Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - M 10 K 18.3238

bei uns veröffentlicht am22.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug abgelehnt worden ist.

Der 1977 geborene Kläger ist ausweislich seines Reisepasses (Nr. …, gültig bis 15.2.2021) tunesischer Staatsangehöriger. Am 5. Juli 2012 reiste er nach eigenen Angaben erstmals in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 16. Oktober 2012 Asylantrag.

Mit Bescheid vom 1. April 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen; der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung nach Tunesien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Blatt 363 ff. der Ausländerakte). Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Klage zum Verwaltungsgericht München (Az. M 25 K 14.30626) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 13. August 2014 zurück.

Der Kläger bezog zunächst Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, außerdem arbeitete er nach Aktenlage als Hausmeisterhelfer (Blatt 355 der Ausländerakte).

Am 7. Juli 2013 schloss der Kläger vor dem Standesamt … die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen B. J. und nahm den Familiennamen der Ehefrau an. Infolge der Eheschließung wurde der Kläger mit Bescheid der Regierung … … vom 29. November 2013 umverteilt und der Stadt … (Wohnort seiner Ehefrau) zugewiesen.

Am 15. Januar 2014 (Eingang bei der Ausländerbehörde am 27.2.2014) beantragte der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug, welche ihm die Stadt … als damals zuständige Ausländerbehörde am 30. Oktober 2014 befristet bis 29. November 2015 erteilte (Blatt 491 der Ausländerakte). Am 30. November 2015 beantragte er die Verlängerung seines Aufenthaltstitels, woraufhin ihm am selben Tag eine Fiktionsbescheinigung bis 30. Juni 2016 ausgestellt wurde. Mit Schreiben vom 7. Februar 2017, 12. Juni 2017 und 7. Mai 2018 (Blatt 580, 582 und 609 der Ausländerakte) stellte er nochmals Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Die Entscheidung über diese Anträge wurde seitens der Ausländerbehörde zunächst zurückgestellt, da der Kläger laut Auskunft aus dem Bundeszentralregister des Bundesamtes für Justiz (Stand: 9.2.2018, Blatt 590 ff. der Ausländerakte) während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist:

- 4. Oktober 2012 Amtsgericht … - 8 Ds 210 Js 28455/12 - Rechtskräftig seit 4. Oktober 2012 Tatbezeichnung: Unerlaubte Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt Datum der letzten Tat: 3. Oktober 2012 Angewandte Vorschriften: § 52 StGB, § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 95 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 3 AufenthG

30 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 1. Februar 2013 Amtsgericht … - 1 Cs 240 Js 921/13 - Rechtskräftig seit 27. Februar 2013 Tatbezeichnung: Diebstahl in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung Datum der letzten Tat: 27. Dezember 2012 Angewandte Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 229, § 230, § 53 StGB

80 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 9. September 2013 Amtsgericht … - 7 Ds 550 Js 12519/13 - Rechtskräftig seit 27. September 2013 Tatbezeichnung: Wiederholter Verstoß gegen eine räumliche Beschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz in zwei tatmehrheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 28. März 2013 angewendete Vorschriften: § 53 StGB, § 56, § 85 Nr. 2 AsylVfG

55 Tagessätze zu je 10 Euro Geldstrafe

- 31. März 2014 Amtsgericht … - 9 Cs 240 Js 2624/14 - Rechtskräftig seit 24. April 2014 Tatbezeichnung: Wiederholter Verstoß gegen eine Aufenthaltsbeschränkung Datum der letzten Tat: 25. November 2013 Angewandte Vorschriften: § 85 Nr. 2, § 56 AsylVfG

80 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 11. September 2014 Amtsgericht … - 9 Ds 420 Js 19749/14 - Rechtskräftig seit 11. September 2014 Tatbezeichnung: Diebstahl Datum der letzten Tat: 27. Mai 2014 angewendete Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 47, § 56 StGB

4 Monate Freiheitsstrafe Bewährungszeit 2 Jahre 6 Monate Strafaussetzung widerrufen, Strafvollstreckung erledigt am 20. Juli 2017 - 21. Dezember 2015 Amtsgericht … - 9 Ds 440 Js 31248/15 - Rechtskräftig seit 24. März 2016 Tatbezeichnung: Versuchter Diebstahl in Tatmehrheit mit Hausfriedensbruch in zwei tatmehrheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 11. August 2015 Angewandte Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 242 Abs. 2, § 22, § 23 Abs. 1, § 53, § 123 Abs. 1, § 123 Abs. 2 StGB

6 Monate Freiheitsstrafe

- 7. März 2016 Amtsgericht … - 3a Ds 400 Js 29585/15 - Rechtskräftig seit 15. März 2016 Tatbezeichnung: Sexueller Missbrauch von Kindern Datum der letzten Tat: 31. Mai 2015 angewendete Vorschriften: § 176 Abs. 1 StGB

1 Jahr 8 Monate Freiheitsstrafe Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)

- 18. Mai 2016 Amtsgericht … - 3a Ds 400 Js 29585/15 - Rechtskräftig seit 31. Mai 2016 Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Entscheidungen vom 7. März 2016 und 21. Dezember 2015

2 Jahre Freiheitsstrafe Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)

Der Verurteilung vom 7. März 2016 lag nach den Feststellungen des Amtsgerichts -Jugendgericht als Jugendschutzgericht - … folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 31. Mai 2015 befand sich der Kläger in den Herrenduschen im städtischen Freibad …, wo er den ebenfalls im Duschenbereich aufhältlichen 11-jährigen M. M. aufforderte, ihm den Rücken einzuseifen. Der Junge kam dieser Aufforderung nach. Unmittelbar danach langte der Kläger dem M. im Bereich des Gesäßes in die Badehose. Danach griff er dem Jungen vorne in die Badehose und langte an dessen Geschlechtsteil. Der Kläger vollzog diese Handlungen, um sich sexuell zu erregen. Das Alter des Jungen erkannte er aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes.

Diese Sachverhaltsfeststellungen wurden vom Strafgericht auf der Grundlage von Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten getroffen. Der Kläger gab gegenüber dem Strafgericht zu dem Tatvorwurf an, den M. nicht angefasst zu haben und ihm noch nie begegnet zu sein.

Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass seine Vorstrafen nicht einschlägig waren. Strafschärfend wurden die hohe Rückfallgeschwindigkeit sowie die Folgen der Tat für den Geschädigten berücksichtigt. Besondere Umstände, die eine Strafaussetzung zur Bewährung gerechtfertigt hätten, erkannte das Strafgericht nicht: Es seien keine Milderungsgründe zu erkennen und dem Kläger sei keine günstige Sozialprognose zu stellen; außerdem sei der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat so groß, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung unangebracht erscheine (Blatt 620 bis 624 der Ausländerakte).

Der Kläger verbrachte die Haftzeit in der Justizvollzugsanstalt … (vgl. die Haftzeitübersicht mit Stand 21.6.2018, Blatt 670 der Ausländerakte).

Die Justizvollzugsanstalt erstellte diverse Führungsberichte, zuletzt unter dem 23. April 2018 (Blatt 611 ff. der Ausländerakte).

Darin wird zusammenfassend ausgeführt, der Kläger sei seiner Arbeitspflicht im anstaltseigenen Schneidereibetrieb mit überdurchschnittlicher Arbeitsleistung nachgekommen. Sein Vollzugsverhalten sei beanstandungsfrei gewesen.

Privaten Besuch habe er zuletzt nur von einem ehrenamtlichen Betreuer erhalten. Seine Ehefrau habe bereits im Juli 2017 mitgeteilt, dass sie mit dem Kläger nichts mehr zu tun haben wolle, da er sie finanziell in den Ruin getrieben habe. Die eheliche Wohnung stehe ihm nicht mehr zur Verfügung. Ansonsten habe der Kläger in der Bundesrepublik keine Kontakte. Seine Familie lebe weiterhin in Tunesien. Der Kläger verfüge bei Entlassung über keinen prosozialen Empfangsraum, weder Wohnmöglichkeit noch Arbeitsstelle. Er habe sich wegen einer Unterkunftsmöglichkeit an die Diakonie … gewandt.

Eine angebotene Einzeltherapie mit einer externen Therapeutin zur Aufarbeitung des Delikts sei nur an drei Terminen wahrgenommen worden. Nachdem der Kläger dabei das Sexualdelikt weiter geleugnet habe, habe keine Deliktsbearbeitung erfolgen können und die Einzeltherapie sei daher nicht fortgesetzt worden. Hinsichtlich der behandlungsbedürftigen Suchtprobleme sei ihm empfohlen worden, Kontakt zur externen Suchtberatung aufzunehmen. Eine Meldung seitens des Klägers sei jedoch nicht erfolgt. Im Nachhinein liege die Vermutung nahe, dass die Therapie nur zum Schein in Anspruch genommen worden sei, um der drohenden Ausweisung/Abschiebung entgegenzuwirken.

Auch die Ehe sei vermutlich nur geschlossen worden, um einen Verbleib in der Bundesrepublik zu ermöglichen.

Unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeit, insbesondere der strafrechtlichen Vorbelastung, des Bewährungsversagens, der Tatbegehung während offener Bewährung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, der ausländerrechtlichen Situation, der weiterhin unbehandelten sexuellen Abweichung sowie der ungeklärten Entlassungssituation könne dem Kläger aus vollzuglicher Sicht trotz des freiwilligen Strafantritts, der erstmaligen Inhaftierung und der hausordnungsgemäßen Führung keine günstige Prognose gestellt werden.

Laut Besuchsliste der JVA (Blatt 726 bis 739 der Ausländerakte) wurde der Kläger in der Zeit von 11. Mai 2016 bis 29. Juni 2018 von seiner Ehefrau dort insgesamt fünfmal besucht, zuletzt am 30. November 2016.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2018 teilte die zuständige Ausländerbehörde des Beklagten dem Kläger ihre Absicht mit, ihn auszuweisen und nach Haftende abzuschieben; sie gab dem Kläger Gelegenheit, hierzu bis zum 26. Februar 2018 Stellung zu nehmen, insbesondere mitzuteilen, wie sich sein derzeitiges Verhältnis zu seiner Ehefrau gestalte.

Der Kläger bat mehrmals um Fristverlängerung sowie um Einsicht in die Ausländerakten, die ihm im Mai 2018 in der Justizvollzugsanstalt ermöglicht wurde (Blatt 608 der Ausländerakten); Ausführungen zur Sache erfolgten zunächst nicht.

Die Zentralstelle „HEADS“ (Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter) beim Polizeipräsidium … teilte der Ausländerbehörde mit E-Mail vom 27. März 2018 mit, die Ehefrau des Klägers habe gegenüber dem Sozialdienst am 25. Juli 2017 telefonisch erklärt, sie wolle sich vom Kläger scheiden lassen, es gäbe keine gemeinsame Zukunft mehr.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2018 wies der Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziffer 1) und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 7. Mai 2018 ab (Ziffer 2). Die Wirkungen der Ausweisung wurden auf sechs Jahre befristet (Fristbeginn mit Ausreise bzw. Abschiebung; Ziffer 3 des Bescheids). In Ziffer 4 wurde dem Kläger nach erfülltem Strafanspruch des Staates die Abschiebung aus der Haft heraus nach Tunesien oder in einen anderen zu seiner Übernahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht. Für den Fall der Haftentlassung vor Durchführung der Abschiebung wurde er unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise spätestens sieben Tage nach Haftentlassung aufgefordert (Ziffer 5).

Zur Begründung führte der Beklagte aus, ein Ausländer könne nach § 53 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergebe, dass das öffentliche Interesse überwiege. Nach sachgerechter Abwägung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Art. 8 EMRK sowie der in § 53 Abs. 2 AufenthG normierten Belange ergebe sich im Falle des Klägers, dass im Ergebnis das öffentliche Interesse an seiner Ausreise gegenüber seinem privaten Bleibeinteresse überwiege. Nach der strafgerichtlichen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung wiege das Ausweisungsinteresse bei ihm besonders schwer. Demgegenüber liege bei ihm weder ein besonders schwerwiegendes noch ein schwerwiegendes Bleibeinteresse vor (§ 55 AufenthG). Die verhängte Freiheitsstrafe und die Art der Straftat belegten die Gefährlichkeit, die vom Kläger für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Im Rahmen der Spezialprävention müsse betrachtet werden, dass der Kläger bereits siebenmal strafrechtlich verurteilt worden sei, wobei er erst im Juli 2012 nach Deutschland eingereist sei. Die Begehung der Straftaten sei damit mit hoher Frequenz und mit hoher Rückfallgeschwindigkeit erfolgt. Das Strafgericht habe bei der letzten Verurteilung auch keine günstige Sozialprognose erstellen können. Zudem richte sich die letzte begangene Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit. Mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern habe der Kläger Grundinteressen der Gesellschaft angegriffen. Er habe dem Geschädigten mindestens seelisches Leid zugefügt und im Nachgang habe auch keine Deliktsbearbeitung stattgefunden. Gerade deshalb sei zu vermuten, dass der Kläger ohne Schuld- und Unrechtsbewusstsein ähnlich gelagerte Taten wieder begehen werde. Ein Anhaltspunkt hierfür sei auch die Einschätzung in der Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt, worin vermutet werde, dass die Therapie nur zum Schein in Anspruch genommen worden sei. Auch die Situation des Klägers nach Haftentlassung sei näher zu betrachten. Er habe keine weitere tiefe Verwurzelung oder familiären Hintergrund in der Bundesrepublik. Seine Ehefrau habe am 25. Juli 2017 mitgeteilt, dass sie keinen Weg mehr hin zu einer gemeinsamen Zukunft sehe und die Scheidung einreichen wolle. Zuletzt habe sie den Kläger am 30. November 2016 in der Haft besucht. Der Kläger verfüge über keine Wohnmöglichkeit und auch nicht über eine Arbeitsstelle. Dass vom Kläger eine wiederholende konkrete Gefahr ausgehe, werde nicht nur durch die Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt, sondern auch durch die Tatsache unterstrichen, dass er als Risikoproband eingestuft worden sei.

Neben den spezialpräventiven Erwägungen sprächen auch generalpräventive Gesichtspunkte für die Ausweisung; nur durch eine konsequente Ausweisungspraxis könne das Verhalten von Ausländern dahingehend gesteuert werden, dass sie die deutsche Rechtsordnung beachteten.

Zwar sei der Kläger derzeit noch mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, allerdings bestehe keine familiäre bzw. eheliche Lebensgemeinschaft mehr. Nach der Mitteilung der Ehefrau vom 25. Juli 2017 wolle sie keinen Kontakt mehr zum Kläger. Auch stehe die eheliche Wohnung nicht mehr zur Verfügung.

Die Ausweisung sei gesetzlich vorgesehen und verfolge den legitimen Zweck der Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Verhinderung weiterer Straftaten. Sie sei daher die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes milderes Mittel sei dieser Zweck nicht zu erreichen. Diesem Ergebnis stehe auch unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 6 GG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen.

Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei ebenfalls abzulehnen. Ihm stehe schon die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Darüber hinaus sei festzustellen, dass für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die lediglich formal geschlossene Ehe nicht ausreiche, sondern eine Beziehung geprägt durch gegenseitigen Beistand und einer dauerhaften, persönlichen Verbundenheit voraussetze. Kennzeichnend dafür sei ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt, insbesondere das Führen einer gemeinsamen Wohnung. Eine solche sei beim Kläger und seiner Ehefrau nicht mehr vorhanden. Diese habe mitgeteilt, dass sie keinen Weg mehr hin zu einer gemeinsamen Zukunft sehe. Schließlich seien beim Kläger auch die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG (fehlendes Ausweisungsinteresse, Sicherung des Lebensunterhaltes) nicht erfüllt.

Die Ausreisepflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 AufenthG, die Wiedereinreisesperre aus § 11 Abs. 1 AufenthG. Unter Berücksichtigung der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr und der ungünstigen Sozialprognose sowie seiner persönlichen Interessen sei eine Befristung der Sperrwirkung auf sechs Jahre ermessensgerecht.

Die Abschiebungsanordnung aus der Haft beruhe auf §§ 58 Abs. 3 Nr. 1, 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, die Abschiebungsandrohung auf § 50 Abs. 2 AufenthG. Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich.

Der Bescheid wurde dem Kläger in der Justizvollzugsanstalt … am 23. Juni 2018 ausgehändigt.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2018 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben. Er stellt zuletzt den Antrag:

Der Bescheid des Landratsamts … vom 19. Juni 2018 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Gleichzeitig hat er den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Ausweisungsbescheid wiederherzustellen (Az. M 10 S 18.3239).

Zur Begründung macht der Kläger die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz nach § 3 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 1 AsylG geltend; zudem lägen bei ihm die Voraussetzungen für einen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor.

Am 9. Juli 2018 wurde der Kläger aus der Haft entlassen. Mit Bescheid des Beklagten vom selben Tag wurde ihm als Wohnsitz eine Gemeinschaftsunterkunft (Asyl) in P. (Gemeinschaftsunterkunft mit Sicherheitsdienst) zugewiesen. Der Kläger ist HEADS-Proband und steht unter entsprechender Führungsaufsicht.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2018 stellte der Beklagte dem Kläger eine Duldung zunächst befristet bis 16. Oktober 2018 aus (Blatt 801 der Ausländerakte).

Mit Schriftsatz vom 9. August 2018 bestellte sich der Verfahrensbevollmächtigte für den Kläger und nahm Akteneinsicht.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2018 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte beim Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG zu erteilen. Er wies darauf hin, dass die Ehefrau des Klägers bis dato keinen Scheidungsantrag eingereicht habe; die Eheleute hätten sich gestritten, zu einer Trennung sei es aber nie gekommen. Hierzu übermittelte er dem Beklagten eine Erklärung der Ehefrau des Klägers vom 16. Juli 2018, worin diese angab, dass sich die Ehegatten versöhnt hätten und gerade nach einer neuen gemeinsamen Wohnung suchten (Blatt 785 bis 787 der Ausländerakte).

Bei den Ausländerakten befindet sich ferner eine an den Beklagten weitergeleitete E-Mail der Kriminalpolizeiinspektion … an die HEADS-Zentralstelle vom 18. Juli 2018, worin mitgeteilt wird, dass ein Beamter mit der Ehefrau des Klägers telefoniert habe; diese habe dabei erklärt, dass der Kläger sie zwei Tage zuvor angerufen und mitgeteilt habe, dass er abgeschoben werden solle sowie dass er von ihr eine „2. Chance“ erwarte. Sie habe ihm geantwortet, sie werde es sich überlegen; es sei aber zu viel passiert, um ihm eine „2. Chance“ zu geben (Blatt 804 ff. der Ausländerakte). (Mit Beschluss vom 27. September 2018 - M 10 S 18.3239 - lehnte das Gericht den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ab.)

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 hat der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, die angefochtene Ausweisungsverfügung sei rechtmäßig, insbesondere stehe der Schutz von Ehe und Familie nicht entgegen. Hierzu werde der Bericht der Bewährungshilfe beim Landgericht München II vom 24. September 2018 vorgelegt, welchem das Protokoll eines Chats des Klägers mit seiner Ehefrau beigelegen habe. Aus dem Chat gehe, soweit leserlich, hervor, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe. Ferner gehe daraus hervor, dass die Ehefrau gleichwohl bereit sei, dem Kläger bei der Verhinderung der Abschiebung zu helfen. Soweit der Kläger oder dessen Ehefrau angäben, dass ihre eheliche Lebensgemeinschaft bestehe, sei dies demnach als bloße Schutzbehauptung zu werten. Außerdem überwiege aufgrund der schwerwiegenden Straffälligkeit selbst bei Annahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft in jedem Fall das öffentliche Ausweisungsinteresse gegenüber dem Bleibeinteresse.

Mit der Ausweisung sei gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG eine Titelsperre eingetreten, sodass auch die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis abzulehnen gewesen sei.

Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Jahre sei angemessen.

Der Klageerwiderung war der besagte Bewährungshilfebericht vom 24. September 2018 mit Anlage beigefügt.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2018 teilte der Beklagte dem Gericht mit, dass die Ehefrau des Klägers am 11. Oktober 2018 verstorben sei.

Die Verwaltungsstreitsache wurde am 22. November 2018 mündlich verhandelt. Der Kläger erklärte, dass er vor drei Wochen eine Sexualtherapie mit wöchentlichen Terminen begonnen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Klage- und Eilverfahren sowie der vorgelegten Ausländerakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO.

1. Die Ausweisungsverfügung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist nach Maßgabe der §§ 53 ff. AufenthG nicht zu beanstanden.

Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Bei der dabei zutreffenden Abwägung sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen (§ 53 Abs. 2 AufenthG).

Die behördliche Entscheidung über die Ausweisung ist durch das Gericht in vollem Umfang überprüfbar (vgl. BayVGH‚ B.v. 21.3.2016 - 10 ZB 15.1968 - juris Rn. 9 m.w.N.; vgl. auch BT-Drs. 18/4097, S. 49; BR-Drs. 612/14, S. 56). Entscheidungserheblich für die Überprüfung ist der Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 30.7.2013 - 1 C 9.12 - juris Rn. 8; U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12).

Im zu entscheidenden Fall kommt das Gericht bei der Beurteilung der behördlichen Ausweisungsentscheidung zu dem Ergebnis‚ dass zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt das Ausweisungsinteresse unter Abwägung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien gegenüber dem Bleibeinteresse des Klägers überwiegt.

a. Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer (spezialpräventiven) Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z.B. BVerwG‚ U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose‚ ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht‚ sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen‚ insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat‚ die Umstände ihrer Begehung‚ das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH‚ U.v. 28.6.2016 - 10 B 13.1982 - juris Rn. 32; B.v. 2.11.2016 - 10 ZB 15.2656 - juris Rn. 10 m.w.N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10/12 - juris Rn. 15 m.w.N.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Kammer davon überzeugt, dass nach dem Gesamtbild des Klägers, das in erster Linie durch sein Verhalten gekennzeichnet ist, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut Straftaten begehen wird und er damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.

Der Kläger ist während seines Aufenthalts in Deutschland wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Zum einen wurde er mehrfach wegen diverser Vermögensdelikte (Diebstahl) verurteilt. Er hat sich auch durch die dabei verhängte Freiheitsstrafe nicht beeindrucken lassen, eine ausgesprochene Strafaussetzung zur Bewährung musste widerrufen werden.

Zuletzt hat er sich des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht.

Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind höchst persönlichkeits- und sozialschädlich, es gehen weitreichende Konsequenzen von ihnen aus. Bei den betroffenen Schutzgütern der sexuellen Selbstbestimmung, der Würde des Opfers und seiner körperlichen und seelischen Integrität handelt es sich um Rechtsgüter von höchstem verfassungsrechtlichen Rang. Mit Straftaten, die sich hiergegen richten, werden den Opfern erhebliche körperliche und seelische Schäden zugefügt, die sich schlimmstenfalls ein Leben lang auswirken können. Daher ist der Schutz vor Sexualdelikten allgemein, insbesondere aber bei Kindern, eine wichtige Aufgabe und ein Grundinteresse der Gesellschaft.

Unter Zugrundelegung entsprechend geringerer Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Schadenseintritts geht das Gericht prognostisch davon aus, dass vom Kläger weiterhin eine Gefahr ausgeht.

Nach den Feststellungen des Strafgerichts hat der Kläger an einem Sonntagnachmittag in den öffentlichen Herrenduschen des städtischen Freibads … einem 11-jährigen Jungen vorne in die Badehose gegriffen und an dessen Geschlechtsteil gelangt, um sich sexuell zu erregen.

Dieses vom Kläger begangene Sexualverbrechen an einem Minderjährigen und insbesondere der Tatort, der Tatzeitpunkt und die weiteren Umstände bei der Begehung indizieren zur Überzeugung des Gerichts eine Wiederholungsgefahr. Nach Auffassung der Kammer lässt sich nicht ausschließen, dass der Kläger in einer vergleichbaren Situation erneut primäres sexuelles Interesse an einem Kind entwickelt, er seinen Impulsen unreflektiert nachgibt und wiederum einen sexuellen Übergriff begeht.

Der Kläger hat sich mit der Problematik seiner Sexualpräferenz auch bisher nicht ausreichend auseinandergesetzt.

Der Kläger hat den Tatvorwurf bis zum Schluss geleugnet. Das Strafgericht hat ihm eine negative Sozialprognose bescheinigt und eine Strafaussetzung zur Bewährung ausdrücklich für nicht gerechtfertigt erachtet. Eine aus Sicht des Sozialdienstes der Justizvollzugsanstalt … erforderliche Therapie wurde nach nur drei Einzelsitzungen mit einer externen Therapeutin abgebrochen, nachdem der Kläger das Sexualdelikt weiter geleugnet habe und deshalb keine Deliktsbearbeitung möglich gewesen sei.

Dementsprechend wurde dem Kläger auch seitens des Sozialdienstes eine negative Sozialprognose ausgestellt.

Auch die Tatsache, dass der Kläger im Rahmen des HEADS-Programms als Risikoproband eingestuft worden ist und entsprechend überwacht wird, zeigt, dass er als besonders rückfallgefährdet gilt.

Dass der Kläger nach eigenen Angaben seit drei Wochen eine Sexualtherapie mit geplant wöchentlichen Sitzungen absolviert, rechtfertigt nicht ansatzweise die Annahme, dass von ihm nunmehr keine Wiederholungsgefahr mehr ausgeht. Eine nachweisliche Aufarbeitung der Straftat im Sinne einer konstruktiven Auseinandersetzung des Klägers mit seiner Sexualpräferenz und der daraus resultierenden Verantwortung hat bislang nicht stattgefunden. Vielmehr liegt der Gedanke nahe, dass die erst kürzlich begonnene Therapie vor allem unter dem Druck der drohenden Abschiebung aufgenommen wurde.

