Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juli 2014 - 24 K 14.50335

bei uns veröffentlicht am30.07.2014

Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung für die Klagepartei vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am 18. Februar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 3. März 2014 einen Asylantrag. Nach dem letztmaligen Verlassen Afghanistans habe er sich in den Ländern Iran, Türkei, Griechenland, Bulgarien, Serbien und Ungarn aufgehalten.

Am 8. April 2014 sandte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ein Übernahmeersuchen an die bulgarischen Behörden (Bl. 43 ff. d. A.). Hierin wurde unter Anderem ausgeführt, der Kläger sei laut EURODAC vor weniger als 12 Monaten über die Außengrenze illegal eingereist und er habe am 27. Januar 2014 in Ungarn um Asyl nachgesucht. Es sei nicht evident, dass der Kläger das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen habe.

Mit Eingang am 3. Juni 2014 beim BAMF erklärte sich die bulgarische „State Agency for Refugees“(SAR) aufgrund von Art. 13 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) zur Wiederaufnahme des Kläger bereit.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 4. Juni 2014 (Bl. 66f. d. A.) lehnte das BAMF den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 2). Der Bescheid vom 4. Juni 2014 wurde dem Kläger mit Begleitschreiben vom 11. Juni 2014 (Bl. 71 d. A.) zugesandt. Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht in der vorgelegten Behördenakte.

Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 17. Juni 2014, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage mit dem Antrag,

den Bescheid vom 4. Juni 2014, zugestellt am 12. Juni 2014, aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, das Asylverfahren in eigener Zuständigkeit durchzuführen.

Unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011 wird ausgeführt, dass der Beklagten die Überstellung des Klägers an Bulgarien verwehrt sei. In Bulgarien lägen systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vor. Der Beklagten könne nicht unbekannt sein, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Kläger tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn des Art. 4 EU-Grundrechtecharta (GRCh) ausgesetzt zu sein.

Der Kläger habe sich in der Einrichtung ... befunden, wo er nur unzureichend mit Basisleistungen wie Nahrungsmittel versorgt worden sei. Zudem sei die Einrichtung inakzeptabel überbelegt gewesen. Es sei keinerlei Privatsphäre vorhanden gewesen. Durch die Überbelegung hätten auch extrem schlechte hygienische, gesundheitsgefährdende Bedingungen vorgelegen. In Bulgarien befürchte der Kläger auch eine nicht dem Standard im Bundesgebiet entsprechende Prüfung seiner Asylgründe, so dass ihm eine willkürliche Abschiebung nach Afghanistan drohe. Des Weiteren befürchte er eine willkürliche Verhaftung.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 legte die Beklagte die Verwaltungsakte vor und stellte keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2014 wurde die Entscheidung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter übertragen. Die Beteiligten haben schriftsätzlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf die auf die parallelen Gerichtsakten M 24 K 14.50335 und M 24 S 14.50336 und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Der Bescheid vom 4. Juni 2014 ist rechtswidrig und daher aufzuheben.

1. Das Verwaltungsgericht München ist als Gericht der Hauptsache örtlich zuständig gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung in dessen Gerichtsbezirk nach dem Asylverfahrensgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat (§ 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. §§ 56 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

2. Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb 2 Wochen ab Zustellung des Bescheides vom 4. Juni 2014 erhoben worden (§ 74 AsylVfG). Ausweislich der Behördenakte wurde der Bescheid mit Begleitschreiben vom 11. Juni 2014 an den Kläger versandt. Von der Beklagten unwidersprochen ging der Bescheid dem Kläger am 12. Juni 2014 zu. Die zweiwöchige Klagefrist ist beim Eingang der Klageschrift am 17. Juni 2014 bei Gericht gewahrt (§ 57 VwGO).

