Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Okt. 2018 - M 5 E 18.1230
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung untersagt, die an der Hochschule für angewandte Wissenschaften … ausgeschriebene W2-Professur für Französisch mit den Schwerpunkten Wirtschaftsfranzösisch und Kultur- und Länderstudien des frankophonen Raums (Kennziffer …) mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 33.872,28 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
„geb. (…), ist derzeit als akademischer Mitarbeiter (50%) an der Pädagogischen Hochschule K. beschäftigt. Er präsentierte eine akribisch geplante Stunde, die freilich nicht durchgeführt, sondern nur beschrieben wurde. Der Vortrag von Herrn Dr. [Antragsteller] ließ eine wissenschaftliche Qualität vermissen. Zudem war sein Auftreten im Vortrag nicht durchweg ansprechend, in der Probestunde, die vom Blatt abgelesen wurde, war es sogar in hohem Maße unangemessen. Insgesamt wirkte Herr Dr. [Antragsteller] ängstlich und gehemmt. Herr Dr. [Antragsteller] ist für die Besetzung fachlich, pädagogisch und persönlich [Kursivdruck im Original] nicht geeignet.“
„Die beiden Vorträge von [Antragsteller] (Wahlthema: über den Umfang mit Franzosen - ein Beispiel für interkulturelle Kommunikation) wurden abgelesen oder manuskriptnah vorgetragen. Die Themendarstellung wird für eine Professur als nicht brauchbar eingeschätzt. (…) Als nicht geeignet werden bewertet (…) und [Antragsteller] aufgrund der für eine Professur nicht hinreichenden Themendarstellung.“
„Auch CB, [Antragsteller] und RS haben viele Jahre unterrichtet, (…) [Antragsteller] auch deutsche Sprache (…). Bei den Vorträgen von [Antragsteller] fielen eine nicht geeignete Visualisierung und das vom Manuskript ablesende Vortragen einer didaktischen Unterrichtskonzeption, die mit einer subjektiv als leicht ermüdend empfundenen Sprechweise verbunden waren, auf. (…) Als nicht geeignet werden bewertet (…) und [Antragsteller] aufgrund der nicht geeigneten Didaktisierung.“
„[Antragsteller] wirkt beim Probelehrvortrag sehr zurückhaltend und verhalten. Er vermittelt keinen „professorablen“ Eindruck. (…) Als nicht geeignet wird [Antragsteller] eingeschätzt.
Am 10. April 2017 beschloss der Berufungsausschuss eine Berufungsvorschlagsliste für die streitgegenständliche Stelle mit insgesamt drei Plätzen, deren ersten Platz die Beigeladene belegt. Der Antragsteller wurde als nicht listenfähig befunden und aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ausgeschieden. In dem Protokoll der Sitzung des Berufungsausschusses vom 10. April 2017 (Bl. 41 d. Verfahrensakte BV 1338) heißt es dazu unter „TOP 2 Besprechung der Probelehrveranstaltung“:
„In dieser Sitzung werden [die Probelehrveranstaltungen] noch einmal zusammenfassend erörtert. (…) Von den fünf angetretenen KanditatInnen sind drei listenfähig. Die KanditatInnen Nr. 21 und Nr. 42 konnten in den Lehrproben nicht überzeugen und werden einstimmig als nicht listenfähig angesehen. Über die drei listenfähigen KandidatInnen wird ein Meinungsbild erstellt, das folgende Einschätzungen ergibt: (…).“
„Unter Berücksichtigung der Gutachten von Herrn Prof. Dr. M und Herrn Prof. Dr. D, des Gutachtens der Studiendekanin, der Stellungnahme der Studierendenvertreterin und des Gutachtens der Personalberaterin erstellt der Berufungsausschuss folgende Vorschlagsliste: 1. (…)“
dem Antragsgegner vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die an der Hochschule für angewandte Wissenschaften … ausgeschriebene W2-Professur für Französisch mit den Schwerpunkten Wirtschaftsfranzösisch und Kultur- und Länderstudien des frankophonen Raums (Kennziffer 1338) bis zur Durchführung einer erneuten Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durch einen Mitbewerber oder eine Mitbewerberin zu untersagen.
II.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Okt. 2018 - M 5 E 18.1230
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Okt. 2018 - M 5 E 18.1230
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Okt. 2018 - M 5 E 18.1230 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger beansprucht Schadensersatz wegen seiner Nichtberücksichtigung bei der Besetzung einer Professur durch die beklagte Universität.
- 2
-
Der 1957 geborene Kläger steht seit 2002 als Beamter im Dienst der ... und ist dort an einer Hochschule als Professor tätig.
- 3
-
Anfang 2008 schrieb die Beklagte die Stelle einer "W 3-Professur für Kriminologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht" zur Wiederbesetzung aus. Nach der Ausschreibung sollte der Bewerbung auch ein Schriftenverzeichnis beigefügt werden.
- 4
-
In seinem mit der Bewerbung vorgelegten Schriftenverzeichnis führte der Kläger neben den bereits veröffentlichten Arbeiten auch einige "im Erscheinen" befindliche Arbeiten auf, darunter auch Beiträge zu einem Strafrechtskommentar.
- 5
-
Die Beklagte bildete zur Wiederbesetzung der Professur eine Berufungskommission. Auf ihrer ersten Sitzung schied die Kommission von den insgesamt 26 Bewerbern zunächst 16 Kandidaten aus. Der Kläger verblieb im Bewerberfeld. Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass der Kläger bisher wenig im Bereich Strafrecht gearbeitet habe. Sie beschloss, die dogmatische Qualifikation des Klägers weiter zu prüfen und ihn in die engere Wahl zu ziehen.
- 6
-
In ihrer Sitzung vom 7. Mai 2008 wählte die Berufungskommission sechs Bewerber für einen Probevortrag aus. Hierzu gehörte der Kläger nicht. Im Sitzungsprotokoll ist zur Begründung ausgeführt, die schriftlichen Arbeiten des Klägers seien hauptsächlich zwei Gebieten zuzuordnen. Die Arbeiten seien wenig kritisch und wenig überzeugend. Der Kläger sei strafrechtsdogmatisch nicht ausgewiesen. Im Anschluss an die Probevorträge der ausgewählten Kandidaten empfahl die Kommission einen Berufungsvorschlag, der zwei Einzelvorschläge enthielt. Die Fakultätskonferenz der Beklagten beschloss diese Vorschlagsliste, das Rektorat stimmte dem Vorschlag am 19. August 2008 zu.
- 7
-
Mit Schreiben vom 11. September 2008 teilte der Dekan des Fachbereichs dem Kläger mit, dass er auf der Berufungsliste nicht berücksichtigt worden sei. Zudem wurden die beiden platzierten Bewerber benannt. Der Kläger erhob gegenüber der Beklagten Einwendungen gegen seine Nichtberücksichtigung. Daraufhin erläuterte die Beklagte die Auswahlentscheidung mehrfach schriftlich. Der Kläger erhob am 21. November 2008 Widerspruch gegen die Ablehnung seiner Bewerbung und begründete diesen umfangreich Mitte Januar 2009. In seinen Schreiben bat der Kläger mehrfach um Unterrichtung über eine etwa bevorstehende Ernennung und behielt sich einen Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz vor.
- 8
-
Entsprechend dem Beschluss des Rektorats vom 19. August 2008 erteilte der Rektor der Beklagten dem erstplatzierten Bewerber einen Ruf. Letztendlich scheiterten jedoch die Verhandlungen mit diesem Bewerber, sodass dem zweitplatzierten Bewerber der Ruf erteilt wurde. Nach Abschluss der Verhandlungen wurde der zweitplatzierte Bewerber am 26. Februar 2009 ernannt, ohne dass der Kläger zuvor auf die bevorstehende Ernennung hingewiesen worden war.
- 9
-
Die im April 2009 gestellten Anträge des Klägers, ihn zum nächstmöglichen Zeitpunkt zum Professor für Kriminologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht der Besoldungsgruppe W 3 zu ernennen und ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als wäre er hierzu bereits am 26. Februar 2009 ernannt worden, lehnte die Beklagte ab.
- 10
-
Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm das Amt eines Professors der Besoldungsgruppe W 3 zu übertragen, die Beklagte zu verpflichten, ihn so zu stellen, als wäre er bereits mit Wirkung vom 26. Februar 2009 zum Professor der Besoldungsgruppe W 3 berufen worden und den sich daraus ergebenden Unterschiedsbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 12. November 2009 zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über seine Bewerbung um die Stelle eines Professors der Besoldungsgruppe W 3 erneut zu entscheiden und weiter hilfsweise festzustellen, dass die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
- 11
-
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er im Februar 2009 zum Professor der Besoldungsgruppe W 3 ernannt worden, und den sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbetrag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. November 2009 zu verzinsen. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- 12
-
Einen Anspruch auf Ernennung habe der Kläger nicht. Er könne aber Schadensersatz verlangen. Denn die Beklagte habe seinen Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt. Die Entscheidung der Berufungskommission, den Kläger nicht zu einem Probevortrag einzuladen, weil er strafrechtsdogmatisch nicht ausgewiesen sei, sei auf einer unzureichenden Erkenntnisgrundlage getroffen worden und deshalb ermessensfehlerhaft. Die Kommission der Beklagten habe bei der Beurteilung der fachlichen Qualifikation des Klägers im Bereich des Strafrechts dessen Beiträge für einen Kommentar unberücksichtigt gelassen. Für die sachgerechte Beurteilung der von einem Bewerber in einem Rechtsgebiet erbrachten fachlichen Leistungen sei es unerheblich, ob die Kommentierung bereits veröffentlicht sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die schriftliche Arbeit, wie hier, bereits abgeschlossen sei und ihre Veröffentlichung zeitnah anstehe. Hätte die Berufungskommission die Kommentierungen berücksichtigt, hätte der Kläger auch ernsthafte Ernennungschancen gehabt. Dieser habe es auch nicht schuldhaft unterlassen, sich gegen die Ernennung des zweitplatzierten Bewerbers zu wenden.
- 13
-
Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,
-
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2014 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2011 in vollem Umfang zurückzuweisen.
- 14
-
Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 15
-
Die Revision der Beklagten ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
- 16
-
Revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) verletzt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Beklagte habe den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl dadurch schuldhaft verletzt, dass die Berufungskommission bei ihrer Entscheidung, den Kläger nicht zu einem Probevortrag einzuladen und ihn damit aus dem Bewerbungsverfahren auszuschließen, dessen Beiträge zu einem noch nicht veröffentlichten Kommentar nicht berücksichtigt habe. Ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden.
- 17
-
1. Auch beim Statusamt eines Professors an einer Universität hat sich die Auswahlentscheidung nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu richten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 3606/13 - NVwZ 2014, 785 Rn. 15 ff.). Dementsprechend gelten auch hier die Grundsätze zum Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs.
- 18
-
Ein Bewerber kann vom Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtberücksichtigung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe des Amtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Bewerbers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Auswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichtberücksichtigung des Bewerbers kausal war und wenn es dieser nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>, vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 25. Februar 2010 - 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 Rn. 16, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 12).
- 19
-
Zu Recht hat der Kläger seinen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Nach dem zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblichen Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2006 (GV. NRW. S. 474 - HG NW -), geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 744), ist die Universität, eine vom Land Nordrhein-Westfalen getragene, rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Als Dienstherrin der Professoren entscheidet sie ohne Beteiligung des Landes über die Besetzung der Professuren.
- 20
-
Das Auswahlverfahren der Hochschullehrer bestimmt die eigentlichen Träger der freien Forschung und Lehre innerhalb der Universität und ist deshalb mit der Garantie der Wissenschaftsfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG besonders eng verknüpft (BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR 424/71 u.a. - BVerfGE 35, 79 <133 f.>). Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, der Wissenschaft, Forschung und Lehre für frei erklärt, ist eine objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm. Zugleich gewährt sie jedem, der in diesem Bereich tätig ist, ein individuelles Freiheitsrecht (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvR 79/70 u.a. - BVerfGE 43, 242 <267 ff.>). Der Hochschule steht grundsätzlich eine verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zu (BVerwG, Urteil vom 9. Mai 1985 - 2 C 16.83 - Buchholz 421.20 HochschulpersonalR Nr. 14 S. 12). Dementsprechend kann die Auswahlentscheidung gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und ob der Beurteilungsspielraum überschritten worden ist, etwa weil die Entscheidung ersichtlich auf der Verkennung von Tatsachen oder auf sachfremden Erwägungen beruht.
- 21
-
Es begegnet im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG keinen Bedenken, wenn eine Universität die maßgebliche Entscheidung über die Vergabe des Statusamts eines Professors durch Gremien vorbereiten lässt, sofern diese vorbereitenden Schritte - wie etwa die Bestimmung der zu einem Probevortrag einzuladenden Bewerber oder die Bewertung dieser Probevorträge - ihrerseits den verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 3606/13 - NVwZ 2014, 785 Rn. 20 für den Fall der Verbindung des Vorschlagsrechts der Hochschule mit dem staatlichen Berufungsrecht).
