Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Mai 2014 - M 1 K 13.995

bei uns veröffentlicht am13.05.2014

Tenor

I.

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom ... Februar 2013 verpflichtet, dem Kläger die am ... Mai 2011 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 523 Gemarkung ... Am ... Mai 2011 beantragte er eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage des Typs Enercon E-101 mit einer Nabenhöhe von 135,40 m und einer Gesamthöhe von 185,90 m auf diesem Grundstück. Zum Anwesen „...“, einem von unbebauten Feld- und Forstflächen umgebenem Wohnhaus nördlich des geplanten Standorts, beträgt dessen Entfernung 494,32 m. Am ... Juni 2011 beantragte der Kläger zudem eine Abweichung von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zu den Abstandsflächen durch Festsetzung der Abstandsfläche für die beantragte Windenergieanlage auf 54 m.

Das Landratsamt ... (Landratsamt) hatte am ... Januar 2012 auf Antrag der Beigeladenen den Antrag des Klägers bis zum ... November 2012 zurückgestellt, nachdem die Beigeladene am ... November 2011 beschlossen hatte, einen sachlichen Teilflächennutzungsplan „Konzentrationszonen Windkraft“ aufzustellen. Am ... September 2012 beschloss die Beigeladene die Feststellung dieses Plans, den das Landratsamt am ... November 2012 genehmigte und der am ... November 2012 bekannt gemacht wurde. In diesem Plan sind drei Konzentrationszonen für Windkraftanlagen dargestellt, die nicht das genannte Grundstück des Klägers mitumfassen. In der „Begründung mit Umweltbericht“ zu diesem Plan sind Kriterien zu „harten“ und „weichen“ Tabuzonen genannt. Unter „5. Städtebauliche und landschaftliche Ziele“ (S. 21 der Begründung) heißt es u. a.: „Bei der Erarbeitung der dargestellten Zonen galt es, eine Optimierung in Richtung möglichst geringer negativer Einwirkungen der Windkraftanlage für die bewohnten Bereiche zu erreichen und gleichzeitig der Errichtung von Windkraftanlagen Raum zu geben. Ein weiteres Ziel lag in der Minimierung der negativen Auswirkungen auf die Landschaft. Wichtiges Kriterium war, auch im Sinne der Gerechtigkeit, alle bewohnten Bereich, soweit möglich, gleich zu behandeln. Dafür wurde eine eigene Studie in Auftrag gegeben, auf die an dieser Stelle verwiesen wird“. In dieser „Studie zur Ermittlung geeigneter Flächen für Windkraftanlagen im Gemeindegebiet“ der Beigeladenen (Bl. ... ff. BA) heißt es unter „Weiche Tabuzonen“, es sei von Beginn an das Ziel der Beigeladenen die negativen Auswirkungen von Windkraftanlagen für Bereiche, in dem Wohnen stattfindet „zu minimieren, d. h. möglichst große Abstandswerte zu definieren“ (Bl. ... BA). Weiter heißt es dort, die vom Gesetz vorgenommene Differenzierung der Abstände von Wohnanlagen nach Wohn-, Misch- und Dorfgebieten sowie dem Außenbereich werde oft als ungerecht empfunden. Daher sollte eine Variante gewählt werden, die alle bewohnten Bereiche gleich behandelt (Bl. ... BA).

Unter „2.3. Veränderung einiger Kriterien zur Ausweisung von Konzentrationszonen“ heißt es in der „Begründung mit Umweltbericht“:

„Für den Vorentwurf wurden die Kriterien und die Methodik, die zur Ausweisung der Konzentrationszonen geführt haben in der vorgeschalteten Windkraftstudie erläutert. Da sich aus dem laufenden Verfahren Änderungsbedürfnisse an den Kriterien ergeben haben, werden diese im Folgenden dargestellt.

