Verwaltungsgericht München Urteil, 21. Juli 2015 - M 2 K 15.30753

bei uns veröffentlicht am21.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern innerhalb von vier Wochen ab Rechtskraft dieses Urteils mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über ihren Asylantrag entschieden wird.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger, nach eigenen Angaben iranische Staatsangehörige, beantragten am 25. Februar 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Am gleichen Tag wurden sie vor dem Bundesamt ... (BAMF), Außenstelle ..., zur Vorbereitung ihrer Anhörung insbesondere zu ihren persönlichen Verhältnissen und ihrem Einreiseweg befragt.

Am 24. Juni 2014 fragte eine frühere Bevollmächtigte der Kläger beim BAMF an, wann mit deren Anhörung zu rechnen sei. Die Beklagte antwortete mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014, dass wegen der exorbitanten Erhöhung der Zugangszahlen von Asylbewerbern derzeit keine Angaben über den Anhörungstermin getroffen werden könnten.

Mit anwaltlichem Schriftsatz ihres nunmehrigen Bevollmächtigten vom 23. Oktober 2014 wurde die Beklagte erneut gebeten, umgehend einen Termin zur persönlichen Anhörung zu bestimmen. Des Weiteren wurde um eine Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylVfG gebeten.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 antwortete die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten, es sei veranlasst worden, „dass Ihre Mandanten für Anfang 2015 zur Anhörung geladen werden“. Nachdem eine persönliche Anhörung noch nicht erfolgt sei und somit ein danach möglicher Bedarf nach weiterer Sachaufklärung noch nicht absehbar sei, könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein verbindliches Datum nach § 24 Abs. 4 AsylVfG für die Entscheidung über den Asylantrag genannt werden. Ergänzend schilderte die Beklagte die derzeit massiv erhöhte Arbeitsbelastung des BAMF.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. Januar 2015 baten die Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 31. Oktober 2014 erneut um Bestimmung eines Anhörungstermins. In der Akte der Beklagten befindet sich unter dem 29. Januar 2015 eine Verfügung, wonach die Asylantragsteller zur Anhörung eingeplant werden sollten und die Ladung „umgehend“ ihrem Bevollmächtigten übersandt werden solle.

Mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 18. März 2015 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, Untätigkeitsklage zu erheben, sofern nicht bis 10. April 2015 „zumindest eine Anhörung, besser natürlich eine Entscheidung“, vorliege. Ein längeres Zuwarten sei den Klägern unzumutbar.

Am 21. Mai 2015 erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragten,

die Beklagte zu verpflichten, den Klägern mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über ihren Asylantrag entschieden wird.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe eine Anhörung für Anfang 2015 in Aussicht gestellt habe, diese sei aber immer noch nicht erfolgt. Auf die anwaltlichen Schreiben vom 22. Januar 2015 und 18. März 2015 sei keine Reaktion seitens der Beklagten erfolgt. Seit der Beantragung einer Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylVfG seien mehr als drei Monate verstrichen, selbst wenn man auf ein fingiertes Datum Anfang 2015 abstellen wollte, zu dem eine Anhörung versprochen worden sei. Der Gesetzgeber habe in § 24 Abs. 4 AsylVfG der Beklagten auferlegt, auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden werde. Trotz des massiven Anstiegs der Asylbewerberzahlen seien der Beklagten die verlangten ungefähren Angaben möglich. Nach einer Pressemitteilung der Beklagten betrage die durchschnittliche Verfahrensdauer Ende April 2015 insgesamt 5,1 Monate. Die Kläger würden also schon weit überdurchschnittlich lange auf die Anhörung und Entscheidung ihrer Asylanträge warten. Die bisherige Nichtdurchführung der Anhörung könne das BAMF erst recht nicht von der Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylVfG entbinden, denn sonst hätte es die Beklagte alleine in der Hand, sich der gesetzlichen Pflicht dadurch zu entledigen, dass keine Anhörung durchgeführt werde. Auch die Tatsache, dass die Beklagte politisch angeordnete Priorisierungen bestimmter Herkunftsländer bei der Bearbeitung vornehme, stehe dem klägerischen Anspruch nicht entgegen. Gerade weil sich hieraus Einfluss auf die Verfahrensdauern ergebe, hätten die Kläger ein rechtliches Interesse daran, zu erfahren, wann sie endlich mit einer Entscheidung rechnen können.

Mit der Erstzustellung der Klage am 26. Mai 2015 forderte das Gericht die Beklagte ausdrücklich auf, bis 30. Juni 2015 darzulegen, ob dem aus Sicht des Gerichts schlüssig vorgetragenen Klagebegehren entsprochen werden könne (bzw. warum nicht). Eine Reaktion der Beklagten hierauf erfolgte - abgesehen von einer Aktenvorlage am 2. Juni 2015 - nicht.

