Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Jan. 2017 - M 26 S 16.5527
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Er war Inhaber der Fahrerlaubnisklassen B, AM und L. Am ... Dezember 2014 beantragte er die Ersterteilung der Klasse BE.
Der Antragsteller wurde am ... März 2016 gegen 8.00 Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen, bei der die Polizei bei ihm drogentypische Auffälligkeiten (Gleichgewichtsstörungen, mittelstarkes Lidflattern, Nervosität, Zittern, glasige Augen) feststellte. Ein Urintest reagierte positiv auf Tetrahydrocannabinol (THC). Eine um 8.53 Uhr abgenommene Blutprobe ergab in der Analyse 4,3 ng/ml THC und 33 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH). Die Polizei hat zum letzten Betäubungsmittelkonsum des Antragstellers ausweislich des polizeilichen Berichts dessen Angabe aufgenommen, dass er am ... März 2016 um 15.00 Uhr auf einer Party einen Joint geraucht habe. Dem ärztlichen Bericht vom ... März 2016 ist unter der Rubrik Anamnese unter Drogeneinnahmen der Vermerk „gestern Cannabis“ zu entnehmen (s. Bl. 36 ff. der Behördenakte). Die zu dem Vorfall ergangene Bußgeldentscheidung vom ... Juni 2016 erlangte am ... Juli 2016 Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 29. August 2016 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis und Versagung der Fahrerlaubnisklasse BE an. Mit Schreiben vom ... September 2016 und ... Oktober 2016 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers hierzu mit, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Cannabiskonsum um einen einmaligen experimentellen Gebrauch auf einer Geburtstagsfeier gehandelt habe. Die Haschzigarette sei am ... März 2016 um 3.00 Uhr morgens geraucht worden. Die Angabe 15.00 Uhr in der Ermittlungsakte beruhe auf einem Missverständnis. Der Antragsteller habe die Angaben im Protokoll beim Unterschreiben nicht überprüft. Zu diesem Zeitpunkt habe er noch unter dem Einfluss von Cannabis gestanden.
Am ... November 2016 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers ein Gutachten eines zu einem öffentlichen Sachverständigen bestellten Rechtsmediziners vom ... November 2016 zu der Frage vor, ob bei den beim Antragsteller ermittelten Blutwerten ein Konsum um 3.00 Uhr am selben Morgen möglich sei. Das auf elektronisch übersandte Unterlagen gestützte Gutachten, das insbesondere die Aussagen der sogenannten Maastricht-Studien in Zweifel zieht, bejahte dies.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2016 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids). Unter Nr. 2 forderte er ihn zur Abgabe seines Führerscheins spätestens innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids auf; sofern er nicht mehr im Besitz des Führerscheins ist, zur Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Erklärung innerhalb vorgenannter Frist. Den Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse BE vom ... Dezember 2014 lehnte er ab (Nr. 3). Für den Fall, dass der Antragsteller der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheids nicht nachkommt, drohte der Antragsgegner ein Zwangsgeld von a... EUR an (Nr. 4). Unter Nr. 5 des Bescheids ordnete er die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 an. Nr. 6 enthält die Kostenentscheidung.
Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller einen gelegentlichen Konsum von Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr nicht habe trennen können. Er sei deshalb fahrungeeignet und ihm sei die Fahrerlaubnis zu entziehen bzw. die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse BE zu versagen. Ein einmaliger Konsum sei nicht glaubhaft und ausreichend substantiiert dargelegt worden. Entsprechende Angaben seien als Schutzbehauptung zu werten.
Mit Schreiben vom ... Dezember 2016 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 ein.
Mit Schriftsatz vom selben Tag, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am ... Dezember 2016, beantragte der Bevollmächtigte namens des Antragstellers:
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 7. Dezember 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2016 wird wiederhergestellt.
2. Der Antragsgegner hat unverzüglich den abgelieferten Führerschein des Antragstellers zurückzugeben. Für den Fall, dass der Führerschein nicht mehr vorhanden oder unbrauchbar gemacht worden ist, hat der Antragsgegner unverzüglich einen neuen Führerschein entsprechend der bisherigen Klassen auszustellen.
Zum Nachweis der Einmaligkeit des Cannabiskonsums durch den Antragsteller verwies er auf das bereits vorgelegte Gutachten vom ... November 2016. Ein medizinisches oder toxikologisches Gegengutachten habe der Antragsgegner nicht erstellen lassen. Er wiederholte auch, dass der letzte Konsum von der Polizei versehentlich auf den Vortag der Verkehrskontrolle datiert worden sei und der Antragsteller dies beim Unterschreiben des Protokolls nicht bemerkt habe. Zudem führte er aus, der Antragsteller sei beruflich auf seinen Führerschein angewiesen. Er müsse seine Arbeitsaufträge als A... allein mit dem Dienst-Kraftfahrzeug erledigen. Ohne Fahrerlaubnis sei er vom Arbeitgeber nicht sinnvoll einsetzbar. Zudem benötige er die Fahrerlaubnis, um seine Mutter und seine Schwester dabei zu entlasten, den schwer erkrankten Vater zu mehrmals wöchentlich stattfindenden Therapien zu fahren.
Am ... Dezember 2016 ging der Führerschein des Antragstellers beim Antragsgegner ein.
Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2016 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen im Bescheid vom 2. Dezember 2016.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, soweit darin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 des angegriffenen Bescheids begehrt wird. Der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits abgegeben. Es ist bei dieser Sachlage nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner das angedrohte Zwangsgeld gleichwohl noch beitreiben wird (s. Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG).
2. Der Antrag ist ansonsten zulässig, jedoch unbegründet.
2.1. Der Antragsgegner hat das besondere öffentliche Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) im vorliegenden Fall ausreichend einzelfallbezogen im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO auf den Seiten sechs und sieben seines Bescheids vom 2. Dezember 2016 begründet (zu den Anforderungen Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde aber nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Sachverhalt zutrifft. Gerade dann, wenn wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht, zu dem auch die Fälle des Fahrerlaubnisentzugs wegen fehlender Fahreignung gehören. Denn es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines für ungeeignet erachteten Kraftfahrers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt und durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Entziehungsbescheids schnellstmöglich auszuschließen ist (BayVGH, B. v. 10.8.2011 - 11 CS 11.1271 - juris Rn. 6,
2.2. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Grundlage dieser Entscheidung ist eine Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners, wobei insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen sind (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 72 ff.).
Hier überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, da der gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis eingelegte Widerspruch des Antragstellers nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der Bescheid vom 2. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (s. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da noch kein Widerspruchsbescheid ergangen ist.
2.2.1. Die in Nr. 1 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis ist rechtmäßig.
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung - FeV - hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die gilt insbesondere, wenn Erkrankungen und Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen und dadurch die Fahreignung ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 11 Abs. 7 FeV unterbleibt die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht (BVerwG, U. v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439).
Vorliegend steht fest, dass der Antragsteller fahrungeeignet gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist, weil er gelegentlich Cannabis konsumiert und diesen Konsum nicht vom Fahren trennt.