Kriterien für harte Tabuzonen:

Der Abstand für den Außenbereich zu Windkraftanlagen wurde dem Wert für Mischgebiet und Dorfgebiet angepasst und von 250 m auf 500 m erhöht. Dieser Wert ist auch im Winderlass Bayerns (WE) vom 20. Dezember 2011 für Außenbereichsanwesen genannt. Bei den Flächen für den Gemeinbedarf kommen folgende Flächen vor: Kapelle, Kirche, Schulen, Spiel, Sport und Verwaltung. Da keine besonders schutzwürdigen Funktionen wie Altersheim oder Krankenhaus vorkommen, werden diese Flächen homogen behandelt und mit einem Abstand von 500 m zu Windkraftanlagen versehen. Der Abstand zu Wäldern mit Schutzfunktion laut Waldfunktionsplan wurde von 200 m auf 100 m zurückgenommen, da die Funktionen der Wälder auch bei diesem Abstand zu möglichen Windkraftanlagen nicht gravierend beeinträchtigt werden. Der Abstand zu qualifizierten Straßen wurde von 300 m auf 150 m zurückgenommen. Der ursprüngliche Abstand von 300 m hatte seine Begründung in der Eiswurfgefährdung. Da heute Anlagen aber bei Bedarf mit entsprechenden Schutzvorkehrungen ausgerüstet werden können, wurde der Abstand halbiert. Das im Laufe des Verfahrens von der unteren Naturschutzbehörde gemeldete Brutvorkommen des Uhus wurde dahingehend berücksichtigt, dass um den Nistplatz ein Abstand von 1.000 m zu Windkraftanlage berücksichtigt wurde.

Kriterien für weiche Tabuzonen:

Es war von Beginn an das Ziel der Gemeinde, die negativen Auswirkungen von Windkraftanlagen für Bereiche mit Wohnnutzung zu minimieren, d. h., möglichst große Abstandswerte zu definieren. Ein Kriterium war die optisch bedrängende Wirkung, die nach Dirnberger regelmäßig erst über 600 m kaum noch Probleme bereitet. Im Hinblick auf die Lärmbelastung ist bei einem Abstand von mindestens 800 m eine Prüfung der Vorbelastung nicht erforderlich, so dass die Gemeinde - um den größtmöglichen Schutz der Bevölkerung vor beiden Belastungen zu gewährleisten - einen Mindestabstand zu Wohnbebauungen von 800 m für MI, MD und Wohnbebauung im Außenbereich festlegt. Da in reinen und allgemeinen Wohngebieten geringere Störungen hinzunehmen sind als bei Wohnnutzung im Außenbereich, wird für WA ein Abstand von 1100 m festgelegt. Somit soll der potentiellen künftigen Ausweisung von Wohn- und Mischgebieten angemessener Raum geschaffen werden. Somit wurde der Abstand für allgemeine Wohngebiete von 800 m auf 1100 m angehoben“.

Das Landratsamt lehnte nach vorheriger Anhörung mit Beschluss vom ... Februar 2013 den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, dass dem grundsätzlich privilegierten Bauvorhaben des Klägers der wirksame Teilflächennutzungsplan der Beigeladenen entgegenstehe. Zudem rufe das Bauvorhaben eine optisch bedrängende Wirkung in der Nachbarschaft hervor, insbesondere beim Anwesen „...“, welches in einem zwar mehr als zweifachen, jedoch weniger als dreifachen Abstand - gemessen an der Gesamthöhe des Bauvorhabens - zu diesem Bauvorhaben liege. Die in einem solchen Fall von der Rechtsprechung geforderte Einzelfallprüfung habe ergeben, dass die geplante Windkraftanlage auf dieses Anwesen optisch bedrängend wirke. Von dort aus sei diese Anlage in voller Größe sichtbar, die Hauptaufenthaltsräume seien nach Süden hin und damit in Blickrichtung zu dieser Anlage ausgerichtet. Der im Gartenbereich vorhandene Baumbestand biete im Sommer nur geringen und im Winter überhaupt keinen Sichtschutz. Nach den eingeholten Winddaten sei der Rotorkreis der Anlage grob ein Drittel der Jahresstunden zwischen 30% und 70% der sichtbaren Fläche dem Anwesen zugewandt.