Hinzu kommt, dass der Kläger nach wie vor weder über eine Arbeitsstelle noch über einen festen Wohnsitz verfügt. Aktuell hält er sich bei einem Bekannten auf. In den ihm zuvor zugewiesenen Asylbewerberunterkünften war es laut Bewährungshilfebericht vom 24. September 2018 zu Konflikten des Klägers mit Mitbewohnern sowie mit dem Security-Dienst vor Ort gekommen.

b. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG vorzunehmende Interessenabwägung fällt hier zulasten des Klägers aus.

Eine Gegenüberstellung der gegenläufigen Interessen anhand der im Aufenthaltsgesetz typisierten Ausweisungs- und Bleibeinteressen ergibt, dass beim Kläger ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegt, da er durch Beschluss des Amtsgerichts … vom 18. Mai 2016 unter Einbeziehung der Strafurteile vom 7. März 2016 und vom 21. Dezember 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt wurde. Die Bildung einer solchen nachträglichen Gesamtstrafe nach §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 StGB reicht für die Annahme eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses aus (vgl. Tanneberger in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 11). Auch ohne Berücksichtigung der nachträglichen Gesamtstrafenbildung liegt jedenfalls mit der letzten Verurteilung vom 7. März 2016 ein schweres Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG vor.

Dem Ausweisungsinteresse steht kein typisiertes besonders schwerwiegendes oder schwerwiegendes Bleibeinteresse des Klägers nach § 55 AufenthG gegenüber; insbesondere besteht im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung keine familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner deutschen Ehefrau (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG).

Erforderlich ist insoweit, dass zwischen den Eheleuten nicht nur ein formalrechtliches Band besteht, sondern sie in „ehelicher Lebensgemeinschaft“ leben. Dies entspricht hinsichtlich der Ehe der verfassungsrechtlichen Ausgangslage, weil Art. 6 GG allein die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern schützt (Tanneberger in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.5.2018, § 55 AufenthG Rn. 17 m.w.N.). Dabei kommt es darauf an, dass die Eheleute in einer die persönliche Verbundenheit zum Ausdruck bringenden Beistandsgemeinschaft leben, die nach außen regelmäßig in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen dokumentiert wird, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen. Maßgeblich ist im Einzelfall der nachweisbar betätigte Wille, mit der Partnerin bzw. dem Partner als wesentlicher Bezugsperson ein gemeinsames Leben zu führen (BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - BeckRS 2013, 52673).

Bei inhaftierten Ausländern kann auf den Zeitpunkt vor Beginn der Haft abgestellt werden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Lebensgemeinschaft nach der Haftentlassung nicht fortgesetzt werden soll (Tanneberger a.a.O. Rn. 18 m.w.N.).

Die Ehefrau des Klägers ist am 11. Oktober 2018 verstorben. Ungeachtet dessen lag aber auch im Zeitpunkt ihres Todes bei den Eheleuten keine aufenthaltsrechtlich beachtliche Lebensgemeinschaft vor. Nach Aktenlage war die Ehefrau nach der Haftentlassung des Klägers am 9. Juli 2018 nicht bereit, eine die Lebensgemeinschaft mit dem Kläger fortzuführen bzw. eine solche wiederaufzunehmen.

Während seiner Strafhaft hat sie den Kläger ausweislich der Besuchsliste der Justizvollzugsanstalt … in der Zeit von 11. Mai 2016 bis zu seiner Entlassung am 9. Juli 2018 dort insgesamt lediglich fünfmal besucht, zuletzt am 30. November 2016. Zudem hatte die Ehefrau des Klägers laut Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt vom 23. April 2018 dem dortigen Sozialdienst bereits im Juli 2017 mitgeteilt, dass sie mit dem Kläger nichts mehr zu tun haben wolle, weil er sie finanziell ruiniert habe; es gebe keine gemeinsame Zukunft mehr, sie wolle sich scheiden lassen. Zwar übermittelte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers der Ausländerbehörde unter dem 18. Juli 2018 eine Erklärung der Ehefrau vom 16. Juli 2018, worin sie angab, dass sie sich mit dem Kläger versöhnt habe und die beiden gerade nach einer gemeinsamen Wohnung suchten. Gegenteiliges lässt sich aber der späteren (in einem Aktenvermerk dokumentierten) telefonischen Erklärung der Ehefrau gegenüber einem Polizeibeamten im Rahmen der HEADS-Führungsaufsicht von 18. Juli 2018 entnehmen, wonach zu viel passiert sei, um dem Kläger noch eine „2. Chance“ zu geben, sowie dem mit dem Bewährungshilfebericht vom 24. September 2018 vorgelegten Chat-Verlauf vom 21. September 2018.

Nicht nur die in seinen Straftaten zum Ausdruck kommenden mangelnde Rechtstreue des Klägers spricht gegen seine gelungene Integration im Bundesgebiet; auch unter Berücksichtigung der weiteren nach § 53 Abs. 2 AufenthG beachtlichen Umstände ist insbesondere keine schützenswerte soziale und wirtschaftliche Verwurzelung festzustellen.

Der Kläger kam im Jahr 2012, also im Alter von 35 Jahren, nach Deutschland und durchlief erfolglos ein Asylverfahren. Außer seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau hat er hier keine familiären Bindungen.

Der Kläger bezog zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, ab Mai 2014 arbeitete er nach Aktenlage in Teilzeit als Hausmeister-Helfer. Seit seiner Haftentlassung ist er arbeitslos und verfügt über keine eigene Wohnung.

Demgegenüber sind keine Umstände ersichtlich, weshalb dem Kläger eine Reintegration in Tunesien, wo er aufgewachsen ist, nicht gelingen sollte. Nach Aktenlage leben dort auch noch Familienangehörige.

Insgesamt stellt sich die Ausweisung des Klägers auch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK nicht als unverhältnismäßig dar. Diese Vorschriften vermitteln keinen unmittelbaren Aufenthaltsanspruch; Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet die Ausländerbehörde bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen jedoch, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (Tanneberger in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.5.2018, § 55 AufenthG Rn. 44 f. m.w.N.).

Wie ausgeführt ist davon auszugehen, dass nach seiner Haftentlassung eine grundgesetzlich geschützte eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner Ehefrau nicht mehr bestanden hat bzw. nicht mehr aufgenommen wurde. Jedenfalls sind nach dem Tod der Ehefrau keine sonstigen familiären Bindungen gegeben, die eine Ausweisungsentscheidung unzumutbar erscheinen lassen könnten.

c. Schließlich sprechen, wie auch der Beklagte im angegriffenen Bescheid zu Recht festgestellt hat, zudem generalpräventive Aspekte für eine Ausweisung des Klägers aus der Bundesrepublik.

Das Ziel einer generalpräventiven Ausweisung besteht darin, mit der Ausweisung des straffälligen Ausländers andere Ausländer davon abzuhalten, Straftaten zu be-gehen. Die generalpräventive Ausweisung ist unionsrechtlich gegenüber Unionsbürgern und sonstigen Freizügigkeitsberechtigten unzulässig, begegnet ansonsten aber keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, B.v. 17.1.1979 - 1 BvR 241/77 - NJW 1979, 1100). So hat auch der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zur Neufassung des Ausweisungsrechts nochmals ausdrücklich die Zulässigkeit generalpräventiver Erwägungen unterstrichen, soweit nicht die in § 53 Abs. 3 AufenthG genannten Personengruppen betroffen sind (vgl. BT-Drs. 18/4097, 49; vgl. auch BayVGH, B.v. 19.9.2016 - 19 CS 15.1600 - juris Rn. 34).

Eine Ausweisung ist allerdings nur dann geeignet, eine generalpräventive Wirkung zu erzielen, wenn die Anlasstat nicht derartig singuläre Züge aufweist, dass die an sie anknüpfende Ausweisung keine abschreckende Wirkung entfalten könnte, und wenn angesichts der Schwere der Straftat ein dringendes Bedürfnis auch für eine ordnungsrechtliche Prävention besteht (BVerwG, B.v. 2.2.1979 - 1 B 238/78 - DÖV 1979, 375; B.v. 16.8.1995 - 1 B 43.95 - InfAuslR 1995, 404). Grundsätzlich müssen daher auch bei einer generalpräventiv motivierten Ausweisung die konkreten Umstände der Straftat und die Lebensumstände des Ausländers individuell gewürdigt werden (BVerfG, B.v. 10.8.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).

Vorliegend besitzt die Anlasstat mit Blick auf die von ihr angegriffenen Rechtsgüter der sexuellen Selbstbestimmung insbesondere bei Kindern hohes Gewicht und bedarf der ordnungsrechtlichen Prävention. Die Ausweisung ist hier auch geeignet, abschreckende Wirkung für andere Ausländer zu entfalten.

Auch unter Würdigung der konkreten Lebensumstände des Klägers, insbesondere mit Blick auf seine fehlende soziale und wirtschaftliche Integration, ist seine Ausweisung auch aus generalpräventiven Gründen nicht unverhältnismäßig.

2. Darüber hinaus weist auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheids auf sechs Jahre keine Rechtsfehler auf. Der Kläger hat - so verstanden als „Minus“ zum Anfechtungsantrag - keinen Anspruch auf eine gerichtliche Verpflichtung des Beklagten zu einer Aufhebung bzw. zur Neuverbescheidung der Wiedereinreisesperrfrist.

Die Ausweisung eines Ausländers hat gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ein gesetzliches Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge, welches von Amts wegen zu befristen ist, § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden. Sie darf gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.

Da es sich um eine behördliche Ermessensentscheidung handelt (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/4097 S. 36 sowie BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - BVerwGE 157, 356), kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob überhaupt Ermessen ausgeübt wurde, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Der Beklagte hat hier bei der Bestimmung der Länge der Frist zum einen die wiederholte Straffälligkeit des Klägers, insbesondere das Gewicht der von ihm begangenen Sexualstraftat, das weiterhin von ihm ausgehende Gefährdungspotenzial sowie ferner den mit der Ausweisung verfolgten Zweck des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung berücksichtigt.

Im Rahmen einer prognostischen Einschätzung des Einzelfalls und unter Berücksichtigung höherrangigen Rechts, also verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK (vgl. dazu BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - InfAuslR 2017, 336) ist er in nicht zu beanstandender Weise zu der in dem angegriffenen Bescheid verfügten Wiedereinreisesperre von sechs Jahren gekommen.

3. Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären (§ 27 ff. AufenthG) oder sonstigen Gründen.

a. Ein Anspruch zum Ehegattennachzug auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG scheidet nach dem Tod der Ehefrau schon tatbestandlich aus.

b. Der Kläger kann auch kein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 28 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG beanspruchen. Zwar waren der Kläger und seine Ehefrau zum Zeitpunkt ihres Versterbens noch verheiratet. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG knüpft aber gerade nicht an den formal-rechtlichen Bestand einer Ehe an, sondern wiederum an die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine solche lag, wie ausgeführt, im Zeitpunkt des Todes der Ehefrau nicht vor.

c. Ungeachtet dessen sowie der weiteren allgemeinen Voraussetzung steht der Erteilung jeglicher Aufenthaltserlaubnis hier auch die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 Halbsatz 2 AufenthG entgegen.

Nach dieser Vorschrift wird einem Ausländer, der ausgewiesen worden ist, auch bei Vorliegen der aufenthaltsgesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen kein Aufenthaltstitel erteilt. Entsprechendes gilt für die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 8 Abs. 1 AufenthG).

Zwar ist die in Ziffer 1 des Bescheids vom 19. Juni 2018 verfügte Ausweisung des Klägers noch nicht bestandskräftig oder vollziehbar, weil die dagegen gerichtete Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfaltet; nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist sie aber trotzdem wirksam. Dies genügt für die Auslösung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG (vgl. schon BVerfG, B.v. 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 - juris Rn. 26, HessVGH, B.v. 17.8.1995 - 13 TH 3304/94 - noch zu den entsprechenden Vorschriften des AuslG, NVwZ-RR 1996, 112 = juris Ls 1).

4. Vor diesem Hintergrund sind auch die Regelungen in Ziffer 4 und 5 des Bescheids des Beklagten vom 19. Juni 2018 (Ausreiseaufforderung unter Androhung der Abschiebung) rechtmäßig.

Der Kläger ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG, § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, da er - unabhängig von der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ausweisungsverfügung - nach Entfall der Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG infolge der Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keinen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel (mehr) besitzt. Sein Gesuch auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Gericht mit Beschluss vom 27. September 2018 - M 10 S 18.3239 - abgelehnt.

Die Abschiebungsandrohung für den (eingetretenen) Fall, dass eine Abschiebung vor Haftentlassung nicht möglich ist, ist nach Maßgabe des § 59 AufenthG ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Ausreisefrist von sieben Tagen nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht von vornherein als unangemessen, zumal der Kläger derzeit über keinen Wohnsitz in der Bundesrepublik verfügt, den er auflösen müsste. Ggf. kann der Kläger mit entsprechender Begründung Fristverlängerung beantragen (§ 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG).

5. Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - M 10 K 18.3238

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - M 10 K 18.3238 zitiert 43 §§.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


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Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - M 10 K 18.3238 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - M 10 K 18.3238 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Sept. 2018 - M 10 S 18.3239

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt die A

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Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 10 B 13.1982 Im Namen des Volkes Urteil vom 28. Juni 2016 VG München, Entscheidung vom 18. Januar 2011, Az.: M 4 K 10.1960 10. Senat Sachgebietsschlü
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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt die A

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.

(2) Ist die Tat gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Personen, die

1.
wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren,
2.
wegen einer vorsätzlichen Straftat, die sie unter Verletzung der ihnen als Arbeitgeber, Ausbildender oder Ausbilder obliegenden Pflichten zum Nachteil von Kindern oder Jugendlichen begangen haben, zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten,
3.
wegen einer Straftat nach den §§ 109h, 171, 174 bis 184l, 225, 232 bis 233a des Strafgesetzbuches,
4.
wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz oder
5.
wegen einer Straftat nach dem Jugendschutzgesetz oder nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften wenigstens zweimal
rechtskräftig verurteilt worden sind, dürfen Jugendliche nicht beschäftigen sowie im Rahmen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 1 nicht beaufsichtigen, nicht anweisen, nicht ausbilden und nicht mit der Beaufsichtigung, Anweisung oder Ausbildung von Jugendlichen beauftragt werden. Eine Verurteilung bleibt außer Betracht, wenn seit dem Tag ihrer Rechtskraft fünf Jahre verstrichen sind. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet.

(2) Das Verbot des Absatzes 1 Satz 1 gilt auch für Personen, gegen die wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 58 Abs. 1 bis 4 wenigstens dreimal eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist. Eine Geldbuße bleibt außer Betracht, wenn seit dem Tag ihrer rechtskräftigen Festsetzung fünf Jahre verstrichen sind.

(3) Das Verbot des Absatzes 1 und 2 gilt nicht für die Beschäftigung durch die Personensorgeberechtigten.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland und die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug.

Der 1977 geborene Antragsteller ist ausweislich seines Reisepasses (Nr. …, gültig bis 15.2.2021) tunesischer Staatsangehöriger. Am 5. Juli 2012 reiste er nach eigenen Angaben erstmals in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 16. Oktober 2012 einen Asylantrag.

Mit Bescheid vom 1. April 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag des Antragstellers auf Anerkennung als Asylberechtigten sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen; der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Tunesien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Blatt 363 ff. der Ausländerakte). Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Klage zum Verwaltungsgericht München (Az. M 25 K 14.30626) nahm der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung am 13. August 2014 zurück.

Am 7. Juli 2013 schloss der Antragsteller vor dem Standesamt … die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen B. J. und nahm den Familiennamen der Ehefrau an. Infolge der Eheschließung wurde der Antragsteller mit Bescheid der Regierung … vom 29. November 2013 umverteilt und der Stadt … (Wohnort seiner Ehefrau) zugewiesen.

Am 15. Januar 2014 (Eingang bei der Ausländerbehörde am 27.2.2014) beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug, welche ihm die Stadt … am 30. Oktober 2014 befristet bis 29. November 2015 erteilte (Blatt 491 der Ausländerakte). Am 30. November 2015 beantragte er die Verlängerung seines Aufenthaltstitels, woraufhin ihm am selben Tag eine Fiktionsbescheinigung bis 30. Juni 2016 ausgestellt wurde. Mit Schreiben vom 7. Februar 2017, 12. Juni 2017 und 7. Mai 2018 (Blatt 580, 582 und 609 der Ausländerakte) stellte er nochmals Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Die Entscheidung über diese Anträge wurde seitens der Ausländerbehörde zunächst zurückgestellt, da der Antragsteller laut Auskunft aus dem Bundeszentralregister des Bundesamtes für Justiz (Stand: 9.2.2018, Blatt 590 ff. der Ausländerakte) während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist:

- 4. Oktober 2012 Amtsgericht Rosenheim - 8 Ds 210 Js 28455/12 - Rechtskräftig seit 4. Oktober 2012 Tatbezeichnung: Unerlaubte Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt Datum der letzten Tat: 3. Oktober 2012 Angewandte Vorschriften: § 52 StGB, § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 95 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 3 AufenthG

30 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 1. Februar 2013 Amtsgericht Rosenheim - 1 Cs 240 Js 921/13 - Rechtskräftig seit 27. Februar 2013 Tatbezeichnung: Diebstahl in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung Datum der letzten Tat: 27. Dezember 2012 Angewandte Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 229, § 230, § 53 StGB

80 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 9. September 2013 Amtsgericht Plauen - 7 Ds 550 Js 12519/13 - Rechtskräftig seit 27. September 2013 Tatbezeichnung: Wiederholter Verstoß gegen eine räumliche Beschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz in zwei tatmehrheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 28. März 2013 angewendete Vorschriften: § 53 StGB, § 56, § 85 Nr. 2 AsylVfG

55 Tagessätze zu je 10 Euro Geldstrafe

- 31. März 2014 Amtsgericht Rosenheim - 9 Cs 240 Js 2624/14 - Rechtskräftig seit 24. April 2014 Tatbezeichnung: Wiederholter Verstoß gegen eine Aufenthaltsbeschränkung Datum der letzten Tat: 25. November 2013 Angewandte Vorschriften: § 85 Nr. 2, § 56 AsylVfG

80 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 11. September 2014 Amtsgericht Rosenheim - 9 Ds 420 Js 19749/14 - Rechtskräftig seit 11. September 2014 Tatbezeichnung: Diebstahl Datum der letzten Tat: 27. Mai 2014 angewendete Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 47, § 56 StGB

4 Monate Freiheitsstrafe Bewährungszeit 2 Jahre 6 Monate Strafaussetzung widerrufen, Strafvollstreckung erledigt am 20. Juli 2017 - 21. Dezember 2015 Amtsgericht Rosenheim - 9 Ds 440 Js 31248/15 - Rechtskräftig seit 24. März 2016 Tatbezeichnung: Versuchter Diebstahl in Tatmehrheit mit Hausfriedensbruch in zwei tatmehrheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 11. August 2015 Angewandte Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 242 Abs. 2, § 22, § 23 Abs. 1, § 53, § 123 Abs. 1, § 123 Abs. 2 StGB

6 Monate Freiheitsstrafe

- 7. März 2016 Amtsgericht Rosenheim - 3a Ds 400 Js 29585/15 - Rechtskräftig seit 15. März 2016 Tatbezeichnung: Sexueller Missbrauch von Kindern Datum der letzten Tat: 31. Mai 2015 angewendete Vorschriften: § 176 Abs. 1 StGB

1 Jahr 8 Monate Freiheitsstrafe Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)

- 18. Mai 2016 Amtsgericht Rosenheim - 3a Ds 400 Js 29585/15 - Rechtskräftig seit 31. Mai 2016 Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Entscheidungen vom 7. März 2016 und 21. Dezember 2015

2 Jahre Freiheitsstrafe Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)

Der Verurteilung vom 7. März 2016 lag nach den Feststellungen des Amtsgerichts-Jugendgericht als Jugendschutzgericht - Rosenheim folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 31. Mai 2015 befand sich der Antragsteller in den Herrenduschen im städtischen Freibad …, wo er den ebenfalls im Duschenbereich aufhältlichen 11-jährigen M. M. aufforderte, ihm den Rücken einzuseifen. Der Junge kam dieser Aufforderung nach. Unmittelbar danach langte der Antragsteller dem M. im Bereich des Gesäßes in die Badehose. Danach griff er dem Jungen vorne in die Badehose und langte an dessen Geschlechtsteil. Der Antragsteller vollzog diese Handlungen, um sich sexuell zu erregen. Das Alter des Jungen erkannte er aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes.

Diese Sachverhaltsfeststellungen wurden vom Strafgericht auf der Grundlage von Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten getroffen. Der Antragsteller gab gegenüber dem Strafgericht zu dem Tatvorwurf an, den M. nicht angefasst zu haben und ihm noch nie begegnet zu sein.

Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Antragstellers berücksichtigt, dass seine Vorstrafen nicht einschlägig waren. Strafschärfend wurden die hohe Rückfallgeschwindigkeit sowie die Folgen der Tat für den Geschädigten berücksichtigt. Besondere Umstände, die eine Strafaussetzung zur Bewährung rechtfertigten, erkannte das Strafgericht nicht: Es seien keine Milderungsgründe zu erkennen und dem Antragsteller sei keine günstige Sozialprognose zu stellen; außerdem sei der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat so groß, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung unangebracht erscheine (Blatt 620 bis 624 der Ausländerakte).

Der Antragsteller verbrachte die Haftzeit in der Justizvollzugsanstalt … (vgl. die Haftzeitübersicht mit Stand 21.6.2018, Blatt 670 der Ausländerakte).

Die Justizvollzugsanstalt erstellte diverse Führungsberichte, zuletzt unter dem 23. April 2018 (Blatt 611 ff. der Ausländerakte).

Darin wird zusammenfassend ausgeführt, der Antragsteller sei seiner Arbeitspflicht im anstaltseigenen Schneidereibetrieb mit überdurchschnittlicher Arbeitsleistung nachgekommen. Sein Vollzugsverhalten sei beanstandungsfrei gewesen.

Privaten Besuch habe er zuletzt nur von einem ehrenamtlichen Betreuer erhalten. Seine Ehefrau habe bereits im Juli 2017 mitgeteilt, dass sie mit dem Antragsteller nichts mehr zu tun haben wolle, da er sie finanziell in den Ruin getrieben habe. Die eheliche Wohnung stehe ihm nicht mehr zur Verfügung. Ansonsten habe der Antragsteller in der Bundesrepublik keine Kontakte. Seine Familie lebe weiterhin in Tunesien. Der Antragsteller verfüge bei Entlassung über keinen prosozialen Empfangsraum, weder Wohnmöglichkeit noch Arbeitsstelle. Er habe sich wegen einer Unterkunftsmöglichkeit an die Diakonie … gewandt.

Eine angebotene Einzeltherapie mit einer externen Therapeutin zur Aufarbeitung des Delikts sei nur an drei Terminen wahrgenommen worden. Nachdem der Antragsteller dabei das Sexualdelikt weiter geleugnet habe, habe keine Deliktsbearbeitung erfolgen können und die Einzeltherapie sei daher nicht fortgesetzt worden. Hinsichtlich der behandlungsbedürftigen Suchtprobleme sei ihm empfohlen worden, Kontakt zur externen Suchtberatung aufzunehmen. Eine Meldung seitens des Antragstellers sei jedoch nicht erfolgt. Im Nachhinein liege die Vermutung nahe, dass die Therapie nur zum Schein in Anspruch genommen worden sei, um der drohenden Ausweisung/Abschiebung entgegenzuwirken.

Auch die Ehe sei vermutlich nur geschlossen worden, um einen Verbleib in der Bundesrepublik zu ermöglichen.

Unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeit, insbesondere der strafrechtlichen Vorbelastung, des Bewährungsversagens, der Tatbegehung während offener Bewährung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, der ausländerrechtlichen Situation, der weiterhin unbehandelten sexuellen Abweichung sowie der ungeklärten Entlassungssituation könne dem Antragsteller aus vollzuglicher Sicht trotz des freiwilligen Strafantritts, der erstmaligen Inhaftierung und der hausordnungsgemäßen Führung keine günstige Prognose gestellt werden.

Laut Besuchsliste der JVA (Blatt 726 bis 739 der Ausländerakte) wurde der Antragsteller in der Zeit von 11. Mai 2016 bis 29. Juni 2018 von seiner Ehefrau dort insgesamt fünfmal besucht, zuletzt am 30. November 2016.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2018 teilte die zuständige Ausländerbehörde des Antragsgegners dem Antragsteller ihre Absicht mit, ihn auszuweisen und nach Haftende abzuschieben; sie gab dem Antragsteller Gelegenheit, hierzu bis zum 26. Februar 2018 Stellung zu nehmen, insbesondere mitzuteilen, wie sich sein derzeitiges Verhältnis zu seiner Ehefrau gestalte.

Der Antragsteller bat mehrmals um Fristverlängerung sowie um Einsicht in die Ausländerakten, die ihm im Mai 2018 in der JVA ermöglicht wurde (Blatt 608 der Ausländerakten); Ausführungen zur Sache erfolgten zunächst nicht.

Die Zentralstelle „HEADS“ (Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter) beim Polizeipräsidium München teilte der Ausländerbehörde mit E-Mail vom 27. März 2018 mit, die Ehefrau des Antragstellers habe gegenüber dem Sozialdienst am 25. Juli 2017 telefonisch erklärt, sie wolle sich vom Antragsteller scheiden lassen, es gäbe keine gemeinsame Zukunft mehr.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2018 wies der Antragsgegner den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziffer 1) und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 7. Mai 2018 ab (Ziffer 2). Die Wirkungen der Ausweisung wurden auf sechs Jahre befristet (Fristbeginn mit Ausreise bzw. Abschiebung; Ziffer 3 des Bescheids). In Ziffer 4 wurde dem Antragsteller nach erfülltem Strafanspruch des Staates die Abschiebung aus der Haft heraus nach Tunesien oder in einen anderen zu seiner Übernahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht. Für den Fall der Haftentlassung vor Durchführung der Abschiebung wurde er unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise spätestens 7 Tage nach Haftentlassung aufgefordert (Ziffer 5).

Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, ein Ausländer könne nach § 53 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergebe, dass das öffentliche Interesse überwiege. Nach sachgerechter Abwägung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Art. 8 EMRK sowie der in § 53 Abs. 2 AufenthG normierten Belange ergebe sich im Falle des Antragstellers, dass im Ergebnis das öffentliche Interesse an seiner Ausreise gegenüber seinem privaten Bleibeinteresse überwiege. Nach der strafgerichtlichen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung wiege das Ausweisungsinteresse bei ihm besonders schwer. Demgegenüber liege bei ihm weder ein besonders schwerwiegendes noch ein schwerwiegendes Bleibeinteresse vor (§ 55 AufenthG). Die verhängte Freiheitsstrafe und die Art der Straftat belegten die Gefährlichkeit, die vom Antragsteller für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Im Rahmen der Spezialprävention müsse betrachtet werden, dass der Antragsteller bereits siebenmal strafrechtlich verurteilt worden sei, wobei er erst im Juli 2012 nach Deutschland eingereist sei. Die Begehung der Straftaten sei damit mit hoher Frequenz und mit hoher Rückfallgeschwindigkeit erfolgt. Das Strafgericht habe bei der letzten Verurteilung auch keine günstige Sozialprognose erstellen können. Zudem richte sich die letzte begangene Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit. Mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern habe der Antragsteller Grundinteressen der Gesellschaft angegriffen. Er habe dem Geschädigten mindestens seelisches Leid zugefügt und im Nachgang habe auch keine Deliktsbearbeitung stattgefunden. Gerade deshalb sei zu vermuten, dass der Antragsteller ohne Schuld- und Unrechtsbewusstsein ähnlich gelagerte Taten wieder begehen werde. Ein Anhaltspunkt hierfür sei auch die Einschätzung in der Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt, worin vermutet werde, dass die Therapie nur zum Schein in Anspruch genommen worden sei. Auch die Situation des Antragstellers nach Haftentlassung sei näher zu betrachten. Er habe keine weitere tiefe Verwurzelung oder familiären Hintergrund in der Bundesrepublik. Seine Ehefrau habe am 25. Juli 2017 mitgeteilt, dass sie keinen Weg mehr hin zu einer gemeinsamen Zukunft sehe und die Scheidung einreichen wolle. Zuletzt habe sie den Antragsteller am 30. November 2016 in der Haft besucht. Der Antragsteller verfüge über keine Wohnmöglichkeit und auch nicht über eine Arbeitsstelle. Dass vom Antragsteller eine wiederholende konkrete Gefahr ausgehe, werde nicht nur durch die Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt, sondern auch durch die Tatsache unterstrichen, dass er als Risikoproband eingestuft worden sei.

Neben den spezialpräventiven Erwägungen sprächen auch generalpräventive Gesichtspunkte für die Ausweisung; nur durch eine konsequente Ausweisungspraxis könne das Verhalten von Ausländern dahingehend gesteuert werden, dass sie die deutsche Rechtsordnung beachteten.

Zwar sei der Antragsteller derzeit noch mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, allerdings bestehe keine familiäre bzw. eheliche Lebensgemeinschaft mehr. Nach der Mitteilung der Ehefrau vom 25. Juli 2017 wolle sie keinen Kontakt mehr zum Antragsteller. Auch stehe die eheliche Wohnung nicht mehr zur Verfügung.

Die Ausweisung sei gesetzlich vorgesehen und verfolge den legitimen Zweck der Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Verhinderung weiterer Straftaten. Sie sei daher die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes milderes Mittel sei dieser Zweck nicht zu erreichen. Diesem Ergebnis stehe auch unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 6 GG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen.

Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei ebenfalls abzulehnen. Ihm stehe schon die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Darüber hinaus sei festzustellen, dass für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die lediglich formal geschlossene Ehe nicht ausreiche, sondern eine Beziehung geprägt durch gegenseitigen Beistand und einer dauerhaften, persönlichen Verbundenheit voraussetze. Kennzeichnend dafür sei ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt, insbesondere das Führen einer gemeinsamen Wohnung. Eine solche sei beim Antragsteller und seiner Ehefrau nicht mehr vorhanden. Diese habe mitgeteilt, dass sie keinen Weg mehr hin zu einer gemeinsamen Zukunft sehe. Schließlich seien beim Antragsteller auch die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG (fehlendes Ausweisungsinteresse, Sicherung des Lebensunterhaltes) nicht erfüllt.

Die Ausreisepflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 AufenthG, die Wiedereinreisesperre aus § 11 Abs. 1 AufenthG. Unter Berücksichtigung der vom Antragsteller ausgehenden Wiederholungsgefahr und der ungünstigen Sozialprognose sowie seiner persönlichen Interessen sei eine Befristung der Sperrwirkung auf sechs Jahre ermessensgerecht.

Die Abschiebungsanordnung aus der Haft beruhe auf §§ 58 Abs. 3 Nr. 1, 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, die Abschiebungsandrohung auf § 50 Abs. 2 AufenthG. Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller in der Justizvollzugsanstalt … am 23. Juni 2018 ausgehändigt.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2018 hat der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (Eingang am 3.7.2018, Az. M 10 K 18.3238), mit der er beantragt, den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juni 2018 aufzuheben.

Gleichzeitig hat er den Antrag gestellt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Ausweisungsbescheid wiederherzustellen.

Bei ihm lägen die Voraussetzungen für einen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor, auch mache er die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz nach § 3 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 1 AsylG geltend.

Am 9. Juli 2018 wurde der Antragsteller aus der Haft entlassen. Mit Bescheid des Antragsgegners vom selben Tag wurde ihm als Wohnsitz eine Gemeinschaftsunterkunft (Asyl) in P. (Gemeinschaftsunterkunft mit Sicherheitsdienst) zugewiesen. Der Antragsteller ist HEADS-Proband und steht unter entsprechender Führungsaufsicht.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2018 stellte der Antragsgegner dem Antragsteller eine Duldung zunächst befristet bis 16. Oktober 2018 aus (Blatt 801 der Ausländerakte).

Mit Schriftsatz vom 9. August 2018 bestellte sich der Verfahrensbevollmächtigte für den Antragstellers sowohl für das Klage- als auch das Eilverfahren bat und um Akteneinsicht, die nach Versand der Akten in seine Kanzlei unter dem 20. August 2018 erfolgte.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2018 wies der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers den Antragsgegner darauf hin, dass die Ehefrau des Antragstellers bis dato keinen Scheidungsantrag eingereicht habe; die Eheleute hätten sich gestritten, zu einer Trennung sei es aber nie gekommen.

Zudem übermittelte er eine Erklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 16. Juli 2018, worin diese angab, dass sich die Ehegatten versöhnt hätten und gerade nach einer gemeinsamen Wohnung suchten (Blatt 785 der Ausländerakte).

Bei den Ausländerakten befindet sich eine dem Antragsgegner weitergeleitete E-Mail der Kriminalpolizeiinspektion … an die HEADS-Zentralstelle vom 18. Juli 2018, worin mitgeteilt wird, dass ein Beamter mit der Ehefrau des Antragstellers telefoniert habe; diese habe dabei erklärt, dass der Antragsteller sie zwei Tage zuvor angerufen und mitgeteilt habe, dass er abgeschoben werden solle sowie dass er von ihr eine „2. Chance“ erwarte. Sie habe ihm geantwortet, sie werde es sich überlegen; es sei aber zu viel passiert, um ihm eine „2. Chance“ zu geben (Blatt 804 ff. der Ausländerakte).

Mit Schreiben vom 14. August 2018 hat der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 sei bereits unzulässig, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Soweit sich der Antrag gegen die Ausweisungsverfügung richte, entfalte die erhobene Klage ohnehin aufschiebende Wirkung, nachdem die sofortige Vollziehung nicht angeordnet worden sei.

In Bezug auf die Versagung des Aufenthaltstitels bestehe schon eine anderweitige vollziehbare Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 AufenthG; denn die Abschiebungsandrohung aus den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, mit dem der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden sei, sei seit spätestens 13. September 2014 rechtskräftig und vollziehbar.

Jedenfalls sei ein so verstandener Antrag nach § 123 VwGO auch unbegründet, da der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG habe und somit kein Anordnungsanspruch bestehe. Hierzu werde auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid sowie insbesondere auf die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG verwiesen, deren Wirksamkeit auch durch die erhobene Klage unberührt bleibe (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Zudem wäre es dem Antragsteller zumutbar, das Visumsverfahren nachzuholen. Weiterhin erscheine auch unter dem Gesichtspunkt, dass kein Anspruch auf Erteilung eines Titels gegeben sei, dass Erteilungsverbot nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG einschlägig, dass von der Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 4 AufenthG abgesehen werden müsse. Ein Anspruch aus § 39 Nr. 5 AufenthV sei auch nicht einschlägig. Soweit der Antragsteller Flüchtlingsschutz bzw. subsidiären Schutz sowie Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geltend mache, werde auf die Entscheidungskompetenz des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie auf dessen rechtskräftigen Bescheid vom 1. April 2014 verwiesen, der für die Ausländerbehörde bindend sei (§ 42 AsylG).

Im Übrigen sei nach Einschätzung des Antragsgegners davon auszugehen, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht bestehe. Zwar habe die Ehefrau unter dem 16. Juli 2018 erklärt, sie habe sich mit dem Antragsteller versöhnt und sie suchten gemeinsam eine neue Wohnung. Es liege aber die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um eine verfahrensangepasste Erklärung handle. Frau J. halte sich nach eigenen Angaben gegenüber der Polizei derzeit bei ihrem Ex-Mann E. C. auf. Nachweise über eine konkrete Suche nach einer gemeinsamen Wohnung mit dem Antragsteller seien bisher nicht geführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Klage- und Eilverfahren sowie der vorgelegten Ausländerakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juni 2018 hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist zum Teil bereits unzulässig.

a. Soweit der Antragsteller nach § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheids verfügten Ausweisungsentscheidung begehrt, ist der Eilantrag unstatthaft, weil bereits die erhobene Klage, wie sich im Umkehrschluss aus § 84 Abs. 1 AufenthG ergibt, aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 84 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei dieser verbleibt es, da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Ausweisungsentscheidung auch nicht nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.

b. Soweit mit dem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der in Ziffer 3 des Bescheids angeordneten Befristung des als gesetzliche Folge der Ausweisung eintretenden Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) begehrt wird, ist er ebenfalls unzulässig.

Einem solchen Antrag nach §§ 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur die getroffene Befristungsentscheidung suspendiert würde, mit der Folge, dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten und die Rechtsstellung des Antragstellers somit gerade nicht verbessert würde.

Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Befristungsentscheidung (mit dem Ziel der Verkürzung der Wiedereinreise- und Aufenthaltssperre) ist deshalb allenfalls durch eine Regelungsanordnung im Verfahren nach § 123 VwGO zu erlangen. Ein solcher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO wurde im vorliegenden Fall nicht gestellt und ist hier auch nicht im Wege der Auslegung nach §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO zu ermitteln. Denn dem Antragsteller geht es - jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutz - ersichtlich darum, gar nicht erst aus dem Bundesgebiet ausreisen zu müssen und nicht (lediglich) darum, innerhalb einer kürzeren Frist wieder einreisen zu dürfen.

2. Im Übrigen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.

a. Dies gilt vorliegend ausnahmsweise auch insoweit, als sich der Eilantrag gegen die Versagung der vom Antragsteller beim Antragsgegner beantragten Aufenthaltserlaubnis in Ziffer 2 des Bescheids vom 19. Juni 2018 richtet.

Die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist in der Hauptsache im Wege der Verpflichtungsklage zu erstreiten. Grundsätzlich ist in den Fällen, in denen in der Hauptsache die Verpflichtungsklage statthaft ist, vorläufiger Rechtsschutz durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu suchen.

Eine Ausnahme gilt allerdings im Aufenthaltsrecht in den Fallgestaltungen, in denen die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis dem Antragsteller zuvor ein fiktives Aufenthaltsrecht nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG verschafft hat. In diesen Fällen hat der gesetzliche Ausschluss des Suspensiveffekts nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO zur Folge, dass das fiktive Aufenthaltsrecht nach § 81 AufenthG entfallen würde. Nur für diese Fallgestaltung kommt ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht.

Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend gegeben.

aa. Zu Gunsten des Antragstellers greift bei ihm die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG ein.

Die Gültigkeit der dem Antragsteller am 30. Oktober 2014 erteilten Aufenthaltserlaubnis war bis zum 29. November 2015 befristet (Blatt 491 der Ausländerakte). Am 30. November 2015 - mithin um einen Tag verspätet - beantragte er die Verlängerung (Neuerteilung) seines Aufenthaltstitels (Blatt 555 der Ausländerakte).

Zwar erfordert die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG eine rechtzeitige Antragstellung. Ein verspätet gestellter Antrag bewirkt im Unterschied zu § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht einmal eine Duldungsfiktion; diese Vorschrift ist auch nicht analog heranzuziehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.6. 2011 − 1 C 5/10 - NVwZ 2011, 1340).

Jedoch kann die Ausländerbehörde nach § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG im Rahmen einer Härtefallregelung - insbesondere bei geringfügigen Fristüberschreitungen - die Fortgeltungswirkung anordnen.

Vorliegend hat die Ausländerbehörde dem Antragsteller noch am Tag des Verlängerungsantrags eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt. Zwar war diese bis 30. Juni 2016 befristet. Die Geltungsfrist der - lediglich deklaratorischen - Bescheinigung hat jedoch keinen Einfluss auf die Dauer der Aufenthaltsfiktion (VGH BW, U.v. 28.4.2009 - 13 S 3086/08 - BeckRS 2009, 34119), vielmehr ist diese gesetzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde über die Erteilung eines Aufenthaltstitels befristet (Kluth in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 81 AufenthG Rn. 47, m.w.N.).

Die (angeordnete) Fortgeltungswirkung endete vorliegend also erst mit der Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Juni 2018, sodass hier ausnahmsweise ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist.

bb. Diesem Antrag fehlt entgegen der Auffassung des Antragsgegners in der Antragserwiderung auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar besteht ein Rechtsschutzbedürfnis im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur dann, wenn durch die erstrebte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil für den Betroffenen eintreten kann. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn für ihn schon eine anderweitige vollziehbare Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 AufenthG besteht.

Zwar war der Antragsteller nach der Ablehnung seines Asylantrags mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. April 2014 und der gleichzeitig unter Androhung der Abschiebung (vgl. 34 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AsylG) ausgesprochenen Aufforderung zur Ausreise aus der Bundesrepublik spätestens 30 Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheids vollziehbar ausreisepflichtig; Unanfechtbarkeit trat hier insoweit mit der Rücknahme der Asylklage (Az. M 25 K 14.30626) am 13. August 2014 ein.

Jedoch wurde dem Antragsteller nach dem negativen Ausgang seines Asylverfahrens am 30. Oktober 2014 durch die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erteilt. Damit erledigte sich die vom Bundesamt bereits erlassene Abschiebungsandrohung (Pietzsch in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 34 Rn. 25; BVerwG, U.v. 21.9.1999 - 9 C 12/99 - NVwZ-Beil. 2000, 25; OVG Münster, B.v. 6.6.2012 - 18 B 301/12 - BeckRS 2012, 52066).

Mit der Erteilung des Aufenthaltstitels entfällt die Ausreisepflicht des Ausländers (vgl. § 50 Abs. 1 AufenthG) und damit auch die Grundlage der im Asylverfahren erfolgten Abschiebungsandrohung, welche die Aufenthaltsbeendigung gerade vorbereiten sollte (BVerwG, U.v. 21.9.1999 - 9 C 12/99 - a.a.O.; OVG Münster, B.v. 6.6.2012 - 18 B 301/12 - a.a.O.).

Die erledigte Abschiebungsandrohung kann auch nicht im Hinblick auf eine später durch den Wegfall des Aufenthaltstitels neu entstehende Ausreisepflicht der Aufenthaltsbeendigung zugrunde gelegt werden; wird der Aufenthalt eines Ausländers nach erfolglosem Abschluss seines Asylverfahrens aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erlaubt, so wird vielmehr die Ausländerbehörde für den Erlass einer Abschiebungsandrohung zuständig (so ausführlich: OVG Münster, B.v. 6.6.2012 a.a.O.).

b. Zulässig ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auch in Bezug auf die - nach erfolgter Entlassung des Antragstellers aus der Haft allein noch maßgebliche - Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids vom 19. Juni 2018.

Die (ausländerrechtliche) Abschiebungsandrohung ist als Vollstreckungsmaßnahme kraft Gesetzes sofort vollziehbar (vgl. § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 Bayrisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG), so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafter Rechtsbehelf ist.

3. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er jedoch unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder zum Teil anordnen, wobei es im Rahmen einer originären Ermessensentscheidung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsakts und dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen hat. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wichtiges, wenn auch nicht alleiniges Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind. Ergibt die im Eilverfahren allein mögliche summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das private Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der angegriffene Bescheid hingegen schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, so verbleibt es bei der Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden öffentlichen bzw. privaten Interessen.

Nach diesen Maßgaben überwiegt unter Beachtung der voraussichtlichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

a. Nach der insoweit gebotenen, aber auch ausreichenden überschlägigen Überprüfung ist die Ablehnungsentscheidung in Ziffer 2 des Bescheides vom 19. Juni 2018 rechtlich nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

aa. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

Zwar hat der Antragsteller am 7. Juli 2013 vor dem Standesbeamten in … die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen B. J. geschlossen; diese Ehe ist auch nicht förmlich geschieden.

Jedoch genügt es nicht, wenn lediglich formal-rechtlich eine Ehe (fort-)besteht. Die Eheleute müssen eine eheliche Lebensgemeinschaft führen wollen (Tewocht in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 28 AufenthG Rn. 12). Es kommt hierbei darauf an, dass die Eheleute in einer die persönliche Verbundenheit zum Ausdruck bringenden Beistandsgemeinschaft leben. Diese eheliche Lebensgemeinschaft, die sich nach außen im Regelfall in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen dokumentiert, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, dreht sich im Idealfall um einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und wird daher regelmäßig in einer von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Wohnung gelebt. Allerdings hat der Staat seiner Schutz- und Gewährleistungsfunktion auch dann nachzukommen, wenn sich Eheleute etwa dazu entschließen, aus bestimmten sachlichen oder persönlichen Gründen, z.B. wegen Berufstätigkeit an verschiedenen Orten, ihre Lebensgemeinschaft nicht ständig in einer gemeinsamen Wohnung zu leben - vorausgesetzt, dass hierdurch die persönliche und emotionale Verbundenheit der Eheleute, ihr “Füreinander-Dasein“, nicht in einer so nachhaltigen Weise aufgegeben wird, dass nicht mehr von einer Beistandsgemeinschaft, sondern allenfalls noch von einer bloßen Begegnungsgemeinschaft gesprochen werden kann (Tewocht a.a.O. § 27 AufenthG Rn. 44 m.w.N.). Maßgeblich ist im Einzelfall der nachweisbar betätigte Wille, mit der Partnerin bzw. dem Partner als wesentlicher Bezugsperson ein gemeinsames Leben zu führen (BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - BeckRS 2013, 52673).

Mit der Ausländerbehörde ist vorliegend davon auszugehen, dass unter Zugrundelegung dieser Maßgaben der Antragsteller mit Frau J. keine eheliche Lebensgemeinschaft führt.

Während seiner Strafhaft wurde der Antragsteller ausweislich der Besuchsliste der Justizvollzugsanstalt … in der Zeit von 11. Mai 2016 bis zu seiner Entlassung am 9. Juli 2018 von seiner Ehefrau dort insgesamt lediglich fünfmal besucht, zuletzt am 30. November 2016.

Laut Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt vom 23. April 2018 hatte die Ehefrau des Antragstellers bereits im Juli 2017 mitgeteilt, dass sie mit ihm nichts mehr zu tun haben wolle, weil er sie finanziell ruiniert habe; es gebe keine gemeinsame Zukunft mehr, sie wolle sich scheiden lassen.

Nach übereinstimmenden Angaben der Eheleute verfügen der Antragsteller und seine Ehefrau auch nicht (mehr) über eine Ehewohnung.

Zwar hat der nunmehr bestellte Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers der Ausländerbehörde unter dem 18. Juli 2018 eine Erklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 16. Juli 2018 übersandt, worin sie angibt, dass sie sich mit dem Antragsteller versöhnt habe und sie gerade nach einer gemeinsamen Wohnung suchten. Dies wurde aber weder vom Antragsteller bestätigt noch sonst belegt.

Laut einem Aktenvermerk erklärte Frau J. vielmehr bei einem Telefonat mit einem Polizeibeamten im Rahmen der HEADS-Führungsaufsicht am 18. Juli 2018, dass zu viel passiert sei, um dem Antragsteller noch eine „2. Chance“ zu geben.

Dass der Antragsteller und seine Ehefrau derzeit eine aufenthaltsrechtlich beachtliche Lebensgemeinschaft im Sinne einer organisatorischen, emotionalen und geistigen Verbundenheit führen, kann nach diesen hier konkret gegebenen Umständen nicht festgestellt werden.

bb. Sonstige Rechtsgrundlagen, auf die der Antragsteller seinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stützen könnte, sind nicht ersichtlich.

cc. Ungeachtet dessen sind beim Antragsteller auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nicht gegeben, da ein Ausweisungsinteresse vorliegt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).

Unter einem Ausweisungsinteresse ist ein Tatbestand zu verstehen, der in § 54 AufenthG definiert ist (Maor in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 8 ff. m.w.N.)

Der Antragsteller wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 18. Mai 2016 unter Einbeziehung der Strafurteile vom 7. März 2016 (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern) und vom 21. Dezember 2015 (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen versuchten Diebstahls und Hausfriedensbruchs) nachträglich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Damit liegt bei ihm ein besonders schweres Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor; die Bildung einer (nachträglichen) Gesamtstrafe nach §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 StGB ist insoweit ausreichend (vgl. Tanneberger in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 11). Auch ohne Berücksichtigung der nachträglichen Gesamtstrafenbildung liegt jedenfalls mit der letzten Verurteilung vom 7. März 2016 ein schweres Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG vor.

Das Ausweisungsinteresse ist auch weiterhin erheblich, so dass kein Abweichen vom Regelfall nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG veranlasst ist.

Nicht (mehr) erheblich ist das Ausweisungsinteresse nur dann, wenn es mit hinreichender Sicherheit nicht mehr aktuell vorliegt, was heißt, dass ohne vernünftige Zweifel feststeht, dass die Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, die mit dem Ausweisungsinteresse zusammenhängt, nicht mehr besteht (vgl. BayVGH, B.v. 26.8.2016 - 10 AS 16.1602 - BeckRS 2016, 51505; Maor in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 8.1).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn die Kammer ist davon überzeugt, dass beim Antragsteller mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut Straftaten begehen wird und er damit weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Eine Tataufarbeitung ist nicht im Ansatz ersichtlich.

Der Antragsteller ist während seines Aufenthalts in Deutschland wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er hat sich auch durch die verhängte Freiheitsstrafe nicht beeindrucken lassen, eine ausgesprochene Strafaussetzung zur Bewährung musste widerrufen werden. Zuletzt hat er sich des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht. Dieses vom Antragsteller begangene Sexualverbrechen an einem Minderjährigen und insbesondere die Umstände bei der Begehung indizieren zur Überzeugung des Gerichts eine Wiederholungsgefahr. Es ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller wiederholt in eine vergleichbare Situation kommt, in der er sexuelle Erregung sucht und sich an Kindern vergreift. Es ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass sich der Antragsteller in irgendeiner Weise mit seinen Straftaten, seiner Schuld und der daraus resultierenden Verantwortung sowie den Folgen für das Opfer auseinandergesetzt und gelernt hat, seinen Sexualtrieb zu kontrollieren. Eine aus Sicht des Sozialdienstes der Justizvollzugsanstalt … für erforderlich gehaltene Therapie hat der Antragsteller nach nur drei Sitzungen abgebrochen. Dementsprechend wird ihm nicht nur vom Strafgericht, sondern auch seitens des Sozialdienstes eine negative Sozialprognose ausgestellt. Auch die Tatsache, dass der Antragsteller im Rahmen des HEADS-Programms als Risikoproband eingestuft worden ist und entsprechend überwacht wird, zeigt, dass er als besonders rückfallgefährdet gilt.

Hinzu kommt, dass dem Antragsteller nach seiner Haftentlassung kein Rückkehrraum zur Verfügung stand; er verfügt weder über eine Wohnung noch über eine Arbeitsstelle. Auch sonstige soziale Kontakte wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Derzeit ist er in einer Asyl-Gemeinschaftsunterkunft mit Sicherheitsdienst untergebracht.

dd. Schließlich steht der Erteilung jeglicher Aufenthaltserlaubnis hier auch die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen, da die Ausländerbehörde den Antragsteller mit Bescheid vom 19. Juni 2018 (Ziffer 1) aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen hat; einem ausgewiesenen Ausländer wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt.

Zwar ist die Ausweisung noch nicht bestandskräftig oder vollziehbar, weil die dagegen gerichtete Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO, s.o. Nr. 1.a.); nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist sie aber trotzdem wirksam. Dies genügt für die Auslösung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG (vgl. schon BVerfG, B.v. 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 - juris Rn. 26, HessVGH, B.v. 17.8.1995 - 13 TH 3304/94 - noch zu den entsprechenden Vorschriften des AuslG, NVwZ-RR 1996, 112 = juris Ls 1).

Allerdings verlangt die bereichsspezifisch auf das Ausländerrecht bezogene Einschränkung des § 80 Abs. 1 VwGO durch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, welche es einer Behörde ermöglicht, durch den bloßen Erlass einer Ausweisungsverfügung selbst die Grundlagen für die Auslösung der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG zu schaffen, wegen des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG die inzidente summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO, für den Fall, dass eine Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung unter Bezugnahme auf eine gleichzeitig erlassene, nicht mit der Anordnung des Sofortvollzugs versehene Ausweisungsverfügung ablehnt (HessVGH, B.v. 17.8.1995 a.a.O. juris Rn. 9 m.w.N.). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgebend (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 ff., juris Ls 1).