2.2.1.1. Der Antragsteller ist als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen.
Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt schon dann vor, wenn der Betroffene in zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (s. BVerwG, U. v. 23.10.2014 a. a. O. Rn. 16 ff.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (s. z. B. BayVGH, B. v. 25.1.2016 - 11 CS 15.2480 - juris Rn. 14,
Weder der Antragsteller noch sein Bevollmächtigter haben einen erst- oder einmaligen Konsum (Probierkonsum) im Vorfeld der Verkehrskontrolle am ... März 2016 ausreichend substantiiert und schlüssig dargelegt. Hierzu hätte es einer wesentlich detaillierteren Schilderung der Umstände und Abläufe bedurft. Die Behauptung, es habe sich um einen experimentellen Probierkonsum anlässlich einer Geburtstagsparty gehandelt, genügt dem nicht. Sie ist auch im Zusammenhang mit der - ohnehin streitigen - Angabe zur Einnahmezeit derart pauschal, dass eine Einschätzung oder Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Darlegungen unmöglich bleibt. Gerade wegen der Diskrepanzen zwischen den Feststellungen der Polizei bzw. des blutabnehmenden Arztes zum letzten Betäubungsmittelkonsum vor der Verkehrskontrolle (...3.2016 um 15.00 Uhr bzw. gestern) und den anderslautenden Angaben des Antragstellers zur Einnahmezeit im Entziehungsverfahren (...3.2016 um 3.00 Uhr) hätte sich der Antragsteller nach Auffassung des Gerichts veranlasst sehen müssen, zur angeblichen Einmaligkeit des Konsums und dazu, wie bzw. warum es zur Einnahme gekommen ist, ausführliche Angaben zu machen sowie ggf. auch Nachweise zu erbringen oder anzubieten. Das dergleichen unterblieb, ist bei der vorliegenden Sachlage unverständlich, denn es wäre dem Antragsteller auf diese Weise möglich gewesen, sowohl die Erstmaligkeit der Einnahme als auch die nunmehr behauptete Einnahmezeit plausibler zu machen. Es ist anhand seines bisherigen Vortrags nicht ersichtlich, warum der Antragsteller dennoch darauf verzichtete, seinen Teil zur Sachaufklärung beizutragen.
Abgesehen davon, dass ein erst- und einmaliger Probierkonsum nicht glaubhaft gemacht werden konnte, geht das Gericht - wie schon der Antragsgegner - von zwei feststehenden Konsumakten des Antragstellers aus.
Nach den sowohl von der Polizei als auch vom blutabnehmenden Arzt festgehaltenen Einlassungen des Antragstellers anlässlich der Verkehrskontrolle am ... März 2016 hat dieser am ... März 2016 (gegen 15.00 Uhr) Cannabis konsumiert. An seinen damaligen Angaben muss er sich festhalten lassen. Dass es, wie der Antragsteller vortragen lässt, wegen eines Missverständnisses zur Aufnahme falscher Zeitangaben durch die Polizei gekommen sein soll, die der Antragsteller aus Unachtsamkeit - mutmaßlich zurückzuführen auf den Cannabiseinfluss - mit der Unterzeichnung des polizeilichen Berichts fälschlich bestätigte, ist nicht plausibel dargetan. Es bleibt zudem unklar, warum auch der blutabnehmende Arzt im Zusammenhang mit der Anamnese eine Cannabiseinnahme am Vortag („gestern“) notierte. Wie bereits ausgeführt, hätte es jedenfalls einer ausführlichen und in sich schlüssigen Schilderung der Umstände bedurft, die zu der angeblich (einmaligen und) nächtlichen Einnahme von Cannabis am ... März 2016 geführt haben sollen. Da es ohne nachvollziehbaren Grund hieran fehlt, entsteht vielmehr der Eindruck, dass die Korrektur der Einnahmezeit dazu dienen soll, die Angaben gegenüber der Polizei mit der angeblichen Einmaligkeit des Konsums und den Ergebnissen der Blutuntersuchung in Einklang zu bringen.
Weil es angesichts des am ... März 2016 um 8.53 Uhr festgestellten Wertes von 4,3 ng/ml THC zumindest zu einer weiteren Einnahme kurz vor der Blutentnahme gekommen sein muss, ergeben sich für den Antragsteller zwei eigenständige Konsumakte, auf die der Antragsgegner seine Annahme, der Antragsteller sei gelegentlicher Konsument, stützen kann.
Die Erkenntnisse über das Abbauverhalten von THC rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den Schluss, ob ein für einen bestimmten Zeitraum eingeräumter Konsum von Cannabis für die Konzentration ursächlich gewesen sein kann, die in einer später gewonnenen Blutprobe vorhanden war (BayVGH, B. v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris m. w. N.). Zwar kann aus einem in einer Blutprobe festgestellten THC-Wert im Wege der Rückrechnung nicht mit jener Genauigkeit wie beim Alkohol ermittelt werden, wie hoch der Spiegel zu einem bestimmten, vor der Blutentnahme liegenden Zeitpunkt war. Auf die Erkenntnisse über das Abbauverhalten von THC darf aber insoweit zurückgegriffen werden, als sich aus ihnen - gleichsam im Wege des Ausschlussverfahrens - „negative“ Aussagen dergestalt herleiten lassen, dass ein für einen bestimmten Zeitpunkt eingeräumter oder sonst feststehender Konsum von Cannabis keinesfalls (alleine) zu der in einer später gewonnenen Blutprobe festgestellten Konzentration geführt haben kann (BayVGH, B. v. 18.4.2016 a. a. O.).
Der psychoaktive Wirkstoff THC wird bei inhalativem Konsum von Cannabis sehr schnell vom Blut resorbiert und ist nach einem Einzelkonsum sechs bis zwölf Stunden im Blut nachweisbar (Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, S. 247). Im Rahmen der Maastricht-Studien wurde festgestellt, dass bei der überwiegenden Zahl der Cannabiskonsumenten THC im Blut relativ schnell abgebaut wird und bereits nach sechs Stunden nur noch THC-Werte zwischen 1 und 2 ng/ml festgestellt werden konnten.
Diese Annahmen decken sich mit den diesbezüglichen Aussagen in der neuesten Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von THC im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren (Blutalkohol 52 [2015], 322 f.). Danach kann zugrunde gelegt werden, dass bei Konzentrationen ab 2,0 ng/ml (mit Sicherheitszuschlag wegen Messwertschwankungen ab 2,86 ng/ml) - sofern ein einmaliges/gelegentliches (z. B. nicht häufiger als einmal in der Woche) Konsummuster vorliegt - der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden haben muss (s. hierzu VG Gelsenkirchen, U. v. 20.1.2016 - 9 K 1253/15 - juris Rn. 73 ff, insbesondere Rn. 80). Bei einer Konzentration in einer Höhe von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum und sicher länger zurückliegendem Konsum geht die Grenzwertkommission für die Konzentration von THC im Blutserum von einer Anreicherung von THC infolge regelmäßigen Konsums aus, mit der Folge, dass die Fahreignung nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV ohnehin ausgeschlossen ist (s. zum Themenkomplex auch BayVGH, B. v. 23.5.2016 - 11 CS 16.690 - juris Rn. 17, VG Gelsenkirchen, a. a. O. Rn. 50 ff).