Der Kläger hat am 8. März 2013 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

den Bescheid des Landratsamts ... vom ... Februar 2013 aufzuheben und ihm die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E-101 zu erteilen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der sachliche Teilflächennutzungsplan sei rechtswidrig und deshalb unwirksam. Insbesondere sei die Auswahl der weichen Tabuzonen bezüglich der Siedlungsabstände willkürlich, die gewählten Abstände seien im Vergleich zum Bayerischen Windenergieerlass viel zu groß. Auch wirke die Anlage nicht auf benachbarte bewohnte Anwesen optisch bedrängend.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine optisch bedrängende Wirkung liege vor und werde auch nicht aufgrund von vorhandener Vegetation gemindert. Zwischen 7,5 und 8,5 Monate im Jahr sei die Windkraftanlage vom Anwesen „...“ aus sichtbar.

Die mit gerichtlichem Beschluss vom 30. Oktober 2012 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Das Gericht hat am 18. Februar und erneut am 13. Mai 2014 mündlich verhandelt und zudem am 13. Mai 2014 einen Augenschein am Anwesen „...“ durchgeführt. Der Kläger hatte hierzu zwei Ballons aufsteigen lassen, den einen in Nabenhöhe der geplanten Anlage, den anderen in maximaler Rotorhöhe des Bauvorhabens.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten und insbesondere auf die Niederschriften vom 18. Februar und 13. Mai 2014 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts vom ... Februar 2013 ist aufzuheben und das Landratsamt ist zu verpflichten, dem Kläger die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage einschließlich der hierzu ebenfalls beantragten Abweichung von den Anforderungen zu Abstandsflächen zu erteilen, da der Kläger hierauf einen Rechtsanspruch hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

1. für die Errichtung der am ... Mai 2011 beantragten Windkraftanlage benötigt der Kläger aufgrund ihrer eine Höhe von 50 m übersteigenden Ausmaße gemäß § 4 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über genehmigungspflichtige Anlagen (4. BImSchV) und Nr. 1.6 des Anhangs hierzu eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Das Bauvorhaben des Klägers ist genehmigungsfähig, ihm stehen vor allem keine öffentlichrechtlichen Vorschriften im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegen, insbesondere keine bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Als bauplanungsrechtlich privilegierte Anlage im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) soll das Bauvorhaben nach dem Willen des Gesetzgebers im Außenbereich errichtet werden. Zwar stehen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange einem solchen Vorhaben in der Regel dann entgegen, soweit hierfür u. a. durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Aufgrund der Unwirksamkeit der von der Beigeladenen beschlossenen Darstellungen im sachlichen Teilflächennutzungsplan ist das jedoch vorliegend nicht der Fall.

2.1 Der von der Beigeladenen beschlossene sachliche Teilflächennutzungsplan nach § 5 Abs. 2 b BauGB ist für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufgestellt worden, wurde vom Beklagten genehmigt und auch bekannt gemacht. Dieser Teilflächennutzungsplan ist jedoch aus inhaltlichen Gründen unwirksam und weißt deshalb keine vom Kläger zu beachtenden Konzentrationsflächen an anderer Stelle als auf seinem Grundstück aus.

