Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Jan. 2019 - M 29 K 18.3555

bei uns veröffentlicht am30.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines der Beigeladenen erteilten Vorbescheides für den Neubau zweier Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks …straße 2, Fl.Nr. 1215/14, Gemarkung …, an das östlich das streitgegenständliche Grundstück …straße 4, Fl.Nr. 1215/7, und südlich das streitgegenständliche Grundstück mit der Fl.Nr. 1215/19 an der K. …straße angrenzt. Die Grundstücke befinden sich im Bereich eines einfachen Bebauungsplans, der im Bereich der D. …straße eine Baugrenze mit 4 m Vorgartenzone und entlang der K. …straße eine Baugrenze ohne Vorgarten an der Straßenbegrenzungslinie festsetzt.

Mit Antrag vom 21. März 2018 (Az.: 2018- …*) beantragte die Beigeladene den Erlass eines Vorbescheides für den Neubau zweier Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage auf den Grundstücken D. … 4/K. …straße 4. Nach den beigefügten Plänen sind jeweils drei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss sowie jeweils sieben Wohnungen geplant. Die Tiefgarage soll 14 Stellplätze erhalten.

Die Beigeladene stellte mit ihrem Antrag folgende Fragen:

- Frage 1: Art der Nutzung

Ist das Vorhaben von der Art der Nutzung, nämlich Wohnen, planungsrechtlich zulässig?

- Frage 2: Maß der baulichen Nutzung

a) Gebäude D. …straße 4

Ist das Vorhaben in der D. …straße 4 entsprechend der Plandarstellungen vom Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig?

b) Gebäude an der K* …straße

Ist das Vorhaben im Bereich der K. …straße entsprechend der Plandarstellungen vom Maß der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig?

- Frage 3:

Sind die Vorhaben im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche planungsrechtlich zulässig?

- Frage 4:

Wird der Lage der in den Plänen dargestellten Tiefgaragenzufahrt zugestimmt?

- Frage 5:

Wird der Fällung der Bäume Nummer 1 - 9, 16,17,18,19 und 20 gemäß beigefügtem Baumbestandsplan gegen Ersatzpflanzungen zugestimmt?

Mit Vorbescheid vom 18. Juni 2018 (Az.: …*) bezeichnete die Beklagte als maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB die Bebauung nördlich und südlich entlang der D. …straße. Die Fragen der Beigeladenen zum geplanten Vorhaben beantwortete sie allesamt positiv. Frage 1 wurde mit “Ja, Wohnen ist planungsrechtlich zulässig“ beantwortet. Die Fragen 2a), 2b) und 3 wurden jeweils mit „Ja, das Gebäude fügt sich bzw. die Gebäude fügen sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die maßgebliche Umgebung ein“ beantwortet. Auch die Frage 4 wurde mit „Ja“ beantwortet.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2018, bei Gericht am selben Tage eingegangen, ließ die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragte zuletzt,

den Vorbescheid vom 18. Juni 2018 aufzuheben.

Zur Begründung führte der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen aus, dass sich das beantragte Bauvorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und daher die Klägerin als Nachbarin in ihren drittschützenden Rechten verletze. Die Feststellung im Vorbescheid, dass „die maßgebliche nähere Umgebung die Bebauung nördlich und südlich entlang der D. …straße ist“ sei unzutreffend. Tatsächlich werde das beantragte Vorhaben jedenfalls von der großvolumigen Bebauung K. …straße 8 nördlich der D. …straße/Ecke K. …straße nicht geprägt. Vielmehr sei es so, dass diese Bebauung für die Bebauung südlich der D* …straße (Häuser K. …straße 6 sowie D. …straße 2 bis 8), die sich durch eine einheitliche Bebauung mit zweigeschossigen Häusern im Kaffeemühlenstil und zurückhaltender Ausnutzung der Grundfläche auszeichne, einen Fremdkörper darstelle und daher außer Acht zu lassen sei. In die maßgebliche nähere Umgebung südlich der D. …straße füge sich das geplante Vorhaben nicht ein. Dies ergebe sich bereits aus dem überdimensionierten Maß der beabsichtigten baulichen Nutzung, die Ansetzung einer für die Umgebung nicht angemessenen Grund- und Geschossfläche und vor allem aus der Überschreitung der faktischen seitlichen (im Sinne eines unbebauten Seitenabstands bis zu den jeweiligen Grundstücksgrenzen) und hinteren Baugrenzen (entlang der hinteren Gebäudewände der Bebauung südlich der D* …straße zum rückwärtigen, ruhegeschützten Bereich). Das streitgegenständliche Grundstück an der K. …straße werde vor allem durch die vorhandene Eckbebauung K. …straße 6 geprägt. Ein nachbarschützender Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei für rückwärtige Baugrenzen anerkannt, wenn wie vorliegend im hinteren Bereich eine zusammenhängende, allen angrenzenden Grundstücken zu Gute kommende, unbebaute grüne Fläche entstanden sei. In diesem Fall könnten die Nachbarn untereinander die Beachtung der für sie gemeinsam geltenden (faktischen) Regelungen verlangen, da sie im Sinne eines Austauschverhältnisses jeweils wechselseitig begünstigt und belastet würden. Hierzu seien Entscheidungen des BayVGH (B.v. 27.04.2009 - 14 ZB 08.1172) und des VGH Mannheim (B.v. 01.10.1999 - 8 S 1098/03 - juris Rn. 2) vergleichend heranzuziehen.

Überdies sei auch die Nordseite der D. …straße durch eine ein- bis zweigeschossige Bebauung gekennzeichnet, die sich durch großzügige Abstände und bescheidene Grundstücksnutzungen auszeichne und auch in der Höhe nicht die von der Beigeladenen verfolgte Nutzung aufweise. Schließlich wäre selbst bei Einbeziehung des Anwesens K. …straße 8 die Höhe dieses Gebäudes nicht einer isolierten Betrachtung zugänglich, sondern nur unter Einbeziehung der geringfügigen Ausnutzung des (spitzgiebligen) Dachgeschosses des Anwesens, das zudem durch eine geringere Grundstücksnutzung gekennzeichnet sei.

Die Beklagte beantragte dagegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie mit Schriftsatz vom 15. Januar 2019 im Wesentlichen aus, dass die maßgebliche nähere Umgebung die Bebauung nördlich und südlich entlang der schmalen D. …straße sei, die verbindende Wirkung habe. Als Bezugsfall sei das Gebäude auf dem Grundstück B. …straße 41 auf der nördlichen Seite der D. …straße zu nennen. Die beantragten Gebäude orientierten sich hinsichtlich Geschossigkeit, Höhe und der überbauten Grundstücksfläche an diesem Referenzobjekt. Faktische seitliche und hintere Baugrenzen seien nicht ersichtlich. Auch im Übrigen seien festgesetzte, wie auch faktische Baugrenzen nicht nachbarschützend. Die vom Klägervertreter zitierten Entscheidungen seien für den hiesigen Sachverhalt nicht dienlich, da in diesen Fällen jeweils ein Bebauungsplan zugrunde gelegen habe. Auch der VGH Mannheim nehme keinen Automatismus dergestalt an, dass Festsetzungen seitlicher Baugrenzen kraft Gesetzes bzw. immer nachbarschützend seien. Die Klägerin selbst führe nicht weiter aus, inwieweit im hinteren Bereich eine zusammenhängende, allen angrenzenden Grundstücken zu Gute kommende, unbebaute grüne Fläche entstanden sein solle. Dies sei nach den zitierten Entscheidungen aber nötig. Schließlich sei die Klägerin nicht durch die Tiefgaragenabfahrt an der Ostseite des geplanten Gebäudes in der D. …straße benachteiligt, da ihr Grundstück westlich an dieses Grundstück angrenze.

Die Beigeladene beantragte ebenfalls

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2018 im Wesentlichen ausgeführt, dass in der entsprechend prägenden Nachbarschaft vergleichbare Gebäude vorhanden seien, etwa B. …straße 41 oder K. …straße 1. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot komme nur dann in Betracht, wenn sich das Vorhaben erdrückend auf die Belange der Klägerin auswirke (vgl. BayVGH, B.v. 19.03.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 31). Im Hinblick auf das Vorhaben in der D. …straße sei darauf hinzuweisen, dass bereits der Abstand (sic!) eine entsprechende Gebäudetiefe aufweise, sodass sich hieraus keine Verschlechterung, sondern Verbesserung für die Klägerin ergebe. Im Hinblick auf das Gebäude in der K. …straße sei eine wie auch immer geartete Baugrenze nicht erkennbar. Die von der Klägerin zitierten Gerichtsentscheidungen beträfen allesamt Fälle, in denen die Gemeinde ausdrücklich im Rahmen eines Bebauungsplanes eine nicht nur rein städtebauliche Entscheidung getroffen habe, sondern auch eine solche, die den Nachbarn zu Gute kommen sollte.

Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2019 vertiefte der Klägerbevollmächtigte sein Vorbringen und führte weiter aus, dass die von der Beigeladenen zitierte Entscheidung des BayVGH vom 19.03.2015 - 9 CS 14.2441 kein vergleichbarer Fall sei, da im dortigen Verfahren der klagende Nachbar nur Wohnungseigentümer in einer großen Wohnanlage gewesen sei und als solcher lediglich Rechtsverletzungen hätte geltend machen können, die spezifisch sein beschränktes Wohnungseigentum betroffen hätten. Der BayVGH hebe dann hervor, dass der Einwand einer erdrückenden Wirkung eines Bauvorhabens, insbesondere bei der Höhe und dem Volumen nach übergroßen Baukörpern in Betracht komme. Das Vorhaben der Beigeladenen überschreite das zulässige Volumen um mehr als 30%.

Mit Schriftsätzen vom 16. und 22. Januar 2019 vertiefte auch der Bevollmächtigte der Beigeladenen sein Vorbringen und verwies auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münchens mit dem Az.: 8 S 17.676, die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29.08.2017 - 2 CS 17.902 - bestätigt worden sei.

Mit Beschluss vom 24. Juli 2018 wurde die Bauherrin und Adressatin des streitgegenständlichen Bescheids zum Verfahren beigeladen.

Das Gericht hat am 30. Januar 2019 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines auf den streitgegenständlichen Grundstücken und in dessen Umgebung erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Vorbescheid verletzt keine nachbarschützenden Rechte der Klägerin, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Erteilung des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen, in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren sind, fest und entfaltet während seiner regelmäßigen Geltungsdauer von drei Jahren (Art. 71 Satz 2 BayBO) Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren. Die Bindungswirkung des Vorbescheids gilt auch gegenüber Nachbarn, wenn diese im Verfahren beteiligt wurden.

Dritte - wie die Klägerin - können sich gegen einen Vorbescheid nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Vorbescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22; B.v. 28.1.2019 - 15 ZB 17.1831 - juris Rn. 17). Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn der Vorbescheid gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Ob eine konkrete Norm Drittschutz vermittelt, wird im Wesentlichen nach den Grundsätzen der sog. Schutznormtheorie bestimmt (vgl. st. Rspr. BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 3 C 3/89 - juris Rn. 35; BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Die betreffende Norm muss mithin ein Privatinteresse derart schützen, dass der Träger des Individualinteresses die Einhaltung des Rechtssatzes verlangen können soll (BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 3 C 3/89 - juris Rn. 35 m. w. N).

1. Das mit dem streitgegenständlichen Vorbescheid zugelassene Vorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht gegen drittschützende Vorschriften.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 BBauG und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB, welches für das Gebiet vordere Baugrenzen vorsieht, und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ist ausnahmsweise zulässig, wenn es keine „städtebaulichen Spannungen“ hervorruft. Als nähere Umgebung ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - juris Rn. 33; B.v. 20.8.1998 - 4 B 79/98 - juris Rn. 7). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). In der Regel gilt bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; B.v. 01.12.2011 - 14 CS 11.2577 - juris Rn. 26).

1.1. Eine Verletzung drittschützender Rechte hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

1.2. Bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieses nicht schon kraft Gesetzes eine nachbarschützende Funktion hat (vgl. ganz herrschende Meinung: BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 3 m.w.N.).

Daher kann im vorliegenden Fall auch offen bleiben, ob die Bebauung nördlich und südlich entlang der D. …straße als maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB für das geplante Vorhaben heranzuziehen ist, wie es die Beklagte im Vorbescheid zugrunde gelegt hat, oder ob, wie vom Klägerbevollmächtigten gefordert, nur der Bereich der südlichen D. …straße mit den Hausnummern 2 bis 8 - gegebenenfalls mit der Folge der objektiven Rechtswidrigkeit des Vorhabens wegen Überschreitung des Maßes der Nutzung in der näheren Umgebung - heranzuziehen ist.

1.3. Auch Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin diese Funktion haben sollen (BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 18.06.2018 - 15 ZB 17.635 - juris Rn. 16; B.v. 22.2.2017 - 15 CS 16.1883 - juris Rn. 13 m.w.N.). Daraus ergibt sich, dass die Verletzung von ggf. faktisch bestehenden Baugrenzen grundsätzlich nicht drittschützend sein kann, da es bei einer faktischen Baugrenze per se an einem Willen des Plangebers fehlt und somit dieser keine nachbarschützende Wirkung zukommen kann. Eine faktische Baugrenze, die sich aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ableitet und sich somit aus der tatsächlichen Entwicklung heraus ergibt, kann daher niemals nachbarschützende Funktion haben (vgl. BayVGH, B.v. 30.06.2011 - 2 CS 11.824 - juris Rn. 11).

Auf die zitierten Entscheidungen (Anm.: gemeint ist entweder die Entscheidung des VGH Mannheim vom 02.06.2003 - 8 S 1098/03 - juris Rn. 2 oder vom 01.10.1999 - 5 S 2014/99 - juris Rn. 5) kann sich die Klägerin daher im vorliegenden Fall schon deshalb nicht berufen, da diese jeweils Fälle betreffen, in denen - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - ein Bebauungsplan für den streitgegenständlichen Bereich vorlag.

Es kann hier daher auch dahinstehen, ob eine faktische rückwärtige oder seitliche Baugrenze im Bereich der südlichen D. …straße und östlichen Bereich der K. …straße besteht. Überdies würde das geplante Haus 2 an der D. …straße 4 eine eventuelle rückwärtige maximale Bebauungstiefe, die sich aufgrund der benachbarten Bebauung ergeben könnte, nicht überschreiten; eine faktische rückwärtige Baugrenze an der Ostseite der K. …straße ist dagegen nicht ersichtlich.

1.4. Damit kann sich ein Schutz der Klägerin allein aus dem Gebot der Rücksichtnahme ergeben, gegen das jedoch mit dem Vorbescheid nicht verstoßen worden ist.

In den Fällen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, das im Begriff des „sich Einfügens eines Vorhabens“ in die nähere Umgebung enthalten ist (BayVGH, B.v. 06.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10 m.w.N.). Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebende Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen ein Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (BVerwG, U.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn 8 und 9 m.w.N; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4; B.v. 18.06.2018 - 15 ZB 17.635 - juris Rn. 33).

Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann jedoch dann in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens das Wohngebäude des Nachbarn „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Ob dies der Fall ist, hängt wesentlich von der konkreten Situation im Einzelfall ab. Eine solche erdrückende Wirkung auf das Nachbargrundstück kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m.w.N.). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin - neben der bloßen Distanz - insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 15.01.2018 - 15 ZB 16.2508 - juris Rn. 18 m.w.N.).

Für die Annahme der abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9; B.v. 15.01.2018 - 15 ZB 16.2508 - juris Rn. 18).

Vorliegend fehlt es bereits an einer erheblichen Höhendifferenz zwischen den beiden Vorhabengebäuden und dem Anwesen der Klägerin. Zwar sind für die beiden streitgegenständlichen Gebäude jeweils drei Vollgeschosse mit ausgebautem Dachgeschoss vorgesehen, wohingegen das Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin lediglich über zwei Vollgeschosse verfügt. Jedoch sind die geplanten Gebäude mit einer Traufhöhe von jeweils 7 m und einer Firsthöhe von 13 m nur geringfügig höher als das Wohnhaus der Klägerin, das eine Traufhöhe von 7,16 m und eine Firsthöhe von 12,18 m hat. Zudem beträgt der Abstand zum geplanten Haus 2 an der D. …straße 4 ca. 8 m und zum geplanten Haus 1 an der K. …straße an der engsten Stelle ca. 13 m. Schon insoweit ist die zur Bejahung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung erforderliche erhebliche Höhendifferenz nicht gegeben.

Überdies soll das geplante Gebäude an der D. …straße 4 eine Bebauungstiefe von 13,40 m haben. Damit wäre es mit der zum klägerischen Grundstück zugewandten Seite lediglich 1,40 m länger als das Anwesen der Klägerin. Auch das geplante Gebäude an der K. …straße ist mit 16 m Bebauungstiefe an der zum klägerischen Grundstück zugewandten Seite nicht wesentlich länger als das klägerische Anwesen.

Die Annahme einer einmauernden bzw. erdrückenden Wirkung scheidet daher aus. Im Hinblick auf die Gebäudehöhen und -längen sowie in Bezug auf die Stellung und Entfernung der Baukörper zueinander, kann von keiner abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung gesprochen werden.

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme scheidet auch aus, soweit sich die Klägerin gegen den Wegfall der rückwärtigen Grün- bzw. Ruhezone wendet. Denn der Erhalt einer Ruhezone ist kein Kriterium im Rahmen des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB (BayVGH, B.v. 18.10.2010 - 2 ZB 10.1800 - juris Rn. 11). Nachbarn haben also keinen Anspruch auf den Fortbestand einer faktischen Ruhezone in dem Sinn, als dass sie damit die Bebauung von Nachbargrundstücken verhindern könnten (BVerwG, U.v. 18.9.2003 - 4 CN 3/02 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 8.2.2010 - 2 AS 09.2907 - juris Rn. 23). Für eine entsprechende „rückwärtige Ruhezone“ hat jeder Bauherr vielmehr auf seinem eigenen Grundstück zu sorgen (BayVGH, B.v. 18.10.2010 - 2 ZB 10.1800 - juris Rn. 11).

Soweit die Klägerin sich auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. April 2009 - 14 ZB 08.1172 - beruft, ist ihr wiederum entgegenzuhalten, dass in diesem Fall - im Gegensatz zum hier gegenständlichen Geviert - ein Bebauungsplan zugrunde lag, der durch Festsetzungen mittels Baugrenzen rückwärtige Ruhebereiche in bestimmten Bereichen zu schaffen oder zu erhalten beabsichtigte.

Die Klägerin kann aus diesen Gründen mit ihrem Vorbringen zum Erhalt einer rückwärtigen Grünzone nicht durchdringen.

1.5. Hinsichtlich der Tiefgarage einschließlich Zufahrt, die im Übrigen auf der zum klägerischen Grundstück gegenüberliegenden Grundstücksseite liegt, kann die Klägerin keine drittschützenden Rechte geltend machen.

In Wohngebieten sind Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig (vgl. § 12 Abs. 2 BauNVO). Die Vorschrift begründet für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (BayVGH, B.v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 35; B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 14).

1.6. Ebenfalls nicht nachbarschützend sind die Vorschriften der Baumschutzverordnung der Beklagten, so dass hinsichtlich der positiven Antwort zu Frage 5 des Vorbescheidsantrags, mit der die Genehmigung für die geplanten Baumfällungen in Aussicht gestellt wurde, eine Verletzung der Rechte der Klägerin von vorneherein nicht in Betracht kommt (BayVGH, B.v. 15.03.2004 - 2 CS 04.581 - juris Rn. 2).

Nach alledem liegt ein Verstoß des angefochtenen Vorbescheids gegen Vorschriften, die (auch) dem Schutz der Klägerin dienen, nicht vor.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Beigeladene hat sich durch Stellung eines Sachantrags gemäß § 154 Abs. 3 VwGO in ein Kostenrisiko begeben, so dass es der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, auch ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Jan. 2019 - M 29 K 18.3555

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(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2019 - 15 ZB 17.1831

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2018 - 15 ZB 16.2508

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2018 - 15 ZB 17.635

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulassungsve

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 9 CS 14.222

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. März 2014 - 15 ZB 13.1017

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2017 - 15 CS 16.1883

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Nov. 2012 - 4 C 8/11

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinhe

Referenzen

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich als Nachbargemeinde gegen den Bescheid vom 30. September 2016, mit dem die Beklagte dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau Sportcampus - ... SV“ erteilte. Das Baugrundstück liegt östlich der Bundesstraße B ... sowie im Geltungsbereich des am 26. Januar 2007 bekanntgemachten Bebauungsplans Nr. 288 „S...- ...“ der Beklagten, der im betroffenen Bereich („GE 4“, Baufeld 30-2) ein Gewerbegebiet festsetzt.

In den Beteiligungsverfahren zur Bauleitplanung zum Bebauungsplan Nr. 288 hatte die Klägerin mit Stellungnahmen vom 27. September 2004 sowie vom 21. April 2006 darauf hingewiesen, dass aufgrund von Schallreflexionen mit verkehrslärmbezogenen Auswirkungen auf die westlich in ihrem Stadtgebiet angrenzende Bebauung, insbesondere im Bereich des E...- ...-Rings zu rechnen sei. Hierauf wurde im weiteren Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans eine „ergänzende schalltechnische Untersuchung“ eines Sachverständigenbüros (A... AG) vom 26. Oktober 2006 zugrunde gelegt, das die Auswirkungen der Umsetzung des Bebauungsplans Nr. 288 der Beklagten infolge einer Reflexion der Verkehrsgeräusche durch die entlang der vorhandenen Verkehrswege geplanten Gebäude sowie der Lärmschutzeinrichtungen auf die benachbarten Wohngebiete im Stadtgebiet der Klägerin untersuchte und bewertete. In § 14 Abs. 3 und 4 der textlichen Festsetzungen zu dem sodann am 14. Dezember 2006 als Satzung beschlossenen und am 26. Januar 2007 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 288 finden sich insofern folgende Regelungen zum Lärmschutz:

„(3) Aktive Lärmschutzmaßnahme

Auf der Westseite des Plangebietes ist entlang der Bundesstraße ..., zur Abschirmung der von diesem Verkehrsweg verursachten Emissionen, ein Lärmschutzwall entsprechend der Darstellung und Höhenfestlegung in der Planzeichnung anzulegen. Alternativ kann unmittelbar entlang der Bundesstraße ... auch eine zur B ... hochabsorbierend ausgebildete Lärmschutzwand errichtet werden, deren Oberkante 1,0 m unter der in der Planzeichnung festgesetzten Höhe ü. NN liegen darf.

