Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 31. Aug. 2015 - W 3 K 15.50005
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist kubanischer Staatsangehöriger. Nach seinen Angaben in der Befragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 7. Oktober 2014 zur Bestimmung des zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaats verließ er am 30. Dezember 2009 Kuba und gelangte per Flugzeug nach Spanien, wo er ca. ein Jahr lang gelebt habe. Im Dezember 2010 sei er mit dem Bus in die Niederlande gefahren, wo er sich bis April 2011 aufgehalten habe. In den Niederlanden habe er Asyl beantragt. Dann sei er mit der Bahn nach Frankreich gefahren, wo er sich bis September 2014 aufgehalten habe. Am 9. September 2014 sei er mit dem Zug nach Deutschland eingereist. Am 7. Oktober 2014 stellte der Kläger Asylantrag.
Aufgrund eines EURODAC-Treffers Niederlande der Kategorie 1 richtete das Bundesamt am
Aufgrund der Bitte des Bundesamts vom
Mit Bescheid vom
II.
Mit seiner am
1. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Zur Begründung wurde auf „die bisherigen Angaben“ Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass das Bundesamt den Antrag des Klägers falsch wiedergegeben bzw. ihm nicht die Möglichkeit gegeben habe, seine persönliche Situation genau darzustellen. Er habe im Jahr 2010 zum ersten Mal in den Niederlanden Asyl beantragt. Daraufhin habe er einen Platz in einem Wohnheim für Asylsuchende erhalten. Später sei er dann nach Spanien zurückgekehrt. Im Jahr 2013, etwa im Oktober, sei er dann wieder in die Niederlande gegangen und habe sich bei den Behörden in Utrecht gemeldet. Er sei dann für vier Monate im Gefängnis gewesen, weil er keine gültigen Papiere gehabt habe. Danach habe man ihn nach Kuba abschieben wollen und ihm sei sein Pass ausgehändigt worden. Daraufhin sei er nach Frankreich gereist, um dort nach Arbeit zu suchen. Da er keine gültigen Papiere gehabt habe, sei ihm dies nicht geglückt. Deshalb sei er nach Deutschland, wo er einen Asylantrag gestellt habe. Zum Beweis dafür, dass sein Vortrag, dass ihm Geschildertes passiert sei, richtig sei, beantrage er die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Amnesty International oder andere sachkundige Stellen.
Des Weiteren wurde ausgeführt, die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsanordnung seien auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil dem Kläger in seinem Heimatland eine menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 bis Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG drohe. Er befürchte wegen seiner politischen Aktivitäten der Vergangenheit in Kuba verfolgt zu werden. Er sei in oppositionellen Bewegungen aktiv und habe mit vielen anderen zusammen ein Papier gegen die Regierung unterzeichnet. In Kuba gebe es kein Recht auf Meinungsfreiheit, weshalb er das Land im Jahr 2009 verlassen habe. Würde er jetzt zurückkehren, wäre nicht nur er, sondern auch seine Familie in Gefahr. Er würde sofort bei seiner Ankunft am Flughafen festgenommen werden. Auch in den Niederlanden sei er nicht in Sicherheit gewesen. Dies ergebe sich schon daraus, dass seine persönliche und gefährliche Situation nicht anerkannt worden sei, da er keine Papiere oder Beweismittel aus Kuba mitgebracht habe. Man habe ihn nach Kuba zurückschicken wollen und er sei zu Unrecht zu einem Gefängnisaufenthalt gezwungen worden.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 4. Mai 2015
Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstrands wird auf die Gerichts- und Behördenakten, die Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
Gründe
Über die Klage entscheidet die Einzelrichterin, nachdem ihr die Sache gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch Beschluss der Kammer vom
Die Anfechtungsklage (Klageantrag zu 1)) ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben worden, während der Verpflichtungsantrag und der Hilfsverpflichtungsantrag (Klageanträge zu 2)) unzulässig sind. Insoweit fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Gegen die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 27a AsylVfG (Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids) als eigenständiger Verwaltungsakt ist eine isolierte Anfechtungsklage statthaft und auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses zulässig. Im Falle der Aufhebung der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist die Beklagte bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet ist (BayVGH, B.v. 6.3.2015 - 13a ZB 15.50000 - juris Rn. 7;