- 22
-
Maßgeblich sind hier die Vorgaben der aufgrund von § 2 Abs. 4 Satz 1 und § 38 Abs. 4 Satz 1 HG NW erlassenen Berufungsordnung der Beklagten vom 15. Januar 2008 (- BO -). Danach empfiehlt die jeweils für die Vergabe einer Professur gebildete Berufungskommission einen Berufungsvorschlag (§ 6 Abs. 1 BO), über den die Fakultätskonferenz zu beschließen hat (§ 8 BO). Die endgültige Entscheidung obliegt nach § 10 BO dem Rektorat der Beklagten.
- 23
-
Dementsprechend setzt das abgestufte Verfahren voraus, dass die für die Zwischenstufen zuständigen Gremien ihre Entscheidungen jeweils auf einer ausreichenden Erkenntnisgrundlage treffen. Maßgeblich hierfür sind die Vorgaben, die sich aus der konkreten Ausschreibung durch die Universität ergeben. Diese kann durch die Berufungskommission nicht abgeändert werden. Gegenstand der hier maßgeblichen Ausschreibung ist eine Professur für "Kriminologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht". Im Bereich der akademischen Lehre sollen nach der Ausschreibung die Bereiche "Kriminalwissenschaften" und "Strafverteidigung" den Schwerpunkt bilden. Entsprechend dieser Festlegung durch die Beklagte hatte die Berufungskommission bei der Bestimmung derjenigen Bewerber, die zu einem Probevortrag eingeladen werden sollten, in erster Linie diejenigen bisherigen wissenschaftlichen Leistungen der Bewerber zu würdigen, die Auskunft über ihr Leistungsvermögen in diesen Bereichen geben konnten.
- 24
-
Wegen der zulässigen gestaffelten Beteiligung von verschiedenen Gremien der Beklagten, die Empfehlungen für einen Berufungsvorschlag abgeben, diesen beschließen oder die endgültige Auswahlentscheidung treffen, nimmt das Verfahren zur Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle als Hochschullehrer regelmäßig erhebliche Zeit in Anspruch. Angesichts dieser Verfahrensgestaltung ist es zulässig, hinsichtlich des von den Gremien zu würdigenden Schrifttums eines Bewerbers zur Beurteilung seiner fachlichen Eignung auf diejenigen Arbeiten abzustellen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt, der einen sachlichen Anknüpfungspunkt im Auswahlverfahren hat, bereits veröffentlicht sind. Denn erst mit der Veröffentlichung stehen diese Schriften der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung und können Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung sein, die Aufschluss über die fachliche Eignung eines Bewerbers geben kann. Die beteiligten Gremien sind während eines Auswahlverfahrens nicht gehalten, den jeweiligen Wissenschaftsbereich fortlaufend daraufhin zu beobachten, ob einer der Bewerber eine weitere wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht hat. Andernfalls wäre die abschließende Auswahlentscheidung schwierig zu treffen. Denn dann müssten beim Erscheinen eines neuen, unter Umständen ergebnisrelevanten wissenschaftlichen Beitrags eines Bewerbers die bisher getroffenen Zwischenentscheidungen regelmäßig wieder aufgehoben und das Verfahren in den früheren Zustand zurückversetzt werden, um die bisherige Zwischenentscheidung im Lichte des neuen schriftlichen Beitrags des Bewerbers zu überprüfen.
- 25
-
Nach Maßgabe dieser Grundsätze verletzt die Vorgehensweise der Berufungskommission der Beklagten, die Beiträge des Klägers zu einem Strafrechtskommentar bei ihrer Entscheidung, ob der Kläger zu einem Probevortrag eingeladen wird, unberücksichtigt zu lassen, nicht die verfahrensrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG. Denn dieser Kommentar war nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zum Zeitpunkt der Bestimmung derjenigen Bewerber, die zu einem Probevortrag eingeladen werden sollten, noch nicht erschienen.
- 26
-
2. Dem Begehren des Klägers auf Schadensersatz steht nicht der Einwand entgegen, er habe es schuldhaft unterlassen, die Ernennung des zweitplatzierten Bewerbers durch behördliche oder gerichtliche Rechtsbehelfe zu verhindern.
- 27
-
Ein Wahlrecht des Bewerbers zwischen alsbaldigem Primärrechtsschutz gegen eine seiner Auffassung nach rechtswidrige, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzende Auswahlentscheidung und einem späteren Schadensersatzbegehren besteht nicht. Der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB ist auf den Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs zu übertragen. Der zu Unrecht nicht ausgewählte Bewerber kann Schadensersatz für die Verletzung seines Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG nur dann beanspruchen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er rechtliche Schritte gegen den Vollzug der Auswahlentscheidung eingeleitet hat (BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 48 und vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 11 m.w.N.).
- 28
-
a) Zwar hat der Kläger gegen die Ablehnung seiner Bewerbung vor der Ernennung des zweitplatzierten Bewerbers Widerspruch erhoben. Dieser Widerspruch war jedoch unstatthaft, weil der Landesgesetzgeber das Vorverfahren insoweit zulässigerweise ausgeschlossen hatte (§ 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG i.V.m. § 179a LBG NW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung vom 9. Oktober 2007, GV. NRW. S. 393).
- 29
-
b) Auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblichen Rechtsprechung des Berufungsgerichts kann dem Kläger aber nicht i.S.v. § 839 Abs. 3 BGB angelastet werden, im Zeitraum von der Bekanntgabe der vom Rektorat beschlossenen Berufungsliste am 11. September 2008 bis zur Ernennung des zweitplatzierten Bewerbers am 26. Februar 2009 beim Verwaltungsgericht keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt zu haben, der Beklagten die Ernennung eines der auf der Liste genannten Bewerbers vorläufig zu untersagen.
- 30
-
aa) Es entspricht sowohl dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes als auch dem Gebot der Effektivität des Verfahrens zur Besetzung der Stelle eines Hochschullehrers, dass vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz im Anschluss an die verbindliche Bestimmung der gelisteten Bewerber durch das hierfür maßgebliche Gremium und die Bekanntgabe dieser Entscheidung sowie der maßgeblichen Auswahlerwägungen in Anspruch zu nehmen ist. Maßgeblich ist insoweit grundsätzlich die sog. "Konkurrentenmitteilung", in der die Verwaltung den vollständigen Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch die Bekanntgabe der erfolgreichen Person verbunden mit der ablehnenden Bescheidung der weiteren Bewerber zum Ausdruck bringt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 3606/13 - NVwZ 2014, 785 Rn. 19 f.). Durch den Beschluss des Rektorats über den Berufungsvorschlag nach § 10 BO bindet sich die Beklagte insoweit, als nur die dort aufgeführten Bewerber für die Vergabe der Stelle in Betracht kommen. Führen die nach der Reihenfolge der Liste zu führenden Berufsverhandlungen mit den Bewerbern nicht zum Erfolg, ist diese Ausschreibung gescheitert.
- 31
-
Die vorstehende Aussage zur Pflicht des nicht berücksichtigten Bewerbers, unmittelbar nach Bekanntgabe der verbindlichen Auswahlentscheidung einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen, gilt sowohl für die hier gegebene Konstellation, dass die Universität autonom über die Besetzung der Professur entscheidet, als auch für die Fallgestaltung, in der das Vorschlagsrecht der Hochschule und das staatliche Berufungsrecht miteinander verbunden sind. Maßgeblich ist in diesem Fall die Auswahlentscheidung des zuständigen Organs des Landes, das Dienstherr der Professoren ist.
- 32
-
Der im Verfahren unterlegene Bewerber hat Anspruch auf eine verbindliche Information durch den Dienstherrn über das Ergebnis des Auswahlverfahrens, damit er nicht Gefahr läuft, ein Rechtsmittel auf ungesicherter tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage zu ergreifen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>; BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - 2 C 26.03 - NVwZ 2004, 1257). Dem erfolglosen Bewerber ist nicht nur der Name des ausgewählten Bewerbers bekanntzugeben, sondern es sind ihm jedenfalls auf sein Verlangen hin die für die Auswahlentscheidung wesentlichen Erwägungen mitzuteilen oder zumindest im Wege der Akteneinsicht zugänglich zu machen. Die Mitteilung soll den unterlegenen Bewerber in die Lage versetzen, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Im Umkehrschluss folgt aus diesen allgemeinen Anforderungen an die Konkurrentenmitteilung aber auch, dass der unterlegene Bewerber gerichtlichen Eilrechtsschutz grundsätzlich in Anspruch nehmen kann und zur Wahrung seiner rechtlichen Interessen auch muss, wenn er Zugang zu diesen Informationen hatte und die Ernennung des vom Dienstherrn ausgewählten Bewerbers derzeit jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint.
- 33
-
Dass gerichtlicher Eilrechtsschutz unmittelbar im Anschluss an die Bekanntgabe der Auswahlentscheidung sowie der maßgeblichen Erwägungen zu beantragen ist, entspricht der Interessenlage aller Beteiligten eines beamtenrechtlichen Auswahlverfahrens, und zwar auch in der hier gegebenen besonderen Fallkonstellation des zeitaufwändigen Verfahrens zur Vergabe einer Professur an einer Universität. Sollte der Bewerbungsverfahrensanspruch eines auf der Liste nicht berücksichtigten oder dort nur nachrangig geführten Bewerbers tatsächlich verletzt worden sein, ist es nicht sinnvoll, dass die Universität die mitunter langwierigen Verhandlungen über die Annahme des Rufes der Universität mit unter Umständen mehreren Bewerbern bis kurz vor die Ernennung fortführt und erst dann die Möglichkeit der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes als eröffnet angesehen wird. Den rechtlichen Interessen der Beteiligten ist eher gedient, wenn einem unterlegenen Bewerber die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes bereits dann möglich ist, wenn ihm die Namen der ausgewählten Bewerber und die Gründe der Auswahlentscheidung bekannt gegeben worden sind. Dann erübrigen sich die Berufungsverhandlungen mit den gelisteten Bewerbern, weil die Ernennung eines der gelisteten Bewerber auf der Grundlage der fehlerhaften Auswahlentscheidung der Universität ausscheidet.
- 34
-
bb) Im konkreten Fall kann dem Kläger aber im Hinblick auf § 839 Abs. 3 BGB nicht angelastet werden, im Zeitraum bis zur Ernennung des zweitplatzierten Bewerbers am 26. Februar 2009 keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt zu haben, um der Beklagten dessen Ernennung vorläufig zu untersagen. Denn das Oberverwaltungsgericht ging in seiner Rechtsprechung im Frühjahr 2008 davon aus, dass der für einen Antrag nach § 123 VwGO erforderliche Anordnungsgrund erst gegeben ist, wenn dem unterlegenen Bewerber seitens der Universität mitgeteilt wird, dass die Verhandlungen über die Annahme des Rufes mit einem der gelisteten Bewerber abgeschlossen sind und dessen Ernennung unmittelbar bevorsteht.
- 35
-
Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 3. April 2008 - 6 B 159/08 - (ZBR 2009, 60) zwar auch auf die sog. Konkurrentenmitteilung abgehoben, die hier im Schreiben des Dekans der Fakultät an den Kläger vom 11. September 2008 zu sehen ist, in der dem Kläger auch die Namen der beiden gelisteten Bewerber mitgeteilt worden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat aber deutlich gemacht (a.a.O. S. 61), dass der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren zur Benennung von Hochschulprofessoren regelmäßig erst dann gegeben ist, wenn das Verwaltungsverfahren - mit Ausnahme der Ernennung - vollständig abgeschlossen ist. Vor diesem Hintergrund kann dem Kläger zunächst nicht angelastet werden, dass er nicht schon unmittelbar nach der Konkurrentenmitteilung vom 11. September 2008 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht hat.
- 36
-
Die Beklagte hat den Kläger zudem nicht über den Abschluss der Berufungsverhandlungen mit dem dann auch ernannten zweitplatzierten Bewerber informiert. Mangels Bekanntgabe des Abschlusses der Verhandlungen durch die Beklagte konnte der Kläger somit im Februar 2009 nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragen, weil er aus seiner Sicht unverändert Gefahr lief, dass dieser Antrag - nach dem seinerzeitigen Stand der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts - mangels glaubhaft gemachten Anordnungsgrundes abgelehnt wird.
- 37
-
Die Beklagte konnte aufgrund des Verhaltens des Klägers im Anschluss an die Mitteilung vom 11. September 2008 auch nicht damit rechnen, dieser werde keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen, um der Beklagten die Ernennung eines Konkurrenten vorläufig zu untersagen. In seinen an die Beklagte gerichteten Schreiben hatte der Kläger mehrfach um eine gesonderte Mitteilung über die bevorstehende Ernennung eines Konkurrenten gebeten sowie auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes hingewiesen. Zwar enthält der Schriftsatz des Klägervertreters vom 23. Januar 2009 keinen solchen Zusatz. Dies ist aber unerheblich, weil der Kläger in diesem deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er seine Einwände gegen die Auswahlentscheidung der Beklagten aufrechterhält. In diesem Schriftsatz hat der Kläger eine Fülle von Umständen aufgelistet, die nach seiner Einschätzung die Annahme begründen, die Beklagte habe bei der Auswahlentscheidung seinen Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt.