Das Vorstehende ließe im Übrigen selbst dann darauf schließen, dass der hier durch die Blutprobe am ... März 2016 um 8.53 Uhr festgestellte THC-Wert von 4,3 ng/ml auf einen weiteren Konsumakt in engerem zeitlichen Zusammenhang mit der Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr zurückzuführen sein muss, wenn man dem Antragsteller - wie nicht - darin folgen wollte, dass er nicht am Vortag, sondern am ... März 2016 um 3.00 Uhr morgens einen Joint geraucht habe. Bei einem letztmaligen Konsum gegen 3.00 Uhr wäre danach - ausgenommen der Antragsteller wäre regelmäßiger Konsument - wohl mit Konzentrationen um 2 ng/ml oder darunter zu rechnen gewesen. Der beim Antragsteller ermittelte Wert war jedoch mehr als doppelt so hoch. Letztlich kann dies hier aber dahingestellt bleiben, da der gelegentliche Konsum des Antragstellers bereits feststeht. Auch auf die Aussagen des vorgelegten Gutachtens, welches von einer Einnahme am ... März 2016 um 3.00 Uhr morgens ausgeht und demzufolge es für möglich erachtet wird, dass die um 8.53 Uhr festgestellten Blutwerte auf diesen Konsum zurückzuführen sind, kommt es folglich nicht an.
2.2.1.2. Der Antragsteller hat auch nicht im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Denn er hat nach dem Ergebnis der Blutuntersuchung am ... März 2016 ein Kraftfahrzeug mit einer THC-Konzentration von 4,3 ng/ml THC im Blutserum geführt und somit den auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 weiterhin maßgeblichen Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml, ab dem von der Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit auszugehen ist (BayVGH, B. v. 23.5.2016, a. a. O. Rn. 15), überschritten. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, inwieweit die Polizisten oder der blutabnehmende Arzt Ausfallerscheinungen beim Antragsteller festgestellt haben. Auf die tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit kommt es nicht an.
2.2.1.3. Schließlich ändert daran, dass der Antragsteller im vorliegenden summarischen Verfahren als fahrungeeignet anzusehen ist, auch die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinen Beschlüssen
Im Übrigen hielte es das erkennende Gericht selbst dann, wenn es wegen der vorgenannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von offenen Erfolgsaussichten ausgehen würde, nicht für vertretbar, den Antragsteller vorläufig wieder am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Denn für die Annahme, dass vom Antragsteller, der im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen ist, der Konsum und Fahren nicht trennen kann, keine höhere Gefahr als von anderen Verkehrsteilnehmern ausgeht, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Auch wenn der Antragsteller seit dem Vorfall vom ... März 2016 - womöglich unter dem Eindruck des Bußgeld- bzw. fahrerlaubnisrechtlichen Verfahrens - nicht mehr einschlägig im Straßenverkehr in Erscheinung getreten ist, rechtfertigte dies nicht die Prognose, dass er nicht mehr unter unzulässigem Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen wird. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs überwiegt somit die privaten und insbesondere auch beruflichen Interessen des Antragstellers an einer vorläufigen Fahrberechtigung.
2.2.2. Da die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der einstweiligen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch beim Sofortvollzug der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Anordnung, den Führerschein abzuliefern, der der Antragsteller zu Recht bereits nachgekommen ist. Die im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Festsetzungen zu den Kosten.
3. Die Kostenentscheidung zu diesem Verfahren beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i. V. m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand November 2013).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Jan. 2017 - M 26 S 16.5527
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Jan. 2017 - M 26 S 16.5527
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Jan. 2017 - M 26 S 16.5527 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.
(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.
(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem
- 1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist, - 2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter, - 3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind, - 4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, - 5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, - 6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, - 7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen, - 8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder - 9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn - a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder - b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder - 2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.
(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.
(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn
- 1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist, - 2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, - 3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
(11) Die Teilnahmebescheinigung muss
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg
II.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Antragsgegner.
III.
Der Streitwert wird im Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2016 - 7 K 153/16 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 24. April 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist unbegründet. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung des angefochtenen Beschlusses führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.
3Der Antragsteller wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, er sei zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, weil er jedenfalls gelegentlich Cannabis konsumiere und nicht zwischen Konsum und Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt habe (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Seine diesbezüglichen Einwände greifen allerdings nicht durch. Er behauptet, in seinem Leben nur einmalig, nämlich zeitnah vor der Polizeikontrolle am 10. September 2013 einen Cannabisjoint geraucht zu haben. Seine Angabe bei der Polizeikontrolle, dass sein Konsum zwei Tage zurückliege, sei falsch gewesen. Bei den in seinem Fahrzeug gefundenen Haschisch-Rauchutensilien handele es sich ausschließlich um Blättchen, wie sie zum Drehen von normalen Zigaretten und von Cannabiszigaretten benutzt würden und die von namentlich benannten Bekannten am Wochenende vor der Kontrolle in seinem Auto verloren worden seien. Aus diesem Vorbringen ergibt sich für den Senat nicht, dass die Annahme, der Antragsteller sei gelegentlicher Cannabiskonsument, unzutreffend ist. Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat, ist der Vortrag einmaligen Probierkonsums so unsubstanziiert, dass auf ein tatsächliches Ereignis nicht geschlossen werden kann.
4Der Senat geht in Übereinstimmung mit weiteren Obergerichten,
5vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. März 2011 ‑ 10 B 11400/10 ‑, NZV 2011, 573; OVG Schl.‑H., Urteil vom 17. Februar 2009 ‑ 4 LB 61/08 ‑, juris, Rn. 33, und Beschluss vom 7. Juni 2005 ‑ 4 MB 49/05 ‑, NordÖR 2005, 332; VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 21. Februar 2007 ‑ 10 S 2302/06 ‑, Blutalkohol 44 (2007), 190,
6in ständiger Spruchpraxis davon aus, dass die Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss des Betäubungsmittels es grundsätzlich rechtfertigt, auf eine mehr als einmalige Cannabisaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene Fahrerlaubnisinhaber ‑ wie hier der Antragsteller ‑ einen solchen Konsum zwar geltend macht, dessen Umstände aber nicht konkret und glaubhaft darlegt.
7Vgl. aus jüngerer Zeit etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juli 2011‑ 16 B 784/11 - und vom 12. März 2012 ‑ 16 B 1294/11 ‑, Blutalkohol 49 (2012), 179.
8Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, wenn ein mit den Wirkungen der Droge noch unerfahrener Erstkonsument zum einen bereits wenige Stunden nach dem Konsum wieder ein Kraftfahrzeug führt und er zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät. Dies wiederum berechtigt zu der Erwartung, dass er sich ausdrücklich auf einen ‑ für ihn günstigen ‑ Erstkonsum beruft und zu den Einzelheiten der fraglichen Drogeneinnahme glaubhaft erklärt. Tut er es ‑ wie hier der Antragsteller ‑ wider Erwarten nicht, erscheint es zulässig, hieraus für ihn nachteilige Schlüsse zu ziehen.
9Siehe dazu insbesondere OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. März 2011 ‑ 10 B 11400/10 ‑, NZV 2011, 573.
10Hier fehlt es an jeglicher Darlegung dazu, wie es wenige Stunden vor der Polizeikontrolle zu dem vom Antragsteller behaupteten Erstkonsum gekommen sein soll. Seine Ausführungen beschränken sich auf die schlichte Behauptung, einige Stunden vor der Kontrolle mit einem Bekannten erstmalig eine Marihuanazigarette geraucht zu haben. Im Beschwerdeverfahren hat er Zeugen ausschließlich zu den von ihm behaupteten Ereignissen am Wochenende vor der Polizeikontrolle benannt, an dem diese Personen im Fahrzeug des Antragstellers übernachtet und die im Fahrzeug gefundenen Blättchen verloren haben sollen.