Ungeachtet dessen, dass die Ausländerbehörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels schon mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen versagt und die Ablehnung nicht allein auf die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG stützt, führt eine Inzidentprüfung vorliegend zu dem Ergebnis, dass derzeit keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung bestehen.

Gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Das Gericht kommt vorliegend bei der Beurteilung der Ausweisungsentscheidung zu dem Ergebnis‚ dass zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt das Ausweisungsinteresse unter Abwägung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien gegenüber dem Bleibeinteresse des Antragstellers überwiegt.

aaa. Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Antragsteller gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer (spezialpräventiven) Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z.B. BVerwG‚ U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18).

Bei der Prognose‚ ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht‚ sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen‚ insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat‚ die Umstände ihrer Begehung‚ das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH‚ U.v. 28.6.2016 - 10 B 13.1982 - juris Rn. 32; B.v. 2.11.2016 - 10 ZB 15.2656 - juris Rn. 10 m.w.N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10/12 - juris Rn. 15 m.w.N.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Kammer davon überzeugt, dass nach dem Gesamtbild des Antragstellers, das in erster Linie durch sein Verhalten gekennzeichnet ist, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut vergleichbare Straftaten begehen wird und er damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.

Der Antragsteller ist seit seiner Einreise nach Deutschland im Jahr 2012 wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten und mehrfach zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, die - teils nach Bewährungsversagen - auch vollstreckt wurden. Von den Sanktionen hat er sich jedoch nicht beeindrucken lassen, vielmehr weist die Delinquenz des Antragstellers erhebliche Rückfallgeschwindigkeit auf. Zuletzt hat er sich des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht. Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind höchst persönlichkeits- und sozialschädlich, es gehen weitreichende Konsequenzen von ihnen aus. Nach den Feststellungen des Strafgerichts hat der Antragsteller in der Herrendusche in einem öffentlichen Freibad einem 11-Jährigen in die Badehose gegriffen und an dessen Geschlechtsteil gelangt, um sich sexuell zu erregen. Bei den dabei angegriffenen Schutzgütern der sexuellen Selbstbestimmung, der Würde des Opfers und seiner körperlichen und seelischen Integrität handelt es sich um Rechtsgüter von höchstem Rang. Mit Straftaten, die sich hiergegen richten, werden den Opfern erhebliche körperliche und seelische Schäden zugefügt, die sich schlimmstenfalls ein Leben lang auswirken können. Daher ist der Schutz vor Sexualdelikten allgemein, insbesondere aber bei Minderjährigen, eine wichtige Aufgabe und ein Grundinteresse der Gesellschaft.

Unter Zugrundelegung entsprechend geringerer Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Schadenseintritts geht das Gericht prognostisch davon aus, das vom Antragsteller weiterhin eine Gefahr ausgeht. Nach Auffassung der Kammer lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller in einer vergleichbaren Situation bei erneutem „Interesse“ an einem Kind seinem Sexualtrieb rücksichtslos nachgibt. Wie bereits ausgeführt hat der Antragsteller seine Straftat auch nicht im Rahmen therapeutischer Maßnahmen selbstkritisch aufgearbeitet. Die ihm ausgestellten Sozialprognosen sind negativ. Die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung wurde im Strafurteil vom 7. März 2016 ausdrücklich ausgeschlossen.

Wie ausgeführt stehen ihm nach der Haftentlassung kein stabiler Rückkehrraum und keine Arbeitsstelle zur Verfügung.

bbb. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Antragstellers mit seinen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt vorliegend, dass das Ausreiseinteresse überwiegt.

Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen hier und im Herkunftsstaat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner und ferner die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

Im Falle des Antragstellers ergibt eine Gegenüberstellung der gegenläufigen Interessen anhand der im Aufenthaltsgesetz typisierten Ausweisungs- und Bleibeinteressen‚ dass er ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verwirklicht hat, nachdem das Amtsgerichts Rosenheim ihn am 7. März 2016 wegen des sexuellen Missbrauchs verurteilt und ihn unter Einbeziehung des Urteils vom 21. Dezember 2015 mit Beschluss vom 18. Mai 2016 zu einer nachträglich gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt hat.

Dem Ausweisungsinteresse steht kein typisiertes besonders schwerwiegendes oder schwerwiegendes Bleibeinteresse des Antragstellers nach § 55 AufenthG gegenüber, insbesondere lebt er, wie bereits ausgeführt, mit seiner Ehefrau nicht in einer familiären/ehelichen Lebensgemeinschaft i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG.

Sonstige soziale Kontakte des Antragstellers sind weder vorgetragen noch ersichtlich; derzeit ist er in einer Asylunterkunft untergebracht. Er verfügt über keine Arbeitsstelle, wirtschaftliche Integration ist nicht gegeben.

Demgegenüber sind keine Umstände zu erkennen, weshalb dem Antragsteller eine Reintegration in Tunesien nicht gelingen sollte, auch zumal er nach Aktenlage dort noch Angehörige hat.

Insgesamt stellt sich die Ausweisung des Antragstellers auch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK nicht als unverhältnismäßig dar. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen der Ausländerbehörde im angegriffenen Bescheid Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

ccc. Schließlich sprechen, wie auch der Antragsgegner im angegriffenen Bescheid zu Recht festgestellt hat, auch generalpräventive Aspekte für eine Ausweisung des Antragstellers aus der Bundesrepublik Deutschland (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit vgl. insoweit schon BVerfG, B.v. 17.1.1979 - 1 BvR 241/77 - NJW 1979; vgl. auch BT-Drs. 18/4097, 49 sowie BayVGH München, B.v. 19.09.2016 - 19 CS 15.1600 - BeckRS 2016).

Vorliegend besitzt die Anlasstat mit Blick auf die von ihr angegriffenen Rechtsgüter der sexuellen Selbstbestimmung auch erhebliches Gewicht und bedarf der ordnungsrechtlichen Prävention (vgl. dazu BVerwG, B.v. 2.2.1979 - 1 B 238/78 - DÖV 1979, 375; B.v. 16.08.1995 - 1 B 43.95 - InfAuslR 1995, 404).

Die Ausweisung ist geeignet, abschreckende Wirkung für andere Ausländer zu entfalten, und stellt sich auch unter Würdigung der konkreten Lebensumstände des Antragstellers - insbesondere mit Blick auf seine fehlende soziale und wirtschaftliche Integration - nicht als unverhältnismäßig dar.

b. Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheids vom 19. Juni 2018 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Da der Antragsteller ausreisepflichtig ist, konnte ihm auch die Abschiebung angedroht werden (§§ 50 Abs. 1, 58, 59 AufenthG). Die gesetzte Ausreisefrist von sieben Tagen nach Haftentlassung ist angemessen; es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller mehr Zeit benötigen würde, um seine Angelegenheiten für die Ausreise zu regeln. Im Übrigen wurde seine Abschiebung zuletzt bis 16. Oktober 2018 ausgesetzt.

Soweit der Antragsteller Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG geltend macht, ist er an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verweisen, das allein zur Prüfung solcher zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse zuständig ist; die Ausländerbehörde ist an dessen Feststellung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylG).

Auch sonst sind Duldungsgründe gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung) weder vorgetragen noch ersichtlich; im Übrigen berühren sie die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht.

Zur Ergänzung wird auch insoweit auf die Ausführungen des Bescheids Bezug genommen.

c. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass, soweit der Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz geltend macht, dies allein der Prüfungskompetenz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge unterfällt und gegebenenfalls im Rahmen eines Asylfolgeantrags vorzutragen ist.

4. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG, wobei in Eilverfahren die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens anzusetzen ist. Der Streitwert im Hauptsacheverfahren beträgt 10.000,- Euro, weil Klagegegenstand die Ausweisungsentscheidung und die Antragsablehnung sind.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 10 B 13.1982

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 28. Juni 2016

VG München, Entscheidung vom 18. Januar 2011, Az.: M 4 K 10.1960

10. Senat

Sachgebietsschlüssel: 600

Hauptpunkte: Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen; geänderte Rechtslage zum 1. Januar 2016; gegenwärtige, schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung; Gefahrenprognose; Wiederholungsgefahr (hier: verneint); Unerlässlichkeit der Ausweisung (hier: ebenfalls verneint); enge familiäre Bindungen; besonders schützenswerte Vater-Sohn-Beziehung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

gegen

Landeshauptstadt M.,

vertreten durch den Oberbürgermeister,

dieser vertreten durch … Ausländerangelegenheiten, R-str. …, M.,

- Beklagte -

beteiligt:

Landesanwaltschaft … als Vertreter des öffentlichen Interesses, L-str. …, M.,

wegen Ausweisung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Januar 2011,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Zimmerer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Juni 2016 am 28. Juni 2016 folgendes

Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Januar 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 (mit Ausnahme der durch Änderungsbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2016 geänderten Befristungsregelung) werden aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.

Der 1979 in M. geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger, dem am 29. Mai 1995 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Er wuchs zusammen mit seinen drei Geschwistern bei den Eltern im Bundesgebiet auf und besuchte hier die Grund- und Hauptschule; letztere beendete er mit dem (normalen) Hauptschulabschluss. Anschließend arbeitete er im Imbissstand seines Vaters, jobbte bei verschiedenen Firmen und war als Gabelstaplerfahrer beschäftigt, zeitweise bezog er auch Sozialleistungen. Bis zu seiner Festnahme im November 2008 lebte er mit seiner (damaligen) deutschen Lebensgefährtin zusammen, mit der er zwei Kinder, eine am 30. Januar 1998 geborene Tochter und einen am 19. Januar 2001 geborenen Sohn, beide deutsche Staatsangehörige, hat.

Neben früheren, bereits aus dem Strafregister getilgten Verurteilungen wegen Diebstahls, Betäubungsmittel- und Körperverletzungsdelikten in den Jahren 1997 und 1998 trat der Kläger strafrechtlich insbesondere wie folgt in Erscheinung:

- Amtsgericht München, Urteil vom 12.2.2001, rechtskräftig seit 12.2.2001, wegen Unterschlagung und Bedrohung, Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 DM

- Amtsgericht München, Urteil vom 20.11.2001, rechtskräftig seit 28.11.2001, wegen gefährlicher Körperverletzung in einem minder schweren Fall, Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 DM

- Amtsgericht München, Strafbefehl vom 26.6.2002, rechtskräftig seit 2.8.2002, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 15 Euro

- Amtsgericht München, Urteil vom 24.9.2003, rechtskräftig seit 24.9.2003, wegen Bedrohung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsstrafe von 6 Monaten (zur Bewährung ausgesetzt, Bewährungszeit 2 Jahre)

- Amtsgericht München, Urteil vom 2.12.2003, rechtskräftig seit 2.12.2003, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln, Gesamtfreiheitsstrafe (unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts München vom 24.9.2003) von 9 Monaten (zur Bewährung ausgesetzt, Bewährungszeit 2 Jahre)

- Amtsgericht München, Urteil vom 27.6.2005, rechtskräftig seit 16.2.2006, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 3 Fällen, Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten

- Amtsgericht München, Urteil vom 30.5.2006, wegen Unterschlagung in 2 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, im Rechtsfolgenausspruch abgeändert durch Urteil des Landgerichts München I vom 10.11.2006, rechtskräftig seit 10.11.2006, Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten (unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts München vom 27.6.2005)

- Landgericht München I, Urteil vom 12.5.2009, rechtskräftig seit 12.5.2009, wegen schweren Raubes, Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 10 Monaten

Dem Urteil vom 12. Mai 2009 lag zugrunde, dass der Kläger und drei weitere von ihm ausgesuchte und mitgebrachte Männer am Abend des 5. November 2008 den Geschädigten, der unter einem Vorwand auf das Gelände der Ruderregattastrecke in M. gebracht worden war, verabredungsgemäß bedrohten, um ihn einzuschüchtern. Dabei hielt der Kläger, dessen Gesicht verdeckt war, einen Schlagstock dergestalt in der Hand, dass der Geschädigte diesen für eine scharfe Waffe hielt. Während der Geschädigte am Boden lag, wobei jeweils einer der vier Männer auf seinem Rücken kniete, drückte ihm der Kläger den Schlagstock so ins Genick, dass dieser meinte, ihm würde eine scharfe Waffe an den Kopf gehalten. Dem völlig verängstigten Geschädigten wurden dabei verschiedene Gegenstände (Personalausweis, zwei Handys, Taschenmesser, EC-Karte, Geldschein) entwendet. Der Kläger, der das Geschehen koordinierte und seinen Mittätern Anweisungen gab, drückte dem Geschädigten schließlich eine Pistolenpatrone in die Hand und äußerte sinngemäß, eine zweite Kugel würde in den Kopf des Geschädigten gehen, wenn er nochmals die Familie eines weiteren Mittäters, der das Geschehen aus der Entfernung beobachtete, bedrohte. Als der Geschädigte entgegen vorheriger Anweisung vom Boden aufstand, nachdem die Täter sich von ihm entfernt hatten, kehrte der Kläger zurück, riss dem Geschädigten eine Halskette vom Hals und sagte zu ihm: „Ich nimm dir alles, wenn es sein muss, auch dein Kind! Ich weiß alles über dich, und jetzt bleibt liegen, du Fotze.“ Der nicht ortskundige Geschädigte wurde dann in der Dunkelheit zurückgelassen.

Wegen dieser Tat wurde der Kläger am 12. November 2008 festgenommen und befand sich bis zu seiner Entlassung am 14. August 2013 in Haft.

Neun weitere Verfahren gegen den Kläger, unter anderem wegen Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung, wurden gemäß §§ 153,154 StPO eingestellt. Der Kläger war von der Beklagten bereits mehrfach verwarnt und auf die ausländerrechtlichen Folgen strafrechtlicher Verurteilungen hingewiesen worden.

Nach erfolgter Anhörung wies die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 25. März 2010 aus der Bundesrepublik Deutschland aus, untersagte ihm (zunächst) die Wiedereinreise für sechs Jahre (ab Ausreise) unter der Bedingung, dass keine neuen Ausweisungsgründe verwirklicht und die Kosten der Abschiebung im Falle einer Abschiebung gemäß Leistungsbescheid beglichen werden, und drohte ihm im Fall der nicht fristgerechten Ausreise nach Haftentlassung und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht die Abschiebung in die Türkei an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ausweisung erfolge aus spezialpräventiven Gründen im Wege einer Ermessensentscheidung nach § 55 AufenthG in Verbindung mit Art. 14 ARB 1/80. Der Kläger habe durch seine im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedelnden Straftaten schwerwiegend gegen die öffentliche Ordnung der Bundesrepublik verstoßen. Es besteht die konkrete Gefahr weiterer schwerwiegender Straftaten nach seiner Haftentlassung. Die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen führe zu dem Ergebnis, dass der Schutz der in Deutschland lebenden Bevölkerung vor Beeinträchtigungen von Leben und Gesundheit höher anzusiedeln sei als die Interessen des Klägers am Schutz seines Privat- und Familienlebens im Bundesgebiet.

Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. Januar 2011 abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Ausweisung sei auch unter Berücksichtigung der dem Kläger zustehenden Rechtsposition nach Art. 7 Satz 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 rechtlich nicht zu beanstanden. Bei den von ihm begangenen Straftaten handle es sich um eine besonders schwerwiegende, das Grundinteresse der Gemeinschaft berührende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Durch die Ausweisung solle verhindert werden, dass der Kläger im Bundesgebiet weitere schwerwiegende Straftaten, insbesondere Gewalttaten, die Leben und Gesundheit anderer Menschen bedrohten, begehe. Es sei zu erwarten, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung erneut solche schwerwiegenden Delikte begehen werde. Trotz zahlreicher Verurteilungen und der Verbüßung einer Freiheitsstrafe habe er sich von weiteren schweren Straftaten nicht abhalten lassen. Er habe bei seinen Taten erhebliche Gewaltbereitschaft und ein hohes Aggressionspotenzial gezeigt und sei auch früher schon durch nicht unerhebliche Körperverletzungsdelikte und Bedrohungen strafrechtlich in Erscheinung getreten. Weder habe der Kläger eine abgeschlossene Berufsausbildung noch habe er beruflich bisher ausreichend Fuß gefasst. Vor seinen Inhaftierungen in den Jahren 2006 und 2008 habe er von Sozialleistungen gelebt. Die Ausweisung sei auch unter Berücksichtigung des Rechts auf Achtung seines Familien- und Privatlebens nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verhältnismäßig. Zwar stelle die Ausweisung einen massiven Eingriff in seine persönlichen und sozialen Verhältnisse dar. Der im Bundesgebiet geborene Kläger habe hier seither seinen Lebensmittelpunkt. Seine Eltern, Geschwister, seine (bisherige) deutsche Lebensgefährtin sowie seine beiden Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit, mit denen der Kläger vor seiner Inhaftierung in familiärer Gemeinschaft gelebt habe und mit denen er auch in der Haft regelmäßigen Brief- und Besuchskontakt pflege, lebten hier. Die familiären Bindungen zur (bisherigen) Lebensgefährtin, die inzwischen ein Kind von einem anderen Mann habe, seien jedoch nicht gefestigt. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger mit der Lebensgefährtin und seinen Kindern auch künftig in häuslicher Gemeinschaft leben werde. Er habe viele Jahre hinweg keine Verantwortung für seine Familie und seine Kinder übernommen und sich durch sie nicht von der Begehung von Straftaten abhalten lassen. Die Kinder hätten deshalb schon über mehrere Jahre hinweg ohne ihren Vater leben müssen. Auch finanziell habe der Kläger keine ausreichende Verantwortung für die Kinder übernommen; seiner Unterhaltspflicht sei er nicht nachgekommen. Der Kläger spreche fließend Türkisch, habe noch familiäre Bindungen zum Herkunftsstaat und sei in der Lage, in der Türkei zurechtzukommen. Nach alledem sei aufgrund der ernsthaften Gefahr der Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der Interessenabwägung der Vorrang gegenüber den privaten Interessen einzuräumen. Auch die Ermessensausübung der Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Die vom Senat mit Beschluss vom 19. September 2013 zugelassene Berufung begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Mit Beschluss vom 12. Juni 2013 habe die zuständige Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts A. die Vollstreckung des Rests der Freiheitsstrafe ab dem 1. September 2013 zur Bewährung (mit einer Bewährungszeit von 4 Jahren) ausgesetzt, weil dies unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden könne. Am 14. August 2013 sei er aus der Haft entlassen worden. Er habe zunächst wieder bei seinen Eltern gewohnt. Seit etwa eineinhalb Jahren wohne er mit seiner (neuen) Lebensgefährtin, einer türkischen Staatsangehörigen, zusammen, die über eine Niederlassungserlaubnis verfüge und die er nach deren Scheidung heiraten wolle. Straftaten habe er nicht mehr begangen. Seinen türkischen Reisepass habe er bei der Beklagten abgegeben. Seine beiden Kinder lebten zwar bei ihrer Mutter, übernachteten jedoch auch bei ihm und seiner neuen Lebensgefährtin, mit der sie sich gut verstünden. Er sehe seine Kinder mindestens vier Mal jede Woche und übe nach wie vor das gemeinsame Sorgerecht mit der Mutter aus. Wirtschaftlich gehe es ihm nicht gut, da er bisher keine Arbeitserlaubnis erteilt bekommen habe. Gegenwärtig lebe er von Unterstützungen seiner Eltern und seiner jetzigen Lebensgefährtin; Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz habe er aus eigenem Entschluss seit etwa acht Monaten nicht mehr in Anspruch genommen. Er habe, sofern er einen Aufenthaltstitel bekommen sollte, das schriftliche Angebot einer Beschäftigung als Objektleiter in einem Sicherheitsunternehmen. Seine Bewährungszeit habe er entsprechend der schriftlichen Stellungnahme seines Bewährungshelfers vom 10. Juni 2016 erfolgreich abgeschlossen. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass er auch weiterhin straffrei leben werde. Die Ausweisung greife im Übrigen in unverhältnismäßiger Weise in sein Recht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 8 EMRK ein. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er sich hinsichtlich seiner Straftat reuig gezeigt und in der Haft sowie danach bewährt habe, sich auch während der Haftzeit stets intensiv um den Kontakt zu seinen Kindern bemüht und diesen gepflegt habe und diesen eine erneute Unterbrechung der intensiven Vater-Kind-Beziehung nicht zuzumuten sei. Durch seine Lebensgestaltung habe er unter Beweis gestellt, dass er zu einem straffreien Leben gewillt und in der Lage sei. Eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft sei ohne Schwierigkeiten möglich. Dabei unterstützten ihn nicht zuletzt seine jetzige Lebensgefährtin und seine Eltern in jeglicher Weise.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Januar 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 (mit Ausnahme der durch Änderungsbescheid der Beklagten vom 23.6.2016 geänderten Befristungsregelung) aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts sei nunmehr auf §§ 53 ff. AufenthG in der aktuellen Fassung abzustellen, wonach über die Ausweisung nicht mehr nach Ermessen, sondern aufgrund einer Abwägung zwischen dem Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Ausländers zu entscheiden sei. Die Befristung der Ausweisungswirkungen sei mit (dem hier nicht streitgegenständlichen) Änderungsbescheid vom 23. Juni 2016 der aktuellen Gesetzeslage angepasst worden. Die Bleibeinteressen des im Bundesgebiet geborenen Klägers würden zwar erhebliches Gewicht besitzen, da er sich nie über einen längeren Zeitraum im Heimatstaat aufgehalten habe und gewichtige familiäre Bindungen insbesondere zu den beiden Kindern bestünden, die sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit besäßen. Die Beklagte gehe jedenfalls im Fall des 15-jährigen Sohnes von einer engen Vater-Kind-Beziehung aus. Die beiden Kinder wohnten - jedenfalls gegenwärtig - in der Wohnung ihrer Mutter und besuchten den Vater lediglich, wobei der persönliche Kontakt zwischen Vater und Sohn deutlich intensiver sein solle. Den persönlichen Umgang mit seinen Kindern könne der Kläger aber auch durch E-Mail, Telefon, Briefe und gegebenenfalls Betretenserlaubnisse, die nach ständiger Praxis der Beklagten zum Besuch der Kinder erteilt würden, aufrechterhalten. Demgemäß sei die Ausweisung auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Nach wie vor besäßen die Ausweisungsinteressen beim Kläger überwiegendes Gewicht, da die konkrete Gefahr weiterer schwerer Straftaten bestehe. Zwar seien seit der Haftentlassung am 13. August 2013 keine weiteren Strafverfahren anhängig geworden. Dies widerlege jedoch den Fortbestand einer konkreten Gefahr weiterer schwerer Straftaten nicht. Der Kläger sei besonders schwerwiegend strafrechtlich in Erscheinung getreten und insgesamt zu Jugend- oder Freiheitsstrafen von ca. 6,3 Jahren und Geldstrafen in Höhe von 350 Tagessätzen verurteilt worden. Maßgeblich für den Erlass der Ausweisungsverfügung sei ein schwerer Raub und damit ein besonders schwerwiegendes Delikt gewesen. Auch sei der Kläger über einen langen Zeitraum immer wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Bewährungsbeschluss widerlege die Gefahrenprognose nicht, weil davon auszugehen sei, dass diese Entscheidung nicht aufgrund einer positiven Prognose, sondern vielmehr zwecks Erprobung des Klägers getroffen worden sei. Die angeordnete Bewährungsaufsicht werde zudem erst am 1. September 2017 auslaufen. Der Kläger habe bisher weder eine Gewalt- noch eine Sozialtherapie absolviert. Auch der bereits als Jugendlicher begonnene Konsum von Betäubungsmitteln sei zu keinem Zeitpunkt erfolgreich therapiert worden. Die Geburt seiner beiden Kinder habe beim Kläger offensichtlich keine Zäsur im Verhalten bewirken können. Aufgrund der schwerwiegenden Delinquenz und der fortbestehenden konkreten Wiederholungsgefahr überwiege das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse trotz der familiären Bindungen.

Mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.

In der mündlichen Verhandlung am 27. Juni 2016 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert. Der Kläger und sein Sohn D. wurden zu den aktuellen Lebensverhältnissen und insbesondere der Vater-Sohn-Beziehung informatorisch angehört. Der Bevollmächtigte des Klägers erklärte, die mit Änderungsbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2016 verfügte aktuelle Befristungsregelung nicht in das vorliegende Verwaltungsstreitverfahren mit einzubeziehen. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, die Behördenakten sowie die beigezogenen Strafakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Seine auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 25. März 2010 (mit Ausnahme der durch Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2016 geänderten Befristungsregelung) gerichtete Klage ist begründet, weil die darin verfügte Ausweisung im für die rechtliche Beurteilung dieser Anordnung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (1.) gemessen an den in diesem Zeitpunkt maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), zuletzt geändert durch das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I S. 394), rechtswidrig ist und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; 2.). Daraus ergibt sich auch die Rechtswidrigkeit der weiter verfügten Abschiebungsandrohung.

1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der angefochtenen Ausweisung und der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Berufungsgerichts (st. Rspr.; vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12; BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 25).

2. Gemessen an den im Zeitpunkt Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der aktuell gültigen Fassung (2.1.) erweist sich die angefochtene Ausweisung als rechtswidrig (2.2.).

2.1. Seit der Rechtsänderung zum 1. Januar 2016 differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26; B.v. 11.7.2016 - 10 ZB 15.837 - Rn. 9; HessVGH, B.v. 15.2.2016 - 3 A 368/16.ZT u. 3 B 509/16 - InfAuslR 2016, 220/222; Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hofmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorbem. §§ 53 - 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.). Eine - wie hier - nach altem Recht verfügte Ermessensausweisung (§ 55 Abs. 1 AufenthG a. F. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80) wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am 1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Steht dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zu, sind an die Qualität der erforderlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhöhte Anforderungen zu stellen, denn er darf nach § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und wenn die Ausweisung zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Damit gibt die Neufassung von § 53 Abs. 3 AufenthG exakt die Voraussetzungen wieder, die nach ständiger Rechtsprechung (z. B. EuGH, U.v. 8.12.2011 - Rs. C-371/08 Ziebell -, juris Rn. 80; BayVGH‚ U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris) für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen erfüllt sein mussten (BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26; B.v. 11.7.2016 - 10 ZB 15.837 - Rn. 9).

