übersichtsliste Altkleidersammlungen Rheinisch-Bergischer Kreis" ergeben. Daraus folgt für die Stadt C. H. angesichts ihrer anteiligen Einwohnerzahl eine zu erwartende Sammelmenge von etwa 268 Tonnen pro Jahr. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin ergibt sich daraus eine Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen, die erheblich mehr als 50 % selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der Stadt C. H. in Höhe von 510 Tonnen ausmacht.
212Unabhängig davon hat die Stadt C. H. aber auch für den Fall geringerer Mengenabflüsse wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung plausibel dargetan. Allein aus der überreichten Kostenkalkulation ergibt sich, dass die Reingewinne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus der Sammlung von Alttextilien hier konkret (nur) ca. 40 % der ‑ relativ hohen ‑ Verkaufserlöse ausmacht. Aus diesem Grund liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen auf der Hand, dass bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der neu angeschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche kommunale Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die Stadt C. H. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
213(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
214Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
215Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
216Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Gründe
- 1
-
Die Beschwerdeführerin, ein Unternehmen der privaten Abfallentsorgung, wendet sich gegen eine Verfügung, mit der ihr das Einsammeln von Altpapier untersagt worden ist.
-
I.
- 2
-
1. Die Beschwerdeführerin führte bis zum 31. Dezember 2003 in Teilen der Stadt Kiel die Altpapiererfassung aus. Nach einer Neuausschreibung wurde diese Aufgabe einem anderen Unternehmen zur gemeinsamen Erledigung mit der Stadt Kiel übertragen. Die Beschwerdeführerin betrieb weiterhin Altpapier-Sammel-container. Sie schloss mit Hausverwaltungen und Wohnungsbaugesellschaften Verträge über die Übernahme von Altpapier und stellte Container vor Supermärkten auf. Die Verwertung des Altpapiers sollte unter anderem in den Niederlanden erfolgen.
- 3
-
2. Die Stadt Kiel untersagte der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 13 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes in der Fassung vom 27. September 1994 (KrW-/AbfG) die Sammeltätigkeit und forderte sie auf, ihre Sammelcontainer zu entfernen. Private Haushalte seien verpflichtet, ihr Altpapier der Stadt Kiel zu überlassen. § 13 KrW-/AbfG 1994 lautete auszugsweise:
-
§ 13 Überlassungspflichten
-
(1) 1Abweichend von § 5 Abs. 2 und § 11 Abs. 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. (…)
-
(2) …
-
(3) 1Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle, (…)
-
3. die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dies den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen wird und nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
-
(…)
-
(4) 1Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung bestimmen. 2Sie können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Abfallentsorgung Andienungs- und Überlassungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Verwertung bestimmen, soweit eine ordnungsgemäße Verwertung nicht anderweitig gewährleistet werden kann. (…)
- 4
-
Eine die Überlassungspflicht ausschließende Eigenverwertung im Sinne von § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG 1994 liege nicht vor, wenn das Altpapier der Beschwerdeführerin von den Abfallbesitzern zur Verwertung überlassen werde. Die Beschwerdeführerin betreibe auch keine gewerbliche Sammlung entsprechend § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-AbfG 1994, da ihr das Altpapier nicht freiwillig, sondern aufgrund vertraglicher Bindungen überlassen werde. Der Tätigkeit der Beschwerdeführerin stünden zudem überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Die Stadt könne die ihr obliegende Abfallentsorgung nicht wirtschaftlich planen und durchführen, wenn sie wegen privater Konkurrenz Reserve- und Bereitschaftsvorkehrungen in ungewissem Umfang treffen müsse. Die Grundlage der Gebührenkalkulation würde zerstört, denn private Konkurrenten würden sich auf die lukrativen Gegenden konzentrieren, so dass für den städtischen Entsorgungsbetrieb nur finanziell unattraktive Randbezirke verblieben. Die nach erfolglosem Widerspruch von der Beschwerdeführerin erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
- 5
-
3. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat die Untersagungsverfügung mit Urteil vom 22. April 2008 aufgehoben. Die Sammlung der Beschwerdeführerin sei als eine die Überlassungspflicht ausschließende Eigenverwertung im Sinne von § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG 1994 anzusehen. Es sei allgemein zulässig, Pflichten - soweit sie keine unvertretbaren Handlungen beträfen - durch Dritte erfüllen zu lassen. Die privaten Abfallbesitzer würden das Altpapier daher auch dann selbst im Sinne dieser Vorschrift verwerten, wenn sie es einem Dritten überließen.
- 6
-
Das Altpapier sei auch deshalb von der Überlassungspflicht ausgenommen, weil die Beschwerdeführerin eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG 1994 betreibe, der keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstünden. Um die Erfüllung seiner Aufgaben sicherzustellen, müsse ein öffentlicher Abfallentsorger notfalls seinen Betrieb umstrukturieren oder die Gebühren erhöhen.
- 7
-
4. Im Revisionsverfahren hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, eine Überlassungspflicht für Altpapier zugunsten der öffentlichen Entsorger verstoße gegen Unionsrecht. Die angegriffene Verfügung bedeute eine nach Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (Abfallverbringungsverordnung - AbfVerbrV) unzulässige Verbringungsbeschränkung. Verbringungsbeschränkungen seien zwar nicht absolut unzulässig. Die von der Abfallverbringungsverordnung zugelassenen Ausnahmen lägen jedoch nicht vor. Dementsprechend habe der Europäische Gerichtshof eine auf § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG 1994 gestützte Andienungspflicht für gefährliche Abfälle für unzulässig erklärt. Angesichts der abschließenden Regelung der Verordnung könne zur Rechtfertigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht auf das Primärrecht zurückgegriffen werden. Die Voraussetzungen von Art. 86 Abs. 2 EG [heute Art. 106 Abs. 2 AEUV] lägen im Übrigen nicht vor.
- 8
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5. Mit Urteil vom 18. Juni 2009 hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
- 9
-
a) Der Überlassungspflicht könnten Abfallbesitzer gemäß § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG 1994 nur entgehen, wenn sie die Abfälle selbst verwerten würden. Aus Systematik, Entstehungsgeschichte und Telos der Regelung folge, dass die Hinzuziehung eines Dritten kein Fall der Entsorgung durch den Abfallbesitzer selbst sei. Der Gesetzgeber habe vielmehr eine Grundentscheidung zugunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgung des Abfalls aus privaten Haushaltungen getroffen.
- 10
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b) Ob eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG 1994 vorliege, sei danach zu beurteilen, ob sich die Tätigkeit nach ihrem Gesamtbild eindeutig von der eines beauftragten Entsorgungsunternehmens unterscheide. Es komme darauf an, ob die Sammlung eher auf vertraglicher Grundlage und in dauerhaften Strukturen erfolge oder ob sie eher dem Bild einer freiwilligen unentgeltlichen Überlassung entspreche. Nur im letzteren Fall könne es sich um eine gewerbliche Sammlung handeln, die von der Überlassungspflicht ausgenommen sei. Diese Auslegung entspreche insbesondere dem Ziel des Gesetzgebers, die - Mitte der 1980er Jahre - geläufige Praxis bei den gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen zu erhalten. Nur soweit die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nach diesen Maßstäben als gewerbliche Sammlung anzusehen sei, könne sie weiter ausgeübt werden. Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtssache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
- 11
-
c) Bei Prüfung der Frage, ob der Durchführung einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG 1994), habe das Oberverwaltungsgericht einen unzutreffenden Maßstab angelegt. Das öffentliche Interesse könne überwiegen, wenn die Sammlung sich nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügig auf Organisation und Planungssicherheit des öffentlichen Entsorgungsträgers auswirke.
- 12
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d) Das sekundäre Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht könne der Untersagungsverfügung schon deshalb nicht entgegenstehen, weil es für sortenreine Abfälle wie Altpapier keine Regelungen enthalte. Insbesondere die Abfallverbringungsverordnung betreffe nicht das Einsammeln, sondern das Verbringen von Abfällen. Auch primäres Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht stehe der angegriffenen Verfügung nicht entgegen. Die Verfügung verstoße daher nicht gegen die Regeln der Wettbewerbsfreiheit. Nach Art. 86 Abs. 2 EG [heute Art. 106 Abs. 2 AEUV] gälten die europäischen Wettbewerbsregeln für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, nur, soweit ihre Anwendung nicht die Erfüllung der Aufgaben der Daseinsvorsorge rechtlich oder tatsächlich verhindert. Der Europäische Gerichtshof habe insofern entschieden, dass das Abholen und Behandeln von Abfällen zur Daseinsvorsorge zähle.
- 13
-
Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin verhindere die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung des öffentlichen Entsorgungsträgers. Eine derartige Verhinderung der Aufgabenerfüllung liege nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits vor, wenn die Aufgabe unter den Voraussetzungen des freien Wettbewerbs zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen nicht erfüllt werden könne. So lägen die Dinge hier: Bei ungehinderter Konkurrenz durch die Zulassung privater Altpapierentsorger sei das erforderliche Mindestmaß an wirtschaftlicher Planbarkeit nicht mehr gewahrt, und die Erfüllung der Aufgabe des Abfallentsorgers zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen werde verhindert. Auch ein etwaiger Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit sei damit gerechtfertigt.
- 14
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6. Mit Beschluss vom 30. September 2009 hat das Bundesverwaltungsgericht eine Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen.
- 15
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7. Das erneut befasste Oberverwaltungsgericht bestätigte die Untersagungsverfügung, soweit sie das Einsammeln von Altpapier aus privaten Haushaltungen sowie die Durchführung grundstücksnaher Straßenbündelsammlungen betraf. Insoweit entspreche die Tätigkeit der Beschwerdeführerin dem Bild eines dauerhaft beauftragten Entsorgungsunternehmens und nicht dem einer gewerblichen Sammlung. Zulässig sei es aber, Altpapiercontainer vor Supermärkten aufzustellen, da dies nicht dem Bild eines dauerhaft Beauftragten entspreche. Auf vertragliche Vereinbarungen komme es dabei nicht an. Auch grundstücksferne Straßenbündelsammlungen seien zulässig.
- 16
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Das Oberverwaltungsgericht habe die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum primären und sekundären Gemeinschaftsrecht zur Kenntnis genommen und in seine Entscheidungsfindung einbezogen. Als nicht letztinstanzliches Gericht sei es zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht verpflichtet. Die Revision hat es nicht zugelassen.
- 17
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8. Mit Beschluss vom 4. Juli 2011 hat das Bundesverwaltungsgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe keine rechtsgrundsätzlichen Fragen vorgetragen, die eine Zulassung der Revision rechtfertigten. Insbesondere sei die Frage der Vereinbarkeit der Untersagungsverfügung mit dem Unionsrecht nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil das Bundesverwaltungsgericht dies bereits im ersten Rechtszug getan habe und nun an diese Auffassung gebunden sei; es beabsichtige nicht, von dieser Meinung abzurücken. Das Oberverwaltungsgericht habe sein Vorlageermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
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9. Nach dem Willen des Gesetzgebers des inzwischen an die Stelle des KrW-/AbfG getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) vom 24. Februar 2012 stehen - entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts - vertragliche Bindungen zwischen dem Sammler und den Abfallbesitzern der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen (vgl. BTDrucks 17/6052, S. 74). Überlassungspflichten für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung könnten allerdings nach Art. 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) gerechtfertigt werden (vgl. BTDrucks 17/6052, S. 85).
-
II.
- 19
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2009, vom 30. September 2009 und vom 4. Juli 2011. Sie rügt eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
- 20
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1. Das Bundesverwaltungsgericht habe Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, da es von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abgesehen habe. Die europarechtlichen Fragen seien entscheidungserheblich gewesen. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof sei jedenfalls nicht im Sinne der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, ob die enge Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung in § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG 1994 durch das Bundesverwaltungsgericht mit der Abfallverbringungsordnung, der Abfallrahmenrichtlinie sowie den Artikeln 29, 86 und 82 EG [heute Art. 28, 106 und 102 AEUV] vereinbar sei. Jedenfalls gebe es keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die das Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts stütze. Art. 86 Abs. 2 EG [Art. 106 Abs. 2 AEUV] gestatte keine Abweichungen von Vorschriften des Sekundärrechts. Die Beschwerdeführerin habe in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auf die entsprechende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht sei als letztinstanzliches Gericht zur Vorlage verpflichtet gewesen.
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Auch durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde habe das Bundesverwaltungsgericht gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter verstoßen. Dadurch habe es die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts geduldet, dieses sei kein letztinstanzliches Gericht und deshalb zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht verpflichtet. Ein Oberverwaltungsgericht sei jedoch dann als letztinstanzliches Gericht anzusehen, wenn es gegen seine Entscheidung die Revision nicht zulasse.
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2. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, da sich das Bundesverwaltungsgericht nicht mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Auslegung der maßgeblichen Rechtsnormen durch den Europäischen Gerichtshof auseinandergesetzt habe. Das Bundesverwaltungsgericht sei auf die wesentlichen Punkte des Vortrags der Beschwerdeführerin nicht eingegangen. Dies betreffe den Vortrag zum europäischen Sekundärrecht und zum Primärrecht. Die Voraussetzungen des Art. 86 Abs. 2 EG [Art. 106 Abs. 2 AEUV], der Wettbewerbsbeschränkungen rechtfertigen könnte, lägen nicht vor.
- 23
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3. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts greife unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit ein. Der Beschwerdeführerin seien nur noch Tätigkeiten erlaubt, die sich geringfügig auf die Organisation und die Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auswirkten. Praktisch sei die Tätigkeit als gewerblicher Abfallsammler damit unrentabel.
-
III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da ihr keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Annahme auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 BVerfGG).
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1. Die Entscheidung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung anzunehmen. Die Beschwerdeführerin hat keine neue, grundlegende verfassungsrechtliche Frage aufgezeigt, zu der eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geboten wäre. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die hier maßgeblichen Fragen zur Einordnung des Europäischen Gerichtshofs als gesetzlichem Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339 <366 f.>; 82, 159 <195>; zuletzt BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 12 BvR 1563/12, 2 BvR 12 BvR 1564/12 -, juris, Rn. 177 ff.) und zur Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch Nichtbeachtung von Beteiligtenvorbringen (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 46, 315 <319>; 96, 205 <216>; 105, 279 <311>) geklärt. Auch hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG hat die Beschwerdeführerin keine ungeklärte Verfassungsrechtsfrage aufgezeigt.
- 26
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2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Sie ist jedenfalls unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten.
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a) Das Bundesverwaltungsgericht hat nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, indem es von einer Vorlage an den Gerichtshof abgesehen hat.
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aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339 <366>; 82, 159 <192>; 126, 286 <315>; 128, 157 <186 f.>; 129, 78 <105>). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <105>; stRspr). Kommt ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens daher nicht nach oder stellt es ein Vorabentscheidungsersuchen, obwohl eine Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht gegeben ist (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 -, NJW 2013, S. 1499 <1501>, Rn. 91), kann dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein (vgl. BVerfGE 73, 339 <366 ff.>; 126, 286 <315>).
- 29
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Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, S. 3415 ff., Rn. 21) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. auch BVerfGE 82, 159 <193>; 128, 157 <187>; 129, 78 <105 f.>).
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bb) Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Normen, die die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung regeln, jedoch nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 29, 198 <207>; 82, 159 <194>). Durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wird das Bundesverfassungsgericht nicht zu einem Kontrollorgan, das jeden einem Gericht unterlaufenen, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Vielmehr ist das Bundesverfassungsgericht gehalten, seinerseits die Kompetenzregeln zu beachten, die den Fachgerichten die Kontrolle über die Befolgung der Zuständigkeitsordnung übertragen (vgl. BVerfGE 82, 159 <194>).
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Diese Grundsätze gelten auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV. Daher stellt nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 126, 286 <315>). Das Bundesverfassungsgericht überprüft nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 126, 286 <315 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <106>). Durch die zurückgenommene verfassungsrechtliche Prüfung behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht. Das Bundesverfassungsgericht wacht allein über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums (vgl. BVerfGE 126, 286 <316> m.w.N.). Ein "oberstes Vorlagenkontrollgericht" ist es nicht (vgl. BVerfGE 126, 286 <316>; BVerfGK 13, 506 <512>; 14, 230 <233>; 16, 328 <336>;BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1987 - 2 BvR 808/82 -, NJW 1988, S. 1456 <1457>).
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(1) Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>).
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(2) Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>).
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(3) Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs hingegen noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Unvollständigkeit der Rechtsprechung), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet (vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Fachgerichte das Vorliegen eines "acte clair" oder eines "acte éclairé" willkürlich bejahen.
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Das Gericht muss sich daher hinsichtlich des materiellen Unionsrechts hinreichend kundig machen. Etwaige einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss es auswerten und seine Entscheidung hieran orientieren (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 128, 157 <189>). Auf dieser Grundlage muss das Fachgericht unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts (vgl. BVerfGE 75, 223 <234>; 128, 157 <188>; 129, 78 <107>) die vertretbare Überzeugung bilden, dass die Rechtslage entweder von vornherein eindeutig ("acte clair") oder durch Rechtsprechung in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offen lässt ("acte éclairé"; vgl. BVerfGE 129, 78 <107>).
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Unvertretbar gehandhabt wird Art. 267 Abs. 3 AEUV im Falle der Unvollständigkeit der Rechtsprechung insbesondere dann, wenn das Fachgericht eine von vornherein eindeutige oder zweifelsfrei geklärte Rechtslage ohne sachlich einleuchtende Begründung für gegeben hält (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; zum Vorliegen eines solchen Falles, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht zugrunde gelegten Meinung eindeutig vorzuziehen sind, vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 126, 286 <317>).
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b) Eine nicht mehr verständliche oder unhaltbare Auslegung und Anwendung des Art. 267 Abs. 3 AEUV liegt danach nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat weder das Institut der Vorlage an den Gerichtshof grundsätzlich übersehen, noch ist es bewusst von dessen Rechtsprechung abgewichen, sondern hat sich damit ausdrücklich auseinandergesetzt. Die Auslegung von § 13 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG 1994 durch das Bundesverwaltungsgericht überschreitet auch nicht den richterlichen Beurteilungsrahmen mit Blick auf das Unionsrecht. Es ist - ohne den Begriff zu verwenden - von einem "acte clair" ausgegangen und hat dies mit der Anwendbarkeit von Art. 86 Abs. 2 EG [Art. 106 Abs. 2 AEUV] begründet (aa), diese Vorschrift in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angewandt (bb) und dies mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Europäischen Union begründet (cc).
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aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist ein Rückgriff auf das Primärrecht zulässig, soweit eine Materie sekundärrechtlich nicht abschließend geregelt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2001, Rs. C-324/99, Daimler-Chrysler, Slg. 2001, S. I-9897 Rn. 32). Das Bundesverwaltungsgericht geht insoweit davon aus, dass Art. 16 der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG sortenreine Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen nicht erfasse und die Abfallverbringungsverordnung Nr. 1013/2006 nicht das Einsammeln, sondern nur das Verbringen von Abfällen aus privaten Haushaltungen regele. Das mag im Schrifttum umstritten sein (vgl. Giesberts, in: Giesberts/Reinhardt, Beck'scher Online-Kommentar, Umweltrecht, 1. Juli 2014, KrWG § 17 Rn. 64 f. - April 2013 - mit Nachweis zur Gegenauffassung), scheint für das Bundesverwaltungsgericht jedoch unzweifelhaft festzustehen.
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Hinzu kommt, dass auch der vom Bundesverwaltungsgericht als unzweifelhaft zulässig angesehene Rückgriff auf Art. 106 Abs. 2 AEUV [Art. 86 Abs. 2 EG] jedenfalls nicht willkürlich ist. Unabhängig von der Frage, ob sich das Primärrecht insoweit nicht schon wegen seiner Höherrangigkeit durchsetzt, strahlt Art. 106 Abs. 2 AEUV (Art. 86 Abs. 2 EG) nach überwiegender Meinung jedenfalls auf sekundärrechtlich geregelte Bereiche aus (vgl. z.B. Wernicke, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 106 AEUV Rn. 62 - März 2011 -; Ehricke, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl. 2009, Art. 86 EG Rn. 87 ff.; Voet van Vormizeele, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 55; a.A. unter Berufung auf den Wortlaut Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 106 Rn. 42). Das wird durch die teleologische Überlegung bestätigt, dass der Generalvorbehalt zugunsten der in Art. 106 Abs. 2 AEUV (Art. 86 Abs. 2 EG) genannten Unternehmen sicherstellen soll, dass diese die ihnen übertragenen besonderen Aufgaben auch tatsächlich erfüllen können, es für die Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben aber keine Rolle spielen kann, ob sie durch primär- oder durch sekundärrechtliche Regelungen gefährdet wird (vgl. Voet van Vormizeele, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 55). Auch der Gesetzgeber des neuen KrWG (vgl. BTDrucks 17/6052, S. 85) und die Europäische Kommission (vgl. SG(2011) D/51545 vom 29. Juni 2011, S. 6 f.) sind der Auffassung, dass Überlassungspflichten für Hausabfälle über Art. 106 Abs. 2 AEUV [Art. 86 Abs. 2 EG] gerechtfertigt werden können.
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bb) Die konkrete Anwendung von Art. 106 Abs. 2 AEUV [Art. 86 Abs. 2 EG] begegnet mit Blick auf die Auslegung von § 13 KrW-/AbfG 1994 ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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(1) Nach Art. 106 Abs. 2 AEUV [Art. 86 Abs. 2 EG] kann die Wettbewerbsfreiheit zugunsten von Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, beschränkt werden, wenn anderenfalls die Erfüllung der übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert wird.
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Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen sind im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf (vgl. EuGH, Urteil vom 10. November 1998, Rs. C-360/96, BFI Holding, Slg. 1998, S. I-6821 Rn. 52; Urteil vom 23. Mai 2000, Rs. C-209/98, Sydhavnens Sten & Grus, Slg. 2000, S. I-3743 Rn. 75).
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Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV [Art. 86 Abs. 2 EG] liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht Voraussetzung für die Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EG beziehungsweise Art. 106 Abs. 2 AEUV (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Oktober 1997, Rs. C-157/94, Kommission/Niederlande, Slg. 1997, S. I-5699 Rn. 43; Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-340/99, TNT Traco/Poste Italiane, Slg. 2001, S. I-4109 Rn. 54; Urteil vom 19. Mai 1993, Rs. C-320/91, Corbeau, Slg. 1993, S. I-2563 Rn. 14 ff.). Entscheidend ist, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist (vgl. EuGH, Rs. C-320/91, Corbeau, a.a.O. Rn. 14 ff.; Rs. C-157/94, Kommission/Niederlande, a.a.O. Rn. 53). Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann (vgl. EuGH, C-157/94, Kommission/Niederlande, a.a.O. Rn. 53 ff.).
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(2) Von diesen Maßstäben ist das Bundesverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat darauf abgestellt, dass eine wirtschaftliche Aufgabenerfüllung bei freiem Zugang Privater zum Altpapiersammeln nicht gewährleistet werden könne. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei einem ungehinderten Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet wäre. Im Ergebnis ist es daher nicht entscheidend, ob das Bundesverwaltungsgericht den Begriff der gewerblichen Sammlung in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG 1994 möglicherweise zu eng ausgelegt hat, wie es der Gesetzgeber des neuen KrWG annimmt. Denn auch einer gewerblichen Sammlung kann nach § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG 1994 im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV [Art. 86 Abs. 2 EG] der Einwand der wirtschaftlich unzumutbaren Aufgabenerfüllung entgegengehalten werden.
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cc) Der Überlassungspflicht steht es nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof eine kommunale Andienungspflicht für gefährliche Abfälle aufgrund der auf § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG 1994 gestützten baden-württembergischen Sonderabfallverordnung als unzulässig angesehen hat. Zum einen diente diese Andienungspflicht dem Umweltschutz (vgl. § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG 1994 und EuGH, Rs. C-324/99, Daimler Chrysler, a.a.O. Rn. 54, 57 ff.), während die Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG 1994 dem Erhalt der abfallwirtschaftlichen Daseinsvorsorge dient. Zum anderen bezieht der Europäische Gerichtshof seine Ausführungen ausdrücklich auf Abfälle, die zur Beseitigung bestimmt sind (vgl. EuGH, Rs. C-324/99, Daimler Chrysler, a.a.O. Rn. 28). Dies erfasst nicht solche Abfälle, die - wie im vorliegenden Fall das Altpapier - nicht zur Beseitigung, sondern zur Verwertung bestimmt sind.
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c) Auch das Oberverwaltungsgericht - dessen Entscheidung nicht ausdrücklich angegriffen ist - hat nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, indem es nach der Zurückverweisung von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abgesehen hat. Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV sind nur letztinstanzliche Gerichte zur Vorlage verpflichtet. Letztinstanzliche Gerichte sind die Gerichte, gegen deren Entscheidungen kein Rechtsmittel mehr zulässig ist. Gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war jedoch die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft, die zu den Rechtsmitteln im Sinne von Art. 267 AEUV zählt (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>). Daher ist auch die von der Beschwerdeführerin angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2011, mit der die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wurde, insoweit nicht zu beanstanden.
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d) Das Bundesverwaltungsgericht hat auch den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 46, 315 <319>; 105, 279 <311>). Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht in letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295>; 70, 288 <293>; 86, 133 <145 f.>). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz davor, dass ein Gericht Vortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Rechtsgründen unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 60, 305 <310>; 96, 205 <216>).
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Zwar hat sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2009 nicht vertieft mit der europarechtlichen Argumentation der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Darin liegt jedoch kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör. Da es nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts entscheidend auf die Anwendung des primären Unionsrechts ankam, waren die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Sekundärrecht nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen wäre ein etwaiger Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2009 über die Anhörungsrüge geheilt.