11Vor diesem Hintergrund war der Antragsgegner nicht gehalten, die vom Antragsteller geforderte medizinische Untersuchung zu veranlassen. Es stand dem Antragsgegner - worauf schon das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - auch kein Ermessen hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis zu. Für die vom Antragsteller geltend gemachte Unverhältnismäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung liegen mit Blick auf die erheblichen Gefahren, die mit einer Teilnahme drogenbedingt ungeeigneter Fahrerlaubnisinhaber am motorisierten Straßenverkehr verbunden sind, keine Anhaltspunkte vor.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Gründe
II.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der im Jahre 1980 geborene Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen.
3Am 28. September 2014 wurde er um 1:20 Uhr von der Polizei im Rahmen einer Verkehrskontrolle mit seinem Pkw in F. angehalten. Nach dem Eindruck der Beamten, waren die Pupillen eng bzw. klein, reagierten unzureichend auf den freiwillig durchgeführten Lichtreflexionstest und war ein leichtes Flimmern der Augenlieder zu beobachten. Ein vor Ort freiwillig durchgeführter Drogenvortest (Urinprobe) verlief positiv auf THC. Nach dem polizeilichen Bericht gab der Kläger nach dem positiven Drogenvortest und zuvor erfolgter Belehrung als Betroffener einer Ordnungswidrigkeit an, vor zwei Tagen einen Joint geraucht zu haben und dies öfter zu tun, da er unter Schlafstörungen leide und so besser einschlafen könne. Der Kläger willigte in die Abnahme einer Blutprobe ein. Diese wurde durch das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums E. untersucht. Das unter dem 28. Oktober 2014 erstattete Gutachten des Univ.-Prof. Dr. E1. ergab eine Tetrahydrocannabinol- (THC-) Konzentration von 1,1 ng/ml, einen 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol- (11-OH-THC) Wert von ca. 0,4 ng/ml (Spuren) und einen Tretrahydrocannabinolcarbonsäure- (THC-COOH-) Wert von 25 ng/ml Blutserum.
4Die Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Der Kläger teilte unter dem 18. Dezember 2014 durch seinen Prozessbevollmächtigten mit: Es habe sich um einen erst- und einmaligen Konsum von Cannabis gehandelt. Gegenüber den bei der Verkehrskontrolle anwesenden Polizeibeamten angegeben zu haben, öfter Cannabis zu rauchen, sei ihm nicht erinnerlich und entspräche auch nicht den Tatsachen. Eine Trennung zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs könne demjenigen Fahrzeugführer zwingend denklogisch überhaupt nicht abverlangt werden, der zum einen mangels medizinischer Sachkunde oder gar einer vorherigen gutachterlichen Analyse seines eigenen Blutes überhaupt nicht wisse, dass er eben das Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss führte, und zum anderen mangels tatsächlicher Beeinträchtigung seiner Fahr(er)eigenschaften durch das noch in seinem Blut befindliche Cannabis keine eigenen diesbezüglichen „Erkenntnistatsachen“ habe, also Fahrlässigkeitstäter sei. Dieses müsse jedenfalls in denjenigen Fällen gelten – und gelte nach ständiger einschlägiger Rechtsprechung auch tatsächlich – in denen der Einfluss, unter dem ein Kraftfahrzeug geführt worden sei, aus einem erst- und einmaligen Konsum des Fahrzeugführers resultiere.
5Mit Verfügung vom 15. Januar 2015 ordnete die Beklagte die Vorlage eines ärztlichen toxikologischen Gutachtens an.
6Das unter dem 11. Februar 2015 erstellte Gutachten des Universitätsklinikums E. kam zu dem Ergebnis, dass in der am 26. Januar 2015 abgenommenen Blutprobe des Klägers THC-COOH in Spuren (ca. 0,9 ng/ml) vorhanden waren. THC sowie das weitere Abbauprodukt 11-OH-THC wurden nicht nachgewiesen.
7Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2015 erneut zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.
8Der Kläger nahm unter dem 23. Februar 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten Stellung und gab an: Die Rückschlüsse der Behörde aus dem Gutachten vom 11. Februar 2015 – nämlich das Vorliegen von gelegentlichem Cannabiskonsum – seien schlichtweg falsch. Der gemessene THC-COOH-Wert von 0,9 ng/ml Blutserum belege, dass nach dem 28. September 2014 kein Cannabis mehr konsumiert worden sei. THC-COOH sei eines der Stoffwechselprodukte im menschlichen Körper, die nicht sofort wieder ausgeschieden, sondern erst langsam „körperintern“ abgebaut würden.
9Mit Ordnungsverfügung vom 3. März 2015 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen Führerschein sofort abzugeben. Für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht binnen einer Woche nach Zustellung der Verfügung nachkomme, wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 250,00 € angedroht. Für den Bescheid wurde eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 100,00 € zuzüglich Kosten für die Meldung an das Zentrale Fahrerlaubnisregister i.H.v. 1,00 € und Zustellkosten i.H.v. 3,45 € erhoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die im Blut festgestellten Mengen von THC und THC-COOH sprächen dafür, dass der Kläger vermutlich gelegentlich Cannabis konsumiere und zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle unter der Wirkung von Cannabis gestanden habe. Durch die Untersuchung der am 26. Januar 2015 entnommenen Blutprobe sei die erneute Einnahme von Cannabis nachgewiesen. Daher sei der Kläger zumindest gelegentlicher Cannabiskonsument. Die Konzentration des THC-Metaboliten von etwa 0,9 ng/ml könne nicht mehr durch einen (einmaligen) Konsum am 28. September 2014 hervorgerufen worden sein. Der Kläger habe durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am 28. September 2014 belegt, dass er nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen könne. Damit stehe die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fest.
10Der Kläger hat am 12. März 2015 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen im Rahmen der Anhörung und trägt ergänzend vor: Die in der Blutprobe vom 28. September 2014 festgestellten THC-Werte würden insgesamt „mengen-/höhenmäßig“ (wohl) unstreitig keine solchen darstellen, die eine tatsächliche Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit bedingten. Dann dürfe ebenfalls unstreitig sein, dass der tatsächliche Konsum nicht am 28. September 2014 stattgefunden habe.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2015 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihrer Rechtsauffassung ihre Ausführungen aus der Ordnungsverfügung.
16Das Gericht hat den Rechtsstreit zunächst mit Beschluss vom 7. April 2015 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Unter dem 4. Januar 2016 hat die Einzelrichterin den Rechtsstreit aufgrund grundsätzlicher Bedeutung nach Anhörung der Beteiligten auf die Kammer zurückübertragen. Mit Beweisbeschluss vom 5. Januar 2016 wurde die Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Professor Dr. U. E1. angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Sachverständigenbefragung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2016 Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
19Die Ordnungsverfügung vom 3. März 2015 findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung – FeV –. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist u.a. derjenige, der die notwendigen körperlichen oder geistigen Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Dies ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 FeV vorliegen, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen.
20Die fehlende Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Danach ist derjenige als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, der gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann.
21Der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument und kann nicht zwischen Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen.
22Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis erfordert mehr als nur einen einmaligen Konsum, ist aber bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen anzunehmen, sofern diese einen gewissen auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 19 ff. m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 16 B 116/14 –, juris Rn. 3.