2.2 Dieser Teilflächennutzungsplan leidet an einem beachtlichen Abwägungsmangel. Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB verlangt, dass Darstellungen eines Flächennutzungsplans mit der Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf einem schlüssigen großräumigen Planungskonzept beruhen, welches offenlegt, von welchen Erwägungen die positive Standortentscheidung der Konzentrationszonen und - daran anknüpfend - die negative Ausschlusswirkung getragen sind (BayVGH, U. v. 30.7.2013 - 15 B 12.147 - juris Rn. 34 f. unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 4 CN 1.11 - NVwZ 2013, 519). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 11.4.2013 - 4 CN 2.12 - juris) muss sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts in folgenden Abschnitten vollziehen: In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ Zonen untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen, mithin für eine solche Nutzung „schlechthin“ ungeeignet sind. Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Plangebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen „von vornherein“ ausgeschlossen werden soll (OVG Lüneburg, U. v. 23.1.2014 - 12 KN 285/12 - juris Rn. 17). Auf der ersten Stufe des Planungsprozesses muss sich dabei der Planungsträger den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, auf denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass sie nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er der Windenergienutzung nicht substantiell Raum schafft. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen liegen (OVG Lüneburg, U. v. 23.1.2014 a. a. O.).

2.3 Diesen Maßstäben genügt der Teilflächennutzungsplan der Beigeladenen nicht. Zwar hat sie die Ausführungen der „Studie zur Ermittlung geeigneter Flächen für Windkraftanlagen“, auf die sie unter Nr. 5 ihrer Planbegründung verweist, bezüglich der Wirkung von Windkraftanlagen auf bewohnte Bereiche nicht unverändert übernommen, wenngleich sie an dieser Stelle in der „Begründung mit Umweltbericht“ ausführt, es sei ein wichtiges Kriterium „auch im Sinne der Gerechtigkeit“ gewesen, alle bewohnten Bereich, soweit möglich, gleich zu behandeln. Vielmehr hat sie unter Nr. 2.3 dieser „Begründung“ die Kriterien für harte und weiche Tabuzonen verändert und insbesondere bei den weichen Tabuzonen den Abstand von Windkraftanlagen zu allgemeinen Wohngebieten von ursprünglich 800 m auf 1.100 m angehoben, während der Abstand zu Wohnbebauung im Außenbereich entsprechend der „Studie“ mit 800 m beibehalten wurde.

Die Beigeladene hat jedoch in anderer Weise den wesentlichen Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen verkannt, da sie auch Kriterien für harte Tabuzonen zum Teil abwägungsoffen behandelt hat. Zwar hat sie im Hinblick auf das Brutvorkommen eines Uhus einen Abstand von 1000 m und im Hinblick auf qualifizierte Straßen wegen nunmehr technisch bedingt verminderter Eiswurfgefahr den Abstand auf 150 m gesenkt. Demgegenüber hat sie jedoch fälschlicherweise auch den Mindestabstand zu Wäldern offenbar als „harte Tabuzone“ aufgefasst, ebenso die Mindestabstände zu Misch- und Dorfgebieten und zu Flächen für Gemeinbedarf, obwohl die Abstände von Windkraftanlagen zu Wäldern und auch zu Misch- und Dorfgebieten nach Auffassung des Gerichts gerade der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind und bei einer Einordnung als „weiche Tabuzonen“ der Planrechtfertigung im oben genannten Sinn bedürfen. Der Verweis der Beigeladenen auf die Ausführungen im „Winderlass Bayerns“ (gemeint wohl: Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen - Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011, AMBl Nr. 1/2012) bezüglich der Handhabung von Mindestabständen zu Misch- und Dorfgebieten sowie zu Außenbereichsanwesen ist diesbezüglich unbehelflich, da auch hierdurch keine harten Tabuzonen entstanden sind. Im Gegenteil weisen diese Planungs- und Genehmigungshinweise unter Nr. 8.2.4.1, 4. Absatz, darauf hin, dass das Immissionsschutzrecht rechtlich verbindliche Mindestabstände gerade nicht kennt. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Flächen auch innerhalb der von der Beigeladenen genannten Mindestabstände zu Misch- und Dorfgebieten sowie zu Außenbereichsanwesen keine Flächen sind, in denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, ebenso bei Flächen für den Gemeinbedarf („Kapelle, Kirche, Schule, Spiel, Sport, Verwaltung“). Vielmehr hängt die Frage der rechtlichen oder tatsächlichen Verfügbarkeit auch dieser Flächen von der Intensität der beabsichtigten Windkraftnutzung und schließlich auch von der Höhe der hierfür vorgesehenen Anlagen ab.