Dem Klageantrag zu 1) fehlt auch im Hinblick auf die Überstellung des Klägers am 25. Februar 2015 nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dies ergibt sich daraus, dass nach Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die überstellte Person unverzüglich wieder aufnimmt, wenn diese Person irrtümlich überstellt oder einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungsentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben wurde (vgl. VG Bayreuth, U.v. 2.7.2015 - B 3 K 15.50024 - juris Rn. 18). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nicht erfüllt und damit Zweifel am Fortbestand seines Interesses an der weiteren Verfolgung seines Begehrens begründet hat, indem er dem Gericht entgegen § 10 Abs. 1 AsylVfG den Wechsel seiner Anschrift nicht mitgeteilt hat. Dem Kläger muss jedoch zur Wahrung seines verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Gelegenheit gegeben werden, die hieraus folgende gegen ihn sprechende widerlegliche Vermutung des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses auszuräumen, bevor eine Klage wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses abgewiesen werden darf (BVerwG, B.v. 18.9.2002 - 1 B 103/02 - juris Rn. 7). Da der Kläger hierzu noch nicht angehört wurde, kann im Hinblick auf die Unfreiwilligkeit seiner Ausreise und die bereits dargestellte Regelung des Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO ein weiterhin bestehendes Rechtsschutzbedürfnis der Anfechtungsklage (Klageantrag zu 1)) nicht zur Überzeugung des Gerichts ausgeschlossen werden.
Der somit zulässige Klageantrag zu 1) hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da er unbegründet ist. Der angefochtene Bescheid erweist sich in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Niederlande sind für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO zuständig und haben der Rückübernahme des Klägers mit Schreiben vom
Es liegt auch kein Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte nach Art. 3 Abs. UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO vor. Danach wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zum zuständigen Mitgliedstaat, wenn es sich als unmöglich erweist, eine Person, die internationalen Schutz beantragt hat, an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechte-Charta - GR-Charta - mit sich bringen und auch eine alternative Überstellung in einen weiteren Mitgliedstaat anhand nachrangiger Zuständigkeitskriterien ausscheidet.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass in den Niederlanden keine systemischen Mängel des Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen in diesem Sinne bestehen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine Überstellung eines Asylbewerbers in einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-) überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätte (EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen. Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH, U.v. 21.12.2011, a. a. O.).
Es kommt auch nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder einer erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (BVerwG, B.v. 6.2.2014 - B 35/14 - juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für die Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK die Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in einem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 -10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m. w. N.) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei - wie sich aus den Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (U.v. 21.12.2010 - C-411/10
Auf Grundlage dieses Maßstabs ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht davon auszugehen, dass das niederländische Asylsystem an systemischen Mängeln im vorstehend dargestellten Sinne leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta oder Art. 3 EMRK ausgesetzt wären (s.a. VG Würzburg, B.v. 30.4.2015 - W 7 S 15.50069; VG Gelsenkirchen, B.v. 17.12.2014 - 6a L 1837/14.A - und
Systemische Mängel ergeben sich darüber hinaus insbesondere auch nicht aus der Schilderung des Klägers, dass er nach Stellung eines erneuten Asylantrags in den Niederlanden in Haft genommen worden sei. Insoweit bedurfte es zum Beweis des Vortrags des Klägers über seine Erlebnisse seit der ersten Antragstellung in den Niederlanden im Jahr 2010 auch nicht der vom Kläger beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens. Bei den vorgenannten zum Beweis gestellten Umständen handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, die dem vom Kläger beantragten Sachverständigengutachten nicht zugänglich sind. Jedenfalls kann der Vortrag des Klägers über das Geschehen seit seiner ersten Antragstellung in den Niederlanden im Jahr 2010 als wahr unterstellt werden. Denn selbst wenn sich die Ereignisse wie vom Kläger vorgetragen zugetragen haben sollten, würden sie nicht zu der Annahme systemischer Mängel im niederländischen Asylsystem und damit nicht zum Erfolg der Klage führen. Allein der Umstand, dass das niederländische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthält und die Niederlande diese Inhaftierungsvorschriften auch tatsächlich anwenden, stellt für sich genommen noch keinen begründeten Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel dar. Auch das unionsrechtliche Regelungssystem geht davon aus, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern - wenn auch unter engen Voraussetzungen - im Einzelfall möglich ist. Art. 8 und 9 der Richtlinie 2013/33 EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, - im