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2015 nahm der Klägerbevollmächtigte ergänzend Stellung: Die Beklagte habe mit ihrem Schreiben vom 31. Oktober 2014 ihre Verpflichtung aus § 24 Abs. 4 AsylVfG, über den zeitlichen Rahmen zu informieren, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über den Asylantrag zu rechnen ist, noch nicht erfüllt. Dass in den nachfolgenden anwaltlichen Schreiben nicht erneut auf die Verpflichtung aus § 24 Abs. 4 AsylVfG hingewiesen wurde, bedeute nicht, dass hierauf verzichtet worden sei. Wichtiger als das Informationsinteresse - um das es im vorliegenden Verfahren gehe - sei für die Kläger natürlich das eigentliche Verfahren selbst. Aus diesem Grund sei der Wunsch auf Durchführung der Anhörung und die Bitte um baldige Entscheidung in den Mittelpunkt gestellt worden. Gleichzeitig beinhalte das Schreiben vom 22. Januar 2015 indirekt aber eine erneute Aufforderung zur Unterrichtung über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Dies sei jedenfalls ein „Ersuchen“, das die Asylverfahrensrichtlinie verlange; der nach § 24 Abs. 4 AsylVfG bereits gestellte förmliche „Antrag“ habe nicht notwendig wiederholt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund der Erklärungen der Beteiligten (Schriftsatz der Kläger vom 8. Juli 2015, allgemeine Prozesserklärung der Beklagten vom 24. Juni 2015) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere fehlt den Klägern nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage (nachfolgend 1.) und steht auch § 44a VwGO der Zulässigkeit nicht entgegen (nachfolgend 2.).

1. Gerichtlicher Rechtsschutz ist vorliegend nicht deshalb entbehrlich, weil die Kläger ihren Auskunftsanspruch noch nicht oder nicht hinreichend aktualisiert gegenüber der Beklagten geltend gemacht hätten.

Die Kläger haben die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 unter ausdrücklicher Berufung auf § 24 Abs. 4 AsylVfG um eine Mitteilung des voraussichtlichen Zeitpunkts der Entscheidung über ihren Asylantrag gebeten. Dieser Antrag wurde - wie noch dargelegt werden wird - von der Beklagten bislang nicht ausreichend beantwortet. In den nachfolgenden anwaltlichen Schreiben vom 22. Januar 2015 und 18. März 2015 wurde dieses Ersuchen zwar nicht mehr ausdrücklich wiederholt, sondern das BAMF nur noch an die Bestimmung eines Anhörungstermins erinnert. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Kläger ihr Auskunftsbegehren nach § 24 Abs. 4 AsylVfG hinsichtlich des voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkts aufgegeben oder als endgültig erfüllt angesehen hätten.

Selbst wenn man dies aber - im Hinblick auf strengere Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit anwaltlicher Antragsschriftsätze gegenüber Behörden - annehmen wollte, so würde auch dies im vorliegenden Einzelfall das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht entfallen lassen. Insoweit wird vertreten, dass es bei einer Leistungsklage - wie vorliegend - grundsätzlich nicht erforderlich ist, dass der Kläger vorher einen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt hat (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, Vorbem. § 40 Rn. 82 m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Vorbem. § 40 Rn. 51). Im vorliegenden Einzelfall haben die Kläger ohnehin lediglich einen bereits eindeutig bei der Behörde gestellten Antrag nicht nochmals wiederholt, was - wie die gänzlich fehlende nachfolgende Reaktion der Beklagten gegenüber den Klägern und sogar noch im Klageverfahren zeigt - aller Voraussicht nach sowieso ergebnislos geblieben wäre. Im Übrigen wäre es der Beklagten unschwer möglich gewesen, spätestens in Reaktion auf die gerichtliche Aufforderung mit der Erstzustellung der Klage den Klageanspruch zu erfüllen. Das Gericht hätte dann ggf. im Rahmen des § 156 VwGO berücksichtigen können, ob tatsächlich Veranlassung zur Klage bestand und so einer ggf. „verfrühten“ Klage Rechnung tragen können.

2. Auch § 44a VwGO - eine besondere (negative) Zulässigkeitsvoraussetzung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes - steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen (anderer Auffassung: Bell in Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Oktober 2014, § 24 AsylVfG Rn. 64, wonach die Auskunft des Bundesamtes als unselbstständige Verfahrenshandlung nicht selbstständig einklagbar sein soll und, falls ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Zeit entschieden werde, Untätigkeitsklage erhoben werden könne).

Nach § 44a Satz 1 VwGO können „Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen“ nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. § 44a VwGO erfasst dabei nicht nur gegen Verfahrenshandlungen gerichtete Klagen, sondern auch Klagen im Hinblick auf konkludente oder unterlassene behördliche Maßnahmen (Kopp/Schenke, a. a. O., § 44a Rn. 3).

