Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Juli 2016 - M 6 S 16.50275
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller zu 1) und 2) tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
Gründe
I.
Der Antragsteller zu 1) und die 1992 geborene Antragstellerin zu 2) sind eigenen Angaben zufolge nigerianische Staatsangehörige. Sie wurden am … Januar 2016 in A. ohne gültigen Aufenthaltstitel durch die Bundespolizei aufgegriffen. Das von dieser für die Antragsteller zu 1) und 2) erstellte Effektenverzeichnis erhält jeweils den handschriftlichen Vermerk „Familie“. Einen förmlichen Asylantrag stellten die Antragsteller zu 1) und 2) hier bislang nicht.
Bei seiner Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Antragsteller zu 1) an, dass er sich vor seiner Einreise nach Deutschland ein Jahr und fünf Monate in B. in Sizilien aufgehalten habe. Er sei am … Juli 2014 nach Italien als ersten Mitgliedstaat eingereist und habe dort „2014“ einen Asylantrag gestellt. Die Antragstellerin zu 2) gab an, dass sie am „… Juli“ nach Italien eingereist sei und vor ihrer Einreise nach Deutschland vier Monate in C. gelebt habe. Bei seiner Befragung durch die Regierung von Oberbayern - Zentrale Ausländerbehörde - zur Klärung seiner Identität gab der Antragsteller zu 1) am … Januar 2016 an, dass er verheiratet sei, aber keine Kinder habe. Er habe am ... Oktober 2014 in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Sizilien geheiratet. Auf die Frage, wann und wie er sein Heimatland verlassen habe, gab der an, Nigeria am ... Mai 2014 Richtung Niger verlassen zu haben. Von Libyen sei er mit dem Boot nach Italien aufgebrochen. Nach seiner Rettung auf dem Meer sei er in eine Erstaufnahmeeinrichtung in Sizilien gebracht worden, wo er ein Jahr und fünf Monate geblieben sei. Dort habe er einen Asylantrag gestellt. Auf die Frage, ob er einen Pass oder einen Personalausweis besitze oder sonstige Dokumente über seine Person vorlegen könne, antwortete der Antragsteller zu 1), dass er einen Personalausweis, eine Voters-Card, Schulzeugnisse und eine Geburtsurkunde habe. Diese Unterlagen befänden sich bei seiner Mutter bzw. seinem Bruder in Nigeria. In ihrer Einschätzung zur Erstbefragung am ... Januar 2016 gab die Regierung von Oberbayern ebenso wie in ihrer Einschätzung zu einer weiteren Befragung am … März 2016 an, dass Identitätsnachweise nicht vorlägen. Die Identität des Antragstellers zu 1) sei ungeklärt.
Laut einer Eurodac-Treffermeldung hat der Antragsteller zu 1) am … Juli 2014, die Antragstellerin zu 2) am ... August 2015 einen Asylantrag gestellt. Das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) vom 16. Februar 2016 wurde nach Aktenlage durch die italienischen Behörden nicht beantwortet.
Mit Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom ... April 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am selben Tag, erhob die Bevollmächtigte für die Antragsteller zu 1) und 2) Klage gegen den Bescheid
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Sie führte zur Begründung von Klage und Antrag aus, dass die Antragstellerin zu 2) schwanger sei. In Italien sei die medizinische Versorgung der Antragstellerin bzw. nach der Geburt die des Kleinkindes nicht gewährleistet. Außerdem sei nicht damit zu rechnen, dass der Antragstellerin eine kindgerechte Unterkunft zur Verfügung gestellt werde bzw. werden könne. Als Anlage beigefügt war ein Auszug aus einem Mutterpass, in dem als Geburtstermin der ... Oktober bzw. ... November 2016 genannt und das Alter der Mutter mit … Jahren angegeben wird. Der Auszug enthält zudem den handschriftlichen Vermerk „Flüchtling aus Nigeria“.
Die Antragsgegnerin legte mit Schriftsatz vom
Mit Schreiben vom ... Juli 2016, der Bevollmächtigten der Antragsteller zugestellt am ... Juli 2016, bat das Gericht binnen einer Woche ab Zustellung um Vorlage einer vollständigen Kopie des Mutterpasses der Antragstellerin zu 2).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei der Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und mögliche summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts zunächst verschont zu bleiben, zurück. Erweist sich umgekehrt der Bescheid nach vorläufiger Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung in der Regel anordnen, da kein öffentliches Interesse an der Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids besteht. Ist der Ausgang des Verfahrens nicht absehbar, bleibt es bei der allgemeinen Interessenabwägung.
Gemessen an diesen Grundsätzen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochten Bescheids, da nach vorläufiger Prüfung davon auszugehen ist, dass der angefochtene Bescheid sich als rechtmäßig erweisen wird und die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, wenn der Ausländer einen Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt hat.
1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem die Antragsteller zu 1) und 2) vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nach ihren eigenen Angaben gelebt haben und laut Eurodac-Treffer bereits einen Asylantrag gestellt haben, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (vgl. Art. 13 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Da Italien auf das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der hier maßgeblichen Zweiwochenfrist reagiert hat, ist davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Antragsteller zu 1) und 2) wieder aufzunehmen (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b i. V. m. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO). Auch die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO ist noch nicht abgelaufen.
2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a AsylG auch durchgeführt werden. Es liegen keine Gründe im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vor, die der Überstellung der Antragsteller zu 1) und 2) entgegenstünden.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Das Gericht konnte sich in diesem Sinne nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass die Antragsteller zu 1) und 2) in Italien grundsätzlich wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher, also überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt würden. Es folgt damit der ganz überwiegenden Meinung in der aktuellen Rechtsprechung, wonach in Italien im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung systemische Mängel im dargestellten Sinne nicht bestehen (vgl. z. B. VG München, B.v. 1.7.2016, M 1 S 16.50368; OVG NRW, U.v. 21.6.2016, 13 A 990/13.A;
Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - vom 4. November 2014 (Az. 29217/12 - Tarakhel - NVwZ 20154, 127) noch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (Az. 2 BvR 732/14 - juris -). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammen bleiben darf. Eine derartige Sicherstellung verlangt auch das Bundesverfassungsgericht für den Fall der Überstellung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern. Die genannten Entscheidungen beinhalten damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien.
Individuelle Garantieerklärungen der italienischen Behörden zur Unterbringung der Antragsteller zu 1) und 2) wurden hier zwar nicht vorgelegt, sind aber ungeachtet der vorgetragenen Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) auch nicht erforderlich.
Zwar spricht viel dafür, die vom EMGR und Bundesverfassungsgericht verlangte individuelle Garantie einer angemessenen Unterkunft nicht nur für den Fall der Überstellung einer Familie mit einem Neugeborenen, sondern auch für die Abschiebung einer Schwangeren zu verlangen, da diese ähnlich schutzbedürftig ist - oder jedenfalls wird - wie eine Familie mit einem Neugeborenen. Die Erwägungen, dass die Gesichtspunkte der körperlichen Unversehrtheit, der Achtung des Grundsatzes der Familieneinheit und der Gewährleistung des Kindeswohls besonderer Berücksichtigung bedürfen, treffen auch auf den Fall einer Schwangeren und ihr ungeborenes Kind zu. Auch die Wertungen, die sich aus der Dublin-III-VO selbst ergeben (vgl. den Erwägungsgrund 16 sowie Art. 16 Dublin-III-VO) sprechen dafür, dass das Bundesamt auch bei der Überstellung einer Schwangeren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen hat, dass die werdende Familie bei der Übergabe an diese eine geeignete Unterkunft erhält.
Vorliegend steht eine Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Antragstellerin hat zwar vorbringen lassen, dass sie schwanger und der errechnete Geburtstermin der ... Oktober 2016 bzw. der ... November 2016 sei. Als Nachweis wurde jedoch lediglich ein Auszug aus einem Mutterpass vorgelegt. Auf die Bitte des Gerichts, eine vollständige Kopie des Mutterpasses vorzulegen, hat die Antragstellerin nicht reagiert. Der nur auszugsweise vorgelegte Mutterpass vermag lediglich die Schwangerschaft einer vierundzwanzigjährigen Schutzsuchenden aus Nigeria zu belegen, nicht aber zwingend eine Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2).
Besteht schon in der Person der Antragstellerin zu 2) kein Abschiebungshindernis so gilt dies erst recht für den Antragsteller zu 1). Ist die Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) nicht hinreichend belegt, kann sich der Antragsteller zu 1) schon aus diesem Grund nicht auf den Grundsatz der Achtung der Familieneinheit berufen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller zu 1) im Verfahren zur Feststellung seiner Identität keine Nachweise dafür vorgelegt hat, dass er mit der Antragstellerin zu 2) verheiratet ist, obwohl er seinen eigenen Angaben zufolge im Oktober 2014 in Italien geheiratet hat und demnach über entsprechende Dokumente verfügen müsste. Zweifel an einer rechtswirksam geschlossenen Ehe zwischen den Antragstellern wecken auch die Angaben der Antragstellerin zu 2), denen zufolge sie am „… Juli“ nach Italien als ersten Mitgliedstaat eingereist ist und sich vor ihrer Weiterreise nach Deutschland am … Januar 2016 vier Monate in C. aufgehalten hat. Wie sie dann bereits im Oktober 2014 die Ehe mit dem Antragsteller zu 1) geschlossen haben kann, erschließt sich dem Gericht nicht. Auf die gesetzliche Vermutung des § 1592 BGB kann sich der Antragsteller zu 1) daher - unabhängig davon, dass es schon am Nachweis einer Schwangerschaft fehlt - nicht berufen.
3. In der Person der Antragstellerin zu 2) besteht auch kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis. Zwar lässt sich die Ansicht vertreten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Mutterschutzfristen entsprechend herangezogen werden müssen und daher während des Beschäftigungsverbots 6 Wochen vor und bis zu 8 Wochen nach der Entbindung auch eine Abschiebung einer Schwangeren ausscheidet (so VG Schwerin, B.v. 2.5.2014, 3 B 357/14 As - juris -). Allerdings fehlt es hier aus den oben unter 2. genannten Gründen schon am Nachweis einer Schwangerschaft. Zudem bestünde hier auch bei Berücksichtigung des früheren der beiden errechneten Geburtstermine (… Oktober 2016) noch kein Beschäftigungs- und damit auch kein Abschiebungsverbot.
Der Antrag der Antragsteller zu 1) und 2) war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 i. V. m. § 159 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Juli 2016 - M 6 S 16.50275 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge nigerianischer Staatsangehöriger. Er wurde am
Bei seiner Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am
Mit Bescheid vom
Am .... Juni 2016 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Bundesamts (M 1 K 16.50367) und beantragte dessen Aufhebung. Gleichzeitig beantragte er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 34a Abs. 2 S. 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keine Erfolgsaussicht.
Der Bescheid der Beklagten vom
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, wenn der Ausländer einen Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt hat.
1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Aufgrund der fehlenden fristgerechten Reaktion Italiens auf das Wiederaufnahmegesuch ist nach Art. 25 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO davon auszugehen, dass Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union seiner Verpflichtung, den Antragsteller wieder aufzunehmen, nachkommen und ihm tatsächlich Zugang zum italienischen Asylverfahren verschaffen wird.
2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Es liegen keine Gründe i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO vor, die der Überstellung des Antragstellers nach Italien entgegenstünden.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris m. w. N.). Dabei begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris). Der abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte folgt das entscheidende Gericht nicht (ebenso VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316; VG Gelsenkirchen, B.v. 16.11.2015 - 7a L 2055/15.A; VG München, U.v. 3.11.2015 - M 12 K 15.50799).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verfahren Tarakhel ./. Schweiz, in dem am 4. November 2014 ein Urteil des EGMR ergangen ist (Az. 29217/12
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts notwendig machen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der Vortrag des Antragstellers, seine Ehefrau und sein Kind lebten im Bundesgebiet, konnte nicht verifiziert werden; entsprechende Dokumente hat er nicht vorgelegt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80b AsylG).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist nach eigenen Angaben am 24. August 19.. in Adikieh, Eritrea, geboren, Staatsangehörige Eritreas, tigrinischer Volks- und koptisch-orthodoxer Religiongszugehörigkeit. Bis Februar 2011 hielt sie sich in Italien auf, wo sie auch unter dem Namen B. T. , geboren am 1. Januar 19.. und unbekannter Nationalität, registriert war. In Italien stellte sie am 21. August 2008 einen Asylantrag.
3Im Februar 2011 reiste sie in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 15. Februar 2011 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Da ihre Fingerkuppen Veränderungen aufwiesen, konnte eine erkennungsdienstliche Behandlung nicht sogleich vorgenommen werden. Dazu wurde sie angehört. Aufgrund von Fingerabdrücken, die ihr im Februar 2012 abgenommen wurden, stellte sich heraus, dass sie schon in Italien um Schutzgewährung nachgesucht hatte. Hierauf richtete das Bundesamt am 27. Februar 2012 gemäß Art. 16 Abs. 1 lit c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) ein Wiederaufnahmegesuch an Italien. Das italienische Innenministerium entsprach diesem Ersuchen am 28. Februar 2012 unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO.
4Mit Bescheid vom 29. Februar 2012 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Klägerin nach Italien an. Der Asylantrag sei nach § 27a AsylVfG (heute AsylG) unzulässig, weil Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Dieser Bescheid wurde der Klägerin erst am 1. Februar 2013 zugestellt.