- 38
-
3. Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht beurteilen, ob die Beklagte den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl in anderer Hinsicht schuldhaft verletzt hat und diese Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG für die unterbliebene Ernennung des Klägers kausal war. Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung musste das Berufungsgericht diese Umstände auch nicht aufklären.
- 39
-
Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Auswahlentscheidung der Berufungskommission vom 7. Mai 2008 aus einem anderen Grund rechtswidrig gewesen ist und den Kläger in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt hat. Sollte das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch für unbegründet erachten, ist auch noch über den hierauf bezogenen Hilfsantrag zu entscheiden.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.
- 2
-
Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.
- 3
-
Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.
- 4
-
Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.
- 5
-
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.
- 6
-
Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.
- 7
-
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
- 8
-
Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.
- 9
-
Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.
- 10
-
Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,
-
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
- 11
-
Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
- 12
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.
- 13
-
Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.
Entscheidungsgründe
- 14
-
Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).
- 15
-
Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.
- 16
-
Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.
- 17
-
1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.
- 18
-
Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).
- 19
-
Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.
- 20
-
Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).
- 21
-
Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).
- 22
-
Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.
- 23
-
Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.
- 24
-
Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).
- 25
-
Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.
- 26
-
Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.
- 27
-
Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).
- 28
-
Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).
- 29
-
2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.
- 30
-
Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).
- 31
-
Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.
- 32
-
Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).
- 33
-
Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:
- 34
-
Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).
- 35
-
Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).
- 36
-
Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.
- 37
-
Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.
- 38
-
Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).
- 39
-
Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.
- 40
-
Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.
- 41
-
Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.
- 42
-
Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.
- 43
-
3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.
- 44
-
Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.
- 45
-
Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).
- 46
-
Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).
- 47
-
Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35
).
- 48
-
Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.
- 49
-
Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.
- 50
-
Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.
- 51
-
Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.
- 52
-
Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.
- 53
-
Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.
- 54
-
Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).
- 55
-
Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.
- 56
-
Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.
- 57
-
Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.
- 58
-
Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).
- 59
-
4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).
- 60
-
Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).
- 61
-
Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.
Gründe
-
A.
-
I.
- 1
-
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung der Stelle des Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts in Hessen (R4); er ist insbesondere der Auffassung, das Anforderungsprofil für die ausgeschriebene Beförderungsstelle sei im Vergleich zum Anforderungsprofil für das Amt eines Vorsitzenden Richters an einem oberen Landesgericht unzutreffend festgelegt worden.
- 2
-
Ausweislich der im Justizministerialblatt für Hessen (JMBl 2005, S. 50 ff.) niedergelegten Anforderungsprofile für die Eingangs- und Beförderungsämter im richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst erfordert das Amt eines Vorsitzenden Richters (Nr. 2.3.) in der Kategorie "Ausgeprägte Fachkompetenz" (Nr. 2.3.2.) insbesondere die "Fähigkeit, auf die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers hinzuwirken" und "Erfahrung in der Verhandlungsführung". Auf die in Nr. 2.3.2. genannten Erfordernisse nimmt das Anforderungsprofil für das Amt eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts (Nr. 2.5.) keinen Bezug; dort wird in der Kategorie "Ausgeprägte Fachkompetenz" (Nr. 2.5.2.) auf die Anforderungen des Basisprofils (= Profil eines Richters oder Staatsanwaltes der Besoldungsgruppe R1, Nr. 1.2.) verwiesen, die ab einem Amt der Besoldungsgruppe R3 in besonders ausgeprägter Form vorzuliegen haben.
- 3
-
1. Das vom Beschwerdeführer nach der Ablehnung seiner Bewerbung angerufene Verwaltungsgericht entsprach seinem Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz nicht. Der vom Beschwerdeführer gezogene Schluss, es ergebe sich aus der Natur der Sache, dass an das Amt eines Vizepräsidenten, der fraglos auch die Leitung eines Senats zu übernehmen habe, in Bezug auf die Fachkompetenz keine geringeren Anforderungen zu stellen seien als an einen Vorsitzenden Richter, sei keineswegs zwingend. Dem Dienstherrn stehe hinsichtlich der Ausgestaltung des Anforderungsprofils ein weiter Organisationsspielraum zur Verfügung. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr in Ausübung dieses Spielraums seinen personalplanerischen und justizpolitischen Vorstellungen dadurch Ausdruck verleihe, dass er in Bezug auf die Besetzung eines richterlichen Spitzenamtes einschlägige Vorerfahrungen in der Fachgerichtsbarkeit ebenso wenig als unverzichtbares Merkmal des Anforderungsprofils ansehe wie Erfahrungen in der Leitung eines richterlichen Kollegialorgans, um damit "Quereinsteigern" den Zugang zu Spitzenämtern der verschiedenen Gerichtsbarkeiten zur ermöglichen.
- 4
-
2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. September 2010 zurück.
-
II.
- 5
-
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines durch Art. 33 Abs. 2 GG verbürgten Bewerbungsverfahrensrechts und beantragt zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
- 6
-
Er ist der Ansicht, der Aufgabenbereich des Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts umfasse zu gleichen Teilen Aufgaben in der Rechtsprechung als Senatsvorsitzender und Aufgaben in der Gerichtsverwaltung und sei primär ein Richteramt; der Justizverwaltung stehe insoweit kein Organisationsermessen zu. Die im Anforderungsprofil für einen Vorsitzenden Richter genannten Anforderungen seien auch für das Amt eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts objektiv erforderlich. Angesichts dessen sei das Anforderungsprofil für das Amt eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts wegen Beeinträchtigung des Grundsatzes der Bestenauslese fehlerhaft. Darüber hinaus habe der Dienstherr sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt.
-
B.
- 7
-
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie jedenfalls unbegründet ist.
- 8
-
Die angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG.
- 9
-
1. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen.
- 10
-
a) Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten oder Richter an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (vgl. BVerfGK 12, 184 <186>; 12, 265 <268>; 12, 284 <287>).
- 11
-
Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (vgl. BVerfGK 12, 184 <186>; 12, 265 <268 f.>; 12, 284 <287>).
- 12
-
b) Die Ermittlung des gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen (vgl. BVerfGE 96, 205 <211>). Maßgeblich ist insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen sind und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen ist. Die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung können vom Dienstherrn in Bezug auf den Aufgabenbereich eines konkreten Amtes durch die Festlegung eines Anforderungsprofils bereits im Vorfeld der Auswahlentscheidung konkretisiert werden.
- 13
-
Inwieweit dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt bei der Festlegung des Aufgabenbereichs eines bestimmten Amtes oder eines hierauf bezogenen Anforderungsprofils ein mehr oder weniger großer Einschätzungsspielraum zuzugestehen ist, lässt sich nicht abstrakt formulieren, sondern ist bereichsspezifisch anhand des jeweiligen Fachrechts unter Berücksichtigung grundgesetzlicher Vorgaben näher zu bestimmen. Die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils kann wegen der damit verbundenen teilweisen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachlicher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen; die Einhaltung der der Organisationsgewalt des Dienstherrn gezogenen Schranken unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGK 12, 184 <187>; 12, 265 <270>; 12, 284 <288>). Fehler im Anforderungsprofil führen grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auch auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfGK 12, 184 <188>; 12, 265 <271>; 12, 284 <289>). Im Übrigen unterliegt es nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umständen der Dienstherr im Rahmen seines Auswahlermessens das größere Gewicht beimisst (vgl. BVerfGK 12, 106 <108 f.>).
- 14
-
2. Gemessen hieran kann eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.
- 15
-
a) Das Amt eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts umfasst sowohl richterliche Aufgaben als Senatsvorsitzender als auch - in erster Linie als Vertreter des Präsidenten - Aufgaben im Rahmen der Gerichtsverwaltung; insoweit ist die Definition des Aufgabenbereichs dieses Amtes der Organisationsgewalt des Dienstherrn entzogen. In welchem Umfang dem Vizepräsidenten neben seinen richterlichen Aufgaben auch Aufgaben der Verwaltung obliegen, bemisst sich - im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen (vgl. hierzu etwa BVerfGE 38, 139 <151 ff.>; 76, 100 <106>) - nach dem einfachen Recht sowie der gerichtsinternen Geschäftsverteilung und Organisation. So bestimmt beispielsweise § 1 Abs. 2 Nr. 2 a) der Hessischen Verordnung zur Regelung der Dienstaufsicht und der Gerichtsverwaltung in der Arbeitsgerichtsbarkeit, der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Sozialgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit sowie sonstiger Zuständigkeiten in der Sozialgerichtsbarkeit vom 24. September 2007 (GVBl I S. 667), dass die Präsidentin oder der Präsident des Landessozialgerichts die Dienstaufsicht über dieses Gericht und die Sozialgerichte des Landes ausübt. Im Übrigen sind keine verfassungs- oder einfachrechtlichen Vorgaben ersichtlich, die von vornherein das Verhältnis von Richter- und Verwaltungsaufgaben eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts für den Dienstherrn verbindlich vorgeben würden.
- 16
-
Die Fachgerichte sind angesichts dessen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass es weitgehend dem Einschätzungsspielraum des Dienstherrn obliegt, ob und wenn ja welchem der beiden Aufgabenkreise eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts er bei der Formulierung des Anforderungsprofils sowie im Rahmen der anschließenden Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers besonderes Gewicht beimisst. Danach begegnet auch die Auffassung der Verwaltungsgerichte keinen Bedenken, das Justizministerium habe - unabhängig von der Frage der erst im Rahmen der Geschäftsverteilung zu entscheidenden zeitlichen Gewichtung der beiden Aufgabenkreise - die Verwaltungsaufgaben eines Vizepräsidenten für bedeutsamer als die rechtsprechenden Aufgaben ansehen dürfen.
- 17
-
Unbedenklich ist danach die Annahme der Verwaltungsgerichte, das Justizministerium habe sich in den im Runderlass formulierten Anforderungsprofilen dafür entscheiden können, nur den Kreis der Bewerber um die Stelle eines Vorsitzenden Richters insoweit einzuengen, als hierfür allein Bewerber mit Erfahrungen in der Verhandlungsführung in Betracht kommen, während für das Amt des Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts solche Vorerfahrungen nicht für erforderlich angesehen wurden.
- 18
-
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauslese liegt schließlich auch insofern nicht vor, als im Anforderungsprofil eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts nicht ausdrücklich - wie im Anforderungsprofil eines Vorsitzenden Richters - die Fähigkeit verlangt wird, auf die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers hinzuwirken. Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Verwaltungsgerichte es als sachgerecht und damit gerichtlich nicht zu beanstanden angesehen haben, dass das Justizministerium sich dafür entschieden hat, die von einem Bewerber um das Amt eines Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts zu fordernden fachlichen Fähigkeiten anders als die für das Amt eines Vorsitzenden Richters zu beschreiben und insofern das Vorliegen der (allgemeinen) juristischen Fähigkeiten eines R1-Richters in besonders ausgeprägter Form für ausreichend zu halten. Es ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nichts dafür ersichtlich, dass das Justizministerium damit den "objektiv für das Amt eines Vizepräsidenten erforderlichen Anforderungen" nicht gerecht geworden wäre.
- 19
-
b) Auch soweit die Verwaltungsgerichte die Auswahlentscheidung des Justizministeriums für ermessensfehlerfrei gehalten haben, kann kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG festgestellt werden.
- 20
-
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
- 21
-
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.
- 2
-
Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.
- 3
-
Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.
- 4
-
Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.
- 5
-
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.
- 6
-
Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.
- 7
-
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
- 8
-
Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.
- 9
-
Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.
- 10
-
Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,
-
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
- 11
-
Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
- 12
-
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.
- 13
-
Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.
Entscheidungsgründe
- 14
-
Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).
- 15
-
Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.
- 16
-
Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.
- 17
-
1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.
- 18
-
Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).
- 19
-
Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.
- 20
-
Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).
- 21
-
Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).
- 22
-
Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.
- 23
-
Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.
- 24
-
Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).
- 25
-
Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.
- 26
-
Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.
- 27
-
Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).
- 28
-
Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).
- 29
-
2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.
- 30
-
Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).
- 31
-
Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.
- 32
-
Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).
- 33
-
Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:
- 34
-
Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).
- 35
-
Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).
- 36
-
Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.
- 37
-
Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.
- 38
-
Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).
- 39
-
Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.
- 40
-
Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.
- 41
-
Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.
- 42
-
Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.
- 43
-
3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.
- 44
-
Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.
- 45
-
Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).
- 46
-
Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).
- 47
-
Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35
).
- 48
-
Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.
- 49
-
Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.
- 50
-
Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.
- 51
-
Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.
- 52
-
Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.
- 53
-
Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.
- 54
-
Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).
- 55
-
Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.
- 56
-
Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.
- 57
-
Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.
- 58
-
Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).
- 59
-
4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).
- 60
-
Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).
- 61
-
Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
-
Die Beschlüsse des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Juni 2015 - 1 B 19/15 und 1 B 24/15 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 33 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
-
Die Beschlüsse des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Juni 2015 - 1 B 19/15 und 1 B 24/15 - werden aufgehoben. Die Sache wird an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
-
Die Beschlüsse des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juli 2015 - 1 B 1204/15.R und 1 B 1205/15.R - werden gegenstandslos.
-
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
-
Die Bundesrepublik Deutschland und Land Hessen haben der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen jeweils zur Hälfte zu erstatten.
-
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 40.000,00 Euro (in Worten: vierzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
-
A.
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes in einem Konkurrentenstreit um die Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Bundessozialgericht.