§ 44a VwGO bezieht sich vor dem Hintergrund, dass Verfahrensbestimmungen grundsätzlich nicht isoliert erzwungen werden können sollen, auf Handlungen der Behörde, die der Vorbereitung einer abschließenden Entscheidung dienen. Nicht um Verfahrenshandlungen im Sinne dieser Norm handelt es sich indes bei materiellen Handlungen, die selbst eine Entscheidung darstellen oder über materiell eigenständige Rechtspositionen des Betroffenen entscheiden und damit ein eigenständiges Verwaltungsverfahren abschließen (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2013 - 3 CE 13.1453 - juris Rn. 24 m. w. N.; Posser in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand April 2015, § 44a Rn. 15 m. w. N.). Letzteres ist hinsichtlich des Anspruchs nach § 24 Abs. 4 AsylVfG der Fall. Die Nennung des voraussichtlichen Entscheidungszeitrahmens hinsichtlich des Asylbegehrens dient nicht der Vorbereitung der verfahrensabschließenden Entscheidung des BAMF (vgl. hierzu § 31 AsylVfG), sondern dazu, dem Asylbewerber, dessen rechtliche und tatsächliche Situation im Inland durch ein anhängiges, aber durch das BAMF noch nicht verbeschiedenes Asylbegehren in vielfältiger Weise beeinflusst wird, darüber zu informieren, wie lange der Verfahrens- und Entscheidungsprozess voraussichtlich noch andauern wird. Gegen das Vorliegen einer Verfahrenshandlung i. S. v. § 44a VwGO spricht ferner, dass durch die Auskunftserteilung nach allgemeiner Auffassung keine Verpflichtung des BAMF zur tatsächlichen Entscheidung innerhalb der angegebenen Frist begründet wird (so bereits die einschlägige Gesetzesbegründung, zitiert bei Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 24 AsylVfG Rn. 1; vgl. ferner: Bergmann, a. a. O., Rn. 16; Bell, a. a. O., Rn. 62; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Stand Januar 2014, § 24 AsylVfG Rn. 29; Wolff in Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 24 AsylVfG Rn. 28), eine rechtlich zwingende Auswirkung auf das Asylverfahren mithin nicht besteht.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die Kläger haben einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihnen innerhalb von vier Wochen ab Rechtskraft dieses Urteils mitteilt, bis wann voraussichtlich über ihren Asylantrag entschieden wird.

Nach § 24 Abs. 4 AsylVfG hat das Bundesamt einem Asylantragsteller, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Die Norm setzt Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1.12.2005 (sog. „erste“ Asylverfahrensrichtlinie) um. Danach stellen die Mitgliedstaaten u. a. sicher, dass der Asylbewerber „für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird. Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb dieses zeitlichen Rahmens eine Entscheidung zu treffen“. Art. 31 Abs. 6 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 enthält eine dem vorgenannten ersten Satz im Wesentlichen vergleichbare, jedoch zusätzlich um eine Begründungspflicht erweiterte Unterrichtungspflicht. Auf die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit dieser erweiterten Bestimmung (vgl. hierzu Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 24 Rn. 2, 33) war vorliegend schon deshalb nicht weiter einzugehen, da der klägerische Antrag nicht auf eine Information über die Gründe der Verzögerung gerichtet ist, § 88 VwGO.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 AsylVfG sind vorliegend unzweifelhaft erfüllt. Die Kläger haben deshalb einen Anspruch darauf, dass ihnen die Beklagte mitteilt, bis wann voraussichtlich über ihren Asylantrag entschieden wird. Mit der Mitteilung der Beklagten vom 31. Oktober 2014, wonach wegen der möglicherweise nach der Anhörung der Kläger entstehenden Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung ein „verbindliches Datum gemäß § 24 Abs. 4 AsylVfG“ noch nicht benannt werden könne, wurde dieser Anspruch nicht erfüllt. Sie ermöglicht den Klägern gerade keine zeitliche Abschätzung hinsichtlich des voraussichtlich noch verstreichenden Zeitraums bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag.

Auch die Begründung der Beklagten im Schreiben vom 31. Oktober 2014 vermag nicht zu überzeugen: Die Möglichkeit, dass nach der Anhörung eines Asylbewerbers ein Bedarf für weitere Sachaufklärung durch das BAMF entsteht, besteht grundsätzlich in jedem Asylverfahren, kann also dem Anspruch aus § 24 Abs. 4 AsylVfG nicht per se entgegen gehalten werden. Im Übrigen ist nach der Erfahrung des Gerichts mit Asylverfahren aus dem Herkunftsland der Kläger eine weitere zeitaufwändige Sachaufklärung durch das Bundesamt nach Durchführung der Anhörung in der Fallpraxis äußerst selten anzutreffen, also wohl keine typische Konstellation, die bei der Benennung des voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkts maßgeblich zu berücksichtigen wäre. Vor allem aber verkennt die Beklagte offenbar, dass sie im Rahmen des § 24 Abs. 4 AsylVfG gerade keinen verbindlichen, unter allen denkbaren Eventualitäten einzuhaltenden Entscheidungszeitpunkt zu benennen hat. Sie hat vielmehr lediglich eine angemessen sorgfältige und sachgerechte Abschätzung dahingehend zu treffen, bis wann aus einer Sicht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag des Asylbewerbers nach § 24 Abs. 4 AsylVfG angesichts der üblichen Laufzeiten solcher Asylverfahren, die dem konkreten Asylverfahren des Antragstellers (unter Berücksichtigung des Herkunftslands des Antragstellers, möglicher ohne weiteres erkennbarer Besonderheiten des Einzelfalls sowie möglicherweise bestehender behördeninterner Verfahrensvorgaben und Priorisierungen) vergleichbar sind, voraussichtlich eine Entscheidung getroffen werden wird. Dass und weshalb dies im Fall der Kläger (oder generell) nicht möglich sei sollte, erschließt sich dem Gericht nicht und wurde von der Beklagten auch im Klageverfahren nicht vorgetragen.