5Mit Beschluss vom 20. März 2012 ‑ 6 L 450/12.A VG Düsseldorf ‑ hatte das Verwaltungsgericht der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, Abschiebungsmaßnahmen vorläufig bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren auszusetzen.
6Am 13. März 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass sie in Italien der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt und dort ein faires Asylverfahren nicht sichergestellt sei. Deshalb müsse die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen und das Asylverfahren durchführen. Die Zuständigkeit der Beklagten für die Durchführung des Asylverfahrens sei auch deshalb gegeben, weil die Überstellung nach Italien nicht innerhalb vom sechs Monaten nach der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs erfolgt sei.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 29. Februar 2012 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen,
9hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren durchzuführen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage ohne mündliche Verhandlung am 19. März 2013 abgewiesen. Die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte habe den Asylantrag der Klägerin zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil nicht die Beklagte, sondern vielmehr Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Diese Zuständigkeit folge aus Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO, den das italienische Innenministerium in seiner Erklärung zur Wiederaufnahme der Klägerin zitiert habe. Die Zuständigkeit sei auch nicht auf die Beklagte übergegangen. Die sechsmonatige Frist für die Überstellung der Klägerin gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO beginne erst mit der Rechtskraft des in diesem Verfahren ergehenden Urteils. Die Beklagte sei auch nicht deshalb zum Selbsteintritt verpflichtet, weil das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien "systemische Mängel" aufwiesen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an Italien überstellten Asylbewerber befürchten ließen. Deshalb sei auch die Abschiebungsanordnung nicht zu beanstanden.
13Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr früheres Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass sie Mitglied der Eritreischen Demokratischen Volkspartei sei und an den Aktivitäten des Deutschen Zweigs dieser Partei teilnehme.
14Die Klägerin beantragt,
15das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2013 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2012 aufzuheben.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
19Mit Beschluss vom 25. Juni 2013 (19 B 441/13.A) hat der für das vorliegende Verfahren früher zuständige 19. Senat des erkennenden Gerichts die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet.
20Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe
22Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten auch im Berufungsverfahren mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden sind (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO).
23Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
24Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Asylgesetz in der Fassung der Bekannt-machung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394), sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), ebenfalls zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394).
25A. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
26Die isolierte Anfechtungsklage ist die allein statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin-Verordnung begehrt.
27Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, NVwZ 2016, 154 = juris, Rn. 13 f., und vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, DVBl. 2016, 313 = juris, Rn. 9, sowie Beschluss vom 12. Januar 2016 - 1 B 64.15 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Urteile vom 16. September 2015 - 13 A 800/15.A -, juris, Rn. 22 ff., und vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 31; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 ‑, juris, Rn. 18.
28Das Bundesamt hat in Ziffer 1 des Bescheids eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit des Asylantrags getroffen, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Ungeachtet der gewählten Formulierung („Der Asylantrag ist unzulässig.“) liegt nicht lediglich eine Feststellung, sondern eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor, wie dies § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG verlangt.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn.10, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, NVwZ 2016, 67 = juris, Rn. 12.
30B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 29. Februar 2012 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
31I. Die Rechtmäßigkeit des auf §§ 27a, 34a AsylG gestützten Bescheids beurteilt sich nach der Dublin II-VO. Diese ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ungeachtet des § 77 Abs. 1 AsylG anwendbar.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 ‑, juris, Rn. 17.
33Auch die Ersetzung durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) ist insoweit unerheblich. Nach Art. 49 Satz 3 Dublin III-VO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist. Das ist hier der Fall. Die Klägerin hat ihr maßgebliches Schutzgesuch am 15. Februar 2011 angebracht. Die Dublin III-VO gilt zwar ab dem 1. Januar 2014 ‑ ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung ‑ für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern, wenn sie nicht bereits vor diesem Datum gestellt wurden.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 ‑ 10 C 7.13 ‑, BVerwGE 150, 29 = juris, Rn. 27, und vom 17. September 2015 ‑ 1 C 26.14 ‑, juris, Rn. 14.
35Hier ist aber das Wiederaufnahmeersuchen bereits am 27. Februar 2012 und damit vor dem Stichtag gestellt worden.
36II. Der Bescheid vom 29. Februar 2012 ist formell (1.) und materiell (2.) rechtmäßig.
371. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die in § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG vorgesehene persönliche Anhörung des Ausländers ist hier erfolgt. Die Klägerin hat am 15. Februar 2011 ihren Asylantrag in Deutschland gestellt. Nachdem ihr an den Tagen darauf wegen Veränderungen an den Fingerkuppen keine verwertbaren Fingerabdrücke abgenommen werden konnten, wurde sie zu einer weiteren ED-Behandlung am 25. Mai 2011 einbestellt. An diesem Tag wurde sie vom Bundesamt nicht nur zu den ‑ nach wie vor vorhandenen ‑ Veränderungen der Fingerkuppen, sondern auch zu ihrer Tätigkeit in Eritrea befragt. Eine weitere Anhörung der Klägerin insbesondere zu ihrem Reiseweg erübrigte sich für die erforderliche Sachverhaltsaufklärung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylG), als im Februar 2012 eine EURODAC-Anfrage einen Treffer für Italien ergab.
38Wäre die Anhörung der Klägerin nicht ausreichend gewesen, wäre dieser Verfahrensmangel jedenfalls nach § 46 VwVfG unbeachtlich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Es ist durch § 31 Abs. 4 und § 34a Abs. 1 AsylG unter den dort genannten Voraussetzungen, zu denen nicht die Berücksichtigung des Ergebnisses einer Anhörung des Ausländers gehört, zwingend vorgegeben.
39Auch unionsrechtlich ist diese Unbeachtlichkeit eines Verfahrensfehlers nicht zu beanstanden. Jedenfalls für Fälle, die der Dublin II-VO unterfallen, bestimmt das Unionsrecht schon kein Erfordernis eines persönlichen Gesprächs. Die unmittelbar geltende Dublin II-VO verpflichtet – anders als Art. 5 Dublin III-VO – das Bundesamt nicht zu einer Anhörung. Art. 12 Abs. 1 der während des Verwaltungsverfahrens noch maßgeblichen Richtlinie 2005/85/EG (Verfahrensrichtlinie I), wonach dem Asylbewerber Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Asylantrag durch einen nach nationalem Recht zuständigen Bediensteten gegeben wird, bevor die Asylbehörde eine Entscheidung trifft, gilt im vorliegenden Fall nicht. Nach dem 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/85/EG betrifft diese nicht die Verfahren im Rahmen der Dublin II-VO. Dies wird durch die Detailregelungen und Formulierungen in Art. 12 ff. Richtlinie 2005/85/EG bestätigt, die sich ersichtlich auf die materielle Prüfung des Asylbegehrens beziehen.
402. Der angefochtene Bescheid ist sowohl hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1 (a.) als auch hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 (b.) materiell rechtmäßig.
41a. Rechtsgrundlage der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1 ist § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG i. V. m. § 27a AsylG. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG ist in solchen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen.
42Im Zeitpunkt der Entscheidung im Berufungsverfahren, der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG entscheidungserheblich ist, ist der Asylantrag der Klägerin gemäß § 27a AsylG unzulässig. Italien ist nach der Dublin II-VO für die sachliche Prüfung und Entscheidung des Asylantrags zuständig (aa.). Es bestehen auch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien, die der Rückführung entgegenstünden (bb.).
43aa. Nach der Dublin II-VO ist Italien zuständig für das Asylverfahren. Dies ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO, weil der erstmalige illegale Grenzübertritt zu einem EU-Mitgliedstaat in Italien erfolgte. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
44Die Klägerin hat in Italien am 21. August 2008 einen Asylantrag gestellt, über den, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, bislang noch nicht entschieden wurde. Deshalb geht die Klägerin davon aus, dass Italien nach Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO zuständig sei. Nach dieser Vorschrift ist ein ursprünglich zuständiger Mitgliedstaat gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrags unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Art. 20 wiederaufzunehmen. Demgegenüber zitiert das italienische Innenministerium in seiner Wiederaufnahmeerklärung vom 28. Februar 2012 die Vorschrift des Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO, wonach dem Mitgliedstaat die Verpflichtungen nach Art. 16 Abs. 1 Dublin II-VO zufallen, der dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel erteilt hat. Damit ist offensichtlich kein Aufenthaltstitel nach erfolgreichem Asylverfahren gemeint, sondern vielmehr ein Titel, der den Aufenthalt während und für die Durchführung des Asylverfahrens erlaubt. Anderenfalls wäre der Verweis auf die Verpflichtungen des Mitgliedstaats aus Art. 16 Abs. 1 Dublin II-VO in Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO nicht verständlich.
45Dem Senat ist im übrigen aus anderen Verfahren, in denen der Ausländer in Italien als Flüchtling anerkannt wurde oder subsidiären Schutz erhalten hat, bekannt, dass das italienische Innenministerium in solchen Fällen keine Wiederaufnahme nach Dublin-Vorschriften erklärt, sondern auf Rückübernahmeabkommen verweist. Letzteres ist hier nicht geschehen. Italien hat seine Wiederaufnahmebereitschaft unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO erklärt.
46Die Zuständigkeit ist nicht auf Deutschland übergegangen, insbesondere ist die Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 Dublin II-VO nicht – mit der Folge eines Zuständigkeitswechsels – verstrichen. Danach erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat.
47Hier hat das Verwaltungsgericht vor Ablauf der 6-Monats-Frist mit Beschluss vom 20. März 2012 der Beklagten durch einstweilige Anordnung aufgegeben, von Abschiebungsmaßnahmen gegenüber der Klägerin abzusehen (6 L 450/12.A). Eine solche einstweilige Anordnung ist eine Entscheidung über einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 Dublin II-VO.
48In einem solchen Fall endet die Überstellungsfrist – wenn und solange die Überstellung (weiter) ausgesetzt ist – erst sechs Monate nach Entscheidung über die vorliegende Klage, d.h. nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptsacheverfahrens.
49Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 56, und vom 16. Juni 2015 ‑ 11 A 890/14.A -, juris, Rn. 26; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris, Rn. 35; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 - A 2 S 1355/11 -, AuAS 2012, 213 = juris, Rn. 24; Hess. VGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 2 A 1863/10.Z.A -, InfAuslR 2011, 463 = juris, Rn. 7.
50Die aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. März 2012 bestehende aufschiebende Wirkung der Klage dauert fort, weil der früher für das vorliegende Verfahren zuständige 19. Senat des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 25. Juni 2013 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat.
51bb. Der Beklagten ist auch nicht deshalb die Berufung auf die Zuständigkeit Italiens für den Asylantrag des Klägers verwehrt, weil die Klägerin wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU (im Folgenden: GR-Charta) ausgesetzt wäre.
52(1) Die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens beruhende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GR-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) steht, kann widerlegt werden. Eine Widerlegung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die asylrechtlichen Richtlinien der EU – Richtlinie 2003/9/EG bzw. 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie), Richtlinie 2004/83/EG bzw. 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), Richtlinie 2005/85/EG bzw. 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) – genügen. Vielmehr müssen die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta – der Art. 3 EMRK entspricht – ausgesetzt zu werden.
53Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C- 411/10 und C-493/10 (N.S.) -, NVwZ 2012, 417 = juris, Rn. 78 ff., vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) -, juris, Rn. 30 ff., und vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdullahi ) -, NVwZ 2014, 208 = juris, Rn. 52; EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, ZAR 2011, 395, Rn. 216 ff., und vom 4. November 2014 ‑ 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 93 und102 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 = juris, Rn. 5 ff., vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = juris, Rn. 5, und vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris, Rn. 3 ff.; vgl. zum Ganzen ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 65 ff.
54Wegen des in Deutschland geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss sich der Tatrichter die Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Systemische Mängel liegen danach vor, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
55Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 9.
56Zwar setzt dies nicht voraus, dass in jedem Falle das gesamte Asylsystem einschließlich der Aufnahmebedingungen und der zugehörigen Verfahren schlechthin als gescheitert einzustufen ist, jedoch müssen die in jenem System festzustellenden Mängel so gravierend sein, dass sie in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Das kann darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System selbst angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern nicht zufällig und im Einzelfall, sondern (objektiv) vorhersehbar von ihnen betroffen sind. Ein systemischer Mangel kann daneben aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis - faktisch in weiten Teilen funktionslos wird.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 89 ff.
58Hingegen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Derartige individuelle Erfahrungen – wie sie hier auch vom Kläger vorgetragen werden – sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung (hier: der Berufungsverhandlung) systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen, wobei zu beachten ist, dass persönliche Erlebnisse Betroffener durch neuere Entwicklungen in dem betreffenden Staat überholt sein können.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, juris, Rn. 6; s. auch EGMR, Urteil vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 30.
60Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Asylbewerbern ist maßgeblich auf Ausländer in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage wie der der Klägerin abzustellen, einer allein stehenden, jungen, arbeitsfähigen Frau, die in Italien vor ihrer Weiterreise nach Deutschland bereits einen Asylantrag gestellt hatte.
61(2) Hiervon ausgehend steht nach dem im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vorliegenden Erkenntnismaterial zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin im Falle ihrer Überstellung nach Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden.
62Vgl. ebenso für Italien – in unterschiedlichen Fallkonstellationen – EGMR, Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 36, vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 35, und vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, juris, Rn. 114 f.; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 35 ff., und vom 10. Juli 2015 - 15 A 1048/14.A -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 47 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 43 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 = juris; Hess. VGH, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 10 A 681/13.Z.A -, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG S.-A., Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, juris.