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e) Auch Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Die Auslegung der Überlassungspflicht (§ 13 Abs. 1 KrW-/AbfG 1994) sowie des Begriffs der gewerblichen Sammlung (§ 13 Abs. 3 KrW-/AbfG 1994) durch das Bundesverwaltungsgericht sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Bundesverwaltungsgericht ausführt, betrifft der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren (vgl. BVerfGE 46, 120 <149 ff.>), die durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls - Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung - gerechtfertigt ist. Dass der Gesetzgeber des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes die Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung in § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG 1994 durch das Bundesverwaltungsgericht offenbar für nicht europarechtskonform gehalten hat, ist insbesondere mit Blick auf § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG unerheblich.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
- 1.
die Zölle, - 2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen, - 3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, - 4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, - 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, - 6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, - 7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
- 1.
die Vermögensteuer, - 2.
die Erbschaftsteuer, - 3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen, - 4.
die Biersteuer, - 5.
die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln. - 2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte dem Beklagten unter dem 25. Mai 2012 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten im Kreisgebiet des Beklagten an. Auf Bitte des Beklagten, die Anzeige zu vervollständigen und nähere Angaben zur Sammlung zu machen, teilte die Klägerin mit: Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Im Gebiet des Beklagten habe sie insgesamt vier Altkleidercontainer aufgestellt, und zwar jeweils zwei in S1. und in M. . Die Anzeige solle landkreisweit gelten. Die erfassten Textilien würden im Sortierwerk des Partnerunternehmens sortiert. Das Sammelgut bestehe erfahrungsgemäß zu ca. 60 % aus tragfähiger, wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Ca. 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert und ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Mit E‑Mail vom 27. Juli 2012 ergänzte die Klägerin, sie habe im Gebiet des Beklagten bislang 7 Tonnen Alttextilien im Jahr gesammelt und beabsichtige, dort weitere 100 Container für die Dauer von zehn Jahren aufzustellen und damit ca. 350 Tonnen jährlich zu erfassen. Des Weiteren übersandte sie unter anderem eine Übersicht über die Verwertungswege.
4Der Beklagte forderte die kreisangehörigen Gemeinden und den C. Abfallwirtschaftsverband zur Stellungnahme auf. Die Stadt C. H. erklärte, die Durchführung der angezeigten Sammlung werde eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin darstellen. Die Sammlung von Kleidung und Schuhen aus privaten Haushaltungen sei bereits Teil der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung. Erfasst würden die Alttextilien und Schuhe über Depotcontainer und Straßensammlungen durch den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Die angezeigte Sammlung der Klägerin werde jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen beeinträchtigen und aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren führen.
5Der Beklagte hörte die Klägerin zu der Absicht an, die Sammlung im Gebiet der Stadt C. H. zu untersagen, und führte zur Begründung an, die Sammlung der Stadt C. H. bestehe seit dem Jahr 1999 - ursprünglich im Rahmen einer Drittbeauftragung - und erfolge im gesamten Stadtgebiet flächendeckend über insgesamt 118 Container an 74 Standorten. Der Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, nähere Angaben zum voraussichtlichen Sammlungsumfang in den verschiedenen Gemeinden, insbesondere für die Stadt C. H. zu machen.
6Die Klägerin teilte darauf mit, dass bislang keine konkreten Planungen für zusätzliche Stellplätze bestünden.
7Mit Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin, im Gebiet der Stadt C. H. entsprechend der Anzeige vom 25. Mai 2012 Alttextilien/-schuhe etc. zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Sammeltag und Sammelgebiet an. Zur Begründung führte er aus: Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der Sammlung der Klägerin stünden im Gebiet der Stadt C. H. überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ‑ die Stadt C. H. ‑ ein hochwertiges Sammelsystem eingerichtet habe. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die Sammlung sei daher zu untersagen. Die Untersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz solle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht vor unliebsamer Konkurrenz schützen. In C. H. wolle sie, die Klägerin, voraussichtlich 20 Container aufstellen. Dadurch werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Die Stadt C. H. erfasse bislang noch nicht einmal das gesamte Altkleiderpotential von ca. 10 kg pro Einwohner pro Jahr. Wenn der Beklagte angebe, dass wegen der gestiegenen Sammelmengen neues Personal eingestellt werden müsse, so dürften die zusätzlichen Personalausgaben die Mehrerlöse weitgehend aufzehren, so dass geringere Sammelmengen allenfalls zu einer minimalen Gebührenerhöhung führen könnten. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider nicht selbst verwerte. Zur Verwertung sei die Stadt C. H. auch gar nicht in der Lage, da Altkleider nicht verwertet, sondern wiederverwendet würden. Die Sammlung der Klägerin sei aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die weltweite Vermarktung auch wesentlich leistungsfähiger. Jedenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 13. November 2012 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Bei Alttextilien handele es sich um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in die Container bleibe auch dann eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG, wenn der Besitzer die Altkleider einer Wiederverwendung oder -verwertung zuführen wolle. Ein großer Teil der gesammelten Alttextilien werde im Übrigen nicht wiederverwendet, sondern anderweitig verwertet. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Klägerin beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erheblich. Die kommunale Sammlung bestehe seit vielen Jahren und werde seit Dezember 2012 in Eigenregie des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt C. H. durchgeführt. Seit 2013 sei ein sprunghafter Anstieg der Sammelmengen zu verzeichnen. Deshalb seien zwölf zusätzliche Containerstandorte eingerichtet, ein neues Sammelfahrzeug beschafft und ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt worden. Insgesamt habe der Rat der Stadt zwei neue, unbefristete Stellen eingerichtet. Bei stark zurückgehenden Sammelmengen überstiegen die Personal- und Sachkosten den Erlös, so dass das Sammelsystem in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten werden könne und die Abfallgebühren erhöht werden müssten. Die Klägerin habe den genauen Umfang der beabsichtigten Sammlung nicht angegeben, insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, wieviele Container sie in C. H. aufzustellen beabsichtige. Bislang seien auf Privatflächen im Stadtgebiet im Wesentlichen nur Altkleidercontainer gemeinnütziger Sammler aufgestellt. Bei Aufstellung weiterer (gewerblicher) Altkleidercontainer an stark frequentierten und bequem zu erreichenden Standorten wie etwa auf Supermarktparkplätzen sei zu befürchten, dass die gewerblichen Sammlungen in ihrer Gesamtheit das bisher durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelte Volumen in voller Höhe abschöpfen würden. Es bestehe kein zusätzliches Erfassungspotential. Die Mengenschätzungen der Klägerin seien spekulativ. Es sei davon auszugehen, dass durch die Sammlung der Stadt C. H. das Sammelpotential bereits jetzt voll ausgeschöpft werde. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nicht selbst Sammlung und Verwertung vornehmen, sondern dürfe gemäß § 22 KrWG sowohl für die Sammlung als auch für die Verwertung Dritte beauftragen. Die Sammlung der Stadt C. H. sei auch leistungsfähiger als eine kleinere Sammlung. Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sei insoweit ausdrücklich auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geäußerten europarechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits die wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen des früheren Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als europarechtskonform eingestuft. Die Planungssicherheit könne nicht anders als durch die Untersagung der angezeigten Sammlung gewährleistet werden. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht möglich, die insgesamt 17 angezeigten gewerblichen Sammlungen wirkungsvoll zu koordinieren.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die Stadt C. H. in ihrem Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige städtische System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht für die Stadt C. H. gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht den Umstand, dass 19 Sammlungen mit Sammelmengen von ca. 1.250 Tonnen pro Jahr für das Kreisgebiet angezeigt worden seien. Zudem sei es zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 ‑. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe er, der Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in C. H. auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden in C. H. kommunal ca. 510 Tonnen Alttextilien pro Jahr in 130 Containern an 92 Standorten gesammelt. Straßensammlungen erzielten eine Sammelmenge von ca. 120 Tonnen pro Jahr. Neben gemeinnützigen Sammlungen fänden inzwischen im Stadtgebiet aufgrund eines konsequenten Vorgehens keine gewerblichen Sammlungen mehr statt. Pro gewerblichen Container sei eine Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Jahr zu erwarten. Die Beachtlichkeitsschwelle von 10 %, die in der Rechtsprechung insoweit zugrunde gelegt werde, sei deshalb bei 14 Containern zu ziehen. Unabhängig davon habe die Stadt C. H. die konkreten Beeinträchtigungen hinreichend plausibel gemacht. Die Einstellung von zwei Mitarbeitern und die Anschaffung von zwei Sammelfahrzeugen seien Organisationsentscheidungen, die bei erheblich zurückgehenden Sammelmengen nicht (mehr) tragbar seien.
16In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte die in der Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
17Der Beklagte beantragt,
18das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das in C. H. weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der vom Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
25Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet.
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
29I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
30Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
31Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, NWVBl. 2014, 16, sowie ‑ 20 A 3043/11 ‑ und ‑ 20 A 3044/11 ‑, beide juris.
32Die Frage der Neutralität der Unteren Umweltschutzbehörde in Fällen, in denen sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist,
33vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 ‑, juris.
34stellt sich hier nicht, weil im Gebiet des Beklagten die nicht den kreisangehörigen Gemeinden obliegenden Entsorgungspflichten (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) vom C. Abfallwirtschaftsverband wahrzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 LAbfG).
35II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
361. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
38Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
39Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
40Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
41Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
42Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
43Vgl. dazu die Bründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
44§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
45Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
462. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
47a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
48Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
49b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
50So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, DVBl. 2013, 1537; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
51Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
52- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
53die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
55Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
56Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
57Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
58vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
59auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
60Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
61Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
62c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
63aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
64- 65
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 66
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 67
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
69bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
70Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
71Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
72Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
73In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
74cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
75Diese Feststellung bedeutet entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
76Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
77Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
78Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
79Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
80Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
81- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
82oder als gesetzliche Fiktion
83- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
84verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
85Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
86Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
87dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
89nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
90Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
91(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
92Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
93- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
94ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
95Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
96Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
97" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
98In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
99" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
100Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
101BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
102Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
103" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
104Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
105vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
106ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist. Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Der Beklagte hat der Klägerin nicht die angezeigte Sammlung von Alttextilien in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich untersagt, sondern nur in einer einzelnen kreisangehörigen Kommune. In allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existieren, darf die Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen. Mit einem vollständigen Konkurrenzschutz ist die Klägerin daher nicht einmal im Zuständigkeitsbereich des Beklagten konfrontiert.
107(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
108BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
109konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
110Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
111BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
112Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
113BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
114Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
115Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
116(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
117Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
118Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
119In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
120Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
121In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
122Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
123(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
124Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt", wie es hier in weiten Teilen des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten für die Fraktion der Alttextilien weiterhin der Fall ist. Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
125Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
126Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
127Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
128- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
129lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
130Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
131Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
132Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
133Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
134Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
135Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
136Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
137Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
138Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
139Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
141Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
142Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
143Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
144Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
145Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
147Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
148In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
149Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
150Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
151Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
152Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
153So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
154Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
155(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
156Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
157Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
158ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
159(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
160Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
161Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
162Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
163Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
164Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
165Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
166Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
167In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
168Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
169Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
170Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
171Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
172Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
173Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
174Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
175Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
176Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
177Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
178Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
179Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
180(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
181Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
182Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
183Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
184Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
185Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
186Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
187Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
188Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
189Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
190Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
191Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
192Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
193Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
194(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
195Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
196Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
197Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
198vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
199würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
200In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
201Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
202ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
203(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
204Die Stadt C. H. führt eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
205Von der Stadt C. H. werden im Stadtgebiet flächendeckend an 92 Standorten 130 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter des AWB der Stadt C. H. hat dort plastisch und nachvollziehbar dargelegt, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird nicht nur durch die Verdichtung des Netzes von Standorten insbesondere seit dem Jahr 2013, sondern auch durch die zwischenzeitlich erhöhte Zahl der Sammelcontainer selbst bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
206Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr in der Stadt C. H. weitgehend tatsächlich durch die städtischen Sammelcontainer erfasst wird. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der Stadt C. H. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
207Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die Stadt C. H. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Der Beklagte bzw. die Stadt C. H. haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
208(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
209Die angezeigte Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den zu berücksichtigenden weiteren gewerblichen Sammlungen beeinträchtigt die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wesentlich. Denn die zu berücksichtigenden Sammlungen machen bereits mehr als 50 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers realisierten Aufkommens aus. Unabhängig davon hat die Stadt C. H. auch potentielle Auswirkungen auf ihre Planungssicherheit und Organisationsverantwortung hinreichend plausibel gemacht.
210Dabei wird zunächst zugunsten der Klägerin der von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstmals angegebene Sammlungsumfang für die Stadt C. H. von 20 Containern zugrunde gelegt und im Weiteren unterstellt, dass diese Angabe die bis dato lediglich für das gesamte Kreisgebiet bezifferte Sammlung konkretisiert und es sich nicht der Sache nach um eine neue, prozessual unbeachtliche Sammlungsanzeige handelt. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil der Beklagte anhand der ursprünglichen Angaben und der mehrmals ohne Erfolg gebliebenen Nachfragen angesichts der Einwohnerverteilung im Kreis (Einwohner der Stadt C. H. ca. 110.000, Gesamteinwohner im Rheinisch-Bergischen Kreises ca. 278.000) zumindest bei einer naheliegenden einwohnerorientierten Aufteilung von einem etwa doppelt so großen Umfang der Sammlung in C. H. ausgehen musste. Legt man für die 20 Container wegen der insofern im Raum stehenden Bandbreite eine realistische jährliche Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Container und Jahr zugrunde, war für die Sammlung der Klägerin von einem Umfang von 76 Tonnen pro Jahr auszugehen, die für sich genommen etwa 15 % der von der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelmenge in Höhe von 510 Tonnen erreicht.
211Hinzuzurechnen sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 11. September 2014 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Umfang ihrer beabsichtigten Sammlung näher dargelegt und konnte deshalb der Beklagte nach vorstehenden Ausführungen von einer hinreichend präzisierten Anzeige im nunmehr zugrunde gelegten Umfang ausgehen. Zudem hat die Stadt C. H. klargestellt, dass derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt C. H. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der vom Beklagten auf Bitten des Senats vorgelegten Aufstellung angezeigter Sammlungen ist kreisweit deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 672 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 1, 13, 18, 41, 46, 58, 77, 89, 91, 92, 95, 98, 102, 103 und 106 gemäß der vom Beklagten als Anlage 2 zum Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten "Übersichtsliste Altkleidersammlungen Rheinisch-Bergischer Kreis" ergeben. Daraus folgt für die Stadt C. H. angesichts ihrer anteiligen Einwohnerzahl eine zu erwartende Sammelmenge von etwa 268 Tonnen pro Jahr. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin ergibt sich daraus eine Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen, die erheblich mehr als 50 % selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der Stadt C. H. in Höhe von 510 Tonnen ausmacht.
212Unabhängig davon hat die Stadt C. H. aber auch für den Fall geringerer Mengenabflüsse wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung plausibel dargetan. Allein aus der überreichten Kostenkalkulation ergibt sich, dass die Reingewinne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus der Sammlung von Alttextilien hier konkret (nur) ca. 40 % der ‑ relativ hohen ‑ Verkaufserlöse ausmacht. Aus diesem Grund liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen auf der Hand, dass bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der neu angeschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche kommunale Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die Stadt C. H. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
213(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
214Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
215Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
216Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte dem Beklagten unter dem 25. Mai 2012 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten im Kreisgebiet des Beklagten an. Auf Bitte des Beklagten, die Anzeige zu vervollständigen und nähere Angaben zur Sammlung zu machen, teilte die Klägerin mit: Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Im Gebiet des Beklagten habe sie insgesamt vier Altkleidercontainer aufgestellt, und zwar jeweils zwei in S1. und in M. . Die Anzeige solle landkreisweit gelten. Die erfassten Textilien würden im Sortierwerk des Partnerunternehmens sortiert. Das Sammelgut bestehe erfahrungsgemäß zu ca. 60 % aus tragfähiger, wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Ca. 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert und ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Mit E‑Mail vom 27. Juli 2012 ergänzte die Klägerin, sie habe im Gebiet des Beklagten bislang 7 Tonnen Alttextilien im Jahr gesammelt und beabsichtige, dort weitere 100 Container für die Dauer von zehn Jahren aufzustellen und damit ca. 350 Tonnen jährlich zu erfassen. Des Weiteren übersandte sie unter anderem eine Übersicht über die Verwertungswege.
4Der Beklagte forderte die kreisangehörigen Gemeinden und den C. Abfallwirtschaftsverband zur Stellungnahme auf. Die Stadt C. H. erklärte, die Durchführung der angezeigten Sammlung werde eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin darstellen. Die Sammlung von Kleidung und Schuhen aus privaten Haushaltungen sei bereits Teil der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung. Erfasst würden die Alttextilien und Schuhe über Depotcontainer und Straßensammlungen durch den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Die angezeigte Sammlung der Klägerin werde jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen beeinträchtigen und aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren führen.
5Der Beklagte hörte die Klägerin zu der Absicht an, die Sammlung im Gebiet der Stadt C. H. zu untersagen, und führte zur Begründung an, die Sammlung der Stadt C. H. bestehe seit dem Jahr 1999 - ursprünglich im Rahmen einer Drittbeauftragung - und erfolge im gesamten Stadtgebiet flächendeckend über insgesamt 118 Container an 74 Standorten. Der Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, nähere Angaben zum voraussichtlichen Sammlungsumfang in den verschiedenen Gemeinden, insbesondere für die Stadt C. H. zu machen.
6Die Klägerin teilte darauf mit, dass bislang keine konkreten Planungen für zusätzliche Stellplätze bestünden.
7Mit Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin, im Gebiet der Stadt C. H. entsprechend der Anzeige vom 25. Mai 2012 Alttextilien/-schuhe etc. zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Sammeltag und Sammelgebiet an. Zur Begründung führte er aus: Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der Sammlung der Klägerin stünden im Gebiet der Stadt C. H. überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ‑ die Stadt C. H. ‑ ein hochwertiges Sammelsystem eingerichtet habe. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die Sammlung sei daher zu untersagen. Die Untersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz solle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht vor unliebsamer Konkurrenz schützen. In C. H. wolle sie, die Klägerin, voraussichtlich 20 Container aufstellen. Dadurch werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Die Stadt C. H. erfasse bislang noch nicht einmal das gesamte Altkleiderpotential von ca. 10 kg pro Einwohner pro Jahr. Wenn der Beklagte angebe, dass wegen der gestiegenen Sammelmengen neues Personal eingestellt werden müsse, so dürften die zusätzlichen Personalausgaben die Mehrerlöse weitgehend aufzehren, so dass geringere Sammelmengen allenfalls zu einer minimalen Gebührenerhöhung führen könnten. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider nicht selbst verwerte. Zur Verwertung sei die Stadt C. H. auch gar nicht in der Lage, da Altkleider nicht verwertet, sondern wiederverwendet würden. Die Sammlung der Klägerin sei aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die weltweite Vermarktung auch wesentlich leistungsfähiger. Jedenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 13. November 2012 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Bei Alttextilien handele es sich um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in die Container bleibe auch dann eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG, wenn der Besitzer die Altkleider einer Wiederverwendung oder -verwertung zuführen wolle. Ein großer Teil der gesammelten Alttextilien werde im Übrigen nicht wiederverwendet, sondern anderweitig verwertet. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Klägerin beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erheblich. Die kommunale Sammlung bestehe seit vielen Jahren und werde seit Dezember 2012 in Eigenregie des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt C. H. durchgeführt. Seit 2013 sei ein sprunghafter Anstieg der Sammelmengen zu verzeichnen. Deshalb seien zwölf zusätzliche Containerstandorte eingerichtet, ein neues Sammelfahrzeug beschafft und ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt worden. Insgesamt habe der Rat der Stadt zwei neue, unbefristete Stellen eingerichtet. Bei stark zurückgehenden Sammelmengen überstiegen die Personal- und Sachkosten den Erlös, so dass das Sammelsystem in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten werden könne und die Abfallgebühren erhöht werden müssten. Die Klägerin habe den genauen Umfang der beabsichtigten Sammlung nicht angegeben, insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, wieviele Container sie in C. H. aufzustellen beabsichtige. Bislang seien auf Privatflächen im Stadtgebiet im Wesentlichen nur Altkleidercontainer gemeinnütziger Sammler aufgestellt. Bei Aufstellung weiterer (gewerblicher) Altkleidercontainer an stark frequentierten und bequem zu erreichenden Standorten wie etwa auf Supermarktparkplätzen sei zu befürchten, dass die gewerblichen Sammlungen in ihrer Gesamtheit das bisher durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelte Volumen in voller Höhe abschöpfen würden. Es bestehe kein zusätzliches Erfassungspotential. Die Mengenschätzungen der Klägerin seien spekulativ. Es sei davon auszugehen, dass durch die Sammlung der Stadt C. H. das Sammelpotential bereits jetzt voll ausgeschöpft werde. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nicht selbst Sammlung und Verwertung vornehmen, sondern dürfe gemäß § 22 KrWG sowohl für die Sammlung als auch für die Verwertung Dritte beauftragen. Die Sammlung der Stadt C. H. sei auch leistungsfähiger als eine kleinere Sammlung. Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sei insoweit ausdrücklich auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geäußerten europarechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits die wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen des früheren Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als europarechtskonform eingestuft. Die Planungssicherheit könne nicht anders als durch die Untersagung der angezeigten Sammlung gewährleistet werden. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht möglich, die insgesamt 17 angezeigten gewerblichen Sammlungen wirkungsvoll zu koordinieren.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die Stadt C. H. in ihrem Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige städtische System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht für die Stadt C. H. gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht den Umstand, dass 19 Sammlungen mit Sammelmengen von ca. 1.250 Tonnen pro Jahr für das Kreisgebiet angezeigt worden seien. Zudem sei es zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 ‑. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe er, der Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in C. H. auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden in C. H. kommunal ca. 510 Tonnen Alttextilien pro Jahr in 130 Containern an 92 Standorten gesammelt. Straßensammlungen erzielten eine Sammelmenge von ca. 120 Tonnen pro Jahr. Neben gemeinnützigen Sammlungen fänden inzwischen im Stadtgebiet aufgrund eines konsequenten Vorgehens keine gewerblichen Sammlungen mehr statt. Pro gewerblichen Container sei eine Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Jahr zu erwarten. Die Beachtlichkeitsschwelle von 10 %, die in der Rechtsprechung insoweit zugrunde gelegt werde, sei deshalb bei 14 Containern zu ziehen. Unabhängig davon habe die Stadt C. H. die konkreten Beeinträchtigungen hinreichend plausibel gemacht. Die Einstellung von zwei Mitarbeitern und die Anschaffung von zwei Sammelfahrzeugen seien Organisationsentscheidungen, die bei erheblich zurückgehenden Sammelmengen nicht (mehr) tragbar seien.
16In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte die in der Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
17Der Beklagte beantragt,
18das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das in C. H. weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der vom Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
25Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet.
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
29I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
30Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
31Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, NWVBl. 2014, 16, sowie ‑ 20 A 3043/11 ‑ und ‑ 20 A 3044/11 ‑, beide juris.
32Die Frage der Neutralität der Unteren Umweltschutzbehörde in Fällen, in denen sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist,
33vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 ‑, juris.
34stellt sich hier nicht, weil im Gebiet des Beklagten die nicht den kreisangehörigen Gemeinden obliegenden Entsorgungspflichten (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) vom C. Abfallwirtschaftsverband wahrzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 LAbfG).
35II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
361. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
38Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
39Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
40Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
41Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
42Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
43Vgl. dazu die Bründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
44§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
45Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
462. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
47a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
48Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
49b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
50So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, DVBl. 2013, 1537; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
51Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
52- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
53die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
55Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
56Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
57Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
58vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
59auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
60Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
61Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
62c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
63aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
64- 65
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 66
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 67
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
69bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
70Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
71Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
72Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
73In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
74cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
75Diese Feststellung bedeutet entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
76Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
77Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
78Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
79Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
80Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
81- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
82oder als gesetzliche Fiktion
83- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
84verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
85Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
86Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
87dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
89nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
90Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
91(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
92Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
93- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
94ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
95Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
96Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
97" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
98In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
99" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
100Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
101BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
102Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
103" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
104Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
105vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
106ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist. Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Der Beklagte hat der Klägerin nicht die angezeigte Sammlung von Alttextilien in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich untersagt, sondern nur in einer einzelnen kreisangehörigen Kommune. In allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existieren, darf die Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen. Mit einem vollständigen Konkurrenzschutz ist die Klägerin daher nicht einmal im Zuständigkeitsbereich des Beklagten konfrontiert.
107(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
108BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
109konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
110Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
111BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
112Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
113BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
114Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
115Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
116(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
117Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
118Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
119In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
120Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
121In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
122Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
123(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
124Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt", wie es hier in weiten Teilen des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten für die Fraktion der Alttextilien weiterhin der Fall ist. Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
125Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
126Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
127Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
128- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
129lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
130Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
131Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
132Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
133Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
134Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
135Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
136Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
137Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
138Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
139Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
141Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
142Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
143Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
144Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
145Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
147Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
148In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
149Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
150Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
151Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
152Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
153So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
154Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
155(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
156Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
157Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
158ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
159(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
160Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
161Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
162Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
163Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
164Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
165Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
166Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
167In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
168Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
169Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
170Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
171Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
172Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
173Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
174Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
175Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
176Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
177Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
178Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
179Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
180(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
181Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
182Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
183Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
184Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
185Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
186Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
187Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
188Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
189Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
190Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
191Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
192Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
193Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
194(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
195Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
196Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
197Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
198vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
199würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
200In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
201Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
202ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
203(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
204Die Stadt C. H. führt eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
205Von der Stadt C. H. werden im Stadtgebiet flächendeckend an 92 Standorten 130 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter des AWB der Stadt C. H. hat dort plastisch und nachvollziehbar dargelegt, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird nicht nur durch die Verdichtung des Netzes von Standorten insbesondere seit dem Jahr 2013, sondern auch durch die zwischenzeitlich erhöhte Zahl der Sammelcontainer selbst bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
206Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr in der Stadt C. H. weitgehend tatsächlich durch die städtischen Sammelcontainer erfasst wird. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der Stadt C. H. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
207Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die Stadt C. H. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Der Beklagte bzw. die Stadt C. H. haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
208(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
209Die angezeigte Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den zu berücksichtigenden weiteren gewerblichen Sammlungen beeinträchtigt die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wesentlich. Denn die zu berücksichtigenden Sammlungen machen bereits mehr als 50 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers realisierten Aufkommens aus. Unabhängig davon hat die Stadt C. H. auch potentielle Auswirkungen auf ihre Planungssicherheit und Organisationsverantwortung hinreichend plausibel gemacht.