-
I.
- 2
-
Die Beschwerdeführerin ist seit dem Jahr 2006 Richterin am Bundessozialgericht. Unter dem 21. August 2012 erfolgte eine Ausschreibung von drei Stellen für Vorsitzende Richterinnen/Vorsitzende Richter am Bundesozialgericht. In der Stellenausschreibung wird als Anforderung an das Amt unter anderem eine "ausgeprägte Fach-, Sozial- und Genderkompetenz" genannt. Auf die Stellen bewarben sich neben der Beschwerdeführerin unter anderem die Beigeladenen der beiden fachgerichtlichen Verfahren, Prof. Dr. S. und K.
- 3
-
In einer auf den 23. Januar 2013 datierten dienstlichen Beurteilung der Beschwerdeführerin, die der Präsident des Bundessozialgerichts verfasst hatte, hieß es, sie bringe "hinsichtlich Eignung und Befähigung sicherlich auch alle Voraussetzungen für das angestrebte Führungsamt mit". Die von ihr gezeigten Leistungen würden auf das für das Amt einer Vorsitzenden Richterin erwartete Potential "deuten". Für das Amt einer Vorsitzenden Richterin am Bundessozialgericht "erschein[e] sie nicht geeignet". In der Beurteilung des Beigeladenen Prof. Dr. S. vom gleichen Tag schloss der Präsident mit der Bemerkung, er halte diesen für das angestrebte Amt "ohne jede Einschränkung für hervorragend geeignet". Die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen K. enthielt die abschließende Bemerkung des Präsidenten, sie "erscheine" für das angestrebte Amt "hervorragend geeignet". Am 29. Januar 2013 unterbreitete der Präsident dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen Besetzungsvorschlag mit einem Ranking, das den Beigeladenen Prof. Dr. S. an erster, die Beigeladene K. an zweiter und einen weiteren Bewerber an dritter Stelle aufführte; die Beschwerdeführerin wurde in diesem Ranking nicht berücksichtigt. Nachdem die Beschwerdeführerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten an das BMAS vom 22. Februar 2013 Mängel in der Beurteilung geltend gemacht hatte, formulierte der Präsident die Beurteilung unter dem 1. Juli 2013 um, ohne dass eine Änderung des Eignungsurteils erfolgte. Die Beschwerdeführerin erfülle nach den im Referenzzeitraum gezeigten Leistungen in jeder Hinsicht die an eine Berichterstatterin gestellten Anforderungen, ohne "jedoch bereits" die für die Aufgabe einer Vorsitzenden Richterin am Bundessozialgericht geforderte ausgeprägte Fachkompetenz bewiesen zu haben.
- 4
-
Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 teilte der Präsident der Bundesministerin mit, dass er auch im Lichte der neugefassten Beurteilung an seinem Besetzungsvorschlag festhalte. Daraufhin schlug die Abteilung Z des BMAS in einer begründeten Vorlage an einen Staatssekretär und die Bundesministerin vom 12. Juli 2013 vor, den Vorschlag des Präsidenten des Bundessozialgerichts zu billigen. Die Bundesministerin entschied nach einem mehr als eineinhalbstündigen persönlichen Gespräch mit dem Präsidenten des Bundessozialgerichts am 24. September 2013, zunächst nur zwei der drei ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. In einer Gesprächsnotiz über eine persönliche Unterredung zwischen dem Ministerialdirigenten im Bundesministerium, einem Abteilungsleiter und einem Sachbearbeiter der zuständigen Fachabteilung vom 1. Oktober 2013 wurde abschließend vermerkt, dass dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten einschließlich des Rankings gefolgt werde. Die Auswahlentscheidung bestätigte die Bundesministerin mit Abzeichnung einer entsprechenden Vorlage an das Bundeskabinett und Unterzeichnung der Entwürfe von Ernennungsurkunden. Mit Schreiben des BMAS vom 9. Oktober 2013 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Stellen mit den beiden Beigeladenen zu besetzen und dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne.
- 5
-
Nach Eingang der Anträge der Beschwerdeführerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren trennte das Verwaltungsgericht Kassel mit Beschluss vom 29. Oktober 2013 das Verfahren bezüglich der Beigeladenen K. gemäß § 93 Satz 2 VwGO ab.
- 6
-
Jeweils mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 hat das Verwaltungsgericht Kassel der Antragsgegnerin im fachgerichtlichen Verfahren im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die streitgegenständlichen Stellen mit einer Mitbewerberin/einem Mitbewerber der Beschwerdeführerin zu besetzen und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Aus der Beurteilung der Beschwerdeführerin werde deutlich, dass der Präsident des Bundessozialgerichts das Merkmal der "ausgeprägten Fachkompetenz" im Sinne eines Ausschlusskriteriums gewertet habe, dessen Nichterfüllung einen Bewerber von vornherein als für das angestrebte Amt ungeeignet qualifiziere. Die fehlende Eignung der Beschwerdeführerin sei allein daraus abgeleitet worden, dass sie noch nicht die geforderte ausgeprägte Fachkompetenz unter Beweis gestellt habe. Mit dem Qualifikationsmerkmal der "ausgeprägten Fachkompetenz" stehe indes ein deskriptives Merkmal des Anforderungsprofils in Frage. Es erscheine keineswegs ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin die in dem Anforderungsprofil neben der ausgeprägten Fachkompetenz genannten weiteren Qualifikationsanforderungen möglicherweise in besonders hohem Maße erfülle und auf diese Weise einen im Vergleich zu ihren Mitbewerbern festzustellenden Nachteil in der Ausprägung ihrer Fachkompetenz ausgleichen könne. Die Beurteilung und das damit verbundene Eignungsurteil stelle damit keine hinreichend belastbare Grundlage dar, um die Beschwerdeführerin von vornherein aus dem im Rahmen des Auswahlverfahrens vorzunehmenden Leistungsvergleich auszunehmen. Hierin liege eine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG.
- 7
-
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 10. Juni 2015 die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts aufgehoben und den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Beschwerdeführerin sei zunächst nicht dadurch verletzt worden, dass die Antragsgegnerin in fehlerhafter Weise das Anforderungsmerkmal der "ausgeprägten Fachkompetenz" als konstitutives Anforderungsmerkmal im Sinne eines Ausschlusskriteriums behandelt habe. Insbesondere ergebe sich aus dem Auswahlvermerk vom 12. Juli 2013, dass die Antragsgegnerin die Beschwerdeführerin in das Auswahlverfahren einbezogen und sie gerade nicht im Sinne eines gestuften Auswahlverfahrens von der eigentlichen Auswahlentscheidung im Wege einer Vorauswahl ausgeschlossen habe. Dass der Beurteiler dem Anforderungsmerkmal der "ausgeprägten Fachkompetenz" insoweit eine entscheidende Bedeutung beigemessen habe, als er die Erfüllung dieses Anforderungsmerkmales für die Annahme einer Eignung eines Bewerbers als unverzichtbar angesehen habe oder von der Nichterfüllung dieses einzelnen Merkmals auf eine mangelnde Eignung geschlossen habe, sei im Hinblick auf die Anforderung des angestrebten Amtes nachvollziehbar und sachlich gerechtfertigt.
- 8
-
Gegen diese beiden Beschlüsse gerichtete Anhörungsrügen der Beschwerdeführerin hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 15. Juli 2015 zurückgewiesen.
-
II.
- 9
-
Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Juni 2015 und vom 15. Juli 2015 sowie gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 29. Oktober 2013 und rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 97 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG. Unter anderem rügt sie, dass die Leitung des BMAS keine Auswahlentscheidung getroffen habe. Ein Vermerk eines nachgeordneten Bediensteten des BMAS darüber, dass die Hausleitung die Auswahlentscheidung mündlich getroffen habe, genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Dieser Mangel des Verwaltungsverfahrens verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 GG, was der Verwaltungsgerichtshof verkannt habe. Der Trennungsbeschluss des Verwaltungsgerichts verletze sie in ihren Grundrechten auf ein faires Verfahren und aus Art. 19 Abs. 4 GG, da das Verwaltungsgericht von dem ihm nach § 93 Satz 2 VwGO zustehenden Ermessen nicht in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht habe. Da das BMAS eine einheitliche Auswahlentscheidung bezüglich zwei der ausgeschriebenen Stellen getroffen habe, wäre eine einheitliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts erforderlich gewesen.
-
III.
- 10
-
Das Bundesverfassungsgericht hat die Akten des Ausgangsverfahrens beigezogen und dem BMAS Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Ministerium ist der Ansicht, die angegriffenen Entscheidungen verstießen nicht gegen den Grundsatz der Bestenauslese und den Anspruch der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz (Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG). Weitere Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführerin seien ebenfalls nicht verletzt. Im Übrigen könne das Begehren der Beschwerdeführerin keinen Erfolg haben, weil ihre Auswahl auch in einem neuen Verfahren dem Prinzip der Bestenauslese widerspräche. Alle gegenüber der Beschwerdeführerin besser bewerteten Mitbewerber seien in ihrer dienstlichen Kerntätigkeit beim Bundessozialgericht nicht nur hervorragend beurteilt worden, sondern der Beschwerdeführerin weit überlegen. Nicht nur die Beurteilungen vom 23. Januar und 1. Juli 2013, sondern auch die weiteren Beurteilungen vom 3. Dezember 2014 und 16. Juni 2015 würden bestätigen, dass die Leistungen der Beschwerdeführerin seit Aufnahme ihrer Tätigkeit beim Bundesozialgericht unter Berücksichtigung der gezeigten Mängel, Schwächen und fehlenden Impulse lediglich den Durchschnittsleistungen einer Berichterstatterin entsprächen.
-
B.
-
I.
- 11
-
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
- 12
-
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
- 13
-
1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Juni 2015 verkennen die Anforderungen an einen wirksamen Rechtsschutz der Beschwerdeführerin in einem Stellenbesetzungsverfahren. Sie verletzen die Beschwerdeführerin daher in ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.
- 14
-
a) Aus der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anspruchs eines Beförderungsbewerbers ergeben sich auch Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren. Das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 22, 49 <81 f.>; 61, 82 <110>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juni 2015 - 2 BvR 161/15 -, juris, Rn. 38). Zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG auch die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfGK 11, 398 <403 f.>; 12, 106 <110>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, NVwZ 2012, S. 368 <369>). Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. BVerfGK 11, 398 <403>).
- 15
-
b) Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs verkennen, dass der Dienstherr dieser Dokumentationspflicht bei der Auswahlentscheidung nicht nachgekommen ist.
- 16
-
Die Möglichkeit der Beschwerdeführerin zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes wurde dadurch verkürzt, dass die Gründe für die getroffene Personalentscheidung nicht in einer Auswahlentscheidung aktenkundig gemacht wurden.
- 17
-
Die Vorlage an die Ministerin und den Staatsekretär vom 12. Juli 2013 diente lediglich der Vorbereitung der Auswahlentscheidung durch die Hausspitze des Ministeriums und ersetzte diese nicht. Die spätere Auswahlentscheidung deckte sich gerade nicht mit dem Votum in dieser Vorlage. Abweichend von der Vorlage und von dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Bundesozialgerichts entschied die Ministerin nämlich nach einem Gespräch mit dem Präsidenten, nur zwei der drei Vorsitzendenstellen zu besetzen. Dies verkennt der Verwaltungsgerichtshof, wenn er davon ausgeht, eine Auswahlentscheidung der Ministerin sei in der Billigung des Vermerks vom 12. Juli 2013 zu sehen. Die Gründe der letztlich getroffenen Entscheidung des Ministeriums sind nicht schriftlich dokumentiert; auch die interne Gesprächsnotiz des Ministeriums vom 1. Oktober 2013 nimmt lediglich Bezug auf den Besetzungsvorschlag des Präsidenten vom 29. Januar 2013. Welche Gründe die Ministerin infolge eines Gesprächs mit dem Präsidenten des Bundessozialgerichts veranlassten, eine der drei Stellen zunächst nicht zu besetzen und weshalb die beiden Beigeladenen und nicht der dritte in dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten und der Vorlage an die Hausspitze des BMAS genannte Richter ausgewählt wurden, ist nicht aktenkundig. Es kann der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden, die Auswahlentscheidung ihres Dienstherrn gewissermaßen "ins Blaue hinein" in einem gerichtlichen Eilverfahren angreifen zu müssen, um erst in diesem beschleunigt betriebenen Verfahren die tragenden Auswahlerwägungen zu erfahren. Auch der Schriftsatz der Antragsgegnerin im Eilverfahren vom 20. Februar 2014, in dem diese ausweislich der Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juli 2015 dargelegt haben soll, auf welchem Wege die Auswahlentscheidung von der Ministerin getroffen worden sei, genügt angesichts dessen der Dokumentationspflicht nicht. Die unzureichende Transparenz des vorliegenden Auswahlverfahrens in der "Entscheidungsphase" unterstreicht die Notwendigkeit einer Dokumentation der Auswahlentscheidung.
- 18
-
2. Dahinstehen kann, ob die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs weitere Rechte der Beschwerdeführerin verletzen.
-
II.
