Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 14. Okt. 2015 - W 1 K 15.337

bei uns veröffentlicht am14.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 4.819,92 Euro festgesetzt.

Gründe

Da die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2015 zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Erklärung der Klägerin ist vom Wortlaut her eindeutig und daher keiner Auslegung zugänglich. Eine Auslegung bzw. Umdeutung in eine Erledigterklärung kommt daher nicht in Betracht (vgl. BGH, B. v. 13.12.2006 - XII ZB 71/04 - NJW 2007, 1460/1461; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 28. Ergänzungslieferung 2015, § 92 Rn. 7). Aber auch bei einer Auslegung anhand von Sinn und Zweck der Klagerücknahme bzw. der Erledigungserklärung liegt im vorliegenden Falle eine Klagerücknahme vor, weil die materiell-rechtliche Beschwer der Klägerin nicht durch ein außerprozessuales Ereignis weggefallen ist (vgl. Clausing a. a. O.; Posser/Wolf, Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, § 92 Rn. 2), sondern die Klägerin in ihrem Schriftsatz eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass sie ihr Rechtsschutzersuchen nicht weiter verfolgen will und eine Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr erwartet. Unerheblich sind die Gründe, die den Kläger zur Rücknahme der Klage veranlassen, sie können sich aus der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit der Klage, aus mangelndem Interesse an der Fortführung des Verfahrens oder aus einer außergerichtlichen Einigung über den Streitkomplex ergeben (vgl. Clausing a. a. O., Rn. 6).

Die Klägerin hat daher gemäß § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Diese Kostenfolge ergibt sich zwingend aus dem Gesetz; für eine Billigkeitsentscheidung ist im Rahmen dieser Kostengrundentscheidung des Gerichts kein Raum. Es kommt im vorliegenden Falle auch keine dem § 155 Abs. 2 VwGO vorgehende besondere Kostenregelung zur Anwendung (vgl. dazu Hartung in Posser/Wolf, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 155 Rn. 5; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage, 2014, § 155 Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 155 Rn. 11). Insbesondere hat nicht ein anderer Beteiligter, in Frage kommt hier nur der Beklagte, i. S. d. § 155 Abs. 4 VwGO die Klageerhebung verschuldet; hierfür ist insbesondere nicht die materielle Rechtslage maßgeblich (vgl. Kopp/Schenke a. a. O., § 155 Rn. 20; Rennert in Eyermann a. a. O., § 155 Rn. 12 ff.). Billigkeitsgründe können, wenn überhaupt, nicht gegen die Kostengrundentscheidung des Gerichts, sondern nur im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG gegen den Kostenansatz durch den Kostenbeamten des Gerichts geltend gemacht werden (vgl. aber Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auflage 2014, § 21 GKG, Rn. 12).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG i. V. m. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, d. h. anzusetzen ist der zweifache Jahresbetrag der Differenz zwischen der festgesetzten Versorgung aus der Besoldungsgruppe A 11 und der begehrten Versorgungsbezüge aus Besoldungsgruppe A 12.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 14. Okt. 2015 - W 1 K 15.337

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 14. Okt. 2015 - W 1 K 15.337

Referenzen - Gesetze

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd
Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 14. Okt. 2015 - W 1 K 15.337 zitiert 8 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2006 - XII ZB 71/04

bei uns veröffentlicht am 13.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 71/04 vom 13. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 269 Abs. 3 Satz 3 a.F., 290; BGB §§ 133 A, 140 a) Zur Auslegung und Umdeutung einer Klagerücknahme in eine

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 71/04
vom
13. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Auslegung und Umdeutung einer Klagerücknahme in eine einseitige Erledigungserklärung
sowie zum Widerruf einer Klagerücknahme.

b) Ob der Kläger die Klage unverzüglich gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F.
zurückgenommen hat, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem er Kenntnis
von dem Wegfall des Klageanlasses erlangt hat (Anschluss an BGH Beschluss
vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03 - NJW-RR 2005, 217).
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 - XII ZB 71/04 - OLG Jena
LG Erfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2006 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 24. Februar 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: bis 2.000 €

Gründe:


I.