24Der Kläger hat im zeitlichen Zusammenhang zur Verkehrskontrolle am 28. September 2014 und (zumindest) ein weiteres Mal zeitlich vor der Blutprobenentnahme am 26. Januar 2015 Cannabis konsumiert. Dies wird durch die in den Gutachten vom 28. Oktober 2014 und 11. Februar 2015 festgestellten Werte im Blutserum des Klägers belegt. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass es sich bei dem in der Blutprobe vom 26. Januar 2015 vorgefundenen THC-COOH-Wert um eine Konzentration handelt, die nur durch zwischenzeitlichen Konsum erklärlich ist.
25Der Kläger hat auch nicht im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.
26In dieser fehlenden Trennung liegt ein die Fahreignung ausschließender charakterlich-sittlicher Mangel. Er ist darin zu sehen, dass der Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen.
27BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, juris Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – juris Rn. 29 f.
28Dabei ist für die Verwirklichung des Merkmals des unzureichenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nicht auf ein subjektives Element – wie die persönliche Wahrnehmung des Betroffenen von seiner eigenen Leistungsfähigkeit – abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben.
29OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 23; Bayer. VGH, Beschluss vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1711 -, juris Rn. 16.
30Daraus folgt zugleich, dass nicht jede bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Konzentration die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV rechtfertigt.
31Festgestellt werden muss eine THC-Konzentration, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war.
32Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 29 (zu § 24a Abs. 2 StVG), OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 -, juris Rn. 27 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 32; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 30, 43 ff.
33Das entspricht dem verfassungsrechtlichen Erfordernis, Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit – zu der auch der Genuss hoher individueller Mobilität zählt, wie sie das Führen von Kraftfahrzeugen vermittelt – nur als verfassungsrechtlich unbedenklich zu bewerten, wenn sie zum Schutz des Rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur Art und Intensität der Rechtsgütergefährdung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Es muss daher eine hinreichende Gefahr vorliegen, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des Fahrerlaubnisinhabers als nahe liegend erscheinen lässt.
34OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 29 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 30, jeweils unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 39 und 51.
35Dabei dürfen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso geringere Anforderungen gestellt werden, je gewichtiger die bedrohten Rechtsgüter sind. Bei der Teilnahme am Straßenverkehr stehen Gefahren für das Leben, die Gesundheit und das Eigentum und damit hochwertige Rechtsgüter anderer Bürger in Frage.
36Vgl. im Einzelnen bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn. 73 ff.
37In Bezug auf den zugrundezulegenden Gefährdungsmaßstab ist damit eine derartige Trennung zu fordern, bei der eine Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die vorangegangene Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann. Bereits die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit muss ausgeschlossen sein; eine signifikante Erhöhung des Unfallrisikos ist nicht zu fordern.
38BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 32 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 43 ff.
39Hat der Betroffene in der Vergangenheit ein Kraftfahrzeug unter einem THC-Pegel geführt, bei dem eine Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit möglich war, rechtfertigt das nach der der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu Grunde liegenden Wertung zugleich Zweifel daran, dass er künftig stets die gebotene Trennung von Cannabiskonsum und Fahren beachten wird; das wiederum führt zur Verneinung seiner Fahreignung.
40BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 33.
41Das vom Normgeber zu Recht verfolgte Ziel, Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Cannabiskonsum unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes soweit wie möglich auszuschließen, ist auch für die Bestimmung des im Rahmen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 maßgeblichen THC-Grenzwertes von Bedeutung. Abzustellen ist daher darauf, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist oder – negativ formuliert – nicht mehr ausgeschlossen werden kann; insoweit handelt es sich um einen Risikogrenzwert.
42BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 37.
43Die Rechtsprechung – einschließlich der der erkennenden Kammer – hat bislang den THC-Wert, bei welchem eine solche Beeinträchtigung nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann, in Auswertung der medizinisch-toxikologischen Studien überwiegend mit 1 ng/ml Blutserum festgelegt.
44Vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 -, juris Rn. 29 (zu § 24a StVG); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 47 ff., nicht beanstandet durch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 39; OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 31 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 34 ff., jeweils m.w.N., Beschlüsse vom 5. Februar 2015 – 16 B 8/15 –, juris Rn. 5 f., vom 4. Januar 2012 – 16 A 2075/11 –, juris Rn. 15 und vom 22. Mai 2012 – 16 B 536/12 –, juris Rn. 5 ff., jeweils m.w.N.; OVG Thüringen, Beschluss vom 6. September 2012 – 2 EO 37/11 –, juris Rn. 16 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 2 B 341/11 –, juris Rn. 14 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006 – 10 S 2519/05 –, juris Rn. 7; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Februar 2009 – 4 LB 61/08 –, juris Rn. 35 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 1 S 17.09 –, juris Rn. 6; Nieders. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2003 – 12 ME 287/03 –, juris Rn. 7; a.A. (erst ab 2 ng THC/ml Blutserum) Bayer. VGH, Beschlüsse vom 11. November 2004 – 11 CS 04.2348 –, juris Rn. 16 und vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1711 –, juris Rn. 45, offengelassen bei OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 1 M 142/06 –, juris Rn. 18.
45Grundlage dieser Rechtsprechung war insbesondere der Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20. November 2002 – aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007,
46veröffentlicht in Blutalkohol 44 (2007), 311 –
47zu § 24a Abs. 2 StVG, wonach der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1,0 ng/ml im Blutserum liegt.
48Vorliegend war eine erneute Überprüfung dieses Grenzwertes geboten, da die Grenzwertkommission – eine fachübergreifende mit Wissenschaftlern aus den Fachgesellschaften der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM), der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) und der Gesellschaft für toxikologische und forensische Chemie (GTFCh) besetzte Arbeitsgruppe beim Bundesministerium für Verkehr – in ihrer Empfehlung aus September 2015,
49veröffentlicht in Blutalkohol 52 (2015), 322 f.,
50konkret in Bezug auf die Feststellung des Trennvermögens von Cannabiskonsum und Fahren i.S.d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ausgeführt hat:
51„Die Grenzwertkommission empfiehlt (…) bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu verneinen.“
52Nach Einholung des vom Vorsitzenden der Grenzwertkommission in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachtens geht das Gericht weiterhin vom Risikogrenzwert von 1 ng THC/ml Blutserum aus.
53Im Hinblick auf den oben dargelegten rechtlichen Maßstab, ist eine Erhöhung des Risikogrenzwertes nicht erforderlich. Der Empfehlung der Grenzwertkommission ist nicht die wissenschaftlich gesicherte Aussage zu entnehmen, dass es unterhalb des Grenzwertes von 3 ng THC/ml Blutserum nicht zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung verkehrssicherheitsrelevanter Fähigkeiten kommen kann.
54Bezüglich der neuen Empfehlung der Grenzwertkommission hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt: Sie beruhe nicht auf grundlegenden neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ihr lägen aber neue wissenschaftliche Auswertungen zugrunde.
55Anlass für die Empfehlung sei vielmehr das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – gewesen. Man habe sich aus wissenschaftlicher Sicht zu zwei (vgl. im Folgenden a) und b)) diesem Urteil zugrunde liegenden Annahmen äußern wollen.
56a) Zum einen sei es um eine Korrektur der Lesart der sog. Maastricht-I-Studie gegangen.