Folgenden: Aufnahmerichtlinie - geben den Mitgliedstaaten hierfür ausdrücklich einen rechtlichen Rahmen vor. Auch werden Asylbewerber in den Niederlanden im Rahmen von regulären Asylverfahren - anders als im Rahmen von Dublin-Verfahren - nur selten inhaftiert (aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 54). Nach dem Erkenntnisstand des Gerichts ist auch nicht davon auszugehen, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Rückkehr in die Niederlande derzeit automatisch inhaftiert würden. Unter Berücksichtigung der Haftgründe des niederländischen Rechts für Asylbewerber (einschließlich abgelehnter Asylbewerber) kann ein abgelehnter Asylbewerber wie der Kläger inhaftiert werden, wenn dies im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zu Wahrung der nationalen Sicherheit erforderlich ist und Fluchtgefahr besteht, der Ausländer flüchtig ist oder die Ausreisevorbereitung behindert (aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 57). Nach den Angaben des Bundesamts in dem angefochtenen Bescheid erfolgt in den Niederlanden in Fällen, in denen keine Bedenken hinsichtlich der freiwilligen Ausreise bestehen, die Ausreise aber nicht eigenständig durchgeführt werden kann (z. B. wegen Geldmangels oder fehlender Dokumente) eine Inhaftierung erst kurz vor der Ausreise. Nach der Hafteinweisung durch die Polizei gehe die Akte zum Richter, der die Rechtmäßigkeit der Haft überprüfe.
Ausgehend von diesen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten ist nicht erkennbar, dass die niederländische Asylhaftpraxis systematisch die Grenzen des europäischen Rechts überschreiten würde. Selbst wenn für Dublin-Rückkehrer regelmäßig eine Fluchtgefahr bzw. ein Haftgrund angenommen werden sollte, wenn sie einer früheren Ausreiseaufforderung nicht freiwillig Folge leisteten und bereits einmal untergetaucht sind (vgl. aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 57), erscheint dies nicht willkürlich und lässt nicht darauf schließen, dass die gemäß Art. 8 Abs. 2 Aufnahmerichtlinie erforderliche Einzelfallprüfung der Haftanordnung grundsätzlich nicht erfolgen würde. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich vielmehr, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden (aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 57 letzter Absatz). Darüber hinaus ist in den Niederlanden im Rahmen der Haft ein Rechtsschutzsystem gesetzlich installiert. Es findet ipso iure eine richterliche Überprüfung der Haftentscheidung statt und der Inhaftierte kann jederzeit Rechtsbehelfe gegen seine Inhaftierung einlegen (vgl. aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 61). Sollte ein Inhaftierter die Kosten eines Rechtsbeistands aufgrund seiner wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nicht selbst aufbringen können, besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Hilfe, deren Kosten vom Staat getragen werden (aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 62). Des Weiteren ist weder substantiiert dargelegt worden noch sonst erkennbar, dass der Kläger bei einer Rückkehr in die Niederlande während einer etwaigen Inhaftierung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen würde (vgl. zu den Haftbedingungen aida, Asylum Information Database Country Report The Netherlands, Stand: 16.1.2015, S. 58 ff.).
Ausgehend von diesen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten ist nicht erkennbar, dass das niederländische Asylverfahrenssystem (einschließlich der Abschiebepraxis) und die Aufnahmebedingungen systematisch die Grenzen des europäischen Rechts überschreiten und damit an systemischen Mängeln leiden würden. Somit ist der Asylantrag des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell zu prüfen und die Abschiebung des Klägers in die Niederlande rechtlich zulässig. Auf die Ausführungen des Klägers zu seiner Verfolgungsgeschichte in Kuba war daher nicht einzugehen, zumal der diesbezügliche Verpflichtungsantrag - wie bereits ausgeführt - unzulässig war. Demnach erweist sich Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids als rechtmäßig.
Auch Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids war nicht aufzuheben, da die darin enthaltene Abschiebungsanordnung rechtlich nicht zu beanstanden ist. Dies ergibt sich aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) - hier die Niederlande - abgeschoben werden soll, ordnet nach dieser Vorschrift das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Beklagte im Verfahren nach § 34a AsylVfG selbst zu berücksichtigten hat (BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG abzuweisen.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 31. Aug. 2015 - W 3 K 15.50005
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 31. Aug. 2015 - W 3 K 15.50005 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.II.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am ... 1991 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am ... 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... 2014 einen Asylantrag.
Bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG gab der Kläger am... 2014 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) an, auf seiner Flucht sei er nach einem Aufenthalt in Serbien illegal nach Ungarn eingereist, sei dort von der Polizei aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Am nächsten Tag sei er freigelassen worden und anschließend mit dem Pkw weiter nach Budapest gefahren. Von dort aus sei er mit dem Pkw des Schleusers über Österreich nach Deutschland eingereist.
Der Akte des Bundesamtes ist ein sogenannter EURODAC-Treffer für Ungarn zu entnehmen (Blatt 42). Aufgrund dessen richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) an Ungarn. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom ... 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO (Blatt 54 Bundesamtsakte).
Mit Bescheid vom
Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, hier Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorlägen.
Gegen den Bescheid vom
den Bescheid der Beklagten vom
Eine weitere Begründung der Klage wurde angekündigt.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss der Kammer vom
Mit gerichtlichen Schreiben vom
Mit den Schriftsätzen vom
Auf gerichtliche Anforderung hin teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die ladungsfähige Adresse des Klägers in Ungarn mit.
Mit gerichtlichen Schreiben vom
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte in diesem Verfahren verwiesen.
Gründe
Die Klage, über die aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO) ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Die zwischenzeitliche Rückführung des Klägers nach Ungarn beeinträchtigt sein Rechtsschutzbedürfnis insofern nicht, als Art. 29 Abs. 3 Dublin-III-VO regelt, dass der Mitgliedsstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die überstellte Person unverzüglich wieder aufnimmt, wenn diese Person irrtümlich überstellt oder einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungsentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben wurde. Die vollzogene Rückführung nach Ungarn gibt allerdings auch keinen Anlass, vorliegend eine etwaige mangelnde Aufnahmebereitschaft Ungarns zu problematisieren.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, so dass er nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, sondern die dagegen erhobene Klage abzuweisen war.
1. Der Asylantrag des Klägers ist gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig. Die Zuständigkeit Ungarns für die Prüfung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO unterliegt aufgrund der Aufnahmezustimmung der ungarischen Behörden vom... 2014 keinen vernünftigen Bedenken.
2. Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Beklagten nach Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO sprechen könnten, sind nicht gegeben.
Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21. 12. 2011, Az. C-411/10 u. a. in NVwZ 2012, 417 ff.) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin zu überstellenden Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta (GR-Charta) ausgesetzt wären.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine Überstellung an einen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedsstaat (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH a. a. O.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedsstaats gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedsstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH a. a. O.). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-II-VO (nunmehr Dublin-III-VO) gefährden, rasch denjenigen Mitgliedsstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hält das Gericht derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Ungarn (derzeit) nicht für glaubhaft gemacht (so auch EGMR, U. v. 06.06. 2013, Az. 2283/12 in Asylmagazin 10/2013, S. 342 ff.; VG Düsseldorf;
Das Gericht stützt seine Auffassung auf folgende Erkenntnisse:
Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben oder inhaftiert. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).
Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber in Ungarn, insbesondere Dublin-Rückkehrer vom 09.05. 2014“ (Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf) hat ergeben, dass in Ungarn nach der geänderten Rechtslage zum 01.07. 2013 die geltenden neuen Haftgründe in der Regel nicht individualisiert würden. Nach ihren Erkenntnissen würden Dublin-Rückkehrer in der Regel wegen der Gefahr des Untertauchens inhaftiert. Auch Familien blieben danach der Gefahr ausgesetzt, bis zu 30 Tage inhaftiert zu werden, auch wenn das Gesetz (Section 56 (3) of the Act II of 2007 on Third Country Nationals’ Entry and Stay) dies nur als das letzte Mittel vorsehe.