3. Die Klage ist begründet. Die Abschiebungsanordnung auf der Rechtsgrundlage des § 34a AsylVfG nach Bulgarien in Nr. 2 des Bescheides vom 4. Juni 2014 ist rechtswidrig, weil sich die Überstellung an Bulgarien unter Berücksichtigung neuester Erkenntnismittel wegen dortiger systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) als unmöglich erweist (3.1.). Infolgedessen ist die auf der Grundlage des § 27a AsylVfG in Nr. 1 des Bescheides vom 4. Juni 2014 getroffene Feststellung, dass der Asylantrag unzulässig ist, rechtswidrig, da Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens auf der Grundlage der (Dublin-III-VO) nicht zuständig ist (3.2).

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG kommt es für die vorliegende Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

3.1. Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG. Der Asylantrag wäre gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn der Mitgliedstaat Bulgarien, der der Wiederaufnahme des Antragstellers aufgrund Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO zugestimmt hat, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wäre.

3.1.1. Dem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt nicht die Nachprüfung, ob der Mitgliedstaat Bulgarien zutreffend seine Zuständigkeit anhand des Prüfkriterienkatalogs aussprach (vgl. EuGH (Große Kammer), U.v.10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 62. zur Dublin-II-VO).

Einschlägig ist im vorliegenden Fall die Dublin-III-VO und nicht die frühere Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO), weil das Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland an Bulgarien nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 Dublin-III-VO ist die Dublin-III-VO ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ab dem 1. Januar 2014 auf alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Klägern anwendbar.

Der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG muss nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG weder eine vorherige Androhung der Abschiebung noch eine Fristsetzung vorausgehen.

3.1.2. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO wäre an sich Griechenland der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat.

Eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands aufgrund Art. 13 Dublin-III-VO kommt gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO aufgrund der dort bestehenden systemischen Mängel des Asylsystems nicht in Betracht (vgl. EuGH (Große Kammer) U.v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129; EGMR Entsch. v. 6.9.2011 - 51599/08 - NVwZ 2012, 1233; EGMR (Große Kammer) U.v. 21.1.2011 - 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

3.1.3. Es ist kein Verfahrensfehler im Hinblick auf das Wiederaufnahmegesuch des BAMF ersichtlich (vgl. Art. 20 - 23, 25 und 29 Dublin-III-VO) und auch nicht vorgetragen.

3.1.4. Für Fälle wie den vorliegenden, in denen der somit an sich zuständige Mitgliedstaat der Wiederaufnahme (vorliegend Bulgarien) in verfahrensfehlerfreier Weise zugestimmt hat, kann der Asylbewerber der Heranziehung der von der Dublin-III-VO vorgesehenen Zuständigkeitskriterien nur damit entgegentreten, dass er systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Aufnahmemitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S.v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH (Große Kammer) U.v. 14.11.2013 - C-4/11 - juris Rn. 36 f.). Wird dies bejaht, hat der Mitgliedstaat in erster Linie die Prüfung der Zuständigkeitskriterien der Dublin-III-VO fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach einem dieser Kriterien bestimmt werden kann (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 36). Hingegen führt die Unmöglichkeit der Überstellung in den im Ausgangspunkt zuständigen Mitgliedstaat als solche nicht dazu, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) verpflichtet wäre (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 37). Dieser bereits für die Dublin-II-VO entwickelte Zusammenhang ist in dem bereits erwähnten Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO nunmehr ausdrücklich festgehalten. Allerdings hält der Europäische Gerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich fest, dass der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten hat, dass eine Situation, in der Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss dieser Mitgliedstaat den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung selbst prüfen (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 35). Bei der Prüfung der Frage systemischer Schwachstellen handelt es sich somit um die Subsumtion der unmittelbar anwendbaren Dublin-III-VO selbst, nicht um eine Frage einer teleologischen Reduktion oder gar einer inzidenten Verwerfung der Dublin-III-VO. Deshalb ist die Prüfung systemischer Schwachstellen auch in keiner Weise vergleichbar mit solchen Fällen, in denen ein nationales Gericht einstweiligen Rechtsschutz gewährt, weil es ernstliche Zweifel an der Wirksamkeit einer Unionsverordnung (wegen Unvereinbarkeit mit primärem Unionsrecht) hat, so dass es verpflichtet wäre, dem EuGH wegen dessen Verwerfungsmonopols gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen (vgl. etwa EuGH U.v. 21.2.1991 - C-143/88 - Slg. 1991 I, 415; U.v. 9.11.1995 - C-465/93 - Slg. 1995 I, 3761). Das Gegenteil ist vorliegend der Fall - das Gericht geht nämlich nicht zuletzt wegen Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO davon aus, dass die Dublin-III-VO allen Erfordernissen des Primärrechts der Europäischen Union genügt.