210Dabei wird zunächst zugunsten der Klägerin der von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstmals angegebene Sammlungsumfang für die Stadt C. H. von 20 Containern zugrunde gelegt und im Weiteren unterstellt, dass diese Angabe die bis dato lediglich für das gesamte Kreisgebiet bezifferte Sammlung konkretisiert und es sich nicht der Sache nach um eine neue, prozessual unbeachtliche Sammlungsanzeige handelt. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil der Beklagte anhand der ursprünglichen Angaben und der mehrmals ohne Erfolg gebliebenen Nachfragen angesichts der Einwohnerverteilung im Kreis (Einwohner der Stadt C. H. ca. 110.000, Gesamteinwohner im Rheinisch-Bergischen Kreises ca. 278.000) zumindest bei einer naheliegenden einwohnerorientierten Aufteilung von einem etwa doppelt so großen Umfang der Sammlung in C. H. ausgehen musste. Legt man für die 20 Container wegen der insofern im Raum stehenden Bandbreite eine realistische jährliche Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Container und Jahr zugrunde, war für die Sammlung der Klägerin von einem Umfang von 76 Tonnen pro Jahr auszugehen, die für sich genommen etwa 15 % der von der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelmenge in Höhe von 510 Tonnen erreicht.
211Hinzuzurechnen sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 11. September 2014 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Umfang ihrer beabsichtigten Sammlung näher dargelegt und konnte deshalb der Beklagte nach vorstehenden Ausführungen von einer hinreichend präzisierten Anzeige im nunmehr zugrunde gelegten Umfang ausgehen. Zudem hat die Stadt C. H. klargestellt, dass derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt C. H. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der vom Beklagten auf Bitten des Senats vorgelegten Aufstellung angezeigter Sammlungen ist kreisweit deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 672 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 1, 13, 18, 41, 46, 58, 77, 89, 91, 92, 95, 98, 102, 103 und 106 gemäß der vom Beklagten als Anlage 2 zum Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten "Übersichtsliste Altkleidersammlungen Rheinisch-Bergischer Kreis" ergeben. Daraus folgt für die Stadt C. H. angesichts ihrer anteiligen Einwohnerzahl eine zu erwartende Sammelmenge von etwa 268 Tonnen pro Jahr. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin ergibt sich daraus eine Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen, die erheblich mehr als 50 % selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der Stadt C. H. in Höhe von 510 Tonnen ausmacht.
212Unabhängig davon hat die Stadt C. H. aber auch für den Fall geringerer Mengenabflüsse wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung plausibel dargetan. Allein aus der überreichten Kostenkalkulation ergibt sich, dass die Reingewinne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus der Sammlung von Alttextilien hier konkret (nur) ca. 40 % der ‑ relativ hohen ‑ Verkaufserlöse ausmacht. Aus diesem Grund liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen auf der Hand, dass bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der neu angeschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche kommunale Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die Stadt C. H. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
213(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
214Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
215Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
216Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb, wendet sich gegen die Untersagung der Durchführung einer gewerblichen Sammlung von Altkleidern und Altschuhen.
Mit Schreiben vom
Die Beklagte gab der Klägerin mit Schreiben vom
Mit Schreiben vom
Im Übrigen stünden der Sammlung öffentliche Interessen entgegen. Der ... sammele im Auftrag des Stadtrats Altkleider und -schuhe mittels Containern. Seit Ende Juni 2013 seien bis jetzt 309 Container auf oder nahe den bestehenden Wertstoffinseln für Glas, Metalle und Kunststoff aufgestellt. Die erforderliche Anzahl von Containern sei mittels Ausschreibung beschafft worden. Die in den Containern befindlichen Altkleider und -schuhe würden vom ... in operativer Eigenregie, mit eigenem Personal und Fahrzeugen eingesammelt. Die Leistung „Annahme, Sortierung und Verwertung der Alttextilien und -schuhe“ sei ausgeschrieben und an zwei Firmen für den Zeitraum 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2015 vergeben worden. Der Ausschreibung habe eine Erfassungsmenge von 3.000 Mg/Jahr (Mengenprognose) zugrunde gelegen. Das vom ... zur Verfügung gestellte Entsorgungsangebot für Altkleider sei haushaltsnah, da in allen Stadtteilen die Möglichkeit gegeben sei, im näheren Umkreis Altkleider zu entsorgen. Die Erfassung von Altkleidern durch den ... erfolge auch hochwertig. Es handele sich um ein flächendeckendes Bringsystem, mit dem der Wertstoff Altkleider getrennt und damit sortenrein erfasst werde. Die Verwertung erfolge durch zwei zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe.
Betrachte man die Sammlung der Klägerin in ihrem Zusammenwirken mit allen anderen Sammlungen, würden durch gewerbliche/gemeinnützige Sammlungen, die dem ... bisher bekannt seien, jährlich ca. 5.000 Mg, und damit über 150% der vom ... anvisierten Jahresmenge, Altkleider eingesammelt. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit das Sammelsystem der Klägerin gegenüber dem flächendeckenden Bringsystem des ... leistungsfähiger wäre. Die Containersammlung der Klägerin unterlaufe die vom ... vorgenommene Vergabe im Zusammenwirken mit weiteren gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlungen.
Mit Schreiben vom
Hierauf reagierte die Klägerin mit Schreiben vom
Mit Bescheid vom
Der durch die Klägerin angezeigten Sammlung stünden gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG überwiegende öffentliche Interessen entgegen, weil die Sammlung die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von ihm beauftragten Dritten gefährde.
Der ... habe sich zum Aufbau eines neuen Erfassungssystems entschlossen, um den Intentionen des Gesetzgebers nach höheren Recyclingquoten Rechnung zu tragen. Ferner solle mit einem eigenen Alttextilerfassungssystem dem bestehenden „Wildwuchs“ von illegalen Altkleidersammlungen Einhalt geboten werden. Gemäß den derzeit geltenden Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt M. (§ 8 Ziffer a) sei die Aufstellung von Containern zur gewerblichen Alttextilerfassung auf öffentlichen Straßen und Plätzen unzulässig. Alttextilcontainer und Altschuhcontainer, die sich auf öffentlichen Straßen und Wegen befinden, würden vom zuständigen Baureferat unter Zuhilfenahme eines beauftragten Dritten entfernt und anschließend ordnungsgemäß entsorgt.
Der Sammlung der Klägerin stünden überwiegende öffentliche Interessen des ... entgegen, da sie dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtige. Das Entsorgungsangebot des ... sei haushaltsnah, da es allen Münchner Haushalten zur Verfügung stehe. Die Container seien im gesamten Stadtgebiet flächendeckend an den Wertstoffsammelinseln verteilt, so dass in allen Stadtteilen die Möglichkeit gegeben sei, im näheren Umkreis Altkleider und -schuhe zu entsorgen. Die Erfassung und Verwertung von Altkleidern und -schuhen erfolge auch hochwertig, also ressourceneffizient. Es handele sich um ein flächendeckendes Bringsystem, mit dem der Wertstoff „Altkleider und -schuhe“ getrennt und damit sortenrein erfasst werde.
Die Beeinträchtigung des ... sei auch wesentlich. Es könne dahin gestellt bleiben, ob die Sammlung der Klägerin in ihrer Ausgestaltung alleine die Organisationsverantwortung des ... wesentlich beeinträchtige, denn es seien die Auswirkungen aller angezeigten Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger der Beurteilung zugrunde zu legen. Einschließlich der durch die Klägerin beabsichtigten Sammlung würden durch die bislang angezeigten gewerblichen/gemeinnützigen Sammlungen jährlich über 6.000 t Altkleider erfasst. Hinsichtlich der eigenen Sammlung gehe der ... aufgrund einer schlüssigen Mengenschätzung davon aus, dass er 3.000 t Altkleider pro Jahr sammle. Die insgesamt gewerblich/gemeinnützig angezeigte Jahresmenge betrage damit über 200% der vom ... anvisierten Jahresmenge an Altkleidern und sei damit im Vergleich zu den Sammelmengen des ... von erheblicher Relevanz. Dabei komme es allein auf die Abfallfraktion der Alttextilien an. Die Sammlung durch die Klägerin sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger i. S. d. § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG als die des.... Es sei nicht ersichtlich, wie die Klägerin durch punktuelles Aufstellen weniger Container (beabsichtigt seien maximal 30 Sammelstellen auf Privatgelände) angesichts der bereits flächendeckend aufgestellten Container des ... Abfallbesitzer erreichen wolle, die ihre Altkleider bislang keiner Wiederverwendung zugeführt hätten.
Durch die beabsichtigte Containersammlung der Klägerin werde das Vergabeverfahren des ... unterlaufen. So umfasse die vergebene Dienstleistung „Sortierung und Verwertung“ sämtliche in M. anfallenden Mengen an Alttextilien und -schuhen, bezüglich derer die Münchner Bürgerinnen und Bürger überlassungspflichtig seien. Diese Abfallmengen würden jedoch durch parallel stattfindende Sammlungen verringert. Die vom ... in der Leistungsbeschreibung getroffenen Vorgaben, u. a. zu den Mengen, seien Grundlage sowohl für die Erstellung der Angebote durch die Bieter, als auch Grundlage für die Vertragserfüllung durch die erfolgreichen Bieter. Die beiden erfolgreichen Bieter müssten davon ausgehen können, dass im Rahmen der Vertragserfüllung die Leistungsbeschreibung Bestand habe und dass der ... die „Exklusivität“ ihrer Leistungen für die Vertragsdauer anerkenne und seinerseits den Vertrag erfülle, dass also keine weiteren Unternehmen in Bezug auf die Altkleider aus M. Entsorgungsdienstleistungen durchführten.
Unsicherheiten bezüglich der zu erfassenden Menge sowie bezüglich des Leerungsrhythmus durch parallel durchgeführte Sammlungen brächten erhebliche planerische Risiken für den ... mit sich. Je mehr Mengen an Alttextilien und -schuhen durch Sammlungen dem ... entzogen werden, desto geringer fielen die an den ... zu zahlenden Verwertungserlöse aus. Diese Mindereinnahmen würden sich wiederum negativ auf den Gebührenhaushalt auswirken.
Ein milderes, gleich geeignetes Mittel, um die Erfüllung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sicherzustellen, sei nicht ersichtlich.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom
den Bescheid der Beklagten vom
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die Vereinbarkeit der §§ 17, 18 KrWG mit dem Europarecht sei fraglich. Jedenfalls sei eine restriktive Auslegung geboten. Ausgangspunkt der Auslegung müsse nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG sein, dass sowohl der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger als auch die von diesem beauftragten Dritten Beeinträchtigungen grundsätzlich hinzunehmen hätten, sofern ihre Funktionsfähigkeit gewahrt bleibe.
Hierfür sei ein bloßer Vergleich der von der Klägerin genannten beabsichtigten Menge der zu sammelnden Alttextilien sowie der in weiteren Anzeigen genannten beabsichtigten Sammelmengen mit der vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger geschätzten Sammelmenge nicht ausreichend. Es komme vielmehr auf die wirtschaftlichen Auswirkungen an, die die Sammlung der Klägerin auf die Tätigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers hätte. Hierbei sei nicht nur auf die Abfallfraktion abzustellen, die durch die angezeigte Sammlung betroffen sei, da ansonsten nicht von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gesprochen werden könne. Angaben zu anderen Abfallfraktionen seien dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. In den Vergleich der gesammelten Abfallmengen seien jedenfalls nur bestehende und nicht lediglich angezeigte Sammlungen einzubeziehen. Es sei nicht bekannt, dass im Gebiet der Beklagten bereits gewerbliche Sammlungen durchgeführt würden. Dies sei den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen und müsse daher bis auf weiteres bestritten werden. Somit sei davon auszugehen, dass sich die genannte Gesamtmenge von ca. 6.000 t jährlich ausschließlich auf lediglich angezeigte, aber noch nicht durchgeführte Sammlungen beziehe, welche nicht zu berücksichtigen seien. Jedenfalls seien nur realistische Mengenangaben zu berücksichtigen. Keinesfalls könnten die in den Anzeigen genannten Maximalmengen in den Vergleich einbezogen werden. Es sei vielmehr zu fragen, welche Mengen die jeweils angezeigten Sammlungen neben dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und etwaigen gemeinnützigen Sammlungen realistischer weise sammeln könnten. Es sei in keiner Weise absehbar, ob bei den angezeigten Sammlungen die jeweils angegebenen Maximalmengen von den gewerblichen Sammlern jeweils erreicht werden können. Zudem sei unklar, ob die angezeigten Sammlungen tatsächlich jeweils durchgeführt werden. Und selbst dann sei damit keinesfalls gesagt, dass diese auch tatsächlich die in den Anzeigen jeweils angegebenen Mengen sammeln und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entziehen würden. Im Bescheid werde gerade die Attraktivität der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betont, die sicherlich dazu führen werde, dass dieses System von den meisten Bürgern gegenüber den gewerblichen Sammlungen bevorzugt würde. Auch für die Klägerin gelte, dass sie keineswegs sicher sein könne, tatsächlich die in der Anzeige angegebene Menge von 60 t pro Jahr zu erreichen. Auch die im angefochtenen Bescheid genannte Zahl von 3.000 t Altkleider pro Jahr, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu sammeln beabsichtige, beruhe ebenfalls nicht auf gesicherten Erkenntnissen, sondern nach eigenen Angaben auf einer Schätzung.
Auch ein Unterlaufen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe liege nicht vor. Auch hierfür reiche die bloße Existenz einer gewerblichen Sammlung nicht aus. Der Entsorgungsträger, der Drittbeauftragte einsetze, müsse gewisse Beeinträchtigungen hinnehmen. Für ein Unterlaufen genüge es nicht, wenn eine Anpassung des Vertrags mit dem Drittbeauftragten erforderlich wäre. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger könne im Fall einer Drittbeauftragung keinen weitreichenderen Schutz in Anspruch nehmen, als wenn er die Entsorgungsaufgabe selbst übernommen hätte. Keiner der Tatbestände des 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG sei vorliegend erfüllt.
Die Klägerin habe bereits im Rahmen des Anzeigeverfahrens umfangreiche Darlegungen sowohl zur beabsichtigten Sammlung als auch zur Verwertung gemacht und sei damit ihrer Darlegungslast hinsichtlich seiner höheren Leistungsfähigkeit umfassend nachgekommen. Demgegenüber sei die Beklagte ihrer Darlegungslast insbesondere im Hinblick auf Qualität und Effizienz der Verwertung der Abfälle keinesfalls gerecht geworden, so dass bis auf Weiteres nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers tatsächlich leistungsfähiger ist.
Der Bescheid sei überdies rechtswidrig, da Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG als mildere Mittel in Betracht kämen und somit eine Untersagung nicht erforderlich sei. Hierzu führe das Landratsamt aber im Bescheid nichts Konkretes aus. Die zuständige Behörde habe nach der Rechtsprechung in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen und darzulegen, warum mildere Mittel wie Kontingentierung der Container pro Sammler, Befristung, mengenmäßige oder räumliche Begrenzung der Sammlung im konkreten Fall nicht in Betracht kämen.
Soweit sich die Beklagte auf „Unsicherheiten bezüglich der zu erfassenden Menge sowie bezüglich des Leerungsrhythmus durch parallel durchgeführte Sammlungen“ berufe, sei schon nicht dargelegt, dass diese so erheblich wären, dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers hierdurch ernsthaft gefährdet wäre. Dieser habe es grundsätzlich hinzunehmen, dass parallel andere Sammlungen durchgeführt werden.
Eine Gefährdung der Gebührenstabilität i. S. des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG liege nur dann vor, wenn die Tätigkeit des gewerblichen Sammlers prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung führen würde, die kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion zurückzuführen sei. Dies werde jedoch in dem angefochtenen Bescheid nicht dargelegt. Zum Argument der Beklagten, ein Mengenverlust durch konkurrierende Sammlungen würde unter Umständen dazu führen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger mit zu vielen Containern und Standorten kalkuliert habe und sich Investitionen hierdurch nicht amortisieren würden, sei darauf hinzuweisen, dass dieser grundsätzlich mit weiteren konkurrierenden Sammlungen rechnen müsse und seine Investitionen und Kalkulationen deshalb darauf einzurichten habe.
Die vollständige Untersagung der Sammlung verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn in dem angefochtenen Bescheid werde nicht begründet, dass Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG als mildere Mittel nicht in Betracht kämen.
Schließlich sei die Zwangsgeldandrohung inhaltlich zu unbestimmt, denn es sei nicht ersichtlich, wie sich das Zwangsgeld konkret berechnen würde, d. h. je Container, je Sammeltag oder nur einmal je durchgeführter Sammlung.
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trug sie vor, dass die §§ 17 und 18 KrWG mit europarechtlichen Bestimmungen vereinbar seien.
Das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei im Rahmen der Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG hinreichend dargelegt. Führe der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine eigene Sammlung durch, werde eine Beeinträchtigung vermutet. Entscheidend sei die Gesamtbetrachtung aller Sammler, nicht die Beeinträchtigung des Systems durch jede einzelne Sammlung (so der BayVGH). Im Zeitpunkt der Anzeige der Klägerin habe der ... bereits ein eigenes Sammelsystem für Alttextilien eingerichtet. Die konkreten Auswirkungen der im Stadtgebiet stattfindenden gewerblichen Sammlungen auf das Sammelsystem des ... ergäben sich schon daraus, dass die durch den ... 2012 zunächst prognostizierten Jahresmengen an Alttextilien von 3.000 t in den Jahren 2013 und 2014 trotz höherer Containerzahl nicht erreicht worden seien.
Selbst bei ausschließlicher Betrachtung des Mengenentzuges durch bereits im Stadtgebiet bestehende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen (derzeit ca. 3.900 t/Jahr) würden im Vergleich zu den Sammelmengen des ... erhebliche Mengen, d. h. weit über 10 - 15% der durch den ... anvisierten (3.000 t) bzw. erreichten Jahresmengen (weniger als 3.000 t), durch gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen erfasst. Selbst nach Abzug der gemeinnützigen Sammlungen verblieben ca. 1.600 t Alttextilien, die derzeit durch gewerbliche Sammler im Stadtgebiet M. eingesammelt würden. Dies entspreche immer noch über 50% der durch den ... anvisierten bzw. tatsächlich erreichten Jahresmenge an Alttextilien. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass alle Sammler im Rahmen ihrer Anzeige korrekte Sammelmengen angeben. Die Klägerin habe auch die Vergabe unterlaufen, denn sie habe sich nicht an der Ausschreibung beteiligt. Sie habe die von ihr beabsichtigte Sammlung im Juli 2014 angezeigt, so dass diese nicht im Rahmen der Ausschreibung habe berücksichtigt werden können. Die Sammlung der Klägerin sei nicht wesentlich leistungsfähiger als die des ....
Im Vorfeld der Entscheidung der Beklagten seien auch mildere Mittel geprüft worden. Eine mengen- oder zahlenmäßige Begrenzung aller Sammler habe die Beklagte nicht als praktikabel angesehen.
Die Zwangsgeldandrohung sei hinreichend bestimmt, denn ein Zwangsgeld werde fällig, sobald die Sammlung in irgendeiner Form festgestellt würde.
Die Klägerin vertiefte ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom
Mit Schreiben vom
Bezüglich der aktuell angezeigten gemeinnützigen Sammlungen von Alttextilien ergebe sich eine angezeigte Sammelmenge von ca. 2.360 t/Jahr und eine tatsächliche Sammelmenge in 2015 von ca. 2.919 t. Bezüglich der aktuell angezeigten gewerblichen Sammlungen von Alttextilien, die belassen bzw. noch nicht bestandskräftig untersagt worden seien, ergebe sich eine angezeigte Sammelmenge von ca. 1.963 t/Jahr. Zu der in 2015 tatsächlich gesammelten Menge lägen keine belastbaren Daten vor. Der ... habe im Jahr 2015 im Rahmen seiner eigenen städtischen Alttextiliensammlung insgesamt 3.479 t Alttextilien eingesammelt, davon 841 t in den städtischen Wertstoffhöfen und 2.638 t in den im Stadtgebiet aufgestellten 590 Sammelcontainern. Hierzu nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. März 2016 Stellung.
In der mündlichen Verhandlung vom
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen (§ 117 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ist wegen des Charakters der Untersagung als Dauerverwaltungsakt derjenige der letzten mündlichen Verhandlung (BayVGH, B.v. 24.7.2012 - 20 CS 12.841 - juris Rn. 25; OVG NW;
Rechtsgrundlage der Untersagung im angefochtenen Bescheid ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl I S. 212) - KrWG -.
Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG kann die zuständige Behörde angezeigte gewerbliche Sammlungen von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
1. §§ 17 und 18 KrWG verstoßen nicht gegen Verfassungs- oder Europarecht:
Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar (BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16/08 - BVerwGE 134, 154, 163 Rn. 36), zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zugunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (VGH BW, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 - juris Rn. 10).
Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar. Zwar stellen die gesetzlichen Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit dar (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drs. 17/6052, S. 85). Diese sind jedoch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV europarechtlich gerechtfertigt. Die Kammer verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die eingehenden Ausführungen des VGH Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013 - 10 S 1116/13 - DVBl 2013,1537, Rn. 12 ff.; vgl. auch OVG NW, U.v. 21.9.2015 - 20 A 2120/14 - juris Rn. 119-150) betreffend die Entsorgung von Alttextilien. Danach stelle die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV dar, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann. Die damit verbundenen Beschränkungen der europarechtlich gewährten Freiheiten seien nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gerechtfertigt, soweit andernfalls die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder jene Rechte zur wirtschaftlich annehmbaren Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Indem § 17 Abs. 3 KrWG den Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiere, werde § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG den europarechtlichen Anforderungen gerecht. Die Vorschrift sehe auch keine europarechtswidrige pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor, sondern stelle die Einräumung exklusiver Rechte unter den Vorbehalt der „Erforderlichkeit“. Durch die Ausnahmetatbestände werde der Möglichkeit gewerblicher Sammlungen nach Maßgabe der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt. § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG seien dabei restriktiv, d. h. europarechtskonform auszulegen, damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen werde. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung an.
2. Die Untersagung kann hier auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gestützt werden, da der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (§ 17 Abs. 3 KrWG).
Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG ist dies der Fall, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist wiederum anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Nummern 1 und 2 gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.
Vorliegend ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG), weil der ... eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Klägerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist.
2.1 Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG muss die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger initiierte Sammlung grundsätzlich bereits durchgeführt werden. Hier wurde die Sammlung des ... bereits am 1. Juli 2013 aufgenommen, also vor der jetzt streitgegenständlichen Anzeige vom 24. Juli 2014 „durchgeführt“.
2.2 Der ... hielt zum Zeitpunkt der Anzeige im Juli 2014 im Stadtgebiet 309 Container auf oder nahe den bestehenden Wertstoffinseln für Glas, Metalle und Kunststoffe vor. Damit ist wohl eine haushaltsnahe (vgl. VG Köln, B.v. 25.1.2013 - 13 L 1796/12 - juris Rn. 9), zumindest aber eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Alttextilien zu bejahen. In derartigen Fällen besteht aber eine widerlegliche Vermutung für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten (§ 17 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 KrWG - vgl. OVG NW, U.v. 21.9.2015 - 20 A 2120/14 - juris Rn. 75 und 82).
Nach der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung des § 17 KrWG (vgl. amtliche Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 17/7505, S. 44)), ergibt sich ein klares Auslegungsergebnis, wonach überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe, hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Klägerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist. Das so gewonnene Auslegungsergebnis bedarf nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 10.2.2015 - 20 B 14.710 - juris Rn. 23 ff., 29) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.6.2009 - 7 C 16.08 - BVerwGE 134, 154) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG B.v. 28.8.2014 - 2 BvR 2639/09 - NVwZ 2015, 52) auch keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV (so auch OVG NW, U.v. 21.9.2015 - 20 A 2120/14 - juris Rn. 119-150).
2.3 Gleichwohl erfordert auch der Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG eine einschränkende Auslegung. Deswegen genügt nicht jede geringfügige Auswirkung der gewerblichen Sammlungen auf die haushaltsnahe Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Folglich bedarf es nach wie vor einer Betrachtung und Bewertung der Umstände des Einzelfalls (BayVGH, a. a. O.).
Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG kommt es dabei nicht darauf an, welche Auswirkungen allein die Sammlung der Klägerin auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. den von diesem beauftragten Dritten hat, sondern es ist auf das Zusammenwirken mit anderen (gewerblichen) Sammlungen abzustellen, das heißt, es kommt auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43).
Es ist auch nicht auf das Verhältnis der Sammlung von Alttextilien durch die Klägerin (und weitere gewerbliche Sammler) zum Gesamtabfall im Stadtgebiet abzustellen, sondern allein auf die Abfallfraktion der Alttextilien. Denn durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird nicht nur das Sammlungssystem des öffentlich-rechtlichen Trägers im Allgemeinen, sondern es werden auch gesondert betriebene Sammlungs- und Verwertungssysteme für bestimmte Abfallfraktionen, wie z. B. Altkleider, geschützt (BayVGH, U.v. 10.2.2015 - 20 B 14.710 - juris Rn. 30; VGH B-W,
In seinen Urteilen vom 21. September 2015 hat das OVG Nordrhein-Westfalen (u. a. 20 A 2120/14 - juris Rn. 165-197) folgende Kriterien dafür entwickelt, unter welchen Umständen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen:
„Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage-/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige - insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte - zumal ihr dafür nur die „Pflichtangaben“ nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen - wie bereits ausgeführt - nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen - etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen - insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
Ist aber allein nach den - hinreichend aussagekräftigen - Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern „auch“ das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischer weise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie - sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will - noch nicht durchführt.
Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist - schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen - aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört - wie ausgeführt - auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also - anders als die gewerblichen - zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
Eine - als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen - insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10% des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50% zu veranschlagen ist, würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche „Rosinenpickerei“ im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50% der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10% verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird“.