- 19
-
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung von Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz setzt zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs lediglich voraus, dass die Aussichten der Beschwerdeführerin, im Falle eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens zum Zuge zu kommen, offen sind, das heißt ihre Auswahl muss als möglich erscheinen (vgl. BVerfGK 6, 273 <275 f.>; 9, 1 <6 f.>).
- 20
-
Die Fachgerichte haben zu der Frage einer offensichtlichen Chancenlosigkeit der Bewerbung der Beschwerdeführerin keine Feststellungen getroffen. Die nunmehr getroffene Einschätzung des BMAS deckt sich nicht mit der Bewertung in der Vorlage der Abteilung Z des Ministeriums an die Hausspitze vom 12. Juli 2013, in der ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin "noch" nicht die ausgeprägte Fachkompetenz bewiesen habe, dass sie jedoch über das Potential verfügen dürfte, diese ihr "noch fehlende Fachkompetenz zu einem späteren Zeitpunkt in näherer Zukunft" zu erfüllen. Die Bewertung schließt mit dem Hinweis, dass die übrigen Voraussetzungen für das Amt einer Vorsitzenden Richterin gegeben seien. Angesichts der so bewerteten Qualifikation der Beschwerdeführerin mögen derzeit - auch im Lichte der weiteren Beurteilungen vom 3. Dezember 2014 und 16. Juni 2015 - zwar mehr Gründe gegen ihre Auswahl sprechen. Ihre Ernennung ist aber nicht vollkommen ausgeschlossen. Abschließend kann die Frage einer "offensichtlichen Chancenlosigkeit" der Beschwerdeführerin im Auswahlverfahren erst beantwortet werden, wenn eine ordnungsgemäß dokumentierte Auswahlentscheidung vorliegt, anhand derer der Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern nachvollzogen werden kann. Daran fehlt es hier.
-
III.
- 21
-
Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juli 2015 über die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin werden mit der Aufhebung der Beschwerdeentscheidungen gegenstandslos.
-
IV.
- 22
-
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Trennungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2013 richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Von einer Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
-
C.
- 23
-
Die Anordnung der Auslagenerstattung zu Gunsten der mit ihren Anträgen im Wesentlichen erfolgreichen Beschwerdeführerin folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG. Die Auslagen sind der Beschwerdeführerin zu gleichen Teilen vom Bund und vom Land Hessen zu erstatten. Die aufgehobenen Entscheidungen wurden von Gerichten des Landes Hessen getroffen, während die unzureichende Dokumentation der Auswahlentscheidung vom Bund als Dienstherrn zu verantworten ist. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
- 24
-
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Tenor
Die Beiladung der bisherigen Beigeladenen zu 1. wird für das Beschwerdeverfahren aufgehoben.
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die am Studienort H. zu besetzende Stelle “W 2-Professur im Bereich Öffentliches Recht (unter besonderer Berücksichtigung des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts)“ mit dem Beigeladenen zu 2. zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden unter gleichzeitiger Neufassung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen der Antragsteller zu ½ und der Antragsgegner und der Beigeladene zu 2. jeweils zu ¼. Von den außergerichtlichen Kosten des Antragstellers tragen der Antragsgegner und der Beigeladene zu 2. jeweils ¼. Von den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners trägt der Antragsteller ½. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. trägt der Antragsteller. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2., die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss sowohl den Antrag zu 1.,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum 1. September 2015 ausgeschriebene Stelle eines Professors für Öffentliches Recht (Besoldungsgruppe W 2) an dem Studienort H. mit dem Beigeladenen zu 2. zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist,
4als auch den Antrag zu 2.,
5dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum 1. September 2015 ausgeschriebene Stelle eines Professors für Öffentliches Recht (Besoldungsgruppe W 2) an der Abteilung E. mit der Beigeladenen zu 1. zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist,
6abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers, die sich allein gegen die Ablehnung des Antrags zu 1. richtet, hat teilweise Erfolg. Die von ihm im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe rechtfertigen es, dem mit der Beschwerde weiter verfolgten Antrag zu 1. in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zu entsprechen und den angefochtenen Beschluss entsprechend zu ändern.
7Der Antragsteller hat insoweit Umstände glaubhaft gemacht, die einen Anordnungsgrund begründen (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Ein Anordnungsgrund ist im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren zur Ernennung von Hochschulprofessoren zwar regelmäßig erst dann gegeben, wenn das Verwaltungsverfahren - mit Ausnahme der Ernennung - vollständig abgeschlossen ist.
8Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 3606/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 3. April 2008 - 6 B 159/08 -, ZBR 2009, 60.
9Das ist indes vorliegend der Fall.
10Der Antragsteller hat entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem sich aus der Beschlussformel ergebenden Umfang auch die tatsächlichen Voraussetzungen eines seinen Antrag stützenden Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Zur Vorbereitung eines Berufungsvorschlags für die am Studienort H. zu besetzende Stelle “W 2-Professur im Bereich Öffentliches Recht“ hat die Berufungskommission am 26. Februar 2015 zunächst über die Rangfolge der Bewerber und sodann entschieden, dass nur die Bewerber auf den Rangplätzen 1 bis 7, u.a. der siebplatzierte Beigeladene zu 2., nicht hingegen die Bewerber auf den nachfolgenden Rangplätzen, mithin auch nicht der Antragsteller (Rangplatz 10), zu weiteren Schritten des Berufungsverfahrens - nämlich zu einer Probelehrveranstaltung und einem strukturierten Auswahlgespräch - eingeladen werden. Die Entscheidung über die Bildung der Rangfolge der Bewerber und die hieran anknüpfende Entscheidung der Berufungskommission, den Antragsteller vom weiteren Berufungsverfahren auszuschließen, verletzen seinen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch.
11Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst (Bestenauslese) und trägt zum anderen dem berechtigten Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie einen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung begründet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass die Überprüfung der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte im Wesentlichen darauf beschränkt ist, ob der Dienstherr von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den beamten- und verfassungsrechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h. wenn seine Auswahl möglich erscheint.
12Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. Juni 2015 - 2 BvR 161/15 -, juris, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris.
13Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2014 - 6 B 759/14 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
15Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten zur Besetzung von Professorenstellen in gleicher Weise. Auch ein Bewerber um eine Professur kann deshalb verlangen, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entschieden wird. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zusteht.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Juli 2014 - 6 A 815/11 -, NWVBl. 2015, 30, mit weiteren Nachweisen.
17Nach diesen Maßstäben erweisen sich die Entscheidung der Berufungskommission über die Rangfolge der Bewerber und ihre hieran anknüpfende Entscheidung, den Antragsteller vom weiteren Berufungsverfahren auszuschließen, als fehlerhaft, weil sie hinsichtlich des Beigeladenen zu 2. von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
18Zur Begründung der Einordnung des Beigeladenen zu 2. in die Rangfolge der Bewerber ist in der “Dokumentation Bewerberauswahl/Rangfolge“ (im Weiteren: Dokumentation) Folgendes ausgeführt:
19„Der Bewerber ist bereits als hauptamtlicher Dozent an der FHöV des C. tätig und kann darüber hinaus auf einschlägige berufspraktische Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung zurückgreifen. Die Promotion erfolgte ‚summa cum laude‘, die Zweite Staatsprüfung mit Prädikat. Er weist Lehrerfahrungen im Verwaltungsrecht (allerdings im Wesentlichen Beamtenrecht) auf (Evaluationen sind nicht vorgelegt). Zudem verfügt er über einschlägige Publikationen.“
20Entgegen den Angaben in der Dokumentation hat der Beigeladene zu 2. die Doktorprüfung nicht mit der Gesamtnote „summa cum laude“, sondern - wie auch der Antragsteller - mit der Gesamtnote „magna cum laude“ bestanden. Außerdem hat im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungskommission über die Rangfolge der Bewerber keine Mehrzahl einschlägiger - d.h. verwaltungsrechtlicher - Publikationen des Beigeladenen zu 2. vorgelegen. Neben der dem europäischen Privatrecht zuzuordnenden Dissertation war seinerzeit lediglich der Aufsatz „…“ in der Zeitschrift für U. (…..) veröffentlicht worden. Der dem Verwaltungsrecht zuzuordnende Aufsatz „ “ war zwar in seiner Bewerbung als geplante Veröffentlichung aufgeführt und als solche berücksichtigungsfähig, ist jedoch erst im Juli/August 2015 in der Zeitschrift für C1. (…..) erschienen. Jedenfalls aber hat die Berufungskommission verkannt, dass keine weitere verwaltungsrechtliche Abhandlung des Beigeladenen zu 2. zu verzeichnen war.
21Insoweit kann nicht, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, lediglich von irrelevanten Ungenauigkeiten ausgegangen werden. Denn in der Dokumentation ist einleitend ausgeführt:
22„(…) Die vom Kommissionsvorsitzenden bei der Erstellung des Rangfolgenvorschlags zugrunde gelegten Kriterien wurden von der Kommission einstimmig gebilligt, ihre Anwendung im jeweiligen Einzelfall eingehend überprüft.
23Es handelt sich dabei um folgende Gesichtspunkte - die folgende Aufstellung stellt keine Prioritätenfolge dar, und das Fehlen einzelner Kriterien (bzw. ihre geringfügigere Ausprägung) führte jeweils nicht zu einem Ausschluss der Bewerbung, sondern lediglich zu einer Veränderung im Rangplatz:
24- Lehrerfahrungen auf ‚Hochschulniveau‘ im öffentlichen Recht, bevorzugt im Verwaltungsrecht, soweit möglich, durch Evaluationen belegt
25- einschlägige Forschungsausrichtung im Verwaltungsrecht mit über die Promotion hinausgehenden verwaltungsrechtlichen Publikationen
26- thematisch einschlägige, also möglichst dem Verwaltungsrecht zuzuordnende rechtswissenschaftliche Promotion (die Note der Promotion ist ebenfalls rangfolgenrelevant)
27- Noten der Ersten und der Zweiten Staatsprüfung
28- berufspraktische Erfahrungen, bevorzugt im Bereich der öffentlichen Verwaltung bzw. vergleichbaren Sektoren, jedenfalls Tätigkeit im Verwaltungsrecht.“
29Die Frage, ob der jeweilige Bewerber eine Mehrzahl verwaltungsrechtlicher Publikationen aufweisen kann, sowie die Promotionsnote waren somit - neben anderen Kriterien - für die Bildung der Rangfolge der Bewerber von entscheidender Bedeutung.
30Es bestehen überdies Zweifel daran, dass die Berufungskommission bezüglich des Antragstellers bei der Anwendung der in der Dokumentation genannten Kriterien von einem vollständig und richtig erfassten Sachverhalt ausgegangen ist. Insoweit fällt auf, dass ihm dort, obwohl er die Erste Staatsprüfung mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ (10,51 Punkte) abgeschlossen hat, lediglich eine „überdurchschnittliche Erste Staatsprüfung“ und nicht wie bei anderen Bewerbern eine Staatsprüfung „mit Prädikat“ attestiert wird. Nicht ersichtlich ist auch, ob die Berufungskommission sich mit den während seiner anwaltlichen Tätigkeit u.a. im Verwaltungsrecht gewonnenen berufspraktischen Erfahrungen auseinandergesetzt hat.
31Auch sonst erscheint die Dokumentation der Auswahlerwägungen als defizitär. Insbesondere sind die für die Bildung der Rangfolge der Bewerber maßgeblichen Erwägungen nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Teilweise fehlt die Darlegung der erforderlichen Feststellungen zu den von der Berufungskommission aufgestellten Kriterien. Zudem mangelt es an vergleichenden Gegenüberstellungen und Auswertungen, die die Rangfolge der Bewerber letztlich bestimmen. Derartige Erwägungen lassen sich allein anhand der kurzen Angaben zu den Bewerbern nicht, jedenfalls nicht mit der notwendigen Deutlichkeit erschließen, zumal die Berufungskommission ausdrücklich „keine Prioritätenfolge“ der Kriterien festgelegt hat.
32Schon vor diesem Hintergrund ist derzeit nicht mit hinreichender Gewissheit festzustellen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Entscheidung über seine Bewerbung offensichtlich chancenlos ist. Insbesondere ist eine Einschätzung dazu, wie die Berufungskommission die Rangfolge der Bewerber gebildet und wie viele Bewerber sie anschließend zu den weiteren Schritten des Berufungsverfahrens eingeladen hätte, wenn sie bezüglich des Beigeladenen zu 2. von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen und auf dieser Grundlage einen Qualifikationsvergleich u.a. zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen zu 2. vorgenommen hätte, rein spekulativ und verbietet sich daher.
33Nach alledem kann dahinstehen, ob das Auswahlverfahren, wie der Antragsteller meint, auch wegen der Zusammensetzung der Berufungskommission rechtlichen Bedenken unterliegt.