Hieran vermag im Übrigen auch die - gerichtsbekannt - aktuell hohe Arbeitsbelastung des BAMF aufgrund der aktuell massiv angestiegenen Zahl der bei ihm anhängigen Asylverfahren nichts zu ändern. Zwar erscheint der Gedanke durchaus naheliegend, dass die knappen Kapazitäten des BAMF für inhaltliche Entscheidungen über Asylanträge möglicherweise eher im Sinne der Asylantragsteller insgesamt verwendet wären als für - im Zweifel unverbindliche - Auskünfte nach § 24 Abs. 4 AsylVfG. Auch bleibt Asylbewerbern die Möglichkeit, bei Untätigkeit des BAMF nach § 75 VwGO gerichtlich einen möglicherweise effektiveren Fortgang ihres individuellen Asylverfahrens durchzusetzen (vgl. hierzu sowie zur streitigen Frage des „Durchentscheidens“ etwa: VG Würzburg, U.v. 22.4.2015 - W 6 K 15.30041 - juris Rn. 18 f.; VG Ansbach, U.v. 7.4.2014 - AN 1 K 13.30850 - juris Rn. 21 ff.). Trotz alledem sieht die Kammer aber keinen rechtlichen Ansatzpunkt dafür, den Anwendungsbereich oder die gerichtliche Durchsetzung des ausdrücklich gesetzlich geregelten und an ein durchaus legitimes Informationsinteresse des Asylbewerbers anknüpfenden Anspruchs nach § 24 Abs. 4 AsylVfG zu beschränken.

Der weitere Ausspruch im Tenor, diese Verpflichtung innerhalb von vier Wochen ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung zu erfüllen, erscheint aus Gründen der eventuellen Vollstreckbarkeit des Urteils erforderlich und bedeutet für die Beklagte keine unverhältnismäßige Belastung.

Der gemäß § 83 b AsylVfG gerichtskostenfreien Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 21. Juli 2015 - M 2 K 15.30753

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung
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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

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Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1. Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein am ... 1976 geborene iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 29. Juli 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 30. Juli 2013 einen Asylantrag. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an, er habe wegen der Äußerung religiöser Ansichten Schwierigkeiten an seiner Arbeitsstelle bekommen. Er habe sich schon im Iran dem christlichen Glauben zugewandt. Die Freien Christengemeinde K. teilte mit Schreiben vom 13. Februar 2014 und 5. Juni 2014 mit, der Kläger besuche seit geraumer Zeit die Gottesdienste. Er habe an einen Grundkurs des Glaubens teilgenommen und sei am 25. Mai 2014 getauft worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Kläger angehört, hat aber bislang noch nicht über seinen Antrag entschieden. Der Klägerbevollmächtigte forderte die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Januar 2015 unter Fristaufsetzung auf über den Asylantrag zu entschieden.

2. Am 31. Januar 2015 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen:

Die Beklagte wird verpflichtet, innerhalb einer Frist von drei Monaten über den am 30. Juli 2013 gestellten Asylantrag zu entscheiden.

Zur Begründung ließ er im Wesentlichen ausführen, er habe eine Entscheidung angemahnt, die - laut Medien - derzeitige durchschnittliche Verfahrensdauer von 5,7 Monaten sei deutlich überschritten.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2015 ließ der Kläger die positive Verbescheidung seines Asylantrags in allen Teilen beantragen. Zur Begründung ließ der Kläger ausführen: Der Kläger habe befürchten müssen, aufgrund seiner religiösen Überzeugung und der hierauf fußenden Meinungsäußerungen verhaftet zu werden. Er habe nachvollziehbar geschildert, wie er bereits im Iran in Kontakt mit dem christlichen Glauben gekommen sei. Dazu würden Handybilder von und mit der armenischen Christin „R.“ vorgelegt. Außerdem existierten zwei Videos. Der Kläger habe bei der Freien Christengemeinde K. an einem Grundkurs des Glaubens teilgenommen. Am 25. Mai 2014 sei er getauft worden ist. Er besuche regelmäßig die Gottesdienste, pflege Kontakt zu Gemeindemitgliedern, nehmen an Veranstaltungen mit anderen Christen zusammen teil, helfe mit beim Umbau der Gemeinderäume, bete und lese in der Bibel. Außerdem tausche er sich mit anderen Iranern im Asylheim aus. Aufgrund der Hinwendung zum christlichen Glauben, der Taufe und seiner Ausübung des christlichen Glaubens wäre der Kläger bei der Rückkehr in den Iran mit hinreichender Sicherheit religiöser Verfolgung ausgesetzt.

3. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 12. Februar 2015,

die Untätigkeitsklage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die derzeitige Situation sei bekannt. Es läge noch kein Uraltfall vor, wie Iran-Anträge aus dem Jahr 2012. Neben S. und Irak werde jetzt auch Kosovo priorisiert. Grundsätzlich könne auch im Fall von Untätigkeitsklagen keine bevorzugte Bearbeitung erfolgen. Das Verfahren des Klägers gehöre nicht zu den derzeit priorisierten Fällen.

4. Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 5. März 2015 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Mit Beschluss vom 12. März 2015 bewilligte das Gericht dem Kläger unter Beiordnung seines Bevollmächtigten Prozesskostenhilfe.

In der mündlichen Verhandlung am 22. April 2015 nahm der Kläger den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter zurück. Das Gericht trennte diesen Klageteil ab, führte ihn in einem gesonderten Verfahren unter dem Az. W 6 K 15.30289 fort und stellte ihn infolge der Klagerücknahme auf Kosten des Klägers ein. Der Klägerbevollmächtigte beantragte sodann,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Das Gericht hörte den Kläger informatorisch an.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat über den Asylantrag des Klägers ohne zureichenden Grund bis Ende der mündlichen Verhandlung nicht entschieden. Der allgemeine Verweis der Beklagten auf die bekannte Situation und die derzeitige Arbeitsbelastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, verbunden mit der Priorisierung anderer Fälle, reicht nicht als zureichender Grund aus, da bei einer permanenten Überlastung bestimmter Behörden ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung eines Antrags i. S. von § 75 Satz 3 VwGO grundsätzlich nicht anzunehmen ist, weil es in einem solchen Fall Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung ist, für hinreichenden Ersatz zu sorgen und entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. etwa VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13). Vorliegendes gilt insbesondere dann, wenn die Behörde wie hier keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entschieden wird.

Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt (teilweise) unzulässig, dass der Kläger mit seinem zuletzt gestellten Antrag nicht nur mehr die Verpflichtung der Behörde über Bescheidung seines Asylantrags geltend macht, sondern eine Durchentscheidung im Hinblick auf sein materielles Begehren (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft) anstrebt. Eine solche Umstellung des Klageantrags ist als bloße Berichtigung bzw. als sachdienliche Klageänderung zulässig (VG Ansbach, B. v. 30.1.2015 - AN 14 K 14.00440 - juris; vgl. auch BayVGH, B. v. 11.2.2014 - 10 C 11.1680 - juris). Das Gericht sieht sich auch angesichts der Besonderheiten des Asylverfahrens jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung nicht gehindert, in der Sache durch zu entscheiden. Es geht überwiegend um gebundene Entscheidungen. Der Kläger wurde von der Beklagten angehört. Das Gericht lässt dahingestellt, ob es verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen und durch zu entscheiden, jedenfalls hat es bei der hier gegebenen Konstellation die Möglichkeit des Durchentscheidens (ebenso VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; vgl. auch BayVGH, B. v. 11.2.2014 - 10 C 11.1680 - juris; anderer Ansicht VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13).

2. Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Antrag auch begründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylVfG). Über die hilfsweise gestellten Anträge zum subsidiären Schutz (§ 4 AsylVfG) bzw. zu den nationalen Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG) war nicht zu entscheiden.

2.1 Unter Berücksichtigung der aktuellen abschiebungsrelevanten Lage im Iran hat der Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG.

Gemäß §§ 3 ff. AsylVfG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Bedrohung liegt dann vor, wenn anknüpfend an Verfolgungsgründe wie die Religion (vgl. dazu Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 - so genannte Anerkennungsrichtlinie bzw. § 3b AsylVfG) Verfolgungshandlungen i. S. v. Art. 9 der Anerkennungsrichtlinie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (§ 3a AsylVfG). Eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit kann eine Verfolgungshandlung darstellen, wenn der Betreffende aufgrund der Ausübung dieser Freiheit tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Dabei ist es nicht zumutbar, von seinen religiösen Betätigungen Abstand zu nehmen, um nicht verfolgt zu werden (EuGH, U. v. 5.9.2012 - C-71/11 und C-99/11 - ABl. EU 2012, Nr. C 331 S. 5 - ZAR 2012, 433).

2.2 Nach Überzeugung des Gerichts besteht für den Kläger aufgrund seiner Konversion vom Islam zum Christentum eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran.