Doch wird nach der „Informationsschrift über Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin-Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki Committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 01.01. 2014 aufgrund von Änderungen im Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt. Die dort genannte problematische Ausnahme (Antrag wurde bereits abschlägig verbeschieden) ist hier nicht einschlägig, da die Norm, nach der Ungarn die Rücknahme des Antragstellers zusagte (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin-III-VO), auf einen noch nicht verbeschiedenen Asylantrag Bezug nimmt. In dieser Informationsschrift ist auch dargelegt, dass - obwohl das Gesetz die Inhaftierung asylsuchender Familien mit Kindern unter 18 Jahren grundsätzlich zulasse - diese höchst selten in Gewahrsam genommen würden. Die hiervon abweichende Feststellung des VG Oldenburg, Beschluss vom 18.06. 2014, Az. 12 B 1238/14 - in juris Rn. 34 - findet keine Bestätigung in der Information Note des HHC.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Dublin-Rückkehrern der Zugang zum Asylverfahren verwehrt und entgegen des Refoulement-Verbots direkt oder indirekt in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, ohne dass die Gefahr, die dadurch für den betroffenen Asylbewerber entsteht, unter dem Gesichtspunkt von Art. EMRK geprüft worden ist.
Nach der im Januar 2014 erfolgten Änderung des ungarischen Asylgesetzes erhalten Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Ungarn noch nicht abgeschlossen ist, regelmäßig Zugang zum Asylverfahren. Eine Prüfung ihrer Asylgründe ist den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen gewährleistet (vgl. HHC a. a. O. S. 20; UNHCR, Auskunft an das Verwal- tungsgericht Düsseldorf vom 09.05. 2014 S. 7 m. w. N.; siehe hierzu auch EGMR, Urteil vom 03.07. 2014 - 71932/12 -, Rn. 72). In diesem Zusammenhang ist auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg
Soweit und solange sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH a. a. O.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 und Januar 2014 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtscharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich noch einmal auf die Entscheidungen des VG Düsseldorf
Die derzeit zugänglichen Erkenntnisquellen lassen deshalb aus den oben genannten Gründen systemische Mängel in Ungarn insbesondere im Hinblick auf die im Juli 2013 und Januar 2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nicht glaubhaft erscheinen (siehe insbesondere auch VG Gelsenkirchen B. v. 16.06. 2015 Az. 7 AL 1208/15.A
Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel wegen drohender Obdachlosigkeit greifbar.
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Situation materieller Armut gegen die EMRK verstößt, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hervorgehoben, dass die drohende Überstellung in einen Mitgliedstaat, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem überstellenden Mitgliedstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; sie enthalten keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen (EGMR, Beschluss vom 18.06. 2013, Az. 53852/11 - in juris - (= ZAR 2013, 338-339); vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 07.03. 2014, Az. 1 A 21/12.A - in juris Rn. 118).
Trotzdem muss den Asylsuchenden auch unter Berücksichtigung aller Ausnahmetatbestände immer das absolut garantierte Minimum (hier: Deckung der „Grundbedürfnisse“) gewährleistet bleiben (vgl. Art. 18 Abs. 9 Satz 2 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.07. 2013 zur Festlegung von Normen für Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie -).
Ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK kann danach vorliegen, wenn der Asylbewerber vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so extremer materieller Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Dies ist vom EGMR hinsichtlich Griechenlands anerkannt worden, da Griechenland als aufgrund der Untätigkeit seiner Behörden verantwortlich war für die Lebensbedingungen des klagenden Asylbewerbers, in denen er sich monatelang befunden hat, als er auf der Straße lebte, ohne Hilfsmittel und ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen sowie ohne die zur Befriedigung seiner elementaren Bedürfnisse erforderlichen finanziellen Mittel, verbunden mit der langen Ungewissheit, in der er verblieb ohne jede Aussicht auf Verbesserung seiner Lage. Sind diese Tatsachen allgemein bekannt, so kann die Abschiebung eines Asylbewerbers in einen solchen Staat den erforderlichen Schweregrad erreichen, um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen.
Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass Ungarn seiner Verpflichtung, Antragstellern für die Zeit bis zur Entscheidung über ihre Asylanträge ein Minimum an materiellen Leistungen für ein menschenwürdiges Dasein zu gewähren, nicht nachkommt.