Bereits die Unzuständigkeit Bulgariens infolge systemischer Schwachstellen i. S.v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO führt zum Erfolg der Klage. Auf die Frage, inwieweit der gemachte Anspruch auf Selbsteintritt besteht, kommt es für die Entscheidung nicht an; denn insoweit ist allein entscheidend, dass die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung nach Bulgarien rechtswidrig ist, ohne dass es darauf ankäme, ob nicht eine Abschiebungsanordnung in einen weiteren Mitgliedstaat möglich wäre.

3.1.5. Im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ist die grundlegende Frage in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO, ob es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Bulgarien systemische Schwachstellen aufweist, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh mit sich bringen, und die Klage gegen die Abschiebungsanordnung deshalb Erfolg hat, dahingehend zu beantworten, dass solche Gründe vorliegen.

3.1.5.1. Für das Gericht ist gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG die Lage im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgeblich.

Grundlegend weist der Europäische Gerichtshof (Große Kammer) in seiner Entscheidung vom 21. Dezember 2011 (EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris) darauf hin, dass sich das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung stützt, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Die Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention und des Protokolls von 1967 ist in Art. 18 der Charta und in Art. 78 AEUV geregelt. In Art. 78 Abs. 1 Satz 1 AEUV ist hierbei explizit ausgeführt, dass die gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz auch die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll.

Die Prüfung der Rechtstexte, die das Gemeinsame Europäische Asylsystem bilden, ergibt, dass dieses in einem Kontext entworfen wurde, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Gerade aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Behandlung der Asylanträge rationalisiert und verfolgt die Beschleunigung dadurch, dass nur ein Mitgliedstaat für die Behandlung des Asylantrags zuständig ist. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Dennoch kann daraus nicht geschlossen werden, dass jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin-III-VO berühren würde. Auf dem Spiel stehen nämlich der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet.

In Bezug auf die rechtliche Einschätzung und Einordnung tatsächlicher Gegebenheiten können für den Befund, dass die Risiken für den Kläger hinreichend erwiesen seien, die regelmäßigen und übereinstimmenden Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, in denen auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Anwendung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems hingewiesen werden, herangezogen werden (EGMR, U.v. 21.1.2011- 30696/09). Diese Informationen sind geeignet, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, sich ein Bild über das Funktionieren des Asylsystems im zuständigen Mitgliedstaat zu machen, das die Bewertung solcher Risiken ermöglicht. Sie stehen für das Gericht im Vordergrund seiner Bewertung, flankiert von den aktuellen Maßnahmen der EU-Kommission. Die Beurteilung, die das Gericht zu treffen hat, erschöpft sich dabei nicht in einer bloßen Übernahme der Empfehlungen des UNHCR und von Nichtregierungsorganisationen.