Denn aufgrund der aktuellen Lage, welche sich aus den in den Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln ergibt, besteht im Iran für christliche Konvertiten, die ihren Glauben in Gemeinschaft mit anderen ausüben, die beachtliche Gefahr von Verfolgungshandlungen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (vgl. im Einzelnen VG Würzburg, U. v. 11.7.2012 - W 6 K 11.30392) sowie verschiedener Obergerichte (vgl. OVG Saarl, U. v. 26.6.2007 - 1 A 222/07 - InfAuslR 2008, 183; BayVGH, U. v. 23.10.2007 - 14 B 06.30315 - DÖV 2008, 164; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 - A 2 B 36/06 - juris; OVG NRW, U. v. 30.7.2009 - 5 A 982/07.A - EzAR-NF 62 Nr. 19 sowie U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - DÖV 2013, 323; HessVGH, U. v. 18.11.2009 - 6 A 2105/08.A - ESVGH 60, 248 - jeweils mit weiteren Nachweisen; kritischer OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 9.6.2011 - 13 A 947/10.A - DVBl. 2011, 1166 in einem gesondert gelagerten Einzelfall) unterliegen iranische Staatsangehörige, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, bereits dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Sinne des Art. 9 der Anerkennungsrichtlinie, wenn sie im Iran lediglich ihren Glauben ausüben und an öffentlichen Riten teilnehmen. Insgesamt betrachtet ist eine religiöse Betätigung von muslimischen Konvertiten, die einer evangelikalen oder freikirchlichen Gruppierung angehören, im Iran selbst im häuslich-privaten oder nachbarschaftlich kommunikativen Bereich nicht mehr gefahrlos möglich (vgl. HessVGH, U. v. 18.11.2009 - 6 A 2105/08 A - ESVGH 60, 248; B. v. 23.2.2010 - 6 A 2067/08.A - Entscheiderbrief 10/2010, 3; B. v. 11.2.2013 - 6 A 2279/12.Z.A - Entscheiderbrief 3/2013, 5).

2.3 Aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung besteht nach Überzeugung des Gerichts für den Kläger eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran, da der Kläger aufgrund einer tiefen inneren Glaubensüberzeugung lebensgeschichtlich nachvollziehbar den christlichen Glauben angenommen hat. Das Gericht ist weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen religiösen Prägung entsprechend seiner neu gewonnenen Glaubens- und Moralvorstellungen das unbedingte Bedürfnis hat, seinen Glauben auch in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen öffentlich auszuüben, und dass er ihn auch tatsächlich ausübt. Das Gerichtet erachtet weiter als glaubhaft, dass eine andauernde christliche Prägung des Klägers vorliegt und dass er auch bei einer Rückkehr in den Iran seinen christlichen Glauben leben will. Das Gericht hat nach der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck, dass sich der Kläger bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nur vorgeschoben aus opportunistischen, asyltaktischen Gründen dem Christentum zugewandt hat. Die Würdigung der Angaben des Klägers zu seiner Konversion ist ureigene Aufgabe des Gerichts im Rahmen seiner Überzeugungsbildung gemäß § 108 VwGO (BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 14.30444 - juris; NdsOVG, B. v. 16.9.2014 - 13 LA 93/14 - juris; VGH BW, B. v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 - juris; OVG NRW, B. v. 11.11.2013 - 13 A 2252/13.A - AuAS 2013, 271).

Das Gericht ist nach informatorischer Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund der schriftlich vorgelegten Unterlagen davon überzeugt, dass dieser ernsthaft vom Islam zum Christentum konvertiert ist. So legte der Kläger ein persönliches Bekenntnis zum Christentum ab. Der Kläger schilderte weiter nachvollziehbar und ohne Widersprüche glaubhaft seinen Weg vom Islam zum Christentum, Inhalte des christlichen Glaubens und seine christlichen Aktivitäten. Die Schilderungen des Klägers sind plausibel und in sich schlüssig. Der Kläger legte verschiedene Unterlagen vor. In diesen Unterlagen werden die Taufe des Klägers, seine Konversion zum Christentum sowie seine christlichen Aktivitäten bestätigt. Außerdem bekräftigte seine christliche Gemeinde seine Angaben und den Eindruck einer ehrlichen und aufrichtigen Konversion zum Christentum.

Der Kläger hat glaubhaft seinen Weg vom Islam zum Christentum dargetan. Er gab an, im Iran als Moslem geboren zu sein und dort als Moslem gelebt, aber sich schon im Jahr 1993/1994 vom Islam entfernt zu haben. Der Kläger beschrieb in der mündlichen Verhandlung ausführlich die Umstände und seine Beweggründe für den Abfall vom Islam und die Hinwendung zum christlichen Glauben. Er erläuterte, dass er aus seinem täglichen Leben im Iran im Umgang mit dem Islam seinen seinerzeitigen Gott nicht verstanden habe. Dies sei ein Gott, der Strafe und Angst verbreite. Er habe Gott verloren, er habe in sich eine Leere gespürt. Er schilderte, wie er in Kontakt zu einer armenischen Christin gekommen sei und sich dadurch auch dem Christentum angenähert habe. Sie habe auch ca. sieben bis acht Hauskreise in den ca. sechs Monaten vor seiner Ausreise vermittelt. Außerdem habe ein besonderes Erlebnis gehabt, als er mit der armenischen Christin eine christliche Kirche besucht habe. Er habe ein Kreuz berührt und sich dabei mit einer Bitte an Jesus Christus gewandt. Weiter erläuterte der Kläger seinen Kontakt zum Christentum in Deutschland, erst in Zirndorf bzw. in Fürth und dann bei der Freien Christengemeinde in K. Er habe auf Empfehlung des dortigen Pastors auf seinen Taufwunsch hin zunächst einen mehrmonatigen Vorbereitungskurs besucht. Danach habe er ein persönliches Gespräch mit dem Pastor geführt. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Pastor bestätigt das Gespräch und dessen Sinn in der Überprüfung der Ernsthaftigkeit der Glaubenskonversion. Am 25. Mai 2014 erfolgte die Taufe als Ganzkörpertaufe im M. Er, der Kläger, lese im Übrigen regelmäßig in der Bibel und besuche sonntags die Gottesdienste.