57Der Sachverständige hat dazu ausgeführt:
58„Aufgrund der sog. Maastricht-Studie kann bei dem Wert von 2,0 ng THC/ml Blutserum gesagt werden, dass es bei bestimmten verkehrsrelevanten Parametern zu einer signifikanten Verschlechterung der Leistung kommt. Andere Studien sind zu anderen, insbesondere höheren Werten gekommen. Auch bei gemessenen Werten von unter 2 ng THC/ml Blutserum ist es nicht ausgeschlossen, dass es zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit kommt. Die Empfehlung der Grenzwertkommission sollte insofern mit der Nennung des Wertes von 2 ng THC/ml Blutserum als Wert für die früheste Wirkung lediglich die Lesart der sog. Maastricht-Studie durch das Bundesverwaltungsgericht korrigieren.“
59Zu dieser Studie hat er erläutert:
60„Es kann bei einem THC-Wert unterhalb von 2,0 ng THC/ml Blutserum nicht festgestellt werden, ob durch diese Einwirkung das Leistungsverhalten des Betroffenen sich verschlechtert hat. Dies beruht auf dem Umstand, dass auch ein Placebokonsument Fehler in einem Umfang machen kann, der sich von der Fehlerrate eines Konsumenten von THC, dessen Konzentration unterhalb von 2 ng THC/ml Blutserum liegt, nicht unterscheidet.“
61Vor diesem Hintergrund liegt der maßgebliche Aussagegehalt der Passage
62„Eine Leistungseinbuße ließ sich in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen …“
63in der Empfehlung der Grenzwertkommission darin, dass unterhalb dieses Wertes aufgrund der sog. Maastricht-I-Studie Leistungseinbußen nach naturwissenschaftlichen Standards nicht nachgewiesen sind.
64Dies deckt sich mit den Zusammenfassungen der Ergebnisse der Studie selbst durch die beteiligten Wissenschaftler:
65„Bei Werten von 5-30 ng/ml waren signifikante Beeinträchtigungen der Probanden in allen Tests feststellbar. Im Bereich von 2-5 ng/ml waren signifikante Beeinträchtigungen nur noch im feinmotorischen Test (CCT) messbar. Zwischen 1-2 ng/ml waren Beeinträchtigungen im feinmotorischen Bereich auch hier nicht mehr signifikant. (…) Beim CCT war unter 2 ng/ml lediglich noch eine nicht signifikante Tendenz zu einer Beeinträchtigung zu erkennen. Unter 1 ng/ml ließen sich keine Unterschiede in der Leistung zwischen THC-Konsum und Placebo feststellen.“
66Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, in: Blutalkohol 43 (2006), 361, 368; sowie Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) aa) Rn. 142.
67Demnach ist bei unter 2 ng THC/ml Blutserum eine Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen.
68Es ist jedenfalls wissenschaftlich umstritten, ab welchem Grenzwert von einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Dies beruht insbesondere darauf, dass gesicherte Erfahrungswerte zu Dosis-Blutkonzentrations-Wirkungsbeziehungen für Drogen – insbesondere THC – durch die medizinisch-naturwissenschaftliche Forschung derzeit nicht bereitgestellt werden können. So ist es trotz mehrfacher Forschungsaufträge bislang nicht gelungen, aus wissenschaftlicher Sicht einen Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit festzulegen. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass eben die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schon oberhalb eines Grenzwertes von 1 ng THC/ml im Blutserum nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
69Vgl. dazu Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, C. III. 4. b) Rn. 32 und 59 („auch Wirkgrenzen nach unten nicht sicher definierbar“)¸ sowie allgemeiner Maatz, Fahrtüchtigkeit nach Drogenkonsum, Blutalkohol 43 (2006), 451 ff.; vgl. auch die umfassenden Ausführungen in VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3274/11 –, juris Rn. 41, 47 ff.
70In Auswertung der sog. Maastricht-I-Studie stellt beispielsweise Möller zu dem Vorschlag, gesetzlich in § 24a Abs. 1 StVG einen Grenzwert für ordnungswidriges Handeln bei 5 ng/ml festzuschreiben, fest:
71„Hierbei wurde nicht berücksichtigt, dass bei Gelegenheitskonsumenten durchaus die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende Wirkungen bei THC-Konzentrationen auftreten können, die im Bereich von 1-2 ng/ml liegen und im Bereich von 2-5 ng/ml signifikant sind. Ein unterer Grenzwert sollte daher in jedem Fall bei 1 ng/ml liegen.“
72Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) dd) Rn. 158a.
73In dieselbe Richtung geht die Äußerung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung:
74„Wie auch bereits bei meinen Ausführungen zum Beschluss der Grenzwertkommission zu § 24a StVG dargelegt, ist unter Umständen auch bereits bei 1 ng THC/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen.“
75b) Die zweite zentrale Aussage der Empfehlung der Grenzwertkommission ist nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass bei einem Wert von 1 ng THC/ml Blutserum nicht zwingend darauf geschlossen werden könne, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden erfolgt sei. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt:
76„Bezüglich des Sachverhalts, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 3/13 zugrunde lag, ist darauf hinzuweisen, dass die Aussage des Konsumenten, der angibt, vor 24 Stunden letztmalig konsumiert zu haben, und bei dem die Blutuntersuchung ergibt, dass noch THC im Blut von über 1 ng/ml vorhanden ist, nicht zwingend die Schlussfolgerung erlaubt, dass es einen weiteren Konsumakt zwischen dem zugestandenen Konsum und der Abnahme der Blutprobe gegeben haben muss. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, wie hoch konzentriert/dosiert der einen Tag zuvor aufgenommene Wirkstoff war.“
77Erläuternd hat der Sachverständige hierzu erklärt, dass aufgrund der Halbwertzeiten, die im Laufe des Abbauprozesses stetig höher würden und am Ende auf bis zu 24 Stunden ansteigen könnten, zwar 2 ng THC/ml Blutserum relativ schnell unterschritten würden, gerade im Bereich von 1 ng THC/ml Blutserum die Kurve aber sehr lang quasi parallel zu diesem Wert verlaufen könnte. Das Zeitfenster sei dementsprechend nicht so eng zu setzen. Selbst bei einem „normalen Joint“ müssten 24 Stunden angesetzt werden, um sicher zu sein, dass der Wert wieder unter 1 ng THC/ml Blutserum liege.
78Die zweite maßgebliche Aussage der Empfehlung der Grenzwertkommission betrifft nach diesen Ausführungen also die Frage, aus welchem THC-Wert – jedenfalls beim gelegentlichen Konsumenten – auf einen zeitnahen Cannabiskonsum geschlossen werden kann. Darauf aufbauend hat die Grenzwertkommission dann den Grenzwert von 3 ng THC/ml Blutserum vorgeschlagen, bei dessen Vorliegen auf mangelndes Trennungsvermögen im Sinne der Nichteinhaltung ausreichender Wartezeiten geschlossen werden könne.