3.1.5.2. Für die Prognose kommt es auf die Zusammenschau der derzeit erreichbaren Erkenntnisquellen an.

Grundlegend ist der Bericht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) „Bulgaria as a Country of Asylum - UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria - April 2014“, der auf einer Nachprüfung der Situation des UNHCR am 1. April 2014 beruht, deren Ergebnisse beinhaltet und nach Bekunden des UNHCR ein update zum vorausgegangenen Bericht des UNHCR vom Januar 2014 ist. Aufgrund zahlreicher Verbesserungen seit Jahresbeginn bei den Aufnahmebedingungen und im Asylverfahrensablauf sieht der UNHCR - jedoch, wie sich aus dem Bericht selbst ergibt, nur auf kurze Zeit gesehen- die Basis dafür, auf der er jetzt - im Gegensatz zu seinen Januar-Beobachtungen- schlussfolgert, dass eine generelle Aussetzung aller Dublinüberstellungen an Bulgarien nicht länger gerechtfertigt sei. Dabei betont der UNHCR, dass trotz der durch die bulgarischen Behörden unternommenen Fortschritte ernsthafte Lücken im bulgarischen Asylsystem verbleiben, die auch angesprochen werden. Für bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen empfiehlt der UNHCR nach wie vor, von einer Überstellung an Bulgarien abzusehen. Ein Teil der Verbesserungen in Bulgarien resultiert auf ad-hoc- Maßnahmen, die hauptsächlich von NGOs oder seitens der bulgarischen Zivilgesellschaft erfolgten, bei denen jedoch keineswegs sichergestellt ist, dass sie von der SAR übernommen und fortgeführt werden. Auf mittel- und langfristige Sicht ist der UNHCR besorgt, dass angesichts potentiell hoher Rücküberstellungsraten die jüngsten Verbesserungen dahinschwinden und keine Systemkonsolidierung eintritt. Der UNHCR will deshalb zeitnah die Entwicklungen in Bulgarien beobachten. Hinsichtlich des Zwischenzeitraums geht der UNHCR davon aus, dass Bulgarien aktiv Anstrengungen unternimmt, um sicherzustellen, dass es seiner Verantwortung bei der Anwendung des nationalen Asylsystems im Ganzen betrachtet im Einklang mit europäischen und internationalen Standards nachkommt. Hierbei wird die bulgarische Behördenpraxis in den Blick genommen, dass an der Grenze zur Türkei seit November 2013 „push-backs“ erfolgen und andere Maßnahmen ergriffen wurden, mittels derer Asylsuchenden, in großer Anzahl aus Syrien kommend, der Zutritt auf bulgarisches Territorium verhindert wird. Seit Mitte 2013 stieg die Zahl der Asylsuchenden in Bulgarien dramatisch. Allein für den Oktober 2013 wurden 3.626 Neuzugänge verzeichnet. Im Vergleich dazu sind insgesamt für das erste Quartal 2014 nur 255 Neuzugänge registriert. Ursache hierfür ist auch, dass ab November 2013 an der bulgarisch-türkischen Grenze in der Elhovo-Region 1.500 bulgarischen Grenzpolizisten zur Grenzüberwachung im Einsatz sind und illegalen Grenzübertritt verhindern. Gleichzeitig ist ein dramatischer Zustrom von Asylsuchenden an der bulgarisch-türkischen Grenze seit Dezember 2013 zu verzeichnen. Zu der Aufnahmekapazität der insgesamt sieben SAR-Centren wird mitgeteilt, dass am 27. März 4.150 Plätze (= 82% Belegungsrate) belegt seien und SAR erhoffe, zum Ende April 2014 eine Kapazität von 6.000 Plätze erreichen zu können. Von Asylbewerbern werde erwartet, dass sie die Aufnahmezentren binnen 14 Tagen nach Erhalt ihrer Entscheidung über ihr Asylgesuch verlassen. Jedoch wird ein weiterer Aufenthalt von SAR geduldet, da aufgrund fehlender sozialer Unterstützung und dem Fehlen von Integrationsprogrammen anerkannten Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigten unmöglich ist, auf dem Mietmarkt eine Unterkunft zu finden.

Amnesty International belegt in seinem Bericht „Suspension of Returns of Asyl-Seekers to Bulgaria must Continue” vom März 2014 in gleicher Weise die im April 2014-Bericht festgestellten Beobachtungen des UNHCR, schlussfolgert hieraus allerdings die weitere allgemeine Aussetzung der Überstellung an Bulgarien. Weiter wird berichtet, dass die sanitären und hygienischen Bedingungen, einhergehend mit der Überfüllung der Asyl-Unterbringungszentren in Voenna Rampa und Vrazhdebna, unzureichend seien bzw. in Harmanli erreichten sie auch nach den Verbesserungen nicht die EU-Vorgaben zur Unterbringung von Asylbewerbern.