Besonders zu erwähnen ist in dem Zusammenhang, dass der Kläger seinen Glauben nicht nur öffentlich und nach außen hin lebt, sondern dass er sich auch für seinen Glauben engagiert. So gab er glaubhaft an, fürs Christentum geworben und erfolgreich missioniert zu haben. Der Kläger räumte ein, dass Moslems sensibel seien, was das Thema Christentum anbelange. Er versuche aber, mit ihnen über das Christentum zu reden und mit der Zeit näher darauf einzugehen. In einem Fall habe er schon erfolgreich missioniert, in einem anderen sei er noch im Gespräch. Seinen Eltern habe er mitgeteilt, dass er die christliche Kirche besuche. Diese hätten auch festgestellt, dass er ruhiger und gelassener geworden sei. Er gab an, er wolle sie jetzt langsam über seine Konversion informieren. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der christlichen Aktivitäten des Klägers schon im Iran vor seiner Ausreise wird der Eindruck bestätigt, dass der Kläger bei seiner Glaubensbetätigung auch nicht vor seiner Heimat Halt macht, was für eine nachhaltige und ehrliche Konversion sowie für eine entsprechende Glaubensbetätigung auch bei einer eventuellen Rückkehr in den Iran spricht.

Der Kläger verdeutlichte in der mündlichen Verhandlung des Weiteren plausibel und glaubhaft seine Beweggründe für die Abkehr vom Islam und die Hinwendung zum Christentum. In dem Zusammenhang legte er - in seinen Worten und in seinem Verständnis - auch zentrale Elemente des christlichen Glaubens als für sich wichtig dar. Gerade mit seinen Aussagen zur Stellung von Jesus Christus im Christentum sowie zur Erbsünde machte der Kläger zentrale Elemente des christlichen Glaubens und den fundamentalen Unterschied zwischen Islam und Christentum deutlich und zeigte, dass er dies verinnerlicht hat. Er erklärte, im Islam würden die Taten nach dem Tode beurteilt. Beim Christentum würden alle Sünden bereinigt. Das Christentum sei eine Religion der Liebe und Zuneigung. Man habe einen direkten Kontakt zu Gott. Jesus Christus sei der Sohn Gottes. Gott habe seinen Sohn geopfert, damit unsere Sünden bereinigt würden. Mohammed sei ein Prophet; Jesus Christus sei von den Toten auferstanden. Jesus Christus sei der Sohn Gottes. Er sei über den Heiligen Geist in den Körper eines Menschen auf die Erde gekommen. Es gebe im Christentum nur einen Gott mit drei Persönlichkeiten: Heiliger Geist, Jesus Christus und Gott Vater. Das nenne man die Dreieinigkeit. Die Sünde komme daher, dass Adam das verbotene Obst zu sich genommen habe. So seien alle Menschen zu Sündern geworden.

Der Kläger offenbarte weiter konkrete wesentliche Glaubensinhalte und Glaubenskenntnisse, die seine Glaubensentscheidung und seinen Gewissensschritt zusätzlich belegen. Der Kläger benannte in dem Zusammenhang einzelne christliche Feiertage und die Zehn Gebote. Des Weiteren kannte der Kläger auch christliche Gebete, wie das „Vater unser“. Der Kläger bezog sich zudem auf die Bibel und auf einzelne Bibelstellen.