(4) Fassadengestaltung

Im Gewerbegebiet und im Bereich MI 1 und MI 3 sind die in der Planzeichnung entsprechend gekennzeichneten Fassaden schallabsorbierend auszubilden, wobei im GE 2 sowie in den Baufeldern 19, 28 und 30-2 im Bereich GE 1 und in den Baufeldern 22 und 30-1 im Bereich GE 4 nur die Fassadenteile betroffen sind, die höhenmäßig über die entlang der B ... auszubildende Lärmschutzeinrichtung hinausgehen.“

In der Begründung zum Bebauungsplan heißt es hierzu unter „D.4.5.1. Verkehrslärm“:

„In einer ergänzenden schalltechnischen Untersuchung der A... AG (Untersuchung Nr. 1.06.528/1 vom 26.10.2006) wurden die Auswirkungen infolge einer Reflexion der Verkehrsgeräusche durch die entlang der vorhandenen Verkehrswege (B ..., N...weg, S... Straße) geplanten gewerblichen und gemischt genutzten Gebäude sowie Lärmschutzeinrichtungen auf die benachbarte bereits bestehende Wohnbebauung untersucht und bewertet.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die Beurteilungspegel an den benachbarten Wohngebäuden bei Berücksichtigung möglicher Reflexionen infolge der im Plangebiet geplanten Anlagen (Gebäude, Lärmschutz) an einigen Wohngebäuden im F...-Circle, im Bereich der D....- ...-Straße und am N...weg sowohl tagsüber als auch nachts um bis zu 2,0 dB(A) erhöht werden. Zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf die bestehenden Wohngebäude wird an den in der Planzeichnung (Teil A) entsprechend gekennzeichneten Fassaden im Gewerbegebiet und in den Bereichen MI 1 und MI 3 eine schallabsorbierende Fassadengestaltung festgesetzt. Zudem wird auch für die alternativ entlang der B ... auszubildende Lärmschutzwand eine hochabsorbierende Ausführung vorgegeben.“

Im Umweltbericht zum Bebauungsplan Nr. 288 heißt es zudem unter „D.5.2.2.“ (Seite 57 der Planbegründung), dass nach den schalltechnischen Untersuchungen der A... AG vom 26. Oktober 2006 entlang der das Gebiet umgrenzenden Hauptverkehrswege regelmäßig mit Überschreitungen der nach DIN 18005 für allgemeine Wohngebiete zulässigen Orientierungswerte [Tag 55 dB(A), Nacht 45 dB(A)] zu rechnen sei, die insbesondere entlang der Bundesstraße B ... erhebliche Einschränkungen für Wohnnutzungen zur Folge hätten. Durch die geplanten Bauflächen werde neuer Ziel- und Quellverkehr erzeugt, der verkehrsbedingte Lärmemissionen hervorrufe. Das gewählte städtebauliche Konzept (Zuordnung von Gewerbe und Mischnutzung zu der Hauptverkehrsquelle B ... sowie von Wohnnutzung zu bestehenden Wohnarealen) bedinge in Verbindung mit der gewählten Erschließungsstruktur keine nachhaltigen Verschlechterungen für das durch die vorhandenen Verkehrsgeräusche auf den bestehenden Hauptverkehrswegen bereits stark vorbelastete Umfeld. Zudem würden auf Grundlage der schalltechnischen Untersuchung aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen derart vorgesehen, dass den gesetzlichen Anforderungen an die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse innerhalb und außerhalb des Plangebiets entsprochen werden könne. In der „Zusammenfassenden Erklärung - nach § 10 Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB)“ wird zudem zum Thema „Immissionsschutz“ (Seite 3) ausgeführt, dass entlang der Bundesstraße B... ein 6,0 m hoher Lärmschutzwall bzw. alternativ eine 5,0 m hohe Lärmschutzwand festgesetzt worden sei, um gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse in den geplanten Wohngebieten sicherstellen zu können. Die unmittelbar an den Hauptverkehrswegen angrenzenden Fassaden würden zusätzlich noch durch Festsetzungen passiver Maßnahmen vor den Geräuschemissionen der Verkehrswege geschützt. Zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf bestehende benachbarte Wohngebäude infolge einer Reflexion der Verkehrsgeräusche durch die entlang bestehender Verkehrswege geplanten gewerblichen bzw. gemischt genutzten Bauten werde eine schallabsorbierende Fassadengestaltung in diesen Bereichen festgesetzt.

Unter dem 8. April 2016 beantragte der Beigeladene eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau Sportcampus - ... SV“ auf dem Baugrundstück. Die sodann unter dem 30. September 2016 dem Beigeladenen erteilte streitgegenständliche Baugenehmigung erging unter der Erteilung einer Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB hinsichtlich der Anforderungen des § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 288 an eine schallabsorbierende Fassade.

Mit Urteil vom 27. Juli 2017 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage mit dem Antrag, die Baugenehmigung vom 30. September 2016 aufzuheben, ab.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils sowie besondere rechtliche Schwierigkeiten und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substantiierungsanforderungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) genügt.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Die vorgebrachten Einwände der Klägerin sind nicht geeignet, einen solchen Zulassungsgrund zu stützen.

In der vorliegenden Situation einer Drittanfechtung ist entscheidend, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen der Klägerin zu dienen bestimmt sind (zur sog. Schutznormtheorie vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 - 15 ZB 17.1890 - juris Rn. 11). Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine Nachbargemeinde - wie hier die Klägerin - Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung erhebt, auch insofern kommt es darauf an, ob diese tatsächlich in eigenen Rechten verletzt ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 - BVerwGE 84, 209 = juris Rn. 21).

a) Mit Ihren Einwänden gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die unter Befreiung von der Regelung in § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 288 erteilte Baugenehmigung verstoße nicht gegen das gemeindenachbarliche Rücksichtnahmegebot und verletze insoweit nicht subjektive Rechte der klagenden Nachbarkommune aus Art. 2 Abs. 2 BauGB, vermag die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht zu begründen.

Die Klägerin hat mit ihrer Zulassungsbegründung zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es durch die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung von der Festsetzung in § 14 Abs. 4 des Bebauungsplans Nr. 288 zu einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots komme, da von dem Vorhaben unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihr Gemeindegebiet ausgingen, die zu einer Verletzung des gemeindenachbarlichen Rücksichtnahmegebots führten. § 14 Abs. 4 des Bebauungsplans Nr. 288 sei das Ergebnis des ihr als Nachbargemeinde gegenüber geschuldeten gemeindenachbarlichen Rücksichtnahmegebots. Eine Abweichung hiervon begründe ihr gegenüber Auswirkungen gewichtiger Art, gegen die sie sich als Nachbargemeinde zur Wehr setzen können müsse. Indem die Beklagte im Rahmen der streitgegenständlichen Einzelgenehmigung die Festsetzung über den Weg der Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB ausgehebelt habe, verletze sie auch das interkommunale Abstimmungsgebot in Verbindung mit dem gemeindenachbarlichen Rücksichtnahmegebot. Die Beklagte habe sich im Rahmen des Bauleitplanverfahrens über § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan dazu verpflichtet, dass alle Vorhaben in dem festgelegten Bereich mit einer schallabsorbierenden Fassade auszuführen seien, damit es zu keinen weiteren Lärmbelastungen auf dem Gebiet der Klägerin komme. Durch die Ausführung des streitgegenständlichen Vorhabens ohne schallabsorbierende Fassade komme es aber unstreitig zu höheren Lärmimmissionen auf dem Gebiet der Klägerin. Es könne nicht sein, dass sich die Beklagte im Wege der interkommunalen Abstimmung verpflichte, eine bestimmte Festsetzung zu treffen, und hierüber sie - die Klägerin - dazu veranlasse, die Bebauungsplanung zu akzeptieren, um dann aber nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 BauGB die Festsetzung durch Befreiung aushebeln. Hierüber werde die interkommunale Abstimmung obsolet.

Diese Einwände rechtfertigen keine Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Soweit die Beklagte im Verfahren der Bauleitplanung den Einwänden der Klägerin mit der Aufnahme der Festsetzungen über die Ausgestaltung schallabsorbierender Fassaden entgegengekommen ist, erfolgte hierdurch eine satzungsmäßige Regelung in einem Bebauungsplan, hierüber wurde aber keine gegenseitige „Verpflichtung“ zwischen der Klägerin und der Beklagten als benachbarte Kommunen begründet. Im Übrigen fehlt es schon an einer den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 VwGO genügenden Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils. Das Darlegungsgebot im Berufungszulassungsverfahren erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8 m.w.N.; zuletzt auch z.B. BayVGH, B.v. 21.8.2018 - 15 ZB 17.2351 - juris Rn. 8). Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung nicht gerecht.

§ 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB, der nach seiner systematischen Stellung, seiner amtlichen Überschrift und seinem Wortlaut an sich nur für die Bauleitplanung gilt, kann zugunsten einer Nachbargemeinde, die - wie vorliegend die Klägerin - gegen eine Einzelgenehmigung vorgeht, ausnahmsweise und nur dann Drittschutz entfalten, wenn das Einzelvorhaben auf der Grundlage eines nicht abgestimmten Bauleitplans zugelassen wird oder wenn die Standortgemeinde dem Bauinteressenten - hier: dem Beigeladenen - eine Zulassung unter Missachtung bzw. Umgehung des § 2 Abs. 2 BauGB verschafft hat (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.1993 - 4 C 15.92 - NVwZ 1994, 285 = juris Rn. 26; VGH BW, B.v. 31.8.2016 - 8 S 1323/16 - NVwZ-RR 2017, 180 = juris Rn. 31; NdsOVG, B.v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 - NVwZ-RR 2007, 7 = juris Rn. 31; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2018, § 2 Rn. 104 m.w.N.). Ein solcher Fall einer Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB durch die Einzelgenehmigung („gemeindenachbarliches Rücksichtnahmegebot“, vgl. VGH BW, B.v. 3.4.2007 - 8 S 2835/06 - juris Rn. 2 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 11.2.1993 a.a.O.) erscheint grundsätzlich auch dann möglich, wenn eine Gemeinde - zumal dann, wenn sie selbst für die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist - statt einer an sich gebotenen Änderung des Bebauungsplans dem Bauherrn eine Zulassung über eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB verschafft (vgl. NdsOVG, B.v. 30.11.2005 a.a.O. juris Rn. 37; Hoffmann, NVwZ 2010, 738/740).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht eine Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB zu Lasten der Klägerin zum einen mit den Erwägungen verneint, dass bei Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 288 der Beklagten das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ordnungsgemäß beachtet worden sei. Die Planungen seien mit der Klägerin abgestimmt worden, die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und dem Bebauungsplan schließlich zugestimmt habe. Zum andern verletze auch die erteilte Befreiung von der Regelung in § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans die Klägerin nicht in ihren Rechten aus § 2 Abs. 2 BauGB, weil jegliche Anhaltspunkte dafür fehlten, dass das Vorhaben des Beigeladenen gegenüber der Klägerin nach den Grundsätzen des „gemeindenachbarlichen Rücksichtnahmegebotes“ rücksichtslos und deshalb nicht mehr hinnehmbar wäre. Das Verwaltungsgericht hat insofern weiter ausgeführt, von dem unter Befreiung genehmigten Vorhaben gingen keinerlei negative Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Klägerin aus (hierzu insbesondere vgl. B.v. 20.9.2017 - 22 CS 17.1471 - NVwZ-RR 2018, 120 = juris Rn. 23; vgl. auch BVerwG, U.v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 - BVerwGE 84, 209 = juris Rn. 33 ff.; BayVGH, B.v. 9.6.2006 - 22 ZB 05.1184 - BayVBl 2007, 22 = juris Rn. 2; B.v. 3.2.2009 - 22 CS 08.3194 - BayVBl 2010, 112 = juris Rn. 6 f.; VGH BW, B.v. 31.8.2016 - 8 S 1323/16 - NVwZ-RR 2017, 180 = juris Rn. 30; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 5.7.2004 - 2 M 867/03 - juris Rn. 16; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2018, § 2 Rn. 98, 104, 110; insbesondere im Zusammenhang mit § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Hoffmann, NVwZ 2010, 738/740; zum Sonderfall einer Vorhabens gem. § 11 Abs. 3 BauNVO vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 - 4 C 5.01 - BVerwGE 117, 25 = juris Rn. 21 f.; B.v. 22.12.2009 - 4 B 25.09 - ZfBR 2010, 269 = juris Rn. 6, 9; OVG M-V, U.v. 5.11.2008 - 3 L 281/03 - BauR 2009, 1399 = juris Rn. 138; Uechtritz, NVwZ 2003, 176 ff.). Die von der Klägerin benannten, vor Reflexionen des Verkehrslärms zu schützenden Wohngebiete seien bei Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 288 bereits städtebaulich entwickelt gewesen. Dass in diesen Gebieten eine städtebauliche Weiterentwicklung angedacht sei, die durch die Auswirkungen des Bauvorhabens beeinträchtigt werden könnte, sei nicht ersichtlich. Hierzu habe die Klägerin auch nichts vorgetragen. Die benachbart zum Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 288 westlich der Bundesstraße B ... gelegenen großen Freiflächen im Stadtgebiet der Klägerin sollten laut Stellungnahme der Klägerin im Planaufstellungsverfahren als von West nach Ost angelegte Frischluftschneisen freigehalten werden. Dass hier eine weitergehende städtebauliche Entwicklung angedacht sei, werde von der Klägerin nicht behauptet. Vielmehr habe ihr erster Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2017 vorgetragen, dass es konkrete Planungen für eine künftige, andere Weiterentwicklung des Bereichs am E...- ...-Ring nicht gebe.

Hiermit setzt sich die Klägerin nicht inhaltlich auseinander. Die Zulassungsbegründung begrenzt sich auf die Behauptung, dass von dem Vorhaben unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihr Gemeindegebiet ausgingen, die zu einer Verletzung des gemeindenachbarlichen Rücksichtnahmegebots führten, es wird lediglich pauschal auf nicht näher qualifizierte höhere Lärmimmissionen hingewiesen, nicht aber näher dargelegt, worin diese gewichtigen Auswirkungen zu sehen seien und warum das Verwaltungsgericht mit seinen diesbezüglichen Argumenten falsch liege. Insgesamt lassen sich damit den vorgebrachten Argumenten im Zulassungsverfahren keine unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art auf das Gemeindegebiet der Klägerin und damit kein qualifizierter Abstimmungsbedarf i.S. des § 2 Abs. 2 BauGB entnehmen, auf den sich die Klägerin berufen könnte (BayVGH, B.v. 9.6.2006 - 22 ZB 05.1184 - BayVBl 2007, 22 = juris Rn. 2). Warum es - wie die Klägerin an anderer Stelle ausführt - „auf der Hand liege“, dass es aufgrund einer „Verlärmung“ ihres Gebietes über kurz oder lang zu Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung und damit auf ihre Planungshoheit komme, wird ebenfalls nicht näher begründet. Hierfür hätte aber Anlass bestanden, weil schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zum Bebauungsplan Nr. 288 nach Maßgabe der damals vorliegenden Lärmbegutachtung („ergänzende schalltechnische Untersuchung“ der A... AG vom 26. Oktober 2006) klar war, dass sich die verkehrslärmbezogenen Belastungspegel im Falle der Umsetzung der baulichen Anlagen auch bei Berücksichtigung von Verkehrslärmreflexionen insbesondere im Bereich der Wohnbebauung am E...- ...-Ring auch bei nicht schallabsorbierenden Fassadengestaltung insgesamt nur eher mäßig erhöhen werden. Hierauf wird auch in der Begründung des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids vom 30. September 2016 unter Berücksichtigung sowohl des bereits im Verfahren der Bauleitplanung zugrunde gelegten Gutachtens als auch eines im Genehmigungsverfahren vorgelegten neueren Schallgutachtens abgestellt. Auch das im Zulassungsverfahren vorgebrachte Argument, dass sich aufgrund einer zu prognostizierenden Überschreitung der für ein allgemeines Wohngebiet gültigen Immissionswerte sich faktisch die Gebietsart ändere, wird nicht näher untermauert. Es ist auch nicht selbst erklärend oder für sich schlüssig, warum und wie ein - festgesetztes oder faktisches - allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 4 BauNVO) seine Gebietsartqualität verlieren kann, weil es über Verkehrslärmreflexionen an Fassaden an der gegenüberliegenden Straßenseite zu einer messbaren Erhöhung des Verkehrslärms komme. Unabhängig hiervon werden Erhöhungen des Beurteilungspegels für Verkehrslärm in einer Größenordnung von weniger als 3 dB(A) bei der Beurteilung der Zumutbarkeit - jedenfalls soweit keine gesundheitsgefährdende Lärmgesamtbelastung entsteht (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 = juris Rn. 69; B.v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 - ZfBR 2011, 165 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624 - juris Rn. 17 m.w.N.) - typischerweise nicht als relevant angesehen, vgl. Nr. 1.1 Satz 2 des Anhangs zur 18. BImSchV, Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 TA Lärm sowie § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV. Soweit die Klägerin auf Seiten 9 f. des Zulassungsbegründungsschriftsatzes vom 10. Oktober 2017 im Falle vorbeifahrender Fahrzeuge auf „Pegelsprünge“ von „bis zu 12 dB(A)“ verweist, die bei einer schallabsorbierenden Fassade um „etwa 6 dB(A) vermindert werden könnte, handelt es sich ersichtlich nicht um Mittelungspegel und damit nicht um Beurteilungspegel im Sinne der genannten Regelwerke. Zudem fehlt es im Zulassungsverfahren an einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern diese Pegelsprünge überhaupt wahrnehmbar sind bzw. vom stetigen Verkehrsgrundlärm überdeckt werden - vgl. die Diskussion im Parallelverfahren 15 ZB 17.1833 (Vorinstanz 5 K 17.48) - und inwiefern diese tatsächlich die Planungshoheit der Klägerin beeinträchtigen können. Aufgrund derselben Erwägungen genügen die nicht näher konkretisierten Ausführungen zur „Schutzwürdigkeit von Wohngebieten in der Nachbargemeinde vor unzumutbaren Immissionen“, zur Beeinträchtigung der „Sicherheit und Gesundheit der Bewohner einer benachbarten Gemeinde, vornehmlich im Grenzbereich durch Immissions- und Verkehrsbelastung“, zu unzumutbaren Immissionsverhältnissen wegen einer „Verletzung des für das Nebeneinander verschiedener Baugebietsarten geltenden Verbots der Rücksichtnahme“ sowie zum „Erhalt der Lebensqualität für die Bewohner der Klägerin“ nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 VwGO, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, wonach Rechte der Klägerin aus § 2 Abs. 2 BauGB nicht verletzt seien, zu begründen.

b) Nach Maßgabe der klägerischen Einwände im Zulassungsverfahren ist auch die Richtigkeit der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans diene nicht dem Schutz der Klägerin, nicht ernstlich zweifelhaft.

Mit Ausnahme eines generellen Nachbarschutzes hinsichtlich der Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung zugunsten aller benachbarter Eigentümer desselben Baugebiets (sog. Gebietserhaltungsanspruch, vgl. auch BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 f. m.w.N.), hängt die Frage, ob und ggf. zu wessen Gunsten eine Festsetzung in einem Bebauungsplan drittschützend ist, vom Planungswillen der planenden Kommune - hier: der Beklagten - ab. Ggf. ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die betreffende Festsetzung nach dem Willen des Plangebers auch darauf gerichtet ist, dem Schutz eines Dritten - etwa einem Nachbarn oder (hier) einer Nachbargemeinde - zu dienen (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 13.12.2016 - 4 B 29.16 - juris Rn. 5 m.w.N.). Abwehrrechte einer (Nachbar-) Gemeinde bestehen dabei nur, soweit das angegriffene Vorhaben die Gemeinde in einer e i g e n e n, wehrhaft ausgestalteten Rechtsposition betrifft; auch der Rekurs auf das in Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Selbstverwaltungsrecht vermittelt einer Gemeinde bzw. Stadt nicht die Rechtsstellung, gleichsam als Sachwalterin private Rechte betroffener Bürger klageweise geltend zu machen (BVerwG, U.v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 - BVerwGE 84, 209 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 20.9.2017 - 22 CS 17.1471 - NVwZ-RR 2018, 120 = juris Rn. 15).

In der Sache beruft sich die Klägerin zur Untermauerung ihrer Behauptung, § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 288 sei auch zu ihren Gunsten als Nachbarkommune drittschützend, auf das interkommunale Abstimmungsgebot gem. § 2 Abs. 2 BauGB und ihre diesbezüglichen - unsubstantiierten (s.o.) - Argumente. Allein der Umstand, dass die Beklagte im Verfahren der Bauleitplanung auf eine Einwendung reagiert und in den Bebauungsplan Festsetzungen zur Ausgestaltung schallabsorbierender Fassaden zur Minimierung des Verkehrslärms zum Schutz der Wohnbevölkerung im westlich angrenzenden Stadtgebiet der Klägerin aufgenommen hatte, führt aber noch nicht zwangsläufig zur Annahme eines Drittschutzes zugunsten der Klägerin als Nachbargemeinde. In den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils wird vom Verwaltungsgericht demgegenüber ausführlich begründet, warum aus seiner Sicht die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 288 zur Ausgestaltung schallabsorbierender Fassaden nicht zugunsten der Klägerin nachbarschützend sind: Ziel der Festsetzung sei gemäß der Begründung des Bebauungsplans („D.4.5.1. Verkehrslärm“) ausschließlich der Schutz der benachbarten Wohngebiete im Gemeindegebiet der Klägerin und damit privater Dritter vor übermäßigen Lärmimmissionen. Nach den dortigen Ausführungen diene die Festsetzung offenkundig und ausschließlich dem Schutz der Wohnbebauung auf dem Gemeindegebiet der Klägerin, vor allem im E...- ...-Ring, im Bereich der Dr.- ...-Straße und am N...weg. Durch die erteilte Befreiung werde die Klägerin weder in ihrer Planungshoheit tangiert noch unzumutbar beeinträchtigt. Die Klägerin selbst habe nicht behauptet, dass die Regelung in § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 288 erforderlich und geeignet sei, um ihre künftige städtebauliche Entwicklung und Ordnung sicherzustellen. Vielmehr habe die Klägerin im Beteiligungsverfahren zum Verfahren der Bauleitplanung mit ihrer Stellungnahme vom 21. April 2006 von der planenden Beklagten gefordert, dass für die Wohnbebauung auf ihrem Stadtgebiet als Nachbarkommune der gleiche Schutz vor Immissionen wie für die Wohnbebauung auf dem Stadtgebiet der Beklagten gelten müsse; deshalb seien die Auswirkungen der Reflexionen von Verkehrsgeräuschen auf die bestehenden Wohnbauflächen westlich des N...wegs und im Bereich des E...- ...-Rings zu berücksichtigen. Hinweise darauf, dass § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan auch der Sicherung der Planungshoheit der Klägerin und ihrer städtebaulichen Entwicklung und Ordnung habe dienen sollen, ergäben sich - so das Verwaltungsgericht weiter - weder aus den Stellungnahmen der Klägerin im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens noch aus der Begründung des Bebauungsplans selbst. Auch der erste Bürgermeister habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, Anliegen der Klägerin im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens zum Bebauungsplan Nr. 288 der Beklagten sei ausschließlich der Immissionsschutz der Bürger im Stadtgebiet der Klägerin gewesen, die möglicherweise von Auswirkungen der Planung betroffen würden. Aus dem Vorbringen der Klägerin werde damit deutlich, dass sie sich zur Sachwalterin privater Interessen mache. Eine Verletzung in eigenen Rechten könne hiermit aber nicht begründet werden.

Auch dem hat die Klägerin im Zulassungsverfahren nichts Substantielles zur Erfüllung der Darlegungsobliegenheiten des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO (s.o.) entgegengesetzt, sodass der im Zulassungsverfahren vorgebrachte Einwand, § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans diene auch ihrem Schutz, letztlich apodiktische Behauptung bleibt.

c) Aufgrund der Erwägungen zu a) und b) kommt es mithin auf die verbleibenden Einwendungen der Kläger in Bezug auf das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen und mithin auf die Frage, ob die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die Ausgestaltung schallabsorbierender Fassaden von § 31 Abs. 2 BauGB - objektiv-rechtlich - gedeckt war, nicht mehr an.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist ebenfalls nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 42 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der von der Klägerin als schwierig angesehenen Rechtsfrage, „ob eine Festsetzung in einem Bebauungsplan, die im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes zum Schutz des an den Bebauungsplan angrenzenden Gebietes vor Immissionen zugunsten der Nachbargemeinde getroffen wurde, über eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB ausgehebelt werden“ könne, nach dem Zulassungsvortrag der Beklagten vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt, wie sich auch aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt.

3. Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substantiiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 33 ff. m.w.N.; B.v. 10.4.2018 - 15 ZB 17.45 - juris Rn. 24.). Hinsichtlich der in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Rechtsfrage:

„Kann eine Festsetzung in einem Bebauungsplan, die im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes zum Schutz des an den Bebauungsplan angrenzenden Gebietes vor Immissionen zugunsten der Nachbarschaft getroffen wurde, nachträglich über eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB ausgehebelt werden?“,

hat die Klägerin die Anforderungen einer - für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlichen - Durchdringung der Materie nicht erfüllt (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 18.6.2018 - 15 ZB 17.635 - juris Rn. 42). Auf die obigen Ausführungen zu 1. wird verwiesen. Im Übrigen ist in der Zulassungsbegründung nicht substantiiert ausgeführt, aus welchen Gründen der aufgeworfenen Frage eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat im Zulassungsverfahren ausführlich Stellung genommen und hierüber das gerichtliche Verfahren gefördert, weshalb es ausnahmsweise der Billigkeit entspricht, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich als Nachbarin gegen eine der Beigeladenen mit Bescheid des Beklagten erteilte isolierte Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung W* … (Baugrundstück), das östlich an das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Klägerin FlNr. … (Nachbargrundstück) angrenzt. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines ein allgemeines Wohngebiet festsetzenden Bebauungsplans, der über festgesetzte Baugrenzen die überbaubare Grundstücksfläche regelt. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans heißt bei „§ 10 Garagen und Nebengebäuden“ unter Nr. 10.1:

„Garagen und sonstige Nebengebäude dürfen nur innerhalb der überbaubaren Flächen errichtet werden.“

sowie unter Nr. 10.4:

„Garagen und Nebengebäude dürfen an der Grundstücksgrenze nicht länger als 8,00 m ausgeführt werden.“

Unter dem 16. Dezember 2015 erließ der Beklagte auf vorherigen Antrag der Beigeladenen einen Bescheid für einen Carport auf dem Baugrundstück an der Grenze zum Nachbargrundstück (außerhalb festgesetzter Baugrenzen), in dem es unter Nr. 1 heißt:

„Von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2 ‚B* …‘ 1. Änderung des Marktes W* … wird folgende Befreiung erteilt:

Die erforderliche Befreiung für die Errichtung eines Carports außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze sowie die Überschreitung der Bebauung an der Grundstücksgrenze um 40 cm (insgesamt 8,40 m statt vorgeschriebenen 8 m) werden befürwortet.“

Mit Urteil vom 9. Februar 2017 wies das Verwaltungsgericht die von der Klägerin gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2015 gerichtete Anfechtungsklage ab. Das Verwaltungsgericht verneinte eine Nachbarrechtsverletzung zulasten der Klägerin. § 10.1 und § 10.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen befreit worden sei, seien nicht nachbarschützend. Darüber hinaus sei die Befreiung nicht unter Verletzung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme erteilt worden. Selbst wenn von einer Befreiung von einer drittschützenden Festsetzung ausgegangen werden würde, sei diese rechtmäßig und deswegen ohne Verletzung von Rechten der Klägerin erfolgt.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Es ist auf Basis des klägerischen Vortrags im Zulassungsverfahren nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche isolierte Befreiung die Klägerin in subjektiven Rechten verletzen könnte, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird. Dieser dogmatische Ausgangspunkt (vgl. jeweils m.w.N.: BayVGH, B.v. 29.8.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 22; B.v. 5.4.2018 – 1 ZB 16.2598 – juris Rn. 4; B.v. 10.4 2018 – 1 ZB 17.3 – juris Rn. 4) ist zwischen den Parteien nicht umstritten.

a) Die Klägerin hat in der Zulassungsbegründung nicht hinreichend dargelegt, dass die Richtigkeit der Ansicht des Verwaltungsgerichts, Nrn. 10.1 und 10.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht drittschützend, ernstlich zweifelhaft ist.

aa) Mit dem Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach bei seitlichen Baugrenzen in der Regel von einer nachbarschützenden Festsetzung auszugehen sei, vermag die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht am Maßstab des Darlegungsgebots (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO; vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.) ausreichend zu begründen.

Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (sog. Gebietserhaltungsanspruch, grundlegend BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 ff.; vgl. auch BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 f.; BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 9 m.w.N.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird schon kraft Gesetzes ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Im Übrigen gilt: Ob eine bauplanerische Festsetzung jedenfalls auch dem Schutz Dritter dient, darf die Gemeinde als Plangeber regelmäßig selbst entscheiden. Anders als bei Gebietsartfestsetzungen sind Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) ebenso wie etwa auch Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung nicht generell drittschützend. Ob eine solche Festsetzung auch darauf gerichtet ist, dem Schutz eines Nachbarn zu dienen, hängt vielmehr vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab (vgl. BVerwG B.v. 19.10.1995 – 4 B 215.95 – NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; zuletzt BVerwG, B.v. 13.12.2016 – 4 B 19.16 – juris Rn. 5). Maßgebend ist, ob die Festsetzung nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wobei sich ein entsprechender Wille unmittelbar aus dem Bebauungsplan selbst (etwa kraft ausdrücklicher Regelung von Drittschutz), aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs ergeben kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; B.v. 29.8.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 24 ff.; B.v. 18.12.2017 – 9 CS 17.345 – juris Rn. 16; B.v. 5.4.2018 – 1 ZB 16.2598 – juris Rn. 4; B.v. 10.4 2018 – 1 ZB 17.3 – juris Rn. 4; OVG Bremen, B.v. 19.7.2011 – 1 B 128/11 – juris Rn. 7). Eine nachbarschützende Festsetzung über die überbaubare Grundstücksfläche kann etwa angenommen werden, wenn der Plangeber über einzuhaltende Grenzabstände explizit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 a.a.O.; OVG NRW, B.v. 27.1.2014 – 2 A 1674/13 – BauR 2014, 969 = juris Rn. 16).

Das Verwaltungsgericht ist in Anwendung dieser Maßstäbe zu dem Ergebnis gekommen, dass Nr. 10.1 der textlichen Festsetzung als Sonderregelung im Zusammenhang mit den festgesetzten Baugrenzen hier keinen Nachbarschutz vermittelt, weil sich ein entsprechender Planungswille weder dem Bebauungsplan noch dessen Begründung oder sonstigen Umständen entnehmen lässt. Für eine nachbarschützende Funktion der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen nennt die Zulassungsbegründung demgegenüber keine konkreten Anhaltspunkte. Insbesondere unterlässt es die Zulassungsbegründung einzelfallbezogen – d.h. ausgerichtet auf die konkrete Festsetzung des Bebauungsplans, auf die Begründung des einschlägigen Bebauungsplans sowie auf sonstige Unterlagen aus dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans – näher darzulegen, warum es sich hierbei nicht nur um eine die Struktur und die Ordnung des Baugebiets bestimmende Festsetzung aus städtebaulichen Gründen handeln soll.

Es trifft zwar zu, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, auf dessen Rechtsprechung sich die Klägerin beruft, im Vergleich zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sowie zu anderen Oberverwaltungsgerichten tendenziell großzügiger Nachbarschutz aus (seitlichen und hinteren) Baugrenzen zuerkennt. Allerdings nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg keinen Automatismus dergestalt an, dass Festsetzungen seitlicher Baugrenzen – wie Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung – kraft Gesetzes bzw. immer nachbarschützend sind. Er kehrt allerdings bei der Beurteilung, ob Festsetzungen über seitliche und hintere Baugrenzen nachbarschützend sind, das Regel-Ausnahme-Verhältnis um, indem er für den Regelfall – also soweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es dem Ortsgesetzgeber bei der Festsetzung dieser Baugrenzen ausschließlich um die Wahrung städtebaulicher Belange ging – davon ausgeht, dass sich in diesen Fällen regelmäßig Anhaltpunkte für eine nachbarschützende Wirkung ergeben werden und dass der Plangeber zwischen Grenznachbarn der betroffenen Grundstücksseite dann ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis begründen wollte, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zur wechselseitigen Beachtung der festgesetzten Baugrenzen verpflichtet (vgl. VGH BW, B.v. 20.1.2005 – 8 S 3003/04 – NVwZ-RR 2005, 397 = Rn. 7; B.v. 14.6.2007 – 8 S 967/07 – VBlBW 2007, 387 = juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 30.6.2015 – 3 S 901/15 – NVwZ-RR 2015, 807 = juris Rn. 11). In seiner jüngeren Rechtsprechung hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg unter Zitierung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich hervor, dass auch bei bauplanerischen Festsetzungen zur überbaubaren Grundstückfläche ein nachbarliches wechselseitiges Austauschverhältnis nicht schon kraft Bundesrechts begründet werde, sondern dass bei diesen Festsetzungen die Annahme einer auch nachbarschützenden Wirkung vielmehr davon abhänge, welchen Zweck der Plangeber mit der jeweiligen Festsetzung im Einzelfall verfolgt. Der Zweck derartiger bauplanerischer Festsetzungen sei daher durch Auslegung des Bebauungsplans im Einzelfall zu ermitteln; maßgebliche Anhaltspunkte für diese Auslegung ließen sich dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder den Materialien des Planaufstellungsverfahrens entnehmen (vgl. VGH BW, B.v. 30.6.2015 a.a.O. juris Rn. 10). Insofern geht mithin auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg von denselben dogmatischen Grundsätzen aus wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht. Lediglich hinsichtlich der Herangehensweise bei der Auslegung des jeweiligen Ortsrechts, also bei der Art und Weise der Ermittlung des Willens des Plangebers, nimmt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eine gewisse Sonderstellung gegenüber anderen Obergerichten der Länder ein (vgl. auch BVerwG, B.v. 13.12.2016 – 4 B 19.16 – juris Rn. 5).

Auch nach der von der Klägerin in Bezug genommenen baden-württembergischen Rechtsprechung bleibt daher die Frage, ob der Plangeber eine Festsetzung im Sinne der Begründung eines nachbarlichen Austauschverhältnisses nachbarschützend ausgestalten wollte, einzelfallbezogen relevant. Daher dürfte schon allgemein zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zu fordern sein, dass sich der Rechtsmittelführer in der Zulassungsbegründung hinsichtlich der Frage der nachbarschützenden Wirkung der Festsetzung mit dem auszulegenden Willen des Plangebers substantiiert einzelfallbezogen auseinandersetzt und sich nicht damit begnügt, auf eine Rechtsprechung in einem anderen Bundesland zu verweisen, die tendenziell „großzügiger“ mit der Anerkennung von Nachbarschutz aus Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche operiert. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Widerspruch zum einschlägigen Bebauungsplan bzgl. Nr. 10.1 der textlichen Festsetzungen nicht bloß die allgemeine Regelung über Baugrenzen, sondern speziell die – § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO abbedingende – Regelung betrifft, wonach auch Garagen und sonstige Nebengebäude nur innerhalb der überbaubaren Flächen errichtet werden dürfen. Insofern hat es das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auslegung, diese Festsetzung sei nicht nachbarschützend, nicht dabei belassen, dass sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans und seiner Begründung kein Anhaltspunkt hierfür ergebe. Vielmehr hat es sein Auslegungsergebnis in der Sache auch darauf gestützt, dass die zeichnerischen Festsetzungen Garagen und sonstige Nebengebäude auf den einzelnen Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans in ganz unterschiedlicher Situierung zuließen, sodass auch die planerische Gestaltung des Baugebiets nicht für einen Nachbarschutz spräche, vgl. Rn. 27 des angefochtenen Urteils:

„(…) Aus der planerischen Gestaltung des Baugebiets ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Satzungsgeber im Sinn hatte, Garagen und anderweitige Nebengebäude nur an das jeweilige Hauptgebäude anschließend zuzulassen, um die Grundstücksgrenzen nachbarschützend von Bebauung freizuhalten. Vielmehr finden sich in den zeichnerischen Festsetzungen unterschiedliche Gestaltungen im Hinblick auf die Nebengebäude. Dabei finden sich festgesetzte Garagen und Nebengebäude sowohl unmittelbar anschließend an Hauptgebäude als auch davon losgelöst, teilweise auch an seitlichen Grundstücksgrenzen. (…).“

Mit dieser auf den Einzelfall zugeschnittenen Erwägung setzt sich die Zulassungsbegründung aber überhaupt nicht auseinander, sodass zumindest aus diesem Grund die Zulassungsbegründung hinsichtlich der Argumentation, dass die textliche Festsetzung Nr. 10.1 nach dem Willen des Plangebers nachbarschützend sei und das Verwaltungsgerichts deshalb die Festsetzung falsch ausgelegt habe, nicht hinreichend substantiiert ist. Jedenfalls deshalb sind die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO hinsichtlich des geltend gemachten Zulassungsgrunds (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht erfüllt.

bb) Auch soweit die Klägerin Nr. 10.4 der textlichen Regelung als nachbarschützend bewertet, vermag sie mit ihren Einwendungen nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu bewirken.

Zur Begründung seines Auslegungsergebnisses, wonach § 10.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans kein Drittschutz zukomme, führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich aus der Begründung des Bebauungsplans in Ziffer 5.0 ergebe, dass die Längenbegrenzung für Garagen und Nebengebäude an der Grundstücksgrenze auf 8 m allein eine Anpassung an die zum Erlasszeitpunkt geltende Fassung der Bayerischen Bauordnung von 1994 dargestellt habe, die in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayBO a.F. vormals eine Längenbegrenzung von 8 m statt der heute geltenden 9 m vorgesehen habe. Daraus sei erkennbar, dass der Satzungsgeber mit der Festsetzung keinen weitergehenden Schutz für den Nachbarn beabsichtigt habe, sondern vielmehr ohne weitere planerische Absicht die geltende gesetzliche Regelung habe übernehmen wollen.

Die Klägerin trägt hierzu im Zulassungsverfahren gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts vor, die Aussage, wonach der Satzungsgeber keinen weitergehenden Schutz für den Nachbarn habe erreichen wollen, habe nichts mit der Frage zu tun, ob die Festsetzung nachbarschützend sei. Entscheidend sei nicht, ob der Satzungsgeber gegenüber der Regelung der BayBO keinen weitergehenden Schutz für die Nachbarn habe erreichen wollen, sondern vielmehr, ob eine konkrete Festsetzung überhaupt zum Nachbarschutz erfolgt sei. Eine Regelung, die unmittelbar an der Grundstücksgrenze die Länge der Bebauung regele, sei nicht aus städtebaulichen Gründen erlassen worden, sondern könne einzig nur dem Nachbarschutz dienen, denn auch dem heutigen Art. 6 Abs. 9 BayBO komme bauordnungsrechtlich unzweifelhaft Nachbarschutz zu. Wenn sich der Satzungsgeber nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften zu Eigen mache und in sein Satzungsrecht übernehme, dann könne nur der Schluss gezogen werden, dass auch die Festsetzung in der Satzung dem Nachbarschutz diene. Insofern komme auch der Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 1989 zu dem Ergebnis, dass Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nachbarschützend seien.

Diese Einwendungen der Klägerin vermögen nicht substantiiert die Richtigkeit der Auslegung der textlichen Festsetzung durch das Verwaltungsgericht infrage zu stellen. Die von ihr aufgestellte These, die Festsetzung Nr. 10.4 sei nicht aus städtebaulichen Gründen erlassen worden, sondern könne einzig nur dem Nachbarschutz dienen, weil auch Regelungen wie der heutige Art. 6 Abs. 9 BayBO nachbarschützend seien, geht über eine zirkelschlussartige Behauptung nicht hinaus. Denn tatsächlich nennt die Klägerin keine objektiven Anhaltpunkte, warum es der Festsetzung Nr. 10.4 nicht lediglich um die städtebauliche Ordnung geht, sondern von dem Willen des Antragsgegners als Plangeber getragen sein soll, diese nachbarschützend auszugestalten. Allein aus dem Umstand, dass der Satzungsgeber nach der Begründung des Bebauungsplans eine Anpassung an derzeit geltende materiell-gesetzliche Regelungen verfolgen wollte, folgt nicht per se, dass der Gesetzgeber hiermit einen von diesen – anderweitigen – gesetzlichen Regelungen (hier des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts) unabhängigen Nachbarschutz hat schaffen wollen.

Es trifft auch nicht zu, dass die textliche Festsetzung Nr. 10.4 automatisch nachbarschützend sei, weil der Satzungsgeber sich mit ihr die nachbarschützende Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zu Eigen gemacht habe. Bei der von der Klägerin in Bezug genommenen Kommentarstelle Dhom/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, Stand: Dezember 2017, Art. 6 Rn. 493 wird unter Rekurs auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt, dass der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 BauNVO (partiell) nachbarschützende Wirkung zukomme, als auf nachbarliche Interessen Rücksicht zu nehmen sei. Das bedeutet, dass im Einzelfall die (insbesondere über eine Baugenehmigung umgesetzte) Zulassung einer Anlage, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig ist oder zugelassen werden kann, außerhalb festgesetzter überbaubarer Grundstücksflächen auch bei Berufung auf § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nicht gegen das auch nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen darf. Entgegen dem Vorbringen in der Zulassungsbegründung ist aber weder der zitierten Kommentarstelle noch der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 29.9.1989 – 20 B 88.01629 und 20 B 89.2083 – nicht veröffentlicht) zu entnehmen, dass „Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO“, also Festsetzungen im Bebauungsplan mit Regelungsbezug auf § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO, grundsätzlich nachbarschützend sein sollen.

Tatsächlich ist weder von der Klägerin substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass aus dem vorliegenden, laut Verfahrensvermerk am 20. Juni 1997 bekannt gemachten Bebauungsplan „1. Änderung Bebauungsplan Nr. 2 B* …“ selbst, aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs folgt, dass der Beklagte durch die Regelung selbständig neben der nachbarschützenden Abstandsflächenregelung des Bauordnungsrechts (Art. 6 BayBO) einen eigenständigen, hiervon unabhängigen Nachbarschutz implementieren wollte.

b) Soweit sich die Klägerin für den Fall nicht nachbarschützender Festsetzungen ersatzweise auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots beruft, hat sie den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ebenfalls nichts Entscheidungserhebliches entgegenzusetzen, was die Richtigkeit der Rechtsfindung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Frage stellen könnte. Die Klägerin wendet ein, dass der Carport eine eigene Abstandsfläche benötige, weil sich die Beigeladene nicht auf die Privilegierung gem. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 BayBO berufen könne. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei einer Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indiziell ausgeschlossen sei, könne dann nicht aufrechterhalten werden.

Hiermit können keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begründet werden. Auf die Frage, ob der Carport, für den die streitgegenständlichen Befreiungen erteilt worden sind, die Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO einhält bzw. ob er gem. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BayBO auch ohne Abstandsflächen bauordnungsrechtlich zulässig ist, kommt es im Ergebnis für die Frage der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen isolierten Befreiung nicht streitentscheidend an.

Ähnlich wie im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (Art. 59 BauGB) ist das Prüfprogramm im isolierten Abweichungs- bzw. Befreiungsverfahren nach Art. 63 BayBO begrenzt. Es wird lediglich am Maßstab des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 oder des § 31 und § 34 Abs. 2 Halbs. 2 BauGB geprüft, ob der Widerspruch zu den materiellen Anforderungen durch die b e a n t r a g t e Abweichung / Befreiung aufgehoben werden kann. Ob das Vorhaben ansonsten mit den materiellen Anforderungen im Einklang steht, ist wegen der angeordneten Genehmigungsfreiheit grundsätzlich unerheblich. Die Genehmigungsfreiheit bürdet insoweit dem Bauherrn das Risiko auf, dass sein Vorhaben den materiellen Anforderungen entspricht (Dhom in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2017, Art. 63 Rn. 51; vgl. auch Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: September 2017, Art. 63 Rn. 86; Molodovsky in: Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: März 2018, Art. 63 Rn. 63 i.V. mit Rn. 54). Bei einem Verstoß gegen Rechtsvorschriften, die von diesem eingeschränkten Prüfprogramm nicht umfasst sind, gelten dieselben Grundsätze wie im Fall eines Verstoßes eines Bauvorhabens gegen von dem jeweiligen Prüfprogramm des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens nicht erfasste Anforderungen (Jäde a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene unter dem 30. November 2015 ausdrücklich nur einen „Antrag auf isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans“ gestellt. Die Zulassung einer Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen (Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO) war nicht Antragsgegenstand. Hierzu korrespondierend ist mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16. Dezember 2015 ausschließlich eine (isolierte) bauplanungsrechtliche Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans – nämlich von Nrn. 10.1 und 10.4 der textlichen Festsetzungen – gem. nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO i.V. mit § 31 Abs. 2 BauGB, nicht aber auch eine Zulassung einer Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Anforderungen des Art. 6 BayBO erteilt worden. Zu der Frage, ob der Carport, für den die bauplanungsrechtliche Befreiung erteilt wurde, mit Art. 6 BayBO übereinstimmt oder ob aufgrund eines Widerspruchs zu Art. 6 BayBO eine gesonderte Abweichung erteilt werden könnte, enthält der streitgegenständliche Bescheid keine Aussage. Auch wenn die Qualität des Art. 6 BayBO als Schutznorm zugunsten des unmittelbar angrenzenden Nachbarn außer Frage steht, kann sich die Klägerin daher zur Begründung eines nachbarlichen Abwehranspruchs gegen die streitgegenständlichen Befreiungen nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen, weil der Bescheid insofern keine Regelung trifft und daher Rechte der Klägerin aus Art. 6 BayBO von vornherein nicht verletzen kann (zur vergleichbaren Rechtslage im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 BayBO, bei dem das Abstandsflächenrecht vorbehaltlich einer ausdrücklich beantragten Abweichung nicht zum Prüfprogramm zählt, vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 23 m.w.N.; B.v. 13.4.2018 – 15 ZB 17.342 – juris Rn. 9 m.w.N.; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 19 m.w.N.). Ob der betroffene Carport materiell Art. 6 BayBO tatsächlich verletzt, bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung.

Soweit die Klägerin sich in der Zulassungsbegründung auf die Verletzung des in § 31 Abs. 2 BauGB („Würdigung nachbarlicher Interessen“) verankerten bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots beruft und dieses im Wesentlichen mit der Verletzung des Art. 6 BayBO zu begründen sucht, hat sie den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils nichts Substantiiertes entgegenzusetzen, was die Richtigkeit der dortigen Rechtsfindung im Ergebnis in Frage stellen könnte. Ihre Argumentation, wonach die bauplanungsrechtliche Befreiung zu ihren Lasten gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße, weil die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen nicht eingehalten würden, greift mit Blick auf § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zu kurz.

Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Allein aus einer (unterstellten) Verletzung des Art. 6 BayBO und aus den speziell von diesem anvisierten Schutzzielen (Belichtung, Belüftung und – str. – Wohnfrieden) kann – auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich für einen Interessenausgleich im Nachbarschaftsverhältnis sorgen sollen – nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch ggf. rechtswidrigen) Veränderung auf dem Nachbargrundstück verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich u n z u m u t b a r beeinträchtigt wird. Insbesondere ist der Schluss nicht gerechtfertigt, dass eine – hier von der Klägerin behauptete – Verletzung der Abstandsflächenvorschriften automatisch oder regelmäßig zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führt. Entscheidend sind – auch und gerade mit Blick auf typische Belastungen wie Verschattung bzw. Einschränkung der Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse, erdrückende oder abriegelnde Wirkungen sowie neue Einsichtsmöglichkeiten vom Nachbargrundstück aus – die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 11; B.v. 24.8.2016 – 15 ZB 14.2654 – juris Rn. 15; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 22; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 13; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – juris Rn. 17 ff.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 26 ff.; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 23 ff.; B.v. 13.4.2018 – 15 ZB 17.342 – juris Rn. 13 ff.). Insofern ist auch das Verwaltungsgericht bei der Bewertung, ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist, nicht bei der Feststellung, dass das – aus seiner Sicht wegen Art. 6 Abs. 9 BayBO eingehaltene – bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht verletzt sei, nicht stehen geblieben. Vielmehr hat es mögliche Belastungswirkungen fallbezogen thematisiert und ausgeführt, dass eine im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu beachtende Riegelwirkung oder erdrückende Wirkung des Bauvorhabens oder anderweitige unzumutbare Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks durch das Vorhaben nicht in Betracht kämen (vgl. Rn. 34 der angegriffenen Entscheidung). Bei dem vorliegenden Carport handele es sich – so das Erstgericht weiter – um ein nicht massiv wirkendes Vorhaben mit geringer räumlicher Ausdehnung. Etwaige Einwirkungen seien zudem nach der gesetzlichen Wertung in § 12 Abs. 1 BauNVO als sozialadäquat hinzunehmen, soweit diese dem Bedarf nach § 12 Abs. 2 BauNVO entsprächen. Stellplätze und Garagen seien im Rahmen des für die Nutzung notwendigen Bedarfs grundsätzlich sozialadäquat und nachbarverträglich. Das gelte auch im vorliegenden Fall im Verhältnis zur Klägerin. Das Wohngebäude der Klägerin befinde sich ca. 27 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt. Der streitgegenständliche Carport sei zudem kaum sichtbar, da er bis auf wenige Zentimeter des schräg verlaufenden Daches von einer Hecke auf dem Nachbargrundstück, auf deren Erhalt die Klägerin Wert lege, verdeckt werde.

Die von der Klägerin für das von ihr gewollte Berufungsverfahren angemahnte Feststellung, dass die Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten seien (weil Art. 6 Abs. 9 BayBO nicht greife), ist – wie gesehen – kein ausschlaggebendes Argument für das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot. Ihre These, dass – weil die Verhinderung einer unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Wirkung auch zum Regelungszweck der landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen gehöre – das Rücksichtnahmegebot zumindest aus tatsächlichen Gründen dann verletzt sei, wenn die Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten seien, ist so rechtlich nicht korrekt (s.o.). Das gilt insbesondere für die in der Zulassungsbegründung geäußerte Rechtsansicht, es komme auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu nicht vorliegenden Riegel-, erdrückenden oder sonstigen unzumutbaren Wirkungen (Rn. 34 des angegriffenen Urteils) nicht an, da dies nur von Bedeutung sei, wenn man die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bejahen würde. Insgesamt hat damit die Klägerseite nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, um die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Rechtsanwendung zum Rücksichtnahmegebots zu begründen. Denn inwiefern gerade durch den Carport, für den die streitgegenständliche Befreiung erteilt worden ist, unzumutbare Belastungen für sie folgen, hat die Klägerin gerade nicht dargelegt.

c) Da die Einwendungen der Klägerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Nrn. 10.1 und 10.4 der textlichen Festsetzungen keine nachbar- bzw. drittschützende Wirkung zukomme, nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen (s.o.), kommt es auf die hilfsweisen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach selbst bei Annahme von Befreiungen von nachbarschützenden Festsetzungen keine Rechtsverletzung der Klägerin erkennbar sei (vgl. Rn. 35 bis 41) nicht mehr an. Damit sind die Einwendungen der Klägerin, wonach die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorlägen, sowie ihre Ausführungen, wonach das behördliche Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden sei (vgl. Seiten 4 f., 10 f. der Zulassungsbegründung vom 21.4.2017), nicht relevant. Zwar kann sich bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung aus einem Ermessensfehler bei der Erteilung der Befreiung ein Abwehranspruch des Nachbarn ergeben. Der durch die nachbarschützende Festsetzung vermittelte Drittschutz erstreckt sich nämlich auch darauf, dass bei einer Befreiung die nachbarlichen Belange ordnungsgemäß – und damit auch ermessensgerecht – gewürdigt werden. Anders ist es jedoch bei einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung. Hier ergibt sich der Nachbarschutz nicht schon aus der Festsetzung, sondern erst aus dem nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme. Insoweit kommt es auf Ermessenfehler bei der Erteilung einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen nicht an (BayVGH, B.v. 16.8.2005 – 1 CS 05.1421 – juris Rn. 23; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 2.9.2009 – OVG 10 S 24.09 – juris Rn. 14).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.).

Auch wenn – wie die Klägerin vorbringt – eine Divergenz in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte der Bundesländer grundsätzlich besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache begründen kann (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 31), verlangt das Gebot der Darlegung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO auch bei diesem Berufungszulassungsgrund, dass sich der Rechtsmittelführer mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil hinreichend substanziell auseinandersetzt und deutlich macht, in welchem konkreten rechtlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist; auch und gerade in rechtlicher Hinsicht muss die Materie ausreichend durchdrungen werden (Happ in Eyermann a.a.O. § 124a Rn. 68 m.w.N.). Diesen Darlegungsobliegenheiten hat die Klägerin, wie sich aus den vorherigen Ausführungen zu 1. ergibt, nicht genügt. Wie oben gezeigt, geht auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – im Einklang mit dem Bundesverwaltungsgericht, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und den übrigen Oberverwaltungsgerichten der Länder – hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Festsetzung seitlicher Baugrenzen in einem Bebauungsplan nachbarschützende Wirkung hat, von denselben dogmatischen Grundsätzen aus. Insbesondere hängt auch nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg die nachbarschützende Qualität einer Festsetzung zur überbaubaren Grundstückfläche vom Willen des örtlichen Plangebers ab, also davon, welchen – durch Auslegung zu ermittelnden – Zweck dieser mit der Festsetzung im Einzelfall verfolgt. Allein der Umstand, dass die Verwaltungsgerichtshöfe in Baden-Württemberg einerseits und Bayern andererseits bei der Art und Weise der Ermittlung des Willens des Plangebers unterschiedlich vorgehen, rechtfertigt es – insbesondere ohne weiteres Eingehen auf die einzelfallbezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 27 des angegriffenen Urteils vom 9. Februar 2017) – im vorliegenden Fall nicht, allein den Verweis auf diese Unterschiede für die Erfüllung der Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrunds ausreichen zu lassen. Auf die obigen Ausführungen unter 1. a) aa) wird Bezug genommen.

3. Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substantiiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage erfordert dabei regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 ff. m.w.N.; BB.v. 10.4.2018 – 15 ZB 17.45 – juris Rn. 24.).

a) Hinsichtlich der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage,

„ob man die Bebauungsplansatzung bei seitlichen Baugrenzen grundsätzlich als objektiv-rechtlich qualifiziert und sich aus den Unterlagen ergeben muss, ob ein Nachbarschutz auch gewollt war (BayVGH) oder ob man bei seitlichen Baugrenzen zunächst den Nachbarschutz als implementiert erachtet und nur bei Anhaltspunkten für ausschließlich städtebauliche Gründe die nachbarschützende Wirkung verneint (VGH Mannheim)“,

fehlt es an einer hinreichend substantiierten Durchdringung des Prozessstoffs und der tragenden Argumentation des Verwaltungsgerichts. Auf die Erwägungen oben zu 1. a) aa) und 2. wird verwiesen.

b) Die in der Zulassungsbegründung ferner formulierten Fragen:

– Ist „bei dem Begriff der Garage i.S.d. Art. 6 Abs. 9 S. 1 BayBO auf die Definition der GaStellV abzustellen“ bzw. hat „der Nachbar einen Anspruch auf Einhaltung dieses Nutzungszwecks“?

– „Sind Dachüberstände in die 9m-Grenze von Art. 6 Abs. 9 Satz 1 BayBO einzubeziehen, insbesondere dann, wenn sie für die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Nutzungszwecks einer Grenzgarage benötigt werden oder wenn sie sich grenzseitig auf das Nachbarstück auswirken, weil (…) die Dachüberstände aneinandergebaut sind und zusammen mit einem Nachbargebäude eine Verlängerung der Gebäudewand darstellen?“

– „Ist die Regelung unter Art. 6 Abs. 9 S. 2 BayBO, wonach die gesamte Grenzbebauung (…) auf allen Grundstücksgrenzen nicht mehr als 15 m betragen darf, nachbarschützend?“

sind nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig, weil zum einen die Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 6 BayBO nicht Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheids vom 16. Dezember 2015 ist, sodass dieser Bescheid von vornherein keine Rechte der Klägerin aus Art. 6 BayBO verletzen kann, und zum andern allein aus der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften (auf deren Klärung die gestellten Fragen abzielen) nicht automatisch auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden kann. Auf die Ausführungen oben zu 1. b) wird Bezug genommen.

4. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichthofs (BayVGH, U.v. 29.9.1989 – 20 B 88.01629, 20 B 89.02083) zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angegriffene verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden.

Die Klägerin führt in der Zulassungsbegründung aus, der Verwaltungsgerichtshof sei in der zitierten Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nachbarschützend seien und dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 2017 hiervon abweiche. Dies sei hinsichtlich der Beurteilung der Nr. 10.4 der textlichen Festsetzungen entscheidungserheblich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hätte sie einen Anspruch auf Einhaltung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB gehabt.

Tatsächlich lässt sich aber aus Sicht des Senats der (unveröffentlichten) Entscheidung BayVGH, U.v. 29.9.1989 – 20 B 88.01629, 20 B 89.02083 – kein tragender Rechtssatz entnehmen, wonach Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nachbarschützend seien, vgl. auch oben 1. a) bb). Die Zulassungsbegründung unterlässt es auch, sich in einer den Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise mit dieser Entscheidung näher inhaltlich auseinanderzusetzen und gestützt hierauf näher zu begründen, in welchem genauen Zusammenhang der in Bezug genommenen Entscheidung der Verwaltungsgerichtshof vormals einen Rechtssatz mit diesem Inhalt aufgestellt haben soll.

5. Soweit – was vom Verwaltungsgericht nicht thematisiert wurde – möglicherweise Bedenken an der Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) der streitgegenständlichen isolierten Befreiungsbescheids bestehen, weil dieser nicht auf konkrete Zeichnungen mit Grundrissen und Schnitten (vgl. § 8 BauVorlV) Bezug nimmt und auch nach den hier vorliegenden Unterlagen solche Bauzeichnungen (etwa über einen Bescheidstempel) nicht zum Gegenstand der Befreiungsentscheidung erklärt worden sind (zu Bestimmtheitsanforderungen bei einer isolierten Befreiung vgl. z.B. BayVGH, U.v. 8.12.2015 – 15 B 14.1840 – juris Rn. 21 ff.; im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung vgl. auch Schwarzer/ König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 35; Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2017, Art. 68 Rn. 468) war hierauf seitens des Senats nicht näher einzugehen, § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich, zumal sich die Beigeladene im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2.

III. Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine der Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des an der Straße „Z** …“ gelegenen, mit dem Verwaltungsgebäude eines Versandbuchhandels bebauten Grundstücks FlNr. … Gemarkung V* … Die Beigeladene zu 1 betreibt auf den östlich gelegenen Grundstücken FlNr. … und … ein gewerbliches Unternehmen zur Produktion maßgeschneiderter Kabelkonfektionen, Kabelsätze, Schaltschränke und Baugruppen. Nördlich der Grundstücke verläuft auf dem Grundstück FlNr. … der Beigeladenen zu 2 in Ost-West-Richtung die Straße „I* …“. Sämtliche Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 9. Dezember 1997 bekannt gemachten Bebauungsplans „V* … … … *“ der Beigeladenen zu 2 in der Fassung der am 19. April 2016 bekannt gemachten 4. Änderung. Dieser weist die Grundstücke als Gewerbegebiet aus. In den textlichen Festsetzungen der Ursprungsfassung des Bebauungsplans ist unter 1.1 („Maß der baulichen Nutzung“) festgelegt, dass die „höchstzulässige Gebäudehöhe (GbH = Abstand zwischen Erdgeschossfußboden und Schnittpunkt Wand/Dach) im GE-Gebiet < 7,00 m“ betragen darf. In 1.2 („Gebäudeform“) ist festgesetzt, dass der Erdgeschossfußboden nicht höher als 0,30 m über der Geländeoberkante liegen darf. Durch die am 12. Oktober 2011 bekannt gemachte 2. Änderung des Bebauungsplans wurden die auf den Grundstücken FlNr. …, …, … und … ausgewiesenen Bauräume zu einem durchgängigen Baufenster verbunden. Mit der 4. Änderung des Bebauungsplans wurden diese Baugrenzen erneut geändert und zur Ermöglichung einer Betriebserweiterung der Beigeladenen zu 1 ein nach Norden erweitertes, durchgehendes Baufenster geschaffen, das neben diesen Grundstücken auch Teilflächen der Grundstücke FlNr. …, … und … erfasst. Das Baufenster durchschneidet damit in Nord-Süd-Richtung die in der Ursprungsfassung festgesetzten Straßenbegrenzungslinien für die nördlich der Grundstücke FlNr. …, …, … und … verlaufende Straße „I* …“ teilweise, sodass diese an beiden Enden des neuen Bestandes nur noch als „Sackgasse“ erhalten bleibt. Die Bebauungsplanänderung erfolgte im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2016 erteilte das Landratsamt N* … … … der Beigeladenen zu 1 zur Erweiterung ihres Betriebes die Baugenehmigung für die Errichtung einer Logistikhalle mit Sozialbereich auf dem zwischen den Grundstücken FlNr. … und FlNr. … gelegenen Grundstück FlNr. … sowie auf Teilflächen der nördlich anschließenden Grundstücke FlNr. …, … und … Zugleich ließ es eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur „Gebäudeform hinsichtlich der Überschreitung der Erdgeschossfußbodenoberkante zur Geländeoberkante um bis zu 2,57 m“ zu. Nach den genehmigten Bauvorlagen soll in Nord-Süd-Richtung eine 126,50 m lange und 37,04 m breite Lagerhalle errichtet werden. Dabei soll das Baugrundstück zur Angleichung des Niveaus zum bestehenden Betriebsgebäude aufgefüllt und das Gelände an der westlichen Grundstücksgrenze durch eine bis zu 2,13 m hohe Stützmauer mit einem Geländer als Absturzsicherung errichtet werden.

Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und auf sofortiges bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladene zu 1 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. August 2016 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage habe voraussichtlich keinen Erfolg. Nachbarschützende Rechte der Antragstellerin würden durch die Baugenehmigung nicht verletzt. Dies gelte unabhängig davon, ob die 4. Änderung des Bebauungsplans wirksam sei. Selbst wenn dann die in der 2. Änderung des Bebauungsplans festgesetzten Baugrenzen durch das Bauvorhaben überschritten würden, ergäbe sich daraus keine Rechtsverletzung der Antragstellerin, weil die Baugrenzen keine drittschützende Funktion hätten. Auch die Durchschneidung der Straße „I* …“ führe nicht zu einer Verletzung von Rechten der Antragstellerin, weil ihr Grundstück FlNr. … bereits von der Straße „Z** …“ erschlossen werde. Die im Ursprungsbebauungsplan festgesetzte Wandhöhe sei ebenfalls nicht drittschützend. Das Bauvorhaben verletze auch nicht das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot. Die Befreiung von der festgesetzten Höhe der Erdgeschossfußbodenoberkante sei gegenüber der Antragstellerin nicht unzumutbar, zumal die Lagerhalle auch unter Berücksichtigung der vorgesehenen Aufschüttung die Abstandsflächen einhalte. Auch die Länge der Logistikhalle sei gegenüber der Antragstellerin nicht rücksichtslos, da in Gewerbegebieten erheblich mehr an verdichteter Bebauung zumutbar sei als in zum Wohnen bestimmten Gebieten. Schließlich ergäben sich durch die an der westlichen Grundstücksgrenze vorgesehene Stützmauer mit dahinter liegender Geländeauffüllung und durch die auf der Mauer zu errichtende Absturzsicherung keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Antragstellerin. Es könne dahinstehen, ob es sich bei der Anlage um eine privilegierte Stützmauer nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO handle. Jedenfalls würde von der Anlage keine gebäudeähnliche Wirkung i.S. von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgehen, sodass sie nicht abstandspflichtig sei.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. August 2016 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. Juni 2016 anzuordnen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1 und zu 2 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Baugenehmigungsakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung, auf den die Antragstellerin ihre Beschwerde beschränkt hat (vgl. § 88 VwGO), zu Recht abgelehnt. Dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach summarischer Prüfung nicht zu entnehmen, dass die Baugenehmigung gegen Vorschriften verstößt, die im bauaufsichtlichen Verfahren nach Art. 60 BayBO zu prüfen waren und die Rechte der Antragstellerin schützen (Art. 68 Abs. 1 BayBO, § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage der Antragstellerin wird voraussichtlich erfolglos bleiben, sodass das Interesse an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem Interesse am Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung nachrangig ist.

1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass auch im Fall einer Unwirksamkeit der 4. Änderung des Bebauungsplans die Baugenehmigung Nachbarrechte der Antragstellerin nicht verletzen würde. Zwar dürfte das Bauvorhaben dann die mit der 2. Änderung des Bebauungsplans auf dem Grundstück FlNr. … festgesetzte vordere, d.h. zur Straße „I* …“ gerichtete Baugrenze (§ 23 Abs. 1 und 3 BauNVO) überschreiten. Aus diesem Rechtsverstoß dürfte sich aber keine Rechtsverletzung der Antragstellerin (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ergeben, weil dieser Festsetzung keine nachbarschützende Wirkung zukommt.

Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist im Allgemeinen nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39/13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; B.v. 13.12.2016 - 4 B 29.16 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - NJW-Spezial 2014, 653 = juris Rn. 24 ff.; B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln (vgl. BVerwG B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3). Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15 m.w.N.). Maßgebend ist, ob eine Festsetzung nach dem Willen des Plangebers nicht nur aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde, sondern (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll. Das kann etwa angenommen werden, wenn der Plangeber hierdurch faktisch einzuhaltende Grenzabstände festsetzt und damit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 a.a.O. Rn. 25).

Nach diesem Maßstab vermitteln die festgesetzten Baugrenzen entgegen der Auffassung der Antragstellerin hier keinen Nachbarschutz. Dies gilt jedenfalls für die nach Norden zur Straße „I* …“ gerichtete vordere Baugrenze. Weder dem Bebauungsplan noch seiner Begründung oder sonstigen Umständen lässt sich entnehmen, dass dieser Baugrenze nach dem planerischen Willen der Beigeladenen zu 2 nachbarschützende Wirkung zukommen sollte. Dagegen spricht vielmehr, dass diese Baugrenze nicht seitlich zum nachbarlichen Grundstück der Antragstellerin, sondern zur Straße „I* …“ gerichtet ist. Ein vom Planungsgeber gewolltes nachbarliches Austauschverhältnis dürfte aber allenfalls bei Baugrenzen von gegenüberliegenden Nachbargrundstücken in Betracht kommen, nicht dagegen bei einer vorderen, lediglich zu einer Straße gerichteten Baugrenze. Soweit die Antragstellerin auf die Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juni 2002 (Az. 14 CS 02.1498 - juris Rn. 9) und vom 23. Oktober 2002 (Az. 14 ZB 01.2238 - juris Rn. 4) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Juni 2007 (Az. 8 S 967/07 - VBlBW 2007, 387 = juris Rn. 3) verweist, ergibt sich daraus nichts Anderes. Die Entscheidungen betreffen jeweils die Überschreitungen einer von der Straße abgewandten, zu Nachbargrundstücken gerichteten, seitlichen bzw. hinteren (rückwärtigen) Baugrenze und sind schon deshalb auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im Übrigen bestätigen sie die Rechtsauffassung des Senats, dass sich selbst bei einer einem Nachbargrundstück gegenüberliegenden Baugrenze die Beantwortung der Frage, ob diese nachbarschützend ist, nach der jeweils im Einzelfall zu ermittelnden Planungsabsicht der Gemeinde richtet. Eine Verkürzung von nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO erforderlichen Abstandsflächen wurde entgegen den Angaben der Antragstellerin in der 2. Änderung des Bebauungsplans ebenfalls nicht festgesetzt.

2. Soweit die Antragstellerin in Bezug auf die 4. Änderung des Bebauungsplans formelle Fehler der Auslegungsbekanntmachung vom 7. Januar 2016 (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) und materielle Mängel der Abwägung ihrer Belange (§ 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere hinsichtlich der (teilweise) Überplanung der Straße „I* …“, rügt, verhilft dies der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Ihrem Vortrag lässt sich nicht entnehmen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), inwieweit dieser Fehler zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die angegriffene Baugenehmigung führen könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nicht der Bebauungsplan, sondern allein die Baugenehmigung. Selbst wenn die behaupteten formellen und materiellen Mängel der Planung tatsächlich vorliegen sollten und sich hieraus die Unwirksamkeit der 4. Änderung des Bebauungsplans (vgl. §§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3, § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ergäbe, hätte das nicht zwangsläufig zur Folge, dass die Baugenehmigung die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, auch wenn die Genehmigung auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilt wurde.

3. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands, die Beigeladene zu 1 würde ihrer Verpflichtung aus Nr. 4.3. des Grünordnungsplans nicht nachkommen, wonach zwischen den einzelnen Quartieren und Parzellen umfangreiche Grünflächen vorzusehen sind, die eine auftretende Monotonie bei zusammenhängenden Industrieanlagen wirkungsvoll unterbrechen sollen. Zwar ist den Festsetzungen im Grünordnungsplan nach Nr. 1.7. der Satzung zur Ursprungsfassung des Bebauungsplans zwingend zu folgen. Ein Verstoß hiergegen verletzt aber keine Nachbarrechte der Antragstellerin, zumal sich ein Wille der Beigeladenen zu 2, der darauf schließen lässt, dass die Festsetzungen zum Grünordnungsplan hier nachbarschützend sein sollen, nicht feststellen lässt. Im Übrigen handelt es sich bei „Nr. 4.3.“ schon gar nicht um eine Festsetzung, sondern lediglich um einen Teil der „Erläuterung und Begründung des Grünordnungsplans“, dem keine Satzungsqualität zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 = juris Rn. 15 zur Planbegründung).

4. Auch der geltend gemachte Verstoß gegen Nr. 1.5 Satz 3 der textlichen Festsetzungen der Ursprungsfassung des Bebauungsplans, wonach Zaunverkleidungen mit Matten und Kunststoffplatten oder Ähnlichem unzulässig sind, verletzt keine Nachbarrechte der Antragstellerin. Auch diese - auf der Grundlage von § 9 Abs. 4 BauGB i.V.m. Art. 98 Abs. 1 Nr. 1 BayBO 1994 erlassene - örtlichen Bauvorschrift über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen dürfte keinen Drittschutz zugunsten von Eigentümern benachbarter Grundstücke vermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11 m.w.N.). Im Übrigen handelt es sich bei der Stützmauer wohl kaum um eine dieser Reglung von „Einfriedungen“ unterfallende Anlage.

5. Keine Nachbarrechtsverletzung durch die angegriffene Baugenehmigung ergibt sich auch im Hinblick auf den geltend gemachten Mangel der ordnungsgemäßen Niederschlagwasserbeseitigung auf dem Baugrundstück, die hier - anders als in dem vom Senat im Beschluss vom 24. Juli 2014 (Az. 15 CS 14.949 = ZMR 2015, 499) entschiedenen Fall - nach Art. Art. 60 Satz 1 Nr. 2, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung teilnimmt.