Die Kammer schließt sich diesen Erwägungen an. Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen: Die Beklagte hat ihrer Ausschreibung für den Zeitraum .... Juli 2013 bis ... Juni 2015 eine Mengenprognose von 3.000 t/Jahr zugrunde gelegt. Nach ihren Angaben hat sie im Jahr 2015 tatsächlich eine Sammelmenge von 3.479 t erzielt. Nach Abzug der gemeinnützigen Sammlungen verblieben ca. 1.600 t Alttextilien, die derzeit durch gewerbliche Sammler im Stadtgebiet M. eingesammelt würden (Schreiben vom 14. März 2016). Bezüglich der aktuell angezeigten gewerblichen Sammlungen von Alttextilien, die belassen bzw. noch nicht bestandskräftig untersagt worden seien, ergebe sich laut Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2016 eine angezeigte Sammelmenge von ca. 1.879 t/Jahr. Setzt man diese angezeigten gewerblichen Sammelmengen in Relation zu der von der Beklagten erzielten Sammelmenge, ist offensichtlich, dass die angezeigte gewerbliche Sammelmenge mehr als 50% der von der Beklagten erzielten Sammelmenge beträgt, unabhängig davon, ob man auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses oder auf den der mündlichen Verhandlung abstellt.
2.4 Die Sammlung der Klägerin ist auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die vom ... oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KrWG). Die Beweislast dafür, dass die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, trägt die Klägerin (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris Rn. 101).
Die Verwertungsquoten sind bei beiden Sammlungen vergleichbar. Hier gab die Klägerin in ihrer Sammlungsanzeige vom
3. Ob die Untersagung zudem auch auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gestützt werden kann, wonach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird, kann hier dahingestellt bleiben.
4. Eine Untersagung ist gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zwar nur möglich, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Diese Regelung stellt eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar; die Untersagung ist insoweit als ultima ratio anzusehen (VG Würzburg, U.v. 14.5.2013 - W 4 K 12.1139 - juris Rn. 35;
Die Beklagte hat im Bescheid vom
5. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 18 Abs. 7 KrWG berufen. Das Gericht folgt dabei den überzeugenden Argumenten des VG Würzburg (B.v. 28.1.2013 - W 4 S 12.1130 - juris Rn. 52) und des VG Düsseldorf (B.v. 26.4.2013 - 17 L 580/13 Rn. 28ff.), wonach diese Vorschrift auch auf Untersagungen anwendbar ist.
Nach § 18 Abs. 7 KrWG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten, soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. Juni 2012 bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat. Dass es sich vorliegend um eine Bestandssammlung im Sinne von § 18 Abs. 7 KrWG handelt, wurde auch von der Klägerin nicht behauptet.
6. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. II. des Bescheidstenors ist entgegen der Auffassung der Klägerin inhaltlich hinreichend bestimmt. Aus dem Wortlaut der Androhung in Verbindung mit dem in Nr. I zum
7. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
8. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 20.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die unter anderem aus der Klägerin und der S. Textilhandels- und -recycling GmbH besteht. In der S. -Gruppe übernimmt die Klägerin die Organisation und Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und -schuhen (im Folgenden zusammengefasst als Alttextilien bezeichnet) und die S. Textilhandels- und -recycling GmbH die Sortierung und Vermarktung. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 7.000 Sammelcontainer und erfasst damit jährlich ca. 22.000 Tonnen Alttextilien.
3Die Klägerin zeigte dem Beklagten unter dem 25. Mai 2012 gemäß § 18 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten im Kreisgebiet des Beklagten an. Auf Bitte des Beklagten, die Anzeige zu vervollständigen und nähere Angaben zur Sammlung zu machen, teilte die Klägerin mit: Die Sammlung erfolge durch Container, die wöchentlich geleert würden. Im Gebiet des Beklagten habe sie insgesamt vier Altkleidercontainer aufgestellt, und zwar jeweils zwei in S1. und in M. . Die Anzeige solle landkreisweit gelten. Die erfassten Textilien würden im Sortierwerk des Partnerunternehmens sortiert. Das Sammelgut bestehe erfahrungsgemäß zu ca. 60 % aus tragfähiger, wiederverwendbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Ca. 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert und ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Mit E‑Mail vom 27. Juli 2012 ergänzte die Klägerin, sie habe im Gebiet des Beklagten bislang 7 Tonnen Alttextilien im Jahr gesammelt und beabsichtige, dort weitere 100 Container für die Dauer von zehn Jahren aufzustellen und damit ca. 350 Tonnen jährlich zu erfassen. Des Weiteren übersandte sie unter anderem eine Übersicht über die Verwertungswege.
4Der Beklagte forderte die kreisangehörigen Gemeinden und den C. Abfallwirtschaftsverband zur Stellungnahme auf. Die Stadt C. H. erklärte, die Durchführung der angezeigten Sammlung werde eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin darstellen. Die Sammlung von Kleidung und Schuhen aus privaten Haushaltungen sei bereits Teil der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung. Erfasst würden die Alttextilien und Schuhe über Depotcontainer und Straßensammlungen durch den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Die angezeigte Sammlung der Klägerin werde jedenfalls im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen beeinträchtigen und aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle zu einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren führen.
5Der Beklagte hörte die Klägerin zu der Absicht an, die Sammlung im Gebiet der Stadt C. H. zu untersagen, und führte zur Begründung an, die Sammlung der Stadt C. H. bestehe seit dem Jahr 1999 - ursprünglich im Rahmen einer Drittbeauftragung - und erfolge im gesamten Stadtgebiet flächendeckend über insgesamt 118 Container an 74 Standorten. Der Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, nähere Angaben zum voraussichtlichen Sammlungsumfang in den verschiedenen Gemeinden, insbesondere für die Stadt C. H. zu machen.
6Die Klägerin teilte darauf mit, dass bislang keine konkreten Planungen für zusätzliche Stellplätze bestünden.
7Mit Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin, im Gebiet der Stadt C. H. entsprechend der Anzeige vom 25. Mai 2012 Alttextilien/-schuhe etc. zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € je Sammeltag und Sammelgebiet an. Zur Begründung führte er aus: Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der Sammlung der Klägerin stünden im Gebiet der Stadt C. H. überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie würden Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ‑ die Stadt C. H. ‑ ein hochwertiges Sammelsystem eingerichtet habe. Die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als diejenige des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die Sammlung sei daher zu untersagen. Die Untersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Die Zwangsgeldandrohung sei erforderlich und geboten, um den Belangen einer geordneten Abfallentsorgung Rechnung zu tragen.
8Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die gesammelten Alttextilien seien nicht als Abfall einzustufen. Die Kleidung solle nicht verwertet, sondern wiederverwendet werden. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück ein, damit es weiter seinen Zweck erfülle. Diese Zweckbestimmung könne auch nicht deshalb verneint werden, weil die tatsächliche Verwendung durch den neuen Besitzer nicht kontrolliert werden könne. Auch der Verkäufer einer Sache könne nie sicherstellen, dass sie vom Käufer zweckentsprechend verwendet werde. Die Einordnung als Abfall widerspreche im Übrigen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Außerdem sei die Ungleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu rechtfertigen, da die Auswirkungen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht davon abhingen, mit welchem Ziel die private Sammlung durchgeführt werde, und sich eine Bewertung der verschiedenartigen Zielsetzungen verbiete. Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er über den Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 AEUV hinausgehe. Weiterhin werde die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht beeinträchtigt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz solle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht vor unliebsamer Konkurrenz schützen. In C. H. wolle sie, die Klägerin, voraussichtlich 20 Container aufstellen. Dadurch werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Die Stadt C. H. erfasse bislang noch nicht einmal das gesamte Altkleiderpotential von ca. 10 kg pro Einwohner pro Jahr. Wenn der Beklagte angebe, dass wegen der gestiegenen Sammelmengen neues Personal eingestellt werden müsse, so dürften die zusätzlichen Personalausgaben die Mehrerlöse weitgehend aufzehren, so dass geringere Sammelmengen allenfalls zu einer minimalen Gebührenerhöhung führen könnten. Im Übrigen sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG schon deshalb nicht einschlägig, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider nicht selbst verwerte. Zur Verwertung sei die Stadt C. H. auch gar nicht in der Lage, da Altkleider nicht verwertet, sondern wiederverwendet würden. Die Sammlung der Klägerin sei aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die weltweite Vermarktung auch wesentlich leistungsfähiger. Jedenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensbetätigung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 13. November 2012 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Bei Alttextilien handele es sich um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der Einwurf in die Container bleibe auch dann eine Entledigung im Sinne des § 3 KrWG, wenn der Besitzer die Altkleider einer Wiederverwendung oder -verwertung zuführen wolle. Ein großer Teil der gesammelten Alttextilien werde im Übrigen nicht wiederverwendet, sondern anderweitig verwertet. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Klägerin beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erheblich. Die kommunale Sammlung bestehe seit vielen Jahren und werde seit Dezember 2012 in Eigenregie des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt C. H. durchgeführt. Seit 2013 sei ein sprunghafter Anstieg der Sammelmengen zu verzeichnen. Deshalb seien zwölf zusätzliche Containerstandorte eingerichtet, ein neues Sammelfahrzeug beschafft und ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt worden. Insgesamt habe der Rat der Stadt zwei neue, unbefristete Stellen eingerichtet. Bei stark zurückgehenden Sammelmengen überstiegen die Personal- und Sachkosten den Erlös, so dass das Sammelsystem in der bisherigen Form nicht aufrechterhalten werden könne und die Abfallgebühren erhöht werden müssten. Die Klägerin habe den genauen Umfang der beabsichtigten Sammlung nicht angegeben, insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, wieviele Container sie in C. H. aufzustellen beabsichtige. Bislang seien auf Privatflächen im Stadtgebiet im Wesentlichen nur Altkleidercontainer gemeinnütziger Sammler aufgestellt. Bei Aufstellung weiterer (gewerblicher) Altkleidercontainer an stark frequentierten und bequem zu erreichenden Standorten wie etwa auf Supermarktparkplätzen sei zu befürchten, dass die gewerblichen Sammlungen in ihrer Gesamtheit das bisher durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelte Volumen in voller Höhe abschöpfen würden. Es bestehe kein zusätzliches Erfassungspotential. Die Mengenschätzungen der Klägerin seien spekulativ. Es sei davon auszugehen, dass durch die Sammlung der Stadt C. H. das Sammelpotential bereits jetzt voll ausgeschöpft werde. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nicht selbst Sammlung und Verwertung vornehmen, sondern dürfe gemäß § 22 KrWG sowohl für die Sammlung als auch für die Verwertung Dritte beauftragen. Die Sammlung der Stadt C. H. sei auch leistungsfähiger als eine kleinere Sammlung. Nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG sei insoweit ausdrücklich auch die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zu berücksichtigen. Die von der Klägerin geäußerten europarechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits die wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen des früheren Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als europarechtskonform eingestuft. Die Planungssicherheit könne nicht anders als durch die Untersagung der angezeigten Sammlung gewährleistet werden. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht möglich, die insgesamt 17 angezeigten gewerblichen Sammlungen wirkungsvoll zu koordinieren.
14Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung aufgehoben und zur Begründung angeführt: Der Sammlung der Klägerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Es lasse sich bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der Regelung in § 17 Abs. 3 KrWG nicht feststellen, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten wegen Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen sei. Die im Hinblick auf letzteres genannten Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG seien nicht erfüllt. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Zwar führe die Stadt C. H. in ihrem Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Dies allein reiche aber nicht aus, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG ausgehen zu können. Zwar lege der Wortlaut der Bestimmung dies nahe. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG diene aber der Ausfüllung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG, wonach die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt sein müsse - und zwar bezogen auf die nach Satz 1 geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Diese wiederum könne nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten als gefährdet angesehen werden. Wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stets angenommen würde, wenn ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt bestehe, führe dies zu einem europarechtlich nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz. Vor diesem Hintergrund bedürfe § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer einschränkenden Auslegung. Vor dem Hintergrund der Altpapierentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG so zu verstehen, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung dann gegeben sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Es lägen hier indes keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das bisherige städtische System nicht auch bei Zulassung der Sammlung der Klägerin weiter betrieben werden könne. Die Sammlung über Container im Bringsystem verursache einen relativ geringen Aufwand und könne ohne weiteres an steigende oder fallende Sammelmengen angepasst werden, indem die Container zum Beispiel häufiger oder seltener geleert würden. Der Beklagte habe weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller oder wirtschaftlicher Hinsicht für die Stadt C. H. gezogen werden müssten, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien im Stadtgebiet führten. Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten auch anderweitig Verwendung finden. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Wertstoffpotenzials müsse nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung einhergehen. Zwar seien solche Auswirkungen tatsächlich schwer abzuschätzen, insbesondere angesichts ungenauer Angaben zum geplanten Umfang der Sammlung durch die gewerblichen Sammler. Dies rechtfertige indes nicht den Erlass einer insoweit vorsorglichen Untersagungsverfügung, wenn und soweit nicht absehbar sei, ob überhaupt eine Änderung der Entsorgungsstrukturen erforderlich werden könne. Insoweit sei die zukünftige Entwicklung abzuwarten.
15Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet der Beklagte im Wesentlichen ein: Das Verwaltungsgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht den Umstand, dass 19 Sammlungen mit Sammelmengen von ca. 1.250 Tonnen pro Jahr für das Kreisgebiet angezeigt worden seien. Zudem sei es zu Unrecht davon ausgegangen, der klare Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedürfe einer restriktiven europarechtskonformen Auslegung. Dies ergebe sich zunächst aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 ‑. Auf die durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapierurteil exemplarisch genannten und durch das Verwaltungsgericht schon deshalb fälschlicherweise unbedingt vorausgesetzten ungeschriebenen Umstände, wonach eine Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nur anzunehmen sei, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde, könne deshalb nicht (allein) abgestellt werden. Gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung von Art. 106 Abs. 2 AEUV bedürfe dies auch keiner europarechtlichen Korrektur. Die durch das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete eigenständige Schutzbedürftigkeit der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung in der konkreten Ausgestaltung wäre hinfällig und der Wille des Gesetzgebers, der sich an diesen entwickelten Grundsätzen im Sinne der Rechtssicherheit und -klarheit orientiert habe, würde verletzt, wenn eine Beeinträchtigung dieser überwiegenden Interessen an zusätzliche, unbestimmte und ungeschriebene materielle Anforderungen geknüpft würde. Dies stelle keine vom Gesetzgeber beabsichtigte klare Leitlinie im Interesse einer intendierten Rechtssicherheit für alle Beteiligten dar. In europarechtlicher Hinsicht sei zudem zu berücksichtigen, dass Beschränkungen der Waren- und Wettbewerbsfreiheit bereits dann für gerechtfertigt gehalten würden, wenn sie dazu dienten, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der konkreten Organisations- und Finanzierungsformen im Übrigen kein Gegenstand europarechtlicher Prüfung. Unabhängig davon habe er, der Beklagte, ausreichend dargelegt, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in C. H. auch konkret zu erwarten seien. Gegenwärtig würden in C. H. kommunal ca. 510 Tonnen Alttextilien pro Jahr in 130 Containern an 92 Standorten gesammelt. Straßensammlungen erzielten eine Sammelmenge von ca. 120 Tonnen pro Jahr. Neben gemeinnützigen Sammlungen fänden inzwischen im Stadtgebiet aufgrund eines konsequenten Vorgehens keine gewerblichen Sammlungen mehr statt. Pro gewerblichen Container sei eine Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Jahr zu erwarten. Die Beachtlichkeitsschwelle von 10 %, die in der Rechtsprechung insoweit zugrunde gelegt werde, sei deshalb bei 14 Containern zu ziehen. Unabhängig davon habe die Stadt C. H. die konkreten Beeinträchtigungen hinreichend plausibel gemacht. Die Einstellung von zwei Mitarbeitern und die Anschaffung von zwei Sammelfahrzeugen seien Organisationsentscheidungen, die bei erheblich zurückgehenden Sammelmengen nicht (mehr) tragbar seien.
16In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte die in der Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Die Beteiligten haben die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
17Der Beklagte beantragt,
18das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Nach neuesten wissenschaftlichen Studien, namentlich einer Untersuchung der RWTH Aachen im Auftrag des c. e. V., sei von einem potentiellen Sammelaufkommen von 12 kg pro Jahr und Einwohner auszugehen, das in C. H. weiterhin nicht annähernd ausgeschöpft werde.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hinsichtlich der vom Beklagten angedrohten Zwangsgelder für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 3 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
25Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet.
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 13. November 2012 ist ‑ im noch anhängigen Umfang ‑ rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28Rechtsgrundlage für die Untersagung der Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Danach ist die Durchführung einer Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Ausgehend davon sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin erfüllt.
29I. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte zu ihrem Erlass zuständig.
30Der Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Er ist als Untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 LAbfG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) vom 3. Februar 2015 in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung (GV. NRW. S. 267) für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Die Regelung entspricht der bereits nach der Vorgängerverordnung vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 662) bestehenden Rechtslage.
31Vgl. zur früheren Rechtslage OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, NWVBl. 2014, 16, sowie ‑ 20 A 3043/11 ‑ und ‑ 20 A 3044/11 ‑, beide juris.
32Die Frage der Neutralität der Unteren Umweltschutzbehörde in Fällen, in denen sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist,
33vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 ‑, juris.
34stellt sich hier nicht, weil im Gebiet des Beklagten die nicht den kreisangehörigen Gemeinden obliegenden Entsorgungspflichten (§ 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) vom C. Abfallwirtschaftsverband wahrzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 LAbfG).
35II. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
361. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen der angezeigten Sammlung entgegenstehen, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Denn die Untersagung der Sammlung stellt einen Dauerverwaltungsakt dar; für einen solchen wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
37Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 - 20 ZB 13.2510 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 10 S 1202/13 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; allgemein Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 116 f.
38Von diesem allgemeinen Grundsatz für die vorliegende Fallgestaltung eine Ausnahme zu machen, ist nicht angezeigt.
39Vgl. für die Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG: OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 316/14 ‑, juris, und ‑ 20 A 2670/13 ‑, a. a. O.
40Dies ändert aber nichts daran, dass Bezugspunkt der Untersagungsverfügung die von der Klägerin konkret angezeigte Sammlung ist, insbesondere in ihrer angezeigten Ausgestaltung und ihrem angezeigten Umfang. Denn die Angaben in der Anzeige bestimmen wesentlich den Charakter der Sammlung, über deren Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen die zuständige Abfallbehörde zu befinden hat. Dabei liegt es in der Verantwortung des Sammlers, die von ihm beabsichtigte Sammlung durch korrekte und hinreichend realitätsnahe Angaben inhaltlich festzulegen.
41Vgl. dazu auch Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG - Kommentar, 2012, § 18 Rn. 12; Karpenstein/ Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG - Kommentar, 2014, § 18 Rn. 43 ff.
42Er hat den Gegenstand seiner Tätigkeit und deren Art und Weise zu bestimmen. Die Zugrundelegung des Aussagegehalts der Anzeige entspricht der Funktion des Anzeigeverfahrens, der zuständigen Abfallbehörde eine präventive Kontrolle der Zulässigkeit der Sammlung, also eine Beurteilung eines konkreten Vorhabens, zu ermöglichen.
43Vgl. dazu die Bründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6052, S. 88; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 18 Rn. 1; Dippel, a. a. O., § 18 Rn. 5.
44§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt im Rahmen der Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung ab, die sich wiederum nach dem Regelungskonzept des § 18 KrWG nur aus den Angaben in der Anzeige ergeben kann.
45Darüber hinaus ist dadurch die gebotene Gleichbehandlung aller Bewerber, für die es insbesondere in wirtschaftlichen Konkurrenz- und Mangelsituationen unter anderem auf den Zeitpunkt des (vollständigen) Eingangs einer Anzeige ankommen kann, zu gewährleisten.
462. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG liegen zum danach maßgeblichen Zeitpunkt vor.
47a) Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Untersagungsverfügung mehr als drei Monate nach der Anzeige der Sammlung ergangen ist.
48Die als Anknüpfungspunkt für eine gegenteilige Auffassung allein in Betracht kommende Frist aus § 18 Abs. 1 KrWG betrifft lediglich den Zeitabstand zwischen der Anzeige und der frühestmöglichen Aufnahme der Sammeltätigkeit. Verstreicht diese Frist, ist der Sammler berechtigt, mit der Durchführung der gewerblichen Sammlung zu beginnen. Diese Berechtigung lässt die materiellen Voraussetzungen für das Entfallen der Überlassungspflicht ebenso unberührt wie die behördlichen Befugnisse, diese Voraussetzungen nach Maßgabe von § 18 Abs. 5 KrWG durch Anordnungen umzusetzen.
49b) Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen aktuelleren Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gesammelten bzw. zu sammelnden Alttextilien Abfälle im Sinne des § 17 KrWG sind.
50So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, NWVBl. 2014, 300; auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. September 2013 ‑ 10 S 1116/13 ‑, DVBl. 2013, 1537; im Übrigen wird die Abfalleigenschaft in den einschlägigen Gerichtsentscheidungen stillschweigend vorausgesetzt; vgl. auch Gruber, Abfallrecht 2015, 174.
51Die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren (relevanten) Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). Soweit in älteren Gerichtsentscheidungen
52- OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1982 ‑ 20 A 570/82 ‑, NVwZ 1983, 561; BayObLG, Beschluss vom 23. August 1983 ‑ 3 Ob OWi 124/83 ‑, NVwZ 1984, 198 -
53die Abfalleigenschaft von Gegenständen verneint wurde, die nicht der allgemeinen Müllabfuhr, sondern einer (getrennten) Sammlung zugeführt wurden, ist diese Rechtsprechung überholt. Sie beruht auf der anderslautenden Abfalldefinition des seinerzeit geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG 1972. Die Entledigung und ein hierauf gerichteter Wille war danach schon dann zu verneinen, wenn überhaupt eine irgendwie geartete nützliche Verwendung oder Verwertung stattfand bzw. beabsichtigt war.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1989 ‑ 7 B 157.89 ‑, NVwZ 1990, 564; Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 13, 15 und 32.
55Demgegenüber ist nach aktuellem Recht das von der Zweckbestimmung der jeweiligen Sache geprägte Verständnis der Entledigung und des spezifischen Entledigungswillens maßgeblich. Soweit dementsprechend in den zuvor zitierten Entscheidungen ein Entledigungswille mit der Begründung verneint wurde, es solle der Sammlungszweck gefördert und dem sammelnden Unternehmen ein Vorteil eingeräumt werden, ergibt sich daraus keine (konkrete) Zweckbestimmung hinsichtlich der abgegebenen Gegenstände im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG, welche gegebenenfalls die Abfalleigenschaft nach heutigem Recht ausschlösse. Denn die beiden zuvor genannten Gesichtspunkte (Förderung des Sammlungszwecks, Einräumung eines Vorteils) geben nichts Konkretes dafür her, was mit dem jeweils abgegebenen Gegenstand geschehen soll.
56Die Höhe der Wiederverwendungsquote trägt keinen Rückschluss auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und sich hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. Der Annahme einer solchen Kenntnis stehen im Übrigen die je unterschiedlichen Wiederverwendungsquoten ‑ einerseits die Quote im Bundesdurchschnitt und andererseits die Quoten einzelner Unternehmen ‑ als denkbare Parameter entgegen. Es ist durch nichts Konkretes belegt, dass die Besitzer von Alttextilien sich gerade mit der (unterstellten) Wiederverwendungsquote einzelner gewerblicher Sammler von Alttextilien auseinandersetzen oder ihnen diese bekannt ist. Allerdings liegt selbst die Wiederverwendungsquote der Klägerin bei maximal 60 % der gesammelten Textilien. Weiterhin beziehen sich diese Quoten ‑ soweit ersichtlich ‑ lediglich auf Bekleidung, nicht jedoch auch auf sonstige (Alt‑)Textilien und (Alt‑)Schuhe, so dass insoweit ein Rückschluss von der Wiederverwendungsquote auf eine Zweckbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt.
57Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und davon, ob mit einer ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Übergabe von Alttextilien an einen "Second-Hand-Laden", an eine Kleiderkammer oder an eine sonstige Abgabestelle etwa zur Versorgung von Flüchtlingen eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Nutzer von Sammelcontainern Alttextilien aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung einwerfen, die Gegenstände sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. Dies gilt, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat,
58vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 20 B 331/13 -, a. a. O.,
59auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer forsa-Umfrage von März 2013. Dieser kann zwar entnommen werden, dass hinsichtlich der Abgabe von Altkleidern der ganz überwiegende Teil der bisherigen Besitzer aus einer bestimmten, auf die Wiederverwendung (als Kleidung) gerichteten Motivationslage heraus handelt. Dies reicht jedoch nicht aus, in der Abgabe einer für eigene Zwecke nicht mehr gewollten und für Dritte möglicherweise noch weiter nutzbaren Sache zugleich und darüber hinaus eine durch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gekennzeichnete Zweckbestimmung zu sehen. Gerade aus Seite 6 der Ausführungen zur Umfrage ist vielmehr zu schließen, dass, wenn überhaupt, mit der Abgabe in einer Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, nicht jedoch mit dem Einwerfen in einen in der Öffentlichkeit aufgestellten und frei zugänglichen Sammelcontainer.
60Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel dem Nutzer eines Sammelcontainers keine Möglichkeit zur Verfügung steht, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, selbst wenn ein entsprechendes Interesse bestehen sollte. Denn mit dem Einwurf der Alttextilien in den Sammelcontainer gibt er, wie ihm auch bewusst ist, im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit auf. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, der Nutzer eines Sammelcontainers wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen hätte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein regelmäßig nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es ‑ auch nach der angesprochenen forsa-Umfrage ‑ unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur "Kleidersammlung" gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück ‑ zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands ‑ schlicht "loswerden" werden will und es aus Umweltschutz- oder Kostengründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führt der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. Dass es insoweit unterschiedliche Vorstellungen geben wird, ob ein Kleidungsstück gleichwohl noch getragen werden kann bzw. etwa in Notsituationen mangels Alternativen getragen wird, bestätigt die ausgeführte Unmöglichkeit, den Abfallbegriff auf diese Weise zu konkretisieren.