Doch auch hinsichtlich der „Kriterien für weiche Tabuzonen“ hat die Beigeladenen nicht in der erforderlichen Weise von ihrem Beurteilungsspielraum und ihrer Typisierungsbefugnis Gebrauch gemacht (vgl. hierzu OVG Lüneburg, U. v. 23.1.2014 a. a. O. Rn. 20 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 11.4.2013 a. a. O.). Das ist bereits daraus ersichtlich, dass sie auch hier den Begriff des „Mindestabstands“ verwendet, obwohl dieser Begriff dem Bereich der harten Tabuzonen zuzuordnen ist, während Abstände in weichen, also disponiblen Tabuzonen „Vorsorgeabstände“ darstellen (OVG Lüneburg a. a. O. Rn. 20). Wenn jedoch die Beigeladenen auch bei den „Kriterien für weiche Tabuzonen“ von „Mindestabständen“ spricht, lässt sie nach Auffassung der Kammer erkennen, dass sie sich den eigentlichen Unterschied dieser Tabuzonen nicht bewusst gemacht hat im Sinne der oben genannten Rechtsprechung. Damit liegt jedoch ein beachtlicher materieller Fehler im Abwägungsvorgang im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB vor und ist deshalb unwirksam (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O. Rn. 8, 16).

2.4 Auch das Rücksichtnahmegebot als unbenannter öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgrund einer optisch bedrängenden Wirkung steht der Genehmigungserteilung im vorliegenden Fall nicht entgegen. Das Rücksichtnahmegebot schützt die Nachbarschaft vor unzumutbaren Einwirkungen eines Bauvorhabens, wozu auch optisch bedrängende Wirkungen gehören können, wie sie im Einzelfall auch von einer Windkraftanlage durch die Höhe des Mastes und die Breite ihrer sich drehenden Rotorblätter ausgehen können (vgl. BVerwG, B. v. 11.12.2006 - 4 B 72.06 - juris Rn. 4, 10; BayVGH, B. v. 16.1.2014 - 22 ZB 13.2608 - juris Rn. 10). Ob tatsächlich das Maß des dem Nachbarn Zumutbaren überschritten ist, ist dabei nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Dabei können aber bestimmte Abstände als grobe Anhaltswerte für oder gegen eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots herangezogen werden. Beträgt der Abstand mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage, wird eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen optisch bedrängender Wirkung in der Regel zu verneinen sei, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen (BayVGH, B. v. 16.1.2014 a. a. O. Rn. 10 unter Hinweis auf U. v. 29.5.2009 - 22 B 08.1785 - juris Rn. 15, 23).

Da das Anwesen „...“ mit einem Abstand von 494,32 m zum Bauvorhaben näher am beabsichtigten Standort der Windkraftanlage liegt als das Dreifache der Gesamthöhe dieser Anlage (575,70 m), aber weiter entfernt als das Zweifache (371,80 m), hat nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eine besonders intensive Einzelfallprüfung zu erfolgen (BayVGH, U. v. 29.5.2009 a. a. O. Rn. 20). Das Gericht hat sich durch Augenschein davon überzeugt, dass die beabsichtigte Windkraftanlage vom im Außenbereich liegenden Anwesen „...“ in voller Höhe zu sehen sein wird. Allerdings wird die Anlage in etwa auf gleicher, ebenerdiger Höhe wie dieses Anwesen zu stehen kommen, nicht aber etwa auf einem Geländeniveau oberhalb des Wohngebäudes. Zu beachten ist ferner, dass für eine im Außenbereich ausgeübte Wohnnutzung der Schutzanspruch auf besonders intensive Einzelfallprüfung sich dahin vermindert, dass dem Betroffenen eher Maßnahmen zuzumuten sind, durch die er den Wirkungen der Windkraftanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt (HessVGH, B. v. 26.9.2013 - 9 B 1674/13 - juris Rn. 11), etwa durch Sichtblenden oder Baumbewuchs. Denn wer im Außenbereich wohnt, muss grundsätzlich mit der Errichtung von in diesem Bereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Windkraftanlagen und ihren optischen Auswirkungen rechnen (HessVGH, B. v. 26.9.2013 a. a. O., unter Hinweis auf OVG NW, B. v. 17.1.2007 - 8 A 1042/06 - juris). Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass das Bauvorhaben in einem Abstand von 494 m zum im Außenbereich gelegenen und damit hinsichtlich einer optisch bedrängenden Wirkung stärker belastbaren Anwesen „...“ keine optisch bedrängende Wirkung auf diesen Wohnbereich hat, die als öffentlicher Belang gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB dem Bauvorhaben des Klägers entgegenstünde.