79Dieses auf die Einhaltung ausreichender Wartezeiten zwischen Konsum und Fahrtantritt abstellende Verständnis von Trennvermögen hat sie auch im zweiten Satz des ersten Absatzes ihrer Empfehlung vorangestellt. Dort heißt es:
80„Als Voraussetzung für die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten wird die Einhaltung ausreichender Wartezeiten zwischen Konsum und Fahrtantritt gefordert (Trennungsvermögen, vgl. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV).“
81Dazu hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:
82„Wenn das Trennvermögen so definiert wird, dass ein solches nicht vorliegt, wenn nach 4 bis 6 Std. Abstinenz ein bestimmter Grenzwert immer noch nicht unterschritten ist, so müsste dieser auf 3 ng THC/ml Blutserum festgesetzt werden. Dies entspricht der Empfehlung der Grenzwertkommission.“
83„Die Grenzwertkommission ist nicht dazu berufen, den Begriff des Trennens zu definieren. Wir haben in unserer Empfehlung das Verständnis vom Trennungsvermögen aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 3/13 herausgelesen. Unter Zugrundlegung dieses Verständnisses haben wir dann unsere Empfehlung herausgegeben. Bei einer anderen Definition könnte es beim Wert von 1 ng THC/ml Blutserum verbleiben.“
84Und weiter:
85„Bereits bei 1 ng THC/ml Blutserum kann es zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen. Bezüglich des fehlenden Trennvermögens stellt die Grenzwertkommission hingegen auf 3 ng THC/ml Blutserum ab. Läge ein Trennen von Konsum und Fahren dann noch vor, wenn der Fahrer damit rechnen muss bzw. kann, dass noch wirkaktives THC in seinem Körper ist, dann würde derselbe Grenzwert wie der, der für § 24a StVG von der Grenzwertkommission festgelegt wurde, gelten.“
86Daraus folgt für die juristische Bewertung einerseits, dass in Fällen, bei denen lediglich ein gelegentlicher Konsum vorliegt und eine Konzentration von 3 ng THC/ml Blutserum oder mehr gemessen wird, vom Fahren unter einer akuten Rauschwirkung, in der Leistungseinbußen wissenschaftlich unbestritten sind, ausgegangen werden kann. Zugleich wird in diesen Fällen auch von einer subjektiv vorwerfbar kurzen Wartezeit zwischen Konsum und Fahrantritt auszugehen sein, sodass diese Fälle schon nach dem alltäglichen Wortverständnis unschwer unter den Begriff des mangelnden Trennens gefasst werden können.
87Exemplarisch hat der Sachverständige insofern auf Nachfrage folgende Bewertung getroffen:
88„Wer im Straßenverkehr angetroffen wird und während der Verkehrsteilnahme, auch wenn dies nur einmalig ist, an einer Haschzigarette zieht, kann zwischen dem Fahren und dem Konsum nicht trennen.“
89Mit der rein zeitlichen Betrachtung knüpft die Empfehlung der Grenzwertkommission aber an einen sehr engen Begriff des mangelnden Trennvermögens an und schließt – wie der Sachverständige selbst konstatiert – andererseits nicht aus, dass aus juristischer Sicht auch andere Fallgestaltungen als Ausprägung des Tatbestandes des mangelnden Trennvermögens gefasst werden.
90Nur vor diesem Hintergrund erschließt sich auch der letzte Satz der Empfehlung der Grenzwertkommission, in der es heißt:
91„Eine Neubewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Absatz 2 StVG ist nicht veranlasst.“
92Bei dem in diesem Beschluss festgesetzten Grenzwert handelt es sich zwar in erster Linie um einen analytischen Grenzwert. Er wurde aber empfohlen, „um den Nachweis der Substanz nicht völlig von der zunächst vom Gesetzgeber implizierten Wirkung zu lösen“.
93Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, C. III. 4. b) Rn. 59.
94So lässt sich auch erklären, dass der entsprechende Wert von 1 ng THC/ml Blutserum aus dem Beschluss aus dem Jahr 2002 durch die Grenzwertkommission in ihrer Empfehlung im Jahr 2007 auch in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das diesem Wert eine Aussage zur Wirkgrenze entnahm,
95BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 29,
96unverändert übernommen wurde.
97Dementsprechend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zu dem durch die Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert ausgeführt:
98„Bei 1 ng THC/ml Blutserum handelt es ich um einen rein analytischen Wert. Die Analysemethoden könnten so verfeinert werden, dass auch ein niedrigerer Wert ermittelt werden könnte. Dies würde aber im Hinblick auf die Fragestellung keinen weiteren Sinn ergeben. Bei dem Wert von 1 ng/ml handelt es sich um eine Wirkgrenze in Bezug auf § 24a StVG. Der Wert von 1 ng/ml ist insoweit zu verstehen, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besteht, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich hält.“
99Eben diese Möglichkeit einer Beeinträchtigung ist aber in rechtlicher Hinsicht wie oben dargelegt auch für die Frage des Trennens von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV maßgeblich. Der gelegentlich Cannabis konsumierende Autofahrer kann nach alledem nicht zwischen Konsum und Fahren hinreichend trennen, wenn er ein Kraftfahrzeug mit einer THC-Konzentration oberhalb eines Wertes von 1 ng/ml im Blutserum führt.
100So in Kenntnis der Empfehlung der Grenzwertkommission bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2015 – 14 L 3652/15 – und VG Münster, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 10 L 1391/15 –.
101Dies gilt selbst dann, wenn zwischen dem Konsum und der Fahrt bereits mehrere Stunden liegen, die die Annahme nahelegen könnten, dass die Wirkungsdauer des Konsumierten nicht mehr fortbesteht.
102Vgl. bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn. 70.
103Denn nicht ein bestimmter Zeitablauf zwischen Konsum und Fahren ist aus juristischer Sicht für das mangelnde Trennungsvermögen maßgeblich, sondern vielmehr – wie dargelegt – das Vorhandensein einer die Möglichkeit der verkehrsrelevanten Leistungseinbuße begründenden THC-Konzentration im Blutserum zum Zeitpunkt des Fahrens.
104Eine Erhöhung des Wertes ist auch im Hinblick auf die ebenfalls in der Empfehlung der Grenzwertkommission thematisierte Erforderlichkeit eines Sicherheitszuschlages nicht geboten. Begründet wird dieser mit den bei der konkreten Ermittlung des THC-Wertes einer einzelnen Blutprobe bestehenden Messwertschwankungen.
105Die entsprechende Passage in der Empfehlung lautet:
106„In empirischen Studien ist eine rechnerische Korrektur der Werte nicht erforderlich, da sich die Unsicherheiten der Einzelmessungen bei einer Gesamtbetrachtung der Daten herausmitteln. Um dagegen bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, wäre eine Messwertschwankung von maximal 30% zu berücksichtigen. Ein nach Studienlage bestimmter Grenzwert müsste daher mit einem entsprechenden Sicherheitszuschlag belegt werden (Beispiel: nimmt man den obigen Wert von 2,0 ng THC/ml Blutserum an, so ergäbe sich rein rechnerisch eine Entscheidungsgrenze von 2,86 ng THC/ml Blutserum).“
107Der Sachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt:
108„Der Sicherheitszuschlag von 30 % wird empfohlen, weil eine individuelle Blutprobe, in einem einzigen Labor untersucht, mit einer Messungenauigkeit von 30 % versehen ist. Dies führt dazu, dass erst ab einer gemessenen Konzentration von 2,86 ng/ml mit Sicherheit gesagt werden kann, dass derjenige, dem die Blutprobe entnommen wurde, eine Konzentration von mindestens 2,0 ng THC/ml Blutserum hatte.“
109Eine Alternative wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen, die individuellen Messunsicherheiten des jeweiligen Labors abzuziehen.