In den Internet-Auftritten von bordermonitoring.eu/category/bulgaria vom 23. April 2014 und proasyl.de/de/news/detail/news/bulgarien vom 25. April 2014 wird über die Push-Back-Operationen Bulgariens berichtet. Human Rights Watch berichtet zudem weitergehend am 19. Mai 2014 (hrw.org/news/2014/05/19/bulgaria-s-ugly-containing-refugee-crisis…), dass die europäische Kommission erste aktive Schritte gegen Bulgarien wegen der Push-backs von Syrern unternimmt.

Der European Council on Refugees and Exiles (ecre.org/component/content/article /70-weekly-bulletin-articles/…) berichtet am 4. April 2014, dass die europäische Kommission gegenüber Bulgarien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen möglicher Zurückweisungen syrischer Flüchtlinge an der Grenze einleitete und Bulgarien förmlich zur Stellungnahme hierzu aufforderte. Hierbei wurde unter Rückgriff auf UNHCR, Amnesty International und das Bulgarian Helsinki Committee angeführt, dass aufgrund der Errichtung eines 32km-langen Zauns und der Verstärkung durch 1.500 Polizisten, postiert in 300 m-Abständen entlang der bulgarisch-türkischen Grenze seit Ende 2013 ein dramatischer Rückgang von Grenzübertritten nach Bulgarien zu registrieren ist (8.000 Übertritte im Herbst 2013 gegenüber insgesamt 263 im Januar und Februar 2014).

In der Zusammenschau der Erkenntnisse ergibt sich, dass die generelle Entwarnung des UNHCR in seinem April 2014-Bericht tatsächlich ausschließlich nur für den Moment getroffen wurde und diese Aussage auch relativ in Bezug auf die zu diesem Zeitpunkt bestehende Ausgangssituation durch die kurzfristig wirkenden Verbesserungen getroffen wurde. Hierbei wird betont, dass diese nur als kurzfristig wirkend eingeschätzt werden. In die ausgesprochene Empfehlung fließt nicht ein, dass Bulgarien durch die Abschottungsmaßnahmen den Zutritt Asylsuchender weitgehend verhindert.

Bulgarien beeinflusst durch seine Maßnahmen der Grenzabschottung das bulgarische Asylsystem und die dortigen Aufnahmebedingungen von der Basis her durch Nichterreichbarkeit bzw. aktiver Erschwernis seiner Erreichbarkeit für den Asylsuchenden systematisch an einer Schwachstelle mit effektiver Reichweite mit der Gefahr einer unmenschlichen und entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta, wenn nicht sogar eine Steuerung anzunehmen ist. Neben den tatsächlich getroffenen Verbesserungen im 1. Quartal 2014 innerhalb des Asylverfahrenssystems und der Aufnahmebedingungen, die allseits positiv gewürdigt werden, aber auch in ihrer lediglich relativ niedrigen Standardverbesserung weit unterhalb der europäischen Mindeststandards anzusiedeln sind, hat diese gesteuerte Asylzugangsabschottung mittelbar maßgeblich Einfluss darauf, dass der UNHCR im April 2014-Bericht kurzfristig von seiner früheren Empfehlung, generell keine Überstellungen an Bulgarien durchzuführen, Abstand nimmt.

3.1.5.3. Die in der vorgenannten Erkenntnismittellage übereinstimmend mitgeteilten Informationen sind wesentliche Gründe, aufgrund derer im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung anzunehmen ist, dass systemische Schwachstellen im bulgarischen Asylsystem und in den bulgarischen Aufnahmebedingungen vorliegen.