63(a) Bei der Würdigung der Erkenntnisse ist zunächst davon auszugehen, dass Italien - sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch die Verwaltungspraxis - über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren verfügt.
64Vgl. zum Asylverfahren im Einzelnen Auswärtiges Amt (AA), Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 2. und 3.; CIR (Consiglio Italiano per i Rifugiati), Asylum Information Database (aida): Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 16 ff.; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 4; s. auch EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 37.
65Ob Art. 4 GR-Charta die vollständige Umsetzung der diesbezüglichen Richtlinien erfordert, kann offen bleiben. Das Asylverfahren in Italien ist inzwischen richtlinienkonform. Mit Wirkung vom 30. September 2015 wurden die Neufassungen der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU in das italienische Recht übernommen (Gesetzesdekret 142/2015: decreto legislative 18 agosto 2015, n 143 „Attuazione della direttiva 2013/33/UE recante norme relative all’accoglienza die richiedenti protezione internazionale, noché della direttiva 2013/32/UE, recante procedure comuni ai fini del riconoscimento e della revoca dello status die protezione internazionale“).
66Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 9 und 12.
67Der Senat ist auch davon überzeugt, dass das Asylsystem trotz ggf. einzelner Unzulänglichkeiten prinzipiell funktionsfähig ist. Es ist weder in Bezug auf die tatsächliche Dauer noch auf die Qualität menschenrechtswidrig. In etwa der Hälfte der Fälle ist in den letzten Jahren ein Schutzstatus gewährt worden (2013: 61 %, 2014: 59 %, 2015: 42 %).
68Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 44 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 133 ff.; SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 7; zur Schutzquote vgl. Eurostat, recognition rates, 2013, 2014, 2015, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
69Bisher ist regelmäßig vor allem gerügt worden, dass für die formelle Registrierung als Asylbewerber (verbalizzazione) eine Wohnsitzbestätigung erforderlich sei und in der mitunter langen Zeit bis zur verbalizzazione eine Unterbringung nicht gewährleistet sei. Es kann offen bleiben, ob insoweit systemische Mängel anzunehmen wären. Nach der aktuellen Rechtslage (Gesetzesdekret 142/2015) wird ein Wohnsitz nicht verlangt und beträgt die Frist zwischen Asylgesuch und formeller Registrierung drei, maximal zehn Tage. Selbst wenn das Verfahren in der Praxis länger dauert, ist die Unterbringung in der Regel gewährleistet.
70Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.
71Gesetzesdekret 142/2015 stellt klar, dass die Adresse der Unterbringungseinrichtung, in dem der Antragsteller wohnt, als Wohnsitz zu betrachten ist.
72Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 21.
73(b) Dublin-Rückkehrer wie die Klägerin müssen nach der aktuellen Erkenntnislage auch während der Durchführung ihres Asylverfahrens in Italien nicht beachtlich wahrscheinlich damit rechnen, dass sie wegen der Aufnahmebedingungen in ihrem Grundrecht aus Art. 4 GR-Charta verletzt werden.
74Die Klägerin kann das offenbar nicht abgeschlossene Asylverfahren fortführen bzw. wiederaufnehmen. Dies gilt auch, wenn aufgrund von Abwesenheit eine negative Entscheidung ergangen sein sollte.
75Vgl. AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, S. 3; SFH, Auskünfte an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 3, und vom 18. Mai 2016, S. 2; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 40.
76Auch wenn der damals in Italien gestellte Asylantrag der Klägerin gegenüber bestandskräftig negativ beschieden worden sein sollte, ist für die Prüfung systemischer Mängel auf die für Asylbewerber geltenden Umstände abzustellen, da davon auszugehen ist, dass die Klägerin den hier gestellten Asylantrag in Italien weiter verfolgen wird und dort auch Zugang zu einem Folgeverfahren besteht.
77Vgl. im Einzelnen dazu OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 - 13 A 516/14.A -, juris.
78Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ist für Asylbewerber in Italien nicht gegeben. Die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Klägerin während der Dauer des Asylverfahrens die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnisse, medizinische Grundversorgung) nicht in einer noch zumutbarer Weise wird befriedigen können. Die zweifellos bestehenden Mängel der Aufnahmebedingungen sind nicht derart gravierend, dass bei jedem Rückkehrer die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 4 GR-Charta zu bejahen wäre.
79Die sich aus der Aufnahmerichtlinie ergebenden Verpflichtungen, die als Konkretisierung des für ein menschenwürdiges Dasein einzuhaltenden Maßstabs im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta angesehen werden,
80vgl. EGMR, Urteile vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 28 f., vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 96 f., und vom 21. Januar 2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243, Rn. 250 f. und 263; zurückhaltender EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, Rn. 84 (nicht jeder geringste Verstoß genügt); OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 120 ff.; kritisch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406 (407), sowie Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 27a Rn. 22,
81hat Italien, wie bereits ausgeführt, in innerstaatliches Recht übernommen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die rechtlichen Vorgaben in der Praxis im erheblichen Ausmaß nicht beachtet werden.
82(aa) Das in Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 g) Aufnahmerichtlinie verankerte Recht auf Unterkunft bleibt auch nicht systematisch unbeachtet, so dass etwa mit monatelanger Obdachlosigkeit zu rechnen wäre.
83Vgl. für Griechenland EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, EuGRZ 2011, 243 = juris, Rn. 253, 263.
84Eine solchermaßen dramatische Lage lässt sich aktuell für Italien aufgrund belastbarer Tatsachen nicht feststellen.
85Wer noch keinen Asylantrag gestellt hat, kann bei der Questura desjenigen Flughafens, an den er rücküberstellt wird, einen Asylantrag stellen (Verbalizzazione) und erhält etwa bei der Nichtregierungsorganisation (non-governmental organization, NGO) am Flughafen in Rom einen Unterbringungsplatz in einem CAS (Centro die accoglienza straordinaria)-Zentrum in der Umgebung von Rom. Wer vor der Weiterreise bereits ein Asylgesuch in Italien gestellt hatte, muss zur zuständigen Questura reisen, um das Asylverfahren weiterzuführen. Dazu erhält er an der Grenze, etwa auch bei seiner Ankunft am Flughafen in Rom, von NGOs ein Bahnticket zur Verfügung gestellt. Bei der zuständigen Präfektur wird die Unterkunft beantragt. Wer das Unterbringungszentrum ohne Meldung verlassen hat, verliert zwar grundsätzlich seinen Unterkunftsanspruch, kann aber einen neuen Platz beantragen.
86Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 4 ff.; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.2 und 2.1., und vom 11. September 2013; zu letztgenanntem Gesichtspunkt s. auch CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 75.
87Für Folgeantragsteller gilt nichts anderes, insbesondere können sie ebenfalls in den Unterkunftszentren unterkommen.
88Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 48; SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 18. Mai 2016, S. 2.
89Ende 2015 verfügte Italien nach einer massiven Aufstockung über rund 104.000 Unterbringungsplätze in CAS-, CPSA (Centro di primo soccorso e accoglienza)-, CDA (centro di accoglienza)-, CARA (Centro di accoglienza per richiedenti asilo; jetzt: „centri governativi di accoglienza“)- und SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugiati“)-Einrichtungen, wovon der größte Anteil auf die temporären Aufnahmeeinrichtungen des CAS-Systems entfällt (76.683 Plätze).
90Dem standen 2015 rund 84.000 neue Asylanträge gegenüber, knapp 20.000 mehr als im Vorjahr.
91Vgl. die Eurostat-Statistik „Asylum and new asylum applicants – annual aggregated data –“, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
92Hinzu kommen noch die Personen, die sich bereits zuvor im Asylverfahren befanden, und die Dublin-Rückkehrer.
93Am 29. Februar 2016 waren insgesamt 107.387 Personen in diversen national unterhaltenen Unterkunftszentren untergebracht.
94Vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation, Italien, Wien, 22. März 2016.
95Unterstützt von EASO (European Asylum Support Office der EU) hat Italien die Unterkunftskapazitäten erheblich erhöht.
96Vgl. EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 1.
97Das SPRAR-System, ein kommunales Unterbringungssystem, das vom italienischen Staat zentral verwaltet wird und eine Unterbringung bei privaten oder kommunalen Trägern vorsieht, wird ständig ausgebaut und soll von 20.000 auf mindestens 35.000 Plätze aufgestockt werden.
98Vgl. AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4.
99Die Unterbringung in den staatlichen Einrichtungen wird grundsätzlich für die Zeit des Asylverfahrens und eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens gewährleistet.
100Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
101Eine zuvor angenommene maximale Aufenthaltsdauer von 20 bzw. 35 Tagen in CARA-/CDA-Zentren oder sechs Monaten in SPRAR-Einrichtungen, die im Übrigen oft wesentlich überschritten wurde,
102vgl. ASGI (Associazione Studi Giuridici sull’Immigrazione), The Dublin System and Italy: A Wavering Balance, März 2015, S. 13 f., 23 f.; aida (Asylum Information Database): Country Report Italy, Januar 2015, S. 53; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 11. September 2013; UNHCR, Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy, Juli 2012, S. 12; borderline-europe e.V., Auskunft an VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 34 f. und 51,
103gibt es für Asylantragsteller nicht (mehr). Eine Obergrenze für die Dauer des Aufenthaltes ist im Gesetzesdekret 142/2015, das die entsprechenden Vorgaben der Aufnahmerichtlinie umsetzt, nicht vorgesehen.
104Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
105Ergänzend zu den staatlichen Unterbringungseinrichtungen stellen verschiedene kirchliche oder kommunale Einrichtungen sowie lokale Hilfsorganisationen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Unterkünfte zur Verfügung.
106Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4, und an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 4.4; borderline-europe e.V., Auskunft an das VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 21.
107Insgesamt kann angesichts dieser Zahlen nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterbringung, auch wenn sie von unterschiedlicher Qualität ist und nicht in jedem Fall den Mindeststandards entspricht,
108vgl. zu den Bedingungen in den Einrichtungen CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 70 ff.; SFH, Auskunft an das VG Schwerin vom 23. April 2015, S. 4,
109im Sinne systemischer Mängel defizitär ist.
110Selbst wenn man aber unterstellt, die in Italien aktuell vorhandenen Kapazitäten zur Unterbringung von Asylbewerbern reichten derzeit oder in naher Zukunft nicht aus, ergäbe sich daraus nach Auffassung des Senats noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitendes Versagen des Staates. Die Menschenrechte verpflichten die Staaten weder, eine absolut bestimmbare Mindestanzahl von Unterkünften zur Verfügung zu stellen, noch dazu, rein vorsorglich Unterkunftskapazitäten im Umfang einer „Spitzenbelastung“ vorzuhalten.
111Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 158.
112Nach den vorliegenden Erkenntnissen reagiert Italien jedenfalls inzwischen flexibel auf den Zustrom. Das System ist durch die kurze Auftragsdauer für die temporären CAS-Zentren (Ausschreibung alle sechs Monate) sehr flexibel in Bezug auf Schwankungen. Ferner waren jüngst unter dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) verschiedene Projekte ausgeschrieben, die auch die Unterbringung von Asylbewerbern umfassten.
113Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.
114Hiervon ausgehend ist die Erwartung, dass künftig zunehmend mehr Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer suchen und in Italien die Grenze zur EU überschreiten werden, nicht ausreichend, um derzeit systemische Mängel anzunehmen. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn – was hier nicht der Fall ist – absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems ergriffen würden.
115Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 41.
116(bb) Auch die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung, Hygieneartikeln und der Zugang zu einer medizinischen Mindestversorgung (vgl. Art. 19 Richtlinie 2013/33/EU) ist während des Asylverfahrens grundsätzlich in menschenrechtskonformer Weise gewährleistet. Asylbewerber haben Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem, insbesondere ist eine kostenfreie Notversorgung gewährleistet. Die übrige Versorgung erfolgt über die Unterbringungseinrichtungen, teilweise auch über karitative Organisationen.
117Vgl. SFH, Auskünfte an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 8 f., und vom 18. Mai 2016, S. 4; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 3.1, an das VG Schwerin vom 25. März 2015, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 5. und 6.; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 64, 82; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 5.
118Zudem ist es Asylbewerbern nach Art. 22 Abs. 1 des Gesetzesdekrets 142/2015 bereits 60 Tage nach Stellung des Asylgesuchs erlaubt zu arbeiten.
119Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 81.
120(cc) Aus der Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014, mit der die Rückführung nach Italien von Garantien italienischer Behörden abhängig gemacht worden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Sie beruht auf der besonderen Situation einer Familie mit sechs minderjährigen Kindern, der spezifischen Schutzbedürftigkeit von Kindern und dem Gebot der Wahrung der Familieneinheit. Für den Fall eines alleinstehenden (jungen) Mannes hat der EGMR in späteren Entscheidungen (Urteile vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) - und vom 30. Juni 2015 – 39350/13 (A.S. ./.Schweiz) -) gerade keine Grundlage für die Annahme gesehen, ihm drohe im Fall der Rückführung nach Italien eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK. Dass diese Bewertung im Falle einer alleinstehenden, jungen Frau nicht gilt, ist nicht ersichtlich.
121Individuelle, in der Person der Klägerin liegende besondere Gründe, die eine Zuordnung zur Gruppe der besonders verletzlichen Personen erfordern und eine Überstellung als menschenrechtswidrig erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
122(dd) Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer.
123Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich unter diesem Gesichtspunkt eine Pflicht zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nur ableiten, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde.
124Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 (N.S. u.a.) -, juris, Rn. 98 und 108, sowie vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) - juris, Rn. 35; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5; Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 271 Rn. 66.
125Mit einer solchen Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Der EuGH geht von der Prämisse aus, dass im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel und demzufolge eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta in Rede stehen. Bei der dann gebotenen Prüfung, ob anhand der Kriterien der Dublin II-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann, ist die Verfahrensdauer im Blick zu behalten. Ein solcher Fall ist hier, wie ausgeführt, nicht gegeben. Vielmehr ist die Überstellung in den als zuständig ermittelten Mitgliedstaat Italien möglich.
126Selbst wenn man aber der Rechtsprechung des EuGH einen allgemeinen Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer entnehmen wollte, bezieht sich die Verfahrensdauer in diesem Sinne auf die Zuständigkeitsbestimmung durch das Bundesamt, d. h. auf das Verwaltungsverfahren.
127So im Ergebnis auch BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14, 1 C 33.1 C 33.14 und 1 C 34.1 C 34.14 -, jeweils juris, Rn. 21, sowie Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5.
128Die Einbeziehung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens zu Lasten der Beklagten scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Asylbewerber – wie hier in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheids – eine rechtmäßige Verwaltungsentscheidung angreift. Denn in diesem Fall hat bei normativer Betrachtung nicht die Beklagte die Ursache für die lange Verfahrensdauer gesetzt.
129Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 18. Februar 2016 ‑ 1 A 11081/14 -, juris, Rn. 33.
130Das Verwaltungsverfahren der Zuständigkeitsbestimmung dauerte hier von der Asylantragstellung am 15. Februar 2011 bis zur Erklärung der Bereitschaft, die Klägerin wieder aufzunehmen, vom 28. Februar 2012. Bezieht man weiter das Ergehen des hier angefochtenen Bescheids vom 29. Februar 2012 ein, ist auch dies noch keine unangemessene Verfahrensdauer. Dieser Bescheid ist der Klägerin zwar erst im Februar 2013 förmlich zugestellt worden. Die Klägerin hatte aber spätestens am 9. März 2012 Kenntnis von diesem Bescheid. An diesem Tag haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht (6 L 450/12.A) gestellt.
131b) Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
132Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass die Rücknahmebereitschaft im positiven Sinne geklärt sein muss. Dem Bundesamt obliegt die Prüfung, dass weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vorliegen noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse der Abschiebung entgegenstehen. Dies gilt auch für nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretende Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe.
133Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, und vom 3. März 2015 - 14 B 102/15.A -, juris.
134Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin an einer behandlungsbedürftigen, in Italien nicht behandelbaren Erkrankung leidet. Die Voraussetzungen für ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Die Rückführung ist tatsächlich möglich. Da die Überstellungsfrist noch nicht verstrichen ist, ist davon auszugehen, dass die unter dem 28. Februar 2012 erklärte Übernahmebereitschaft fortbesteht. Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit oder eine aus sonstigen Gründen resultierende Unmöglichkeit einer Abschiebung sind nicht ersichtlich.
135C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist eigener Angabe zufolge am ... geboren, nigerianischer Staatsangehöriger. Am
Bei der Eurodac-Recherche des Bundesamts ergab sich bezüglich des Antragstellers ein Treffer für Italien. Es wurde festgestellt, dass der Antragsteller am
Bei seiner Zweitbefragung durch das Bundesamt am
Aufgrund des Eurodac-Treffers stellte das Bundesamt am
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei am
Asylbewerber hätten in Italien während des Asylverfahrens Anspruch auf Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. Die Unterbringung von Flüchtlingen werde durch den Nationalen Verband italienischer Gemeinden koordiniert, dieser beziehe hierfür notwendige Mittel aus einem nationalen Fonds des Innenministeriums.
Auch wenn es regionale Unterschiede gebe, könne im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass für die Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche karitative Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Während des Asylverfahrens hätten die Asylbewerber auch Anspruch auf Verpflegung; Kleidung, Wäsche und Hygieneartikel würden gestellt. Der Erhalt der Leistungen werde an den Aufenthalt in einem Zentrum geknüpft. Eine kostenfreie medizinische Versorgung stehe auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht seien, die Notambulanz sei für alle Personen in Italien kostenfrei.
Zu diesen Feststellungen wurde auf Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und Auskünfte des Auswärtigen Amtes, des UNHCR, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und anderer Institutionen verwiesen.
Daher würde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft; Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Italien als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens durch Italien oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG.
Am ... April 2016 erhob der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts vom 28. Januar 2016 aufzuheben. Er beantragte außerdem am selben Tag,
hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, eine Rückkehr nach Italien sei nicht zumutbar, weil das dortige Asylsystem mangelhaft und überfordert sei. Asylbewerber erhielten in Italien keine Hilfe und seien weitestgehend auf sich allein gestellt. Er hätte dort kein Unterkunft und keine Arbeit und wäre gezwungen, seinen Lebensunterhalt mit Betteln zu bestreiten. Hier in Deutschland habe er Aussicht, in Kürze Arbeit zu finden und seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren zu können.
Mit weiterem Schreiben vom ... April 2016 machte der Antragsteller systemische Mängel im italienischen Asylverfahren, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCH und Art. 3 EMRK mit sich brächten, geltend. Die jüngste Entwicklung habe gezeigt, dass bezüglich Italien nicht mehr von der Vermutung, dass die jeweiligen Mitgliedstaaten die in den genannten Regelwerken festgelegten Rechte der Asylantragsteller wahrten, ausgegangen werden könne. Es handle sich um eine flächendeckende Gefährdung eines humanen Verfahrens. Es obliege den nationalen Gerichten, in solchen Fällen von einer Überstellung abzusehen. Schwachstelle im italienischen System sei die Unterbringungssituation. Für Dublin-Rückkehrer und anerkannt Schutzberechtigte stünden nur die Unterkünfte aus dem Zweitaufnahmesystem zur Verfügung, hier würden sich die Kapazitäten nach Angaben des italienischen Innenministeriums auf 19.000 Plätze belaufen; hierzu wurde auf das Urteil des OVG NRW
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 15. April 2016 die Akte vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt ohne Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es eine Abwägung trifft zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids, wie es der Regelung des § 75 Abs. 1 AsylG zugrunde liegt, und dem Interesse des jeweiligen Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, hat das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurückzutreten. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung, bei der jedoch die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, zu berücksichtigen ist.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung hier im Ergebnis zulasten des Antragstellers aus. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die Erfolgsaussichten seiner Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 28. Januar 2016 als gering anzusehen.
Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist; gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Solche Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft im Sinne von § 27a AsylG finden sich aktuell in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III-Verordnung, gemäß ihres Art. 49 Abs. 1 in Kraft getreten am 30. Juni 2013).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass Italien für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig ist. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO prüft der Mitgliedstaat den Asylantrag, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO). Dies ist aufgrund der vorliegenden Beweise und Indizien (Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO), hier der Daten aus der Eurodac-Datei (vgl. Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates über die Errichtung von „Eurodac“, ABl. L 316) und des eigenen Vortrags des Antragstellers im Rahmen der Befragung vor dem Bundesamt Italien.
Die Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO ist gewährt.
Gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO kann davon ausgegangen werden, dass Italien dem Aufnahmegesuch vom 16. Oktober 2015 stattgeben wird, da hierauf keine fristgemäße Reaktion erfolgte.
Gründe, von einer Überstellung nach Italien gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Diese Vorschrift setzt voraus, dass es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta - EU-GR-Charta - mit sich bringen. In diesem Fall setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der Zuständigkeitskriterien nach Kapitel III der Dublin III-VO fort, um ggf. die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festzustellen. Kann keine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festgestellt werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
Es sind keine Gründe erkennbar, weshalb die Antragsgegnerin gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO im Wege der Ermessensreduzierung auf Null das ihr eingeräumte Selbsteintrittsrecht zugunsten des Antragstellers ausüben müsste, den Asylantrag also in eigener Zuständigkeit sachlich prüfen müsste. Systemische Mängel, die eine solche Zuständigkeit begründen könnten, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen weder bei der Durchführung von Asylverfahren, noch hinsichtlich des Aufnahmesystems in Italien festzustellen.
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10
Daraus hat der EuGH die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 80). Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der EU-Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 104).
Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Auf-nahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86 und 94). Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der (damals maßgeblichen) Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 106 und LS 2; ebenso U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11
Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 27.4. 2010 -10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird, wobei derartige Defizite deshalb vorhersehbar sein müssen, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Dann treffen die Mängel den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern waren von deutschen Behörden und Gerichten verlässlich vorhersehbar. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin II-VO bzw. Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat aus (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 9).
Das Gericht konnte sich in diesem Sinne nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Antragsteller in Italien grundsätzlich wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher, also überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt würde. Es folgt damit der ganz überwiegenden Meinung in der aktuellen Rechtsprechung, wonach in Italien Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung systemische Mängel im dargestellten Sinne nicht bestehen (vgl. z. B. VG München, B. v. 1.3.2016 - M 1 S 16.50017; VG München, B. v. 12.1.2016 - M 25 S 15.50996; VG München, B. v. 8.1.2016 - M 3 S 15.50927; VG Augsburg, U. v. 19.10.2015 - Au 5 K 15.50416 < juris > m. w. N.; VG München, B. v. 14.10.2015 - M 12 S 15.50779 < juris >; VG Gelsenkirchen, B. v. 9.10.2015 - 9a L 2021/15 A < juris >; VG München, B. v. 10.4.2015 - M 16 S 15.50307; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 < juris >).
Auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (GK), U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz Nr. 29217/12
Auch in der Person des Antragstellers liegen keine individuellen beachtlichen Gründe für die Annahme vor, dass die Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO vorlägen bzw. eine Ermessensreduzierung zu seinen Gunsten geboten wäre. Der Antragsteller ist ein junger, allein stehender Mann, er hat in seiner Anhörung vor dem Bundesamt auf Frage nach bestehenden Gebrechen und Erkrankungen nur gelegentliche Schmerzen in seinem Bein angegeben, weshalb er zu einem Arzt gehen wolle.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Rechtsschutz gegen die Überstellung nach Italien im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.
Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge ein am ... geborener nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste am
Inn der Akte befindet sich eine Bestätigung von Fachärztinnen für Allgemeinmedizin vom
Es ergab sich für den Kläger ein EURODAC-Treffer für Italien (IT1BA00847; Bl. 52 der Behördenakte).
Auf ein Übernahmeersuchen der Beklagten vom
Das Landratsamt ... übersandte dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das von dort gewünschte psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. ...
Mit Bescheid vom
Zur Begründung führte es aus, Italien sei für die Bearbeitung des Antrags zuständig, Art. 18 Abs. 1b) Dublin III VO. Vom Selbsteintrittsrecht werde nicht Gebrauch gemacht. Reisefähigkeit des Klägers werde attestiert.
Der Bescheid wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am
Am ... Februar 2016 erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den obengenannten Bescheid Klage mit dem Antrag
den Bescheid des Bundesamtes vom
Die Klage wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Im Asylsystem Italiens gäbe es systemische Mängel. Es läge keine Garantierklärung vor, dass der Kläger eine Unterkunft erhält (VG Hannover, B. v. 22. 12. 2014, Az. 10 B 11507/14 - juris).
Die Beklagte übersandte am
keinen Antrag.
Am
Mit Beschluss vom 21. März 2016
Für den
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, weil der Kläger mit Schreiben vom ... April 2016 und die Beklagte mit Schreiben vom
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gem. Art. 26 Abs. 1 Satz 1 Dublin III VO setzt der ersuchende Mitgliedsstaat die betreffende Person von der Entscheidung in Kenntnis, sie in den zuständigen Mitgliedsstaat zu überstellen, wenn der ersuchte Mitgliedsstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme des Klägers zustimmt.
Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Für die Prüfung des Asylantrags des Klägers ist gem. Art. 3, 13 Abs.1, 18 Abs. 1b) Dublin III VO Italien zuständig. Der Kläger ist nach eigenen Angaben in Italien gewesen und hat dort 7 Jahre lang gelebt (Bl. 17, 18 der Behördenakte). Ausweislich des EURODAC-Treffers der Kategorie 1 (Bl. 52 der Behördenakte) hat er in Italien einen Asylantrag gestellt. Die Einzelheiten zur Erfassung von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „EURODAC“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-VO) und der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur EURODAC-VO (EURODAC-DVO). In Art. 2 Abs. 3 EURODAC-DVO sind im Einzelnen die Anforderungen an die von dem jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat verwendete Kennnummer im Sinne von Art. 5 Abs. 1 d EURODAC-VO geregelt. Entsprechend Art. 2 Abs. 3 Satz 2 EURODAC-DVO beginnt die Kennnummer mit dem oder den Kennbuchstaben, mit dem oder denen die die Daten übermittelnden Mitgliedstaaten bezeichnet werden. Dem oder den Kennbuchstaben folgt die Kennung für die Personenkategorien. Dabei werden Daten von Asylbewerbern mit „1“ gekennzeichnet. Daraus folgt, dass der Kläger als Asylbewerber erfasst worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die italienischen Daten unzutreffend sind, bestehen nicht.
Das Übernahmeersuchen an die italienischen Behörden wurde am
Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Italiens in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.
Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaatgemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v.
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10
Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR - Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007
Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10
Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach der Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und juris; OVG Lüneburg, U. v. 25.6.2015 -11 LB 248/14 - juris; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris).
Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.
Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.
Nach den insoweit im Kern übereinstimmenden Erkenntnismitteln des Auswärtigen Amtes (AA an das OVG NRW
Nach den Erkenntnismitteln werden Dublin-Rückkehrer in der Regel auf dem Luftweg nach Italien überstellt. Sie werden von der italienischen Grenz- bzw. Luftpolizei nach der Landung zu den regionalen Polizeidirektionen (Questura) am Flughafen begleitet bzw. erhalten dort ein Zugticket, um zu einer weiter entfernten Questura zu fahren. Die dort vorzunehmende Formalisierung des Asylantrags - sog. Verbalizzatione - kann einige Tage, Wochen oder sogar Monate dauern (SFH, Oktober 2013; UNHCR, Bericht v. Juli 2013; AA an OVG NRW
Hinzuweisen ist auf die Schwierigkeiten, zuverlässige Belegungszahlen zu ermitteln, da diese nicht nur von den bereits vorhandenen Unterkunftsplätzen abhängen, sondern von häufig irrationalen nicht vorhersehbaren Verhaltensweisen der Asylbewerber und kurzfristig auftretenden Flüchtlingsströmen in der EU beeinflusst werden. Der italienische Staat ist erfolgversprechend bemüht, die Unterbringungskapazitäten der jeweiligen Belastungssituation anzupassen. Nach dem zwischenzeitlichen Höchststand der Zahl der nach Italien geflüchteten Personen im Jahr 2011 und einem Rückgang im Jahr 2012 ist die Zahl im Jahr 2013 wieder angestiegen (SFH, Oktober 2013, S. 7). Auf den Anstieg der Zahlen im Jahr 2011 haben die italienischen Behörden mit zusätzlichen - im Jahr 2012 wieder reduzierten - Unterbringungsmöglichkeiten reagiert. Auch für 2013 war eine Erhöhung der Platzzahl vorgesehen (vgl. hierzu im Einzelnen: Aida-Report, November 2013; AA v. 24. Mai 2013 an das VG Minden und OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR v. Juli 2013; SFH, Oktober 2013). Wie sich aus dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015 ergibt, standen am 29. Dezember 2014 in den CPSA/CAD/CARA 9.592 Plätze und in den SPRAR 19.900 Plätze zur Verfügung. Damit sind die staatlichen Unterkunftsplätze bereits erheblich aufgestockt worden (im Vergleich dazu 2012: insg. 8000 Plätze in den CARA und SPRAR, siehe UNHCR, Auskunft vom 24. 4. 2012 an VG Braunschweig). Nach dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015 sind die verfügbaren Plätze zur Unterbringung noch immer nicht ausreichend, um alle Migranten und Asylbewerber aufzunehmen, so dass die CARA und die Erstaufnahmezentren -CPSA - oft überfüllt sind (S. 59). Den italienischen Stellen ist aber das Schicksal der Flüchtlinge nicht gleichgültig und sie bemühen sich nach Kräften, unter Ausschöpfung aller Unterbringungsreserven, Flüchtlingen ein Obdach zu geben. Weiter ergibt sich aus dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015, dass Italien die Unterbringungssituation nicht tatenlos hinnimmt, sondern in den letzten Monaten weitere Unterbringungsformen eingerichtet hat, um auf die hohe Zahl an Bootsflüchtlingen zu reagieren. So sind in verschiedenen Regionen Italiens zusätzliche Aufnahmezentren (CAS - Temporary or emergency accomodation system) geschaffen worden, auf die die Flüchtlinge nach einem bestimmten Schlüssel verteilt werden und in denen Ende des letzten Jahres 34.991 Flüchtlinge untergebracht waren (S.12, 61). Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 25. März 2015 wurde die Zahl der Unterbringungsplätze bis Ende Februar 2015 auf 30.000 erhöht, davon CARA/CDA 9.504 und SPRAR 20.596. Dies zeigt, dass Italien in ganz erheblichem Umfang kurzfristig zusätzliche Unterkunftsplätze einrichten und zur Verfügung stellen will und kann, wenn der Zustrom der Flüchtlinge dies erfordert. Hinzu kommt ein Netzwerk an privaten Unterbringungsmöglichkeiten, welches nicht Teil des staatlichen Aufnahmesystems ist und über das keine Zahlen vorliegen (AIDA-Länderbericht vom Januar 2015, S.62).
Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass trotz der nach wie vor bestehenden Kapazitätsengpässe zwischen den vorhandenen und den erforderlichen Plätzen kein so großes Missverhältnis besteht, dass eine Unterbringung von Dublin-Rückkehrern typischerweise nicht möglich wäre. Vielmehr droht auch Dublin-Rückkehrern in Italien grundsätzlich nicht die Gefahr monatelanger Obdachlosigkeit oder fehlender Versorgung, so dass systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems nicht vorliegen (OVG Lüneburg, U. v. 25. 6. 2015, a. a. O.).
Die Asylsuchenden haben während der Dauer des Asylverfahrens im Regelfall neben dem Anspruch auf Unterbringung Anspruch auf materielle Leistungen wie Verpflegung und Hygieneartikel (vgl. AA an OVG Sachsen-Anhalt
Auch im Hinblick auf die materiellen Leistungen und die medizinische Versorgung ist aber nur im Regelfall von einem hinreichenden Schutz auszugehen. Sowohl in diesem Bereich wie auch besonders im Bereich der Unterbringung werden in den angeführten Erkenntnismitteln auf Mängel hingewiesen. Gleichwohl hat der UNHCR eine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, ein bereits einen Schutzstatus in Italien haben, nicht nach Italien zu überstellen, nicht ausgesprochen. Auch wenn daraus nicht geschlossen werden soll, wie der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 7. März 2014 an das OVG NRW betont, dass keine einer Überstellung entgegenstehende Zustände vorlägen, ist die Nichtempfehlung als Indiz für das Fehlen systemischer Mängel zu werten, da die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften besonders relevant sind (vgl. EuGH, U. v. 30. Mai 2013 - C - 528/11, Rn.44, NVwZ 2013, 660 ff. und juris).
Auch unabhängig von dieser Indizwirkung liegen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme systemischer Mängel nicht vor. Entsprechend den genannten Anforderungen an für die Annahme systemischer Mängel maßgeblichen Prognosemaßstab kann nicht allein auf einzelne Mängel des Systems verwiesen werden. Die beachtliche Wahrscheinlichkeit muss sich auf die Würdigung aller Umstände gründen, zu denen das jeweilige Rechtssystem des Mitgliedsstaates wie auch die Verwaltungspraxis gehört. Dieser hat sich auf den vorhersehbaren Verlauf der Dinge auszurichten. Bemühungen des betroffenen Staates, sich den Mängeln zu stellen und auf seine Entwicklungen etwa des enormen Anstiegs einer Flüchtlingszahl zu reagieren, sind zu berücksichtigen. Kommt es gleichwohl zu Mängeln bei der Unterbringung von Asylsuchenden bis zur Aufnahme ihres Asylantrags, liegen keine systemischen Mängel vor, wenn der betreffende Mitgliedsstaat erfolgversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Solche Bemühungen des italienischen Staates liegen vor (siehe obige Ausführungen). Beim Anstieg der Zahl der Asylsuchenden im Jahre 2011 ist - wie ausgeführt - ein besonderes Programm zur Unterbringung der Asylsuchenden aufgestellt und durchgeführt worden. Nach dem erneuten Anstieg der Zahl der Asylsuchenden im Jahr 2013 sind die italienischen Behörden vom italienischen Innenministerium angewiesen worden, dass die Verbalizzazione zeitlich mit der Asylgesuchsstellung zusammenfallen und zur Verkürzung der Wartezeiten ein neues Informationssystem (Vestanet) eingeführt werden soll, das inzwischen besteht (OVG NRW, U. v. 7. März 2014, a. a. O.). Von einem Inkaufnehmen der Mängel der Unterkunftsgewährung kann somit nicht ausgegangen werden. Von einer allgemeinen dramatischen Wohnungs- und Unterbringungsnot der Dublin-Rückkehrer wird nicht berichtet.
Das Gericht schließt sich deshalb der Beurteilung des EGMR an, der infolge der umfassenden Auswertung der vorliegenden auch aktuellen Erkenntnismittel zu dem Ergebnis gekommen ist, dass zwar in einigen Bereichen, an einigen Orten, insbesondere infolge des Eintreffens von Flüchtlingswellen immer wieder Mängel insbesondere bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu verzeichnen sind, diese jedoch nicht den Grad bzw. Umfang von systemischen Mängeln aufweisen. Der EGMR hat in seinem Beschluss vom 2. April 2013 (a. a. O.) ausgeführt:
„Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und Organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zweckes eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mag, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen, wie es im Fall M.S.S. gegen Belgien und Griechenland der Fall war. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars weisen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigen übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten sind. (...) Vor diesem Hintergrund kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt hat, dass ihr im Fall einer Rückkehr nach Italien aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher und psychologischer Sicht ein tatsächliches und dringliches Härtefallrisiko droht, das schwer genug wiegen würde, um von Art. 3 EMRK erfasst zu werden.“
Der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U. v. 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08; BVerwGE 128, S.326 und juris) hat seine Rechtsauffassung über die Einschätzung der Situation der Asylsuchenden in Italien durch die Entscheidungen vom 18. 6. 2013 (53852/11), 10. 9. 2013
Dieser Einschätzung schließt sich das Gericht mit einer Vielzahl weiterer Gerichte an: u. a. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O., OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 24. 6. 2013 - OVG 7 S 58/13, VG Stuttgart, U. v. 28. 2. 2014 - A 12 K 383/14; VG München, B. v. 24. 2. 2014 - M 11 S 14.30179; VG Düsseldorf, B. v. 7. 5. 2015 - 13 L 640/15.A; VG Gelsenkirchen, B. v. 6. 5. 2015 - 7a L 855/15.A; VG Minden, B. v. 4. 5. 2015 -1 L 305/15.A; VG Münster, B. v. 29. 4. 2015 - 1 L 417/15.A; OVG Lüneburg, U. v. 25. 6. 2015 - 11 LB 248/14; OVG NW, U. v. 24. 4. 2015 - 14 A 2356/12.A; VG Augsburg, B. v. 17. 7. 2015 - Au 7 S 15.50330 VG München, B. v. 20. 7. 2015 - M 25 S 15.50657; VG Augsburg, U. v. 20. 7. 2015 - Au 5 K 15.50310; VG Hannover, B. v. 29. 9. 2015 -13 B 4725/15; VG Düsseldorf, U. v.3. 7. 2015 -13 K 6850/14.A; VG Hannover, B. v. 29. 9. 2015 - 13 B 4725/15; VG Gelsenkirchen, U. v. 18.12.2015 - 9a K 4890/15.A; VG Dresden, B. v. 22.1.2016 - 12 L 23/16.A, BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN K 15.50316; VG München, B. v. 7.10.2015 - M 1 S 15.50961; alle juris).
Die Entscheidungen der Obergerichte beleuchten dabei insbesondere detailliert die Zugangsmöglichkeiten zum Asylverfahren sowie dessen Dauer und Qualität, die Aufnahme- und Unterbringungsmöglichkeiten und Unterbringungskapazitäten, die Sicherung der Grundbedürfnisse (u. a. Schutz vor Gewalt; hygienische Verhältnisse) und den Zugang zu medizinischer Versorgung. Sie weisen für die Zukunft darauf hin, dass der italienische Staat bemüht ist, Kapazitäten für den Zeitraum 2014 bis 2016 zu schaffen.
Die Rechtsprechung der Gerichte, die eine Überstellung nach Italien für unzulässig halten, überzeugt das Gericht nicht. Gegenüber der obengenannten Rechtsprechung, die aufgrund einer umfassenden Abwägung zu einer Einschätzung der Lage in Italien kommt, beleuchten die Entscheidungen nur Teilaspekte (z. B. VG Köln, U. v. 20. Februar 2014 - 20 K 2681/13.A; VG Gießen
Der UNHCR verweist in seinen Hinweisen von Juni/Juli 2014 darauf hin, dass im Jahr 2014 die Anzahl der Asylbewerber in Italien wieder gestiegen sei. Es wird darauf hingewiesen, dass die italienischen Behörden Flüchtlinge in Parkhäusern außerhalb von Rom und Mailand, teilweise ohne Nahrungsmittel, unterbringen würden. Der UNHCR bitte die EU, Italien bei der Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge zu helfen. Systemische Mängel des Asylverfahrens lassen sich aus diesen Hinweisen aber nicht ableiten. Der EGMR hält in seiner Entscheidung vom 4. November 2014 (Nr. 292317/12, HUDOC) Art. 3 EMRK im Falle der Überstellung von Personen mit besonderen Bedürfnissen - einer Familie mit sechs zum Teil kleinen Kindern - angesichts der Berichte in verschiedenen Erkenntnismitteln über immer wieder auftretende Aufnahmeengpässe in Italien für verletzt, wenn nicht zuvor Unterbringung und für die Bedürfnisse der Personen ausreichende Lebensbedingungen sichergestellt sind. Eine solche Sicherstellung fordert für den Fall der Überstellung von Familien mit Neugeborenen oder Kleinstkindern nach Italien auch das Bundesverfassungsgericht (B. v. 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14). Zu einer besonders gefährdeten Personengruppe gehört der Kläger als im Jahr ... geborener, erwachsener und alleinstehender Mann nicht. Der Umstand, dass sich die Situation des Klägers in Italien schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B. v. 2. 4. 2013, Mohammmad Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien). Dass das VG Ansbach möglicherweise anders entschieden hat, ist unerheblich.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Dublin III VO Gebrauch gemacht hat.
Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten führt zu keinem anderen Ergebnis. Je nach Status des Asylsuchenden und nach dem konkreten Aufnahmeort ergibt sich ein unterschiedliches Bild der Lage, das oftmals von Überbelegungen und personellen Engpässen in den Aufnahmeeinrichtungen geprägt ist. Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Gleichwohl rechtfertigen diese überwiegend nur punktuellen Befunde nicht die Feststellung, dass in Italien gravierende systemische Mängel bei der Aufnahme von Asylbewerbern bestehen, die in der Breite alle Asylsuchenden einer erniedrigenden Behandlung aussetzen.
Bei der Abschiebungsanordnung gem. § 34a AsylVfG sind sowohl inlands- als auch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen, BayVGH, B. v.
Die Beklagte hat den Kläger auf seine Reisefähigkeit untersuchen lassen; der Kläger ist nach den Ausführungen des Prof. Dr. ... in seinem Gutachten vom 19. November 2015 reisefähig (Bl. 59 ff. der Behördenakte), so dass kein inländisches Abschiebungshindernis besteht. Evtl. vorhandene körperliche oder geistige Beschwerden oder Erkrankungen sind auch in Italien behandelbar, so dass auch kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vorliegt (siehe oben).
Die Befristung der Abschiebungsanordnung hat ihre Rechtsgrundlage in § 75 Nr. 12 AufenthG. Danach ist das Bundesamt verpflichtet, über die Befristung der Abschiebungsregelung zu entscheiden, § 11 Abs. 2 AufenthG. Vorliegend wurde die Frist auf 6 Monate gesetzt; eine solche Frist ist ermessensgerecht und verhältnismäßig, § 11 Abs. 2, 3 AufenthG.
Nach alledem war die klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe
Aktenzeichen: M 1 S 16.50017
Gericht: VG München
Beschluss
1. Kammer
Sachgebiets-Nr. 830
Hauptpunkte: Dublin III-VO; Abschiebung nach Italien; Systemische Mängel des Asylsystems (verneint)
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
..., geb. ...
- Antragsteller -
gegen
...
- Antragsgegnerin -
bevollmächtigt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle M.,B-Str. ..., M.
beteiligt: Regierung von ..., Vertreter des öffentlichen Interesses, B1-str. ..., M.
wegen Vollzugs des Asylgesetzes (AsylG)
hier: Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 1. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... ... als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 1. März 2016 folgenden
Beschluss:
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der 1995 geborene Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben Angehöriger der Republik Senegal und reiste ebenfalls nach seinen eigenen Angaben am
Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am
Mit Bescheid vom
Am .... Januar 2016 erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag auf Bescheidsaufhebung (M 1 K 15.50016). Außerdem beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trägt er vor, das Asylsystem in Italien sei überfordert. Dort sei die Behandlung von Asylbewerbern inhuman und menschenunwürdig. Er habe in Italien weder Hilfe erfahren noch Unterkunft bekommen. Auch habe er mit seinen Beinen gesundheitliche Probleme, die einer ärztlichen Behandlung bedürften. Nach seinen Erfahrungen in Italien sei eine solche Behandlung dort nicht gewährleistet. Eine Ladung zu einem Anhörungstermin habe er verspätet erhalten und aufgrund eines Termins nicht wahrnehmen können. Einen Ersatztermin habe er trotz Nachfrage nicht erhalten. Später legte der Antragsteller eine ärztliche Bescheinigung vom 24. Januar 2016 vor, wonach er beim Arzt über seit 2 Jahren auftretenden Schmerzen in Rücken und Beinen berichtet habe. Dort sei er seit dem 15. Januar 2016 in Behandlung. Es liege im rechten Bein eine Fibromyalgie und im linken Bein ein L5- und S1-Wurzelreizsyndrom vor. Der Antragsteller werde einmal pro Woche behandelt, die Behandlung werde noch 2 bis 3 Monate andauern. Am 1. März 2016 legte er eine Bestätigung einer Integrationsschule vor, wonach er diese seit dem 24. Februar 2016 mit Erfolg besuche.
Das Bundesamt legte die Behördenakte vor, stellt aber keinen Antrag.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
An der Rechtmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (vgl. § 27a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien einen Asylantrag gestellt hat und dieser Mitgliedstaat damit gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig ist. Auch ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO von der Stattgabe Italiens hinsichtlich des Wiederaufnahmegesuchs auszugehen, da hierauf innerhalb der maßgeblichen Zweiwochenfrist keine Reaktion erfolgte.
Gründe, gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO von einer Überstellung nach Italien abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris m. w. N.). Dabei begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris). Der abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte folgt das entscheidende Gericht nicht (ebenso VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316; VG Gelsenkirchen, B.v. 16.11.2015 - 7a L 2055/15.A; VG München, U. v. 3.11.2015 - M 12 K 15.50799).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verfahren Tarakhel ./. Schweiz, in dem am 4. November 2014 ein Urteil des EGMR ergangen ist (Az. 29217/12
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts notwendig machen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Auch der Vortrag eines derzeit erfolgreichen Besuchs einer Integrationsschule führt nicht zu dieser Notwendigkeit.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller, der sich nicht ausweisen kann und auch sonst keinerlei Papiere vorlegt, gibt an, am ... 1987 geboren und senegalesischer Staatsangehöriger aus der Stadt ... zu sein. Er beantragte am 21. Juli 2015 in der Bundesrepublik Asyl und gab bei seiner Erstbefragung an, in Deutschland keine Familienangehörigen zu haben. Am 1. März 2013 habe er Senegal erstmalig verlassen und sei über Mali, Burkina Faso, Niger, Libyen, Italien über Österreich nach Deutschland gereist. Die Reise habe zwei Jahre gedauert, in Deutschland sei er am 8. April 2015 eingereist. Italien habe er am 30. April 2013 erreicht und sich unter unbekannter Adresse in ... aufgehalten. In Italien habe er keinen internationalen Schutz beantragt, es seien ihm auch nicht die Fingerabdrücke genommen worden. Als Beruf gibt er Maler an. Den Akten ist zu entnehmen, dass sich der Antragsteller bereits am 13. Mai 2015 als Asylsuchender gemeldet hat. In seiner Zweitbefragung am 24. August 2015 gab er noch an, er sei wegen einer Bluterkrankung in ärztlicher Behandlung. Ärztliche Atteste lägen ihm nicht vor. Nach Italien wolle er nicht zurück, da er von Anfang an nach Deutschland einreisen wollte. In Italien sei er gezwungen worden, die Fingerabdrücke abzugeben. Er sei nicht gut untergebracht worden, das Essen sei nicht gut gewesen, es habe kein Geld, sondern nur einen Kredit gegeben. So wie er dort gelebt habe, sei das nicht akzeptabel gewesen.
Am
Mit Bescheid vom ... Dezember 2015, am 12. Dezember 2015 zugestellt, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Italien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags und der stillschweigenden Zustimmung gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ausüben, seien nicht ersichtlich.
Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2015, am selben Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangen, ließ der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom ... Dezember 2015 erheben und gleichzeitig beantragen,
die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller eingelegten Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... Dezember 2015 anzuordnen.
Zu Begründung führte der Bevollmächtigte aus, in Italien erfolge keine sachgerechte Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller unter einer asymptotischen chronischen Hepatitis B leidet. Er müsse laufend regelmäßig überwacht und behandelt werden. In Italien sei mit einer angemessenen medizinischen Versorgung nicht zu rechnen. Auf einem beigefügten internistischen Attest vom ... Dezember 2015 wurde das Bestehen einer asymptotischen chronischen Hepatitis B nachgewiesen, der Befund sei durch ein Labor erhoben worden. Die Leberleitenzyme seien zu diesem Zeitpunkt bis auf eine marginale GOT-Erhöhung normal. Einem Entlassbrief des ... Krankenhauses ... vom 2. November 2015 zufolge musste sich der Antragsteller am selben Tag nach dem Abendessen angeblich erbrechen. Aufgrund der Sprachbarriere und nicht sichergestellter häuslicher Überwachung sei die stationäre Aufnahme erfolgt. Während des stationären Aufenthalts sei der Antragsteller beschwerdefrei und kreislaufstabil gewesen. Laborchemisch sei der Hb-Wert stets stabil gewesen, so dass auf eine weiterführende Diagnostik verzichtet worden sei, zumal der Patient auf eine Entlassung gedrängt habe. Nebenbefundlich sei laborchemisch ein Eisenmangel aufgefallen. Der Antragsteller sei in gutem Allgemeinzustand entlassen worden.
Mit Schriftsatz vom
Am 8. Januar 2016 legte das Bundesamt dem Verwaltungsgericht München die vollständigen Behördenakten vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Die danach vorzunehmende Abwägung des sich aus § 75 Abs. 1 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Für die Prüfung des am
Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet trotz der Zuständigkeit Italiens den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
Von Verfassungswegen kommt eine Prüfungspflicht der Antragsgegnerin nur in Betracht, soweit ein von vornherein außerhalb der Reichweite des Konzepts der normativen Vergewisserung liegender Sachverhalt gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93) ist dies - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die, für die Qualifizierung des Drittstaates als sicher, maßgeblichen Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen.
Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 21. Dezember 2011 C-411/10 und C-493/10
In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (OVG NRW, U. v. 24.04.2015 - 14 A 2356/12A; VGH BW, U. v. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13; OVG Münster, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A; OVG Koblenz, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13; OVG Lüneburg, B. v. 18.3.2014 - 13 LA 75/13; BayVGH U. v. 28.2.2014 - 13 a B 13.30295; OVG Magdeburg, B. v. 14.11.2013 - 4 L 44/13; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13) geht das Gericht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht davon aus, dass ein außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung liegender Ausnahmefall vorliegt, noch dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber i. S. v. Art. 4 Grundrechtscharta implizieren.
Dublin-Rückkehrer erhalten in der Regel einen ungehinderten Zugang zum Asylverfahren und in der ersten Zeit nach der Überstellung ein geordnetes Aufnahmeverfahren mit den zugehörigen Leistungen zur Sicherung der Grundbedürfnisse.
Sie werden im Allgemeinen in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt (vgl. BayVGH a. a. O.).
Diese Einschätzung wird auch durch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR v. 4.11.2014 - 2921/12 - Tarakhel gegen Schweiz) bestätigt. Der volljährige, alleinstehende Antragsteller gehört nicht zu den in diesen Entscheidungen angeführten besonders schützenswerten Personen.
Die Aufnahmebedingungen in Italien begründen für den alleinstehenden jungen Mann grundsätzlich keine Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK (EGMR, U. v. 13.01.2015 - 51428/10 - A.M.E. gegen Niederlande).
Einer Prüfung des Asylverfahrens in Italien steht auch nicht die Erkrankung des Klägers an einer asymptotischen Hepatitis B entgegen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Kläger, der jahrelang durch Afrika und halb Europa gereist ist und offensichtlich schon in seinem Heimatland als Maler gearbeitet hat, in seiner Lebensführung durch die Krankheit eingeschränkt wäre. Auch bislang musste er offenbar nicht überwacht werden. Wie sich aus der Krankheitsbezeichnung bereits ergibt, leidet der Kläger an keinen Symptomen. Er befindet sich vielmehr in einem guten Allgemeinzustand. Hinsichtlich der Verhältnisse in Italien in Bezug auf die Gesundheitsversorgung nimmt das Verwaltungsgericht ergänzend Bezug auf eine jüngere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach (Urteil vom 11.12.15, Az. AN 14 K15.50316, juris.), in der ausführlich auf die derzeitige Situation in Italien eingegangen wird. Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an und nimmt im Übrigen Bezug auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids, § 77 Abs. 2 AsylG.
Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B. v. 2.4.2013 Mohamad Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
...
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 3 S 15.50927
Beschluss
vom
3. Kammer
Sachgebiets-Nr. 830
Hauptpunkte:
Dublin-III-Verfahren (Italien);
Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien;
Keine besondere Schutzbedürftigkeit des Antragstellers
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
... geb. ...
- Antragsteller -
bevollmächtigt: Rechtsanwältin ...
gegen
Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle München Boschetsrieder Str. 41, 81379 München
- Antragsgegnerin -
beteiligt: Regierung von Oberbayern Vertreter des öffentlichen Interesses Bayerstr. 30, 80335 München
wegen Vollzugs des Asylgesetzes (AsylG)
hier: Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 3. Kammer,
durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben am ... in ... geboren worden und Staatsangehöriger von Nigeria. Er stellte am
Bei seiner ersten Befragung durch das Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am
Die eingeleitete Eurodac-Recherche des Bundesamts ergab am
Aufgrund des Eurodac-Treffers der Kategorie II richtete das Bundesamt am
Mit Bescheid vom ... November 2015 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 27a AsylG unzulässig sei, da Italien aufgrund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. In Italien lägen keine systemischen Mängel vor. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Italien als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb der festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG.
Mit Schriftsatz vom ... November 2015, bei Gericht eingegangen am 26.11.2015, erhob der Antragsteller Klage (M 3 K 15.50926) zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts vom ... November 2015 aufzuheben. Weiterhin beantragte er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln litten.