1
Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm nach Klagerücknahme auf Antrag des Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.
2
Der Kläger erhob am 11. Februar 2003 Klage, die dem Beklagten am 20. Februar 2003 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 5. März 2003, der am 6. März 2003 bei Gericht eingegangen ist, teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, die Forderung sei am 3. März 2003 bezahlt worden und erklärte: "Vor diesem Hintergrund wird die Klage hiermit zurückgenommen und Antrag gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestellt."
3
Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. März 2003 beantragt hatte , dem Kläger gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, widerrief der Kläger mit Schriftsatz vom 14. April 2003, gestützt auf eine analoge Anwendung des § 290 ZPO, die Klagerücknahme wegen Irrtums und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
4
Mit Beschluss vom 18. Juni 2003 legte das Landgericht dem Kläger gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auf. Die sofortige Beschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Fragen zugelassen, ob eine in Verkennung des tatsächlichen Vorliegens der Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO unter Hinweis auf diese Vorschrift erklärte Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung nach § 91 a ZPO umgedeutet werden könne , und ob eine erst nach Erhalt der nötigen Informationen seitens des Gerichtes erklärte Klagerücknahme stets noch "unverzüglich" im Sinne der Vorschrift erfolgt sei.
5
Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Kläger den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt werden.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
Das Beschwerdegericht hat dem Kläger, nachdem er die Klage zurückgenommen hatte, auf Antrag des Beklagten zu Recht gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
8
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts konnte der Kläger die Klagerücknahme nicht wegen Irrtums analog § 290 ZPO widerrufen, da die Wirksamkeit einer Prozesshandlung von einem Irrtum des Handelnden nicht berührt werde. Eine Umdeutung bzw. Auslegung der Widerrufserklärung in eine Erledigungserklärung komme im Hinblick auf die Eindeutigkeit der abgegebenen Erklärung nicht in Betracht. Auch der Antrag des Klägers, dem Beklagten die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, zeige, dass der Kläger die Klage habe zurücknehmen wollen. Denn Voraussetzung für diesen Kostenantrag sei die Klagerücknahme. Zwar deute der Antrag darauf hin, dass der Kläger von einem Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit ausgegangen sei. Tatsächlich sei jedoch die Zahlung nach Zustellung der Klage an den Beklagten und damit nach Rechtshängigkeit erfolgt. Den Zeitpunkt der Zustellung habe der Kläger vor Abgabe seiner Klagerücknahmeerklärung über das Gericht in Erfahrung bringen können. Die vom Gesetz geforderte unverzügliche Rücknahme der Klage nach Wegfall des Klagegrundes sei so lange gewahrt, bis diese Auskunft vom Gericht erteilt worden sei. Das Gericht sei im Hinblick auf die Regelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO insoweit zur Auskunftserteilung verpflichtet.
9
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Auslegung der in dem Schriftsatz vom 5. März 2003 enthaltenen Klagerücknahmeerklärung in eine Erledigungserklärung nicht in Betracht kommt.
10
Voraussetzung der Auslegung ist eine Auslegungsbedürftigkeit der Erklärung. Hat diese nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt, ist für eine Auslegung kein Raum (BGHZ 25, 318, 319). Das ist hier der Fall. Der Wortlaut der Erklärung "… wird die Klage hiermit zurückgenommen …" ist eindeutig. Der Wille zur Klagerücknahme wird durch den gleichzeitig gestellten Antrag, dem Beklagten die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, bekräftigt.
Denn dieser Antrag setzt die Rücknahme der Klage voraus. Schließlich geht auch aus der Begründung des Widerrufs im Schriftsatz vom 14. April 2003 hervor , dass der Kläger die Klage zurücknehmen wollte, weil er davon ausging, die Zahlung des Beklagten sei vor Zustellung der Klage erfolgt.
11