61Aus dem Sortieren nach der Einsammlung und der sich daran anschließenden Vermarktung kann keine Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG abgeleitet werden. Dementsprechend kommt es weder darauf an, ob das Sortieren als ein Verfahren der Prüfung gemäß § 3 Abs. 24 KrWG die Abfalleigenschaft indiziert, noch bedarf es einer weiteren Betrachtung, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, dass auch Second-Hand-Läden und Kleiderkammern eine Sortierung der ihnen überlassenen Alttextilien vornehmen dürften.
62c) Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen.
63aa) Die nähere Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen enthält § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Danach liegen diese unter anderem vor, wenn die beabsichtigte Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Letzteres wiederum ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
64- 65
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- 66
2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- 67
3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
69bb) Die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verlangt auf der Tatbestandsebene allein, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt.
70Unter einer "haushaltsnahen getrennten Erfassung von Abfällen" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist zumindest in erster Linie ein Holsystem beim privaten Haushalt zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Kriterien für den Vergleich der Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG und wird bestätigt durch die Begründung der vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagenen Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Neben dem üblichen Entsorgungsbehälter für das einzelne Grundstück sollen über das Tatbestandsmerkmal "sonstige hochwertige getrennte Erfassung" auch sonstige Erfassungssysteme erfasst werden, soweit sie nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten in gleichem Umfang, gleicher Qualität und gleicher Effizienz erfassen können. Gemeinsames Merkmal aller (geschützten) Systeme soll dabei sein, dass sie das Ressourcenpotential der werthaltigen Abfälle effizient nutzen.
71Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44; Schwind in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 KrWG Rn. 175, 179 ff.
72Dies schließt ein Bringsystem mit flächendeckend aufgestellten Sammelcontainern ein. Referenzpunkt der Regelung ist das haushaltsnahe Entsorgungssystem, dem die anderen Systeme in den wesentlichen Punkten entsprechen müssen. Insbesondere muss für sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle bestehen.
73In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
74cc) Weitergehende tatbestandliche Anforderungen stellt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG seinem Wortlaut nach nicht auf, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Danach ist auf der Grundlage dieser Regelung als Rechtsfolge "anzunehmen", dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten entgegenstehen.
75Diese Feststellung bedeutet entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung aber (noch) nicht, dass allein die Existenz eines haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen Erfassungssystems eine Untersagungsverfügung trüge. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits für sich genommen einen eigenständigen Untersagungsgrund darstellte oder immer zwingend auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten führte. Das ist aber nicht der Fall.
76Ein solches Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht der Regelungssystematik des § 17 Abs. 3 KrWG. Die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellen ‑ anders als das in § 17 Abs. 3 Satz 1 genannte Bezugskriterium der Funktionsfähigkeit ‑ keine rechtlich verselbständigten Untersagungstatbestände dar. Vielmehr ist bei ihrer Erfüllung die wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (lediglich) "anzunehmen" und ist in der Folge auch eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit (nur) "anzunehmen". Damit besagt bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, dass die Erfüllung des Tatbestandes eine weitergehende Betrachtung nicht entbehrlich macht. Ansonsten wäre eine solche Konsequenz nicht "anzunehmen", sondern sie würde "vorliegen", wovon etwa § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG für die "überwiegenden öffentlichen Interessen" im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ausgeht. Eine derartige Verbindung hat der Gesetzgeber indes in den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen und auch nicht gewollt. Das zeigt schon die im Vergleich zu Satz 1 unterschiedliche Fassung der beiden Regelungen, die für den Begriff "anzunehmen" auf einen Aussagegehalt als Vermutung, die sich einzelfallabhängig als richtig oder falsch erweisen kann, hindeutet. Belegt wird dies aber insbesondere auch durch die Begründung des Änderungsantrags zum ursprünglichen Gesetzentwurf, wonach Satz 3 die Schwelle konkretisieren soll, ab der eine "wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden kann und den Behörden eine klare Leitlinie" vorgegeben wird.
77Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (Unterstreichung durch den Senat).
78Sowohl das Modalverb "kann" als auch der Begriff der "Leitlinie" belegen, dass dieser Bestimmung lediglich ein Orientierungs-, nicht (streng) abschließender Charakter zukommen sollte. Es ist auch nicht zu unterstellen, der Gesetzgeber sei tatsächlich davon ausgegangen, jede gewerbliche Sammlung beeinträchtige ausnahmslos ein hochwertiges kommunales Erfassungssystem. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits die in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Erfassungssysteme (Holsysteme und sonstige hochwertige Erfassungssysteme) grundlegende Unterschiede aufweisen und auch innerhalb eines Systemtyps selbst bei seiner Hochwertigkeit gewisse Bandbreiten auftreten können. Schon deshalb variiert naturgemäß ihre "Störanfälligkeit" in beträchtlichem Umfang. Hinzu kommt, dass die jeweils betroffenen Entsorgungsgebiete nach Größe, Siedlungsstruktur und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen können. Gleiches gilt für die gewerblichen Sammlungen. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede über § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vollständig einebnen wollte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil liegt es geradezu auf der Hand, dass etwa eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien, die im Extremfall nur einen Container oder eine einmal jährlich stattfindende Straßensammlung in einem Stadt- oder Ortsteil umfasst, das bestehende, voraussetzungsgemäß hochwertige System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten schon bei abstrakter Betrachtung im Hinblick auf Planung und Organisation nicht tangiert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch in einem solchen Fall eine Untersagung der gewerblichen Sammlung wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anordnen wollte.
79Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist damit ‑ im Sinne einer Vermutung ‑ so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nicht von vornherein und immer die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass in diesem Fall die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch eine angezeigte gewerbliche Sammlung ‑ im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen ‑ beeinträchtigt sein wird und dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten gefährdet ist. Letzteres bedarf des Vorliegens weiterer Umstände, wobei sich allerdings die Annahmen aus den Sätzen 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG ihrem Wesen als Vermutungen entsprechend indiziell dahingehend auswirken, dass die "anzunehmenden" Folgen regelmäßig eintreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, hängt immer davon ab, ob und inwieweit der von den Annahmen vorausgesetzte Sachverhalt zunächst auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und von dort aus auf die Funktionsfähigkeit durchschlägt.
80Angesichts dessen kann der Begriff "anzunehmen" nicht als eine gesetzlich zwingende (unwiderlegliche) Vermutung
81- so etwa Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125; Wenzel, ZUR 2014, 579; Siederer/Wenzel/ Schütze, AbfallR 2014, 79 -
82oder als gesetzliche Fiktion
83- so insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172; Weidemann, AbfallR 2012, 96 -
84verstanden werden. Zwar ließe der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein solches Verständnis zu, das aufgrund der gleichlautenden Formulierung in § 3 Abs. 2 und 3 KrWG in systematischer Hinsicht auch nicht vollkommen fernläge.
85Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 172.
86Dem steht aber im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal von vornherein nicht in jeder von ihm erfassten Konstellation geeignet wäre, eine reale Verbindung zwischen dem Vermutungs- bzw. Fiktionstatbestand und dem Bezugsobjekt herzustellen. Dies führte dann zumindest partiell zu den oben bereits angesprochenen logischen Brüchen. Diese lassen sich aber vermeiden, wenn der Begriff "anzunehmen" ‑ wie dargestellt ‑ als eine (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt verstanden wird. Mit einem solchen Verständnis des in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG verwendeten Begriffs "anzunehmen" wird für § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG die notwendige und gewollte Wesentlichkeit der Auswirkungen sichergestellt und dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG, als Hilfsmittel für den Ausgleich der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten und des gewerblichen Sammlers zu dienen, angemessen Rechnung getragen.
87dd) In diesem Verständnis bedarf die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (auch) im Hinblick auf seine Nr. 1 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auch der wohl herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung entsprechen dürfte,
88Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, GewArch 2014, 245; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, juris; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 171; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 KrWG Rn. 118, 129,
89nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus einer Korrektur im Sinne einer einschränkenden Auslegung im Hinblick auf die dort geregelten Merkmale, die zur gesetzlich angeordneten Annahme wesentlicher Beeinträchtigungen führen sollen. Vielmehr trägt das Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als (widerlegliche) Vermutung oder als Regelfall mit Ausnahmevorbehalt den Gesichtspunkten hinreichend Rechnung, die für eine solche einschränkende Auslegung angeführt werden.
90Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG käme eine solche - ergänzende oder korrigierende - Auslegung nach allgemeinen Auslegungsregeln nur dann in Betracht, wenn das so gefundene wortlautgetreue Verständnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, zu sinnwidrigen, der Denklogik widersprechenden Ergebnissen führte oder das vom Gesetzgeber an sich Gewollte in dieser Form mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stünde und dieser Widerspruch durch eine solche einschränkende Interpretation beseitigt werden könnte. Nur dann dürfte die an sich jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze überwunden werden. Keine der genannten Voraussetzungen ist indes unter der dargestellten Prämisse einer (widerleglichen) Vermutung bzw. eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses erfüllt.
91(1) Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass das vorstehend dargelegte Auslegungsergebnis nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt ist.
92Die insoweit regelmäßig herangezogene Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052)
93- hierauf stellen etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O., und VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. O., VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, juris, ab -
94ist hierfür unergiebig, weil sie sich auf eine Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG bezieht, die nicht Gesetz geworden, sondern durch die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 und die Neueinführung des Satzes 3 substantiell und gerade mit dem Ziel, den Schutzkatalog für die öffentlichen Interessen zu erweitern (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43), modifiziert worden ist. Unabhängig davon lässt ein "einseitiges" Abstellen auf die (ursprünglichen) Vorstellungen der Bundesregierung außer Acht, dass der Gesetzgebungsprozess gerade von einem Interessengegensatz zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und gewerblichen Sammlern geprägt war und die Interessen der öffentlich-rechtlichen Entsorger in verstärktem Maße von Seiten des Bundesrates vertreten wurden, während seitens der Bundesregierung ‑ nicht zuletzt aufgrund dort bestehender europarechtlicher Bedenken ‑ das Ziel einer stärkeren Marktöffnung verfolgt wurde. Demzufolge weisen die erst im Vermittlungsausschuss endgültig konturierten Regelungen der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG Kompromisscharakter auf, so dass zu deren Auslegung die ursprünglichen Vorstellungen der Bundesregierung jedenfalls nicht ohne weiteres und uneingeschränkt herangezogen werden können.
95Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 23 ff.
96Nimmt man indes die auf die Ergänzung des § 17 Abs. 3 KrWG bezogenen Materialien zum Maßstab, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bewusst gewählt hat. So wird dort die Einfügung der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wie folgt erläutert:
97" Nach der ersten Fallgruppe erhält die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung einen besonderen Schutz, insbesondere gegenüber dem sogenannten 'Rosinenpicken'." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
98In der zusammenfassenden Begründung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG neu heißt es sodann:
99" Durch die Ergänzung der Regelung wird die Steuerungsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkretisiert. Die Regelung verdeutlicht, dass hochwertige Wertstofferfassungssysteme in rechtssicherer Weise geschützt werden können und die Aufgabenerledigung auf verlässlicher Grundlage bei tragfähigen und stabilen Gebühren organisiert werden kann. Zugleich schützt die Regelung auch die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die 'duale' Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft." (BT-Drucks. 17/7505, S. 44)
100Eine entsprechende Regelungsabsicht lässt auch die grundlegende Motivation zur gesetzlichen Aufwertung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu eigenständigen Schutzobjekten und zu deren gesetzlicher Konkretisierung durch die Regelung des Satzes 3 erkennen, wonach mit ihm den Betroffenen eine klare Leitlinie zur Beurteilung wesentlicher Beeinträchtigungen vorgegeben werden sollte.
101BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44.
102Noch deutlicher in diese Richtung geht die Stellungnahme der FDP-Fraktion, die grundsätzlich einen möglichst großen Spielraum der privaten Entsorger im Gesetzgebungsverfahren verfochten hat, im Zusammenhang mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss. Dort heißt es:
103" In vielen Kommunen gebe es keine gesonderte Papiersammlung oder das Papier müsse auf Wertstoffhöfen oder in Wertstoffcontainern in großer Entfernung entsorgt werden. In diesem Fall sei es ökologisch sinnvoll, wenn ein privates Unternehmen dies übernehme und damit auch noch Geld verdiene. Das dürfe von den Kommunen nicht untersagt werden. Wenn die Kommunen diesen Service nicht anböten, dürfe nicht verhindert werden, dass es Wettbewerb gebe. Wenn aber die Kommunen den Service einer Papiertonne anböten, müsse dieser auch Bestand haben." (BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 18)
104Ein dem (ursprünglichen) gesetzgeberischen Anliegen, gewerblichen Sammlern einen (erleichterten) Marktzugang und damit in größerem Umfang Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sammlungen zu ermöglichen, widersprechender absoluter Konkurrenzschutz, der eine einschränkende Auslegung erfordern könnte,
105vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 9. September 2013 - 10 S 1116/13 -, a. a. O., und vom 4. März 2014 - 10 S 1127/13 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 - M 17 K 13.2189 -, a. a. O., VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 - W 4 K 13.326 -, juris,
106ist mit dieser Regelung ‑ zumal im Verständnis eines Regelfalles ‑ im Übrigen nicht verbunden. Denn die Regelung lässt tatbestandlich nicht jedes Entsorgungssystem ausreichen, sondern verlangt dessen Hochwertigkeit. Ein solches kommunales Sammlungssystem ist jedenfalls nicht in allen Gemeinden und nicht für alle in Frage kommenden Abfallfraktionen vorhanden. Gewerblichen Sammlern verbleibt immer die Möglichkeit, ihre Sammeltätigkeit in solchen Kommunen auszuüben, in denen ein hochwertiges Erfassungssystem nicht bzw. nicht für die in Frage kommende Abfallfraktion vorhanden ist. Dass dies nicht ein rein theoretisches Phänomen ist, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Der Beklagte hat der Klägerin nicht die angezeigte Sammlung von Alttextilien in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich untersagt, sondern nur in einer einzelnen kreisangehörigen Kommune. In allen anderen Städten und Gemeinden, in denen nach Auffassung des Beklagten keine hochwertigen Erfassungssysteme existieren, darf die Klägerin ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen. Mit einem vollständigen Konkurrenzschutz ist die Klägerin daher nicht einmal im Zuständigkeitsbereich des Beklagten konfrontiert.
107(2) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG wird auch nicht durch die Überlegung in Frage gestellt, der Gesetzgeber habe sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im sog. Altpapierurteil,
108BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 124, 154,
109konkret an den dortigen Fallgruppen der wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur und des Schutzes des Vergaberechts, orientiert, weshalb die in Satz 3 benannten Fälle mit Blick hierauf verstanden werden müssten.
110Zum einen steht der von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr.1 KrWG erfasste Fall ausdrücklich nur beispielhaft ("kann von Bedeutung sein") für die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausreichende "mehr als geringfügige Auswirkung auf Organisation und Planungssicherheit".
111BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O. (Rn. 34).
112Zum anderen bleibt außer Acht, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Entsorgungssicherheit nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher, im Rahmen der erforderlichen Prüfung entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen ist. Daneben steht die Erwägung, wonach die gesetzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen unter unionsrechtlicher Perspektive ihre Rechtfertigung auch darin findet, dass (schon) bei einer Freigabe des Wettbewerbs im Markt um Abfälle aus privaten Haushaltungen Funktionsstörungen zu erwarten sind und deshalb eine Aufgabenzuweisung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfolgen darf. Die kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung der Hausmüllentsorgung durch den öffentlichen Entsorgungsträger setze ein Mindestmaß an Planbarkeit voraus, das bei ungehindertem Zugriff privater Dritter nicht gewährleistet sei.
113BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O., (Rn. 41); bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 ‑, NVwZ 2015, 52 (Rn. 44).
114Diese Erwägung stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich neben seine Ausführungen zur Entsorgungssicherheit. Dies lässt sich letztlich nur so verstehen, dass daneben der hier unter europarechtlichen Gesichtspunkten angeführte Aspekt, wonach ein freier Markt mit freiem Zugriff für sich genommen als schädlich betrachtet werden kann, zu berücksichtigen ist ‑ und zwar gerade in Abhängigkeit von materiellen Qualitätskriterien ("kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung"). In diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete Rechtfertigungsmöglichkeit ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bruchlos einzuordnen.
115Demgegenüber passen die für eine wesentliche Beeinträchtigung der Entsorgungsstruktur angeführten Fallgruppen auf den Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits im Ansatz nicht. Ein solches hochwertiges System setzt einen nicht unerheblichen Personal- und Logistikeinsatz gerade voraus. Deshalb kann es im Hinblick auf die Änderung der Entsorgungsstruktur auch nicht darauf ankommen, dass Personal für den Fall der Aufgabe des gewerblichen Sammlers vorgehalten werden muss. Entsprechendes Personal für (fast) alles Sammelbare ist naturgemäß vorhanden.
116(3) Auch der Verweis auf das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG stellt das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht in Frage.
117Ob der Einwand, ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG lasse sich nicht in das "Kaskadensystem" des § 17 Abs. 3 KrWG einfügen, da allein die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems noch nicht bedeute, dass es durch eine gewerbliche Sammlung wesentlich beeinträchtigt oder in seiner Funktion gefährdet wäre, für die Auslegung des Gesetzes maßgeblich herangezogen werden kann, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Denn der Gesetzgeber dürfte nach den vorstehenden Ausführungen die Konsequenzen der Regelung erfasst und bezweckt haben, ohne dass er die Tragweite der Bestimmung seinerseits grundsätzlich verkannt hätte. Im Rahmen der Gesetzesauslegung ist daher zunächst zu prüfen, ob das System so, wie es vorhanden ist, einen Sinn ergeben kann. Erst wenn dies zu verneinen ist, kommt unter dem Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit eine korrigierende Auslegung in Betracht.
118Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Gesetzgeber den Schutz des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein einem hochwertigen Erfassungssystem zukommen lassen will. Der Regelung liegt damit zum einen der Gedanke der Sicherung des damit einhergehenden hohen Umweltstandards zugrunde, der gegen Wettbewerb abgeschirmt wird. Da das Kreislaufwirtschaftsgesetz insgesamt jedenfalls primär auf ökologische Standards, nicht auf ökonomische Chancengerechtigkeit ausgelegt ist, kann hierin kein grundlegender Wertungswiderspruch gesehen werden.
119In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ("kein ökologischer Mehrwert").
120Zum anderen ist bei einem solchen System regelmäßig zu unterstellen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte seiner Organisationsverantwortung in besonderer Weise gerecht geworden ist. Wegen dieser "Vorleistung" erscheint es auch nicht von vornherein unsinnig anzunehmen, dass er deshalb auf eine größere Planungssicherheit angewiesen ist. Ebenso durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass ein solches hochwertiges System regelmäßig eine komplexere Logistik erfordert und deshalb störungssensibler ist. Dies gilt jedenfalls für ein ‑ dem Gesetzgeber wie ausgeführt primär vor Augen stehendes und als Referenzmodell dienendes ‑ flächendeckendes Holsystem (wie beispielsweise bei der Papiertonne).
121In diesem Sinne auch Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
122Dass dieser Ansatz nicht uneingeschränkt auf die "sonstigen" (Bring-)Systeme Anwendung finden kann, da diese insoweit regelmäßig hinter dem Planungs- und Organisationsaufwand und den damit verbundenen Kosten zurückbleiben, kann über die hinreichend offene Formulierung "ist anzunehmen" sachgerecht berücksichtigt werden und lässt nicht zwingend auf einen grundlegenden Wertungswiderspruch schließen.
123(4) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bedarf auch keiner europarechtlichen Korrektur.
124Es ist nicht zu erkennen, dass das dargestellte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die europarechtlichen Anforderungen verfehlte. Soweit dies vornehmlich mit der Überlegung begründet wird, eine allein am Wortlaut der tatbestandlichen Voraussetzungen orientierte Auslegung führe zu einem unionsrechtlich unzulässigen (und vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten) absoluten Konkurrenzschutz, trifft dies ‑ wie ausgeführt ‑ bereits im Ausgangspunkt nicht zu. Denn für die Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reicht gerade nicht die Existenz irgendeines öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems aus, sondern dieses muss qualitative Voraussetzungen erfüllen. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei einem "freien Markt", wie es hier in weiten Teilen des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten für die Fraktion der Alttextilien weiterhin der Fall ist. Absoluten Schutz vor Konkurrenz kann es daher allenfalls im konkreten Sammlungsgebiet geben. Diese Klarstellung ist aus unionsrechtlicher Perspektive aus zwei Gründen bedeutsam:
125Zum einen wird damit Konkurrenz nicht per se für das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgehebelt, zum anderen wird der Schutz gerade an einem Merkmal festgemacht, das europarechtlich nicht nur unbedenklich ist, sondern dem zunehmend gerade vom Primärrecht besonderes Augenmerk geschenkt wird.
126Vgl. dazu Hatje in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 14 Rn. 5 ff.; Schorkopf, WuV 2008, 253; Frenz, GewArch 2011, 16; in diesem Sinne auch Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 173.
127Insbesondere die durch den Lissabonner Vertrag neugefasste Bestimmung des Art. 14 AEUV, wonach in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts die Union und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können, und das hierauf bezogene Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
128- zum Rang als vollwertiger Bestandteil des Primärrechts nach Art. 51 EUV vgl. nur Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 15 -
129lassen erkennen, dass die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG tatbestandlich erfassten hochwertigen Sammlungssysteme auch aus unionsrechtlicher Perspektive in qualifizierter Weise schutzwürdig sind. Die Qualität der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird durch das Protokoll Nr. 26 zum Lissabonner Vertrag konkret und ausdrücklich anerkannt. Danach kommt es für Daseinsvorsorgeleistungen insbesondere auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer sowie auf "ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte" an. Die nähere Ausgestaltung wird zugleich in die Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
130Hinzu kommt, dass durch den Lissabonner Vertrag die (frühere) reine Zielbestimmung des Art. 14 AEUV um einen Gewährleistungsauftrag ergänzt wurde.
131Vgl. Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 14 AEUV Rn. 39 ff.; Frenz, GewArch 2011, 16.
132Auch dies spricht dafür, dass eine Regelung wie die hier in Rede stehende sich im Rahmen des Unionsrechts bewegt, wie es insbesondere die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit postuliert.
133Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43.
134Dem steht auch nicht grundsätzlich entgegen, dass Art. 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 nicht an die Stelle des Art. 106 Abs. 2 AEUV, sondern neben ihn treten bzw. ihn "unbeschadet" lassen. Zum einen sind sie gleichwohl jedenfalls bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.
135Vgl. Khan in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV - Kommentar, 5. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 20; Hatje, a. a. O., Art. 14 Rn. 11, 15; Jung in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV - Kommentar, 4. Aufl. 2011, Art. 106 AEUV Rn. 52; Frenz, GewArch 2011, 16.
136Zum anderen ist zu beachten, dass nach der jüngeren Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Rahmen der Reglementierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (der Daseinsvorsorge) den Mitgliedstaaten auch nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist, der im Wesentlichen nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler und missbräuchliches Verhalten der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegt.
137Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, Slg. 1997, I-5768 (Rn. 36 ff., 51 ff.) und vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, Slg. 1999, I-5863 (Rn. 103 f.); EuG, Urteil vom 12. Februar 2008 ‑ T-289/03 -, Slg. 2008, II-81 (Rn. 148); in diesem Sinne auch Voet van Vormizeele in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl. 2012, Art. 106 AEUV Rn. 63, 69 ff.; eingehend Wernicke, a. a. O., Art. 106 AEUV Rn. 73 ff.
138Europarechtlich scheint es nach den vorstehenden Ausführungen aber jedenfalls nicht als offensichtlich fehlsam, eine bestimmte Qualitätsstufe vor Gefährdungen zu schützen.
139Auch die vom Europäischen Gerichtshof benannten und anerkannten, vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, noch betonten Fallgruppen, in denen nationale Regelungen den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV genügen können, sind insgesamt weitgehend und letztlich nur unter der Prämisse eines weiten Regelungsspielraums nachvollziehbar. Danach sind das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben, die ein Staat von Behörden wahrnehmen lassen kann und auf die er entscheidenden Einfluss behalten darf.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 10. November 1998 ‑ Rs. C-360/96 (BFI Holding) -, Slg 1998, I-6821 (Rn. 52), und vom 23. Mai 2000 - Rs. C-209/98 (Sydhavens Sten & Grus) -, Slg. 2000, I-3777 (Rn. 76).
141Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV liegt vor, wenn das öffentliche Unternehmen seine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen nicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen ausüben kann. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung von Wettbewerb ist dabei nicht erforderlich.
142Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 ‑ Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, Slg. 2007, I-9926 (Rn. 34 f.), vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96 (Albany) -, a. a. O. (Rn. 107), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/ Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) ‑, Slg. 1993, I-2563 (Rn. 14 ff.).
143Entscheidend ist vielmehr, ob es für das begünstigte Unternehmen einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Weg gibt, seine Aufgabe zu erfüllen, wobei auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen einzubeziehen ist.
144Vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 36), vom 25. Oktober 2001 ‑ Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, Slg. 2001, I‑8137 (Rn. 57 ff.), vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, Slg. 2001, I-4142 (Rn. 55), vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 43), und vom 19. Mai 1993 - Rs. C-320/91 (Corbeau) -, a. a. O. (Rn. 14 ff.).
145Beschränkungen können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dienen, dass eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbracht werden kann.
146Vgl. EuGH, Urteile vom 23. Oktober 1997 - Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 42); in diesem Sinne wohl auch Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 (Ambulanz Glöckner) ‑, a. a. O. (Rn. 53 zum Aspekt des sog. "Rosinenpickens").
147Allerdings lässt sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht zweifelsfrei entnehmen, wie weit der den Mitgliedstaaten grundsätzlich zugestandene Ermessensspielraum im Einzelfall reicht, da insbesondere der Europäische Gerichtshof gleichzeitig betont, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV als Ausnahmevorschrift von den Grundsätzen des Binnenmarktes insgesamt tendenziell eng auszulegen sei.