Während eines laufenden Asylverfahrens haben Betroffene, die - wie der Antragsteller - erstmalig einen Asylantrag stellen, Anspruch eine Unterkunft (in erster Linie in Gemeinschaftsunterkünften), auf finanzielle Hilfe für Essen bzw. in den Gemeinschaftsunterkünften auf drei Mahlzeiten am Tag sowie auf Taschengeld. Einschränkungen sind nur im Falle eines Asylfolgeantrags und während des Abschiebeverfahrens vorgesehen (vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Hungary, Stand: 30.04. 2014, S. 37 f.; zum nunmehr gesetzlich festgeschriebenen Nährstoffgehalt einer Mahlzeit siehe UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf
3. Die Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet die Beklagte die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen - wie oben ausgeführt - vor. Inlandsbezogene Vollzugshindernisse wurden nicht geltend gemacht und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Klarstellend sei hinzugefügt, dass aufgrund der Erfolglosigkeit der Klage und der bestätigten Zuständigkeit von Ungarn keine Wiederaufnahmepflicht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 29 Abs. 3 Dublin-III-VO besteht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 ZPO.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Gründe
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I.
- 1
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
- 2
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
- 3
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
- 4
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
- 5
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
- 6
-
Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
- 7
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Gründe
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I.
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Der Kläger, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2009 über den Seeweg nach Italien ein. Er lebte etwa einen Monat in einer Aufnahmeeinrichtung in Sizilien, wurde dort erkennungsdienstlich behandelt und reiste im Herbst 2009 nach Deutschland weiter, ohne in Italien Asyl beantragt zu haben. Im Oktober 2009 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-II-Verordnung als unzulässig ablehnte. Der Kläger wurde daraufhin im Dezember 2009 auf dem Luftweg über den Flughafen Rom-Fiumicino nach Italien überstellt. Im Januar 2011 wurde er erneut in Deutschland angetroffen und stellte wieder einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 27. April 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
- 2
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.
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Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"inwieweit bei der Prognoseentscheidung über beachtliche Wahrscheinlichkeit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bei Rückführung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat individuelle Erfahrungen des Betroffenen im dortigen Mitgliedstaat in erheblichem Maße zu berücksichtigen sind."
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Damit in Zusammenhang stehe die Frage,
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"ob es der Feststellung systemischer Mängel bedarf, wenn einem Betroffenen schon einmal oder ggf. auch mehrmals erniedrigende und unmenschliche Behandlung widerfahren ist, insbesondere nach einer schon einmal erfolgten Überstellung."
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Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lassen sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Der beschließende Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. März 2014 - BVerwG 10 B 6.14 - (juris Rn. 5 ff.) ausgeführt:
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"Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den 'zuständigen Mitgliedstaat' im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ('systemic failure') abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus."
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Aus der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten kann und es nicht darauf ankommt, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass derartige individuelle Erfahrungen vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung des Antragstellers (hier: Italien) vorliegen (UA S. 26). In diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass persönliche Erlebnisse Betroffener, die - wie hier - einige Jahre zurückliegen, durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein können. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (so auch das Berufungsgericht UA S. 26 f.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es zur Beantwortung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Antragsteller,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (6a K 5250/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 17. November 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. November 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
6Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 17. November 2014, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung der Antragsteller in die Niederlande angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
8Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 das Königreich der Niederlande der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in den Niederlanden den ersten Asylantrag gestellt haben und aus den Niederlanden in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 die Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat das Königreich der Niederlande mit Schreiben an das Bundesamt vom 5. August 2014 auch anerkannt. Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
9Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 S. 2 und 3 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in den Niederlanden in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
10Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris.
11Für entsprechende Mängel in Bezug auf das Königreich der Niederlande sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken keine hinreichenden Anhaltspunkte.
12Ebenso in jüngerer Zeit VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. November 2014 - 6a K 3256/14.A -, juris, und Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 9a L 1508/14.A -, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50263 -, juris.