Der Senat hat demgemäß bereits wiederholt entschieden, dass gegen die Anwendung der ab 1. Januar 2016 geltenden neuen Ausweisungsvorschriften auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige auch mit Blick auf Art. 13 ARB 1/80 (sog. Stillhalteklausel) keine Bedenken bestehen, weil sich die materiellen Anforderungen, unter denen diese Personen ausgewiesen werden dürfen, nicht zu ihren Lasten geändert haben und jedenfalls in der Gesamtschau eine Verschlechterung der Rechtspositionen eines durch Art. 13, 14 ARB 1/80 geschützten türkischen Staatsangehörigen nicht feststellbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 28; B.v. 13.5.2016 - 10 ZB 15.492 - juris Rn. 14; B.v. 11.7.2016 - 10 ZB 15.837 - Rn. 11 jeweils m. w. N.).

2.2. Nach diesen Maßstäben erweist sich die Ausweisung des Klägers, dem als Familienangehörigen seiner dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik angehörenden Mutter (vgl. dazu auch die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung vom 27.6.2016, Bl. 6 der Sitzungsniederschrift) unstreitig ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 zustand, als rechtswidrig. Denn eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland geht von dem zu erwartenden persönlichen Verhalten des Klägers nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht mehr aus (2.2.1.). Selbst wenn man anders als der Senat noch von einer gegenwärtigen hinreichenden (Rest-)Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft ausginge, wäre die Ausweisung im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtswidrig, weil sie zur Wahrung dieses Interesses jedenfalls nicht unerlässlich ist (2.2.2.).

2.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer spezialpräventiven Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26; U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18; BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 31; U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34 und B.v. 3.3.2016 - 10 ZB 14.844 - juris Rn. 11). Auch der Rang des bedrohten Rechtsguts ist dabei zu berücksichtigen; an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dürfen andererseits keine zu geringen Anforderungen gestellt werden.

Gemessen an diesen Vorgaben geht eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft von dem zu erwartenden persönlichen Verhalten des Klägers nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht mehr aus.

Zwar würde die erneute Begehung vergleichbarer Straftaten, wie sie der angefochtenen Ausweisung zugrunde liegen, ohne Zweifel eine hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellen. Denn die Körperverletzungs- und Gewaltdelikte des Klägers, zuletzt seine Verurteilung wegen schweren Raubes, gefährden das Schutzgut der körperlichen Unversehrtheit (s. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Gesundheit der Bürger nimmt aber in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Werteordnung einen hohen Rang ein; ihr Schutz ist daher ein Grundinteresse der Gesellschaft, das durch Straftaten, wie sie der Kläger über einen längeren Zeitraum begangen hat, erheblich beeinträchtigt wird (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 57).

Insbesondere aufgrund nach der angefochtenen Behördenentscheidung eingetretener Umstände und des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks kommt der Senat zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der Bewertung, dass nach dem persönlichen Verhalten des Klägers aber nicht mehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut durch vergleichbare Delikte ein Grundinteresse der Gesellschaft gefährdet.

Angesichts der Entwicklung, die der Kläger seit der inzwischen über siebeneinhalb Jahre zurückliegenden Anlasstat genommen hat, besteht nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs nur noch die eher entfernte Möglichkeit, dass er erneut solche gravierenden Straftaten begehen wird. Der Kläger, bei dem durch Beschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts A. beim Amtsgericht N. vom 12. Juni 2013 die Vollstreckung des Rests der Freiheitsstrafe (von 4 Jahren 10 Monaten) ab dem 1. September 2013 zur Bewährung (mit einer Bewährungszeit von 4 Jahren) ausgesetzt worden ist, hat inzwischen die für die Dauer von drei Jahren verfügte Unterstellung der Aufsicht und Leitung der für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshilfe erfolgreich absolviert. Ausweislich der vorgelegten Stellungnahme seines Bewährungshelfers beim Landgericht M. I vom 10. Juni 2016 ist der Kläger dabei den Auflagen und Weisungen gewissenhaft nachgekommen, so dass von einem positiven Bewährungsverlauf gesprochen werden könne. Das soziale Umfeld scheine ausreichend stabil; der Kläger lebe in einer festen Partnerschaft und teile sich mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder. Nach Einschätzung des Bewährungshelfers habe in der Bewährungszeit ein Veränderungsprozess stattfinden können, bei dem der Kläger sein altes strafrechtliches Leben reflexiv habe bearbeiten können.

Auch nach Überzeugung des Senats bestehen mit der neuen Lebensgefährtin, der Familie des Klägers, insbesondere seinen Eltern, den beiden Kindern und vor allem dem 15-jährigen Sohn D. nunmehr offensichtlich die erforderlichen haltgebenden Strukturen, die es ihm ermöglichen, seit der Haftentlassung ein einigermaßen geordnetes und vor allem straffreies Leben zu führen. Der Kläger, der nach seiner Haftentlassung wieder bei seinen ihn nicht nur finanziell unterstützenden Eltern gewohnt hat, lebt seit ca. eineinhalb Jahren in einer festen Beziehung mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen, die er nach eigenen Angaben nach deren Scheidung heiraten will. Seine in der mündlichen Verhandlung anwesende Lebensgefährtin ist strafrechtlich nicht vorbelastet und in Vollzeit bei einem Sicherheitsdienst beschäftigt, bei dem der Kläger - allerdings ohne entsprechende Erlaubnis der Beklagten - ebenfalls bereits vorübergehend aushilfsweise beschäftigt war und bei dem er künftig eine feste Anstellung erhalten kann. Die während der Haft durch regelmäßige Besuche sowie ein Eltern-Kind-Seminar aufrecht erhaltene familiäre Beziehung zu seiner inzwischen volljährigen Tochter und seinem 15-jährigen Sohn wurde seit Haftende nochmals intensiviert. Insbesondere zwischen dem Kläger und seinem Sohn D. besteht zur Überzeugung des Senats auch emotional eine sehr enge Bindung. Dies haben der Kläger und sein Sohn D. bei ihrer informatorischen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert. Danach finden zwischen den Kindern und dem Kläger, der mit seiner früheren Lebensgefährtin und Mutter der Kinder nach wie vor das gemeinsame Sorgerecht ausübt, häufige, im Fall des Sohnes D. fast tägliche Besuche und Kontakte statt. Der Kläger kümmert sich auch nach den überzeugenden Schilderungen seines Sohnes in der mündlichen Verhandlung offensichtlich sehr um die Belange seiner Kinder, nimmt intensiv an ihrem Leben teil und unterstützt sie in den verschiedensten Lebenssituationen. Auch das Verhältnis zur Mutter seiner Kinder, die inzwischen ebenfalls mit einem neuen Lebensgefährten zusammenlebt und mit diesem gemeinsame Kinder hat, ist offensichtlich zum Wohle der Kinder des Klägers gut.

Auch wenn das Verhalten des Klägers während der Zeit seines Strafvollzugs nicht beanstandungsfrei war (Disziplinarmaßnahme wegen unerlaubten Besitzes einer Tätowiermaschine und weiterer Gegenstände), hat er sich ansonsten in der Haft gut geführt, an seiner Gewaltproblematik durch die Teilnahme an einem Anti-Gewalt-Training gearbeitet und neben einem Seminar zur Stärkung persönlicher und sozialer Kompetenzen ein soziales Kompetenztraining absolviert. In gewalttätige Auseinandersetzungen während der Haftzeit war er jedenfalls nie verwickelt. Sein Verhalten gegenüber den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt wurde als höflich und gegenüber seinen Mitgefangenen als friedlich geschildert. Zwar kommt einer positiven Führung während der Zeit des Strafvollzugs an sich keine erhebliche Bedeutung für die durch die Ausländerbehörde und die Gerichte anzustellende Gefahrenprognose zu. Findet wie hier das grundsätzlich positive Verhalten während der Haft nach deren Ende aber seine Fortsetzung, kann es bei der Gesamtbeurteilung entsprechend mit berücksichtigt werden. Auch während seiner 3-jährigen Unterstellung unter die Bewährungshilfe hat der vom zuständigen Bewährungshelfer beim Kläger festgestellte Veränderungsprozess (vgl. dessen Stellungnahme vom 10.6.2016) seit Oktober 2013 zu einem positiven Bewährungsverlauf geführt. Den Auflagen und Weisungen der Bewährungshilfe ist er gewissenhaft nachgekommen. Straftaten hat er seither nicht mehr begangen. Die Auffassung bzw. Einschätzung der Beklagten, angesichts einer hohen Dunkelziffer bei etlichen Strafdelikten komme dieser Feststellung nur eine geringe Aussagekraft zu, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Gerade auch aufgrund des Eindrucks, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 hinterlassen hat, geht der Senat davon aus, dass die verschiedenen verhaltensbezogenen therapeutischen Maßnahmen während der Haft, vor allem aber die engen familiären Bindungen und die ihm durch seine Eltern und Kinder während der Haft gewährte (psychische) Unterstützung einen Veränderungsprozess eingeleitet haben, der es ihm ermöglicht hat, nicht wieder straffällig zu werden. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und überzeugend angegeben, für ihn sei es genauso wie für seine Kinder sehr schwer gewesen, dass sie ihn nur in der Haftanstalt hätten besuchen und sehen können; ihm sei dort deutlich vor Augen geführt worden, dass es so nicht weitergehen könne.

Auch wenn die zuständige Auswärtige Strafvollstreckungskammer im Bewährungsbeschluss vom 12. Juni 2013 (Bl. 178 ff. der VGH-Akte) keine ausdrückliche positive Prognose für den Kläger anstellt, sondern lediglich in den Gründen des Beschlusses feststellt, unter Berücksichtigung der übereinstimmend befürwortenden Stellungnahmen von Vollzugs- und Vollstreckungsbehörde könne bei Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit die Aussetzung der Vollstreckung des Rests der Freiheitsstrafe zur Bewährung vom Gericht verantwortet werden, spricht dies jedenfalls nicht gegen die vom Senat aufgrund der weiteren Entwicklung getroffene Beurteilung.

Die von der Beklagten beim Kläger nach wie vor angenommene Drogenproblematik und den Bedarf einer entsprechenden Therapie sieht der Senat nicht. Zwar hat der Kläger bereits als Jugendlicher mit dem Konsum von Betäubungsmitteln begonnen und vor allem im Zeitraum 2002 bis 2005 Betäubungsmitteldelikte (unerlaubter Erwerb und Besitz) begangen. Eine Drogenproblematik bzw. einen Hang zum Drogenkonsum hat jedoch bereits das Landgericht M. I im Strafurteil vom 12. Mai 2009 beim Kläger verneint. Auch während der Zeit seines Strafvollzugs gab es keine Hinweise auf eine Drogenproblematik. Bewährungsauflagen hinsichtlich eines etwaigen Drogenkonsums enthält auch der Bewährungsbeschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer vom 12. Juni 2013 nicht. Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof glaubhaft angegeben, bereits seit 2004 keine Drogen mehr zu konsumieren.

Auch wenn die Bewährungszeit von vier Jahren beim Kläger noch nicht vollständig abgelaufen ist, ist der Senat aufgrund der dargelegten Umstände und des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger inzwischen reifer geworden ist und dass ihm die Situation, in die er sich und seine Familie durch seine schwerwiegenden Straftaten gebracht hat, klar geworden ist. Demgemäß muss zur Überzeugung des Senats inzwischen nicht mehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass er erneut durch vergleichbare Delikte ein Grundinteresse der Gesellschaft gefährdet.

2.2.2. Selbst wenn man jedoch anders als der Verwaltungsgerichtshof noch von einer gegenwärtigen hinreichenden (Rest-)Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft ausgeht, ist die Ausweisung im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtswidrig, weil sie zur Wahrung dieses Interesses jedenfalls nicht im Sinne von § 53 Abs. 3 AufenthG unerlässlich ist.

Dabei ist im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit zu beachten, dass die Grundrechte des Betroffenen, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein müssen, wobei sämtliche konkreten Umstände, die für die Situation des Betroffenen gekennzeichnet sind, zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 77 m.w. Rsprnachweisen). Auch im Rahmen des (neuen) § 53 Abs. 3 AufenthG ist unter Berücksichtigung des besonderen Gefährdungsmaßstabs für die darin bezeichneten Gruppen von Ausländern eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 53 Abs. 1 (i. V. m. Abs. 2) AufenthG durchzuführen (vgl. dazu die Gesetzesbegründung zu § 53 Abs. 3, BT-Drs. 18/4097 S. 50; BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 37). Danach ist die Ausweisung zur Wahrung des hier betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs aber nicht (mehr) unerlässlich, weil die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung vor allem mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 EMRK ergibt, dass das Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 12. Mai 2009 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Sein Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG wiegt nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG (ebenfalls) besonders schwer, weil er eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und er sein Umgangsrecht mit seinem minderjährigen ledigen deutschen Sohn D. ausübt; eine rein quantitative Gegenüberstellung der im Rahmen der Prüfung nach §§ 54 und 55 AufenthG verwirklichten typisierten Interessen hat dabei jedoch zu unterbleiben (BayVGH, U.v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 40).

Zwar kommt dem mit der Ausweisung verfolgten Ziel, eine hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft - hier: Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung - durch weitere Körperverletzungs- und Gewaltdelikte des Klägers abzuwehren, angesichts des hohen Rangs dieses Rechtsguts (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) großes Gewicht zu. Dieses Gewicht ist aber dadurch deutlich vermindert, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger erneut derartige Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit begeht, nur sehr gering ist. Denn aufgrund der oben unter 2.2.1. dargelegten Umstände besteht beim Kläger allenfalls noch eine sehr geringe bzw. entfernte Gefahr der Begehung erneuter Körperverletzungs- oder anderer Gewaltdelikte.

Demgegenüber beeinträchtigt die Ausweisung des in Deutschland geborenen und seit mehr als 37 Jahren hier lebenden Klägers neben seinem Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 sein Recht auf Privatleben nach Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK, sein Recht auf Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und sein Recht auf Pflege und Erziehung seines Kindes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Beeinträchtigung dieser Rechte, insbesondere aber des Rechts auf Familienleben (Art. 8 Abs. 1 EMRK) und des Rechts auf Pflege und Erziehung seines noch minderjährigen Sohnes D. (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), wiegen dabei besonders schwer. Die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm gebietet es, bei Entscheidungen über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen zu berücksichtigen; dabei ist maßgeblich auf die Sicht des Kindes abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 83 m.w. Rsprnachweisen).

Zwischen dem Kläger und seinen Kindern, insbesondere seinem noch minderjährigen Sohn D., besteht - wie oben dargelegt - emotional eine sehr enge familiäre Bindung, die auch während der Haft durch regelmäßige Besuche sowie ein Eltern-Kind-Seminar aufrecht erhalten und seit Haftende nochmals intensiviert wurde. Der Senat konnte sich in der mündlichen Verhandlung einen unmittelbaren Eindruck davon verschaffen, wie wichtig der nahezu tägliche Kontakt zwischen Vater und Sohn nicht nur für den Kläger selbst, sondern vor allem auch für seinen Sohn D. ist. Im Gegensatz zu einem noch sehr kleinen Kind könnte D. die Folgen der Ausweisung und der damit verbundenen räumlichen Trennung zwar durchaus begreifen und diese deshalb nicht als endgültigen Verlust des Vaters erfahren. Gleichwohl haben die Folgen einer Trennung des Klägers von seinem Sohn auch nur für die Dauer des befristeten Wiedereinreiseverbots zur Überzeugung des Senats hier noch so großes Gewicht, dass sich die Ausweisung angesichts der (allenfalls) nur noch sehr geringen Wahrscheinlichkeit erneuter Körperverletzungs- oder anderer Gewaltdelikte durch den Kläger letztlich als unverhältnismäßig erweist und damit auch nicht zur Wahrung des betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich ist.

Demgemäß ist auch die Abschiebungsandrohung (§ 59 AufenthG) im streitbefangenen Bescheid rechtswidrig, weil infolge der Aufhebung der Ausweisungsverfügung der Kläger nicht mehr ausreisepflichtig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 2 GKG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Oktober 2015‚ soweit darin ihr Bescheid vom 25. März 2015 aufgehoben worden ist. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Nr. 1) und die Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre befristet (Nr. 2).

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils‚ die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten‚ lägen nur vor‚ wenn die Beklagte einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG‚ B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Diese Voraussetzung erfüllt das Zulassungsvorbringen der Beklagten‚ auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO)‚ jedoch nicht.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers aufgehoben. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung das Vorliegen eines Regelausweisungstatbestandes nach § 54 Nr. 1 2. Alt. AufenthG angenommen‚ ist aber davon ausgegangen‚ dass die Ausweisung angesichts der Gesamtumstände unverhältnismäßig sei. Das Erstgericht hat die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr als gering eingestuft‚ weil nach einer erfolgreich abgeschlossenen Drogentherapie keine Straftaten aus dem Bereich der Betäubungsmittel- und Beschaffungskriminalität mehr zu erwarten seien. Die Verurteilungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung erschütterten die positive Prognose nicht‚ weil beim Kläger kein erhöhtes Aggressions- oder Gewaltpotential festzustellen gewesen sei. Für den Kläger spreche‚ dass er sich seit 1991 in Deutschland befinde, seine Mutter und Geschwister hier lebten und seine beiden Töchter eine starke Bindung zu ihm hätten.

Demgegenüber wendet die Beklagte im Zulassungsverfahren ein‚ die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe bewiesen‚ dass er in der Lage sei‚ drogenfrei zu leben‚ begegne erheblichen Zweifeln. Er habe nicht nur illegale Betäubungsmittel konsumiert, sondern auch ein erhebliches Alkoholproblem‚ das nicht behandelt worden sei. Deswegen sei er im Jahr 2014 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden. Die Prognose‚ der Kläger werde künftig nicht mehr straffällig werden‚ beruhe ausschließlich auf vagen Hoffnungen. Dafür gebe es keine belastbaren Fakten. Er habe auch nach der Drogentherapie sein die Rechtsordnung ignorierendes Verhalten kontinuierlich fortgesetzt. Er habe sich völlig haftunempfindlich erwiesen. Das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt‚ dass von der ganz erheblichen und fortdauernden kriminellen Energie des Klägers hochrangigste Rechtsgüter wie die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit Dritter bedroht seien. Der Kläger sei bereits zum dritten Mal wegen vorsätzlicher Körperverletzung belangt worden. Zudem habe das Verwaltungsgericht übersehen‚ dass die Ausweisung auch aus Gründen der Generalprävention erfolgt sei.

Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts‚ die Ausweisung des Klägers sei nach Art. 8 EMRK unverhältnismäßig‚ gemessen an den nunmehr geltenden Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der in der ab 17. März 2016 gültigen Fassung (des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11.3.2016, BGBl I S. 394), im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisungsentscheidung und damit für das Vorliegen eines Zulassungsgrundes ist nach ständiger Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 21.3.2016 - 10 ZB 15.1968 - juris Rn. 8 m. w. N., B.v. 3.2.2016 -10 ZB 14.844 - juris Rn. 8 m. w. N.) grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant.

Der Senat hat daher die verwaltungsgerichtliche Entscheidung unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens anhand der gesetzlichen Regelungen über die Ausweisung in der ab 17. März 2016 gültigen Fassung zu überprüfen. Diese differenzieren nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung‚ der Ausweisung im Regelfall oder der Ermessensausweisung‚ sondern verlangen für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung‚ die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang überprüfbar (vgl. BayVGH‚ B.v. 21.3.2016 - 10 ZB 15.1968 - juris Rn. 9 m. w. N.).

Der Senat kommt vorliegend bei der Beurteilung der Ausweisungsentscheidung der Beklagten in Nr. 1 des Bescheids vom 25. März 2015 zum Ergebnis‚ dass zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt das Bleibeinteresse des Klägers unter Abwägung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt.

Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aber noch gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer spezialpräventiven Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG‚ U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose‚ ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht‚ sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen‚ insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat‚ die Umstände ihrer Begehung‚ das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH‚ U.v. 28.6.2016 - 10 B 13.1982 - juris Rn. 32 m. w. N.). Gemessen an diesen Vorgaben ist nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) die Wahrscheinlichkeit‚ dass der Kläger auch weiterhin Straftaten‚ die sich gegen die körperliche Unversehrtheit und des Eigentum anderer richten, begehen wird, auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens der Beklagten allerdings gering. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung‚ dass angesichts der im Jahr 2011 erfolgreich abgeschlossenen Drogentherapie nicht mehr mit Straftaten des Klägers‚ die seiner Betäubungsmittelabhängigkeit geschuldet waren‚ zu rechnen ist. Nach Abschluss der Therapie ist der Kläger nicht mehr mit Betäubungsmitteldelikten auffällig geworden. Offenbar ist ihm im Rahmen der Therapie ein dauerhafter Einstellungswandel bezüglich des Konsums von Marihuana gelungen. Soweit die Beklagte demgegenüber anführt‚ der Kläger habe ein erhebliches Alkoholproblem, das keinesfalls erfolgreich behandelt worden sei‚ begründet dies noch keine Wiederholungsgefahr für die Begehung weiterer Straftaten aus diesem Deliktsbereich. Es ist zwar zutreffend‚ dass der Kläger erheblich alkoholisiert ein Fahrzeug geführt hat und deswegen wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr verurteilt worden ist. Aus dieser einmaligen alkoholbedingten Straftat lässt sich jedoch nicht der Rückschluss ziehen‚ dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht‚ der Kläger werde erneut unter Alkoholeinfluss Straftaten begehen. Hinreichende Anzeichen für eine Alkoholabhängigkeit bzw. ein dauerhaftes problematisches Trinkverhalten lassen sich den Akten nicht entnehmen und wurden von der Beklagten auch nicht dargelegt. Berücksichtigt man bezüglich der vor dem Abschluss der Drogentherapie liegenden Straftaten die Höhe der verhängten Strafen und die Schwere der konkreten Straftaten‚ so lässt sich feststellen‚ dass die schwereren Straftaten dem Betäubungsmittelbereich zuzurechnen waren‚ während bei den anderen Verurteilungen überwiegend geringe Strafhöhen ausgesprochen wurden und die höheren Strafen nur aus der Gesamtstrafenbildung aus mehreren Verurteilungen resultierten. Auch liegen die angeführten Verurteilungen bereits Jahre zurück. Da der Kläger aber nach Abschluss seiner Drogentherapie erneut straffällig geworden ist, besteht‚ wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nach wie vor eine zu berücksichtigende Wiederholungsgefahr. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind vorliegend aber nicht zu geringe Anforderungen zu stellen‚ weil der möglicherweise durch vergleichbare Straftaten eintretende Schaden bezüglich seiner Folgen nicht so schwer wiegt. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe für die beiden Diebstählen erfolgte nicht wegen der Schwere der Tat‚ sondern weil der Kläger bereits einschlägig vorbestraft war. Dasselbe gilt für das Körperverletzungsdelikt. Bei der Strafzumessung hat hier das Strafgericht ausdrücklich ausgeführt‚ die Schmerzen des Geschädigten seien am untersten Rand gewesen‚ so dass dieser nicht einmal ein Arzt aufgesucht und auch kein Strafverfolgungsinteresse an den Tag gelegt habe. Ferner habe sich der Kläger unmittelbar nach der Tat bei dem Geschädigten entschuldigt. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe erfolgte wiederum nur‚ weil er bereits einschlägig vorbestraft war und die Körperverletzung in nur geringem Abstand zu den abgeurteilten Diebstahlsdelikten begangen hat.

Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit seinen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt‚ dass sein Bleibeinteresse überwiegt. Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen‚ dass die Ausweisung des Klägers unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG (allerdings nicht abschließend) aufgeführten Umstände und mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig ist.

Eine Gegenüberstellung der gegenläufigen Interessen anhand der im Aufenthaltsgesetz typisierten Ausweisungs- und Bleibeinteressen ergibt‚ dass der Kläger ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AufenthG verwirklicht hat. Er ist am 5. März 2002 vom Amtsgericht Augsburg zu einer Jugendstraße von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt worden, wobei die vorherige Verurteilung durch das Amtsgericht Laufen vom 12. Februar 2001 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten in diese Verurteilung miteinbezogen worden ist. Weiterhin liegt eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten durch das Amtsgericht Augsburg vom 1. Januar 2010 vor. Dem steht ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG gegenüber‚ weil der Kläger inzwischen mit der Mutter gemeinsam das Sorgerecht für seine beiden minderjährigen Töchter ausübt.

Bei der nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG erforderlichen Gesamtabwägung hat das Verwaltungsgericht zu Recht die lange Dauer des Aufenthalts des Klägers von nunmehr 25 Jahren berücksichtigt. Hinzu kommt‚ dass er bereits im Alter von acht Jahren mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in die Bunderepublik gekommen ist und keine familiären Kontakte in seinem Heimatland mehr hat. Weiterhin hat das Verwaltungsgericht der Beziehung zu seinen beiden noch kleinen Töchtern erhebliches Gewicht beigemessen. In der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2016 bezüglich der Klage des Klägers auf Erteilung einer Duldung (Au 1 K 15.1648) hat die Mutter der beiden Töchter nochmals betont, dass der Kläger seine Kinder jedes zweite Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntag zu sich nehme. Er beteilige sich auch an der Erziehung der Kinder. Der Kläger übe sein Umgangsrecht seit seiner Haftentlassung regelmäßig aus. Betreffen aufenthaltsrechtliche Entscheidungen den Umgang mit einem Kind‚ so ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen. Hohes Gewicht haben die Folgen einer (vorübergehenden) Trennung insbesondere‚ wenn ein noch ein sehr kleines Kind betroffen ist (BVerfG‚ B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 14). In Anbetracht des Alters der Kinder (drei und fünf Jahre)‚ die die Trennung vom Kläger nicht richtig begreifen können‚ und ihrer engen Beziehung zu ihm stellt sich die von der Beklagten verfügte Ausweisung trotz einer noch bestehenden‚ aber nicht so gravierenden Gefahr erneuter Straftaten seitens des Klägers als unverhältnismäßig dar.