Nach § 30 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn auch die Erschließung gesichert ist. Hierzu gehört eine ordnungsgemäße Beseitigung des Niederschlagswassers im Sinn von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG. Die Anforderungen an eine gesicherte Erschließung bestehen aber grundsätzlich nur im öffentlichen Interesse und dienen nicht auch dem Nachbarschutz. Etwas anderes kann - unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots - ausnahmsweise dann gelten, wenn durch die unzureichende Erschließung Nachbargrundstücke unmittelbar betroffen sind. Nicht jede durch ein Vorhaben verursachte Veränderung des Wasserabflusses begründet aber zugleich eine unzumutbare Beeinträchtigung nachbarlicher Rechte. Gewisse Veränderungen der Wasserverhältnisse durch ein in der Nähe des eigenen Grundstücks geplantes Vorhaben muss der Nachbar grundsätzlich hinnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 11.9.2012 - 15 CS 12.634 - Rn. 14). Das Rücksichtnahmegebot ist nur dann verletzt, wenn das Niederschlagswasser auf das Grundstück des Nachbarn abgeleitet wird und es dadurch zu unzumutbaren Überschwemmungen auf dem Nachbargrundstück kommt (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2006 - 1 CS 06.2717 - BRS 70 Nr. 126 = juris Rn. 20). Anhaltspunkte dafür, dass hier solche Umstände gegeben sein könnten, sind nicht ersichtlich. Im Bereich der zwischen 5 m und etwas über 7 m breiten Feuerwehrzufahrt anfallendes Niederschlagswasser wird nach den genehmigten Eingabeplänen (vgl. Plan „Schnitte Ansichten“ im Maßstab 1:100 und Plan „Geländeauffüllung“ im Maßstab 1:500) durch die über das Niveau der Geländeauffüllung reichende Krone der Stützmauer daran gehindert, nach Westen auf das Grundstück der Antragstellerin abzufließen (vgl. auch Stellungnahme des Landratsamts vom 24.10.2016 unter 3.). Im Übrigen erfolgt die Entwässerung des Baugrundstücks (vgl. Art. 41 Abs. 1 BayBO) nach der Stellungnahme der fachkundigen Stelle Wasserwirtschaft des Landratsamts vom 8. Juni 2016 (Blatt 24 der Behördenakte) ordnungsgemäß über den Mischwasserkanal der Beigeladenen zu 2.

6. Soweit die Antragstellerin eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer Beeinträchtigung der Zufahrtsmöglichkeit über die Straße „I* …“ geltend macht, führt auch dies nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Die Antragstellerin rügt, dass infolge der mit dem Bauvorhaben verbundenen Sackgassenbildung für sie die bisher durchgehend befahrbar angelegte Straße „I* …“ im Bereich nördlich des Grundstücks FlNr. … als Rangierfläche für eine ungehinderte Warenanlieferung vor dem Wareneingang auf der Nordostseite ihres Grundstücks entfalle. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin nicht dargelegt, inwiefern die Rangiermöglichkeit auf öffentlicher Straße nördlich des Nachbargrundstücks FlNr. … trotz der auf eigenem Grund vorhandenen unbebauten Flächen zur Aufrechterhaltung ihres Betriebs unverzichtbar ist, ist der (teilweise) Wegfall der Straße „I* …“ nicht durch die streitgegenständliche Baugenehmigung erfolgt, sondern nach den Angaben der Beigeladenen zu 2 auf der Grundlage einer von der Antragstellerin nicht angegriffen, bestandskräftigen straßenrechtlichen Einziehung der Fläche (Art. 8 BayStrWG). Die Angabe in § 1 der Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplans vom 18. April 2016, dass die betreffende Teilfläche „künftig nicht mehr als öffentliche Verkehrsfläche, sondern künftig als überbaubare Fläche vorgesehen ist“, steht dem nicht entgegen und begründet ebenfalls keinen Abwehranspruch gegen die Baugenehmigung.

7. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht schließlich angenommen, dass durch das Bauvorhaben zulasten der Antragstellerin keine Abstandsflächenvorschriften verletzt werden.

a) Dies gilt auch hinsichtlich der an der Grenze zu ihrem Grundstück geplanten Stützmauer mit dahinter liegender Geländeauffüllung. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es nicht darauf an, ob von dieser Anlage eine gebäudegleiche Wirkung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgeht. Diese Bestimmung findet hier keine Anwendung, weil die Anlage nach der spezielleren Regelung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO abstandsflächenfrei ist.

Ob einer Anlage gebäudegleiche Wirkungen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO aufweist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Abstandsflächenrechts zu bestimmen (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2015 - 2 ZB 13.2522 - juris Rn. 4). Auch wenn von der Anlage an sich gebäudegleiche Wirkungen ausgehen, findet diese Bestimmung keine Anwendung, wenn die Anlage die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO erfüllt. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck dieser besonderen Privilegierung, wie sie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nach der der Musterbauordnung 2002 nachgebildeten, mit dem Gesetz vom 14. Juli 2007 (GVBl S. 499) in die Bayerische Bauordnung aufgenommenen Regelung sind Stützmauern und geschlossene Einfriedungen ohne eigene Abstandsflächen in (festgesetzten oder faktischen) Gewerbe- und Industriegebieten ohne Höhenbegrenzung zulässig, außerhalb dieser Baugebiete mit einer Höhe bis zu 2 m. Diese Begünstigung ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gerechtfertigt, weil die Schutzgüter des Abstandsrechts in Gewerbe- und Industriegebieten durch solche Anlagen regelmäßig nicht berührt werden und insoweit gegebenenfalls im Wege der Bauleitplanung oder durch örtliche Bauvorschriften Regelungen getroffen werden können. Die Beschränkung der abstandsflächenfreie Höhe auf bis zu 2 m hohe Anlagen in den übrigen Baugebieten wurde nach der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich auch deswegen getroffen, weil ein Umkehrschluss dahingehend ausgeschlossen werden sollte, ein darunter liegendes Maß könne einen Anhaltpunkt für die Annahme einer gebäudeähnlichen Wirkung bieten (vgl. LT-Drs. 15/7161 S. 44; ebenso die Begründung zur Musterbauordnung 2002; vgl. auch Schwarzer/ König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 56). Hieraus ergibt sich, dass Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO eine Sonderregelung darstellt, die, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, die Anwendung der Vorschrift für Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausschließt.

Danach scheidet eine Anwendung des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO hier aus, weil die Stützmauer nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 BayBO - ohne Höhenbegrenzung - abstandsrechtlich privilegiert ist. Darauf, dass die Stützmauer die Höhe von 2 m überschreitet, kommt es - wie gesagt - nicht an, weil sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Antragstellerin im privilegierten Gewerbegebiet liegen.

Unerheblich ist auch, dass sich an die Stützmauer eine Aufschüttung anschließt. Zwar kann es sich bei einer Aufschüttung grundsätzlich um eine eigenständige bauliche Anlage (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayBO) handeln, die auch abstandsflächenrechtlich gesondert zu beurteilen ist. Anders verhält es sich aber, wenn - wie hier - die Stützmauer der Sicherung der Aufschüttung vor dem Abrutschen auf das Nachbargrundstück dient. In diesem Fall bilden Stützmauer und Aufschüttung eine funktionelle Einheit, die in ihrer Gesamtheit der Privilegierung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO unterliegen (vgl. OVG MV, B.v. 14.11.2013 - 3 M 222/13 - NordÖR 2014, 366 = juris Rn. 13; vgl. auch OVG RhPf, U.v. 18.6.2015 - 1 A 10776/14 - juris Rn. 28). Denn für den Nachbarn hat es abstandsrechtlich keine Bedeutung, was sich unmittelbar hinter einer durchgehenden Stützmauer befindet. Ob etwas Anderes zu gelten hat, wenn auf der Aufschüttung eine für den längeren Aufenthalt von Menschen bestimmte Terrasse errichtet wird, die den „Wohnfrieden“ auf dem Nachbargrundstück beeinträchtigen würde, bedarf hier keiner Entscheidung. Das Grundstück der Antragstellerin wird nicht zu Wohnzwecken, sondern gewerblich genutzt, der an die Stützmauer anschließende Bereich auf dem Baugrundstück stellt eine Feuerwehrzufahrt dar.

Dass die Stützmauer kein natürliches Gelände, sondern eine künstliche Aufschüttung sichert, steht der Privilegierung ebenfalls nicht entgegen. Eine Beschränkung auf Stützmauern zur Absicherung lediglich eines natürlichen Geländes hat der Bayerische Gesetzgeber nicht vorgesehen; dies widerspräche auch dem gesetzgeberischen Ziel, durch die Sonderregelung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 BayBO für untergeordnete bauliche Anlagen abstandsflächenrechtliche Erleichterungen zuzulassen, um praktischen Bedürfnissen Rechnung zu tragen (vgl. LT-Drs. 15/7161 S. 38 und 44; ebenso OVG Hamburg, B.v. 14.7.2015 - 2 Bs 131/15 - NVwZ-RR 2016, 93 Rn. 11 zur gleichlautenden Bestimmung des § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 HBauO; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2016, Art. 6 Rn. 284; a.A. OVG NRW, B.v. 22.2.2005 - 7 A 1408/04 - juris Rn.10; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand Okt. 2016, Art. 6 Rn. 269; offen gelassen in BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 14 CE 13.928 - juris Rn. 14).

Als Stützmauern (mit dahinter liegender Aufschüttung) privilegiert sind allerdings nur solche Anlagen, die erforderlich sind, um eine angemessene und zulässige Nutzung des Baugrundstücks zu ermöglichen (ebenso OVG NW, U.v. 27.11.1989 - 11 A 195/88 - BRS 50 Nr. 185 = juris Rn. 12; VG Würzburg, B.v. 27.7.2012 - W 5 S. 12.617 - juris Rn. 41; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, a.a.O., Art. 6 Rn. 284). Denn Anlagen, die für eine sinnvolle und zulässige Grundstücksnutzung nicht notwendig sind, rechtfertigen keine Privilegierung zugunsten des Bauherrn und zulasten des Nachbarn. Dass die Stützmauer hier zur angemessenen und zulässigen Nutzung des Baugrundstücks erforderlich ist, erscheint indes nicht zweifelhaft. Sie soll verhindern, dass Erdreich aus dem aufgeschütteten Gelände des Baugrundstücks zum niedrigeren Gelände auf dem Grundstück der Antragstellerin abrutscht. Die Aufschüttung selbst dient der Geländeangleichung des Baugrundstücks und ermöglicht einen niveaugleichen Anbau der streitgegenständlichen Logistikhalle mit Sozialbereich an das bestehende Betriebsgebäude der Beigeladenen zu 1 auf dem Grundstück FlNr. … Hierbei handelt es sich um ein nachvollziehbares Anliegen, das aus Gründen eines möglichst reibungslosen Betriebsablaufs sogar geboten erscheint. Der Einwand der Antragstellerin, eine Angleichung des Geländes sei jedenfalls im Bereich zwischen ihrem Grundstück und der Westseite der Halle für die geplante Umfahrung für Feuerwehrfahrzeuge nicht erforderlich, da die Umfahrung im Süden des Baugrundstücks ende, überzeugt nicht. Die Niveauanhebung dürfte hier jedenfalls zur Angleichung an das Gelände des Betriebsgebäudes auf den nördlich gelegenen Grundstücken FlNr. …, … und … sinnvoll sein, um eine angemessene Nutzung des Baugrundstücks ermöglichen. Eine „Absenkung“ der Feuerwehrzufahrt in dem genannten Bereich hätte im Übrigen auch zur Folge, dass die Bodenplatte der auf dem Baugrundstück zu erstellenden Halle an der Westseite anders und erheblich aufwändiger fundamentiert werden müsste. Eine wesentliche Verbesserung der abstandsrechtlichen Situation gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin wäre mit dieser Maßnahme jedoch nicht verbunden.

b) Das Geländer, das auf der Stützmauer zur Absturzsicherung errichtet werden soll, ist ebenfalls nicht abstandsflächenpflichtig. Es soll nach den genehmigten Bauvorlagen licht- und luftdurchlässig ausgeführt werden, sodass von ihm nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO keine gebäudegleiche Wirkung ausgeht. Im Unterschied zur Formulierung in Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 BayBO („Mauern und Einfriedungen“) ist in Art. 6 Abs. 9 Nr. 3 BayBO ausdrücklich von „geschlossenen“ Einfriedungen die Rede. Dies verdeutlicht, dass bei einer in der Höhe nicht einheitlich aufgebauten Einfriedung abstandsflächenrechtlich nur die Höhe des unteren, „geschlossenen“ Teils anzurechnen ist, nicht aber zusätzlich die Höhe eines darauf gesetzten licht- und luftdurchlässigen Zauns (vgl. auch BayVGH, B.v. 10.10.2002 - 26 ZB 99.3754 - juris Rn. 12; VG Würzburg, B.v. 6.11.2008 - W 5 S. 08.2064 - juris Rn. 15). Entsprechendes gilt für eine auf eine Stützmauer aufgesetzte Umwehrung.

8. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit der Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2 werden für erstattungsfähig erklärt, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit dem Risiko ausgesetzt habt, selbst Kosten auferlegt zu bekommen (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Müller Schweinoch Dr. Seidel

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich als Nachbarin gegen eine der Beigeladenen mit Bescheid des Beklagten erteilte isolierte Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung W* … (Baugrundstück), das östlich an das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Klägerin FlNr. … (Nachbargrundstück) angrenzt. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines ein allgemeines Wohngebiet festsetzenden Bebauungsplans, der über festgesetzte Baugrenzen die überbaubare Grundstücksfläche regelt. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans heißt bei „§ 10 Garagen und Nebengebäuden“ unter Nr. 10.1:

„Garagen und sonstige Nebengebäude dürfen nur innerhalb der überbaubaren Flächen errichtet werden.“

sowie unter Nr. 10.4:

„Garagen und Nebengebäude dürfen an der Grundstücksgrenze nicht länger als 8,00 m ausgeführt werden.“

Unter dem 16. Dezember 2015 erließ der Beklagte auf vorherigen Antrag der Beigeladenen einen Bescheid für einen Carport auf dem Baugrundstück an der Grenze zum Nachbargrundstück (außerhalb festgesetzter Baugrenzen), in dem es unter Nr. 1 heißt:

„Von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2 ‚B* …‘ 1. Änderung des Marktes W* … wird folgende Befreiung erteilt:

Die erforderliche Befreiung für die Errichtung eines Carports außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze sowie die Überschreitung der Bebauung an der Grundstücksgrenze um 40 cm (insgesamt 8,40 m statt vorgeschriebenen 8 m) werden befürwortet.“

Mit Urteil vom 9. Februar 2017 wies das Verwaltungsgericht die von der Klägerin gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2015 gerichtete Anfechtungsklage ab. Das Verwaltungsgericht verneinte eine Nachbarrechtsverletzung zulasten der Klägerin. § 10.1 und § 10.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen befreit worden sei, seien nicht nachbarschützend. Darüber hinaus sei die Befreiung nicht unter Verletzung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme erteilt worden. Selbst wenn von einer Befreiung von einer drittschützenden Festsetzung ausgegangen werden würde, sei diese rechtmäßig und deswegen ohne Verletzung von Rechten der Klägerin erfolgt.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Es ist auf Basis des klägerischen Vortrags im Zulassungsverfahren nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche isolierte Befreiung die Klägerin in subjektiven Rechten verletzen könnte, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird. Dieser dogmatische Ausgangspunkt (vgl. jeweils m.w.N.: BayVGH, B.v. 29.8.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 22; B.v. 5.4.2018 – 1 ZB 16.2598 – juris Rn. 4; B.v. 10.4 2018 – 1 ZB 17.3 – juris Rn. 4) ist zwischen den Parteien nicht umstritten.

a) Die Klägerin hat in der Zulassungsbegründung nicht hinreichend dargelegt, dass die Richtigkeit der Ansicht des Verwaltungsgerichts, Nrn. 10.1 und 10.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht drittschützend, ernstlich zweifelhaft ist.

aa) Mit dem Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach bei seitlichen Baugrenzen in der Regel von einer nachbarschützenden Festsetzung auszugehen sei, vermag die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht am Maßstab des Darlegungsgebots (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO; vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.) ausreichend zu begründen.

Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (sog. Gebietserhaltungsanspruch, grundlegend BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 ff.; vgl. auch BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 f.; BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 9 m.w.N.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird schon kraft Gesetzes ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Im Übrigen gilt: Ob eine bauplanerische Festsetzung jedenfalls auch dem Schutz Dritter dient, darf die Gemeinde als Plangeber regelmäßig selbst entscheiden. Anders als bei Gebietsartfestsetzungen sind Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) ebenso wie etwa auch Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung nicht generell drittschützend. Ob eine solche Festsetzung auch darauf gerichtet ist, dem Schutz eines Nachbarn zu dienen, hängt vielmehr vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab (vgl. BVerwG B.v. 19.10.1995 – 4 B 215.95 – NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; zuletzt BVerwG, B.v. 13.12.2016 – 4 B 19.16 – juris Rn. 5). Maßgebend ist, ob die Festsetzung nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wobei sich ein entsprechender Wille unmittelbar aus dem Bebauungsplan selbst (etwa kraft ausdrücklicher Regelung von Drittschutz), aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs ergeben kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; B.v. 29.8.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 24 ff.; B.v. 18.12.2017 – 9 CS 17.345 – juris Rn. 16; B.v. 5.4.2018 – 1 ZB 16.2598 – juris Rn. 4; B.v. 10.4 2018 – 1 ZB 17.3 – juris Rn. 4; OVG Bremen, B.v. 19.7.2011 – 1 B 128/11 – juris Rn. 7). Eine nachbarschützende Festsetzung über die überbaubare Grundstücksfläche kann etwa angenommen werden, wenn der Plangeber über einzuhaltende Grenzabstände explizit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 a.a.O.; OVG NRW, B.v. 27.1.2014 – 2 A 1674/13 – BauR 2014, 969 = juris Rn. 16).

Das Verwaltungsgericht ist in Anwendung dieser Maßstäbe zu dem Ergebnis gekommen, dass Nr. 10.1 der textlichen Festsetzung als Sonderregelung im Zusammenhang mit den festgesetzten Baugrenzen hier keinen Nachbarschutz vermittelt, weil sich ein entsprechender Planungswille weder dem Bebauungsplan noch dessen Begründung oder sonstigen Umständen entnehmen lässt. Für eine nachbarschützende Funktion der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen nennt die Zulassungsbegründung demgegenüber keine konkreten Anhaltspunkte. Insbesondere unterlässt es die Zulassungsbegründung einzelfallbezogen – d.h. ausgerichtet auf die konkrete Festsetzung des Bebauungsplans, auf die Begründung des einschlägigen Bebauungsplans sowie auf sonstige Unterlagen aus dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans – näher darzulegen, warum es sich hierbei nicht nur um eine die Struktur und die Ordnung des Baugebiets bestimmende Festsetzung aus städtebaulichen Gründen handeln soll.

Es trifft zwar zu, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, auf dessen Rechtsprechung sich die Klägerin beruft, im Vergleich zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sowie zu anderen Oberverwaltungsgerichten tendenziell großzügiger Nachbarschutz aus (seitlichen und hinteren) Baugrenzen zuerkennt. Allerdings nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg keinen Automatismus dergestalt an, dass Festsetzungen seitlicher Baugrenzen – wie Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung – kraft Gesetzes bzw. immer nachbarschützend sind. Er kehrt allerdings bei der Beurteilung, ob Festsetzungen über seitliche und hintere Baugrenzen nachbarschützend sind, das Regel-Ausnahme-Verhältnis um, indem er für den Regelfall – also soweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es dem Ortsgesetzgeber bei der Festsetzung dieser Baugrenzen ausschließlich um die Wahrung städtebaulicher Belange ging – davon ausgeht, dass sich in diesen Fällen regelmäßig Anhaltpunkte für eine nachbarschützende Wirkung ergeben werden und dass der Plangeber zwischen Grenznachbarn der betroffenen Grundstücksseite dann ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis begründen wollte, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zur wechselseitigen Beachtung der festgesetzten Baugrenzen verpflichtet (vgl. VGH BW, B.v. 20.1.2005 – 8 S 3003/04 – NVwZ-RR 2005, 397 = Rn. 7; B.v. 14.6.2007 – 8 S 967/07 – VBlBW 2007, 387 = juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 30.6.2015 – 3 S 901/15 – NVwZ-RR 2015, 807 = juris Rn. 11). In seiner jüngeren Rechtsprechung hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg unter Zitierung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich hervor, dass auch bei bauplanerischen Festsetzungen zur überbaubaren Grundstückfläche ein nachbarliches wechselseitiges Austauschverhältnis nicht schon kraft Bundesrechts begründet werde, sondern dass bei diesen Festsetzungen die Annahme einer auch nachbarschützenden Wirkung vielmehr davon abhänge, welchen Zweck der Plangeber mit der jeweiligen Festsetzung im Einzelfall verfolgt. Der Zweck derartiger bauplanerischer Festsetzungen sei daher durch Auslegung des Bebauungsplans im Einzelfall zu ermitteln; maßgebliche Anhaltspunkte für diese Auslegung ließen sich dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder den Materialien des Planaufstellungsverfahrens entnehmen (vgl. VGH BW, B.v. 30.6.2015 a.a.O. juris Rn. 10). Insofern geht mithin auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg von denselben dogmatischen Grundsätzen aus wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht. Lediglich hinsichtlich der Herangehensweise bei der Auslegung des jeweiligen Ortsrechts, also bei der Art und Weise der Ermittlung des Willens des Plangebers, nimmt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eine gewisse Sonderstellung gegenüber anderen Obergerichten der Länder ein (vgl. auch BVerwG, B.v. 13.12.2016 – 4 B 19.16 – juris Rn. 5).

Auch nach der von der Klägerin in Bezug genommenen baden-württembergischen Rechtsprechung bleibt daher die Frage, ob der Plangeber eine Festsetzung im Sinne der Begründung eines nachbarlichen Austauschverhältnisses nachbarschützend ausgestalten wollte, einzelfallbezogen relevant. Daher dürfte schon allgemein zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zu fordern sein, dass sich der Rechtsmittelführer in der Zulassungsbegründung hinsichtlich der Frage der nachbarschützenden Wirkung der Festsetzung mit dem auszulegenden Willen des Plangebers substantiiert einzelfallbezogen auseinandersetzt und sich nicht damit begnügt, auf eine Rechtsprechung in einem anderen Bundesland zu verweisen, die tendenziell „großzügiger“ mit der Anerkennung von Nachbarschutz aus Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche operiert. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Widerspruch zum einschlägigen Bebauungsplan bzgl. Nr. 10.1 der textlichen Festsetzungen nicht bloß die allgemeine Regelung über Baugrenzen, sondern speziell die – § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO abbedingende – Regelung betrifft, wonach auch Garagen und sonstige Nebengebäude nur innerhalb der überbaubaren Flächen errichtet werden dürfen. Insofern hat es das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auslegung, diese Festsetzung sei nicht nachbarschützend, nicht dabei belassen, dass sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans und seiner Begründung kein Anhaltspunkt hierfür ergebe. Vielmehr hat es sein Auslegungsergebnis in der Sache auch darauf gestützt, dass die zeichnerischen Festsetzungen Garagen und sonstige Nebengebäude auf den einzelnen Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans in ganz unterschiedlicher Situierung zuließen, sodass auch die planerische Gestaltung des Baugebiets nicht für einen Nachbarschutz spräche, vgl. Rn. 27 des angefochtenen Urteils:

„(…) Aus der planerischen Gestaltung des Baugebiets ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Satzungsgeber im Sinn hatte, Garagen und anderweitige Nebengebäude nur an das jeweilige Hauptgebäude anschließend zuzulassen, um die Grundstücksgrenzen nachbarschützend von Bebauung freizuhalten. Vielmehr finden sich in den zeichnerischen Festsetzungen unterschiedliche Gestaltungen im Hinblick auf die Nebengebäude. Dabei finden sich festgesetzte Garagen und Nebengebäude sowohl unmittelbar anschließend an Hauptgebäude als auch davon losgelöst, teilweise auch an seitlichen Grundstücksgrenzen. (…).“

Mit dieser auf den Einzelfall zugeschnittenen Erwägung setzt sich die Zulassungsbegründung aber überhaupt nicht auseinander, sodass zumindest aus diesem Grund die Zulassungsbegründung hinsichtlich der Argumentation, dass die textliche Festsetzung Nr. 10.1 nach dem Willen des Plangebers nachbarschützend sei und das Verwaltungsgerichts deshalb die Festsetzung falsch ausgelegt habe, nicht hinreichend substantiiert ist. Jedenfalls deshalb sind die Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO hinsichtlich des geltend gemachten Zulassungsgrunds (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht erfüllt.

bb) Auch soweit die Klägerin Nr. 10.4 der textlichen Regelung als nachbarschützend bewertet, vermag sie mit ihren Einwendungen nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu bewirken.