34Soweit sich die begehrte einstweilige Anordnung über den in der Beschlussformel genannten Zeitpunkt hinaus bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über seine Bewerbung erstrecken soll, bleibt der Antrag des Antragstellers hingegen erfolglos. Dem Rechtsschutzanspruch eines Bewerbers um eine Professur ist regelmäßig hinlänglich Rechnung getragen, wenn die Wirkungsdauer der einstweiligen Anordnung bis zur Neubescheidung seiner Bewerbung reicht. Mehr als eine solche Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kann er auch im Hauptsacheverfahren in aller Regel nicht erzielen; die einstweilige Anordnung darf aber über das dort Erreichbare auch in zeitlicher Dimension nicht hinausgehen. Für eine bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bewerbung geltende einstweilige Anordnung ist deshalb im Allgemeinen - und so auch hier - kein Raum.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2008 - 6 B 466/08 -, juris, vom 28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, NWVBl. 2007, 119, und vom 13. September 2001
36- 6 B 1776/00 -, NWVBl. 2002, 111.
37Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Ob die getroffene Auswahlentscheidung dem Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers und damit den Anforderungen an eine Auswahlentscheidung nach dem Prinzip der Bestenauslese, also nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung genügt (vgl. dazu: BayVGH, B.v. 21.1.2005 - 3 CE 04.289 - juris), lässt sich den vorgelegten Behördenakten nicht entnehmen. Es ist zwar nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07; BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - jeweils juris) geboten, die wesentlichen Gründe, die zu der getroffenen Auswahlentscheidung geführt haben, schriftlich zu fixieren. Denn eine derartige Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dient nicht nur dazu, das Auswahlverfahren für die Bewerber bzw. Bewerberinnen transparent zu machen, sondern auch der Selbstkontrolle derjenigen, die die Entscheidung zu treffen haben und eröffnet dem Gericht erst die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung in der aus rechtsstaatlicher Sicht gebotenen Form eigenständig nachzuvollziehen.
Tenor
Die Beiladung der bisherigen Beigeladenen zu 1. wird für das Beschwerdeverfahren aufgehoben.
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die am Studienort H. zu besetzende Stelle “W 2-Professur im Bereich Öffentliches Recht (unter besonderer Berücksichtigung des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts)“ mit dem Beigeladenen zu 2. zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden unter gleichzeitiger Neufassung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen der Antragsteller zu ½ und der Antragsgegner und der Beigeladene zu 2. jeweils zu ¼. Von den außergerichtlichen Kosten des Antragstellers tragen der Antragsgegner und der Beigeladene zu 2. jeweils ¼. Von den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners trägt der Antragsteller ½. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. trägt der Antragsteller. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2., die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss sowohl den Antrag zu 1.,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum 1. September 2015 ausgeschriebene Stelle eines Professors für Öffentliches Recht (Besoldungsgruppe W 2) an dem Studienort H. mit dem Beigeladenen zu 2. zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist,
4als auch den Antrag zu 2.,
5dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum 1. September 2015 ausgeschriebene Stelle eines Professors für Öffentliches Recht (Besoldungsgruppe W 2) an der Abteilung E. mit der Beigeladenen zu 1. zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist,
6abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers, die sich allein gegen die Ablehnung des Antrags zu 1. richtet, hat teilweise Erfolg. Die von ihm im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe rechtfertigen es, dem mit der Beschwerde weiter verfolgten Antrag zu 1. in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zu entsprechen und den angefochtenen Beschluss entsprechend zu ändern.
7Der Antragsteller hat insoweit Umstände glaubhaft gemacht, die einen Anordnungsgrund begründen (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Ein Anordnungsgrund ist im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren zur Ernennung von Hochschulprofessoren zwar regelmäßig erst dann gegeben, wenn das Verwaltungsverfahren - mit Ausnahme der Ernennung - vollständig abgeschlossen ist.
8Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2014 - 1 BvR 3606/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 3. April 2008 - 6 B 159/08 -, ZBR 2009, 60.
9Das ist indes vorliegend der Fall.
10Der Antragsteller hat entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem sich aus der Beschlussformel ergebenden Umfang auch die tatsächlichen Voraussetzungen eines seinen Antrag stützenden Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Zur Vorbereitung eines Berufungsvorschlags für die am Studienort H. zu besetzende Stelle “W 2-Professur im Bereich Öffentliches Recht“ hat die Berufungskommission am 26. Februar 2015 zunächst über die Rangfolge der Bewerber und sodann entschieden, dass nur die Bewerber auf den Rangplätzen 1 bis 7, u.a. der siebplatzierte Beigeladene zu 2., nicht hingegen die Bewerber auf den nachfolgenden Rangplätzen, mithin auch nicht der Antragsteller (Rangplatz 10), zu weiteren Schritten des Berufungsverfahrens - nämlich zu einer Probelehrveranstaltung und einem strukturierten Auswahlgespräch - eingeladen werden. Die Entscheidung über die Bildung der Rangfolge der Bewerber und die hieran anknüpfende Entscheidung der Berufungskommission, den Antragsteller vom weiteren Berufungsverfahren auszuschließen, verletzen seinen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch.
11Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst (Bestenauslese) und trägt zum anderen dem berechtigten Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie einen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung begründet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass die Überprüfung der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte im Wesentlichen darauf beschränkt ist, ob der Dienstherr von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den beamten- und verfassungsrechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h. wenn seine Auswahl möglich erscheint.
12Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. Juni 2015 - 2 BvR 161/15 -, juris, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris.
13Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2014 - 6 B 759/14 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
15Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten zur Besetzung von Professorenstellen in gleicher Weise. Auch ein Bewerber um eine Professur kann deshalb verlangen, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entschieden wird. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zusteht.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Juli 2014 - 6 A 815/11 -, NWVBl. 2015, 30, mit weiteren Nachweisen.
17Nach diesen Maßstäben erweisen sich die Entscheidung der Berufungskommission über die Rangfolge der Bewerber und ihre hieran anknüpfende Entscheidung, den Antragsteller vom weiteren Berufungsverfahren auszuschließen, als fehlerhaft, weil sie hinsichtlich des Beigeladenen zu 2. von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
18Zur Begründung der Einordnung des Beigeladenen zu 2. in die Rangfolge der Bewerber ist in der “Dokumentation Bewerberauswahl/Rangfolge“ (im Weiteren: Dokumentation) Folgendes ausgeführt:
19„Der Bewerber ist bereits als hauptamtlicher Dozent an der FHöV des C. tätig und kann darüber hinaus auf einschlägige berufspraktische Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung zurückgreifen. Die Promotion erfolgte ‚summa cum laude‘, die Zweite Staatsprüfung mit Prädikat. Er weist Lehrerfahrungen im Verwaltungsrecht (allerdings im Wesentlichen Beamtenrecht) auf (Evaluationen sind nicht vorgelegt). Zudem verfügt er über einschlägige Publikationen.“
20Entgegen den Angaben in der Dokumentation hat der Beigeladene zu 2. die Doktorprüfung nicht mit der Gesamtnote „summa cum laude“, sondern - wie auch der Antragsteller - mit der Gesamtnote „magna cum laude“ bestanden. Außerdem hat im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungskommission über die Rangfolge der Bewerber keine Mehrzahl einschlägiger - d.h. verwaltungsrechtlicher - Publikationen des Beigeladenen zu 2. vorgelegen. Neben der dem europäischen Privatrecht zuzuordnenden Dissertation war seinerzeit lediglich der Aufsatz „…“ in der Zeitschrift für U. (…..) veröffentlicht worden. Der dem Verwaltungsrecht zuzuordnende Aufsatz „ “ war zwar in seiner Bewerbung als geplante Veröffentlichung aufgeführt und als solche berücksichtigungsfähig, ist jedoch erst im Juli/August 2015 in der Zeitschrift für C1. (…..) erschienen. Jedenfalls aber hat die Berufungskommission verkannt, dass keine weitere verwaltungsrechtliche Abhandlung des Beigeladenen zu 2. zu verzeichnen war.
21Insoweit kann nicht, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, lediglich von irrelevanten Ungenauigkeiten ausgegangen werden. Denn in der Dokumentation ist einleitend ausgeführt:
22„(…) Die vom Kommissionsvorsitzenden bei der Erstellung des Rangfolgenvorschlags zugrunde gelegten Kriterien wurden von der Kommission einstimmig gebilligt, ihre Anwendung im jeweiligen Einzelfall eingehend überprüft.
23Es handelt sich dabei um folgende Gesichtspunkte - die folgende Aufstellung stellt keine Prioritätenfolge dar, und das Fehlen einzelner Kriterien (bzw. ihre geringfügigere Ausprägung) führte jeweils nicht zu einem Ausschluss der Bewerbung, sondern lediglich zu einer Veränderung im Rangplatz:
24- Lehrerfahrungen auf ‚Hochschulniveau‘ im öffentlichen Recht, bevorzugt im Verwaltungsrecht, soweit möglich, durch Evaluationen belegt
25- einschlägige Forschungsausrichtung im Verwaltungsrecht mit über die Promotion hinausgehenden verwaltungsrechtlichen Publikationen
26- thematisch einschlägige, also möglichst dem Verwaltungsrecht zuzuordnende rechtswissenschaftliche Promotion (die Note der Promotion ist ebenfalls rangfolgenrelevant)
27- Noten der Ersten und der Zweiten Staatsprüfung
28- berufspraktische Erfahrungen, bevorzugt im Bereich der öffentlichen Verwaltung bzw. vergleichbaren Sektoren, jedenfalls Tätigkeit im Verwaltungsrecht.“
29Die Frage, ob der jeweilige Bewerber eine Mehrzahl verwaltungsrechtlicher Publikationen aufweisen kann, sowie die Promotionsnote waren somit - neben anderen Kriterien - für die Bildung der Rangfolge der Bewerber von entscheidender Bedeutung.
30Es bestehen überdies Zweifel daran, dass die Berufungskommission bezüglich des Antragstellers bei der Anwendung der in der Dokumentation genannten Kriterien von einem vollständig und richtig erfassten Sachverhalt ausgegangen ist. Insoweit fällt auf, dass ihm dort, obwohl er die Erste Staatsprüfung mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ (10,51 Punkte) abgeschlossen hat, lediglich eine „überdurchschnittliche Erste Staatsprüfung“ und nicht wie bei anderen Bewerbern eine Staatsprüfung „mit Prädikat“ attestiert wird. Nicht ersichtlich ist auch, ob die Berufungskommission sich mit den während seiner anwaltlichen Tätigkeit u.a. im Verwaltungsrecht gewonnenen berufspraktischen Erfahrungen auseinandergesetzt hat.
31Auch sonst erscheint die Dokumentation der Auswahlerwägungen als defizitär. Insbesondere sind die für die Bildung der Rangfolge der Bewerber maßgeblichen Erwägungen nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Teilweise fehlt die Darlegung der erforderlichen Feststellungen zu den von der Berufungskommission aufgestellten Kriterien. Zudem mangelt es an vergleichenden Gegenüberstellungen und Auswertungen, die die Rangfolge der Bewerber letztlich bestimmen. Derartige Erwägungen lassen sich allein anhand der kurzen Angaben zu den Bewerbern nicht, jedenfalls nicht mit der notwendigen Deutlichkeit erschließen, zumal die Berufungskommission ausdrücklich „keine Prioritätenfolge“ der Kriterien festgelegt hat.
32Schon vor diesem Hintergrund ist derzeit nicht mit hinreichender Gewissheit festzustellen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Entscheidung über seine Bewerbung offensichtlich chancenlos ist. Insbesondere ist eine Einschätzung dazu, wie die Berufungskommission die Rangfolge der Bewerber gebildet und wie viele Bewerber sie anschließend zu den weiteren Schritten des Berufungsverfahrens eingeladen hätte, wenn sie bezüglich des Beigeladenen zu 2. von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen und auf dieser Grundlage einen Qualifikationsvergleich u.a. zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen zu 2. vorgenommen hätte, rein spekulativ und verbietet sich daher.
33Nach alledem kann dahinstehen, ob das Auswahlverfahren, wie der Antragsteller meint, auch wegen der Zusammensetzung der Berufungskommission rechtlichen Bedenken unterliegt.
34Soweit sich die begehrte einstweilige Anordnung über den in der Beschlussformel genannten Zeitpunkt hinaus bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über seine Bewerbung erstrecken soll, bleibt der Antrag des Antragstellers hingegen erfolglos. Dem Rechtsschutzanspruch eines Bewerbers um eine Professur ist regelmäßig hinlänglich Rechnung getragen, wenn die Wirkungsdauer der einstweiligen Anordnung bis zur Neubescheidung seiner Bewerbung reicht. Mehr als eine solche Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kann er auch im Hauptsacheverfahren in aller Regel nicht erzielen; die einstweilige Anordnung darf aber über das dort Erreichbare auch in zeitlicher Dimension nicht hinausgehen. Für eine bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bewerbung geltende einstweilige Anordnung ist deshalb im Allgemeinen - und so auch hier - kein Raum.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2008 - 6 B 466/08 -, juris, vom 28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, NWVBl. 2007, 119, und vom 13. September 2001
36- 6 B 1776/00 -, NWVBl. 2002, 111.
37Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 26. Juni 2018 geändert:
Der Antragsgegnerin wird vorläufig untersagt, die ausgeschriebene Stelle einer/ eines Professorin/ Professors (W2) für Experimentalphysik mit dem Beigeladenen oder anderweitig zu besetzen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen in beiden Instanzen, die insoweit nicht erstattungsfähig sind. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin und der Beigeladene jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 17.192,28 Euro festgesetzt.