Die von der Beklagten angeführten generalpräventiven Erwägungen ändern daran nichts. Generalpräventive Aspekte sind Teil des öffentlichen Ausweisungsinteresses. Generalpräventive Erwägungen können jedoch nur dann entscheidend zum Tragen kommen, wenn dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt (BayVGH, U.v. 28.6.2016 - 10 B 15.1854 - juris Rn. 38 m. w. N.). Dies kann sich bei Straftaten aus deren Art, Schwere und Häufigkeit ergeben. Zwar ist der Kläger vor seiner Drogentherapie sehr häufig straffällig geworden. Es handelte sich aber ausgenommen die BtM-Delikte um viele Straftaten, die eher dem Bereich der Kleinkriminalität zuzuordnen sind (z. B. Leistungserschleichung, Ladendiebstahl). Angesichts dessen, dass diese Taten schon lange zurückliegen, vermag eine sich darauf beziehende Ausweisung kaum mehr eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Bei den vom Kläger nach der Drogentherapie begangen Straftaten handelt sich ebenfalls um keine schweren Straftaten, auch die Art ihrer Begehung begründet keinen besonders gewichtigen Ausweisungsanlass, auch wenn zumindest bis in das Jahr 2014 eine Häufung der Straftaten festzustellen ist. Im Hinblick auf die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Beziehung zu seinen Töchtern führen jedoch auch die insoweit bestehenden generalpräventiven Aspekte letztlich nicht zum Überwiegen des öffentlichen Ausweisungsinteresses.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der fünfunddreißigjährige Antragsteller, ein mazedonischer Staatsangehöriger, kam nach der Eheschließung am 27. Januar 2008 im Wege des Familiennachzugs in das Bundesgebiet zu seiner aufenthaltsberechtigten Ehefrau, einer jugoslawischen Staatsangehörigen, und erhielt erstmals am 21. Mai 2008 eine Aufenthaltserlaubnis.

Den Verlängerungsantrag vom 3. Februar 2012 lehnte die Antragsgegnerin im Bescheid vom 31. Mai 2013 ab, weil sich die Eheleute getrennt hätten und weil nach den Angaben der Ehefrau die eheliche Lebensgemeinschaft nicht drei Jahre bestanden habe. Im anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren (AN 5 K 13.01117) erklärte ein Vertreter der Antragsgegnerin nach Durchführung einer Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2013, dem Antragsteller werde die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden; der Rechtsstreit wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

Am 4. Februar 2014 erlangte die Antragsgegnerin Kenntnis von einer strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers am 23. September 2013 wegen einer im August 2011 begangenen Straftat der Beihilfe zum Erschleichen eines Aufenthaltstitels.

Mit Bescheid vom 1. April 2014 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1), befristete die Wirkungen der Ausweisung auf drei Jahre ab seiner Ausreise/Abschiebung (Nr. 2), lehnte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 3) und forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Mazedonien zur Ausreise auf (Nrn. 4 und 5).

Mit weiterem Bescheid vom 13. August 2014 nahm die Antragsgegnerin - unter Anordnung sofortiger Vollziehung - die Zusicherung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wegen des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG und damit des Fehlens einer Regelerteilungsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zurück.

Gegen beide Bescheide erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht. Seine Anträge auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2015 ab.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Änderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Hinsichtlich des Ausweisungs- und Ablehnungsbescheides vom 1. April 2014 trägt der Antragsteller vor, die Ausweisung sei wegen der ihm erteilten Zusicherung einer Aufenthaltserlaubnis und wegen einer unzureichenden Berücksichtigung seiner Bleibeinteressen unverhältnismäßig und ein Ausweisungsgrund liege tatsächlich nicht vor. Diese Ausführungen rechtfertigen die Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht.

Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Ausweisungsverfügung begegne keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, greifen die Beschwerdegründe nicht durch; angesichts dessen ist dem Antragsteller bereits gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG zu Recht kein Aufenthaltstitel erteilt worden (zur Inzidentüberprüfung der Ausweisungsverfügung in solchen Fällen vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.1.2015 - 10 CS 14.2656 - juris Rn. 22).

1.1 Die Erklärung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2013, sie werde dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis erteilen, steht der Rechtmäßigkeit der am 1. April 2014 verfügten Ausweisung nicht entgegen.

Die Antragsgegnerin hat die Zusicherung am 9. Dezember 2015 nicht in Kenntnis der im August 2011 begangenen Straftat abgegeben (zum Verbrauch des Ausweisungsgrundes in einem ähnlichen Fall vgl. BayVGH, U.v. 9.12.2015 - 19 B 15.1066 - juris Rn. 26 m.w.N.). Durch Urteil des Amtsgerichts N. vom 23. September 2013 ist der Antragsteller wegen Beihilfe zum Erschleichen eines Aufenthaltstitels zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden. Mit der am 4. Februar 2014 eingegangenen Mitteilung (nach Nr. 42 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen) hat die Staatsanwaltschaft N.-F. die Antragsgegnerin über die am 10. Januar 2014 eingetretene Rechtskraft der Verurteilung des Antragstellers vom 23. September 2013 (wegen der Rücknahme der vom Antragsteller eingelegten Berufung) unterrichtet und ihr dadurch die erste Information über die Straftat und des Strafverfahrens verschafft. Der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F. ist somit trotz der am 9. Dezember 2013 abgegebenen Erklärung ausländerrechtlich verwertbar abgeblieben.

Die Erklärung vom 9. Dezember 2013 hat später ihre Wirkung verloren, allerdings (entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts) erst durch die Ausweisungsverfügung selbst.

Die Bindungswirkung der am 9. Dezember 2013 gegebenen Zusicherung nach Art. 38 VwVfG (behördliche Selbstverpflichtung zur Abwendung eines Unterliegens im Verwaltungsprozess) ist nicht dadurch entfallen, dass das Strafurteil vom 23. September 2013 nach der Rücknahme der vom Antragsteller eingelegten Berufung am 10. Januar 2014 rechtskräftig geworden und die Antragsgegnerin hierüber informiert worden ist. Nach Art. 38 Abs. 3 VwVfG ist eine Behörde an ihre Zusicherung nur dann nicht mehr gebunden, wenn sich nach der Abgabe die Sach- und Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder nicht hätte geben dürfen. Die in diesem Sinne maßgebliche „Änderung“ ist in keinem der verschiedenen Stadien des Strafverfahrens zu sehen. Für das Vorliegen des Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist (im Gegensatz zu anderen Ausweisungsgründen) weder das Strafurteil vom 23. September 2013 noch der Eintritt seiner Rechtskraft am 10. Januar 2014 von Bedeutung, sondern der Verstoß gegen Rechtsvorschriften als solcher. Nachdem der Antragsteller die Straftat im August 2011 und damit bereits vor der Erteilung der Zusicherung am 9. Dezember 2013 begangen hat, hat sich durch die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Entwicklung nicht die Sachlage (das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG in Gestalt eines Verstoßes gegen Rechtsvorschriften) nachträglich geändert, sondern lediglich der diesbezügliche Wissensstand der Antragsgegnerin; dies führt zu keinem Wegfall der Bindungswirkungen nach Art. 38 Abs. 3 VwVfG (vgl. BVerwG, Urteile v. 19.2.2004 - 3 A 2/03 - juris Rn. 28 und v. 25.1.1995 - 11 C 29/93 - NJW 1995, 1977).

Die Zusicherung vom 9. Dezember 2013 ist durch die Ausweisungsverfügung vom 1. April 2014 wirkungslos geworden (zu der für die Rechtmäßigkeit der Ausweisung erforderlichen angemessenen Berücksichtigung der Zusicherung vgl. Nr. 1.2.1 a.E.). Eine rechtmäßige Ausweisung beendet die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts (vgl. die Formulierung in § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), d.h. ein erteilter Aufenthaltstitel verliert seine den Aufenthalt legitimierende Wirkung. Erst recht verliert die Zusicherung eines Aufenthaltstitels ihre Wirkung durch eine rechtmäßige Ausweisung, denn eine solche Zusicherung zielt zwar ebenfalls auf einen legalen Aufenthalt ab, vermittelt aber eine deutlich schwächere Rechtsposition; ähnlich wie ein Anwartschaftsrecht kann sie als wesensgleiches Minus gegenüber dem Vollrecht angesehen werden. Die Zusicherung führt erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Legitimierung des Aufenthalts und ist bis dahin nicht nur - wie jeder Verwaltungsakt - davon abhängig, dass keine Aufhebungsgründe vorliegen (vgl. Art. 38 Abs. 2 a.E. VwVfG), sondern auch davon, dass nach der Erteilung der Zusicherung keine für den zugesicherten Verwaltungsakt entscheidende Änderung eintritt (vgl. Art. 38 Abs. 3 VwVfG).

1.2 Die Ausweisungsverfügung begegnet in dem - notwendigerweise summarischen - Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere steht sie in Einklang sowohl mit dem bis zum Ende des Jahres 2015 geltenden Ausweisungsrecht (1.2.1) als auch mit dem dann geänderten (1.2.2).

1.2.1 Die Antragsgegnerin hat die generalpräventive Ausweisung auf § 55 Abs. 1 AufenthG a.F. i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F. gestützt. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Diese Vorschrift ist so zu verstehen, dass ein Rechtsverstoß nur dann unbeachtlich ist, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, andererseits aber immer dann beachtlich ist, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig, oder wenn er geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (BVerwG, U.v. 24.9.1996 - 1 C 9.94 - BVerwGE 102, 63 [66]). Dem entsprechend liegt ein Ausweisungsgrund jedenfalls dann vor, wenn der festgestellte Rechtsverstoß nicht geringfügig ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - BVerwGE 122, 193 - juris Rn. 19). Eine vorsätzlich begangene Straftat kann grundsätzlich nicht als geringfügig im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG angesehen werden, es sei denn, das Strafverfahren ist wegen Geringfügigkeit eingestellt worden (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1996, a.a.O.).

Der der Ausweisungsentscheidung zu Grunde gelegte vorsätzliche Verstoß des Antragstellers gegen Strafvorschriften des Aufenthaltsgesetzes ist nicht geringfügig. Laut dem Urteil des Amtsgerichts N. vom 23. September 2013, das nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hinsichtlich der beiden Mitangeklagten des Antragstellers auf einer Verständigung nach § 257c StPO beruht, hat sich der Antragsteller wegen Beihilfe zum Erschleichen eines Aufenthaltstitels nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. hat der Antragsteller dem mitangeklagten Ausländer D. die deutsche Staatsangehörige S. für die Eingehung einer Scheinehe und die daran anknüpfende widerrechtliche Erlangung eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug vermittelt. Nachdem S. ohne das Tätigwerden des Klägers die Tat nicht begangen hätte, kommt in Frage, dass der Antragsteller auch eine (tateinheitliche) Anstiftung der Mitangeklagten S. zum Einschleusen von Ausländern begangen hat. Die Eingehung von Scheinehen zur widerrechtlichen Erlangung von Aufenthaltstiteln betrifft einen Kernbereich des Aufenthaltsrechts und stellt einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen ein öffentliches Interesse dar, dem - ungeachtet der im vorliegenden Fall relativ milden Ahndung mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen - ausländerrechtlich erhebliches Gewicht zukommt. Dies kommt durch die Tatsache zum Ausdruck, dass falsche Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels für den Täter nach § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG a.F. (unabhängig von der verhängten Strafe) einen selbständigen Ausweisungsgrund gebildet haben und nun - nach der Novellierung des Ausweisungsrechts zum 1. Januar 2016 - nach § 54 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a AufenthG n.F. ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse begründen.

Durchgreifende Zweifel an der Begehung der Tat durch den Antragsteller ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (beginnend mit B.v. 24.2.1998 - 1 B 21.98 - juris, zu § 47 Abs. 1 AuslG 1990, undB.v. 8.5.1989 - 1 B 77.89 -, InfAuslR 1989, 269 zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 AuslG 1965, jeweils m.w.N.) besteht zwar, soweit es bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung etwa auf die Umstände der Tatbegehung ankommt, z.B. im Rahmen der Feststellung einer Wiederholungsgefahr oder bei der Ermessensausübung, keine strikte Bindung an eine rechtskräftige Verurteilung, können aber die Ausländerbehörden - und demzufolge auch die zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung berufenen Gerichte - in dieser Beziehung in aller Regel von der Richtigkeit der Verurteilung ohne weiteres ausgehen und die darin getroffenen Feststellungen ihrer Entscheidung zugrunde legen, es sei denn, es liegt ein Sonderfall vor, etwa wenn die Ausländerbehörde ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären, oder wenn für die Ausländerbehörde ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht. Vorliegend ist eine Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen selbst dann nicht erkennbar, wenn nicht nur die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Sonderfälle in die Überlegungen einbezogen werden.

Den richterlichen Erwägungen zum Tatnachweis hat der Antragsteller zunächst nichts Durchgreifendes entgegen gesetzt. Mehr als die theoretische Möglichkeit einer anderslautenden Beweiswürdigung hat der Antragsteller nicht aufgezeigt. Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Erklärung des früheren Mitangeklagten vom 16. April 2014 zugunsten des Antragstellers bringt keine neuen Erkenntnisse, denn laut der Niederschrift vom 23. September 2013 haben schon in der Strafverhandlung sowohl der Antragsteller als auch der Mitangeklagte den Tatbeitrag des Antragstellers geleugnet. Die Überzeugungsbildung des Strafgerichts betreffend den Tatbeitrag des Antragstellers beruht laut den Urteilsgründen ausschließlich auf den Angaben der Mitangeklagten S. Die strafrichterliche Bewertung dieser Angaben als glaubhaft lässt keine Fehler erkennen und ist insgesamt nachvollziehbar. Den strafrichterlichen Erwägungen zufolge hat die Mitangeklagte S.

„den ihr gemachten Tatvorwurf bereits im polizeilichen Ermittlungsverfahren unumwunden und vorbehaltlos eingeräumt. Sie hat die dort gemachten Angaben im Hauptverhandlungstermin vom 23. September 2013 wiederholt. Sie erschien hierbei durchweg glaubwürdig, hat ihre eigene Person nicht geschont, andererseits keinen übertriebenen Belastungseifer im Hinblick auf die Mitangeklagten D. und L. erkennen lassen. Im Gegenteil hat sie insbesondere in Richtung auf den Angeklagten L. erklärt, dass sein Tatbeitrag tatsächlich nur in der Fragestellung und der Vorstellung der beiden Ehepartner gelegen habe, und hat ausdrücklich eingeräumt, dass ihr unbekannt sei, ob der Angeklagte L. einen irgendwie gearteten Vorteil erhalten habe. Dabei ist die Angeklagte S. in ihren Darstellungen immer wieder chronologisch hin und her gesprungen, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln. Auch dies ist ein zusätzliches Indiz für ihre Glaubhaftigkeit. Hiergegen erschien die Einlassung des Angeklagten L. als deutliche Schutzbehauptung. Die Gründe für die angeblich wahrheitswidrige Belastung durch die Angeklagte S. sind für das Gericht nicht glaubhaft. Dass der Angeklagte D. die Aussage des Angeklagten L. im Kern bestätigt hat, führt zu keinem anderweitigen Ergebnis. Zwar war der Angeklagte D. geständig, insgesamt aber im Rahmen seiner Erklärungen darauf bedacht, die Angeklagte S. zu belasten und seinen eigenen wie den Tatbeitrag des Angeklagten L. herabzumildern. Im Gesamteindruck erschienen die Ausführungen der Angeklagten S. deutlich schlüssiger und nachvollziehbarer, sie selbst in erhöhtem Maße glaubwürdig“.

Auch die vom Antragsteller außerhalb der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO gegen die Glaubwürdigkeit der Mitangeklagten S. vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, die strafgerichtlichen Feststellungen zu erschüttern. Den Andeutungen des Antragstellers, die strafprozessuale Verständigung mit D. und S. sei zu seinen Lasten gegangen, widerspricht die Tatsache, dass die Mitangeklagte S. ihre den Antragsteller belastende Aussage bereits am 5. November 2011 gegenüber der Polizei gemacht hatte und in der mündlichen Verhandlung lediglich inhaltsgleich wiederholt hat. Dem Strafgericht sind bei seiner Überzeugungsbildung sowohl die gesundheitlichen Probleme der Mitangeklagten S. bekannt gewesen als auch die Behauptung des Antragstellers, S. habe ihn falsch beschuldigt, weil er ihre Zuneigung verschmäht habe. Wie erwähnt sind jedoch Fehler der strafrichterlichen Beweiswürdigung nicht erkennbar. Psychische Probleme schließen eine glaubwürdige Aussage nicht generell aus.

Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse steht, anders als der Antragsteller meint, kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse am Verbleib im Bundesgebiet gegenüber. Der Antragsteller kann sich zur Begründung eines überwiegenden privaten Interesses am Verbleib im Bundesgebiet nicht erfolgreich auf den Schutz der Art. 8 EMRK und Art. 6 GG berufen.

Folgend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10/07 - juris; BVerfG, B.v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - juris) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. U.v. 13.10.2011 EuGRZ 2012, 11) hat die Antragsgegnerin die persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers sowie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung in ihrer Gesamtheit berücksichtigt, gewichtet und abgewogen. Bei der Ausweisung aus Gründen der Generalprävention sind die vom Antragsteller geltend gemachten Belange zutreffend geringer gewichtet worden als die Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Bundesgebiet durch Straftaten wie die vom Antragsteller begangene.

Bei der Bewertung des Rechtsverstoßes kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht allein auf das Strafmaß von 50 Tagessätzen an, sondern auf die Bedeutung und Tragweite der Tat. Mit Strafmaß-Vergleichen allein kann angesichts der Vielschichtigkeit der Ausweisungszwecke eine Rechtswidrigkeit nicht dargetan werden. Die Antragsgegnerin verweist in ihrer Antragserwiderung - für den Senat anhand einer Vielzahl von Verfahren nachvollziehbar - auf eine zunehmende Zahl von spezifisch ausländerrechtlichen Straftaten, in denen zur (unberechtigten) Erlangung von Aufenthaltstiteln unrichtige Angaben gemacht werden, sogenannte Scheinehen eingegangen und geführt werden oder inhaltlich falsche oder gefälschte Dokumente vorgelegt werden, wodurch die rechtlichen Mechanismen zur Kontrolle und Steuerung der Zuwanderung außer Kraft gesetzt und die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet werden.

Gegenüber diesem wichtigen, vom Antragsteller geschädigten öffentlichen Interesse sind dessen private Belange von geringerem Gewicht. Der Antragsteller hat zwar während seines Aufenthalts im Bundesgebiet - von der Ausweisungsstraftat abgesehen - keinen Anlass zu ausländerrechtlichen Bedenken gegeben; er ist aber erst im Alter von 27 Jahren in das Bundesgebiet gekommen, demgemäß mit den Lebensverhältnissen in Mazedonien vertrauter als mit denjenigen in der Bundesrepublik Deutschland, und kinderlos. Die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner jugoslawischen Ehefrau, deretwegen der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet erlaubt worden war, ist durch die Trennung beendet worden; die erst nach der Straftat neu eingegangene Beziehung mit einer litauischen Staatsangehörigen hat nur geringes Gewicht. Das Verwaltungsgericht ist am 9. Dezember 2013 zwar davon ausgegangen, dem Antragsteller stehe nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu. Dieses ist jedoch vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzungen abhängig. Angesichts des Ausweisungsgrundes des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F. fehlt es aber an der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.

Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. liegen nicht vor. Hierbei handelt es sich um keine Ermessensentscheidung, sondern um eine gerichtlich voll prüfbare Entscheidung. Das straffreie Verhalten des Antragstellers vor und nach der Tat kann bei der Ausweisungsabwägung Berücksichtigung finden, betrifft aber nicht die Art und die Umstände des Ausweisungsgrundes. Es trifft zu, dass die Tat nur gering geahndet worden ist. Bei näherer Betrachtung ist aber festzustellen, dass keine guten Gründe hierfür vorgelegen haben (vgl. Nr. 1).

Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die eheliche Lebensgemeinschaft des Antragstellers tatsächlich länger als drei Jahre gedauert hat, deshalb ein selbständiges Aufenthaltsrecht des Antragstellers nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entstanden ist und die Erklärung der Antragsgegnerin vom 9. Dezember 2013 veranlasst gewesen ist. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die verwaltungsgerichtliche Bewertung der Beweisaufnahme, auf die hin die Erklärung der Antragsgegnerin vom 9. Dezember 2013 erfolgt ist, nicht ohne weiteres überzeugt. Zwar trifft es zu, dass die Angaben der früheren Ehefrau des Antragstellers mehrere Widersprüche enthalten haben und die vom Antragsteller beigebrachten Zeugen seine Angaben über den Trennungszeitpunkt bestätigt haben. Jedoch ergibt sich aus dem Vorliegen von Widersprüchen noch nicht die Unglaubhaftigkeit einer Aussage; nach den Erkenntnissen der Aussagepsychologie weisen glaubhafte Angaben typischerweise gewisse Ungereimtheiten auf. Für eine tragfähige Glaubhaftigkeitsbewertung bedarf es eines umfassenderen Ansatzes. Vorliegend ist festzustellen, dass die Angaben der früheren Ehefrau des Antragstellers (u.a. die Angabe, ihr sei zu spät bewusst geworden, dass der Antragsteller sie nur zur Gewinnung eines Aufenthaltsrechts geheiratet habe, sowie die Angabe, der Antragsteller habe versucht, sie durch eine Geldzahlung zu einer seinem eigenständigen Aufenthaltsrecht günstigen Sachdarstellung zu bewegen) in hohem Maß substantiiert sind, während die Angaben der Zeugen, die die Angaben des Antragstellers gestützt haben (und ihm nahe stehen), nur geringe Substanz aufweisen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die allgemeine Glaubwürdigkeit des Antragstellers beeinträchtigt ist. Bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit einer Aussage steht die persönliche Glaubwürdigkeit zwar nicht im Mittelpunkt, bildet aber einen der zu berücksichtigenden Aspekte. Vorliegend ist festzustellen, dass die Angaben des Antragstellers zu den Vorgängen um die Scheinehe von D. und S. beanstandungsfrei als unglaubhaft bewertet worden sind.

Nachdem die Ausweisung selbst im Falle eines eigenständigen Aufenthaltsrecht des Antragstellers nicht fehlerhaft ist, kommt es auch darauf nicht mehr an, ob die Zusicherung vom 9. Dezember 2013 - wäre sie nicht durch die Ausweisung wirkungslos geworden - nach Art. 38 Abs. 2 VwVfG i.V.m. Art. 48 VwVfG hätte aufgehoben werden können. Hierfür sprechen allerdings zum einen deren Rechtswidrigkeit infolge des Fehlens der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (vgl. oben) und zum anderen die vorliegenden Anhaltspunkte für einen fehlenden Vertrauensschutzanspruch des Antragstellers.

Es ist zwar fraglich, ob - wovon die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht ausgehen - der Antragsteller die von ihm begangene Straftat hätte offenbaren müssen. Jedoch ist in Betracht zu ziehen, dass der Antragsteller die Rechtswidrigkeit der Zusicherung gekannt hat oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat (Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG), weil allgemein bekannt ist, dass strafrechtliche Verurteilungen regelmäßig Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln entgegengehalten werden, weil darüber hinaus der Antragsteller durch Nr. 4 seines Formblattantrags vom 7. Februar 2008 konkret auf diesen Zusammenhang hingewiesen worden ist und weil die Staatsanwaltschaft bereits am 22. Juni 2013 gegen ihn Anklage wegen Hilfeleistung bei dem Erschleichen eines Aufenthaltstitels erhoben hatte. Der Antragsteller hat nicht davon ausgehen können, die Antragsgegnerin habe bei der Zusicherung von dem Ermittlungsverfahren und der Verurteilung gewusst. In dem zur Zusicherung führenden ausländerrechtlichen Verfahren haben diese strafrechtlichen Vorgänge keine Erwähnung gefunden, ebenso wenig in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2013. Nachdem sie mit der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG - und infolgedessen mit der Zusicherung - eng zusammenhängen, hat sich aus dem Fehlen jeglicher Erörterung der Verurteilung ergeben, dass der Ausländerbehörde und dem Verwaltungsgericht die Verurteilung nicht bekannt gewesen ist. Dass der Antragsteller (nach 5 Jahren Aufenthalt und mit beschränkten Deutschkenntnissen) die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen vom 12. November 2015 (, BAnz 2015, AT 13.11.2015 B1) gekannt hat und deshalb von einer behördlichen Kenntnis ausgegangen ist, ist nicht anzunehmen. Im Übrigen hätte er im Falle derart detaillierter Kenntnisse über das deutsche Justizwesen auch gewusst, dass die Strafjustiz die MiStra-Bestimmungen nicht selten nachlässig vollzieht, und die fehlende Erörterung im Verfahren darauf zurückführen müssen. Die (im Falle einer Unsicherheit nahe liegende) Möglichkeit, durch eine Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2013 sicherzustellen, dass die Ausländerbehörde tatsächlich über die Verurteilung informiert ist, hat er nicht genutzt. Bei dieser Sachlage kann sich der Antragsteller wohl auch nicht darauf berufen, er habe das strafrechtliche Rechtsmittelverfahren im Vertrauen auf die ausländerrechtliche Zusicherung abgebrochen. Dieses Vertrauen ist wohl nicht schutzwürdig gewesen, weil der Antragsteller die Rechtswidrigkeit der Zusicherung entweder gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat.