Zur Begründung seines Auslegungsergebnisses, wonach § 10.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans kein Drittschutz zukomme, führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich aus der Begründung des Bebauungsplans in Ziffer 5.0 ergebe, dass die Längenbegrenzung für Garagen und Nebengebäude an der Grundstücksgrenze auf 8 m allein eine Anpassung an die zum Erlasszeitpunkt geltende Fassung der Bayerischen Bauordnung von 1994 dargestellt habe, die in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayBO a.F. vormals eine Längenbegrenzung von 8 m statt der heute geltenden 9 m vorgesehen habe. Daraus sei erkennbar, dass der Satzungsgeber mit der Festsetzung keinen weitergehenden Schutz für den Nachbarn beabsichtigt habe, sondern vielmehr ohne weitere planerische Absicht die geltende gesetzliche Regelung habe übernehmen wollen.

Die Klägerin trägt hierzu im Zulassungsverfahren gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts vor, die Aussage, wonach der Satzungsgeber keinen weitergehenden Schutz für den Nachbarn habe erreichen wollen, habe nichts mit der Frage zu tun, ob die Festsetzung nachbarschützend sei. Entscheidend sei nicht, ob der Satzungsgeber gegenüber der Regelung der BayBO keinen weitergehenden Schutz für die Nachbarn habe erreichen wollen, sondern vielmehr, ob eine konkrete Festsetzung überhaupt zum Nachbarschutz erfolgt sei. Eine Regelung, die unmittelbar an der Grundstücksgrenze die Länge der Bebauung regele, sei nicht aus städtebaulichen Gründen erlassen worden, sondern könne einzig nur dem Nachbarschutz dienen, denn auch dem heutigen Art. 6 Abs. 9 BayBO komme bauordnungsrechtlich unzweifelhaft Nachbarschutz zu. Wenn sich der Satzungsgeber nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften zu Eigen mache und in sein Satzungsrecht übernehme, dann könne nur der Schluss gezogen werden, dass auch die Festsetzung in der Satzung dem Nachbarschutz diene. Insofern komme auch der Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 1989 zu dem Ergebnis, dass Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nachbarschützend seien.

Diese Einwendungen der Klägerin vermögen nicht substantiiert die Richtigkeit der Auslegung der textlichen Festsetzung durch das Verwaltungsgericht infrage zu stellen. Die von ihr aufgestellte These, die Festsetzung Nr. 10.4 sei nicht aus städtebaulichen Gründen erlassen worden, sondern könne einzig nur dem Nachbarschutz dienen, weil auch Regelungen wie der heutige Art. 6 Abs. 9 BayBO nachbarschützend seien, geht über eine zirkelschlussartige Behauptung nicht hinaus. Denn tatsächlich nennt die Klägerin keine objektiven Anhaltpunkte, warum es der Festsetzung Nr. 10.4 nicht lediglich um die städtebauliche Ordnung geht, sondern von dem Willen des Antragsgegners als Plangeber getragen sein soll, diese nachbarschützend auszugestalten. Allein aus dem Umstand, dass der Satzungsgeber nach der Begründung des Bebauungsplans eine Anpassung an derzeit geltende materiell-gesetzliche Regelungen verfolgen wollte, folgt nicht per se, dass der Gesetzgeber hiermit einen von diesen – anderweitigen – gesetzlichen Regelungen (hier des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts) unabhängigen Nachbarschutz hat schaffen wollen.

Es trifft auch nicht zu, dass die textliche Festsetzung Nr. 10.4 automatisch nachbarschützend sei, weil der Satzungsgeber sich mit ihr die nachbarschützende Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zu Eigen gemacht habe. Bei der von der Klägerin in Bezug genommenen Kommentarstelle Dhom/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, Stand: Dezember 2017, Art. 6 Rn. 493 wird unter Rekurs auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt, dass der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 BauNVO (partiell) nachbarschützende Wirkung zukomme, als auf nachbarliche Interessen Rücksicht zu nehmen sei. Das bedeutet, dass im Einzelfall die (insbesondere über eine Baugenehmigung umgesetzte) Zulassung einer Anlage, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig ist oder zugelassen werden kann, außerhalb festgesetzter überbaubarer Grundstücksflächen auch bei Berufung auf § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nicht gegen das auch nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen darf. Entgegen dem Vorbringen in der Zulassungsbegründung ist aber weder der zitierten Kommentarstelle noch der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 29.9.1989 – 20 B 88.01629 und 20 B 89.2083 – nicht veröffentlicht) zu entnehmen, dass „Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO“, also Festsetzungen im Bebauungsplan mit Regelungsbezug auf § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO, grundsätzlich nachbarschützend sein sollen.

Tatsächlich ist weder von der Klägerin substantiiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass aus dem vorliegenden, laut Verfahrensvermerk am 20. Juni 1997 bekannt gemachten Bebauungsplan „1. Änderung Bebauungsplan Nr. 2 B* …“ selbst, aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs folgt, dass der Beklagte durch die Regelung selbständig neben der nachbarschützenden Abstandsflächenregelung des Bauordnungsrechts (Art. 6 BayBO) einen eigenständigen, hiervon unabhängigen Nachbarschutz implementieren wollte.

b) Soweit sich die Klägerin für den Fall nicht nachbarschützender Festsetzungen ersatzweise auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots beruft, hat sie den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ebenfalls nichts Entscheidungserhebliches entgegenzusetzen, was die Richtigkeit der Rechtsfindung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Frage stellen könnte. Die Klägerin wendet ein, dass der Carport eine eigene Abstandsfläche benötige, weil sich die Beigeladene nicht auf die Privilegierung gem. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 BayBO berufen könne. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei einer Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indiziell ausgeschlossen sei, könne dann nicht aufrechterhalten werden.

Hiermit können keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begründet werden. Auf die Frage, ob der Carport, für den die streitgegenständlichen Befreiungen erteilt worden sind, die Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO einhält bzw. ob er gem. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BayBO auch ohne Abstandsflächen bauordnungsrechtlich zulässig ist, kommt es im Ergebnis für die Frage der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen isolierten Befreiung nicht streitentscheidend an.

Ähnlich wie im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (Art. 59 BauGB) ist das Prüfprogramm im isolierten Abweichungs- bzw. Befreiungsverfahren nach Art. 63 BayBO begrenzt. Es wird lediglich am Maßstab des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 oder des § 31 und § 34 Abs. 2 Halbs. 2 BauGB geprüft, ob der Widerspruch zu den materiellen Anforderungen durch die b e a n t r a g t e Abweichung / Befreiung aufgehoben werden kann. Ob das Vorhaben ansonsten mit den materiellen Anforderungen im Einklang steht, ist wegen der angeordneten Genehmigungsfreiheit grundsätzlich unerheblich. Die Genehmigungsfreiheit bürdet insoweit dem Bauherrn das Risiko auf, dass sein Vorhaben den materiellen Anforderungen entspricht (Dhom in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2017, Art. 63 Rn. 51; vgl. auch Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: September 2017, Art. 63 Rn. 86; Molodovsky in: Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: März 2018, Art. 63 Rn. 63 i.V. mit Rn. 54). Bei einem Verstoß gegen Rechtsvorschriften, die von diesem eingeschränkten Prüfprogramm nicht umfasst sind, gelten dieselben Grundsätze wie im Fall eines Verstoßes eines Bauvorhabens gegen von dem jeweiligen Prüfprogramm des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens nicht erfasste Anforderungen (Jäde a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene unter dem 30. November 2015 ausdrücklich nur einen „Antrag auf isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans“ gestellt. Die Zulassung einer Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen (Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO) war nicht Antragsgegenstand. Hierzu korrespondierend ist mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16. Dezember 2015 ausschließlich eine (isolierte) bauplanungsrechtliche Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans – nämlich von Nrn. 10.1 und 10.4 der textlichen Festsetzungen – gem. nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO i.V. mit § 31 Abs. 2 BauGB, nicht aber auch eine Zulassung einer Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Anforderungen des Art. 6 BayBO erteilt worden. Zu der Frage, ob der Carport, für den die bauplanungsrechtliche Befreiung erteilt wurde, mit Art. 6 BayBO übereinstimmt oder ob aufgrund eines Widerspruchs zu Art. 6 BayBO eine gesonderte Abweichung erteilt werden könnte, enthält der streitgegenständliche Bescheid keine Aussage. Auch wenn die Qualität des Art. 6 BayBO als Schutznorm zugunsten des unmittelbar angrenzenden Nachbarn außer Frage steht, kann sich die Klägerin daher zur Begründung eines nachbarlichen Abwehranspruchs gegen die streitgegenständlichen Befreiungen nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen, weil der Bescheid insofern keine Regelung trifft und daher Rechte der Klägerin aus Art. 6 BayBO von vornherein nicht verletzen kann (zur vergleichbaren Rechtslage im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 BayBO, bei dem das Abstandsflächenrecht vorbehaltlich einer ausdrücklich beantragten Abweichung nicht zum Prüfprogramm zählt, vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 23 m.w.N.; B.v. 13.4.2018 – 15 ZB 17.342 – juris Rn. 9 m.w.N.; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 19 m.w.N.). Ob der betroffene Carport materiell Art. 6 BayBO tatsächlich verletzt, bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung.

Soweit die Klägerin sich in der Zulassungsbegründung auf die Verletzung des in § 31 Abs. 2 BauGB („Würdigung nachbarlicher Interessen“) verankerten bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots beruft und dieses im Wesentlichen mit der Verletzung des Art. 6 BayBO zu begründen sucht, hat sie den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils nichts Substantiiertes entgegenzusetzen, was die Richtigkeit der dortigen Rechtsfindung im Ergebnis in Frage stellen könnte. Ihre Argumentation, wonach die bauplanungsrechtliche Befreiung zu ihren Lasten gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße, weil die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen nicht eingehalten würden, greift mit Blick auf § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zu kurz.

Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Allein aus einer (unterstellten) Verletzung des Art. 6 BayBO und aus den speziell von diesem anvisierten Schutzzielen (Belichtung, Belüftung und – str. – Wohnfrieden) kann – auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich für einen Interessenausgleich im Nachbarschaftsverhältnis sorgen sollen – nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch ggf. rechtswidrigen) Veränderung auf dem Nachbargrundstück verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich u n z u m u t b a r beeinträchtigt wird. Insbesondere ist der Schluss nicht gerechtfertigt, dass eine – hier von der Klägerin behauptete – Verletzung der Abstandsflächenvorschriften automatisch oder regelmäßig zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führt. Entscheidend sind – auch und gerade mit Blick auf typische Belastungen wie Verschattung bzw. Einschränkung der Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse, erdrückende oder abriegelnde Wirkungen sowie neue Einsichtsmöglichkeiten vom Nachbargrundstück aus – die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 11; B.v. 24.8.2016 – 15 ZB 14.2654 – juris Rn. 15; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 22; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 13; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – juris Rn. 17 ff.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 26 ff.; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 23 ff.; B.v. 13.4.2018 – 15 ZB 17.342 – juris Rn. 13 ff.). Insofern ist auch das Verwaltungsgericht bei der Bewertung, ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist, nicht bei der Feststellung, dass das – aus seiner Sicht wegen Art. 6 Abs. 9 BayBO eingehaltene – bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht verletzt sei, nicht stehen geblieben. Vielmehr hat es mögliche Belastungswirkungen fallbezogen thematisiert und ausgeführt, dass eine im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu beachtende Riegelwirkung oder erdrückende Wirkung des Bauvorhabens oder anderweitige unzumutbare Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks durch das Vorhaben nicht in Betracht kämen (vgl. Rn. 34 der angegriffenen Entscheidung). Bei dem vorliegenden Carport handele es sich – so das Erstgericht weiter – um ein nicht massiv wirkendes Vorhaben mit geringer räumlicher Ausdehnung. Etwaige Einwirkungen seien zudem nach der gesetzlichen Wertung in § 12 Abs. 1 BauNVO als sozialadäquat hinzunehmen, soweit diese dem Bedarf nach § 12 Abs. 2 BauNVO entsprächen. Stellplätze und Garagen seien im Rahmen des für die Nutzung notwendigen Bedarfs grundsätzlich sozialadäquat und nachbarverträglich. Das gelte auch im vorliegenden Fall im Verhältnis zur Klägerin. Das Wohngebäude der Klägerin befinde sich ca. 27 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt. Der streitgegenständliche Carport sei zudem kaum sichtbar, da er bis auf wenige Zentimeter des schräg verlaufenden Daches von einer Hecke auf dem Nachbargrundstück, auf deren Erhalt die Klägerin Wert lege, verdeckt werde.

Die von der Klägerin für das von ihr gewollte Berufungsverfahren angemahnte Feststellung, dass die Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten seien (weil Art. 6 Abs. 9 BayBO nicht greife), ist – wie gesehen – kein ausschlaggebendes Argument für das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot. Ihre These, dass – weil die Verhinderung einer unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Wirkung auch zum Regelungszweck der landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen gehöre – das Rücksichtnahmegebot zumindest aus tatsächlichen Gründen dann verletzt sei, wenn die Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten seien, ist so rechtlich nicht korrekt (s.o.). Das gilt insbesondere für die in der Zulassungsbegründung geäußerte Rechtsansicht, es komme auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu nicht vorliegenden Riegel-, erdrückenden oder sonstigen unzumutbaren Wirkungen (Rn. 34 des angegriffenen Urteils) nicht an, da dies nur von Bedeutung sei, wenn man die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bejahen würde. Insgesamt hat damit die Klägerseite nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, um die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Rechtsanwendung zum Rücksichtnahmegebots zu begründen. Denn inwiefern gerade durch den Carport, für den die streitgegenständliche Befreiung erteilt worden ist, unzumutbare Belastungen für sie folgen, hat die Klägerin gerade nicht dargelegt.

c) Da die Einwendungen der Klägerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Nrn. 10.1 und 10.4 der textlichen Festsetzungen keine nachbar- bzw. drittschützende Wirkung zukomme, nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen (s.o.), kommt es auf die hilfsweisen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach selbst bei Annahme von Befreiungen von nachbarschützenden Festsetzungen keine Rechtsverletzung der Klägerin erkennbar sei (vgl. Rn. 35 bis 41) nicht mehr an. Damit sind die Einwendungen der Klägerin, wonach die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorlägen, sowie ihre Ausführungen, wonach das behördliche Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden sei (vgl. Seiten 4 f., 10 f. der Zulassungsbegründung vom 21.4.2017), nicht relevant. Zwar kann sich bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung aus einem Ermessensfehler bei der Erteilung der Befreiung ein Abwehranspruch des Nachbarn ergeben. Der durch die nachbarschützende Festsetzung vermittelte Drittschutz erstreckt sich nämlich auch darauf, dass bei einer Befreiung die nachbarlichen Belange ordnungsgemäß – und damit auch ermessensgerecht – gewürdigt werden. Anders ist es jedoch bei einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung. Hier ergibt sich der Nachbarschutz nicht schon aus der Festsetzung, sondern erst aus dem nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme. Insoweit kommt es auf Ermessenfehler bei der Erteilung einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen nicht an (BayVGH, B.v. 16.8.2005 – 1 CS 05.1421 – juris Rn. 23; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 2.9.2009 – OVG 10 S 24.09 – juris Rn. 14).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.).

Auch wenn – wie die Klägerin vorbringt – eine Divergenz in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte der Bundesländer grundsätzlich besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache begründen kann (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 31), verlangt das Gebot der Darlegung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO auch bei diesem Berufungszulassungsgrund, dass sich der Rechtsmittelführer mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil hinreichend substanziell auseinandersetzt und deutlich macht, in welchem konkreten rechtlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist; auch und gerade in rechtlicher Hinsicht muss die Materie ausreichend durchdrungen werden (Happ in Eyermann a.a.O. § 124a Rn. 68 m.w.N.). Diesen Darlegungsobliegenheiten hat die Klägerin, wie sich aus den vorherigen Ausführungen zu 1. ergibt, nicht genügt. Wie oben gezeigt, geht auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – im Einklang mit dem Bundesverwaltungsgericht, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und den übrigen Oberverwaltungsgerichten der Länder – hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Festsetzung seitlicher Baugrenzen in einem Bebauungsplan nachbarschützende Wirkung hat, von denselben dogmatischen Grundsätzen aus. Insbesondere hängt auch nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg die nachbarschützende Qualität einer Festsetzung zur überbaubaren Grundstückfläche vom Willen des örtlichen Plangebers ab, also davon, welchen – durch Auslegung zu ermittelnden – Zweck dieser mit der Festsetzung im Einzelfall verfolgt. Allein der Umstand, dass die Verwaltungsgerichtshöfe in Baden-Württemberg einerseits und Bayern andererseits bei der Art und Weise der Ermittlung des Willens des Plangebers unterschiedlich vorgehen, rechtfertigt es – insbesondere ohne weiteres Eingehen auf die einzelfallbezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 27 des angegriffenen Urteils vom 9. Februar 2017) – im vorliegenden Fall nicht, allein den Verweis auf diese Unterschiede für die Erfüllung der Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrunds ausreichen zu lassen. Auf die obigen Ausführungen unter 1. a) aa) wird Bezug genommen.

3. Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substantiiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage erfordert dabei regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 ff. m.w.N.; BB.v. 10.4.2018 – 15 ZB 17.45 – juris Rn. 24.).

a) Hinsichtlich der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage,

„ob man die Bebauungsplansatzung bei seitlichen Baugrenzen grundsätzlich als objektiv-rechtlich qualifiziert und sich aus den Unterlagen ergeben muss, ob ein Nachbarschutz auch gewollt war (BayVGH) oder ob man bei seitlichen Baugrenzen zunächst den Nachbarschutz als implementiert erachtet und nur bei Anhaltspunkten für ausschließlich städtebauliche Gründe die nachbarschützende Wirkung verneint (VGH Mannheim)“,

fehlt es an einer hinreichend substantiierten Durchdringung des Prozessstoffs und der tragenden Argumentation des Verwaltungsgerichts. Auf die Erwägungen oben zu 1. a) aa) und 2. wird verwiesen.

b) Die in der Zulassungsbegründung ferner formulierten Fragen:

– Ist „bei dem Begriff der Garage i.S.d. Art. 6 Abs. 9 S. 1 BayBO auf die Definition der GaStellV abzustellen“ bzw. hat „der Nachbar einen Anspruch auf Einhaltung dieses Nutzungszwecks“?

– „Sind Dachüberstände in die 9m-Grenze von Art. 6 Abs. 9 Satz 1 BayBO einzubeziehen, insbesondere dann, wenn sie für die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Nutzungszwecks einer Grenzgarage benötigt werden oder wenn sie sich grenzseitig auf das Nachbarstück auswirken, weil (…) die Dachüberstände aneinandergebaut sind und zusammen mit einem Nachbargebäude eine Verlängerung der Gebäudewand darstellen?“

– „Ist die Regelung unter Art. 6 Abs. 9 S. 2 BayBO, wonach die gesamte Grenzbebauung (…) auf allen Grundstücksgrenzen nicht mehr als 15 m betragen darf, nachbarschützend?“

sind nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig, weil zum einen die Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 6 BayBO nicht Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheids vom 16. Dezember 2015 ist, sodass dieser Bescheid von vornherein keine Rechte der Klägerin aus Art. 6 BayBO verletzen kann, und zum andern allein aus der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften (auf deren Klärung die gestellten Fragen abzielen) nicht automatisch auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden kann. Auf die Ausführungen oben zu 1. b) wird Bezug genommen.

4. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichthofs (BayVGH, U.v. 29.9.1989 – 20 B 88.01629, 20 B 89.02083) zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angegriffene verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden.

Die Klägerin führt in der Zulassungsbegründung aus, der Verwaltungsgerichtshof sei in der zitierten Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nachbarschützend seien und dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 2017 hiervon abweiche. Dies sei hinsichtlich der Beurteilung der Nr. 10.4 der textlichen Festsetzungen entscheidungserheblich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hätte sie einen Anspruch auf Einhaltung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB gehabt.

Tatsächlich lässt sich aber aus Sicht des Senats der (unveröffentlichten) Entscheidung BayVGH, U.v. 29.9.1989 – 20 B 88.01629, 20 B 89.02083 – kein tragender Rechtssatz entnehmen, wonach Festsetzungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nachbarschützend seien, vgl. auch oben 1. a) bb). Die Zulassungsbegründung unterlässt es auch, sich in einer den Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise mit dieser Entscheidung näher inhaltlich auseinanderzusetzen und gestützt hierauf näher zu begründen, in welchem genauen Zusammenhang der in Bezug genommenen Entscheidung der Verwaltungsgerichtshof vormals einen Rechtssatz mit diesem Inhalt aufgestellt haben soll.