13Eingehende und aktuelle Informationen über das niederländische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen bietet etwa der von der Organisation „Hungarian Helsinki Comitee“ und dem Europäischen Flüchtlingsrat erstellte „National Country Report: The Netherlands“ (Stand: März 2014), abrufbar in der Datenbank „aida“ (www.asylumineurope.org). Dort wird hinsichtlich der von den Antragstellern konkret angesprochenen medizinischen Versorgung von Asylbewerbern ausgeführt (S. 48 f.), dass ein Anspruch auf eine Basis-Gesundheitsversorgung ebenso sichergestellt ist wie die Behandlung im medizinischen Notfall. Die von der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller angedeutete These, dass eine wirksame Behandlung von Hepatitis C in den Niederlanden gar nicht möglich sei, trifft so nicht zu. Den etwa in der Datenbank des niederländischen „National Institute for Public Health and the Environment“ abrufbaren Publikationen zum Stichwort Hepatitis C lässt sich entnehmen, dass jedenfalls die Standardtherapie mit Ribavirin und Peg-Interferon auch in den Niederlanden regelmäßig angewendet wird (vgl. z.B.: „Real-life costs of hepatitis C treatment“ aus The Netherlands journal of medicine 2012, 70(3):145-53). Ob in den Niederlanden auch die von den Antragstellern angesprochene Therapie mit dem kürzlich zugelassenen neuen Medikament „Sofosbuvir“ verfügbar ist, ist unerheblich. Denn auch wenn in den Niederlanden ausschließlich die (hoch entwickelte) Standardtherapie erhältlich wäre, würde dies keine „systemischen Mängel“ des niederländischen Asylsystems begründen. Dass er gerade auf das genannte neue Medikament angewiesen ist, hat der Antragsteller zu 1. im Übrigen auch nicht behauptet. Ob die etwaige Notwendigkeit einer Behandlung der Abschiebung nach Georgien entgegensteht, ist von den für das Asylverfahren der Antragsteller zuständigen niederländischen Behörden zu entscheiden.
14In Bezug auf seine psychische Erkrankung hat der Antragsteller selbst angegeben, dass eine psychotherapeutische Behandlung in den Niederlanden erfolgt sei.
15Für eine Reiseunfähigkeit der Antragsteller sind ernsthafte Anhaltspunkte nicht erkennbar.
16Sonstige Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragsteller ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Gründe
- 1
Der Eilantrag hat keinen Erfolg. Denn die Voraussetzungen für eine Abänderung des Beschlusses 1 B 408/14 MD vom 25.04.2014 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO liegen nicht vor.
- 2
Der Antragsteller hat keine veränderten Umstände oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände vorgetragen, die eine Abänderung der ursprünglichen Entscheidung zu seinen Gunsten zu rechtfertigen vermögen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO).
- 3
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist nicht ersichtlich, dass ihm durch seine Abschiebung in die Niederlande irreversible Nachteile drohen. Systemische Mängel des Asylverfahrens in den Niederlanden sind nicht ersichtlich. Der Verlust des Anspruchs von staatlichen Leistungen für einen abgelehnten und deshalb ausreisepflichtigen Asylbewerber ist keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK (VG Düsseldorf, B. v. 26.02.2014 - 13 L 171/14.A -, juris, Rdnr. 38 ff.). Die Abschiebung des Antragstellers in Niederlande verletzt auch nicht seine gemäß Art. 1 Abs. 1 GG zu schützende Menschenwürde. Das Gericht folgt insoweit der gegenteiligen, vom Verwaltungsgericht Darmstadt vertretenen Rechsauffassung, wonach das durch eine Abschiebung in die Niederlande zumindest als möglich erscheint (VG Darmstadt, B. v. 07.05.2014 - 4 L 597/14.DA.A -, juris, Rdnr. 6 ff.; B. v. 08.05.2014 - 4 L 621/14.DA.A -, juris, Rdnr. 7 ff.; B. v. 09.05.2014 - 4 L 491/14.DA.A -, juris, Rdnr. 3 ff.), nicht. Auch für den Fall, dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass in den Niederlanden Angehörige einer bestimmten Gruppe abgelehnter Asylbewerber, die nicht bereits sind, in ihre Heimatländer zurückzukehren oder an ihrer Rückkehr dorthin mitzuwirken, die Obdachlosigkeit sowie fehlende Nahrungsmittelversorgung drohen können (vgl. VG Darmstadt, B. v. 09.05.2014 – a. a. O., Rdnr. 4), verletzt die Abschiebung eines Asylbewerbers in die Niederlande dessen Menschenwürde nicht. Denn der Asylbewerber kann bei einer solchen Verfahrenspraxis die ihm drohende Obdachlosigkeit sowie die fehlende Nahrungsmittelversorgung durch eine aktive Mitwirkung bei der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente abwenden. Darüber hinaus ist es auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Antragsteller in den Niederlanden als politischer Flüchtling anerkannt wird.