Die in Bulgarien kurzfristig wirkenden relativen Verbesserungen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen, die den Asylbewerbern zugutekommen, die bereits „im Asylsystem Bulgariens“ sind, geht zulasten der Asylsuchenden, die von den bulgarischen Behörden europarechtswidrig vom Asylsystem Bulgariens ferngehalten werden. Hierbei ist ohnehin die Gefahr einer unmenschlichen und entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh für die Asylsuchenden, die bereits im Asylsystem Bulgariens sind, keineswegs nachhaltig gebannt. Der gegenwärtige Zustand ist derart fragil, dass hinzutretende Rücküberstellungsmaßnahmen innersystemische Schwachstellen bei der Durchführung der Asylverfahren, etwa in der Verfahrenslänge, sowie unvertretbare Verschlechterungen der Aufnahmebedingungen bedingt.

Das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten als Grundlage der gemeinsamen Asylpolitik und letztlich der Durchführung der Dublin-III-VO wird derzeit durch Bulgarien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschüttert, wie sich aus der Einleitung der ersten Schritte eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Bulgarien durch die Europäische Kommission ergibt. Unter diesen Bedingungen ist auch die geltende Vermutung in Bezug auf Bulgarien geschwächt, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht.

3.1.6. Auch in Anbetracht des Gebots der effektiven Umsetzung der Dublin-III-VO ist im Fall des Klägers - eines Asylrückkehrers - angesichts der genannten neuesten Erkenntnismittellage die Gefahr einer Verletzung unionsrechtlicher Grundrechte (Art. 4 GRCh) anzunehmen.

Den Regelungen der Dublin-III-Verordnung liegt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zugrunde, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschüttert sein muss, um zum Erfolg der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG führen zu können. Dieser Grundsatz kann nicht mittels jedweder Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat außer Kraft gesetzt werden (vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - Rn. 82, NVwZ 2012, 417); denn andernfalls würden die betreffenden Verpflichtungen zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin-III-VO in ihrem Kern ausgehöhlt werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 85).

Angesichts des hohen Gewichts, das Stellungnahmen des UNHCR beizumessen ist, führen dessen Ausführungen im April2014-Bericht zur Situation bei Überstellungen nach dem Dublin-System nach Bulgarien zu einem Erfolg der Klage auch für sich gesehen. Der UNHCR führt aus, im Hinblick auf die zum Zeitpunkt 31. März 2014 hohe Zahl von 1.433 Rücküberstellungsanfragen an Bulgarien, die sich nach Auffassung des UNHCR in den kommenden Monaten noch erhöhen wird, würde nur eine effektive Ausweitung der SAR-Aufnahmekapazitäten auf 6.000 Personen bis Ende April 2014 eine erneute Überforderung des bulgarischen Aufnahmesystems verhindern, wenn die angefragten Rücküberstellungen tatsächlich ausgeführt würden. Zudem wird ausgeführt, dass weitere Asylverfahrenskapazitäten, auch in Form von Personalaufstockungen, dringlichst ab April 2014 durchgeführt werden müssten, um den Erfordernissen bei tatsächlich erfolgenden Rückführungen und einem neuen Anstieg ankommender Asylsuchender zu begegnen. Angesichts dieser Erkenntnislage ist davon auszugehen, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Ankunft der Gefahr einer Verletzung unionsrechtlicher Grundrechte (Art. 4 GRCh) hinreichend wahrscheinlich ausgesetzt sind, da zwischenzeitlich weitere drei Monate vergangen sind und keinerlei Hinweise ersichtlich sind, dass Bulgarien seither die erforderlichen Anstrengungen unternommen hätte.

3.2. Da der Mitgliedstaat Bulgarien gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig ist, ist die zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu beurteilende Feststellung, dass der Asylantrag gemäß § 27a Asylantrag unzulässig ist, rechtswidrig. Insoweit kommt es ebenfalls wie bei der Abschiebungsanordnung nicht darauf an, ob eine Abschiebungsanordnung in einen weiteren Mitgliedstaat möglich wäre und infolge dessen der Asylantrag unzulässig wäre.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juli 2014 - 24 K 14.50335

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juli 2014 - 24 K 14.50335

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung
Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juli 2014 - 24 K 14.50335 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 52


Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.