Gründe
- 1
Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. Juni 2018 ist begründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses infrage.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers – eines seit dem Jahre 2009 bei der Antragsgegnerin für besondere Aufgaben im Projekt „eQual“ in den Fächern Mathematik und Physik als Lehrbeauftragter tätigen Diplomphysikers und Trägers des akademischen Titels Doctor of Philosophy (Ph.D.) –, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Besetzung der Stelle einer/eines Professorin/Professors (W2) für Experimentalphysik mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über seine Bewerbung bestandskräftig entschieden ist, abgelehnt.
- 3
Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch (Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs) nicht glaubhaft gemacht. Denn ungeachtet etwaig vorhandener Verfahrensfehler stünde seiner Auswahl ein rechtliches Hindernis wegen eines Verstoßes gegen § 62 Abs. 4 Satz 4 des Hochschulgesetzes (HSG) entgegen, welches seine Berufung ausschließe. Demgemäß bestünde gemessen an den Erfolgsaussichten auch nicht die Möglichkeit einer Auswahl.
- 4
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 5
Der Antragsteller kann mit seinem dagegen geltend gemachten Einwand, die fehlende Dokumentation und schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen verletzte seinen Bewerbungsverfahrensanspruch, sodass seine Auswahl auch mit Blick auf die Ausnahmevorschrift des § 64 Abs. 4 Satz 4 HSG möglich und damit offen sei, durchdringen.
- 6
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung hat Erfolg, d.h. das Gericht muss dem Dienstherrn die Ernennung untersagen, wenn die Auswahlentscheidung (und damit auch die beabsichtigte Ernennung) den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt und ein Erfolg seiner Bewerbung bei leistungsgerechter Würdigung jedenfalls möglich erscheint (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris, Rn. 19; vom 1. August 2006 – 2 BvR 2364/03 –, juris, Rn. 17; und vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –; BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 – und vom 4. November 2010 – 2 C 16.09 – Rn. 32). Damit setzt der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs lediglich voraus, dass die Aussichten des Antragstellers, im Falle eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens zum Zuge zu kommen, offen sind, das heißt seine Auswahl muss als möglich erscheinen. So verhält es sich hier.
- 7
Dem Antragsteller steht ein Anordnungsanspruch zu, weil die Auswahlentscheidung des Antragsgegners für die Vergabe der Stelle den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt. Die Auswahlentscheidung beruht auf einem Dokumentationsverstoß. Es erscheint auch möglich, dass die Professur im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben würde. Ein rechtliches Hindernis steht dem nicht entgegen. Die weiteren Rügen des Antragstellers können daher offenbleiben.
- 8
Beim Statusamt eines Professors an einer Universität hat sich die Auswahlentscheidung nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu richten (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 3. März 2014 – 1 BvR 3606/13 – NVwZ 2014, 785 Rn. 15 ff.; und vom 1. August 2006 – 2 BvR 2364/03 –, juris, Rn. 17; BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2016 – 2 C 30.15 –, juris, Rn. 17; und vom 22. Juli 1999 – 2 C 14.98 –, juris, Rn. 27
). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das Auswahlverfahren der Hochschullehrer die eigentlichen Träger der freien Forschung und Lehre innerhalb der Universität bestimmt und deshalb mit der Garantie der Wissenschaftsfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG besonders eng verknüpft ist. Danach steht der Hochschule grundsätzlich eine verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zu, so dass die Auswahlentscheidung gerichtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und ob der Beurteilungsspielraum überschritten worden ist, etwa weil die Entscheidung ersichtlich auf der Verkennung von Tatsachen oder auf sachfremden Erwägungen beruht (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 C 30.15 –, juris, Rn. 20 m.w.N. auch aus der Rspr. des BVerfG). Dabei begegnet es im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG keinen Bedenken, wenn eine Universität die maßgebliche Entscheidung über die Vergabe des Statusamts eines Professors durch Gremien vorbereiten lässt, sofern diese vorbereitenden Schritte - wie etwa die Bestimmung der zu einer Probevorlesung einzuladenden Bewerber oder die Bewertung dieser Probevorlesungen - ihrerseits den verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 C 30.15 –, juris, Rn. 21).
- 9
Zudem sind die wesentlichen Auswahlerwägungen zu dokumentieren. Denn aus der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Bewerbungsverfahrensanspruchs eines Beförderungsbewerbers ergeben sich Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren. Das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris, Rn.14; und vom 23. Juni 2015 - 2 BvR 161/15 -, juris, Rn. 38). Zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen (in den Akten) schriftlich niederzulegen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, juris Rn. 14; und vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, juris, Rn. 20, jeweils m.w.N.). Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Auswahlentscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris, Rn. 14; und vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, juris, Rn. 21 ff., jeweils m.w.N.).
- 10
Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitverfahren zur Besetzung einer Professorenstelle gleichsam (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 2 C 30.15 -, juris, Ls 2 und Rn. 30, zu einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichtberücksichtigung bei der Besetzung einer Professur; VGH München, Beschluss vom 3. Juli 2018 - 7 CE 17.24 30 -, juris, Rn. 39).
- 11
Gemessen daran hat der Vizepräsident der Antragsgegnerin die wesentlichen Auswahlerwägungen der vom Vorschlag der Berufungskommission - diese hat den Antragsteller an erster Stelle gereiht - abweichenden Auswahl des an zweiter Stelle gereihten Beigeladenen nicht dokumentiert und zudem in der Konkurrentenmitteilung eine aktenwidrige und damit irreführende Begründung gegeben, die erst Recht nicht erkennen lässt, auf welchen Erwägungen die Auswahlentscheidung beruht. Im Einzelnen:
- 12
Unabhängig davon, dass die Konkurrentenmitteilung vom 19. Februar 2018 nicht die für den Mitbewerber zur Entscheidung über die Inanspruchnahme von Rechtsschutz notwendige Begründung enthält (vgl. zur Möglichkeit der Nachholung der Begründung der Mitteilung, nicht aber der Begründung der Auswahlentscheidung, im gerichtlichen Verfahren: OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 5 ME 2/16 -, juris, Rn. 11 f.) , sind die wesentlichen Auswahlerwägungen, die der Mitbewerber sich durch eine Einsicht in die Akten verschaffen und die das Gericht in die Lage versetzte, die Auswahlentscheidung eigenständig nachzuvollziehen, nicht hinreichend dokumentiert. Insbesondere ergeben sich diese nicht aus dem Schreiben des Vizepräsidenten der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2017 (Bl. 293 der Beiakte C) an die Vorsitzende der Berufungskommission. Darin hat der Vizepräsident wegen der vorgeschlagenen Berufungsreihenfolge der Bewerber Bedenken (Aufnahme von Mitgliedern der besetzenden Hochschule nur im Ausnahmefall, Gewichtung der Sozialkompetenz mit nur 10 Prozent, Gewichtung der didaktischen Eignung mit 60 Prozent im Verhältnis zur fachlichen
Befähigung mit 20 Prozent, Gewichtung der Probevorlesung als Momentaufnahme mit 30 Prozent) angemeldet und um ein Überdenken des Berufungsvorschlages unter Zugrundelegung einer anderen Bewertungsmatrix gebeten. Nachdem die Vorsitzende der Berufungskommission daraufhin mit Schreiben vom 2. November 2017 die vorgeschlagene Reihung der Bewerber in Auseinandersetzung mit den Einwänden – also auch denjenigen aus § 62 Abs. 4 Satz 4 HSG – ausführlich begründet sowie verteidigt und auch die Berufungskommission mit ausführlicher Begründung an dem Vorschlag vom 13. September 2017 festgehalten hat (vgl. Senatssitzung vom 15. November 2017, Bl. 301 der Beiakte C), hätte der Vizepräsident der Antragsgegnerin, wenn der dennoch vom Vorschlag der Berufungskommission abweichen wollte, dies in den wesentlichen Auswahlerwägungen niederlegen müssen (vgl. dazu auch schon VGH Kassel, Beschluss vom 7. Januar 1993 - 1 TG 1777/92 -, juris, Ls 1 und Rn. 2). Dies hat er aber nicht getan. Vielmehr hat er dem Antragsteller mit Schreiben vom 19. Februar 2018 entgegen dem dokumentierten Auswahlvorgang der Berufungskommission lediglich mitgeteilt, „unter Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese“ sei die Entscheidung „durch die Berufungskommission“ (Hervorhebung durch das Gericht) auf den Beigeladenen gefallen. Danach scheint das sogenannte „Hausberufungsverbot“ offenbar nicht mehr zur Begründung der Auswahl des Beigeladenen herangezogen worden zu sein. Vielmehr erweckt die Konkurrentenmitteilung den Eindruck, der Beigeladene sei „durch die Berufungskommission“, was indes nicht dem dokumentierten Auswahlvorgang entspricht, als der geeignetste Bewerber ausgewählt worden.
- 13
Liegt danach ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht der wesentlichen Auswahlerwägungen vor, sind die Aussichten des Antragstellers – und dies ist für den Erfolg des Antrages ausreichend – im Falle eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens zum Zuge zu kommen, jedenfalls offen. Denn es erscheint möglich, dass die Antragsgegnerin ihre Auswahl bei Dokumentationen der wesentlichen Auswahlerwägungen, die sie zu einer Auseinandersetzung mit dem Vorschlag der Berufungskommission verpflichten, zugunsten des Antragstellers trifft.
- 14
Ein rechtliches Hindernis steht dem nicht entgegen. § 62 Abs. 4 Satz 4 HSG, wonach Mitglieder der eigenen Hochschule nur in begründeten Ausnahmefällen in den Berufungsvorschlag aufgenommen werden dürfen, verbietet die Aufnahme nur in der Regel, lässt aber Ausnahmen vom sogenannten „Hausberufungsverbot“ zu. Ob damit mehr Gründe gegen als für eine Ernennung sprechen, ist unerheblich, solange die Ernennung des Antragstellers nicht vollkommen ausgeschlossen ist („offensichtlich chancenlos ist“). Ob dies der Fall ist, kann erst beantwortet werden, wenn eine ordnungsgemäß dokumentierte Auswahlentscheidung vorliegt, anhand derer der Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern nachvollzogen werden kann (vgl. hierzu ausdrücklich: BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris, Rn. 20). Daran fehlt es bislang. Insoweit sei nur ergänzend angemerkt, dass der Antragsgegner hierzu selbst eine begründete Entscheidung treffen muss und es nicht Aufgabe des Gerichts ist, sich eine Begründung im Hinblick auf § 62 Abs. 4 Satz 4 HSG auszudenken.
- 15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Vor dem Verwaltungsgericht hat der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 Hs 1 VwGO), so dass es nicht der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, der Antragsgegnerin insoweit die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen. Anders hingegen in der Beschwerde, in der der Beigeladene mit Antragstellung nicht nur das Risiko trägt, selbst Kosten zu tragen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), sondern korrespondierend dazu im Falle eines erfolglosen Antrages - wie hier - auch das Schicksal des erfolglosen Antrages des unterstützten Beteiligten teilt (vgl. zum Streitstand: Kopp, VwGO, 23. Auflage 2017, § 154, Rn. 8, und im Übrigen: § 162, Rn. 23 m.w.N.).
- 16
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 2 O 11/14 – m.w.N.).
- 17
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Gründe
- 1
1. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 26. Mai 2014, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Einwendungen der Beigeladenen rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.
- 2
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris [m. w. N.]).
- 3
Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die Antragsgegnerin habe den aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG resultierenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers in dem hier streitigen Auswahlverfahren erneut verletzt, wird von der Beschwerde nicht schlüssig in Frage gestellt. Mit Recht rügt das Verwaltungsgericht, dass die schriftlich fixierten Auswahlerwägungen wiederholt nicht mängelfrei sind.
- 4
Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen, dessen Geltung durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet wird. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, NVwZ 2011, 1270 [m. w. N.]). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2002 - 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z. N.]).
- 5
Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 26. August 2009 - 1 M 52/09 -, juris [m. w. N.]). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200).
- 6
Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, NVwZ-RR 2009, 604, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07-, NVwZ 2007, 1178).
- 7
Diese Grundsätze gelten auch im Fall der - wie hier - beabsichtigten Besetzung einer Professorenstelle im Beamtenverhältnis (siehe: BayVGH, Beschluss vom 29. September 2010 - 7 CE 10.1827 -, juris, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 7 CE 11.1432 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Februar 2009 - 6 B 1744/08 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2012 - OVG 5 S 12.11 -, juris). Erweist sich die Entscheidung zur Berufung eines Bewerbers als Professor als ermessens- oder beurteilungsfehlerhaft, kann daher ein nicht berücksichtigter Bewerber, dessen Auswahl zumindest möglich erscheint, verlangen, dass über seine Bewerbung erneut entschieden und die Professorenstelle zunächst nicht besetzt wird. Allerdings gilt zu beachten, dass der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation der Bewerber für ein Hochschullehreramt zusteht (vgl.: BVerwG, Urteil vom 9. Mai 1985 - 2 C 16.83 -, juris). Insofern ist den an der Bewerberauswahl beteiligten Hochschulgremien ein Entscheidungsspielraum eingeräumt, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die Auswahlentscheidung kann daher gerichtlich nur daraufhin geprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und ob der Ermessens- oder Beurteilungsspielraum überschritten ist, etwa weil die Entscheidung erkennbar auf sachfremden Erwägungen oder auf der Verkennung von Tatsachen beruht (siehe zum Vorstehenden: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2012, a. a. O. [m. w. N.]).