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 3 K 15.50926 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingereicht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG). Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Entfaltet ein Rechtsbehelf, wie hier, von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar und damit offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegt bei der Interessenabwägung das Interesse der Antragsgegnerin am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheides das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, da nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung die Erfolgsaussichten der Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) gering erscheinen und auch keine sonstigen Umstände ersichtlich sind, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen.
Nach § 27 a AsylG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Solche Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft im Sinne von § 27a AsylG finden sich aktuell in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin-III-VO, ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31).
Vorliegend ist davon auszugehen, dass Italien für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig ist.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO prüft der Mitgliedstaat den Asylantrag, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO). Dies ist aufgrund der vorliegenden Beweise und Indizien (Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO i. V. m. Anhang II Verzeichnis A I Nr. 7, B I Nr. 7 der Durchführungsordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 39 vom 8.2.2014, S. 1) hier der Daten aus der Eurodac-Datei (vgl. Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11.12.2000 über die Errichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1, i. V. m. Art. 2 Abs. 3 Satz 5 Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28.2.2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Errichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. L 62 vom 5.3.2002, S. 1) und des eigenen Vortrags des Antragstellers im Rahmen der Befragung vor dem Bundesamt Italien. Die Zuständigkeit Italiens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet, da nach dem festgestellten Eurodac-Treffer der Kategorie II der Antragsteller dort einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO i. V. m. Anhang II Verzeichnis A II Nr. 2 der Durchführungsordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014). Die Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO ist gewährt. Auch ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO von der Stattgabe Italiens hinsichtlich des Aufnahmegesuchs vom 13. April 2015 auszugehen, da hierauf keine fristgemäße Reaktion erfolgte.
Gründe, von einer Überstellung nach Italien gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich. Diese Vorschrift setzt voraus, dass es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. In diesem Fall setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der Zuständigkeitskriterien nach Kapitel III der Dublin-III-VO fort, um ggf. die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festzustellen. Kann keine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festgestellt werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
Dieser Regelung liegt das Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass ein außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung liegender Ausnahmefall vorliegt, oder dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; OVG NRW, U.v. 24.4.2015 - 14 A 2356/12A; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13; OVG Koblenz, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - jeweils juris). Dublin-Rückkehrer erhalten in der Regel einen ungehinderten Zugang zum Asylverfahren und in der ersten Zeit nach der Überstellung ein geordnetes Aufnahmeverfahren mit den zugehörigen Leistungen zur Sicherung der Grundbedürfnisse. Sie werden im Allgemeinen in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt (BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 42). Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und dort im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches - in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges - Leistungsniveau besteht (BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 44; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 56).
Auch neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Januar 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 51 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben; die Zahl von Unterbringungsplätzen war unzureichend. Bei Dublin-Rückkehrern wie dem Antragsteller kann es längere Zeit dauern, bis sie einer Aufnahmeeinrichtung zugewiesen werden. Zum einen jedoch werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge (vgl. dort S. 53 f.) seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann deshalb gerade auch für die Personengruppe, welcher der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.
Auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (GK), U.v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12
Auch nach Auffassung des EGMR (vgl. Entscheidung v. 13.1.2015 - 51428/10 - A.M.E. gegen Niederlande, http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-152295) begründen die Aufnahmebedingungen in Italien für einen alleinstehenden jungen Mann grundsätzlich keine Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet allein keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 - 27725/10 - Mohammed Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien - http://hudoc.echr.coe.int/fre?i=001-141437).
Es ist damit mittlerweile gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, dass in Italien keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen, aufgrund derer einem im Dublin-Verfahren rücküberstellten Asylbewerber die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht. Aktuell haben dies das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigt (OVG NRW, U.v. 24.04.2015 - 14 A 2356/12.A - juris 20 ff. m. w. N.; OVG Lüneburg, U.v. 25.06.2015 - 11 LB 248/14 - juris Rn. 47 ff. m. w. N.). Insbesondere stelle die gegenwärtig besonders hohe Zahl von Einwanderern nach Italien keinen Umstand dar, die eine veränderte Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Davon könne nicht ausgegangen werden. Ein alleinstehender junger Mann gehöre grundsätzlich nicht zu den besonders schutzbedürftigen Personen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, deren Rücküberstellung eine individuelle Garantieerklärung der italienischen Behörden hinsichtlich der Unterbringung erfordere (vgl. OVG NRW, U.v. 24.04.2015, a. a. O., Rn. 41; OVG Lüneburg, U.v. 25.06.2015, a. a. O., Rn. 51, 56). Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Gericht an. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in seinem Urteil vom 25. Juni 2015 für die Dublin-Rückkehrer festgestellt, dass diesen an den italienischen Hauptflughäfen Nichtregierungsorganisationen zur Seite stehen, die sie bei Bedarf betreuen und sich um eine Unterkunft bemühen. Außerdem seien im Bereich der Flughäfen Einrichtungen ausschließlich für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden, die vom Europäischen Flüchtlingsfonds finanziert würden und in denen von den Flughafen-Nichtregierungsorganisationen vermittelte Dublin-Rückkehrer untergebracht werden könnten (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 25.06.2015, a. a. O., Rn. 52; vgl. auch Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 23.04.2015 S. 3, aida report Januar 2015 S. 31, 59). Diesen Feststellungen schließt sich das Gericht an.
Weitere individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen könnten, sind nicht glaubhaft gemacht worden und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Das Bundesamt hat im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. BVerfG, B.v. 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 11 mit Verweis auf die auch hier gefestigte und einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung). Derartige Abschiebungshindernisse sind aber im Fall des Antragstellers nicht hinreichend dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.
An diesem Ergebnis kann auch das Vorbringen der Bevollmächtigten des Antragstellers nichts ändern, der Antragsteller sei „der englischen Sprache nahezu nicht mächtig“ und spreche „deutsch fast besser“, zumal der Antragsteller bei seiner Befragung am 23. Juli 2015 ausdrücklich angegeben hatte, er könne sich „mit dem Sprachmittler verständigen“ und laut dem vom Antragsteller selbst, vom Dolmetscher und vom Mitarbeiter des Bundesamts unterschriebenen Protokoll im Befragungstermin keine Verständigungsschwierigkeiten aufgetreten sind.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
III.
Aus diesen oben unter II. ausgeführten Gründen war auch der mit Schreiben vom ... Dezember 2015 gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrags abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
...
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Tenor
I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Italien im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste am
Es ergab sich für den Antragsteller ein EURODAC-Treffer für Italien (IT2...; Bl. 58 der Behördenakte).
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom
Am .... Juni 2015 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers den Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland (Bl. 59 der Behördenakte). Sie übersandte ärztliche Atteste für den Antragsteller.
Mit Bescheid vom
Zur Begründung führte es aus, Italien sei für die Bearbeitung des Antrags zuständig, Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO. Vom Selbsteintrittsrecht werde nicht Gebrauch gemacht.
Am .... September 2015 erhob der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigte beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den obengenannten Bescheid Klage (M 12 K 15.50778) und stellte gleichzeitig
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Die Klage und der Eilantrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. Der Kläger sei krank. Auf die vorgelegten Arztbriefe werde verwiesen. Bei Rückkehr nach Italien würde für den Antragsteller Gesundheitsgefahr drohen. Ein weiterer Arztbrief vom Internisten ... vom 24. Juli 2015 wurde vorgelegt.
Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zwar zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylVfG), jedoch nicht begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B.v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B.v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gem. Art. 26 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO setzt der ersuchende Mitgliedsstaat die betreffende Person von der Entscheidung in Kenntnis, sie in den zuständigen Mitgliedsstaat zu überstellen, wenn der ersuchte Mitgliedsstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme des Antragstellers zustimmt.
Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO Italien zuständig. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben im Januar 2015 nach Italien eingereist und hat in Mazeratta gelebt (Bl. 25 der Behördenakte). Ausweislich des EURODAC-Treffers der Kategorie 2 (Bl. 58 der Behördenakte) hat er sich in Italien illegal aufgehalten.
Das Übernahmeersuchen an die italienischen Behörden wurde am
Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Italiens in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.
Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaatgemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v.
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10
Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR - Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007
Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10
Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach der Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und juris; OVG Lüneburg, U.v. 25.6.2015 -11 LB 248/14 - juris; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris).
Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.
Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.
Nach den insoweit im Kern übereinstimmenden Erkenntnismitteln des Auswärtigen Amtes (AA an das OVG NRW
Nach den Erkenntnismitteln werden Dublin-Rückkehrer in der Regel auf dem Luftweg nach Italien überstellt. Sie werden von der italienischen Grenz- bzw. Luftpolizei nach der Landung zu den regionalen Polizeidirektionen (Questura) am Flughafen begleitet bzw. erhalten dort ein Zugticket, um zu einer weiter entfernten Questura zu fahren. Die dort vorzunehmende Formalisierung des Asylantrags - sog. Verbalizzatione - kann einige Tage, Wochen oder sogar Monate dauern (SFH, Oktober 2013; UNHCR, Bericht v. Juli 2013; AA an OVG NRW
Hinzuweisen ist auf die Schwierigkeiten, zuverlässige Belegungszahlen zu ermitteln, da diese nicht nur von den bereits vorhandenen Unterkunftsplätzen abhängen, sondern von häufig irrationalen nicht vorhersehbaren Verhaltensweisen der Asylbewerber und kurzfristig auftretenden Flüchtlingsströmen in der EU beeinflusst werden. Der italienische Staat ist erfolgversprechend bemüht, die Unterbringungskapazitäten der jeweiligen Belastungssituation anzupassen. Nach dem zwischenzeitlichen Höchststand der Zahl der nach Italien geflüchteten Personen im Jahr 2011 und einem Rückgang im Jahr 2012 ist die Zahl im Jahr 2013 wieder angestiegen (SFH, Oktober 2013, S. 7). Auf den Anstieg der Zahlen im Jahr 2011 haben die italienischen Behörden mit zusätzlichen - im Jahr 2012 wieder reduzierten - Unterbringungsmöglichkeiten reagiert. Auch für 2013 war eine Erhöhung der Platzzahl vorgesehen (vgl. hierzu im Einzelnen: Aida-Report, November 2013; AA v. 24. Mai 2013 an das VG Minden und OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR v. Juli 2013; SFH, Oktober 2013). Wie sich aus dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015 ergibt, standen am 29. Dezember 2014 in den CPSA/CAD/CARA 9.592 Plätze und in den SPRAR 19.900 Plätze zur Verfügung. Damit sind die staatlichen Unterkunftsplätze bereits erheblich aufgestockt worden (im Vergleich dazu 2012: insg. 8000 Plätze in den CARA und SPRAR, siehe UNHCR, Auskunft vom 24. 4. 2012 an VG Braunschweig). Nach dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015 sind die verfügbaren Plätze zur Unterbringung noch immer nicht ausreichend, um alle Migranten und Asylbewerber aufzunehmen, so dass die CARA und die Erstaufnahmezentren -CPSA - oft überfüllt sind (S. 59). Den italienischen Stellen ist aber das Schicksal der Flüchtlinge nicht gleichgültig und sie bemühen sich nach Kräften, unter Ausschöpfung aller Unterbringungsreserven, Flüchtlingen ein Obdach zu geben. Weiter ergibt sich aus dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015, dass Italien die Unterbringungssituation nicht tatenlos hinnimmt, sondern in den letzten Monaten weitere Unterbringungsformen eingerichtet hat, um auf die hohe Zahl an Bootsflüchtlingen zu reagieren. So sind in verschiedenen Regionen Italiens zusätzliche Aufnahmezentren (CAS - Temporary or emergency accomodation system) geschaffen worden, auf die die Flüchtlinge nach einem bestimmten Schlüssel verteilt werden und in denen Ende des letzten Jahres 34.991 Flüchtlinge untergebracht waren (S.12, 61). Dies zeigt, dass Italien in ganz erheblichem Umfang kurzfristig zusätzliche Unterkunftsplätze einrichten und zur Verfügung stellen will und kann, wenn der Zustrom der Flüchtlinge dies erfordert. Hinzu kommt ein Netzwerk an privaten Unterbringungsmöglichkeiten, welches nicht Teil des staatlichen Aufnahmesystems ist und über das keine Zahlen vorliegen (AIDA-Länderbericht vom Januar 2015, S.62). Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass trotz der nach wie vor bestehenden Kapazitätsengpässe zwischen den vorhandenen und den erforderlichen Plätzen kein so großes Missverhältnis besteht, dass eine Unterbringung von Dublin-Rückkehrern typischerweise nicht möglich wäre. Vielmehr droht auch Dublin-Rückkehrern in Italien grundsätzlich nicht die Gefahr monatelanger Obdachlosigkeit oder fehlender Versorgung, so dass systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems nicht vorliegen (OVG Lüneburg, U.v. 25. 6. 2015, a. a. O.).
Die Asylsuchenden haben während der Dauer des Asylverfahrens im Regelfall neben dem Anspruch auf Unterbringung Anspruch auf materielle Leistungen wie Verpflegung und Hygieneartikel (vgl. AA an OVG Sachsen-Anhalt
Auch im Hinblick auf die materiellen Leistungen und die medizinische Versorgung ist aber nur im Regelfall von einem hinreichenden Schutz auszugehen. Sowohl in diesem Bereich wie auch besonders im Bereich der Unterbringung werden in den angeführten Erkenntnismitteln auf Mängel hingewiesen. Gleichwohl hat der UNHCR eine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, ein bereits einen Schutzstatus in Italien haben, nicht nach Italien zu überstellen, nicht ausgesprochen. Auch wenn daraus nicht geschlossen werden soll, wie der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 7. März 2014 an das OVG NRW betont, dass keine einer Überstellung entgegenstehende Zustände vorlägen, ist die Nichtempfehlung als Indiz für das Fehlen systemischer Mängel zu werten, da die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften besonders relevant sind (vgl. EuGH, U. v. 30. Mai 2013 - C - 528/11, Rn.44, NVwZ 2013, 660 ff. und juris).