5. Soweit – was vom Verwaltungsgericht nicht thematisiert wurde – möglicherweise Bedenken an der Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) der streitgegenständlichen isolierten Befreiungsbescheids bestehen, weil dieser nicht auf konkrete Zeichnungen mit Grundrissen und Schnitten (vgl. § 8 BauVorlV) Bezug nimmt und auch nach den hier vorliegenden Unterlagen solche Bauzeichnungen (etwa über einen Bescheidstempel) nicht zum Gegenstand der Befreiungsentscheidung erklärt worden sind (zu Bestimmtheitsanforderungen bei einer isolierten Befreiung vgl. z.B. BayVGH, U.v. 8.12.2015 – 15 B 14.1840 – juris Rn. 21 ff.; im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung vgl. auch Schwarzer/ König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 35; Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2017, Art. 68 Rn. 468) war hierauf seitens des Senats nicht näher einzugehen, § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich, zumal sich die Beigeladene im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, (Mit-)Eigentümer des Grundstücks FlNr. 757/13 Gemarkung F., wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2013 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit fünf Wohneinheiten und fünf Stellplätzen auf dem südlichen Nachbargrundstück FlNr. 757/48 Gemarkung F. Er hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben. Ferner hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Januar 2014 abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, das Vorhaben verletze wegen der Nichteinhaltung der Abstandsfläche gemäß Art. 6 BayBO das in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Das Vorhaben übe eine erdrückende Wirkung auf sein Anwesen aus, das 2,50 m tiefer liege als die Gehsteigoberfläche. Die Wohnräume und der Garten seines Anwesens würden nicht mehr sachgerecht belichtet. Der Antragsteller sei in seinem Garten immer den Blicken der Bewohner des Vorhabens ausgesetzt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Januar 2014 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 26. November 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Gebot der Rücksichtnahme werde durch das Vorhaben nicht verletzt. Dieses füge sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Von ihm gehe auch keine erdrückende Wirkung auf das Wohngebäude des Antragstellers aus. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren seien Abstandsflächen nicht zu prüfen gewesen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie verweist darauf, dass die Abstandsflächen nach der Bayerischen Bauordnung eingehalten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

Soweit sich der Antragsteller auf die Nichteinhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 BayBO beruft, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Hier wurde die angefochtene Baugenehmigung, worauf in H 001 der Auflagen (Nebenbestimmungen) und Hinweise ausdrücklich hingewiesen wurde, im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO erteilt. Die Feststellungswirkung der Genehmigung ist deshalb auf die in Art. 59 Satz 1 BayBO genannten Kriterien beschränkt. Die Prüfung der Abstandsflächenvorschriften ist darin nicht vorgesehen; eine Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften wurde weder beantragt noch erteilt. Den beschränkten Prüfungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde außer im Fall der Versagung der Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO nicht selbst erweitern. Eine Verletzung von Nachbarrechten des Antragstellers durch die angefochtene Baugenehmigung wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen kommt deshalb nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 17.3.2014 - 15 CS 13.2648 - juris Rn. 14 jeweils m. w. N.). Dass der von der Beigeladenen eingereichte Abstandsflächenplan einen Genehmigungsstempel trägt, ist somit ohne Belang. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine - unterstellte - Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indizieren würde (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Maß der baulichen Nutzung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung entfaltet und es entscheidend für die Verletzung von nachbarlichen Rechten allein darauf ankommt, ob das Vorhaben die mit dem Gebot des Einfügens (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) geforderte Rücksichtnahme auf den Antragsteller einhält (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2013 - 15 ZB 13.68 - juris Rn. 4). Dieses Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbar nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. Eine Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls ist maßgeblich dafür, ob einem Vorhaben „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung zukommt. (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2013 - 15 ZB 13.68 - juris Rn. 5). Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2012 - 15 ZB 11.1016 - juris Rn. 6). Das Verwaltungsgericht hat hier eine solche Gesamtschau vorgenommen und dabei auch unterstellt, dass das im Miteigentum des Antragstellers stehende Grundstück an der gemeinsamen Grundstücksgrenze um ca. 2,50 m tiefer liegen sollte. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dabei von falschen tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist.

Der Antragsteller muss auch die Möglichkeit der Einsichtnahme in sein Grundstück hinnehmen. Das öffentliche Baurecht vermittelt keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken. Das bauplanungsrechtliche Gebot des Einfügens bezieht sich nur auf die in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmale der Nutzungsart, des Nutzungsmaßes, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist - als nicht städtebaulich relevant - darin nicht angesprochen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.1989 - 4 B 72/89 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 25.1.2013 - 15 ZB 13.68 - juris Rn. 6 m. w. N.). Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Soweit der Senat im Einzelfall die Möglichkeit der Einsichtnahme für erheblich gehalten hat (vgl. B.v. 2.7.2010 - 9 CS 10.894 - juris Rn. 5 ), lagen dem im Vergleich zur Lage des Antragstellers völlig andere tatsächliche Verhältnisse zugrunde (Durchbrechung einer profilgleichen Reihenhausbauweise durch einen massiven Queranbau an ein Reiheneckhaus in den Ruhe- und Gartenbereich der Reihenhauszeile hinein).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich als Eigentümer eines benachbarten Wohngrundstücks (FlNr. …, Gemarkung …) gegen eine mit Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2016 genehmigte Doppelgarage mit Pavillon an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf dem unmittelbar östlich angrenzenden Grundstück des Beigeladenen (FlNr. …, Baugrundstück). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines (einfachen) Bebauungsplans der Beklagten.

Die am 16. März 2016 erhobene Klage mit den zuletzt von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen,

den Baugenehmigungsbescheid vom 16. Februar 2016 hinsichtlich des Pavillons aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, den Baugenehmigungsbescheid vom 16. Februar 2016 um die Auflage „Die Nutzung des Daches der in diesem Bescheid genehmigten Grenzgarage wird untersagt.“ zu ergänzen,

wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Juli 2016 ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Der Senat lässt – was vom Verwaltungsgericht nicht thematisiert wurde – offen, ob dem Antrag auf Zulassung der Berufung, soweit er sich gegen die Klageabweisung hinsichtlich des Anfechtungsteils richtet (Antrag, den Baugenehmigungsbescheid vom 16. Februar 2016 hinsichtlich des Pavillons aufzuheben), von vornherein entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2016 – 15 ZB 15.696 – juris Rn. 20 m.w.N.) wegen (Teil-) Bestandskraft der Baugenehmigung der Erfolg zu versagen ist. Es wird aber darauf hingewiesen, dass ein ausdrücklicher Anfechtungsantrag erst spät im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erhoben wurde, nachdem mit der Klageerhebung am 16. März 2016 der Klageantrag zunächst lediglich darauf gerichtet war, die Beklagte zu verpflichten, im Genehmigungsbescheid „nachträglich die Nutzung des Garagendachs durch Auflagen und mittels Rotstifteintragung zu untersagen“ bzw. „die in der Baugenehmigung implizierten Abweichungen schriftlich im Bescheid zu verankern“. Unter Zugrundelegung der Zustellung des Baugenehmigungsbescheids an die Kläger am 19. Februar 2016 ist die Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO am 19. März 2016, 24:00 Uhr abgelaufen. Nach Aktenlage ist frühestens dem Schriftsatz der Kläger vom 31. März 2016 (Bl. 36 ff. der VG-Akte RN 6 K 16.408; Bl. 55 ff. im Eilverfahren RN 6 S 16.409) zu entnehmen, dass diese die Baugenehmigung inklusive des Gartenhauses als rechtswidrig ansehen. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016 im Eilverfahren (RN 6 S 16.409) wurde von ihnen in der Sache ausgeführt, dass sie sich auch gegen die Nutzung des Gartenhauses (also des Pavillons) wenden. Die Kläger haben – soweit ersichtlich – gegenüber dem Verwaltungsgericht erstmals mit Schriftsatz vom 4. Juli 2016 (Bl. 95 der VG-Akte RN 6 K 16.408) klargestellt, dass die in der Klageschrift vom 15. März 2016 enthaltenen Anträge der Erweiterung bedürften; der nachträgliche Erlass der zunächst geforderten Auflagen sei nicht geeignet, ihre Interessen zu wahren, weil die erteilte Baugenehmigung dennoch rechtswidrig bliebe. Der (Teil-) Anfechtungsantrag selbst wurde erstmals ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2016 gestellt (vgl. Niederschrift Bl. 106 ff. der VG-Akte RN 6 K 16.408). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die erweiterte Anfechtungsklage hinsichtlich der Einhaltung der Klagefrist zulässig war. Auch wenn die Voraussetzungen des § 91 VwGO vorliegen, bewirkt dies nicht zugleich die Zulässigkeit der nachträglich erweiterten Klage (vgl. OVG Saarl., U.v. 22.5.2012 – 1 A 115/12 – juris Rn. 42 m.w.N.).

Dies kann vorliegend aber dahinstehen, weil der Antrag auf Zulassung der Berufung auch auf Basis des klägerischen Vortrags abzulehnen ist. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substanziierungsanforderungen genügt, § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO (vgl. im Folgenden 2. - 5.).

2. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

a) Soweit die Kläger einwenden, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Einhaltung des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts aus Art. 6 BayBO angenommen, vermögen sie hiermit keine ausreichenden Gründe vorzubringen, die eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigt.

Die Kläger bringen mit ihrer Zulassungsbegründung vor, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien Abstandsflächen einzuhalten; Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO sei nicht einschlägig, weil die zu ihrem Grundstück ausgerichtete Garagenwand die Höhenbegrenzung gem. Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO von 3 m nicht einhalte und weil es sich nicht um eine schlichte Grenzgarage handele sondern um eine Garage mit Dachterrasse und Dachpavillon.

aa) Zwar könnte entgegen den Erwägungen des Erstgerichts – unabhängig von den Fragen, ob in den Bauvorlagen die Wandhöhe der Garage in Richtung des klägerischen Grundstücks richtig erfasst ist und ob die Beklagte sowie das Verwaltungsgericht zu Recht von der Einhaltung einer mittleren Wandhöhe im Rahmen der Vorgaben des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO ausgingen – einiges für einen Abstandsflächenrechtsverstoß sprechen: Sollte die Baugenehmigung mit Blick auf die in der Planzeichnung dargestellte ca. 90 cm hohe und vom Beigeladenen als „Attika“ bezeichnete Brüstung als westlichem Dachabschluss dahin ausgelegt werden, dass in der Sache eine Dachterrasse genehmigt wurde (zur Auslegung des Inhalts der Baugenehmigung unter Rückgriff auch auf die von der Genehmigung mitumfassten Bauvorlagen vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn 34; Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Nov. 2017, Art. 68 Rn. 466 ff. – jeweils m.w.N.), wäre die in diesem Fall genehmigte Dachterrasse entweder wegen einer ihr beizumessenden gebäudegleichen Wirkung oder wegen einer Einordnung als nicht gemäß Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 Buchst. b BayBO untergeordneter „Vorbau“ abstandsflächenrechtlich relevant (BayVGH, B.v. 10.7.2015 – 15 ZB 13.2671 – BayVBl 2016, 311 = juris Rn. 11 ff.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 24.11.2016 – OVG 10 S 5.15 – juris Rn. 10 m.w.N.). Darüber hinaus verliert nach der einschlägigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und der bayerischen Verwaltungsgerichte eine Garage ihre bauordnungsrechtliche (eng auszulegende) „Privilegierung“, ausnahmsweise an der Grenze oder abweichend vom sonst geltenden Abstandsflächenrecht grenznah errichtet werden zu dürfen, insgesamt, wenn sie mit einer anderen, abstandsflächenrechtlich nicht privilegierten baulichen Nutzung eine bauliche Einheit bildet (vgl. BayVGH, U.v. 19.7.1984 – 26 B 83 A.596; VG Würzburg, U.v. 18.6.2010 – W 4 K 09.704 – juris Rn. 48 m.w.N.; VG Augsburg, U.v. 7.11.2013 – Au 5 K 12.840 – juris Rn. 44 m.w.N.; vergleichbar auch OVG NRW, B.v. 13.3.1990 – 10 A 1895/88 – BauR 1990 – 457 = juris Rn. 9). Auch unter diesem Gesichtspunkt wäre zu überlegen, ob eine Garage, auf der ein Pavillon mit Aufenthaltsräumen und Bad (sowie ggf. Terrasse) errichtet ist, den Ausnahmetatbestand des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO überhaupt erfüllen kann.

bb) Die Kläger können sich aber zur Begründung eines Genehmigungsabwehranspruchs nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn die Feststellungswirkung der im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 Satz 1 BayBO erteilten Baugenehmigung umfasst Art. 6 BayBO nicht, weil im Genehmigungsverfahren eine Abweichung nur zu § 2 GaStellV, nicht aber zu Art. 6 BayBO beantragt wurde, Art. 59 Satz 1 Nr. 2, Art. 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BayBO (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 9 ZB 14.2853 – juris Rn. 8 m.w.N.; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309). Da Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO, wonach die Genehmigungsbehörde den Bauantrag im Falle eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften außerhalb des Prüfprogramms des Genehmigungsverfahrens ablehnen darf, nicht dazu bestimmt ist, nachbarlichen Interessen zu dienen, kann sich auch hieraus kein erweiterter Nachbarschutz ergeben; ansonsten käme es zu einer Entwertung des mit der Einführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens verfolgten gesetzgeberischen Ziels (BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 16; B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 4; B.v. 12.12.2013 – 2 ZB 12.1513 – juris Rn. 3; B.v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris Rn. 10 f.; B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 17). Soweit die Kläger erstinstanzlich beantragt haben, den Bescheid vom 16. Februar 2016 hinsichtlich des Pavillons aufzuheben, handelt es sich um eine (Teil-) Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung, die im Falle des Verstoßes des Vorhabens gegen Art. 6 BayBO mangels Zugehörigkeit zum Prüfprogramm Rechte der klagenden Nachbarn nicht verletzen kann. Dasselbe gilt für den weiteren Klageantrag, die Beklagte zu verpflichten, den Baugenehmigungsbescheid um eine Auflage zu ergänzen, mit der die Nutzung des Garagendaches untersagt werden soll. Sollte der Baugenehmigungsbescheid zur Sicherung der Vorgaben des Art. 6 BayBO gestützt auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 3 BayBO i.V. mit Art. 36 Abs. 1 BayBO („a maiore ad minus“) eine von den Klägern erwünschte Nebenbestimmung bereits enthalten, würde auch dies nicht zu einer Erweiterung der Feststellungswirkung der Baugenehmigung in Bezug auf Art. 6 BayBO führen (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17). Mithin kann einem Nachbarn – hier den Klägern – auch kein subjektives Recht auf die Aufnahme einer Nebenbestimmung in einen Baugenehmigungsbescheid entsprechend Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 3 BayBO i.V. mit Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG zustehen, soweit mit dieser die Einhaltung von bauordnungsrechtlichen Vorgaben gesichert werden soll, die nicht Gegenstand der Prüfung im einschlägigen Genehmigungsverfahren sind. Ein darüber hinausgehender Anspruch der Kläger auf bauordnungsrechtliches Einschreiten wegen Verletzung von Rechten aus Art. 6 BayBO bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber auf der Grundlage des Art. 76 BayBO ist nach Maßgabe der in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift gestellten Klageanträge nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstreitverfahrens.

cc) Soweit die Kläger sich in der Zulassungsbegründung zur Untermauerung ihrer im Klageverfahren geltend gemachten und vom Erstgericht nicht zugesprochenen Ansprüche auf die Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ebenso wie in § 34 Abs. 1 BauGB verankerten bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots berufen und dieses im Wesentlichen mit der Verletzung des Art. 6 BayBO zu begründen suchen, haben sie den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 26. Juli 2016 nicht Substanziiertes entgegenzusetzen, was die Richtigkeit der dortigen Rechtsfindung in Frage stellen könnte. Ihr Vortrag genügt insoweit inhaltlich nicht den Anforderungen an das Gebot der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dieses erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.).

Dem werden die Ausführungen der Kläger im Zulassungsverfahren nicht gerecht. Ihre Ausführungen, wonach die Baugenehmigung zu ihren Lasten gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße, weil die einzuhaltenden Abstandsflächen nicht eingehalten würden, greifen zu kurz. Auch die – nicht über eine schlichte Behauptung hinausgehenden – Ausführungen, dass das unzulässig an der Grundstücksgrenze genehmigte Bauvorhaben Auswirkungen auf die Belichtung und Belüftung des klägerischen Grundstücks habe, dass von ihm eine Einmauerungs- und Riegelwirkung ausgehe und dass erstmals Einblicke auf ihr Grundstück und insbesondere auf den Wohn- und Essbereich von der genehmigten Dachterrasse bzw. vom Pavillon ermöglicht würden, sodass sich „angesichts einer vollkommen fehlenden Abstandsfläche“ eine für sie unzumutbare Situation ergebe, genügt nicht, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Rechtsfindung des Erstgerichts hinreichend substanziiert aufzuzeigen.

Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Allein aus einer Verletzung des Abstandsflächenrechts und aus den speziell vom Abstandsflächenrecht anvisierten Schutzzielen (Belichtung, Belüftung und – str. – Wohnfrieden) kann nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden (BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 23; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 13). Auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme darstellen, kann hieraus im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass jede Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach sich zieht. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch) rechtswidrigen Veränderung auf dem Nachbargrundstücks verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; B.v. 24.8.2016 – 15 ZB 14.2654 – juris Rn. 15). Hierzu hat die Klägerseite aber nicht hinreichend substanziiert vorgetragen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO):

Soweit das Verwaltungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf eine fehlende erdrückende oder einmauernde Wirkung auch mit der indiziellen Wirkung der – aus seiner Sicht – eingehaltenen Anforderungen operiert hat, hat es ebenso unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts korrekt darauf abgestellt, dass eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen kann. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin – neben der bloßen Distanz – insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude. Schon hinsichtlich der Frage der eher begrenzten Ausmaße des streitgegenständlichen Bauvorhabens ist unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung thematisierten Konstellationen eine rücksichtslose erdrückende oder abriegelnde Wirkung ausgeschlossen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elfbzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 13; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – BauR 2014, 810 = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 – 3 S 2167/15 – juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 – 1 A 556/14 – juris Rn. 15 f.; B.v. 25.7.2016 – 1 B 91/16 – juris Rn. 13 ff.), zumal sich die Kläger zu den diesbezüglich relevanten Fragen in der Zulassungsbegründung nicht im Ansatz äußern. Zudem ist die Möglichkeit einer erdrückenden Wirkung grundsätzlich zu verneinen, wenn der Baukörper des angegriffenen Gebäudes nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Nachbargebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 a.a.O.; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 a.a.O. Rn. 17; B.v. 16.6.2015 a.a.O. Rn. 16; B.v. 25.7.2016 a.a.O. Rn. 14). Die genehmigten Bauunterlagen sowie in den Akten befindlichen Lichtbilder (vgl. Bl. 65 in der VG-Akte RN 6 S 16.409; Anlagen zu den Schriftsätzen vom 5. Januar 2017 und vom 9. Februar 2017, Bl. 52, Bl. 57 der VGH-Akte) lassen aber nicht darauf schließen, dass die genehmigte Doppelgarage mit Pavillon höher oder mächtiger als das Wohngebäude der Kläger ist. Unabhängig hiervon haben die Kläger im Berufungszulassungsverfahren jedenfalls nicht substanziiert vorgetragen, weshalb die streitgegenständliche bauliche Anlage des Beigeladenen ihrem Wohnhaus förmlich „die Luft nehme“, weil es derartig übermächtig wäre, dass ihr Gebäude nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. OVG NW, U.v. 19.7.2010 – 7 A 3199/08 – BauR 2011, 248 = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 – 7 A 1251/15 – juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 – 8 B 10304/15 – juris Rn. 6).

Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind in aller Regel im Rahmen der Veränderung der baulichen Situation auch am Maßstab des Rücksichtnahmegebots hinzunehmen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 15). Auch diesbezüglich haben die Kläger Besonderheiten, aus denen sich im vorliegenden Fall für sie unter diesem Blickwinkel eine besondere Belastungswirkung ergeben könnte, nicht näher dargelegt. Zudem ist insofern zu berücksichtigen, dass das genehmigte Vorhaben an den Einfahrts- und Garagenbereich der Kläger angrenzt und das eigentliche Wohngebäude – mit Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze – erst mehrere Meter versetzt zum streitgegenständlichen Garagen- / Pavillongebäude weiter nordwestlich beginnt (vgl. auch das Lichtbild Bl. 25/Rückseite des Genehmigungsakts B-2015-336).

Soweit das Verwaltungsgericht einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot mit Blick auf Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück der Kläger bzw. auf ihren Wohnbereich verneint hat, hat es insbesondere tragend darauf abgestellt, dass Nachbarn grundsätzlich nicht gegen Einblicksmöglichkeiten von den angrenzenden Grundstücken aus geschützt sind. Dies ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und entspricht höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung. Das Bauplanungsrecht vermittelt keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken. Das gilt grundsätzlich sowohl im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (soweit nicht ausnahmsweise eine einschlägige Festsetzung dem Schutz vor Einsicht dient) als auch nach § 34 Abs. 1 BauGB, der hier über § 30 Abs. 3 BauGB ergänzend Anwendung findet. Das bauplanungsrechtliche Gebot des Einfügens bezieht sich nur auf die in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmale der Nutzungsart, des Nutzungsmaßes, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist – als nicht städtebaulich relevant – davon nicht angesprochen (neben der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung BayVGH, B.v. 30.11.2006 – 14 CS 06.3015 – juris Rn. 9 – vgl. auch BVerwG, B.v. 24.4.1989 – 4 B 72.89 – NVwZ 1989, 1060 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 7; B.v. 25.1.2013 – 15 ZB 13.68 – juris Rn. 6; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13). Auch über das Gebot der Rücksichtnahme wird in bebauten Ortslagen grundsätzlich kein Schutz des Nachbarn vor jeglichen (weiteren) Einsichtmöglichkeiten vermittelt, allenfalls in besonderen, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprägten A u s n a h m e f ä l l e n kann sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme etwas anderes ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.1999 – 2 CS 99.2387 – BayVBl. 2000, 377 = juris Rn. 20; B.v. 6.8.2010 – 15 CS 09.3006 – juris Rn. 28; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 14; OVG Saarl., B.v. 25.5.2010 – 2 A 31/10 – BRS 76 Nr. 197 = juris Rn. 15; OVG Bremen, U.v. 10.11.2015 – 1 LB 143/14 – BauR 2016, 645 = juris Rn. 39; ThürOVG, B.v. 11.5.1995 – 1 EO 486/94 – BRS 57 Nr. 221 = juris Rn. 51; U.v. 26.2.2002 – 1 KO 305/99 – BRS 65 Nr. 130 = juris Rn. 42).

Anhaltspunkte für einen solchen situationsbedingten Ausnahmefall sind aber dem Zulassungsvorbringen nicht zu entnehmen, zumal sich aus den in den beigezogenen Akten befindlichen Unterlagen ergibt, dass von der Mitte der Westgrenze des Baugrundstücks ohne Weiteres der Terrassenbereich sowie die Ostfassade und Teile der Südfassade des klägerischen Anwesens bislang auch ohne das genehmigte Bauvorhaben eingesehen werden konnten, auch weil das Gartengelände des Baugrundstücks der Beigeladenen an der gemeinsamen Grenze von Süd nach Nord terrassenförmig aufsteigend war (Lichtbild Bl. 106 der VG-Akte RN 6 K 99.1617 i.V. mit dem Tatbestand der Entscheidung VG Regensburg, U.v. 5.12.2000 – RN 6 K 99.1617; Lichtbild Bl. 25 des Genehmigungsakts der Beklagten B-2015-336: „21.02.2000, Blick auf Hausnummer 6“; vgl. auch das hinter Blatt 30 der VG-Akte RN 6 K 16.408 eingeheftete Lichtbild; vgl. auch die Darstellung der „ursprünglichen Höhenentwicklung gemäß Höhenplan der Stadt …“ unter der „Ansicht Westen M 1_100“ in der gestempelten Planzeichnung „Grundrisse, Schnitt, Lageplan und Ansichten“). Zur Erfüllung der Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO hätte in der Zulassungsbegründung konkret aufgezeigt werden müssen, welche qualitativen Änderungen sich im Vergleich zur vorherigen Grundstückssituation ergeben, welche genauen schützenswerten Wohnbereiche (Betroffenheit welcher genauen Fenster in welchem Stockwerk etc.) nunmehr erstmals und in welcher Weise von der Einsichtnahme betroffen sein und welche besonderen – außergewöhnlichen, über die herkömmlichen Einsichtsmöglichkeiten in Innerortslagen hinaus – Belastungen sich hieraus für die Kläger ergeben sollen. Dies ist nicht erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat einen die Unzumutbarkeit begründenden Ausnahmefall in der Sache jedenfalls nicht gesehen und ausgeführt, dass durch den Pavillon nicht erstmals eine Einsichtsmöglichkeit in den Gartenbereich der Kläger geschaffen werde und dass auch keine neue Qualität von Einsichtnahmemöglichkeiten entstehe. Dem haben die Kläger im Berufungszulassungsverfahren nichts Substanzielles entgegengesetzt, sondern sich stattdessen ohne weitere begründende Ausführungen darauf beschränkt zu behaupten, dass „Einblicke auf das klägerische Grundstück insbesondere in den Wohn- und Essbereich von der Dachterrasse und vom Pavillon (…) erstmals ermöglicht“ würden (vgl. Seite 9 im Schriftsatz vom 5. Januar 2017; ähnlich auch Seite 3: „dass von der Dachterrasse und vom Pavillon aus Einblicke direkt in die Räume des klägerischen Anwesens aus kurzer Entfernung möglich werden“). Damit wird die Argumentation in erster Instanz (vgl. etwa Schriftsatz der Kläger vom 21. Juli 2016 an das Verwaltungsgericht) der Sache nach lediglich wiederholt, ohne dem Verwaltungsgerichtshof im Einzelnen darzulegen, worin das genaue Ausmaß der Einsehbarkeit und das Maß der Verschlechterung im Vergleich zur bisherigen bzw. vorherigen Situation besteht und warum diese Verschlechterung aufgrund der gegebenen Umstände ein Ausmaß erreicht, das die Zumutbarkeitsschwelle übersteigt.