3. Der Kläger hat im Zusammenhang mit seinem Rechtsanspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gegen den Beklagten auch Anspruch auf eine Verkürzung der Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 5 Bayerische Bauordnung (BayBO) durch Festsetzung im beantragten Umfang (54 m). Zwar steht nach Art. 63 Abs. 1 BayBO die Erteilung von Abweichungen von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung im Ermessen der Behörde und kann diese solche Abweichungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlichen geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO, vereinbar sind. Die von der Rechtsprechung hierzu geforderte Atypik liegt bei Windkraftanlagen bereits wegen deren Eigenart vor (vgl. BayVGH, U. v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris Rn. 28 ff., 30). Es sind auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, die im vorliegenden Fall gegen die Erteilung einer Abweichung sprechen könnten. Nachbarliche Belange können dem Bauvorhaben in der beabsichtigten Außenbereichslage kaum entgegen gehalten werden, auch wenn sie nicht von vornherein ausscheiden (BayVGH, U. v. 28.7.2009 a. a. O. Rn. 32). Mangels Wohnbebauung in der näheren Umgebung des Standorts sind die Hauptzwecke des Abstandsflächenrechts - Sicherung von Freiflächen zwischen Gebäuden zur Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung sowie des erforderlichen Wohnfriedens und Brandschutzes - nicht erreichbar (vgl. BayVGH, U. v. 28.7.2009 a. a. O. Rn. 32). Anhaltspunkte dafür, dass die Verkürzung der Tiefe der Abstandsflächen die Nutzbarkeit und Ertragsfähigkeit der das Bauvorhaben umgebenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke mehr als geringfügig beeinträchtigten könnte, sind nicht ersichtlich. Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass das der Behörde eingeräumte Ermessen zur Erteilung einer Abweichung im vorliegenden Fall auf Null reduziert ist und der Kläger auch auf diese Erteilung der Abweichung einen Rechtsanspruch hat.

4. Aus diesen Gründen ist der Klage mit der den Beklagten belastenden Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in vollem Umfang zu entsprechen. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich daher auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es nach Auffassung der Kammer der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Mai 2014 - M 1 K 13.995

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


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Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen vom Landratsamt K. durch Bescheid vom 15. Februar 2013 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von vier Windkraftanlagen.

Die vier Windkraftanlagen sollen eine Nabenhöhe von 141 m, einen Rotordurchmesser von 117 m und eine Gesamthöhe über Grund von 200 m haben.