Auch unabhängig von dieser Indizwirkung liegen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme systemischer Mängel nicht vor. Entsprechend den genannten Anforderungen an für die Annahme systemischer Mängel maßgeblichen Prognosemaßstab kann nicht allein auf einzelne Mängel des Systems verwiesen werden. Die beachtliche Wahrscheinlichkeit muss sich auf die Würdigung aller Umstände gründen, zu denen das jeweilige Rechtssystem des Mitgliedsstaates wie auch die Verwaltungspraxis gehört. Dieser hat sich auf den vorhersehbaren Verlauf der Dinge auszurichten. Bemühungen des betroffenen Staates, sich den Mängeln zu stellen und auf seine Entwicklungen etwa des enormen Anstiegs einer Flüchtlingszahl zu reagieren, sind zu berücksichtigen. Kommt es gleichwohl zu Mängeln bei der Unterbringung von Asylsuchenden bis zur Aufnahme ihres Asylantrags, liegen keine systemischen Mängel vor, wenn der betreffende Mitgliedsstaat erfolgversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Solche Bemühungen des italienischen Staates liegen vor (siehe obige Ausführungen). Beim Anstieg der Zahl der Asylsuchenden im Jahre 2011 ist - wie ausgeführt - ein besonderes Programm zur Unterbringung der Asylsuchenden aufgestellt und durchgeführt worden. Nach dem erneuten Anstieg der Zahl der Asylsuchenden im Jahr 2013 sind die italienischen Behörden vom italienischen Innenministerium angewiesen worden, dass die Verbalizzazione zeitlich mit der Asylgesuchsstellung zusammenfallen und zur Verkürzung der Wartezeiten ein neues Informationssystem (Vestanet) eingeführt werden soll, das inzwischen besteht (OVG NRW, U. v. 7. März 2014, a. a. O.). Von einem Inkaufnehmen der Mängel der Unterkunftsgewährung kann somit nicht ausgegangen werden. Von einer allgemeinen dramatischen Wohnungs- und Unterbringungsnot der Dublin-Rückkehrer wird nicht berichtet.
Das Gericht schließt sich deshalb der Beurteilung des EGMR an, der infolge der umfassenden Auswertung der vorliegenden auch aktuellen Erkenntnismittel zu dem Ergebnis gekommen ist, dass zwar in einigen Bereichen, an einigen Orten, insbesondere infolge des Eintreffens von Flüchtlingswellen immer wieder Mängel insbesondere bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu verzeichnen sind, diese jedoch nicht den Grad bzw. Umfang von systemischen Mängeln aufweisen. Der EGMR hat in seinem Beschluss vom 2. April 2013 (a. a. O.) ausgeführt:
„Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und Organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zweckes eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mag, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen, wie es im Fall M.S.S. gegen Belgien und Griechenland der Fall war. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars weisen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigen übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten sind. (....) Vor diesem Hintergrund kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt hat, dass ihr im Fall einer Rückkehr nach Italien aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher und psychologischer Sicht ein tatsächliches und dringliches Härtefallrisiko droht, das schwer genug wiegen würde, um von Art. 3 EMRK erfasst zu werden.“
Der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U. v. 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08; BVerwGE 128, S.326 und juris) hat seine Rechtsauffassung über die Einschätzung der Situation der Asylsuchenden in Italien durch die Entscheidungen vom 18. 6. 2013 (53852/11), 10. 9. 2013
Dieser Einschätzung schließt sich das Gericht mit einer Vielzahl weiterer Gerichte an: u. a. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O., OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 24. 6. 2013 - OVG 7 S 58/13, VG Stuttgart, U. v. 28. 2. 2014 - A 12 K 383/14; VG München, B. v. 24. 2. 2014 - M 11 S 14.30179; VG Düsseldorf, B. v. 7. 5. 2015 - 13 L 640/15.A; VG Gelsenkirchen, B. v. 6. 5. 2015 - 7a L 855/15.A; VG Minden, B. v. 4. 5. 2015 -1 L 305/15.A; VG Münster, B. v. 29. 4. 2015 - 1 L 417/15.A; OVG Lüneburg, U.v. 25. 6. 2015 - 11 LB 248/14; OVG NW, U.v. 24. 4. 2015 - 14 A 2356/12.A; VG Augsburg, B.v. 17. 7. 2015 - Au 7 S 15.50330 VG München, B.v. 20. 7. 2015 - M 25 S 15.50657; VG Augsburg, U.v. 20. 7. 2015 - Au 5 K 15.50310; VG Hannover, B.v. 29. 9. 2015 -13 B 4725/15; VG Düsseldorf, U.v.3. 7. 2015 -13 K 6850/14.A; VG Hannover, B.v. 29. 9. 2015 - 13 B 4725/15; alle juris).
Die Entscheidungen der Obergerichte beleuchten dabei insbesondere detailliert die Zugangsmöglichkeiten zum Asylverfahren sowie dessen Dauer und Qualität, die Aufnahme- und Unterbringungsmöglichkeiten und Unterbringungskapazitäten, die Sicherung der Grundbedürfnisse (u. a. Schutz vor Gewalt; hygienische Verhältnisse) und den Zugang zu medizinischer Versorgung. Sie weisen für die Zukunft darauf hin, dass der italienische Staat bemüht ist, Kapazitäten für den Zeitraum 2014 bis 2016 zu schaffen.
Die Rechtsprechung der Gerichte, die eine Überstellung nach Italien für unzulässig halten, überzeugt das Gericht nicht. Gegenüber der obengenannten Rechtsprechung, die aufgrund einer umfassenden Abwägung zu einer Einschätzung der Lage in Italien kommt, beleuchten die Entscheidungen nur Teilaspekte (z. B. VG Köln, U. v. 20. Februar 2014 - 20 K 2681/13.A; VG Gießen
Der UNHCR verweist in seinen Hinweisen von Juni/Juli 2014 darauf hin, dass im Jahr 2014 die Anzahl der Asylbewerber in Italien wieder gestiegen sei. Es wird darauf hingewiesen, dass die italienischen Behörden Flüchtlinge in Parkhäusern außerhalb von Rom und Mailand, teilweise ohne Nahrungsmittel, unterbringen würden. Der UNHCR bitte die EU, Italien bei der Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge zu helfen. Systemische Mängel des Asylverfahrens lassen sich aus diesen Hinweisen aber nicht ableiten. Der EGMR hält in seiner Entscheidung vom 4. November 2014 (Nr. 292317/12, HUDOC) Art. 3 EMRK im Falle der Überstellung von Personen mit besonderen Bedürfnissen - einer Familie mit sechs zum Teil kleinen Kindern - angesichts der Berichte in verschiedenen Erkenntnismitteln über immer wieder auftretende Aufnahmeengpässe in Italien für verletzt, wenn nicht zuvor Unterbringung und für die Bedürfnisse der Personen ausreichende Lebensbedingungen sichergestellt sind. Eine solche Sicherstellung fordert für den Fall der Überstellung von Familien mit neugeborenen oder Kleinstkindern nach Italien auch das Bundesverfassungsgericht (B. v. 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14). Zu einer besonders gefährdeten Personengruppe gehört der Antragsteller als im Jahr 1995 geborener, erwachsener und alleinstehender Mann nicht. Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v. 2. 4. 2013, Mohammmad Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien).
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Dublin III VO Gebrauch gemacht hat.
Die Pflicht zum Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich nicht aus den Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 und 2 Dublin III VO.
Danach kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin III VO beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz selbst zu prüfen, auch wenn er nicht für die Prüfung zuständig ist (§ 17 Abs. 1 Dublin III VO). Damit wird der Mitgliedsstaat zum zuständigen Mitgliedsstaat, Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Dublin III VO. Ob der Mitgliedsstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten europäischen Asylsystems ist (vgl. EuGH, U.v. 21. 12. 2011 - C-411/10; C-493/10
Gemessen an diesen Vorgaben hat die Antragsgegnerin ihr Selbsteintrittsrecht nicht ausgeübt. Sie hat an keiner Stelle des Verwaltungsverfahrens zweifelsfrei erkennen lassen, dass sie das Verfahren in eigener Zuständigkeit durchführen will; im Gegenteil hat das Bundesamt von Anfang an das Dublin-Verfahren eröffnet und durchgeführt und im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochen, von ihrem Selbsteintrittsrecht keinen Gebrauch zu machen. Im Übrigen begründet die Selbsteintrittskompetenz des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO kein subjektives Recht des Asylbewerbers. Die Vorschrift dient - wie die übrigen Vorschriften der Dublin-Verordnungen in der Regel auch - der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedsstaaten (vgl. VG Berlin
Das Selbsteintrittsrecht des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO hat sich auch nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet.
Die Voraussetzungen für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts sind in der Dublin III VO nicht geregelt und bleiben daher dem innerstaatlichen Recht überlassen. Art. 17 Dublin III VO wird als eine Generalklausel für die Zuständigkeitsübernahme angesehen in den Fällen, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. Art. 17 Abs. 2 Dublin III VO; vgl. VG Bremen, B.v. 4. 9. 2013 - 4 V 1037/13.A - juris zu Dublin II VO).
Außergewöhnliche humanitäre (familiäre oder krankheitsbedingte) Gründe, die nach der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt fordern und ausnahmsweise eine Ermessensreduktion auf Null zugunsten eines Selbsteintritts erzeugen könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen. Die vom Antragsteller vorgetragenen Erkrankungen stellen keine solchen außergewöhnlichen Gründe dar, schon weil sie auch in Italien behandelt werden können. Dass eine medizinische Behandlung nur im Bundesgebiet stattfinden könnte, wurde weder vorgetragen noch ergibt sich dies aus den Akten.
Die Abschiebung kann trotz der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Atteste und dargelegten Befunde durchgeführt werden. Die Antragsgegnerin hat zwar bei der hier erfolgten Abschiebungsanordnung sowohl inlandsbezogene als auch auslandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, etwa die fehlende Reisefähigkeit (BayVGH, B.v. 12. 3. 2014 - 10 CE 14.427 - juris). Solche Gründe sind indes nach Überzeugung des Gerichts auch bei Berücksichtigung der vorgelegten Arztbriefe, Atteste und Befunde nicht gegeben.
Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Danach ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG steht einer Abschiebung entgegen, wenn der Gesundheitszustand des Ausländers so kritisch ist, dass eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr durch den Abschiebungsvorgang selbst zu befürchten ist. Eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn schon keine Transportfähigkeit gegeben ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reisefähigkeit im weiteren Sinne). Weder für das Eine noch für das Andere bestehen hinreichende Anhaltspunkte.
Beim Antragsteller wurde der Verdacht auf Tuberkulose der Lunge festgestellt (Arztbericht der ... Fachklinik ...
Die Lungentuberkulose hindert den Antragsteller nicht an der Reise nach Italien, er ist transportfähig. Die festgestellte Lungentuberkulose des Antragstellers ist auch in Italien behandelbar. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Bürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind für Asylbewerber kostenfrei (VG Düsseldorf, B.v. 13. 7. 2015 -13 K 6850/14.A - juris).
Für die Registrierung und den Erhalt des Gesundheitsausweises benötigen die Asylbewerber eine Aufenthaltserlaubnis (die sie in einer Aufnahmeeinrichtung erhalten), eine Steuernummer (die sie bei der Einreiseagentur erhalten) sowie eine feste Adresse. Da nach den vorstehenden Ausführungen Dublin-Rückkehrer gute Chancen auf Zuweisung einer Unterkunft haben, ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller keine Wohnsitznahme wird vorweisen können. Ungeachtet dessen kann er sich selbst bei fehlendem Wohnsitz um eine Sammeladresse bemühen. Die Caritas bietet solche Adressen auch für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch u. a. für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Im Übrigen steht nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 6.1.2014 an das VG Düsseldorf eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten. Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei. Der Antragsteller hat damit Zugang zur angemessenen medizinischen Versorgung (VG München, B.v. 5. 11. 2014 - M 18 S 14.50356 - juris)
Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin verpflichtet, effektive Schutzmaßnahmen zugunsten des Antragstellers zu ergreifen. Die mit dem Vollzug der Abschiebung betraute Behörde muss von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung tatsächliche Vollstreckungshindernisse beachten und gegebenenfalls durch ein vorübergehendes Absehen von der Abschiebung oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung abwehren (BVerfG, B. v. 26. 2. 1998 - 2 BvR 185/98). Das Gericht geht davon aus, dass dies von der Behörde beachtet wird.
Gem. Art 21 RL 2013/33/EU berücksichtigen die Mitgliedsstaaten in dem einzelstaatlichen Recht zur Umsetzung der Richtlinie die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie z. B. Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen. Art. 31 und 32 der VO (EG) Nr. 604/2013 sehen vor, dass der überstellende Mitgliedstaat dem zuständigen Mitgliedstaat die personenbezogenen Daten und die Gesundheitsdaten übermittelt, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß dem innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die zum Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Verordnung und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts bieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. So wird es auch im Fall des Antragstellers erfolgen.
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylVfG nicht erhoben.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.