Der Kläger erklärte, er könne sich nicht vorstellen, zum Islam zurückzukehren. Er sei vom Islam abgefallen. Der einzige Weg der Rettung sei das Christentum. Der Kläger gab weiter glaubhaft an, dass er bei einer theoretischen Rückkehr in den Iran seine Konversion nicht verheimlichen könne. Er verwies auf seine Vorfluchtgeschichte bei der Arbeitsstelle. Jesus Christus habe gesagt, man solle seinen Glauben nicht leugnen und sein Licht nicht verstecken. Wenn man an einen Ort komme, an dem man nicht gegrüßt werde, solle man den Staub von der Hose wischen und an einen anderen Ort gehen. Wenn es künftig bei einer anderen Regierung im Iran keine Verfolgung des Christentums mehr gebe, könne er dort leben und seine Religion ausüben.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das gesamte Verhalten des Klägers vor und nach seiner Ausreise im Zusammenhang mit der Konversion zum Christentum sowie die von ihm vorgetragenen Glaubensinhalte und Glaubenskenntnisse über die christliche Religion - auch in Abgrenzung zum Islam - eine ehrliche Konversion glaubhaft machen und erwarten lassen, dass der Kläger bei einer angenommenen Rückkehr in seine Heimat seiner neu gewonnenen Religion entsprechend leben würde. Der Kläger hat lebensgeschichtlich nachvollziehbar seine Motive für die Abkehr vom Islam und seine Hinwendung zum christlichen Glauben dargestellt. Er hat seine Konversion anhand der von ihm gezeigten Glaubenskenntnisse über das Christentum und durch seine Glaubensbetätigung gerade auch in Bezug zur Öffentlichkeit nachhaltig und glaubhaft vorgebracht. Der Eindruck einer ernsthaften Konversion wird dadurch verstärkt, dass der Kläger missionarische Aktivitäten entwickelt, indem er bei anderen für den christlichen Glauben wirbt. Weiter ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger bei einer theoretischen Rückkehr in den Iran seine Konversion verheimlichen würde, da prognostisch von einer andauernden christlichen Prägung auszugehen ist. Abgesehen davon, kann einem Gläubigen nicht als nachteilig entgegengehalten werden, wenn er aus Furcht vor Verfolgung auf eine Glaubensbetätigung verzichtet, sofern die verfolgungsrelevante Glaubensbetätigung wie hier die religiöse Identität des Schutzsuchenden kennzeichnet. Ein so unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungener Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen und hindert nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67; Berlit, juris, Praxisreport-BVerwG 11/2013, Anm. 1; Marx, Anmerkung, InfAuslR 2013, 308). Umgekehrt kann einem Gläubigen von den deutschen Behörden bzw. Gerichten nicht zugemutet werden, bei einer Rückkehr in den Iran von seiner religiösen Betätigung Abstand zu nehmen, um nicht verfolgt zu werden (EuGH, U. v. 5.9.2012 - C-71/11 und C-99/11 - ABl. EU 2012, Nr. C 331 S. 5 - ZAR 2012, 433).

Der Kläger hat insgesamt durch sein Auftreten in der mündlichen Verhandlung und durch die Darlegung seiner Beweggründe nicht den Eindruck hinterlassen, dass er nur aus opportunistischen und asyltaktischen Gründen motiviert dem christlichen Glauben nähergetreten ist, sondern aufgrund einer ernsthaften Gewissensentscheidung und aus einer tiefen Überzeugung heraus den religiösen Einstellungswandel vollzogen hat. Dieser Eindruck erhärtet sich durch das schriftliche Vorbringen sowie die vorgelegten Unterlagen.

Dazu tragen auch die überzeugenden Ausführungen seines Beistands, des Pastors seiner Kirchengemeinde, in der mündlichen Verhandlung bei. Dieser erklärte, er sei überzeugt, dass der Kläger wirklich zum Christentum konvertiert sei und das Christentum liebe. Diese Überzeugung komme aus den Gesprächen mit dem Kläger sowie aus seinem Verhalten im täglichen Leben und aus Hausgesprächen mit anderen Gemeindemitgliedern, mit denen der Kläger Kontakt habe. Der Kläger komme und stelle auch Glaubensfragen. Er berichte, wenn er Gott im Leben verspürt habe. Das Ganze bestätige seinen Eindruck, dass der Kläger wirklich Christ sei.

2.4 Nach § 28 Abs. 1a AsylVfG kann sich ein Kläger bzw. eine Klägerin bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG auch auf Umstände stützen, die nach Verlassen des Herkunftslandes entstanden sind. Dies gilt gerade, wenn wie hier vorliegend ein Iraner seine religiöse Überzeugung aufgrund ernsthafter Erwägungen wechselt und nach gewissenhafter Prüfung vom Islam zum Christentum übertritt (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 28 AsylVfG Rn. 17).

Nach alledem ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG zuzuerkennen. Über die hilfsweise gestellten Antrag zum subsidiären Schutz (§ 4 AsylVfG) bzw. zu den nationalen Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG) war nicht zu entscheiden (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG).

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Zur Klarstellung wird im Hinblick auf die erhobene und nach Klagerücknahme und Abtrennung im gesonderten Verfahren W 6 K 15.30289 eingestellte Asylklage betreffend die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten darauf hingewiesen, dass das Gericht in der Sache eine entsprechende Anwendung von § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO für angemessen hält, da der zurückgenommene Teil der Klage durch die weitgehende Angleichung des Flüchtlingsstatus an die Rechtstellung des Asylberechtigten kostenmäßig nicht ins Gewicht fällt (HessVGH, U. v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4; VG Würzburg, B. v. 12.9.2011 - W 6 M 11.30245 - juris).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.