148In diesem Sinne EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 (International Mail Spain) -, a. a. O. (Rn. 49), vom 17. Mai 2001 ‑ Rs. C-340/99 (TNT Traco) -, a. a. O. (Rn. 56), vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 (CAD) -, Slg. I-4111 (Rn. 64 ff.), und vom 23. Oktober 1997 ‑ Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande) -, a. a. O. (Rn. 51 ff.); Khan, a. a. O., Art. 106 Rn. 20.
149Vor diesem Hintergrund erscheint es ‑ nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2011 im Notifizierungsverfahren (abgedruckt bei von Lersner/Wendenburg, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 39), die das materielle Erfordernis wesentlicher Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betont und strukturelle Änderungen im System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Rechtfertigungsgrund offenbar noch nicht ausreichen lassen will ‑ nicht ausgeschlossen, bei einem allein auf die tatbestandlichen Voraussetzungen abstellenden Verständnis die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als von Art. 106 Abs. 2 AEUV trotz des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht mehr gedeckt anzusehen.
150Vgl. dazu insbesondere Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 4 ff., 175; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170.
151Dies kann indes schon deshalb auf sich beruhen, weil diese Bedenken jedenfalls dann nicht mehr durchgreifen, wenn auch das auf der Rechtsfolgenseite des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG befindliche Wort "anzunehmen" in den Blick genommen wird und ‑ wie bereits im Einzelnen dargelegt ‑ dahingehend verstanden wird, dass die Vorschrift eine (widerlegliche) Vermutung oder einen Regelfall mit Ausnahmevorbehalt beinhaltet.
152Ergänzend ist im Übrigen noch darauf hinzuweisen, dass auch eine bereits den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG korrigierende unionsrechtlich begründete Auslegung den vorstehend dargelegten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen hätte und ihrerseits unter einem Erforderlichkeitsvorbehalt stünde. Aus diesem Grund dürfte sie jedenfalls nicht so weit gehen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG letztlich losgelöst von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geprüft würden und diese Regelung statt als Regelbeispiel als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verstanden würde. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber jedenfalls grundsätzlich europarechtlich befugt ist, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter qualitativen Gesichtspunkten Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen, dürfte auch ein solches Verständnis nicht dazu führen, dass § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG letztlich Ausnahmecharakter erhielte oder durch die zusätzlichen Anforderungen rechtlich oder tatsächlich leerliefe. Zu weit ginge auch in der unionsrechtlichen Perspektive daher die Auffassung, die Rechtfertigung der Untersagung einer gewerblichen Sammlung sei davon abhängig zu machen, dass tatsächliche Beeinträchtigungen immer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden müssten und noch zusätzlich auch deren Wesentlichkeit positiv festzustellen wäre.
153So aber Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 170; VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 ‑ 4 K 1115/14.NW -, a. a. O.
154Die aus Art. 106 Abs. 2 AEUV, Art. 14 AEUV i. V. m. dem Protokoll Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon folgenden Anforderungen an eine tatbestandliche Reduktion dürften sich daher nicht entscheidend von denjenigen Maßstäben unterscheiden, die bei einem Verständnis von § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG als widerlegliche Vermutung bzw. als Regelfälle mit Ausnahmevorbehalt anzuwenden wären. Eine unionsrechtliche Reduktion wäre dementsprechend nur dann von Bedeutung und in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch geboten, wenn man die Regelung der Nr. 1 ‑ was wie bereits im Einzelnen dargelegt nicht sachgerecht ist ‑ als unwiderlegliche Vermutung oder gesetzliche Fiktion verstünde, ohne dass dies aber im Einzelfall zu anderen Ergebnissen führen dürfte.
155(5) Das hier zugrunde gelegte Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG steht auch in Einklang mit Art. 12 GG.
156Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt nur einen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsfeld der Abfallsammlung und -entsorgung dar und ist daher als eine Berufsausübungsregelung zu qualifizieren, die hier durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls ‑ Sicherstellung der jederzeitigen Abfallbeseitigung ‑ gerechtfertigt ist.
157Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2014 ‑ 2 BvR 2639/09 -, NVwZ 2015, 52, 55; kritisch Oexle/ Lammers, AbfallR 2015, 192.
158ee) Ist die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG damit im Ergebnis so zu verstehen, dass ein bestehendes hochwertiges Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zwar regelmäßig, nicht aber ausnahmslos den Schluss rechtfertigt, dass in diesem Fall die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten wesentlich durch eine gewerbliche Sammlung beeinträchtigt wird, bleibt stets zu prüfen, ob bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles Umstände zu erkennen sind, die ‑ im Sinne einer Widerlegung der Vermutung bzw. einer Ausnahme von dem Regelfall ‑ ein anderes Ergebnis tragen.
159(1) Diese Betrachtung hat indes zu berücksichtigen, dass mit Wortwahl und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck nach dem Vorstehenden eine Verbindlichkeit in der Form einer "Vermutung"/"Regel" vorgegeben ist. Die Annahmen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und in deren Folge nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG kommen daher nur dann nicht zum Tragen, wenn eine Konstellation vorliegt, die bei konkreter Betrachtung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einschätzung rechtfertigt. Dabei ist aber wiederum zu beachten, dass die Regelungen des § 17 Abs. 3 KrWG Teil des Gegenausnahmesystems ist, das die grundsätzliche Öffnung der Sammlung von getrennt vorgehaltenen Abfallfraktionen auch für gewerbliche Sammlungen ermöglichen soll.
160Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 2015 ‑ 20 A 2798/11 ‑, a. a. O, ‑ 20 A 3043/11 ‑, a. a. O., und ‑ 20 A 3044/11 ‑, a. a. O.
161Diese gebotene Gesamtbetrachtung bewegt sich dabei im Rahmen der Prüfung, ob der beabsichtigten Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
162Bei dem Merkmal der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Von daher obliegt es im gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Beteiligten, entsprechend ihrer jeweiligen Erkenntnissphäre jedenfalls auf entsprechende Aufforderung die jeweils bei ihnen vorhandenen einschlägigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine solche Kontrolle ermöglichen. Dies betrifft alle für die Beurteilung relevanten Aspekte, namentlich die Frage, ob Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen und dazu führen, dass trotz Bestehens einer hochwertigen Sammlung deren wesentliche Beeinträchtigung bei Durchführung der in Rede stehenden gewerblichen Sammlung bei realistischer Betrachtung nicht zu erwarten steht.
163Bezugspunkt ist dabei für § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG die Erfassung und Verwertung der konkret in Rede stehenden Abfallfraktion.
164Vgl. dazu Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 169 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 177.
165Anderenfalls ergäbe die Bezugnahme allein auf für diese Abfallfraktion zugeschnittene Sammelsysteme keinen Sinn. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen ‑ wie ausgeführt ‑ auch der Regelungsintention des Gesetzgebers.
166Damit sind sowohl diejenigen Grundlagen, auf denen die Investitions- und Aufbauentscheidung fußen, als auch die konkret vorhandenen Organisationsstrukturen der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten selbst erfasst. Insofern ist wiederum die gesetzgeberische Orientierung an einem Holsystem von Bedeutung. Liegt ein solches vor, spricht wegen des mit ihm verbundenen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwands Vieles dafür, dass es in aller Regel ohne weitere Voraussetzungen gegen gewerbliche Konkurrenz geschützt werden kann.
167In diesem Sinne auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 175 ff.; Karpenstein/Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 174.
168Das bedarf angesichts des vorliegend gegebenen Sachverhalts aber keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls ist festzustellen, dass je weiter sich das sonstige hochwertige System von diesem Referenzmodell entfernt, desto eher Sonderfälle und unwesentliche Beeinträchtigungen in Betracht kommen.
169Als Anknüpfungspunkt für entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen geeignet sind dabei vom Grundsatz her die Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten, weil diese bei insgesamt positivem Marktwert die wirtschaftliche Grundlage für dessen Erfassungssystem ist und dieses System sinnvollerweise nachfrage‑/bedarfsgerecht ausgelegt ist. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Sammelmenge lässt Rückschlüsse darauf zu, ob und in welchem Umfang das System in seiner Ausgestaltung geändert werden muss, um unter Berücksichtigung der infrage stehenden gewerblichen Sammlung ohne größere Beeinträchtigungen zu funktionieren. Dabei muss der gegebenenfalls zu berücksichtigende Anpassungsbedarf mehr als nur geringfügig, also wesentlich, sein, aber nicht so weit gehen, dass das kommunale System aufgegeben werden oder grundlegend oder strukturell umgestaltet werden muss.
170Angesichts dessen kann ein Ausnahmefall auch dann in Betracht kommen, wenn die Erfahrung mit einem bisher unbeanstandeten Nebeneinander des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems und (neuer) gewerblicher Sammlung nennenswerte Auswirkungen allenfalls als theoretische Möglichkeit erscheinen lässt. Dies kann etwa auch der Fall sein, wenn sich das zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehende hochwertige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten überhaupt erst aus einer Konkurrenzsituation entwickelt hat. Dann liegt dessen Beeinträchtigung durch einen neuen, weiteren Mitbewerber nicht unmittelbar auf der Hand.
171Im Weiteren können auch Besonderheiten der beabsichtigten konkurrierenden gewerblichen Sammlung einen Ausnahmefall begründen. Ansatzpunkt für die Betrachtung hat dabei zunächst die in Rede stehende Sammlung selbst und damit die Feststellung zu sein, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung und angesichts des bestehenden öffentlich-rechtlichen Systems vom gesetzgeberisch angenommenen Leitbild abweicht.
172Ob das so ist, beurteilt sich, was die konkret angezeigte gewerbliche Sammlung angeht, nach den Angaben in deren Anzeige ‑ insbesondere hinsichtlich der Sammelmenge und der Containerzahl. Auch wenn es sich dabei (nur) um den größtmöglichen Umfang der beabsichtigten Sammlung handelt, ändert dies nichts daran, dass die Anzeige formell den Weg eröffnet, die Sammlung durchführen zu dürfen. Nur auf der Basis der Anzeige kann die zuständige Abfallbehörde das Beeinträchtigungspotential abschätzen und kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte planen. Eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Sammelmengen erscheint ebenso unpraktikabel wie nicht gesetzeskonform. Denn die tatsächlichen Sammelmengen können erst im Nachhinein festgestellt werden, d. h. wenn die Sammlungen bereits durchgeführt worden sind. Im Übrigen erschließt sich nicht, anhand welcher Kriterien die zuständige Abfallbehörde die Planungen eines gewerblichen Sammlers eigenmächtig als realistisch oder unrealistisch bewerten sollte ‑ zumal ihr dafür nur die "Pflichtangaben" nach § 18 Abs. 2 KrWG zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es keinen Grund, die gewerblichen Sammler, die zu entsprechenden Angaben verpflichtet sind, davon zu entlasten, realistisch zu planen und diese Planung in der Anzeige als Vorhaben offenzulegen. Eine andere Auffassung ließe außer Acht, dass gerade Art und Umfang der Sammlung (und damit auch die beabsichtigte Sammelmenge) nach § 18 Abs. 2 KrWG anzuzeigen sind. Weshalb diese dann für die Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG irrelevant sein sollten, erschließt sich nicht. Diese Angaben sollen ‑ wie bereits ausgeführt ‑ nach § 18 Abs. 2 KrWG die zuständige Abfallbehörde gerade in die Lage versetzen, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu überprüfen.
173Eine wesentliche Beeinträchtigung kann insbesondere auszuschließen sein, wenn die konkret beabsichtigte gewerbliche Sammlung selbst kein nennenswertes Gewicht im Vergleich zum bestehenden System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten zu entwickeln vermag. Dass die Beurteilung anhand des Schädlichkeitspotentials der gesetzgeberischen Regelung nicht fremd ist, zeigt nicht zuletzt die Begünstigung gemeinnütziger Sammlungen, die zumindest auch wegen ihres regelmäßig kleineren Umfangs vom Gesetzgeber vorgesehen wurde.
174Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 89.
175Neben der nach der Anzeige beabsichtigten Sammelmenge kann von Bedeutung sein, ob eine Straßensammlung oder eine Containersammlung geplant ist, insbesondere bei Letzterer auch die geplante Verteilung der einzelnen Container. So sind nachhaltige Auswirkungen auch bei einer kleineren Containerzahl dann nicht auszuschließen, wenn sich die gewerbliche Sammlung gerade auf die ressourcenstarken Zentren konzentriert und die Peripherie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten überlässt und sie damit geeignet ist, den internen Ausgleich in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zu den Angaben nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG zumindest in ländlichen Gebieten auch gehört, dass der gewerbliche Sammler Angaben dazu macht, wo, d. h. in welchen Ortsteilen, gesammelt werden soll.
176Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 ‑ 20 B 869/13 -, juris.
177Führt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte eine Containersammlung durch, wird diese bei prognostischer Betrachtung von einer Straßensammlung regelmäßig weniger beeinträchtigt werden. Neben deren üblicherweise eher punktuellen Charakter ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer anderen Organisation eher die Chance bietet, weitere Potentiale zu erschließen und damit Nischen zu besetzen. Insoweit kann ihr eine das System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten tendenziell ergänzende Funktion zukommen. Von Bedeutung kann schließlich auch die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG anzugebende Größe des Sammlungsunternehmens sein. Denn bei einem kleinen und eventuell nur lokal tätigen Unternehmen ist eine Verdrängungswirkung weniger naheliegend als bei einem Großunternehmen.
178Aus Vorstehendem ergibt sich, dass feste Zahlen ‑ etwa im Hinblick auf eine Höchstmenge oder eine bestimmte Containerzahl oder einen Bruchteil der vorhandenen Container oder Sammelmengen ‑ insoweit nicht abstrakt bestimmbar sind, vielmehr kann die Prüfung allenfalls anhand von Faustgroßen strukturiert werden.
179Die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles erübrigt sich aber gleichwohl regelmäßig jedenfalls dann, wenn sich schon bei isolierter Betrachtung der einzelnen gewerblichen Sammlung aufgrund ihres Umfangs potenziell beeinträchtigende Rückwirkungen auf das bestehende System angesichts der typischen Wechselbeziehungen zwischen Erfassungsmenge und Erfassungssystem geradezu aufdrängen.
180(2) Ist aber allein nach den ‑ hinreichend aussagekräftigen ‑ Angaben zur konkret angezeigten gewerblichen Sammlung noch (nicht) festzustellen, dass wesentliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, ist vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine weitere Betrachtung erforderlich.
181Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist für die Beurteilung auch nach den Sätzen 2 und 3 nicht allein auf die konkrete angezeigte gewerbliche Sammlung abzustellen, sondern "auch" das Zusammenwirken mit anderen Sammlungen einzubeziehen. Bereits die Wortwahl des Gesetzes spricht hier dafür, dass damit in erster Linie auf die konkreten Verhältnisse abgestellt wird, also ein an der gegebenen Situation und nicht an den zukünftigen Entwicklungen orientiertes Merkmal gewählt wird. Dem entspricht die Gesetzesbegründung, wonach die zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bereits bestehenden Sammlungen zu berücksichtigen sind.
182Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 43; in diesem Sinne auch VG Neustadt, Urteil vom 28. Mai 2015 - 4 K 1115/14.NW -, a. a. a. O.; Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154; Beckmann, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 115.
183Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind deshalb vom Grundansatz her zunächst die tatsächlich (zulässigerweise) durchgeführten gewerblichen Sammlungen mit ihren jeweiligen Sammelmengen einzustellen. Diese (realen) Sammelmengen schlagen sich aber regelmäßig schon in den bereits erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten nieder. Denn diese sind Ergebnis eines Erfassungsgeschehens, auf das die existierenden Sammlungen bereits einwirken. Eines Rückgriffs auf die angezeigten Sammelmengen bedarf es deshalb insoweit regelmäßig nicht. Daraus folgt zugleich, dass die tatsächlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten realisierte Sammelmenge grundsätzlich tauglicher und ausreichender Bezugspunkt für die prognostisch zu beantwortende Frage ist, ob bei Hinzutreten der angezeigten gewerblichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen wesentliche Beeinträchtigungen realistischerweise (nicht) zu erwarten sind. Die Einzelfallbetrachtung kann ferner zumindest dann auch davon ausgehen, dass die bereits durchgeführten Sammlungen zu keiner (wesentlichen) Beeinträchtigung geführt haben, wenn die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten in den vergangenen Jahren (kontinuierlich) angestiegen oder jedenfalls unverändert geblieben sind.
184Darüber hinaus hat die zuständige Abfallbehörde noch die gewerblichen Sammlungen in ihre Betrachtung einzustellen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (noch) nicht wirken (können), gleichwohl aber bei der Prognose der Auswirkungen im konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
185Dies betrifft zunächst diejenigen gewerblichen Sammlungen, die zwar schon angezeigt sind, aber noch nicht durchgeführt werden dürfen, weil die Wartefrist nach § 18 Abs. 1 KrWG noch nicht abgelaufen ist.
186Ferner sind auch Sammlungen entscheidungserheblich, die zwar durchgeführt werden dürften und deshalb im Fall ihrer Realisierung bereits über die real erzielte Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erfasst wären, von denen aber positiv feststeht, dass sie noch nicht durchgeführt werden, und bei denen zumindest damit zu rechnen ist, dass sie wie angekündigt realisiert werden. Eine solche Erwartung ist auch dann begründet, wenn die gewerbliche Sammlung zwar untersagt wurde, der betroffene Sammler hiergegen aber gerichtlich vorgeht. Damit bringt er besonders sinnfällig zum Ausdruck, dass er an der Sammlung festhält, auch wenn er sie ‑ sei es wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung, sei es, weil er aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder sonstigen Erwägungen heraus die Sammlung erst nach erreichter Rechtssicherheit ins Werk setzen will ‑ noch nicht durchführt.
187Aus dem Kreis der damit grundsätzlich berücksichtigungsfähigen gewerblichen Sammlungen scheiden dementsprechend allerdings diejenigen aus, bei denen die Anzeige entweder zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt schon zurückgenommen war oder die bis dahin bestandskräftig untersagt wurden. In Bezug auf diese zu berücksichtigenden, noch nicht ins Werk gesetzten Sammlungen ist ‑ schon mangels anderer denkbarer Bezugsgrößen ‑ aus den bereits für die konkret in Rede stehende gewerbliche Sammlung genannten Gründen die angezeigte Sammelmenge maßgeblich.
188Von diesen potentiellen erheblichen gewerblichen Sammlungen sind indes der konkret angezeigten Sammlung auch im Rahmen der erforderlichen Auswirkungsprognose nur diejenigen entgegenzuhalten, die bereits vor Eingang deren (vollständiger) Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde angezeigt worden sind. Denn soweit Sammlungen erst danach angezeigt wurden, haben sie schon aus Gründen der zu gewährleistenden gleichmäßigen Behandlung aller potenziellen Sammler bei der Betrachtung zurückzustehen. Zu einer solchen gleichmäßigen Behandlung gehört ‑ wie ausgeführt ‑ auch die Beachtung des Prioritätsprinzips.
189Vgl. auch Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 154.
190Aufgrund der Funktion des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist es allerdings nicht gerechtfertigt, auch die angezeigten gemeinnützigen Sammlungen in die Auswirkungsprognose einzubeziehen. Für eine solche Einbeziehung spricht zwar das gesetzgeberische Anliegen, die Gesamtbelastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems zu berücksichtigen.
191Vgl. BT-Drucks. 17/1705 (neu), S. 43.
192Dieser Blickwinkel wäre aber nicht systemkonform. Denn Schutzziel des § 17 Abs. 3 KrWG ist die Funktionsfähigkeit des konkreten öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems. Dieses wiederum ist aber gegenüber gemeinnützigen Sammlungen gerade nicht geschützt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG) und muss mit diesen selbst um den Preis wesentlicher Beeinträchtigungen leben, die sogar bis hin zum eigenen Zusammenbruch gehen dürfen. Die gemeinnützigen Sammlungen gehören also ‑ anders als die gewerblichen ‑ zu den Systembedingungen, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte einzukalkulieren hat. Ihre Existenz kann allenfalls die Empfindlichkeit des kommunalen Erfassungssystems gegenüber einer gewerblichen Sammlung dadurch steigern, dass die vom kommunalen System erfasste Sammelmenge bereits so niedrig ist, dass eine hinzukommende gewerbliche Sammlung spürbarere Auswirkungen hat, als sie es bei einer größeren Sammelmenge des kommunalen Systems hätte.
193Vgl. in diesem Zusammenhang einerseits Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 56, und andererseits Schwind, a. a. O., § 17 KrWG Rn. 155.
194(3) Im Hinblick auf die dargestellten Kriterien, die die Annahme eines Ausnahmefalles begründen können, lassen sich für gewerbliche Alttextiliensammlungen ausgehend von den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die praxisgerechte Handhabung gewisse Faustgrößen zur Strukturierung der erforderlichen Einzelfallbetrachtung ableiten:
195Eine ‑ als Summe aus der angezeigten Sammlung und den nach dem Vorstehenden relevanten anderen gewerblichen Sammlungen ‑ insgesamt zu berücksichtigende gewerbliche Sammelmenge von unter 10 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten Gesammelten spricht regelmäßig dafür, dass auch mit Hinzutreten der angezeigten Sammlung kein wesentlicher Einfluss auf das bestehende hochwertige öffentlich-rechtliche System verbunden ist. Mengeneinbußen in diesem Umfang bewegen sich in einer Größenordnung von ohnehin auftretenden Schwankungen, die ein an sich funktionierendes Entsorgungssystem typischerweise verkraften kann.
196Vgl. dazu auch die Übersichten bei Karpenstein/ Dingemann, a. a. O., § 17 Rn. 176, und Gruber, Abfallrecht 2015, 182, zu in der Rechtsprechung insoweit angewandten Schwellenwerten.
197Umgekehrt erübrigt sich die nähere Prüfung eines Ausnahmefalles regelmäßig dann, wenn die einzustellenden gewerblichen Sammelmengen Rückwirkungen auf das bestehende kommunale System offensichtlich erwarten lassen. Eine gewerbliche Sammlung wird jedenfalls dann ohne weiteres als potentiell wesentlich schädlich einzustufen sein, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen mehr als die Hälfte der von der bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten erzielten Sammelmenge für sich in Anspruch nimmt. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Sammlung von Alttextilien der Gewinnanteil am Erlös mit 50 % zu veranschlagen ist,
198vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2015 ‑ 20 A 2670/13 -, a. a. O.,
199würde bei einer Halbierung der Sammelmenge bei gleichbleibender Infrastruktur (Kosten) aus der zur Quersubventionierung geeigneten Sammlung ein Zuschussgeschäft. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in einem solchen Fall mehr als nur geringfügige Konsequenzen für Organisation und Planung seines Systems ziehen wird, ist selbstverständlich und bedarf keiner Einzelfallbetrachtung. Im Gegenteil liegt es nahe, dass solche Folgerungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt gezogen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte drohenden Verlusten frühzeitiger begegnen dürfte. Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, ein Containersystem könne gegebenenfalls auch bei stark zurückgehenden Mengen noch weiterbetrieben werden, ist dies für sich genommen nicht falsch. Vorausgesetzt wird dabei aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte nicht kostenbewusst agiert. Zudem wiegt die gewerbliche "Rosinenpickerei" im potentiellen Grenzkostenbereich der öffentlich-rechtlichen Erfassung besonders schwer. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die von der angezeigten gewerblichen Sammlung ausgehenden Mengenrückgänge nicht allein den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger/Drittbeauftragten, sondern unter Umständen auch existierende gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen treffen dürften.
200In dem damit verbleibenden Zwischenraum von etwa 10 bis 50 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten ist es grundsätzlich dessen Aufgabe, konkrete Auswirkungen auf seine Funktionsfähigkeit unter dem Blickwinkel der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung seines Systems plausibel zu machen. Geschieht dies nicht, ist eine unmittelbare Gefährdung jedenfalls nicht zu erkennen.
201Die Anforderungen an eine plausible Darlegung sind dabei umso höher, je näher die einzustellende gewerbliche Sammelmenge an der unteren Grenze von 10 % verbleibt. Umgekehrt wird die Beeinträchtigung mit einer Annäherung an die regelmäßige Obergrenze der Verträglichkeit immer weniger erläuterungsbedürftig sein. Insoweit kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Umfang die bestehende Sammlung das Ressourcenpotential ausschöpft und wie sich das gegenwärtige Konkurrenzgeschehen darstellt. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte weitgehend eine Monopolstellung, werden die Folgen gewerblicher Sammlungen ihn praktisch allein treffen, so dass schon bei einem Mengenentzug von weniger als der Hälfte drastische Anpassungen realistischer werden. Denkbar sind solche Änderungen zum einen im Hinblick auf den Sammelrhythmus und die Zahl der Sammelcontainer, aber zum anderen etwa auch dadurch, dass sich Investitionen in die hochwertige Infrastruktur konkret nicht so rechnen, wie es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger/Drittbeauftragte in seine Entscheidung einstellen durfte, oder dass die Infrastruktur nicht so einsetzbar ist, wie er es beabsichtigt hat. In solchen Fällen steht fest, dass zumindest die Planungssicherheit nachteilig betroffen ist oder es zu spürbaren organisatorischen Veränderungen kommen wird.
202ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
203(1) Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
204Die Stadt C. H. führt eine "sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung" (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) der von der Sammlung der Klägerin erfassten Alttextilien durch.