- 8
Für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es im Übrigen allein auf die Erwägungen an, die der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Kandidaten angestellt hat. Mit dieser Entscheidung wird zugleich die Sach- und Rechtslage fixiert, die maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist. Zwar können Ermessenserwägungen sowie Einschätzungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum besteht, in entsprechender Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Hierzu gehört indes nicht die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Entscheidung tragenden Gründe. Derartige Erwägungen sind vielmehr unzulässig und bei der gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigungsfähig. Gegenteiliges folgt auch nicht aus § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 VwVfG LSA), da die Nachholung einer Begründung hiernach bereits dokumentierte materielle Auswahlerwägungen voraussetzt (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, IÖD 2011, 2; Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, a. a. O.; zudem: OVG LSA, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 M 125/10 -, juris [m. w. N.]). Bei der Gestaltung des Verfahrens ist indes hier dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Empfehlung der Berufungskommission, wenngleich diese nicht die Entscheidung über den zu berufenden Bewerber trifft, im Hinblick auf ihre grundsätzlich anzunehmende personell-fachliche Qualifikation entscheidende Bedeutung zukommt (vgl.: BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR 424/71 und 1 BvR 325/72 -, BVerfGE 35, 79 (145); OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Februar 2009, a. a. O.).
- 9
Von den vorstehenden Grundsätzen geht auch das Verwaltungsgericht zutreffend aus. Diese Grundsätze im Beschwerdeverfahren zugrunde legend rechtfertigt das Beschwerdevorbringen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis nicht.
- 10
Die von der Antragsgegnerin im Hinblick auf das vorangegangene gerichtliche Verfahren 1 M 1/13 (Verwaltungsgericht Halle 5 B 226/12 HAL) wiederholte Auswahlentscheidung vom 28. Juli 2013 lässt - wie die Beschwerde selbst ausführt - etwaige Änderungen der Sachlage seit der aufgehobenen ersten Auswahlentscheidung vom 13. Juli 2012, insbesondere in der jeweiligen Person der Bewerber, rechtsfehlerhaft mit der Begründung gänzlich unberücksichtigt, die erneute Auswahlentscheidung sei „auf der Basis des Wissensstandes der Berufungskommission vom 3. August 2011 zu treffen“, weil „nach diesem Zeitpunkt liegende Tatsachen und Erkenntnisse … nach den Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht berücksichtigt werden“ dürften. Diese Annahme ist dergestalt unzutreffend; sie entspricht weder der Senatrechtsprechung noch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. etwa: BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 -, Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 [m. w. N.]). Vielmehr sind grundsätzlich aktuelle Tatsachen bzw. Erkenntnisse, insbesondere das Leistungsbild der in der wiederholt zu treffenden Auswahlentscheidung zu berücksichtigenden bisherigen Bewerber berücksichtigungsfähig. Dies liegt gerade bei einem längeren Zeitablauf zwischen fehlerhafter erster Auswahlentscheidung und ihrer Wiederholung wegen des zu beachtenden Leistungsgrundsatzes des Art. 33 Abs. 2 GG auf der Hand. Eine besondere Verfahrenskonstellation, die eine solche Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse ausnahmsweise verböte, liegt hier nicht vor.
- 11
Da die hier streitgegenständliche Auswahlentscheidung mithin von einer rechtsirrigen Beschränkung der Berücksichtigungsfähigkeit von Tatsachen und damit der Auswahlgrundlagen ausgeht, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich das Leistungsbild im Fall einer Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse zugunsten des Antragstellers verschiebt. Die Antragsgegnerin wird dementsprechend dahingehende Erwägungen und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen haben.
- 12
Unabhängig vom Vorstehenden tritt die Beschwerde den selbständig tragenden Beschlussgründen des Verwaltungsgerichtes nicht mit schlüssigen Argumenten entgegen, soweit dieses davon ausgeht, dass sich nach Maßgabe der schriftlichen Auswahlerwägungen schon nicht die gesetzliche Einstellungsvoraussetzung des § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) HSG LSA in der Person der Beigeladenen feststellen lasse.
- 13
Danach kann als Professor oder Professorin berufen werden, wer die allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und mindestens je nach Anforderungen der Stelle besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mehrjährigen beruflichen Praxis nachweist, von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereiches ausgeübt werden müssen. Diese Regelung entspricht der bis zum 30. Dezember 2004 geltenden Bestimmung des § 44 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) HRG und stellt eine neben den allgemeinen beamtenrechtlichen Ernennungsvoraussetzen spezifische Berufungsvoraussetzung für Professoren dar.
- 14
Sinn und Zweck der Berufungsvoraussetzung des § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) HSG LSA besteht darin, den Praxisbezug des Studiums auch personell zu sichern (vgl.: Denninger, HRG, 1. Auflage, § 44 Rn. 23 [m. w. N.]; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Januar 2013 - 4 S 2365/12 -, juris [m. w. N.]). Der besondere Anwendungsbezug der Lehre an den Fachhochschulen soll gerade durch Professoren gewährleistet werden, die sich nicht nur als Wissenschaftler und Didaktiker, sondern auch als Praktiker ausweisen müssen (vgl.: VGH Baden-Württemberg, a. a. O. [m. w. N.]). Dies erfordert eine zwar die Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden umfassende, aber vom Hochschulbereich losgelöste Tätigkeit in der beruflichen Praxis. Eine solche zeichnet sich durch die problembezogene Anwendung und Weiterentwicklung der anders als durch Grundlagenforschung gewonnenen und durch systematische Aufbereitung verfügbar gemachten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen aus; Bezugspunkt ist also der sich in der beruflichen Praxis stellende Problemkomplex, während das wissenschaftssystematische Vorgehen in den Hintergrund tritt (vgl.: Denninger, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, a. a. O. [m. w. N.]).
- 15
Das Erfordernis einer mehrjährigen beruflichen Praxis außerhalb des Hochschulbereiches soll mithin den Anwendungsbezug der Lehre an Fachhochschulen fördern und sichern. Denn Fachhochschulen dienen gemäß § 3 Abs. 11 HSG LSA den angewandten Wissenschaften und bereiten durch anwendungsbezogene Lehre auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Nach Maßgabe dieser Aufgabenstellung sollen gemäß § 6 Satz 1 HSG LSA Lehre und Studium die Studierenden auf berufliche Tätigkeiten vorbereiten und ihnen die erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden für den jeweiligen Studiengang so vermitteln, dass sie zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit, zu selbstständigem Denken und verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden.
- 16
Dies zugrunde legend setzt § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) HSG LSA einerseits nicht zwingend - wie das Verwaltungsgericht (in der Sache wohl unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes des Saarlandes vom 15. Februar 2011 - 2 K 157/10 -, juris) meint - eine hauptberufliche Praxis bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden voraus (ebenso: Reich; HRG, 8. Auflage, § 44 Rn. 7; ders., BayHSG, Art. 11 Rn. 19), zumal diese gravierende Einschränkung auch nicht als Tatbestandsmerkmal ausdrücklich gefordert wird. Da die „besonderen Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden“ indes in einem alternativen Verhältnis zu den in § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. a) HSG LSA geforderten zusätzlichen wissenschaftlichen oder künstlerische Leistungen stehen (vgl. hierzu: Denninger, a. a. O., Rn. 15 ff.; Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Band I § 44 Rn. 46, Band II, Sachsen-Anhalt, Rn. 153 ff.; Thieme, Hochschulrecht, 3. Auflage, Rn. 671), kann andererseits quantitativ nicht jede auch noch so geringfügige wochenarbeitszeitliche Leistung genügen, mag sie qualitativ auch als „besonders“ im Sinne von § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) HSG LSA anzusehen sein. Dies gilt jedenfalls für den Teil der beruflichen Praxis, der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereiches ausgeübt werden muss.
- 17
Vielmehr setzen die zu erbringenden besonderen Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer beruflichen Praxis außerhalb des Hochschulbereiches eine Tätigkeit im Umfang von wenigstens der Hälfte einer hauptberuflichen Berufsausübungspraxis voraus, wenn die in § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) HSG LSA geregelte Mindestzeit von drei Jahren bereits für eine Ernennung ausreichen soll. Unterschreitet - wie hier im Fall der Beigeladenen auch nach dem Beschwerdevorbringen - der zeitliche Umfang der beruflichen Praxis diese Anforderungen, hat dies zur Folge, dass eine Berufung als Professor nur dann erfolgen darf, wenn über die drei Jahre hinaus zusätzliche Zeiten außerhalb des Hochschulbereiches ausgeübt wurden, in denen besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer beruflichen Praxis erbracht wurden. Es ist dabei wegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Sache der berufenden Hochschule, nicht nur die Besonderheit der Leistungen, sondern zudem den zusätzlichen erforderlichen Umfang der vorbezeichneten beruflichen Praxis zu bestimmen und in seinen Auswahlerwägungen schriftlich zu fixieren.
- 18
Dem ist die Antragsgegnerin vorliegend nicht gerecht geworden. Denn weder die Ausgangsauswahlentscheidung noch die nunmehr getroffene neue Auswahlentscheidung befassen sich überhaupt bzw. in dem gebotenen aufgezeigten Maß mit dem zeitlichen Umfang der berufspraktischen Tätigkeit der Beigeladenen noch mit der Frage, welche weitergehenden Anforderungen insoweit an die Beigeladene zu stellen sind. Dies bedarf vorliegend auch deshalb einer eingehenden Prüfung, weil das Verwaltungsgericht mit Recht auf die weitgehend parallele Hochschultätigkeit der Beigeladenen hingewiesen hat. Dabei geht das Verwaltungsgericht zugleich davon aus, dass die Beigeladene auch in der Zeit von August 2002 bis Juli 2004 im Hochschulbereich tätig gewesen ist, und zwar als Lehrbeauftragte bei der Antragsgegnerin. Dem tritt die Beschwerde mit ihrer bloßen Behauptung (siehe Seite 13 der Beschwerdebegründungsschrift) nicht schlüssig entgegen.
- 19
Die vorstehend aufgezeigten Mängel berühren schließlich nicht die der Antragsgegnerin zustehende besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation der Bewerber für das angestrebte Hochschullehreramt.
- 20
Auf das weitere Beschwerdevorbringen kommt es nach alledem nicht mehr entscheidungserheblich an.
- 21
Nach den vorstehenden Ausführungen lässt sich auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens derzeit nicht mit der hier erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung „offensichtlich chancenlos“ (so: BVerfG, Beschluss vom 1. August 2006 - 2 BvR 2364/03 -, NVwZ 2006, 1401) ist. Dabei ist vom beschließenden Senat zu beachten, dass es im Hinblick auf den dem Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichtes ist, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (so: BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200).
- 22
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 23
3. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren und unter insoweitiger Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 26. Mai 2014 zugleich für die erste Instanz beruht auf den §§ 63 Abs. 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 1 und 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (§ 40 GKG). Insofern war hier für das Beschwerdeverfahren wie für das erstinstanzliche Verfahren die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr nach der Besoldungsgruppe W 2 LBesO (Festbesoldung i. H. v. 5.183,50 € monatlich) zu zahlenden Bezüge im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung zugrunde zu legen. Der sich daraus ergebende Betrag war nicht im Hinblick auf ein bloßes Neubescheidungsbegehren weiter zu reduzieren (siehe insoweit nunmehr: OVG LSA, Beschlüsse vom 15. April 2014 - 1 M 31/14 und 1 M 33/14 -, zur Veröffentlichung bestimmt [m. w. N.]).
- 24
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
dem Antragsgegner wird untersagt, die W3-Professur für Englische Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt in der Frühen Neuzeit an der L.-M2.-Universität M. zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist.
den Antrag abzulehnen.
II.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Ob die getroffene Auswahlentscheidung dem Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers und damit den Anforderungen an eine Auswahlentscheidung nach dem Prinzip der Bestenauslese, also nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung genügt (vgl. dazu: BayVGH, B.v. 21.1.2005 - 3 CE 04.289 - juris), lässt sich den vorgelegten Behördenakten nicht entnehmen. Es ist zwar nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07; BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - jeweils juris) geboten, die wesentlichen Gründe, die zu der getroffenen Auswahlentscheidung geführt haben, schriftlich zu fixieren. Denn eine derartige Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dient nicht nur dazu, das Auswahlverfahren für die Bewerber bzw. Bewerberinnen transparent zu machen, sondern auch der Selbstkontrolle derjenigen, die die Entscheidung zu treffen haben und eröffnet dem Gericht erst die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung in der aus rechtsstaatlicher Sicht gebotenen Form eigenständig nachzuvollziehen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. In Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses wird der Streitwert für das Ausgangs- und Beschwerdeverfahren auf 19.356,03 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 12. Oktober 2017 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird für beide Rechtszüge auf jeweils 11.335,65 € festgesetzt.
Gründe
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 23. Dezember 2016 – M 21 E 16.3698 – geändert und der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 10.255,74 Euro festgesetzt.