1.2.2 Die gemäß dem bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Ausweisungsrecht erlassene Ausweisungsverfügung ist auch bei Anwendung der durch die Gesetze vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und vom 11. März 2016 (BGBl I S. 394) neu gefassten Bestimmungen in den §§ 53 bis 56 AufenthG rechtmäßig. Die Neuregelung hat nicht zu einer Änderung der Maßstäbe geführt, nach denen das Verwaltungsgericht über das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers entschieden hat, weil die Neuregelung (insbesondere) den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Grundsätzen Rechnung trägt und diese Grundsätze schon vor der Neuregelung anzuwenden gewesen sind (BVerfG, B.v. 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 - „Görgülü“, BVerfGE 111, 307 - juris Rn. 30 ff.) und angewendet worden sind. Die Abwägung der Ausweisungsinteressen mit den privaten Interessen an einem weiteren Verbleib des Antragstellers im Bundesgebiet unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ergibt aus den bereits erwähnten Sachgründen, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (vgl. § 53 Abs. 1 AufenthG n.F.). Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG n.F. wiegt schwer. Der Antragsteller hat einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen (§ 54 Abs. 1 Nr. 9 AufenthG n.F.). Besondere Bleibeinteressen wurden nicht aufgezeigt (§ 55 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG n.F.) und liegen auch nicht vor (zur Zulässigkeit einer generalpräventiven Ausweisung in derartigen Fällen vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016 § 53 AufenthG Rn. 53). Bei Würdigung der vom Gesetzgeber vorgenommen normativen Gewichtungen im Lichte der bereits dargelegten konkreten Umstände des Einzelfalls sind (wie ausgeführt) keine das öffentliche Interesse überwiegenden privaten Belange des Antragstellers festzustellen.

Der Einwand des Antragstellers, § 53 Abs. 1 AufenthG n.F. lasse seinem Wortlaut nach nur noch spezialpräventive Ausweisungen zu und schließe generalpräventive Ausweisungen (wie die verfahrensgegenständliche) generell aus, findet weder im Gesetz noch in den Materialien zu den Rechtsänderungen eine ausreichende Stütze. Der Gesetzeswortlaut schließt generalpräventive Ausweisungen nicht aus. Nach dem bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Ausweisungsrecht sind generalpräventive Ausweisungen ohne weiteres zulässig (vgl. Dienelt in Renner Ausländerrecht, 9. Auflage 2011, § 55 Rn. 30 m.w.N.) und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt gewesen (vgl. BVerfG, B.v. 17.1.1979 - 1 BvR 241/77). Die Ausweisungsvorschriften bedeuten demnach einen Appell an alle Ausländer, im Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes keine Straftaten zu begehen. Ein Ausländer, der sich trotz der verschiedenen Ausweisungstatbestände nicht von der Begehung einer Straftat abhalten lässt, setzt selbst die Voraussetzung für eine Ausweisungsverfügung. Er gibt durch sein Verhalten anderen Ausländern in der Bundesrepublik ein schlechtes Beispiel und dadurch die Veranlassung für eine generalpräventive Maßnahme. Für eine Abschaffung der generalpräventiven Ausweisung finden sich in der amtlichen Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (BT-Drs. 18/4097) keinerlei Hinweise. Eine entsprechende Absicht des Gesetzgebers, die in laufenden Ausweisungsverfahren - wie auch hier - nachträglich zur Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung geführt hätte, wäre in der amtlichen Begründung nicht unerwähnt geblieben. Aus den selektiven Zitaten des Antragstellers aus der amtlichen Begründung lässt sich eine gesetzgeberische Absicht zur Abschaffung der generalpräventiven Ausweisung nicht ableiten. Anhaltspunkte für eine auch nur teilweise Einschränkung bestehender Ausweisungsmöglichkeiten finden sich nicht. Laut der amtlichen Begründung kann die Ausweisungsentscheidung vielmehr „grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt“. Lediglich in den Fällen des § 53 Abs. 3 AufenthG n.F. (ein solcher liegt hier nicht vor) ist ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend (vgl. Kluth/Heusch, Beck´scher OK Ausländerrecht, Stand 1.2.2016, § 53 Rn. 25 ff.).

2. Der Antragsteller trägt auch Beschwerdegründe im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gegen den Bescheid vom13. August 2014 vor, mit dem die Antragsgegnerin - unter Anordnung sofortiger Vollziehung - die Zusicherung einer Aufenthaltserlaubnis-Erteilung wegen des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG und damit des Fehlens einer Regelerteilungsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zurückgenommen hat. Diese Gründe können dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren bereits deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die sofort vollziehbare Versagung eines Aufenthaltstitels (aufgrund § 11 AufenthG) auch im Falle einer berücksichtigungsfähigen Zusicherung Bestand hat. Der Senat kann daher offen lassen, ob der Bescheid vom 13. August 2014 ins Leere gegangen ist (wegen Unwirksamkeit der Zusicherung infolge Ausweisung), ober ob er Wirkungen entfaltet hat (etwa aufgrund einer Auslegung als Feststellungsbescheid).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 6 GKG, wobei in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Halbierung der Regelstreitwerte stattfindet, die wegen der zwei als Grundlage für einen Sofortvollzug in Frage kommenden Bescheide auszusetzen sind.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 2 Satz 6, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis finden dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann in der Regel nicht verlängert werden, wenn die zuständige Behörde dies bei einem seiner Zweckbestimmung nach nur vorübergehenden Aufenthalt bei der Erteilung oder der zuletzt erfolgten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen hat.

(3) Vor der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist festzustellen, ob der Ausländer einer etwaigen Pflicht zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs nachgekommen ist. Verletzt ein Ausländer seine Verpflichtung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 zur ordnungsgemäßen Teilnahme an einem Integrationskurs, ist dies bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen. Besteht kein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, soll bei wiederholter und gröblicher Verletzung der Pflichten nach Satz 1 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt werden. Besteht ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur nach diesem Gesetz, kann die Verlängerung abgelehnt werden, es sei denn, der Ausländer erbringt den Nachweis, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist. Bei der Entscheidung sind die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, schutzwürdige Bindung des Ausländers an das Bundesgebiet und die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für seine rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen zu berücksichtigen. War oder ist ein Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44a Absatz 1 Satz 1 verpflichtet, soll die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis jeweils auf höchstens ein Jahr befristet werden, solange er den Integrationskurs noch nicht erfolgreich abgeschlossen oder noch nicht den Nachweis erbracht hat, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist.

(4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden auf die Verlängerung einer nach § 25 Absatz 1, 2 oder Absatz 3 erteilten Aufenthaltserlaubnis.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland und die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug.

Der 1977 geborene Antragsteller ist ausweislich seines Reisepasses (Nr. …, gültig bis 15.2.2021) tunesischer Staatsangehöriger. Am 5. Juli 2012 reiste er nach eigenen Angaben erstmals in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 16. Oktober 2012 einen Asylantrag.

Mit Bescheid vom 1. April 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag des Antragstellers auf Anerkennung als Asylberechtigten sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen; der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Tunesien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Blatt 363 ff. der Ausländerakte). Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Klage zum Verwaltungsgericht München (Az. M 25 K 14.30626) nahm der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung am 13. August 2014 zurück.

Am 7. Juli 2013 schloss der Antragsteller vor dem Standesamt … die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen B. J. und nahm den Familiennamen der Ehefrau an. Infolge der Eheschließung wurde der Antragsteller mit Bescheid der Regierung … vom 29. November 2013 umverteilt und der Stadt … (Wohnort seiner Ehefrau) zugewiesen.

Am 15. Januar 2014 (Eingang bei der Ausländerbehörde am 27.2.2014) beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug, welche ihm die Stadt … am 30. Oktober 2014 befristet bis 29. November 2015 erteilte (Blatt 491 der Ausländerakte). Am 30. November 2015 beantragte er die Verlängerung seines Aufenthaltstitels, woraufhin ihm am selben Tag eine Fiktionsbescheinigung bis 30. Juni 2016 ausgestellt wurde. Mit Schreiben vom 7. Februar 2017, 12. Juni 2017 und 7. Mai 2018 (Blatt 580, 582 und 609 der Ausländerakte) stellte er nochmals Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Die Entscheidung über diese Anträge wurde seitens der Ausländerbehörde zunächst zurückgestellt, da der Antragsteller laut Auskunft aus dem Bundeszentralregister des Bundesamtes für Justiz (Stand: 9.2.2018, Blatt 590 ff. der Ausländerakte) während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist:

- 4. Oktober 2012 Amtsgericht Rosenheim - 8 Ds 210 Js 28455/12 - Rechtskräftig seit 4. Oktober 2012 Tatbezeichnung: Unerlaubte Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt Datum der letzten Tat: 3. Oktober 2012 Angewandte Vorschriften: § 52 StGB, § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 95 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 3 AufenthG

30 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 1. Februar 2013 Amtsgericht Rosenheim - 1 Cs 240 Js 921/13 - Rechtskräftig seit 27. Februar 2013 Tatbezeichnung: Diebstahl in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung Datum der letzten Tat: 27. Dezember 2012 Angewandte Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 229, § 230, § 53 StGB

80 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 9. September 2013 Amtsgericht Plauen - 7 Ds 550 Js 12519/13 - Rechtskräftig seit 27. September 2013 Tatbezeichnung: Wiederholter Verstoß gegen eine räumliche Beschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz in zwei tatmehrheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 28. März 2013 angewendete Vorschriften: § 53 StGB, § 56, § 85 Nr. 2 AsylVfG

55 Tagessätze zu je 10 Euro Geldstrafe

- 31. März 2014 Amtsgericht Rosenheim - 9 Cs 240 Js 2624/14 - Rechtskräftig seit 24. April 2014 Tatbezeichnung: Wiederholter Verstoß gegen eine Aufenthaltsbeschränkung Datum der letzten Tat: 25. November 2013 Angewandte Vorschriften: § 85 Nr. 2, § 56 AsylVfG

80 Tagessätze zu je 5 Euro Geldstrafe

- 11. September 2014 Amtsgericht Rosenheim - 9 Ds 420 Js 19749/14 - Rechtskräftig seit 11. September 2014 Tatbezeichnung: Diebstahl Datum der letzten Tat: 27. Mai 2014 angewendete Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 47, § 56 StGB

4 Monate Freiheitsstrafe Bewährungszeit 2 Jahre 6 Monate Strafaussetzung widerrufen, Strafvollstreckung erledigt am 20. Juli 2017 - 21. Dezember 2015 Amtsgericht Rosenheim - 9 Ds 440 Js 31248/15 - Rechtskräftig seit 24. März 2016 Tatbezeichnung: Versuchter Diebstahl in Tatmehrheit mit Hausfriedensbruch in zwei tatmehrheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 11. August 2015 Angewandte Vorschriften: § 242 Abs. 1, § 242 Abs. 2, § 22, § 23 Abs. 1, § 53, § 123 Abs. 1, § 123 Abs. 2 StGB

6 Monate Freiheitsstrafe

- 7. März 2016 Amtsgericht Rosenheim - 3a Ds 400 Js 29585/15 - Rechtskräftig seit 15. März 2016 Tatbezeichnung: Sexueller Missbrauch von Kindern Datum der letzten Tat: 31. Mai 2015 angewendete Vorschriften: § 176 Abs. 1 StGB

1 Jahr 8 Monate Freiheitsstrafe Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)

- 18. Mai 2016 Amtsgericht Rosenheim - 3a Ds 400 Js 29585/15 - Rechtskräftig seit 31. Mai 2016 Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Entscheidungen vom 7. März 2016 und 21. Dezember 2015

2 Jahre Freiheitsstrafe Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)

Der Verurteilung vom 7. März 2016 lag nach den Feststellungen des Amtsgerichts-Jugendgericht als Jugendschutzgericht - Rosenheim folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 31. Mai 2015 befand sich der Antragsteller in den Herrenduschen im städtischen Freibad …, wo er den ebenfalls im Duschenbereich aufhältlichen 11-jährigen M. M. aufforderte, ihm den Rücken einzuseifen. Der Junge kam dieser Aufforderung nach. Unmittelbar danach langte der Antragsteller dem M. im Bereich des Gesäßes in die Badehose. Danach griff er dem Jungen vorne in die Badehose und langte an dessen Geschlechtsteil. Der Antragsteller vollzog diese Handlungen, um sich sexuell zu erregen. Das Alter des Jungen erkannte er aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes.

Diese Sachverhaltsfeststellungen wurden vom Strafgericht auf der Grundlage von Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten getroffen. Der Antragsteller gab gegenüber dem Strafgericht zu dem Tatvorwurf an, den M. nicht angefasst zu haben und ihm noch nie begegnet zu sein.

Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Antragstellers berücksichtigt, dass seine Vorstrafen nicht einschlägig waren. Strafschärfend wurden die hohe Rückfallgeschwindigkeit sowie die Folgen der Tat für den Geschädigten berücksichtigt. Besondere Umstände, die eine Strafaussetzung zur Bewährung rechtfertigten, erkannte das Strafgericht nicht: Es seien keine Milderungsgründe zu erkennen und dem Antragsteller sei keine günstige Sozialprognose zu stellen; außerdem sei der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat so groß, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung unangebracht erscheine (Blatt 620 bis 624 der Ausländerakte).

Der Antragsteller verbrachte die Haftzeit in der Justizvollzugsanstalt … (vgl. die Haftzeitübersicht mit Stand 21.6.2018, Blatt 670 der Ausländerakte).

Die Justizvollzugsanstalt erstellte diverse Führungsberichte, zuletzt unter dem 23. April 2018 (Blatt 611 ff. der Ausländerakte).

Darin wird zusammenfassend ausgeführt, der Antragsteller sei seiner Arbeitspflicht im anstaltseigenen Schneidereibetrieb mit überdurchschnittlicher Arbeitsleistung nachgekommen. Sein Vollzugsverhalten sei beanstandungsfrei gewesen.

Privaten Besuch habe er zuletzt nur von einem ehrenamtlichen Betreuer erhalten. Seine Ehefrau habe bereits im Juli 2017 mitgeteilt, dass sie mit dem Antragsteller nichts mehr zu tun haben wolle, da er sie finanziell in den Ruin getrieben habe. Die eheliche Wohnung stehe ihm nicht mehr zur Verfügung. Ansonsten habe der Antragsteller in der Bundesrepublik keine Kontakte. Seine Familie lebe weiterhin in Tunesien. Der Antragsteller verfüge bei Entlassung über keinen prosozialen Empfangsraum, weder Wohnmöglichkeit noch Arbeitsstelle. Er habe sich wegen einer Unterkunftsmöglichkeit an die Diakonie … gewandt.

Eine angebotene Einzeltherapie mit einer externen Therapeutin zur Aufarbeitung des Delikts sei nur an drei Terminen wahrgenommen worden. Nachdem der Antragsteller dabei das Sexualdelikt weiter geleugnet habe, habe keine Deliktsbearbeitung erfolgen können und die Einzeltherapie sei daher nicht fortgesetzt worden. Hinsichtlich der behandlungsbedürftigen Suchtprobleme sei ihm empfohlen worden, Kontakt zur externen Suchtberatung aufzunehmen. Eine Meldung seitens des Antragstellers sei jedoch nicht erfolgt. Im Nachhinein liege die Vermutung nahe, dass die Therapie nur zum Schein in Anspruch genommen worden sei, um der drohenden Ausweisung/Abschiebung entgegenzuwirken.

Auch die Ehe sei vermutlich nur geschlossen worden, um einen Verbleib in der Bundesrepublik zu ermöglichen.

Unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeit, insbesondere der strafrechtlichen Vorbelastung, des Bewährungsversagens, der Tatbegehung während offener Bewährung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, der ausländerrechtlichen Situation, der weiterhin unbehandelten sexuellen Abweichung sowie der ungeklärten Entlassungssituation könne dem Antragsteller aus vollzuglicher Sicht trotz des freiwilligen Strafantritts, der erstmaligen Inhaftierung und der hausordnungsgemäßen Führung keine günstige Prognose gestellt werden.

Laut Besuchsliste der JVA (Blatt 726 bis 739 der Ausländerakte) wurde der Antragsteller in der Zeit von 11. Mai 2016 bis 29. Juni 2018 von seiner Ehefrau dort insgesamt fünfmal besucht, zuletzt am 30. November 2016.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2018 teilte die zuständige Ausländerbehörde des Antragsgegners dem Antragsteller ihre Absicht mit, ihn auszuweisen und nach Haftende abzuschieben; sie gab dem Antragsteller Gelegenheit, hierzu bis zum 26. Februar 2018 Stellung zu nehmen, insbesondere mitzuteilen, wie sich sein derzeitiges Verhältnis zu seiner Ehefrau gestalte.

Der Antragsteller bat mehrmals um Fristverlängerung sowie um Einsicht in die Ausländerakten, die ihm im Mai 2018 in der JVA ermöglicht wurde (Blatt 608 der Ausländerakten); Ausführungen zur Sache erfolgten zunächst nicht.

Die Zentralstelle „HEADS“ (Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter) beim Polizeipräsidium München teilte der Ausländerbehörde mit E-Mail vom 27. März 2018 mit, die Ehefrau des Antragstellers habe gegenüber dem Sozialdienst am 25. Juli 2017 telefonisch erklärt, sie wolle sich vom Antragsteller scheiden lassen, es gäbe keine gemeinsame Zukunft mehr.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2018 wies der Antragsgegner den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziffer 1) und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 7. Mai 2018 ab (Ziffer 2). Die Wirkungen der Ausweisung wurden auf sechs Jahre befristet (Fristbeginn mit Ausreise bzw. Abschiebung; Ziffer 3 des Bescheids). In Ziffer 4 wurde dem Antragsteller nach erfülltem Strafanspruch des Staates die Abschiebung aus der Haft heraus nach Tunesien oder in einen anderen zu seiner Übernahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht. Für den Fall der Haftentlassung vor Durchführung der Abschiebung wurde er unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise spätestens 7 Tage nach Haftentlassung aufgefordert (Ziffer 5).

Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, ein Ausländer könne nach § 53 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergebe, dass das öffentliche Interesse überwiege. Nach sachgerechter Abwägung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Art. 8 EMRK sowie der in § 53 Abs. 2 AufenthG normierten Belange ergebe sich im Falle des Antragstellers, dass im Ergebnis das öffentliche Interesse an seiner Ausreise gegenüber seinem privaten Bleibeinteresse überwiege. Nach der strafgerichtlichen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung wiege das Ausweisungsinteresse bei ihm besonders schwer. Demgegenüber liege bei ihm weder ein besonders schwerwiegendes noch ein schwerwiegendes Bleibeinteresse vor (§ 55 AufenthG). Die verhängte Freiheitsstrafe und die Art der Straftat belegten die Gefährlichkeit, die vom Antragsteller für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Im Rahmen der Spezialprävention müsse betrachtet werden, dass der Antragsteller bereits siebenmal strafrechtlich verurteilt worden sei, wobei er erst im Juli 2012 nach Deutschland eingereist sei. Die Begehung der Straftaten sei damit mit hoher Frequenz und mit hoher Rückfallgeschwindigkeit erfolgt. Das Strafgericht habe bei der letzten Verurteilung auch keine günstige Sozialprognose erstellen können. Zudem richte sich die letzte begangene Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit. Mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern habe der Antragsteller Grundinteressen der Gesellschaft angegriffen. Er habe dem Geschädigten mindestens seelisches Leid zugefügt und im Nachgang habe auch keine Deliktsbearbeitung stattgefunden. Gerade deshalb sei zu vermuten, dass der Antragsteller ohne Schuld- und Unrechtsbewusstsein ähnlich gelagerte Taten wieder begehen werde. Ein Anhaltspunkt hierfür sei auch die Einschätzung in der Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt, worin vermutet werde, dass die Therapie nur zum Schein in Anspruch genommen worden sei. Auch die Situation des Antragstellers nach Haftentlassung sei näher zu betrachten. Er habe keine weitere tiefe Verwurzelung oder familiären Hintergrund in der Bundesrepublik. Seine Ehefrau habe am 25. Juli 2017 mitgeteilt, dass sie keinen Weg mehr hin zu einer gemeinsamen Zukunft sehe und die Scheidung einreichen wolle. Zuletzt habe sie den Antragsteller am 30. November 2016 in der Haft besucht. Der Antragsteller verfüge über keine Wohnmöglichkeit und auch nicht über eine Arbeitsstelle. Dass vom Antragsteller eine wiederholende konkrete Gefahr ausgehe, werde nicht nur durch die Sozialprognose der Justizvollzugsanstalt, sondern auch durch die Tatsache unterstrichen, dass er als Risikoproband eingestuft worden sei.

Neben den spezialpräventiven Erwägungen sprächen auch generalpräventive Gesichtspunkte für die Ausweisung; nur durch eine konsequente Ausweisungspraxis könne das Verhalten von Ausländern dahingehend gesteuert werden, dass sie die deutsche Rechtsordnung beachteten.

Zwar sei der Antragsteller derzeit noch mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, allerdings bestehe keine familiäre bzw. eheliche Lebensgemeinschaft mehr. Nach der Mitteilung der Ehefrau vom 25. Juli 2017 wolle sie keinen Kontakt mehr zum Antragsteller. Auch stehe die eheliche Wohnung nicht mehr zur Verfügung.

Die Ausweisung sei gesetzlich vorgesehen und verfolge den legitimen Zweck der Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Verhinderung weiterer Straftaten. Sie sei daher die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes milderes Mittel sei dieser Zweck nicht zu erreichen. Diesem Ergebnis stehe auch unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 6 GG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen.

Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei ebenfalls abzulehnen. Ihm stehe schon die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen. Darüber hinaus sei festzustellen, dass für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die lediglich formal geschlossene Ehe nicht ausreiche, sondern eine Beziehung geprägt durch gegenseitigen Beistand und einer dauerhaften, persönlichen Verbundenheit voraussetze. Kennzeichnend dafür sei ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt, insbesondere das Führen einer gemeinsamen Wohnung. Eine solche sei beim Antragsteller und seiner Ehefrau nicht mehr vorhanden. Diese habe mitgeteilt, dass sie keinen Weg mehr hin zu einer gemeinsamen Zukunft sehe. Schließlich seien beim Antragsteller auch die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG (fehlendes Ausweisungsinteresse, Sicherung des Lebensunterhaltes) nicht erfüllt.

Die Ausreisepflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 AufenthG, die Wiedereinreisesperre aus § 11 Abs. 1 AufenthG. Unter Berücksichtigung der vom Antragsteller ausgehenden Wiederholungsgefahr und der ungünstigen Sozialprognose sowie seiner persönlichen Interessen sei eine Befristung der Sperrwirkung auf sechs Jahre ermessensgerecht.

Die Abschiebungsanordnung aus der Haft beruhe auf §§ 58 Abs. 3 Nr. 1, 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, die Abschiebungsandrohung auf § 50 Abs. 2 AufenthG. Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller in der Justizvollzugsanstalt … am 23. Juni 2018 ausgehändigt.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2018 hat der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (Eingang am 3.7.2018, Az. M 10 K 18.3238), mit der er beantragt, den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juni 2018 aufzuheben.

Gleichzeitig hat er den Antrag gestellt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Ausweisungsbescheid wiederherzustellen.

Bei ihm lägen die Voraussetzungen für einen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor, auch mache er die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz nach § 3 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 1 AsylG geltend.

Am 9. Juli 2018 wurde der Antragsteller aus der Haft entlassen. Mit Bescheid des Antragsgegners vom selben Tag wurde ihm als Wohnsitz eine Gemeinschaftsunterkunft (Asyl) in P. (Gemeinschaftsunterkunft mit Sicherheitsdienst) zugewiesen. Der Antragsteller ist HEADS-Proband und steht unter entsprechender Führungsaufsicht.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2018 stellte der Antragsgegner dem Antragsteller eine Duldung zunächst befristet bis 16. Oktober 2018 aus (Blatt 801 der Ausländerakte).

Mit Schriftsatz vom 9. August 2018 bestellte sich der Verfahrensbevollmächtigte für den Antragstellers sowohl für das Klage- als auch das Eilverfahren bat und um Akteneinsicht, die nach Versand der Akten in seine Kanzlei unter dem 20. August 2018 erfolgte.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2018 wies der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers den Antragsgegner darauf hin, dass die Ehefrau des Antragstellers bis dato keinen Scheidungsantrag eingereicht habe; die Eheleute hätten sich gestritten, zu einer Trennung sei es aber nie gekommen.

Zudem übermittelte er eine Erklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 16. Juli 2018, worin diese angab, dass sich die Ehegatten versöhnt hätten und gerade nach einer gemeinsamen Wohnung suchten (Blatt 785 der Ausländerakte).

Bei den Ausländerakten befindet sich eine dem Antragsgegner weitergeleitete E-Mail der Kriminalpolizeiinspektion … an die HEADS-Zentralstelle vom 18. Juli 2018, worin mitgeteilt wird, dass ein Beamter mit der Ehefrau des Antragstellers telefoniert habe; diese habe dabei erklärt, dass der Antragsteller sie zwei Tage zuvor angerufen und mitgeteilt habe, dass er abgeschoben werden solle sowie dass er von ihr eine „2. Chance“ erwarte. Sie habe ihm geantwortet, sie werde es sich überlegen; es sei aber zu viel passiert, um ihm eine „2. Chance“ zu geben (Blatt 804 ff. der Ausländerakte).

Mit Schreiben vom 14. August 2018 hat der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 sei bereits unzulässig, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Soweit sich der Antrag gegen die Ausweisungsverfügung richte, entfalte die erhobene Klage ohnehin aufschiebende Wirkung, nachdem die sofortige Vollziehung nicht angeordnet worden sei.

In Bezug auf die Versagung des Aufenthaltstitels bestehe schon eine anderweitige vollziehbare Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 AufenthG; denn die Abschiebungsandrohung aus den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, mit dem der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden sei, sei seit spätestens 13. September 2014 rechtskräftig und vollziehbar.