205Von der Stadt C. H. werden im Stadtgebiet flächendeckend an 92 Standorten 130 Sammelcontainer für Alttextilien betrieben. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter des AWB der Stadt C. H. hat dort plastisch und nachvollziehbar dargelegt, dass dieses System ständig unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Die Richtigkeit dieser Angaben wird nicht nur durch die Verdichtung des Netzes von Standorten insbesondere seit dem Jahr 2013, sondern auch durch die zwischenzeitlich erhöhte Zahl der Sammelcontainer selbst bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angebotsplanung nicht geeignet wäre, das Ressourcenpotenzial der Alttextilien hinreichend effektiv zu nutzen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
206Dies zeigt im Übrigen die Kontrollüberlegung, dass das ausgehend von dem in Rechtsprechung und Literatur anhand statistischen Materials, insbesondere der Abfallbilanz Nordrhein-Westfalen für Siedlungsabfälle 2008/2009, realistischerweise zugrunde zu legende Potenzial von sieben bis acht Kilogramm Alttextilien und -schuhen pro Einwohner und Jahr in der Stadt C. H. weitgehend tatsächlich durch die städtischen Sammelcontainer erfasst wird. Soweit die Klägerin aufgrund einer von ihr vorgelegten Studie der RWTH Aachen von einem höheren Potenzial in einer Größenordnung von zehn bis sogar zwölf Kilogramm Alttextilien pro Einwohner und Jahr ausgeht, ergibt sich daraus kein konkreter Anhaltspunkt für eine unzureichende Dichte der von der Stadt C. H. betriebenen Containerstandorte. Weder die Annahme, es finde inzwischen letztlich jährlich ein "Schrankwechsel" im Sinne eines kompletten Austauschs sämtlicher Bekleidungsgegenstände statt, noch die reine Berechnung des (damit entgegen der Bezeichnung gerade nicht potentiell zu realisierenden) realisierten Alttextilienaufkommens haben insoweit ausreichende Überzeugungskraft.
207Anhaltspunkte dafür, dass die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger keine ausreichende Verwertung der gesammelten Alttextilien vorhalten oder garantieren könnte und die Sammlung der Klägerin unter diesem Aspekt nicht als hochwertig angesehen werden könne, liegen nicht vor. Die Stadt C. H. lässt das Sammelgut nach wirtschaftlichen Kriterien vermarkten, die sich ihrerseits an den real möglichen Formen der Verwertung ausrichten. Der Beklagte bzw. die Stadt C. H. haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das beauftragte Verwertungsunternehmen nach qualitativen Maßstäben ausgesucht und kontrolliert wird. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, dass sich der Begriff der Hochwertigkeit in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG allein auf das Sammelsystem beziehen dürfte und damit das Korrelat des haushaltsnahen Sammlungstypus markiert.
208(2) Da mithin die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegen, greift die sich aus dieser Bestimmung ergebende Vermutung, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger entgegenstehen. Bei einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles sind auch keine Umstände zu erkennen, die ein anderes Ergebnis tragen.
209Die angezeigte Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den zu berücksichtigenden weiteren gewerblichen Sammlungen beeinträchtigt die Sammlung der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wesentlich. Denn die zu berücksichtigenden Sammlungen machen bereits mehr als 50 % des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers realisierten Aufkommens aus. Unabhängig davon hat die Stadt C. H. auch potentielle Auswirkungen auf ihre Planungssicherheit und Organisationsverantwortung hinreichend plausibel gemacht.
210Dabei wird zunächst zugunsten der Klägerin der von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstmals angegebene Sammlungsumfang für die Stadt C. H. von 20 Containern zugrunde gelegt und im Weiteren unterstellt, dass diese Angabe die bis dato lediglich für das gesamte Kreisgebiet bezifferte Sammlung konkretisiert und es sich nicht der Sache nach um eine neue, prozessual unbeachtliche Sammlungsanzeige handelt. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil der Beklagte anhand der ursprünglichen Angaben und der mehrmals ohne Erfolg gebliebenen Nachfragen angesichts der Einwohnerverteilung im Kreis (Einwohner der Stadt C. H. ca. 110.000, Gesamteinwohner im Rheinisch-Bergischen Kreises ca. 278.000) zumindest bei einer naheliegenden einwohnerorientierten Aufteilung von einem etwa doppelt so großen Umfang der Sammlung in C. H. ausgehen musste. Legt man für die 20 Container wegen der insofern im Raum stehenden Bandbreite eine realistische jährliche Sammelmenge von 3,8 Tonnen pro Container und Jahr zugrunde, war für die Sammlung der Klägerin von einem Umfang von 76 Tonnen pro Jahr auszugehen, die für sich genommen etwa 15 % der von der Stadt C. H. als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelmenge in Höhe von 510 Tonnen erreicht.
211Hinzuzurechnen sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens alle bis zum 11. September 2014 angezeigten Sammlungen, die weder bestandskräftig untersagt noch zurückgezogen waren. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den Umfang ihrer beabsichtigten Sammlung näher dargelegt und konnte deshalb der Beklagte nach vorstehenden Ausführungen von einer hinreichend präzisierten Anzeige im nunmehr zugrunde gelegten Umfang ausgehen. Zudem hat die Stadt C. H. klargestellt, dass derzeit keine gewerblichen (Container-)Sammlungen (mehr) im Stadtgebiet stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt C. H. bisher real einwirken kann. Ausgehend von der vom Beklagten auf Bitten des Senats vorgelegten Aufstellung angezeigter Sammlungen ist kreisweit deshalb eine berücksichtigungsfähige Sammelmenge aus gewerblichen Sammlungen in Höhe von 672 Tonnen pro Jahr zugrunde zu legen, die sich aus den Sammlungen Nrn. 1, 13, 18, 41, 46, 58, 77, 89, 91, 92, 95, 98, 102, 103 und 106 gemäß der vom Beklagten als Anlage 2 zum Schriftsatz vom 14. September 2015 vorgelegten "Übersichtsliste Altkleidersammlungen Rheinisch-Bergischer Kreis" ergeben. Daraus folgt für die Stadt C. H. angesichts ihrer anteiligen Einwohnerzahl eine zu erwartende Sammelmenge von etwa 268 Tonnen pro Jahr. In der Addition mit der Sammlung der Klägerin ergibt sich daraus eine Sammelmenge aus gewerblichen Alttextiliensammlungen, die erheblich mehr als 50 % selbst des für das Jahr 2015 hochgerechneten Sammelertrages der Stadt C. H. in Höhe von 510 Tonnen ausmacht.
212Unabhängig davon hat die Stadt C. H. aber auch für den Fall geringerer Mengenabflüsse wesentliche Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung plausibel dargetan. Allein aus der überreichten Kostenkalkulation ergibt sich, dass die Reingewinne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus der Sammlung von Alttextilien hier konkret (nur) ca. 40 % der ‑ relativ hohen ‑ Verkaufserlöse ausmacht. Aus diesem Grund liegt, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der derzeit offenbar sinkenden Marktpreise für Alttextilien, nach obigen Feststellungen auf der Hand, dass bereits bei einem geringeren Mengenrückgang als 50 % das derzeitige System auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf Sammelrhythmus und Containerzahl wesentlich geändert werden müsste. Dies hat auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Einsatzmöglichkeiten der neu angeschafften Fahrzeuge und der eingestellten weiteren Mitarbeiter. Ob Letztere in diesem Fall entlassen würden oder anderweitig eingesetzt werden könnten, ist für die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung der gewählten Organisation ebenso wenig relevant wie alternative Einsatzmöglichkeiten der Sammelfahrzeuge. Diese wurden konkret für die fragliche kommunale Sammlung zur Gewährleistung ihrer Hochwertigkeit angeschafft, so dass die Stadt C. H. damit rechnen durfte, sie hierfür einsetzen zu können und nicht zu einer Umplanung gezwungen zu werden.
213(3) Die angefochtene Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig; ihr steht namentlich § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht entgegen.
214Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Untersagung einer angezeigten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur das letzte Mittel ist, um die Beeinträchtigung der entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen abzuwehren, sind weniger eingreifende Regelungen hier nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der zuständigen Abfallbehörde, den Umfang der angezeigten Sammlung auf das gerade noch verträgliche Maß zu beschränken. Eine mengen- oder zahlenmäßige Beschränkung der Sammlung ist keine Auflage, Bedingung oder Befristung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Resultat wäre vielmehr eine andere als die angezeigte Sammlung. Es ist indes Sache des gewerblichen Sammlers zu entscheiden, welche Sammlung er durchführen möchte. Hierzu gehört auch die Entscheidung darüber, ob er eine kleinere Sammlung, die ihm weniger Erlöse eröffnet, tatsächlich durchführen will oder ob sie sich für ihn betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Insoweit bleibt ihm eine neue Anzeige einer anderen, "kleineren" Sammlung jederzeit unbenommen. Im Übrigen würden sonst mithilfe einer "geltungserhaltenden Reduktion" gerade besonders umfangreich angezeigte gewerbliche Sammlungen privilegiert und das Risiko realistischer Planung vom gewerblichen Sammler auf die Behörden verlagert.
215Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
216Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, wann überwiegende öffentliche Interessen bei Bestehen eines hochwertigen Erfassungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers/Drittbeauftragten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen, bedarf grundsätzlicher Klärung.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
den Bescheid vom 24. Januar 2014 aufzuheben.
Gründe
-
1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
-
2.die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
-
3.die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Die Bescheide der Beklagten vom 2. Oktober 2012 und 10. Oktober 2014 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen.
3Am 21. Juli 2014 und 11. August 2014 zeigte die Klägerin eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien an. In den Anzeigen teilte sie u.a. mit, dass sie vorläufig beabsichtige, mit 28/27 Containern zu sammeln. Sie werde ca. 64/61,5 Mg Altkleider pro Jahr und ca. 7/6,4 Mg Schuhe pro Jahr sammeln. Die Verwertung erfolge normalerweise im Eigenbetrieb. Da zurzeit die Sortieranlage umgebaut werde, werde das Sammelgut bis auf weiteres von einer – namentlich benannten – Firma in Salzgitter verwertet. Außerdem nannte die Klägerin noch eine Reihe weitere Abnehmer des Sammelgutes.
4Unter dem 20. August 2014 führte der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Sammlung aus: Die Beklagte habe durch Entsorgungsvertrag die Entsorgungsbetriebe F. GmbH (F1. ) beauftragt, die jeweils der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegenden Abfälle zu entsorgen, d.h. zu sammeln, zu transportieren, zu behandeln, zu verwerten oder zu beseitigen. Zur Sammlung von Altkleidern führe das gültige Abfallwirtschaftskonzept aus, dass Textilien/Schuhe seit 1998 an 300 mit den jeweiligen Bezirksvertretungen abgestimmten öffentlichen Standorten in separaten Depotcontainern erfasst würden. Die Bedarfsdeckung der örtlichen Kleiderkammern in Katastrophenfällen und der Ausschluss des Exports in Länder der Dritten Welt, wenn dadurch Arbeitsplätze in der Textilindustrie des Empfängerlandes der Lieferung gefährdet würden, würden durch die F1. sichergestellt. Die Zahl der Containerstellplätze sei in den letzten Jahren sukzessive auf 370 Standorte erhöht worden.
5Die von der F1. GmbH mit der Sammlung und Verwertung von Alttextilien und Altschuhen beauftragten Unternehmen zahlten für jeden der aufgestellten Sammelcontainer einen festgelegten Betrag. Die nach Abzug der entstehenden Kosten verbleibenden Verwertungserlöse aus dem kommunalen Sammelsystem kämen dem Gebührenzahler zugute. Die für die Entsorgung der Restabfallbehälter zu zahlende Gebühr werde dadurch vermindert. Allein die von der Klägerin angezeigte Sammlung würde das Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers möglicherweise nicht gefährden. Dies sei aber durch die Gesamtheit der angezeigten gewerblichen Sammlungen durchaus zu befürchten. Wenn durch die Gesamtheit der geplanten gewerblichen Sammlungen die der Kalkulation zugrunde liegende Sammelmenge nicht mehr erreicht werden könne, müsse befürchtet werden, dass die Auftragnehmer der F1. unwirtschaftliche Standorte auflösten und damit das flächendeckende Sammelsystem dauerhaft nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Da für die aufgelösten Standorte keine Entgelte mehr gezahlt würden, würde die Stabilität der Gebühren gefährdet.
6Abgesehen davon sei zu berücksichtigen, dass gewerbliche Sammlungen, im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe im Wettbewerb unterlaufen würden. Diese im Wege des Wettbewerbs vergebenen Leistungen sollten nach dem Willen des Gesetzgebers einen besonderen Schutz genießen. Die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) schütze das berechtigte Vertrauen des Bieters, der im Vergabeverfahren den Zuschlag erhalten habe, in die Angebotskalkulation des Auftraggebers und auf die Exklusivität der Entsorgungsleistung während der Vertragslaufzeit.
7Bei fortschreitender wirtschaftlicher Beeinträchtigung des Auftragnehmers durch gewerbliche Sammlungen sei davon auszugehen, dass bei zukünftigen Ausschreibungen kaum noch Interessenten zu finden seien, da eine gewerbliche Sammlung, die nicht im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchgeführt werde, finanziell interessanter wäre. Dies gelte allerdings nur bei entsprechender Marktlage. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger dagegen sichere die ordnungsgemäße Verwertung der Abfälle unabhängig von der Marktlage.
8Die Beklagte gab der Klägerin mit Schreiben vom 5. September 2014 Gelegenheit, sich zur beabsichtigten Untersagung wegen entgegenstehender öffentlicher Interessen zu äußern.
9Mit Bescheid vom 2. Oktober 2014 untersagte die Beklagte die angezeigte Sammlung von Altkleidern und Schuhen. Des Weiteren heißt es in dem Bescheid: „Das Aufstellen von Sammeldepotcontainern auf öffentlichen und privaten Grundstücken im F2. Stadtgebiet ist Ihnen nicht gestattet.“
10Zur Begründung führte die Beklagte aus: Der Sammlung stünden öffentliche Interessen entgegen. Deswegen könne auf die Vervollständigung der Anzeigeunterlagen (Stellplatzvereinbarungen mit den Grundstückseigentümern) verzichtet werden. Durch die Aufnahme der Sammlung verringere sich für die Auftragnehmer der F1. das Angebot an verwertbaren Abfällen, was mit entsprechenden Umsatz- und Gewinneinbußen verbunden sei und zu Regressansprüchen und Gebührenausfällen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger führe. Eine Verknappung des Alttextilien- und Altkleideraufkommens durch gewerbliche Sammlungen würde den Interessen und Verpflichtungen der beauftragten Dritten zuwiderlaufen. Allein die Sammlungen der anerkannt gemeinnützigen Altkleidersammler beanspruche bereits – bezogen auf die ausgeschriebene Sammelmenge – 22,34 Prozent des im Stadtgebiet vorhandenen Altkleideraufkommens. Hinzu kämen gewerbliche Sammlungen, die im Rahmen des Vertrauensschutzes nach § 18 Abs. 7 KrWG bestätig worden seien bzw. gewerbliche Sammlungen, welche vorläufig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes tätig würden, und solche, über deren Anzeigen noch nicht abschließend entschieden worden sei. Insgesamt beanspruchten gemeinnützige und gewerbliche Sammler anhand der vorliegenden Anzeigen inzwischen 2.010,4 Mg, während die Drittbeauftragten im Jahr 2013 nur 1.686,46 Mg Altkleider, Textilien und Schuhe gesammelt hätten. Da die gemeinnützigen Sammlungen vom Gesetzgeber privilegiert würden und ungeachtet jeglicher Beeinträchtigung der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers fortgesetzt werden dürften, könnten keine gewerblichen Konkurrenzsammlungen mehr zugelassen werden, ohne die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nachhaltig und wesentlich zu beeinträchtigen. Es bestehe somit ein öffentliches Interesse an der Erhaltung einer stabilen Entsorgungsstruktur für die im Stadtgebiet anfallenden Altkleider. Zudem hätten die Drittbeauftragten auf den Schutz der Sammlung und die Angebotskalkulation des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vertraut und einen Entsorgungsvertrag geschlossen. Seien die Sammlungen der Drittbeauftragten dauerhaft defizitär, könne dies zur Aufgabe von Sammelstandorten durch die Drittbeauftragten führen. Der Abzug der Sammelbehälter würde eine erhebliche Gefährdung der Entsorgungsstruktur für Altkleider, Textilien und Schuhe darstellen. Das Ausschreibungsverfahren habe vorschriftsgemäß über die Vergabeplattform der Europäischen Union stattgefunden. Somit habe die Klägerin Gelegenheit gehabt, sich an dem Ausschreibungsverfahren zu beteiligen und sich der Konkurrenz der Mitbewerber zu stellen.
11Mit Bescheid vom 10. Oktober 2014 setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr „für die Entscheidung vom 5. September 2014“ in Höhe von 500,00 € fest und begründete dies wie folgt: Die Tarifstelle 28.2.1.3 lit a) der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW sehe für die Bearbeitung von Anzeigen für gewerbliche Sammlungen nach § 18 Abs. 1, 5 und 6 KrWG eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 € bis 1.000,00 € vor. Der Verwaltungsaufwand für die Anzeige der Klägerin sei vergleichbar mit dem Aufwand für die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Beförderungserlaubnis. Gemäß eines Runderlasses des zuständigen Ministeriums sei für die erstmalige Erteilung einer Transportgenehmigung bei einfachem Verwaltungsaufwand eine Gebühr von 500,00 € zu erheben. Der Verwaltungsaufwand für die Entscheidung über die Anzeige der Klägerin sei nach Aktenlage ermittelt und als niedrig erachtet worden.
12Die Klägerin hat am 29. Oktober 2014 Klage erhoben.
13Sie trägt zur Begründung vor: Ihr Unternehmen werde durch die angefochtene Entscheidung an jedem Neugeschäft im Stadtgebiet der Beklagten gehindert. Dies erscheine rechtsfehlerhaft und sei letztlich unverhältnismäßig. Die Offenlegung des Vertrages mit dem Stellplatzgeber gehöre nicht zu den abfallrechtlichen Angaben nach § 18 KrWG. Bei Zugrundelegung der in der Literatur angenommenen bundesweiten Gesamtmenge getrennt erfasster Altkleider/Alttextilien in Höhe von 750.000 Mg pro Jahr ergebe sich für das Stadtgebiet der Beklagten ein Aufkommen in Höhe von ca 5.300 Mg pro Jahr. Nach den in dem Bescheid der Beklagten genannten Mengen (1.686,46 Mg bei den Drittbeauftragten sowie 2.010,4 Mg bei den sonstigen Sammlern) fehlten demnach noch ca. 1.600 Mg pro Jahr. Sammle der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger weniger als die Hälfte (ca. 38 Prozent) der Jahresmenge, läge keine hochwertige getrennte Erfassung im Sinne des Gesetzes vor. Mit den in der Anzeige angegebenen 27 Containern würde sie erheblich weniger als 10 Prozent der Jahresmenge sammeln. Aufgrund der Platzierung der Container auf Flächen vor Moscheen solle ein neuer Kreis von Bürgern angesprochen werden, der bisher nicht getrennt entsorgt habe. Auch die Stabilität der Gebühren sei nicht gefährdet. Die für die sog. Querfinanzierung herangezogenen Zahlen seien nicht angegeben worden. Die Beklagte dürfte durch die Konzessionäre ca. 350.000 € bis 400.000 € erzielen (sie, die Klägerin, habe bei einem Gebot von 72,50 € pro Container/Monat nicht den Zuschlag erhalten). Auch der Gebührenbescheid könne keinen Bestand haben. Üblicherweise würden Gebühren zwischen 50,00 € und 200,00 € erhoben.
14Die Klägerin beantragt,
15die Bescheide der Beklagten vom 2. Oktober 2014 und 10. Oktober 2014 aufzuheben.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie trägt vor: Ein Vergleich der von den Konzessionären in den Jahren 2013 und 2014 gesammelten Altkleidermengen habe ergeben, dass diese – trotz Erhöhung der Anzahl der Sammelstandorte – infolge der zahlreichen parallel bereits durchgeführten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen rückläufig sei. Durch die unzureichende Auslastung der Sortieranlagen der Konzessionäre sei es bereits zum Ausfall von Verwertungserlösentgelten gekommen, welche die Konzessionäre dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen ihres Entsorgungsauftrages zu entrichten hätten. Daraus ergebe sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine prognostische Gebührenerhöhung von 0,71 € pro Jahr je 120 l Restmüllbehälter. Dabei sei nur die Aussetzung von Entgeltleistungen eines Konzessionärs berücksichtigt. Auch der zweite Konzessionär habe bereits um Nachverhandlungen gebeten. Es sei damit von einer weiteren Gebührenerhöhung auszugehen. Die Gesamtmenge der angezeigten zu sammelnden Altkleider etc. betrage aktuell ca. 2.465,86 Mg/a. Davon entfielen auf gewerbliche Sammlungen 1.730,86 Mg/a. Lediglich fünf angezeigte Sammlungen seien bislang nicht aufgenommen worden. Die Sammelmenge hierzu betrage 316,54 Mg/a.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2014 (A.) und der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober (B.) sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
21A. Die Voraussetzungen für die Untersagung einer angezeigten Sammlung von Altkleidern und Schuhen (Ziffer 1 des Bescheides vom 2. Oktober 2014) nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG liegen nicht vor. Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
22Diese Rechtsvorschriften verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17, 18 KrWG sind diese Bestimmungen mit dem Europarecht vereinbar. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar, diese sind aber europarechtlich durch Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV gerechtfertigt. Danach gelten die Vorschriften der Verträge für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Bei der Abfallentsorgung aus privaten Haushalten handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann.
23Vgl. zu § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf das „Arnheim-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs, EuGH, Urteil vom 10. November 1998, – Rs. C-360/96 –.
24Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist nach Art. 106 Abs. 2 AEUV gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich verhindert würde.
25Dem Umstand, dass die Rechtfertigung der Überlassungspflicht für Abfälle an gewisse Voraussetzungen anknüpft, wird durch die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG geregelte Ausnahme von der Überlassungspflicht Rechnung getragen. Danach ist eine Ausnahme der Überlassungspflicht für Abfälle vorgesehen, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Das Merkmal „überwiegende öffentliche Interessen“ ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV auszulegen.
26Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 rechte Spalte, zweiter Absatz.
27Gegen § 17 KrWG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei einem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetzes GG, die durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein kann.
28Vgl. zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerreglung § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16.08 –, juris Rn. 36.
29Ob die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG über das Merkmal „überwiegende öffentliche Interessen“ bei verfassungskonformer Auslegung genügend Raum.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 ff.
31Die Untersagung ist formell rechtmäßig. Es hat die zuständige Behörde gehandelt. Die Beklagte ist als untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG NRW) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 ZustVU in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zuständig. Auch wenn in der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz nur von dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Rede ist, gilt sie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des KrWG) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist.
32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 39.
33Der Zuständigkeit der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie zugleich öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist. Gemäß § 5 Abs. 1 LAbfG NRW sind die Kreise und kreisfreien Städte öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Ihnen obliegt nach § 5 Abs. 2 LAbfG insbesondere das Einsammeln und Befördern der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle. Dies ist im Hinblick darauf, dass die Beklagte zugleich untere Umweltschutzbehörde ist und es deshalb zu einem Interessenkonflikt kommen kann, nicht unproblematisch. Aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, folgt die Notwendigkeit einer fairen Verfahrensgestaltung und damit auch das Neutralitätsgebot des Staates. Diese Bedenken sind bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden. Sie haben dazu geführt, dass nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein durfte.
34Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
35Dass dies nicht Gesetz wurde, beruhte nicht auf einer gewandelten Sichtweise in Bezug auf die aufgezeigte Problematik, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und “für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungs- wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge“ zu tragen.
36Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47.
37Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist grundsätzlich dann gegeben, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24, OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, juris Rn. 11.
39Durch Erlass ist in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
40Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Au. IV-2-408.10.02.
41Dies ist bei der Beklagten der Fall. Eine ausreichende organisatorische und personelle Trennung liegt vor. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (Fachbereich 00.00.00) gehörte bereits im Jahr 2014 zum Geschäftsbereich °°, die untere Abfallwirtschaftsbehörde (Fachbereich 00.00.00 ) zum Geschäftsbereich °° der Beklagten. Die Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers verfasste Herr T. . Die Bearbeitung der Anzeige oblag Frau H. als zuständige Sachbearbeiterin.
42Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG entgegen. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen (I.), die Funktionsfähigkeit des öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgers (II.), des von diesem beauftragten Dritten (III.) oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Letzteres besteht im Stadtgebiet der Beklagten nicht.
43I. Durch die Formulierung in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG „auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ wird klarstellt, dass bei der Prüfung der Auswirkungen einer gewerblichen Sammlung auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des Drittbeauftragten nicht nur isoliert die in Rede stehende Sammlung berücksichtigt werden soll, sondern auch die Auswirkungen anderer Sammlungen mit einzubeziehen sind. Dabei kann dahinstehen, ob neben den bereits bestehenden gewerblichen Sammlungen,
44vgl. Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrwG, § 17 Rn. 157,
45auch die konkret geplanten – angezeigten – Sammlungen zu berücksichtigen sind,
46so wohl Dippel in Schink/Versteyl, KrWG, § 17 Rn. 56.
47Selbst wenn die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den anderen angezeigten und nicht nur den bereits aufgenommenen Sammlungen betrachtet wird, stehen ihr keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen.
48Jedenfalls sind nur die Auswirkungen anderer gewerblicher Sammlungen mit in den Blick zu nehmen, nicht auch die der gemeinnützigen Sammlungen. Dies ergibt sich aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG, der sich allein auf gewerbliche Sammlungen bezieht.
49Vgl. Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 157; Dippel in Schink/Versteyl, KrWG, § 17 Rn. 56.
50Darüber hinaus ergibt sich dies aus § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG. Bei gemeinnützigen Sammlungen sind keine entgegenstehenden öffentlichen Interessen zu prüfen. Diese können daher selbst dann nicht nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG untersagt werden, wenn sie die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des Drittbeauftragten gefährden würden. Da eine gemeinnützige Sammlung unabhängig von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder Drittbeauftragten durchgeführt werden kann, erscheint es sachgerecht, ihre Auswirkungen insgesamt unberücksichtigt zu lassen und nicht mittelbar bei der Prüfung der einer gewerblichen Sammlung entgegenstehenden öffentlichen Interessen in den Blick zu nehmen.