Vor diesem Hintergrund bedarf es mangels Entscheidungserheblichkeit keiner in einem Berufungsverfahren abschließenden Klärung einer Verletzung des Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) gegenüber den Klägern. Insofern kann auch eine Beurteilung unterbleiben, inwiefern den Klägern die Berufung auf eine Abstandflächenunterschreitung und hieraus sich ergebende Belastungswirkungen nach Treu und Glauben verwehrt sein könnte, weil ihnen womöglich selbst vorgehalten werden kann, die Abstandsflächen gegenüber dem Beigeladenen nicht einzuhalten (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.131 – juris Rn. 37 m.w.N.; vgl. Molodovsky/ Waldmann in: Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Rand: Sept. 2017, Art. 6 Rn. 22), weil auch sie selbst (auf Basis einer Baugenehmigung vom 13. Juni 2002) das Dach ihrer an der gemeinsamen Grenze errichteten Garage als Terrasse nutzen (vgl. Bl. 48 der VG-Akte RN 6 K 16.408; vgl. auch S. 5 des Schriftsatzes der Kläger vom 16.3.2016 im Eilverfahren RN 6 S 16.409). Betroffene Nachbarn sind im Falle eines behaupteten materiellen Verstoßes eines Vorhabens gegen nicht vom Prüfumfang des vereinfachten Genehmigungsverfahrens umfasste nachbarschützende Anforderungen (hier in Bezug auf die behauptete Verletzung des Art. 6 BayBO) im Übrigen nicht rechtsschutzlos, weil sie – ggf. neben Ansprüchen auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber (vgl. Art. 54 Abs. 2, Art. 75 BayBO) – auch zivilrechtlichen Nachbarschutz geltend machen können (etwa unter Berufung auf den sog. quasinegatorischen Abwehranspruch analog § 1004 i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB, vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2017 – 15 ZB 16.1306 – juris Rn. 21; Seidel, NVwZ 2004, 139 ff.).

b) Soweit die Kläger vorbringen, die erstinstanzliche Entscheidung habe verkannt, dass sich das Vorhaben in Ergänzung zu den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, weil sich aus der umliegenden Bebauung eine (nicht eigehaltene) faktische Baugrenze in Richtung Straße ergebe, ist dies im Nachbaranfechtungsstreit nicht entscheidungserheblich. Nachbarn können sich als Dritte nur dann erfolgreich gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese nicht nur rechtswidrig ist, sondern zudem die (behauptete) Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die jedenfalls auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). § 34 Abs. 1 BauGB vermittelt aber gerade keinen generellen Nachbarschutz, sondern nur über das Gebot der Rücksichtnahme (BayVGH, B.v. 25.1.2013 – 15 ZB 13.68 – juris Rn. 4 m.w.N.; ebenso: BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13; ThürOVG, U.v. 26.2.2002 – 1 KO 305/99 – BRS 65 Nr. 130 = juris Rn. 41 m.w.N.). Zudem ist selbst eine durch einen Bebauungsplan festgesetzte rückwärtige Baugrenze grundsätzlich (d.h. soweit der kommunale Planungsgeber nicht ausnahmsweise anderes beabsichtigt) nicht nachbarschützend (vgl. VG Schleswig, B.v. 29.3.2017 – 8 B 4/17 – juris Rn. 22 m.w.N.).

3. Auch eine Berufungszulassung auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO scheidet aus. Soweit nach der Divergenzrüge der Kläger unterstellt wird, dass das angegriffene Urteil vom 26. Juli 2016 hinsichtlich der (nur im Rahmen der Prüfung des Rücksichtsnahmegebots inzident thematisierten) Rechtsanwendung des Art. 6 BayBO von den Entscheidungen BayVGH, B.v. 10.7.2015 – 15 ZB 13.2671 – sowie BayVGH, U.v. 19.7.1984 – 26 B 83 A.596 – abweicht [zur Problematik vgl. bereits oben 2. a) aa) ], haben die Kläger jedenfalls nicht hinreichend substanziiert dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung beruht.

Die Zulassungsbegründung muss aufzeigen, dass aus der Perspektive der Vorinstanz die Abweichung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Entscheidungsergebnis betroffen ist (Kraft in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 133 Rn. 33; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 124 Rn. 45). Auch für § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gilt – wie für jeden Zulassungsgrund – die Obliegenheit, sich mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen, Tatsachenfragen sowie Rechtsfragen aufzuarbeiten und hierüber die Begründung in der Art und Weise substanziiert in Frage zu stellen, dass der Verwaltungsgerichtshof über die Zulassung nur aufgrund der Antragsschrift und des angefochtenen Urteils ohne weitere Ermittlungen entscheiden kann (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a Rn. 91). Hierfür genügt der Hinweis der Kläger darauf, das Erstgericht habe die Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es unter Abweichung von den zitierten Entscheidungen von der Einhaltung der Abstandsflächen ausgegangen sei, nicht. Denn aus der Verletzung des Abstandsflächenrechts kann gerade nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden [s.o. 1. a) cc) ]. Auch in den Fallkonstellationen, die den von den Klägern herangezogenen Entscheidungen zugrunde lagen, ging es nicht darum, aus dem Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu schließen. Vielmehr war in beiden zugrundeliegenden Fallgestaltungen Art. 6 BayBO jeweils unmittelbarer Entscheidungsmaßstab (in der Fallgestaltung vom 19.7.1984: Anfechtung einer Nachbarbaugenehmigung wegen Verletzung der damals noch im Prüfprogramm enthaltenen bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen; in der Fallgestaltung der Entscheidung vom 10. Juli 2015: Anfechtungsklage gegen einen Bescheid mit dem den dortigen Klägern untersagt wurde, eine auf ihrer Grenzgarage errichtete Dachterrasse wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 BayBO zu nutzen oder nutzen zu lassen, und mit dem diesen aufgegeben wurde, ein auf dem Garagendach errichtetes Geländer zu beseitigen).

Die Erwägungen des Senats zur mangelnden Darlegung eines Zulassungsgrunds gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (s.o) schlagen vorliegend auch auf den Vortrag der Kläger zum Zulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch: Gerade weil die Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Ansicht des Verwaltungsgerichts, es liege keine Verletzung des Rücksichtsnahmegebots vor, hinreichend darzulegen vermochten, können sie mit derselben Argumentation, die erstgerichtliche Annahme der Einhaltung der (im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfenden) Anforderungen des Art. 6 BayBO weiche von zwei älteren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs ab, auch nicht den Darlegungsanforderungen hinsichtlich des Beruhensmerkmals i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genügen.

4. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

a) Soweit die Kläger der Ansicht sind, das Gericht habe die Höhe der westlichen Garagenwand des Beigeladenen für die Rechtsanwendung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO anhand der Pläne und anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zu niedrig angesetzt und hätte den Sachverhalt insbesondere durch Beauftragung eines Sachverständigen zur Überprüfung der Obergrenze von 3 m weiter aufklären müssen, ist schon nicht ersichtlich (und auch nicht konkret vorgetragen), warum das Verwaltungsgericht nicht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt, um ohne Zuhilfenahme externen Sachverstands die von der angefochtenen Baugenehmigung umfassten Planzeichnungen richtig lesen und erfassen zu können. Eine in der Sache von den Klägern vorgeworfene falsche Beurteilung hinsichtlich Tatbestandvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO wäre als Rechtsanwendungsfehler anzusehen, der nicht per se mit einem Aufklärungsmangel (Verstoß gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gleichzusetzen ist (vgl. z.B. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 124 Rn. 58 m.w.N.). Sollte dennoch von einem Aufklärungsmangel ausgegangen werden, wäre der Zulassungsgrund jedenfalls hinsichtlich der Frage, ob die angefochtene Entscheidung auf diesem b e r u h t, nicht hinreichend gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt, weil auch hierfür der schlichte Verweis in der Zulassungsbegründung, dass die Verletzung des Rücksichtnahmegebots mit der Nichteinhaltung des Abstandsflächenrechts begründet werden könne, nicht ausreichend wäre [vgl. oben 3. sowie 2. a) cc) ].

b) Auch soweit das Unterlassen einer gerichtlichen Inaugenscheinnahme zur Beurteilung von Einsichtnahmemöglichkeiten als verfahrensfehlerhaft moniert wird, ist jedenfalls nicht hinreichend dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf einer (implizit gerügten) Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) beruhen kann.

Hinreichend substanziiert dargelegt ist ein Verfahrensmangel – hier: ein Aufklärungsmangel wegen unterbliebener Inaugenscheinnahme – nur dann, wenn der Rechtsmittelführer eine Begründung gibt, die den Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt, sich allein an Hand der Zulassungsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 124a Rn. 110 m.w.N.; BSG, B.v. 29.9.1975 – 8 BU 64/75 – juris Rn. 3). Ob den (erstinstanzlich nicht anwaltlich vertretenen) Klägern vorgeworfen werden kann, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die Vornahme einer Sachverhaltsaufklärung durch Inaugenscheinnahme nicht hinreichend hingewirkt zu haben, bzw. ob sich dem Verwaltungsgericht unabhängig hiervon die Notwendigkeit einer Ortsbesichtigung – trotz der in den Aktenbefindlichen Lichtbildern etc. – hätte aufdrängen müssen oder nicht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75; BVerwG, B.v. 7.3.2012 – 6 B 40.11 – NVwZ-RR 2012, 342 = juris Rn. 2), kann dahingestellt bleiben. Aufklärungsrügen setzen – über die vorgenannten Aspekte hinausgehend – die Darlegung voraus, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B.v. 7.3.2012 a.a.O.; Happ a.a.O.) und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann, d.h. inwiefern die weitere Aufklärung – hier durch Ortseinsicht – unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Erstgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (BVerwG, B.v. 16.3.2011 – 6 B 47.10 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 18.10.2013 – 10 ZB 11.618 – juris Rn. 25; B.v. 25.1.2016 – 10 ZB 14.1486 – juris Rn. 17 OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 4.11.2016 -3 L 162/16 – juris Rn. 14).

Die Ausführung in der Zulassungsbegründung, vor Ort wäre festgestellt worden, dass von der Dachterrasse und vom Pavillon aus Einblicke direkt in die Räume des klägerischen Anwesens aus kurzer Entfernung möglich seien, was vor dem Hintergrund der nicht vorhandenen Abstandsflächen als für die Kläger unzumutbar und rücksichtslos einzustufen sei, genügt insofern den gesetzlichen Darlegungsobliegenheiten nicht. Die Kläger begrenzen sich in der Sache auf die Behauptung unzumutbarer und rücksichtsloser Einblicksmöglichkeiten ohne aber darzulegen, welche konkreten Feststellungen im Falle einer gerichtlichen Orteinsicht voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis speziell am rechtlichen Maßstab des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots zu einer für sie günstigeren Entscheidung geführt hätte. Wie oben – vgl. 2. a) cc) – ausgeführt, kommt es nicht entscheidend darauf an, dass aus relativ kurzer Entfernung von der Dachterrasse bzw. vom Pavillon auf Räume des klägerischen Anwesens oder die Terrasse der Kläger geblickt werden kann. Entscheidend ist vielmehr, inwiefern diese Einblickmöglichkeiten aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls die Schwelle der Unzumutbarkeit übersteigen. Wie oben ausgeführt, ergibt sich aber aus dem Zulassungsvortrag nicht substanziiert, welche genauen Räumlichkeiten in welchem genauen Ausmaß im Vergleich zur vorherigen Grundstückssituation erstmals von Einsichtsmöglichkeiten betroffen sind, inwiefern sich deshalb – entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts – eine neue Qualität von Einsichtnahmemöglichkeiten bietet und warum dies im Vergleich zu sonstigen Situationen in bebauten Innerortslagen hier als unzumutbar anzusehen sein soll. Da damit – wie zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausgeführt – aus der Zulassungsbegründung keine konkreten Anhaltspunkte für einen situationsbedingten Ausnahmefall zu entnehmen sind, fehlt es auch hinsichtlich des geltend gemachten Aufklärungsmangels an einem hinreichend substanziierten Vortrag zu der Frage, inwiefern die Vornahme der Aufklärungsmaßnahme (Inaugenscheinnahme) zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können.

c) Darüber hinaus ist die Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO aufgrund des Einwands zuzulassen, das Verwaltungsgericht hätte über § 86 Abs. 3 VwGO darauf hinwirken müssen, dass von den (erstinstanzlich nicht anwaltlich vertretenen) Klägern statt des auf den Pavillon beschränkten Anfechtungsklageantrags ein sachdienlicher Klageantrag auf Aufhebung der gesamten Baugenehmigung gestellte werde, weil – so nach jetziger Ansicht der Kläger – die erstinstanzliche Beschränkung des Anfechtungsantrags mangels Teilbarkeit des Bauvorhabens bzw. mangels konstruktiver Abtrennbarkeit des Pavillons vom Garagenrestgebäude nicht zulässig sei (zur Problematik vgl. auch BayVGH, B.v. 14.6.2007 – 1 CS 07.265 – juris Rn. 42; OVG MV, B.v. 17.1.2005 – 3 M 37/04 – BauR 2006, 507 = juris Rn. 29 f.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 11).

Es kann – neben der Frage, ob der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellte (Teil-) Anfechtungsantrag überhaupt fristgemäß gestellt wurde (s.o. 1.) – dahinstehen, ob die Möglichkeit einer Klageerweiterung in Form der Erstreckung der Anfechtung auf die gesamte Baugenehmigung bei Unterstellung der Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 VwGO daran scheitern würde, dass jedenfalls hinsichtlich des in erster Instanz nicht angefochtenen Teils der Baugenehmigung (hinsichtlich des Garagenteils) zwischenzeitlich die Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgelaufen und deshalb (Teil-) Bestandskraft eingetreten ist. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts anders ausgefallen wäre, wenn der Anfechtungsantrag von vornherein den gesamten Baugenehmigungsantrag erfasst hätte. Denn in diesem Fall wäre nach der Argumentationslinie in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils das Verwaltungsgericht ebenso zu dem Ergebnis gekommen, die Klage mangels Verletzung einer nachbarschützenden Norm (resp. mangels Verletzung des Rücksichtnahmegebots) abzuweisen. Insofern ist nicht erkennbar, wie das angefochtene Urteil auf einem – unterstellten – Verfahrensverstoß nach § 86 Abs. 3 VwGO wegen Unterbleibens eines richterlichen Hinweises i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruhen könnte.

5. Aufgrund der Erwägungen zu 1. bis 3. weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf bzw. sind solche Schwierigkeiten nicht in einer den Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt worden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich, zumal die von der Beigeladenenseite im Zulassungsverfahren vorgebrachten Argumente nur zu einem untergeordneten Teil in die tragenden Erwägungen der vorliegenden Entscheidung des Senats eingeflossen sind. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.

(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

(3) Unzulässig sind

1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten,
2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.

(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und einer Tiefgarage.

Die Klägerin ist Eigentümerin des im unbeplanten Innenbereich an der B. Straße gelegenen, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks FlNr. 2619/2 Gemarkung M. Das Grundstück grenzt im Osten an das Grundstück FlNr. 2619. Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und einer Tiefgarage für sechs Stellplätze auf diesem Grundstück.

Die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. März 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Durch das genehmigte Bauvorhaben würden Nachbarrechte der Klägerin nicht verletzt. Zwar füge sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung im Hinblick auf die Größe der Grundfläche und die Grundflächenzahl sowie nach der überbaubaren Grundstücksfläche nicht vollständig in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Auch überschreite es geringfügig die erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin. Dadurch würden aber Nachbarrechte der Klägerin nicht verletzt. Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Von dem Gebäude gehe weder eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung aus noch werde die Belichtung, Belüftung und Besonnung des Grundstücks der Klägerin beeinträchtigt.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zuzulassen. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Der Beklagte beantragt, den Zulassungsantrag abzulehnen. Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

II.

1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils liegt nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung keine die Nachbarrechte der Klägerin schützenden Vorschriften verletzt, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen waren (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 59 Satz 1 BayBO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilenden Vorhaben nicht zulasten der Klägerin das im Begriff des „Einfügens“ nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot verletzt.

Nach dieser Bestimmung ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ob sich das Bauvorhaben der Beigeladenen, wie die Klägerin meint, nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht nur im Hinblick auf die Grundfläche oder Grundflächenzahl (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO), sondern auch im Hinblick auf seine Höhe (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil der B. Straße entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts trennende Wirkung zukomme und deshalb die Bebauung südlich dieser Straße nicht mehr zur näheren Umgebung des Baugrundstücks zähle, braucht nicht entschieden werden. Denn allein dadurch würde die Klägerin nicht in Rechten verletzt, weil die möglicherweise nicht eingehaltenen Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung ebenso wie diejenigen zur überbaubaren Grundstücksfläche grundsätzlich nur der städtebaulichen Ordnung, nicht aber auch dem Schutz des Nachbarn dienen (vgl. BVerwG, B. v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - NVwZ 1996, 170/171; U. v. 28.4.2004 - 4 C 10/03 - NVwZ 2004, 1244/1246). Etwas anderes gilt nur, wenn gegen sie in so grober Weise verstoßen wird, dass dadurch das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - NVwZ 1999, 879/880; B. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris Rn. 21). Das ist der Fall, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 20.9.1984 - 4 B 181/84 - NVwZ 1985, 37/38; U. v. 19.9.1986 - 4 C 8/84 - NVwZ 1987, 409/410; B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - NVwZ-RR 1997, 516; B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8). Dass diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt sind und die Auswirkungen des Bauvorhabens auf das Grundstück der Klägerin die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschreiten, hat das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt. Das Vorbringen im Zulassungsantrag ist nicht geeignet, diese Ausführungen infrage zu stellen.

a) Eine „erdrückende“ oder „abriegelnde Wirkung“ des Bauvorhabens auf das Grundstück der Klägerin kann nach dem Vorbringen im Zulassungsantrag nicht angenommen werden.

Eine solche Wirkung kommt nach der Rechtsprechung vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - DVBl 1981, 928: zwölfgeschossiges Gebäude in Entfernung von 15 m zum Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - DVBl 1986, 1271: drei 11,50 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem Wohnanwesen; BayVGH, B. v. 16.10.2012 - 15 ZB 11.1016 - juris Rn. 6). Davon kann, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei der Größe des geplanten Mehrfamilienhauses mit einer maximalen Höhe auf der dem Grundstück der Klägerin zugewandten Westseite von 10,50 m (einschließlich Dach) und der Gesamtbreite des Baukörpers von 20,99 m angesichts des Abstands zum Wohnhaus der Klägerin von mindestens 14 m sowie der versetzten Anordnung der nördlichen und südlichen Gebäudeteile nicht gesprochen werden. Dass aufgrund besonderer Umstände, wie etwa speziellen Geländeverhältnissen, eine andere Beurteilung geboten sein könnte, ergibt sich weder aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag noch aus den beim Augenschein des Verwaltungsgerichts erstellten Fotografien (Bl. 86 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Der bloße Vortrag, dass „das Bauvorhaben entlang des Grundstücks der Klägerin in einer Länge von 20,99 m insbesondere auch in Verbindung mit der Höhe eine sehr massive Bebauung darstelle“, reicht insoweit nicht aus.

b) Ebenso wenig ist fraglich, dass das Rücksichtnahmegebot zulasten der Klägerin nicht wegen einer Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands verletzt ist.

Zwar stellen die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme dar (vgl. BVerwG, B. v. 22.11.1984 - BVerwG 4 B 244.84 - NVwZ 1985, 653; B. v. 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516). Auch kann das Gebot der Rücksichtnahme ausnahmsweise verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - NVwZ 1999, 879/880). Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften regelmäßig zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führt; maßgeblich sind vielmehr auch hier die konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B. v. 9.10.2006 - 26 ZB 06.1926 - juris Rn. 13; B. v. 14.10.2010 - 15 ZB 10.1584 - BayVBl 2011, 413; B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17; B. v. 6.9.2011 - 1 ZB 09.3121- juris Rn. 4; U. v. 27.3.2013 - 14 ZB 12.192 - juris Rn. 31 ff.). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch) rechtswidrigen Veränderung auf dem Nachbargrundstücks verschont zu bleiben. Auch insoweit kommt es vielmehr darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird.

Nach diesen Maßstäben ist hier wegen der Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gegeben. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich ausgeführt, die geringfügige Unterschreitung der Abstandsflächen von lediglich 10 cm auf einer Länge von 5,30 m gegenüber der Klägerin sei nicht rücksichtslos, zumal die Abstandsflächen nicht „auf dem Wohngebäude der Klägerin, sondern auf ihrer Garagenzufahrt“ zu liegen komme. Hiergegen hat die Klägerin keinerlei Einwände geltend gemacht. Auch hat sie nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechenden Weise dargelegt, dass infolge der auf dem Baugrundstück nicht ganz eingehaltenen Abstandflächen die Belichtung, Besonnung oder Belüftung ihres Anwesens unzumutbar beeinträchtigt würden. Soweit sie der Ansicht ist, dass sie schon allein durch den Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht in ihren Nachbarrechten verletzt sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit (nachbarschützenden) Abstandsflächenvorschriften nach Art. 59 Satz 1 BayBO im vorliegenden vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung war, so dass eine Rechtsverletzung der Klägerin durch die Baugenehmigung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) insoweit ausscheidet.

c) Ebenso erscheint es ausgeschlossen, dass die vom An- und Abfahrtsverkehr der Tiefgaragenzufahrt ausgehende Immissionsbelastung so erheblich ist, dass für die Klägerin die Grenze des Zumutbaren überschritten wird.

Sowohl in (faktischen) reinen als auch allgemeinen Wohngebieten sind Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig (vgl. § 12 Abs. 2 BauNVO). Die Vorschrift begründet für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BayVGH, B. v. 11.8.1999 - 27 ZS 99.1717 - juris Rn. 7; vom 28.12.2001 - 2 ZB 00.2545 - juris Rn. 3; vom 9.2.2004 - 14 CS 03.2977 - juris Rn. 16; B. v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 34 ff.). Besondere Umstände, die die Anordnung der Zufahrt unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Klägerin ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen, wie etwa die unmittelbare Nähe schutzwürdiger Aufenthaltsräume in ihrem Wohngebäude, werden von der Klägerin weder geltend gemacht noch sind diese sonst ersichtlich.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrem Zulassungsantrag unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, erscheint schon deswegen billig (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.