Die von den Klägern erhobene Klage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth durch Urteil vom 23. Oktober 2013 als unbegründet ab, weil die erteilte Genehmigung die Kläger nicht in ihren Rechten verletze. Die Windkraftanlagen befänden sich im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, das mit einem Wohngebäude bebaute Grundstück der Kläger nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins im unbeplanten Innenbereich. Zum Wohnhaus der Kläger befinde sich die nächst gelegene Windkraftanlage in einem Abstand von ca. 1100 m, die übrigen drei genehmigten Windkraftanlagen in einem Abstand von ca. 1300 m bis 1500 m. Da sich das Wohnhaus der Kläger in einem faktischen Dorfgebiet befinde, liege der maßgebliche Immissionsrichtwert für die Nachtzeit bei 45 dB(A) und werde von den Windkraftanlagen nach dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht überschritten. Auch unter Berücksichtigung einer oberen Vertrauensbereichsgrenze liege der Beurteilungspegel bei 38 dB(A) nachts. Der Umweltingenieur des Landratsamts habe die Richtigkeit dieser Einschätzung bestätigt. Ein Zuschlag aufgrund von Impulshaltigkeit sei weder nach den Hinweisen zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) vom 20. Dezember 2011 (Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - sog. Windkrafterlass) und den entsprechenden Auflagen des Bescheids geboten, noch wäre selbst bei einem Zuschlag von 3 dB(A) der für Dorfgebiete maßgebliche Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts überschritten, sondern deutlich unterschritten. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung halte es das Verwaltungsgericht ebenfalls für ausgeschlossen, dass es aufgrund der geologischen Verhältnisse beim Betrieb der Windkraftanlagen zu erheblichen Erschütterungsimmissionen am klägerischen Anwesen komme. Umfangreiche Untersuchungen des Landesamts für Umwelt an Windkraftanlagen hätten keine diesbezüglichen Hinweise ergeben. Den diesbezüglichen Einschätzungen des Umweltingenieurs seien die Kläger auch nicht substantiiert entgegengetreten. Angesichts eines Mindestabstandes von 1100 m zu den streitgegenständlichen Windkraftanlagen gehe das Verwaltungsgericht nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins nicht davon aus, dass die Windkraftanlagen eine optisch bedrückende Wirkung hätten und gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstießen. Hinzu komme, dass die Windkraftanlagen nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins nicht oberhalb der Wohngebäude der Kläger „thronen“ würden, sondern das Gelände vom Wohnhaus der Kläger aus zu den Windkraftanlagen hin geringfügig abfalle, was deren optische Wirkung mindere.

Die Kläger haben die Zulassung der Berufung beantragt und machen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils sowie eine Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Kläger (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) lassen den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht hervortreten.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 f. m. w. N.).

Soweit die Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils hinsichtlich der Verneinung einer „optisch bedrängenden Wirkung“ der Windkraftanlagen durch das Verwaltungsgericht geltend machen, können sie damit nicht durchdringen.

Das Rücksichtnahmegebot schützt die Nachbarschaft vor unzumutbaren Einwirkungen eines Bauvorhabens, wozu auch optisch bedrängende Wirkungen gehören können (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78; BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85), wie sie im Einzelfall auch von einer Windkraftanlage durch die Höhe des Mastes und die Breite ihrer sich drehenden Rotorblätter ausgehen können (vgl. BVerwG, B.v. 11.12.2006 - 4 B 72/06 - juris Rn. 4, 10). Der Verwaltungsgerichtshof teilt hierbei die Auffassung, dass für die Frage der optisch bedrängenden Wirkung einer Windkraftanlage nicht die Baumasse ihres Turms, sondern die in der Höhe wahrzunehmende Drehbewegung des Rotors von entscheidender Bedeutung ist. Ein bewegtes Objekt erregt die Aufmerksamkeit in weit höherem Maße als ein statisches; insbesondere wird eine Bewegung selbst dann noch registriert, wenn sie sich nicht unmittelbar in Blickrichtung des Betroffenen, sondern seitwärts hiervon befindet. Die durch die Windstärke in der Umdrehungsgeschwindigkeit unterschiedliche Bewegung auch am Rande des Blickfelds kann schon nach kurzer Zeit und erst recht auf Dauer unerträglich werden, da ein bewegtes Objekt den Blick nahezu zwangsläufig auf sich zieht und damit zu einer kaum vermeidbaren Ablenkung führt. Zudem vergrößert gerade die Drehbewegung des Rotors die optischen Dimensionen einer Windkraftanlage ganz wesentlich. Die von den Flügeln überstrichene Fläche hat in der Regel gebäudegleiche Wirkungen. Dabei gilt, dass die Bewegung des Rotors umso stärker spürbar wird, je geringer die Distanz zwischen der Windkraftanlage und dem Betrachter und je größer die Dimension der Bewegung ist. Ob tatsächlich das Maß des dem Nachbarn Zumutbaren überschritten ist, ist dabei nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Dabei können aber bestimmte Abstände als grobe Anhaltswerte für oder gegen eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots herangezogen werden (vgl. BayVGH, U.v. 29.05.2009 - 22 B 08.1785 - juris Rn. 15, 23 m. w. N.). Beträgt der Abstand mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage, wird eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen optisch bedrängender Wirkung in der Regel zu verneinen sein (vgl. BayVGH a. a. O.), wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen.