Jedenfalls sei ein so verstandener Antrag nach § 123 VwGO auch unbegründet, da der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG habe und somit kein Anordnungsanspruch bestehe. Hierzu werde auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid sowie insbesondere auf die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG verwiesen, deren Wirksamkeit auch durch die erhobene Klage unberührt bleibe (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Zudem wäre es dem Antragsteller zumutbar, das Visumsverfahren nachzuholen. Weiterhin erscheine auch unter dem Gesichtspunkt, dass kein Anspruch auf Erteilung eines Titels gegeben sei, dass Erteilungsverbot nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG einschlägig, dass von der Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 4 AufenthG abgesehen werden müsse. Ein Anspruch aus § 39 Nr. 5 AufenthV sei auch nicht einschlägig. Soweit der Antragsteller Flüchtlingsschutz bzw. subsidiären Schutz sowie Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geltend mache, werde auf die Entscheidungskompetenz des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie auf dessen rechtskräftigen Bescheid vom 1. April 2014 verwiesen, der für die Ausländerbehörde bindend sei (§ 42 AsylG).

Im Übrigen sei nach Einschätzung des Antragsgegners davon auszugehen, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht bestehe. Zwar habe die Ehefrau unter dem 16. Juli 2018 erklärt, sie habe sich mit dem Antragsteller versöhnt und sie suchten gemeinsam eine neue Wohnung. Es liege aber die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um eine verfahrensangepasste Erklärung handle. Frau J. halte sich nach eigenen Angaben gegenüber der Polizei derzeit bei ihrem Ex-Mann E. C. auf. Nachweise über eine konkrete Suche nach einer gemeinsamen Wohnung mit dem Antragsteller seien bisher nicht geführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Klage- und Eilverfahren sowie der vorgelegten Ausländerakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juni 2018 hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist zum Teil bereits unzulässig.

a. Soweit der Antragsteller nach § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheids verfügten Ausweisungsentscheidung begehrt, ist der Eilantrag unstatthaft, weil bereits die erhobene Klage, wie sich im Umkehrschluss aus § 84 Abs. 1 AufenthG ergibt, aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 84 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei dieser verbleibt es, da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Ausweisungsentscheidung auch nicht nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.

b. Soweit mit dem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der in Ziffer 3 des Bescheids angeordneten Befristung des als gesetzliche Folge der Ausweisung eintretenden Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) begehrt wird, ist er ebenfalls unzulässig.

Einem solchen Antrag nach §§ 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur die getroffene Befristungsentscheidung suspendiert würde, mit der Folge, dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten und die Rechtsstellung des Antragstellers somit gerade nicht verbessert würde.

Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Befristungsentscheidung (mit dem Ziel der Verkürzung der Wiedereinreise- und Aufenthaltssperre) ist deshalb allenfalls durch eine Regelungsanordnung im Verfahren nach § 123 VwGO zu erlangen. Ein solcher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO wurde im vorliegenden Fall nicht gestellt und ist hier auch nicht im Wege der Auslegung nach §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO zu ermitteln. Denn dem Antragsteller geht es - jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutz - ersichtlich darum, gar nicht erst aus dem Bundesgebiet ausreisen zu müssen und nicht (lediglich) darum, innerhalb einer kürzeren Frist wieder einreisen zu dürfen.

2. Im Übrigen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.

a. Dies gilt vorliegend ausnahmsweise auch insoweit, als sich der Eilantrag gegen die Versagung der vom Antragsteller beim Antragsgegner beantragten Aufenthaltserlaubnis in Ziffer 2 des Bescheids vom 19. Juni 2018 richtet.

Die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist in der Hauptsache im Wege der Verpflichtungsklage zu erstreiten. Grundsätzlich ist in den Fällen, in denen in der Hauptsache die Verpflichtungsklage statthaft ist, vorläufiger Rechtsschutz durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu suchen.

Eine Ausnahme gilt allerdings im Aufenthaltsrecht in den Fallgestaltungen, in denen die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis dem Antragsteller zuvor ein fiktives Aufenthaltsrecht nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG verschafft hat. In diesen Fällen hat der gesetzliche Ausschluss des Suspensiveffekts nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO zur Folge, dass das fiktive Aufenthaltsrecht nach § 81 AufenthG entfallen würde. Nur für diese Fallgestaltung kommt ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht.

Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend gegeben.

aa. Zu Gunsten des Antragstellers greift bei ihm die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG ein.

Die Gültigkeit der dem Antragsteller am 30. Oktober 2014 erteilten Aufenthaltserlaubnis war bis zum 29. November 2015 befristet (Blatt 491 der Ausländerakte). Am 30. November 2015 - mithin um einen Tag verspätet - beantragte er die Verlängerung (Neuerteilung) seines Aufenthaltstitels (Blatt 555 der Ausländerakte).

Zwar erfordert die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG eine rechtzeitige Antragstellung. Ein verspätet gestellter Antrag bewirkt im Unterschied zu § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht einmal eine Duldungsfiktion; diese Vorschrift ist auch nicht analog heranzuziehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.6. 2011 − 1 C 5/10 - NVwZ 2011, 1340).

Jedoch kann die Ausländerbehörde nach § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG im Rahmen einer Härtefallregelung - insbesondere bei geringfügigen Fristüberschreitungen - die Fortgeltungswirkung anordnen.

Vorliegend hat die Ausländerbehörde dem Antragsteller noch am Tag des Verlängerungsantrags eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt. Zwar war diese bis 30. Juni 2016 befristet. Die Geltungsfrist der - lediglich deklaratorischen - Bescheinigung hat jedoch keinen Einfluss auf die Dauer der Aufenthaltsfiktion (VGH BW, U.v. 28.4.2009 - 13 S 3086/08 - BeckRS 2009, 34119), vielmehr ist diese gesetzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde über die Erteilung eines Aufenthaltstitels befristet (Kluth in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 81 AufenthG Rn. 47, m.w.N.).

Die (angeordnete) Fortgeltungswirkung endete vorliegend also erst mit der Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Juni 2018, sodass hier ausnahmsweise ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist.

bb. Diesem Antrag fehlt entgegen der Auffassung des Antragsgegners in der Antragserwiderung auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar besteht ein Rechtsschutzbedürfnis im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur dann, wenn durch die erstrebte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil für den Betroffenen eintreten kann. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn für ihn schon eine anderweitige vollziehbare Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 AufenthG besteht.

Zwar war der Antragsteller nach der Ablehnung seines Asylantrags mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. April 2014 und der gleichzeitig unter Androhung der Abschiebung (vgl. 34 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AsylG) ausgesprochenen Aufforderung zur Ausreise aus der Bundesrepublik spätestens 30 Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheids vollziehbar ausreisepflichtig; Unanfechtbarkeit trat hier insoweit mit der Rücknahme der Asylklage (Az. M 25 K 14.30626) am 13. August 2014 ein.

Jedoch wurde dem Antragsteller nach dem negativen Ausgang seines Asylverfahrens am 30. Oktober 2014 durch die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erteilt. Damit erledigte sich die vom Bundesamt bereits erlassene Abschiebungsandrohung (Pietzsch in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 34 Rn. 25; BVerwG, U.v. 21.9.1999 - 9 C 12/99 - NVwZ-Beil. 2000, 25; OVG Münster, B.v. 6.6.2012 - 18 B 301/12 - BeckRS 2012, 52066).

Mit der Erteilung des Aufenthaltstitels entfällt die Ausreisepflicht des Ausländers (vgl. § 50 Abs. 1 AufenthG) und damit auch die Grundlage der im Asylverfahren erfolgten Abschiebungsandrohung, welche die Aufenthaltsbeendigung gerade vorbereiten sollte (BVerwG, U.v. 21.9.1999 - 9 C 12/99 - a.a.O.; OVG Münster, B.v. 6.6.2012 - 18 B 301/12 - a.a.O.).

Die erledigte Abschiebungsandrohung kann auch nicht im Hinblick auf eine später durch den Wegfall des Aufenthaltstitels neu entstehende Ausreisepflicht der Aufenthaltsbeendigung zugrunde gelegt werden; wird der Aufenthalt eines Ausländers nach erfolglosem Abschluss seines Asylverfahrens aus asylverfahrensunabhängigen Gründen erlaubt, so wird vielmehr die Ausländerbehörde für den Erlass einer Abschiebungsandrohung zuständig (so ausführlich: OVG Münster, B.v. 6.6.2012 a.a.O.).

b. Zulässig ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auch in Bezug auf die - nach erfolgter Entlassung des Antragstellers aus der Haft allein noch maßgebliche - Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids vom 19. Juni 2018.

Die (ausländerrechtliche) Abschiebungsandrohung ist als Vollstreckungsmaßnahme kraft Gesetzes sofort vollziehbar (vgl. § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 Bayrisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG), so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafter Rechtsbehelf ist.

3. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er jedoch unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder zum Teil anordnen, wobei es im Rahmen einer originären Ermessensentscheidung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsakts und dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen hat. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wichtiges, wenn auch nicht alleiniges Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind. Ergibt die im Eilverfahren allein mögliche summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das private Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der angegriffene Bescheid hingegen schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, so verbleibt es bei der Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden öffentlichen bzw. privaten Interessen.

Nach diesen Maßgaben überwiegt unter Beachtung der voraussichtlichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

a. Nach der insoweit gebotenen, aber auch ausreichenden überschlägigen Überprüfung ist die Ablehnungsentscheidung in Ziffer 2 des Bescheides vom 19. Juni 2018 rechtlich nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

aa. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

Zwar hat der Antragsteller am 7. Juli 2013 vor dem Standesbeamten in … die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen B. J. geschlossen; diese Ehe ist auch nicht förmlich geschieden.

Jedoch genügt es nicht, wenn lediglich formal-rechtlich eine Ehe (fort-)besteht. Die Eheleute müssen eine eheliche Lebensgemeinschaft führen wollen (Tewocht in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 28 AufenthG Rn. 12). Es kommt hierbei darauf an, dass die Eheleute in einer die persönliche Verbundenheit zum Ausdruck bringenden Beistandsgemeinschaft leben. Diese eheliche Lebensgemeinschaft, die sich nach außen im Regelfall in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen dokumentiert, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, dreht sich im Idealfall um einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und wird daher regelmäßig in einer von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Wohnung gelebt. Allerdings hat der Staat seiner Schutz- und Gewährleistungsfunktion auch dann nachzukommen, wenn sich Eheleute etwa dazu entschließen, aus bestimmten sachlichen oder persönlichen Gründen, z.B. wegen Berufstätigkeit an verschiedenen Orten, ihre Lebensgemeinschaft nicht ständig in einer gemeinsamen Wohnung zu leben - vorausgesetzt, dass hierdurch die persönliche und emotionale Verbundenheit der Eheleute, ihr “Füreinander-Dasein“, nicht in einer so nachhaltigen Weise aufgegeben wird, dass nicht mehr von einer Beistandsgemeinschaft, sondern allenfalls noch von einer bloßen Begegnungsgemeinschaft gesprochen werden kann (Tewocht a.a.O. § 27 AufenthG Rn. 44 m.w.N.). Maßgeblich ist im Einzelfall der nachweisbar betätigte Wille, mit der Partnerin bzw. dem Partner als wesentlicher Bezugsperson ein gemeinsames Leben zu führen (BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - BeckRS 2013, 52673).

Mit der Ausländerbehörde ist vorliegend davon auszugehen, dass unter Zugrundelegung dieser Maßgaben der Antragsteller mit Frau J. keine eheliche Lebensgemeinschaft führt.

Während seiner Strafhaft wurde der Antragsteller ausweislich der Besuchsliste der Justizvollzugsanstalt … in der Zeit von 11. Mai 2016 bis zu seiner Entlassung am 9. Juli 2018 von seiner Ehefrau dort insgesamt lediglich fünfmal besucht, zuletzt am 30. November 2016.

Laut Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt vom 23. April 2018 hatte die Ehefrau des Antragstellers bereits im Juli 2017 mitgeteilt, dass sie mit ihm nichts mehr zu tun haben wolle, weil er sie finanziell ruiniert habe; es gebe keine gemeinsame Zukunft mehr, sie wolle sich scheiden lassen.

Nach übereinstimmenden Angaben der Eheleute verfügen der Antragsteller und seine Ehefrau auch nicht (mehr) über eine Ehewohnung.

Zwar hat der nunmehr bestellte Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers der Ausländerbehörde unter dem 18. Juli 2018 eine Erklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 16. Juli 2018 übersandt, worin sie angibt, dass sie sich mit dem Antragsteller versöhnt habe und sie gerade nach einer gemeinsamen Wohnung suchten. Dies wurde aber weder vom Antragsteller bestätigt noch sonst belegt.

Laut einem Aktenvermerk erklärte Frau J. vielmehr bei einem Telefonat mit einem Polizeibeamten im Rahmen der HEADS-Führungsaufsicht am 18. Juli 2018, dass zu viel passiert sei, um dem Antragsteller noch eine „2. Chance“ zu geben.

Dass der Antragsteller und seine Ehefrau derzeit eine aufenthaltsrechtlich beachtliche Lebensgemeinschaft im Sinne einer organisatorischen, emotionalen und geistigen Verbundenheit führen, kann nach diesen hier konkret gegebenen Umständen nicht festgestellt werden.

bb. Sonstige Rechtsgrundlagen, auf die der Antragsteller seinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stützen könnte, sind nicht ersichtlich.

cc. Ungeachtet dessen sind beim Antragsteller auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nicht gegeben, da ein Ausweisungsinteresse vorliegt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).

Unter einem Ausweisungsinteresse ist ein Tatbestand zu verstehen, der in § 54 AufenthG definiert ist (Maor in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 8 ff. m.w.N.)

Der Antragsteller wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 18. Mai 2016 unter Einbeziehung der Strafurteile vom 7. März 2016 (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern) und vom 21. Dezember 2015 (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen versuchten Diebstahls und Hausfriedensbruchs) nachträglich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Damit liegt bei ihm ein besonders schweres Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor; die Bildung einer (nachträglichen) Gesamtstrafe nach §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 StGB ist insoweit ausreichend (vgl. Tanneberger in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 11). Auch ohne Berücksichtigung der nachträglichen Gesamtstrafenbildung liegt jedenfalls mit der letzten Verurteilung vom 7. März 2016 ein schweres Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG vor.

Das Ausweisungsinteresse ist auch weiterhin erheblich, so dass kein Abweichen vom Regelfall nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG veranlasst ist.

Nicht (mehr) erheblich ist das Ausweisungsinteresse nur dann, wenn es mit hinreichender Sicherheit nicht mehr aktuell vorliegt, was heißt, dass ohne vernünftige Zweifel feststeht, dass die Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, die mit dem Ausweisungsinteresse zusammenhängt, nicht mehr besteht (vgl. BayVGH, B.v. 26.8.2016 - 10 AS 16.1602 - BeckRS 2016, 51505; Maor in: BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 1.8.2018, § 5 AufenthG Rn. 8.1).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn die Kammer ist davon überzeugt, dass beim Antragsteller mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut Straftaten begehen wird und er damit weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Eine Tataufarbeitung ist nicht im Ansatz ersichtlich.

Der Antragsteller ist während seines Aufenthalts in Deutschland wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er hat sich auch durch die verhängte Freiheitsstrafe nicht beeindrucken lassen, eine ausgesprochene Strafaussetzung zur Bewährung musste widerrufen werden. Zuletzt hat er sich des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht. Dieses vom Antragsteller begangene Sexualverbrechen an einem Minderjährigen und insbesondere die Umstände bei der Begehung indizieren zur Überzeugung des Gerichts eine Wiederholungsgefahr. Es ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller wiederholt in eine vergleichbare Situation kommt, in der er sexuelle Erregung sucht und sich an Kindern vergreift. Es ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass sich der Antragsteller in irgendeiner Weise mit seinen Straftaten, seiner Schuld und der daraus resultierenden Verantwortung sowie den Folgen für das Opfer auseinandergesetzt und gelernt hat, seinen Sexualtrieb zu kontrollieren. Eine aus Sicht des Sozialdienstes der Justizvollzugsanstalt … für erforderlich gehaltene Therapie hat der Antragsteller nach nur drei Sitzungen abgebrochen. Dementsprechend wird ihm nicht nur vom Strafgericht, sondern auch seitens des Sozialdienstes eine negative Sozialprognose ausgestellt. Auch die Tatsache, dass der Antragsteller im Rahmen des HEADS-Programms als Risikoproband eingestuft worden ist und entsprechend überwacht wird, zeigt, dass er als besonders rückfallgefährdet gilt.

Hinzu kommt, dass dem Antragsteller nach seiner Haftentlassung kein Rückkehrraum zur Verfügung stand; er verfügt weder über eine Wohnung noch über eine Arbeitsstelle. Auch sonstige soziale Kontakte wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Derzeit ist er in einer Asyl-Gemeinschaftsunterkunft mit Sicherheitsdienst untergebracht.

dd. Schließlich steht der Erteilung jeglicher Aufenthaltserlaubnis hier auch die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen, da die Ausländerbehörde den Antragsteller mit Bescheid vom 19. Juni 2018 (Ziffer 1) aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen hat; einem ausgewiesenen Ausländer wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt.

Zwar ist die Ausweisung noch nicht bestandskräftig oder vollziehbar, weil die dagegen gerichtete Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO, s.o. Nr. 1.a.); nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist sie aber trotzdem wirksam. Dies genügt für die Auslösung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG (vgl. schon BVerfG, B.v. 29.3.2007 - 2 BvR 1977/06 - juris Rn. 26, HessVGH, B.v. 17.8.1995 - 13 TH 3304/94 - noch zu den entsprechenden Vorschriften des AuslG, NVwZ-RR 1996, 112 = juris Ls 1).

Allerdings verlangt die bereichsspezifisch auf das Ausländerrecht bezogene Einschränkung des § 80 Abs. 1 VwGO durch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, welche es einer Behörde ermöglicht, durch den bloßen Erlass einer Ausweisungsverfügung selbst die Grundlagen für die Auslösung der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG zu schaffen, wegen des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG die inzidente summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO, für den Fall, dass eine Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung unter Bezugnahme auf eine gleichzeitig erlassene, nicht mit der Anordnung des Sofortvollzugs versehene Ausweisungsverfügung ablehnt (HessVGH, B.v. 17.8.1995 a.a.O. juris Rn. 9 m.w.N.). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgebend (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 ff., juris Ls 1).

Ungeachtet dessen, dass die Ausländerbehörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels schon mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen versagt und die Ablehnung nicht allein auf die Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG stützt, führt eine Inzidentprüfung vorliegend zu dem Ergebnis, dass derzeit keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung bestehen.

Gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Das Gericht kommt vorliegend bei der Beurteilung der Ausweisungsentscheidung zu dem Ergebnis‚ dass zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt das Ausweisungsinteresse unter Abwägung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien gegenüber dem Bleibeinteresse des Antragstellers überwiegt.

aaa. Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Antragsteller gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer (spezialpräventiven) Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z.B. BVerwG‚ U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18).

Bei der Prognose‚ ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht‚ sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen‚ insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat‚ die Umstände ihrer Begehung‚ das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH‚ U.v. 28.6.2016 - 10 B 13.1982 - juris Rn. 32; B.v. 2.11.2016 - 10 ZB 15.2656 - juris Rn. 10 m.w.N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10/12 - juris Rn. 15 m.w.N.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Kammer davon überzeugt, dass nach dem Gesamtbild des Antragstellers, das in erster Linie durch sein Verhalten gekennzeichnet ist, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut vergleichbare Straftaten begehen wird und er damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.

Der Antragsteller ist seit seiner Einreise nach Deutschland im Jahr 2012 wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten und mehrfach zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, die - teils nach Bewährungsversagen - auch vollstreckt wurden. Von den Sanktionen hat er sich jedoch nicht beeindrucken lassen, vielmehr weist die Delinquenz des Antragstellers erhebliche Rückfallgeschwindigkeit auf. Zuletzt hat er sich des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht. Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind höchst persönlichkeits- und sozialschädlich, es gehen weitreichende Konsequenzen von ihnen aus. Nach den Feststellungen des Strafgerichts hat der Antragsteller in der Herrendusche in einem öffentlichen Freibad einem 11-Jährigen in die Badehose gegriffen und an dessen Geschlechtsteil gelangt, um sich sexuell zu erregen. Bei den dabei angegriffenen Schutzgütern der sexuellen Selbstbestimmung, der Würde des Opfers und seiner körperlichen und seelischen Integrität handelt es sich um Rechtsgüter von höchstem Rang. Mit Straftaten, die sich hiergegen richten, werden den Opfern erhebliche körperliche und seelische Schäden zugefügt, die sich schlimmstenfalls ein Leben lang auswirken können. Daher ist der Schutz vor Sexualdelikten allgemein, insbesondere aber bei Minderjährigen, eine wichtige Aufgabe und ein Grundinteresse der Gesellschaft.

Unter Zugrundelegung entsprechend geringerer Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Schadenseintritts geht das Gericht prognostisch davon aus, das vom Antragsteller weiterhin eine Gefahr ausgeht. Nach Auffassung der Kammer lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller in einer vergleichbaren Situation bei erneutem „Interesse“ an einem Kind seinem Sexualtrieb rücksichtslos nachgibt. Wie bereits ausgeführt hat der Antragsteller seine Straftat auch nicht im Rahmen therapeutischer Maßnahmen selbstkritisch aufgearbeitet. Die ihm ausgestellten Sozialprognosen sind negativ. Die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung wurde im Strafurteil vom 7. März 2016 ausdrücklich ausgeschlossen.

Wie ausgeführt stehen ihm nach der Haftentlassung kein stabiler Rückkehrraum und keine Arbeitsstelle zur Verfügung.

bbb. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Antragstellers mit seinen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt vorliegend, dass das Ausreiseinteresse überwiegt.

Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen hier und im Herkunftsstaat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner und ferner die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

Im Falle des Antragstellers ergibt eine Gegenüberstellung der gegenläufigen Interessen anhand der im Aufenthaltsgesetz typisierten Ausweisungs- und Bleibeinteressen‚ dass er ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verwirklicht hat, nachdem das Amtsgerichts Rosenheim ihn am 7. März 2016 wegen des sexuellen Missbrauchs verurteilt und ihn unter Einbeziehung des Urteils vom 21. Dezember 2015 mit Beschluss vom 18. Mai 2016 zu einer nachträglich gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt hat.

Dem Ausweisungsinteresse steht kein typisiertes besonders schwerwiegendes oder schwerwiegendes Bleibeinteresse des Antragstellers nach § 55 AufenthG gegenüber, insbesondere lebt er, wie bereits ausgeführt, mit seiner Ehefrau nicht in einer familiären/ehelichen Lebensgemeinschaft i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG.

Sonstige soziale Kontakte des Antragstellers sind weder vorgetragen noch ersichtlich; derzeit ist er in einer Asylunterkunft untergebracht. Er verfügt über keine Arbeitsstelle, wirtschaftliche Integration ist nicht gegeben.

Demgegenüber sind keine Umstände zu erkennen, weshalb dem Antragsteller eine Reintegration in Tunesien nicht gelingen sollte, auch zumal er nach Aktenlage dort noch Angehörige hat.

Insgesamt stellt sich die Ausweisung des Antragstellers auch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK nicht als unverhältnismäßig dar. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen der Ausländerbehörde im angegriffenen Bescheid Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

ccc. Schließlich sprechen, wie auch der Antragsgegner im angegriffenen Bescheid zu Recht festgestellt hat, auch generalpräventive Aspekte für eine Ausweisung des Antragstellers aus der Bundesrepublik Deutschland (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit vgl. insoweit schon BVerfG, B.v. 17.1.1979 - 1 BvR 241/77 - NJW 1979; vgl. auch BT-Drs. 18/4097, 49 sowie BayVGH München, B.v. 19.09.2016 - 19 CS 15.1600 - BeckRS 2016).

Vorliegend besitzt die Anlasstat mit Blick auf die von ihr angegriffenen Rechtsgüter der sexuellen Selbstbestimmung auch erhebliches Gewicht und bedarf der ordnungsrechtlichen Prävention (vgl. dazu BVerwG, B.v. 2.2.1979 - 1 B 238/78 - DÖV 1979, 375; B.v. 16.08.1995 - 1 B 43.95 - InfAuslR 1995, 404).

Die Ausweisung ist geeignet, abschreckende Wirkung für andere Ausländer zu entfalten, und stellt sich auch unter Würdigung der konkreten Lebensumstände des Antragstellers - insbesondere mit Blick auf seine fehlende soziale und wirtschaftliche Integration - nicht als unverhältnismäßig dar.

b. Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheids vom 19. Juni 2018 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Da der Antragsteller ausreisepflichtig ist, konnte ihm auch die Abschiebung angedroht werden (§§ 50 Abs. 1, 58, 59 AufenthG). Die gesetzte Ausreisefrist von sieben Tagen nach Haftentlassung ist angemessen; es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller mehr Zeit benötigen würde, um seine Angelegenheiten für die Ausreise zu regeln. Im Übrigen wurde seine Abschiebung zuletzt bis 16. Oktober 2018 ausgesetzt.

Soweit der Antragsteller Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG geltend macht, ist er an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verweisen, das allein zur Prüfung solcher zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse zuständig ist; die Ausländerbehörde ist an dessen Feststellung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylG).

Auch sonst sind Duldungsgründe gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung) weder vorgetragen noch ersichtlich; im Übrigen berühren sie die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht.

Zur Ergänzung wird auch insoweit auf die Ausführungen des Bescheids Bezug genommen.

c. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass, soweit der Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz geltend macht, dies allein der Prüfungskompetenz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge unterfällt und gegebenenfalls im Rahmen eines Asylfolgeantrags vorzutragen ist.

4. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG, wobei in Eilverfahren die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens anzusetzen ist. Der Streitwert im Hauptsacheverfahren beträgt 10.000,- Euro, weil Klagegegenstand die Ausweisungsentscheidung und die Antragsablehnung sind.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.