51II. Es liegt keine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (1.) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (2.) wesentlich beeinträchtigt wird.
521. Bei der Frage, ob die Sammlung der Klägerin zu einer Verhinderung der Aufgabenerfüllung zu ausgewogenen wirtschaftlichen Bedingungen führt, müssen die Auswirkungen auf die Entsorgungspflichten nach § 20 KrWG in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden, nicht allein die Auswirkungen auf die konkret in Frage stehende Abfallfraktion. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ausdrücklich auf alle „nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten“ abstellt.
53Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 – AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 78.
54Würden allein die durch die gewerbliche Sammlung (im Zusammenhang mit anderen Sammlungen) bedingten wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Entsorgungspflichten bezüglich einer Abfallfraktion in den Blick genommen, könnte dies möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führen als wenn die Gesamtheit der Entsorgungspflichten in den Blick genommen wird, weil beispielsweise mit einem rentablen Bereich der Entsorgungsleistungen ein weniger rentabler ausgeglichen werden könnte.
55Wann nicht mehr von „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ gesprochen werden kann, ist aufgrund der Vielzahl der denkbaren Fälle nicht ohne weiteres bestimmbar. Es lässt sich aber feststellen: Die Wahrnehmung von Aufgaben der Abfallentsorgung als öffentlich-rechtliche Daseinsvorsorge stellt keine gewinnorientierte wirtschaftliche Betätigung dar. Im Gegensatz zu einem am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden Unternehmen ist der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht auf einen Ausgleich zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen angewiesen, sondern sein Tätigwerden ist über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert.
56Vgl. dazu ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 152 ff.
57Nach den Gesetzesmaterialen zu § 17 Abs. 3 KrWG soll für die Auslegung dieser Norm primär auf die Rechtsprechung zu Art. 106 Abs. 2 AEUV zurückgegriffen werden,
58vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte).
59Die dort zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs konkretisieren jedoch nicht hinreichend, was unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist.
60Vgl. OVG NRW a.a.O. Rn. 153 ff
61Gebührenrechtliche Aspekte können insoweit grundsätzlich keine Rolle spielen, da dieser Aspekt ausdrücklich in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG aufgegriffen und damit dem Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung“ zugeordnet wird.
62Vgl. OVG NRW a.a.O. Rn. 164,
63Würde dies unberücksichtigt gelassen, da ansonsten der Anwendungsbereich dieses Merkmals leerliefe, und deshalb gebührenrechtliche Aspekte unter das Merkmal „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“ gefasst, müsste beachtet werden, dass die Höhe der Abfallgebühren durch das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip begrenzt wird. Dieses besagt, dass die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf.
64Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, juris Rn. 83, Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar § 17 Rn. 166.
65Da die Entgeltzahlungen der Konzessionäre abzüglich der Sondernutzungsgebühr in die Abfallgebührenberechnung einfließen, sind Auswirkungen auf die Abfallgebühren denkbar, wenn die Entgeltzahlungen reduziert werden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die gewerbliche Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen zu einer so starken Erhöhung der Abfallgebühren führen wird, dass die erhöhten Abfallgebühren in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen werden.
66Es ist bereits nicht zweifelsfrei dargelegt, dass allein die Konkurrenz durch andere gewerbliche Sammlungen zu dem Rückgang der gesammelten Abfallmengen bei den Konzessionären führt und dass allein dieser Rückgang der Grund für die Reduzierung der Entgeltleistungen ist. Insgesamt hielt sich im Jahr 2014 die von den Konzessionären gesammelte Menge in Höhe von insgesamt 1.718,4 Mg noch in dem Rahmen, der in den Ausschreibungsunterlagen im Jahr 2012 angegeben worden war (ca. 1.500 bis 3.000 Mg). Selbst bei unterstellter Kausalität, ist nicht zu erwarten, dass die Abfallgebühren so stark steigen werden, dass sie nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Da die meisten der angezeigten gewerblichen Sammlungen nach dem Schriftsatz der Beklagten vom 29. Mai 2015 bereits durchgeführt werden, diese nach den Angaben in den Anzeigen 1.414,32 Mg/a sammeln (Gesamtmenge der angezeigten gewerblichen Sammlungen i.H.v. 1.730,86 Mg/a abzüglich der noch nicht aufgenommenen Sammlungen) und nach derzeitigem Sach- und Streitstand lediglich fünf angezeigte Sammlungen mit einer angezeigten Sammelmenge von 316,54 Mg/a derzeit (noch) nicht sammeln, ist davon auszugehen, dass der Großteil der Konkurrenz der Konzessionäre bereits sammelt. Die ausstehenden fünf gewerblichen Sammlungen werden aller Voraussicht nach keine wesentlichen Auswirkungen auf die Sammlung der Konzessionäre haben. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass diese unter Umständen neue Alttextilienquellen erschließen und nicht nur in Konkurrenz zu den Konzessionären sondern zu allen am Markt Tätigen treten.
67Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass sie vertraglich zur Reduzierung der vom ersten Konzessionär zu erbringenden Entgeltleistungen verpflichtet war und auch dem zweiten, für ein erheblich kleineres Stadtgebiet zuständigen Konzessionär, eine Reduzierung der Entgeltleistungen in gleicher Höhe einräumen muss, die eine vergleichbare Gebührensteigerung bewirkt, und die Entgeltleistungen nochmals wegen des Hinzukommens der angezeigten, aber noch nicht betriebenen Sammlungen verhältnismäßig zu reduzieren sind, ist immer noch kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gegeben.
68Nach § 4 Abs. 1 lit. d) der Satzung der Stadt F. über die Erhebung von Gebühren für abfallwirtschaftliche Leistungen vom 19. Dezember 2001, zuletzt geändert durch Satzung vom 27. November 2014, beträgt bei einmal wöchentlichem Entleerungsrhythmus im Vollservice der Jahresgebührensatz 327,60 € für einen Restabfallbehälter mit einem Fassungsvermögen von 120 l. Selbst bei einer unterstellten Gebührenerhöhung von 2,84 € (2 x 2 x 0,71 €) und damit einem Jahresgebührensatz von 330,44 € bewegt dieser sich innerhalb einer das Äquivalenzprinzip nicht verletzenden Spanne.
692. Die Sammlung der Klägerin führt nicht im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 2 KrWG zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
70Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 - 3 KrWG ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (a), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (b) oder die diskriminierungsfreie und transparenter Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (c).
71Öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist – wie zuvor dargelegt – gemäß § 5 Abs. 1 LAbfG NRW die Beklagte. Da sie die F1. mit den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beauftragt hat, ist grundsätzlich die F1. Drittbeauftragte gemäß § 22 KrWG. Diese wiederum hat aufgrund eines Ausschreibungsverfahrens die Aufgabe der Sammlung, des Transports und der Verwertung von Alttextilien, Altkleidern und Altschuhen im Stadtgebiet an zwei Konzessionäre vergeben, die damit Drittbeauftragte i.S.v. § 22 KrWG für die Abfallfraktionen Alttextilien, Altkleider und Altschuhe sind.
72a) Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unter dem in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten Aspekt liegt hier nicht vor. Zwar führen im Stadtgebiet der Beklagten die Konzessionäre eine haushaltsnahe getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Entgegen dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG reicht aber allein das bloße Bestehen einer Konkurrenzsituation zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder eines von ihm beauftragten Dritten und einem gewerblichen Sammler nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 123/13 –, juris Rn. 5 ff.
74Vielmehr ist bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG ein strenger Prüfungsmaßstab geboten.
75Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 99 ff.
76Dass allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems nicht ausreicht, ergibt sich aus der Gesetzessystematik: § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient allein der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Zudem würde ein rein formales Verständnis der Vorschrift zu einem vom Europarecht und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz führen.
77Vgl. VG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 7 K 3111/13 – juris Rn. 31; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 114 ff.
78Damit bedarf es – wie oben bereits dargelegt – einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung des § 17 KrWG. Eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder Drittbeauftragten würde im Falle fehlender Notwendigkeit weder den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV noch denen des Art. 12 GG gerecht.
79Den Gesetzesmaterialien lässt sich zudem entnehmen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich zur Begründung eines überwiegenden öffentlichen Interesses nur wesentliche Beeinträchtigungen in den Blick nehmen wollte. Beeinträchtigungen seien hinzunehmen, es müsse nur die Funktionsfähigkeit gewahrt bleiben.
80Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
81Demnach ist § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahingehend einschränkend auszulegen, dass gewerbliche Sammlungen trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von ihm beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig sind. Das Erfordernis der wesentlichen Beeinträchtigung darf nicht umgangen werden.
82Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegt hier nicht vor. Allein der Umstand, dass einer der Konzessionäre bereits jetzt ein geringeres Entgelt zahlt, als zunächst vertraglich vereinbart war, führt nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Insoweit kann dahinstehen, ob dieser finanzielle Aspekt nicht ohnehin nur unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (s. oben, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) bzw. der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) zu betrachten ist. Denn selbst wenn er im Rahmen von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG Berücksichtigung finden kann, ist – wie bereits erwähnt – schon nicht zweifelsfrei, dass der Grund für die Reduzierung der Entgeltzahlungen des einen Konzessionärs allein die zurückgegangene Abfallmenge ist oder der Rückgang der von den Konzessionären gesammelten Abfallmenge allein auf konkurrierende andere gewerbliche Sammler zurückzuführen ist. Denkbar ist zum Beispiel, dass die Ware nicht zu den erwarteten Preisen vermarktet werden kann. Abgesehen davon führt die Reduzierung der Entgeltzahlungen nicht zu einem finanziellen Risiko für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, da die Entgelte (abzüglich des Anteils für die Sondernutzungsgebühren) in die Abfallgebührenberechnung einfließen und damit eine Reduzierung der Zahlungen der Konzessionäre zu höheren Abfallgebühren führen wird. Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entgehen damit nicht diese Entgelte, sondern er erhält die Zahlungen über die entsprechend höheren Abfallgebühren von den Bürgern.
83Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könnte möglicherweise in Betracht kommen, wenn die Konzessionäre ihre Sammlungen einstellen und er dann gegebenenfalls selbst eine Sammlung durchführen müsste. Dies ist aber nicht ersichtlich, zumal sie zumindest bis zum 31. Dezember 2016 dazu vertraglich verpflichtet sind.
84b) Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nicht gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Sätze 1, 2 und 3 Nr. 2 KrWG unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung der Gebührenstabilität gegeben.
85Wann von einer Gefährdung der Gebührenstabilität durch eine gewerbliche Sammlung ausgegangen werden kann, ist nicht ohne weiteres ersichtlich, weil Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden.
86Vgl. dazu ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178 ff.
87Aus den Gesetzesmaterialien zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG lässt sich eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nicht entnehmen.
88Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 180 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44, wonach sich lediglich der Hinweis finde, dass mit der zuvor genannten Vorschrift „Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden“ können.
89Selbst wenn das Regelbeispiel in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG (Gefährdung der Gebührenstabilität) das Allgemeininteresse an niedrigen Abfallgebühren umfasste,
90vgl. in diesem Sinn wohl: Karpenstein/Dingemann, KrWG, § 17 Rn. 180,
91ist der Ausschluss gewerblicher Sammler nicht zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Dies würde dazu führen, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert sind, praktisch nicht mehr zur Anwendung kämen, weil gewerblichen Sammlungen von werthaltigen Abfällen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden.
92Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 30123/13 -, juris Rn. 153.
93Ein faktisches Leerlaufen der Ausnahmen von der Überlassungspflicht dürfte weder mit verfassungsrechtlichen (Art. 12 GG) noch mit europarechtlichen Vorgaben (Art. 106 Abs. 2 AEUV) in Einklang stehen.
94Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität und damit zu einem der gewerblichen Sammlung entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen führen kann.
95Vgl Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 181.
96Die Geringfügigkeitsschwelle wird bei 10 bis 12 Prozent angenommen.
97Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 33, 44; OVG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2013 – Bs 208/12 – juris Rn. 15; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 – AN 11 K 12.01588 -, juris Rn. 79.
98Es kann auch an dieser Stelle die Kausalität zwischen den konkurrierenden gewerblichen Sammlungen und der Reduzierung der Entgeltleistungen dahinstehen. Bei auch hier zugunsten der Beklagten prognostisch unterstellter Gebührenerhöhung von 2,84 € (2 x 2 x 0,71 €) pro 120 l Restabfallbehälter, liegt – ausgehend von einem Jahresgebührensatz von 327,60 € pro 120 l Restabfallbehälter – die Gebührenerhöhung lediglich bei 0,87 Prozent und damit weit entfernt von den relevanten 10 bis 12 Prozent.
99Da bereits die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger ist, nicht an.
100c) Der Sammlung der Klägerin steht nicht eine erhebliche Erschwernis oder ein Unterlaufen einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb entgegen, vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG.
101Es liegt keine erhebliche Erschwernis einer Vergabe von Entsorgungsleistungen vor, da ein Vergabeverfahren bereits durchgeführt worden ist und ein weiteres zurzeit nicht konkret in Aussicht steht. Die Konzessionsverträge laufen bis zum 31. Dezember 2016 und verlängern sich um zwei Jahre, falls sie nicht bis zum 30. Juni 2016 gekündigt werden.
102Ein Unterlaufen des bereits stattgefundenen Vergabeverfahrens ist nicht zu befürchten. Allein dass ein Vergabeverfahren bezüglich der Entsorgung einer Abfallfraktion durchgeführt worden ist, die auch die angezeigte gewerbliche Sammlung betrifft, kann keine entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen begründen. Bei der Prüfung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter dem Aspekt eines Unterlaufens einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb vorliegt, ist zu beachten, dass sich die Ausnahmebestimmung in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG nicht auch darauf bezieht, sondern nur auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KRWG. Damit die Möglichkeit der Untersagung einer gewerblichen Sammlung unter dem in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG genannten Aspekt verfassungs- und europarechtskonform ist, bedarf es insoweit deshalb einer besonders restriktiven Auslegung.
103Vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar, § 17 Rn. 185.
104Ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens, das zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt, kann nur angenommen werden, wenn sich eine flexible Vertragsgestaltung objektiv als undurchführbar erweist oder ein gezielter Verdrängungswettbewerb der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen eine Vertragserfüllung durch die erfolgreichen Bieter unmöglich macht.
105Vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar, § 17 Rn. 191.
106Die im Ausschreibungsverfahren der Beklagten erfolgreichen Bieter konnten allein wegen der Durchführung von gemeinnützigen Sammlungen nicht mit einem festen Abfallvolumen rechnen.
107Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die Vertragserfüllung durch die erfolgreichen Bieter des Vergabeverfahrens unmöglich machen wird. Zum einen betrug die Abfallmenge der Konzessionäre im Jahr 2014 noch 1.718,4 Mg und lag damit in der Spannbreite der im Ausschreibungsverfahren angegebenen Spanne von 1.500 – 3.000 Mg/a. Diejenigen gewerblichen Sammler, die bisher nicht sammeln, haben im Anzeigeverfahren nach den Angaben der Beklagten angegeben, 316,54 Mg/a sammeln zu wollen. Da davon auszugehen ist, dass im Falle der Aufnahme dieser Sammlungen diese Menge nicht allein den Konzessionären entzogen wird, sondern dadurch sich auch die Sammelmenge der konkurrierenden gewerblichen (und möglicherweise auch gemeinnützigen) Sammler reduziert, wird sich voraussichtlich selbst dann noch die von den Konzessionären gesammelte Menge im Rahmen der Angaben im Ausschreibungsverfahren halten.
108Außerdem nehmen die Konzessionäre gerade die Möglichkeit von Nachverhandlungen wahr. Diese machen ihnen eine Vertragserfüllung selbst im Falle eines weiteren Mengenrückgangs möglich. Ob eine Reduzierung der Entgeltzahlungen bereits aufgrund des im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2013 erfolgten Rückgangs der Sammelmenge überhaupt notwendig war, da sich die Menge insgesamt noch im Rahmen der Angabe im Ausschreibungsverfahren gehalten hat, kann dahinstehen. Soweit diese Anpassungen zu niedrigeren Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und damit gegebenenfalls zu Gebührenerhöhungen führt, ist dies unter dem oben dargelegten Aspekt der Gebührenstabilität berücksichtigt.
109Es ist nicht ersichtlich, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter einem anderen als in den in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Gesichtspunkten wesentlich beeinträchtigt ist. Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist der Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur.
110Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
111Dass die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen diesbezüglich zu einer relevanten Beeinträchtigung führt, ist nicht ansatzweise erkennbar.
112III. Es liegt keine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Drittbeauftragten vor, weder in der Form einer Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen für die Drittbeauftragten durch die Sammlung der Klägerin noch durch eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung.
113In § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG wird lediglich konkretisiert, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, wobei eine solche Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (und nicht des Drittbeauftragten) nach Nr. 1 bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen auch im Falle einer Drittbeauftragung gegeben sein soll. Es stellt sich nach dem Gesetzeswortlaut die Frage, wann dann von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Drittbeauftragten auszugehen ist. Festzuhalten ist zunächst, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit wegen einer Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nahezu stets dann ausgeschlossen werden kann, wenn lediglich geringfügige Mengen den Drittbeauftragten durch die in Rede stehende gewerbliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen entzogen werden.
114Dass die Sammlung der Klägerin zusammen mit den anderen 28 angezeigten gewerblichen Sammlungen zu einem mehr als nur geringfügigen Mengenentzug führt, ist nicht allein aufgrund des Umstands, dass zusätzlich weitere Container im Stadtgebiet der Beklagten aufgestellt werden, mit Sicherheit anzunehmen. Es ist zum einen denkbar, dass mit der bisherigen Sammlung durch die Konzessionäre noch nicht die gesamte verfügbare Alttextilienmenge abgeschöpft wird. So gelangten nach einer Studie des Fachverbandes Textilrecycling,
115http://www.bvse.de/356/6043/Zahlen_zur_Sammlung_und_Verwendung_von_Altkleidern_in_Deutschland#Studie
116im Jahr 2008 960.000 Megagramm Bekleidungsstücke und 166.000 Megagramm Haustextilien (= 1.126.000 Megagramm) in deutsche Haushalte. Im selben Jahr wurden ca. 750.000 Megagramm aus dem Bereich Bekleidungs– und Haustextilien gesammelt. Damit entfielen im Jahr 2008 auf jeden Einwohner der Bundesrepublik Deutschland ca. 9 kg gesammelte Bekleidungsstücke und Haustextilien. Ausgehend von 577.800 Einwohner ergibt dies ein Aufkommen an Alttextilien in Höhe von 5.200 Mg, das derzeit noch nicht vollständig durch die Sammlungen der Drittbeauftragten und gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen abgeschöpft wird.
117Eine gleichmäßige Verteilung des gesamten Aufkommens der Alttextilien auf alle Container und ein damit einhergehender erheblicher Rückgang der von den Drittbeauftragten gesammelten Menge ist unter einem weiteren Gesichtspunkt nicht zwingend. Da die Beklagte gewerblichen Sammlern keine Sondernutzungserlaubnisse erteilt, dürfen lediglich die Altkleidercontainer der Drittbeauftragten im Stadtgebiet der Beklagten auf öffentlichen Flächen stehen. Ob dies rechtmäßig ist, kann hier dahinstehen. Zumindest derzeit haben die Konzessionäre diesen Standortvorteil. Denn allein ihre Container dürfen an den Standorten neben den übrigen Sammelcontainern (für Altglas etc.) im Stadtgebiet aufgestellt werden, da diese stets auf öffentlichen Flächen stehen. Dies stellt einen strategischen Vorteil für die Sammelcontainer der Konzessionäre dar. Diejenigen, die im Stadtgebiet ihr Altglas entsorgen, können dort bei Bedarf auch ihre Altkleider und Schuhe entsorgen. Sie haben so bei Gelegenheit der Altglasentsorgung nur einen Weg und müssen nicht für die Entsorgung der Alttextilien noch einen weiteren Standort anlaufen bzw. -fahren.
118Außerdem könnten die Drittbeauftragten bzw. die Beklagte auf den Containern damit werben, dass die Entgeltzahlungen der Drittbeauftragten abhängig seien von einem bestimmten Aufkommen an Altkleidern bei diesen Drittbeauftragten und nur bei Erreichen dieses Aufkommens Abfallgebührenerhöhungen aus diesen Grund vermieden werden könnten.
119Letztendlich kann allerdings offen bleiben, ob hier eine mehr als nur geringfügige Menge durch die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen den Drittbeauftragten entzogen würde, und damit auch dahinstehen, bis zur welcher Menge ein Entzug als geringfügig anzusehen ist,
120vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2014 - 17 K 5343/13 -, juris Rn. 116: Mengenentzug bis zu 10 Prozent; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 – juris Rn. 66: 10 bis 15 Prozent; ebenso: VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - W 4 S 12.1130 – juris Rn. 42.
121Denn selbst bei der Annahme einer die Geringfügigkeit überschreitenden Menge ist keine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Drittbeauftragten erkennbar. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils muss nicht zwingend eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Drittbeauftragten bewirken. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellt gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen ab, sondern verweist auf „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“, „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“.
122Selbst wenn die Drittbeauftragten zukünftig geringere Einnahmen aufgrund eines mehr als nur geringfügigen Mengenentzugs haben sollten, führt dies nicht zwingend zu einer Verhinderung von wirtschaftlich ausgewogenen Verhältnissen. Betrachtet man die Mengen, die die Konzessionäre im Jahr 2014 noch gesammelt haben (1.105,78 Mg und 592,62 Mg) und vergleicht diese mit den überhaupt erzielbaren Sammelmengen im Stadtgebiet so wird deutlich, dass den Drittbeauftragten trotz des Mengenrückgangs noch ein beachtlicher Anteil am Gesamtaufkommen verblieben ist und daran sich durch das Hinzukommen weiterer fünf Sammlungen mit angezeigten Mengen in Höhe von insgesamt 316,65 Mg/a wohl nicht wesentliches mehr ändert.
123Es ist derzeit nicht ersichtlich, dass der Entzug gewisser Alttextilmengen, sollten sie die Geringfügigkeit überschreiten, Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht bei den Drittbeauftragten nach sich ziehen wird, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Alttextilentsorgung führen. Insbesondere hinsichtlich der geplanten Standorte drängt sich keine notwendige Änderung durch hinzutretende Sammlungen auf. Allein die Drittbeauftragten verfügen über Stellplätze im öffentlichen Straßenraum. Dass diese Struktur in irgendeiner Art gefährdet wäre, ist nicht ersichtlich.
124Unabhängig von den Ausführungen zur Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen und zur wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ist zu beachten, dass gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit lediglich anzunehmen ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Im Regelfall wird eine Verhinderung bzw. wesentliche Beeinträchtigung zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit führen, zwingend ist dies aber nicht. Der Ausschluss gewerblicher Sammlungen ist europa- und verfassungsrechtlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Funktionsfähigkeit tatsächlich gefährdet ist, wobei der Schutz der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des Drittbeauftragten lediglich Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Abfallentsorgung aus privaten Haushaltungen und damit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ist. Hinsichtlich des Vorliegens einer Gefährdung müssen strenge Anforderungen gestellt werden, um den europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden. Die Gefahr muss sich zwar noch nicht realisiert haben, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts ist aber Voraussetzung. Im allgemeinen Ordnungsrecht liegt eine Gefahr dann vor, wenn eine Sachlage gegeben ist, bei der bei ungehindertem Ablauf des zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für eines der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eintritt. Diese Erwägungen können hier entsprechend angewendet werden. Ein Ausschluss gewerblicher Sammler allein aufgrund der theoretisch denkbaren Möglichkeit einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des Drittbeauftragten, ohne dass dies hinreichend wahrscheinlich ist, ist mit den Vorgaben des Verfassungs- und Europarechts an die Rechtfertigung des Ausschlusses gewerblicher Sammler nicht vereinbar.
125Dafür, dass hier die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der Drittbeauftragten bezüglich der Abfallentsorgung im Stadtgebiet der Beklagten tatsächlich gefährdet ist, liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
126Der weitere Satz in der Ziffer 1 des Bescheides vom 2. Oktober 2014, wonach das Aufstellen von Sammeldepotcontainern auf öffentlichen und privaten Grundstücken im Stadtgebiet der Antragsgegnerin der Antragstellerin nicht gestattet ist, hat keinen eigenen Regelungsgehalt, sondern ist lediglich als ergänzender Hinweis zur Untersagungsverfügung zu verstehen.
127B. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2014, womit die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500,00 € festgesetzt hat, ist rechtswidrig. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der Bezugnahme in dem Bescheid vom 10. Oktober 2014 auf eine Entscheidung vom 5. September 2014 um einen Versehen handelt (das Anhörungsschreiben datiert auf den 5. September 2014) und die Verwaltungsgebühr für die Untersagungsverfügung vom 2. Oktober 2014 festgesetzt worden ist. Die Untersagung der Sammlung ist – wie zuvor dargelegt – rechtswidrig. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden.
128Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 192 unter Hinweis auf Susenberger/Weißauer, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 1 Rn. 13, Loseblattwerk (Stand: Dezember 2006) mwN.
129Dies gilt selbst dann, wenn die Gebühren auch im Falle einer rechtmäßigen Amtshandlung angefallen wären.
130Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2015 – 9 K 196/12 –, juris Rn. 101.
131Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
132Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
133G r ü n d e:
134Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Untersagung der Sammlung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, hat sich das Gericht bei der Ausübung seines Ermessens an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, dort Ziffer 53.1, orientiert. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist anhand der von der Klägerin selbst im Anzeigeverfahren angegebenen Jahressammelmenge (71 Mg) zu bestimmen. Nach dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sollen die Angaben in der Anzeige vom 16. Juli 2014 maßgeblich sein. Bei einem erzielbaren Erlös von 400,00 € pro Megagramm Alttextilien und einer geschätzten Gewinnmarge von 50 Prozent ergibt sich ein Jahresgewinn in Höhe von 14.200,00 €. Die Festsetzung von zusätzlich 500,00 € für den angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 2014 beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.