3. Auch eine Umdeutung der Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung kommt nicht in Betracht. Zwar können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch Prozesshandlungen in entsprechender Anwendung des § 140 BGB umgedeutet werden (Senatsurteil vom 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - NJW 2001, 1217, 1218 m.w.N.). Die Umdeutung setzt aber stets eine unwirksame Parteihandlung voraus. Daran fehlt es hier. Die vom Kläger vor Beginn der mündlichen Verhandlung erklärte Klagerücknahme war wirksam. Lediglich sein Antrag, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, war unbegründet, weil der Anlass zur Einreichung der Klage nicht vor, sondern erst nach Rechtshängigkeit weggefallen ist.
12
4. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Klagerücknahme nicht wegen Irrtums angefochten oder widerrufen werden kann.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die für Willenserklärungen geltenden Vorschriften über Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln auf Prozesshandlungen weder direkt noch entsprechend anwendbar (BGHZ 80, 389, 392; Senatsurteil vom 8. Dezember 1993 - XII ZR 133/92 - NJW-RR 1994, 386, 387; BGH, Urteil vom 6. März 1985 - VIII ZR 123/84 - NJW 1985, 2335; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 288, 291 m.w.N.). Prozesshandlungen können nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Restitutionsgrundes im Sinne des § 580 ZPO oder soweit das Gesetz dies ausdrücklich gestattet, wie z.B. § 290 ZPO für das Geständnis, widerrufen werden (BGHZ 80, 389, 393 ff.; Stein-Jonas/Leipold aaO Rdn. 286 m.w.N.).
14
Eine analoge Anwendung des § 290 ZPO auf die Erklärung der Klagerücknahme ist im Hinblick auf den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift ausgeschlossen. Darüber hinaus sind Geständnis und Klagerücknahme in ihrer verfahrensrechtlichen Bedeutung und Wirkung nicht vergleichbar. Das Geständnis betrifft den tatsächlichen Streitstoff, der im Regelfall die Grundlage der Sachentscheidung bildet. Die Klagerücknahme beendet die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits, ohne dass es auf den tatsächlichen Streitstoff noch ankommt. Dem Gesichtspunkt der Wahrheitsfindung in Bezug auf den tatsächlichen Streitstoff, der letztlich der Regelung des § 290 ZPO zugrunde liegt, kommt insoweit keine Bedeutung zu (BGHZ aaO).
15
b) Da im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Restitutionsgrundes ersichtlich und auch nicht vorgetragen ist, konnte der Kläger die Klagerücknahme nicht wirksam widerrufen.
16
5. Die vom Beschwerdegericht weiter als grundsätzlich angesehene Frage , ob eine Klagerücknahme, die erst nach Mitteilung des Zustellungsdatums der Klage durch das Gericht erklärt werde, stets noch "unverzüglich" im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO sei, stellt sich nach Streichung des Wortes "unverzüglich" in der Vorschrift durch das 1. Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198 - 1. JuMoG) ab 1. September 2004 nicht mehr.
17
a) Für die Zeit davor hat der Bundesgerichtshof die Frage nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden (BGH Beschluss vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03 - NJW-RR 2005, 217). Danach ist für die Beurteilung, ob der Kläger die Klage unverzüglich zurückgenommen hat, an den Zeitpunkt anzuknüpfen , zu dem er davon Kenntnis erlangt hat, dass der Anlass zur Einreichung der Klage vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit weggefallen ist. Der Kläger muss folglich Kenntnis davon haben, dass die Zustellung der Klage nach Wegfall des Klagegrundes erfolgt ist. Erst dann obliegt es ihm, die Klage unverzüglich zurückzunehmen, um die Rechtsfolge des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F. auszulösen. Diese Kenntnis kann sich der Kläger durch Anfrage bei dem Gericht verschaffen.
18
b) Davon ist das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall zu Recht ausgegangen. Entgegen der Ansicht des Klägers musste er die Klage nicht sofort nach Kenntniserlangung vom Wegfall des Klagegrundes zurücknehmen, um "unverzüglich" im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F. zu handeln. Vielmehr konnte er zunächst bei dem Gericht Auskunft darüber einholen, ob und gegebenenfalls wann die Klage zugestellt worden ist.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 07.07.2003 - 3 O 298/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 24.02.2004 - 5 W 465/03 -

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.