110Insofern handelt es sich bei der Frage, zu wessen Lasten entsprechende – auch bei lege artis nach den Regeln der Gesellschaft für toxikologische und forensische Chemie ermittelten Messwerten unvermeidbare – Messunsicherheiten gehen müssen, nicht um eine naturwissenschaftliche, sondern um eine wertende, originär juristische Fragestellung, die aufgrund des Normzwecks der jeweiligen Vorschrift zu beantworten ist.
111Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – ausgeführt:
112„Bei der Frage, ob solche Messungenauigkeiten einen „Sicherheitsabschlag“ erforderlich machen, handelt es sich nicht anders als bei der Bestimmung des Gefährdungsmaßstabes um eine Frage der Risikozurechnung. Es geht darum, ob die verbleibende Ungewissheit, dass der „wahre“ THC Wert nicht an der unteren sondern ebenso an der oberen Grenze dieser Schwankungsbreite liegen kann, von dem Cannabiskonsumenten, der sich nach dem Rauschmittelkonsum an das Steuer eines Kraftfahrzeugs selbst, oder aber von den anderen Verkehrsteilnehmern zu tragen ist. Da der Cannabiskonsument den Gefährdungstatbestand schafft, liegt es auf der Hand, dass die verbleibende Unsicherheit zu seinen Lasten gehen muss. Angesichts der Zielrichtung des Fahrerlaubnisrechts, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer soweit wie möglich auszuschließen, liegt in dieser Risikozuordnung eine verhältnismäßige Beschränkung seiner Rechte.
113Unabhängig davon darf nicht übersehen werden, dass die bei der Untersuchung von Blutproben nicht zu vermeidenden Messungenauigkeiten bereits bei der Festsetzung der analytischen Grenzwerte berücksichtigt worden sind, die die Grenzwertkommission in Bezug auf die in der Anlage zu § 24a StVG aufgeführten Liste der berauschenden Mittel und Substanzen vorgenommen hat. Im Beschluss der Grenzwertkommission vom 22. Mai 2007 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Grenzwerte einen Sicherheitszuschlag enthalten (Blutalk 2007, 311).
114Verbleibende Schwankungsbreiten selbst bei lege artis erfolgenden THC-Messungen müssen auch nicht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zu Gunsten des Betroffenen gehen und deshalb zu einem Sicherheitsabschlag führen. Dieser für eine strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung geltende Grundsatz kommt im Gefahrenabwehrrecht, dem die Fahrerlaubnis-Verordnung zuzurechnen ist, schon wegen dessen anderer Zielrichtung nicht zur Anwendung. Selbst für die strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung von Fahrten unter Cannabiseinfluss geht die Rechtsprechung im Übrigen davon aus, dass der gemessene THC-Wert nicht um einen Sicherheitsabschlag zu verringern ist (…).“
115Diesen Ausführungen, die in Übereinstimmung mit der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen stehen,
116vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 61 ff. m.w.N.,
117schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an.
118Hinzu kommt die Überlegung, dass üblicherweise in der Zeit zwischen der Beendigung der Fahrt durch eine Polizeikontrolle und der Blutentnahme – und erst Recht zwischen dem eigentlich relevanten Fahrtantritt und der Blutentnahme – eine deutliche Verringerung der THC-Messwerte eintritt. Wenngleich der Substanzabbau bei Cannabis im jeweiligen Einzelfall nicht konkret berechnet werden kann, steht doch außer Frage, dass er stattfindet und sich zugunsten des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers auswirkt. Soweit sich die Messungenauigkeiten zu Lasten des Betroffenen auswirken, wird dies durch diesen Umstand jedenfalls in gewissem Umfang wieder relativiert.
119Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 67.
120Nach alledem hat der Kläger durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am 28. September 2014 belegt, dass er nach dem vorgenannten Maßstab nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann. Dass der Kläger unter der Wirkung von Cannabis ein Fahrzeug geführt hat, folgt aus dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 28. Oktober 2014, aus dem sich ergibt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme am 28. September 2014 unter THC-Einfluss stand. Das toxikologische Gutachten hat für die dem Kläger entnommene Blutprobe eine THC-Konzentration von 1,1 ng/ml Blutserum ergeben.
121Zwar gelten die in der Anlage 4 zur FeV vorgenommenen Bewertungen nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 3 Satz 1 (nur) für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich (Nr. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zu Anlage 4). Dabei obliegt es im Einzelfall dem Rechtsschutzsuchenden, solche Tatsachen geltend zu machen.
122Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 2003 – 1 B 206/03 –, juris Rn 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2002 – 10 S 835/02 –, juris Rn 6.
123Atypische Umstände in der Person des Klägers, die ein Abweichen von der normativen Regelfallannahme der Nichteignung begründen könnten, sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
124Für eine Wiedererlangung der Fahreignung im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides ist nichts ersichtlich. Der nachgewiesene Abstinenzzeitraum muss hinreichend lang sein. Des Weiteren ist ein Nachweis notwendig, dass eine hinreichend stabile Verhaltensänderung eingetreten ist und daher für die Folgezeit eine günstige Prognose getroffen werden kann.
125Vgl u.a. OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2006 – 16 B 1538/06 –, juris, Rn. 13 m.w.N.
126Hier fehlt es schon an einem Nachweis über einen hinreichend langen Abstinenzzeitraum vor dem Erlass der Ordnungsverfügung.
127Ein Ermessen stand der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu, sodass entsprechende Erwägungen zu Recht unterblieben sind.
128Die in dem Bescheid enthaltene Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG. Die zugehörige Zwangsgeldandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
129Die Festsetzungen der Gebühren und Auslagen sind ebenfalls rechtmäßig. Die Gebührenfestsetzung findet ihre Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,00 € hält sich in dem von § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Nr. 206 der Anlage zu § 1 GebOSt gesetzten Rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. Für die Meldung an das Zentrale Fahrerlaubnisregister konnte nach Nr. 126.2 der Anlage zu § 1 GebOSt 1,00 € angesetzt werden. Die Auslagen in Form von Zustellkosten in Höhe von 3,45 € sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt von dem Kläger zu tragen.
130Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Absatz 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München
Der Antragsteller
1. legt dem Landratsamt M. a. Inn zum Nachweis seiner zurückliegenden Drogenfreiheit binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses ein Gutachten einer neutralen, qualitätsgesicherten Stelle (Einhaltung der CTU-Kriterien der Beurteilungskriterien) über eine Haaranalyse eines kopfhautnahen drei Zentimeter langen Haarstücks auf Cannabinoide vor,
2. legt dem Landratsamt M. a. Inn zum Nachweis seiner aktuellen Drogenfreiheit binnen sechs Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses ein Gutachten einer neutralen, qualitätsgesicherten Stelle (Einhaltung der CTU-Kriterien der Beurteilungskriterien) über eine unangekündigte Urinanalyse auf Tetrahydrocannabinol (THC) und THC-COOH-Glucuronid vor,
3. legt dem Landratsamt M. a. Inn binnen acht Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor, mit dem geklärt wird, ob er trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie der bekannten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 (FE-Klasse B mit Unterklassen) sicher führen kann, insbesondere ob nicht zu erwarten ist, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis führen wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Antragsteller zu einem Drittel und der Antragsgegner zu zwei Dritteln.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass
- 1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, - 2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder - 3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn
- 1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war, - 2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder - 3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.
(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.
(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.