Hier hat das Landratsamt im Genehmigungsbescheid zutreffend ausgeführt, dass von einer optisch bedrängenden Wirkung zulasten einer Wohnnutzung regelmäßig nicht mehr auszugehen sei, wenn der Abstand zwischen der Wohnbebauung und der Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage betrage. Auf dieser Grundlage hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls geprüft und verneint, die trotz der weiten Entfernung von mehr als dem Fünffachen der Gesamthöhe der Windkraftanlagen noch eine optisch bedrängende Wirkung auslösen könnten (Urteil vom 23.10.2013, S. 8). Es hat sich bei einem gerichtlichen Augenschein davon überzeugt, dass das Gelände vom Wohngebäude der Kläger hin zu den Windkraftanlagen leicht abfällt, diese also nicht auf einem Geländeniveau oberhalb des Wohngebäudes der Kläger stehen werden.

Aus den Darlegungen der Kläger ergibt sich nicht, was das Verwaltungsgericht ggf. übersehen haben könnte und weshalb die richterliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) insofern fehlerhaft sein könnte. Politische Initiativen zur Änderung des geltenden Rechts, die bislang nicht zu einer solchen geführt haben, sind insofern ohne Bedeutung.

2. Der sinngemäß behauptete Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), der darin liegen soll, dass das Verwaltungsgericht Beweise nicht erhoben und damit seine Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt haben soll, ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger nicht.

Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert ausgeführt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2013 - 7 B 16.13 - juris Rn. 4 m. w. N.). Daran fehlt es hier.

Die Kläger haben weder dargelegt, zu welchem entscheidungserheblichen Beweisergebnis die begehrte Beweiserhebung voraussichtlich geführt hätte, noch dass sie eine solche Beweiserhebung beantragt haben oder sie sich dem Verwaltungsgericht trotz der Ausführungen des Umweltingenieurs hätte aufdrängen müssen. Wenn von einem anwaltlich vertretenen Kläger ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wird, obwohl dies nach den äußeren Umständen zu erwarten gewesen wäre, muss sich dem Gericht eine entsprechende Beweisaufnahme von Amts wegen in der Regel nicht aufdrängen (BayVGH, B.v. 18.4.2007 - 22 ZB 07.222; BayVGH, B.v. 13.3.2007 -23 ZB 06.3299 jeweils m. w. N.). So ist es hier: Soweit die Kläger rügen, dass sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Verneinung von Erschütterungen am Grundstück der Kläger durch den Betrieb der Windkraftanlagen insoweit am Windkrafterlass, dem Ergebnis der Untersuchungen des Landesamts für Umwelt und der insoweit von den Klägern nicht substantiiert widersprochenen Auffassung des Umweltingenieurs des Landratsamts orientiert hat, ohne weitere Beweise erhoben zu haben, haben sie nicht dargelegt, in wie weit sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Dass Vibrationen oder Erschütterungen konkret zu befürchten wären und wie diese trotz der großen Entfernung ihrem Wohnhaus vermittelt werden sollten, haben die Kläger nicht dargelegt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG; wie Vorinstanz.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.