- 4
Soweit der Antragsteller vorträgt, die Abschiebungsanordnung auf der Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verletze Unionsrecht, beruft er sich dabei auf keinen veränderten Umstand i. S. v. § 80 Abs. 7 VwGO. Denn insoweit hat sich seit dem Beschluss des erkennenden Gerichts vom 03.07.2013 weder die Sach- noch die Rechtslage in entscheidungserheblicher Weise geändert. Darüber hinaus ist es vorliegend nicht unverhältnismäßig, dass die Antragsgegnerin - dem vom nationalen Gesetzgeber vorgegebenen Regelfall folgend - die Abschiebung des Antragstellers in die Niederlande angeordnet hat. Denn der Antragsteller hat weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren glaubhaft zu erkennen gegeben, sich freiwillig innerhalb kürzester Zeit nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides wieder in die Niederlande oder sein Heimland zu begeben (vgl. VG Göttingen, B. v. 03.01.2014 - 2 B 763/13 -, juris, Rdnr. 30; VG München, B. v. 09.05.2014 - M 21 K 14.30300 -, juris, Rdnr. 47). Die Erklärung des Antragstellers gegenüber dem Landkreis Bitterfeld vom 05.08.2014, er wolle freiwillig ausreisen, steht in keinem zeitlichen Zusammenhang zum Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.06.2013 mehr, mit dem sie die Abschiebung des Antragstellers angeordnet hat. Auch ist die Erklärung des Antragstellers vom 05.08.2014 nicht glaubhaft. Denn der Antragsteller hat sich dem ersten Überstellungsversuch am 04.07.2013 entzogen.
- 5
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er beabsichtige, mit einer deutschen Staatsanghörigen eine Ehe zu schließen. Die Antragsgegnerin muss wegen der vom Antragsteller angeblich beabsichtigten Eheschließung in Deutschland keine Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts treffen. Denn eine Eheschließung ist unter dem Aspekt des Schutzes nach Art. 6 Abs. 1 GG, 8 und 12 EMRK, Art. 7 und 9 GrCH nur dann abschiebungsrechtlich relevant, wenn sie unmittelbar bevorsteht. Dies ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn ein zeitnaher Eheschließungstermin von dem zuständigen Standesbeamten bestimmt oder zumindest von diesem als unmittelbar bevorstehend bezeichnet ist. Fehlt es schon an einem solchen Eheschließungstermin, kann eine unmittelbare bevorstehende Eheschließung nur dann ausnahmsweise angenommen werden, wenn das Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Ehevoraussetzungen nachweislich erfolgreich abgeschlossen ist und die Eheschließung sich nur aus nicht in der Sphäre der Verlobten liegenden Gründen verzögert (VG Ansbach, U. v. 25.11.2010 - AN 11 K 10.30388 -, juris, Rdnr. 25 m. w. N:). Derartiges ist hier weder ersichtlich noch vom Antragsteller glaubhaft gemacht worden. Vorliegend wurde aktenkundig ein Eheschließungstermin weder bestimmt noch steht er bevor. Eine Eheschließung im Inland kann nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB grundsätzlich nur unter Einhaltung der hier vorgeschriebenen Form erfolgen. Die Eheschließung in Deutschland muss daher den Formvorschriften des deutschen Ortsrechts genügen. In diesem Zusammenhang soll dem Standesbeamten nach § 1309 Abs. 1 BGB ein Ehefähigkeitszeugnis des Heimatstaats vorgelegt werden. Aber selbst bei Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses hat der Standesbeamte die Pflicht, den Ledigenstand des ausländischen Verlobten selbständig nachzuprüfen (VG Ansbach, U. v. 25.11.2010 – a. a. O. m. w. N.). Vorliegend ist ein Ehefähigkeitszeugnis aktenkundig weder erteilt noch alsbald mit Erfolg in Aussicht gestellt worden. Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung, die Abschiebungsschutz hätte vermitteln können, kann daher nach derzeitiger Sachlage gerade nicht ausgegangen werden.
- 6
Von der Gewährung von (erneuter) Akteneinsicht in die von der Antragsgegnerin zum Hauptsacheverfahren 1 A 222/13 MD vorgelegten Akten hat das Gericht abgesehen. Denn der derzeitige Bevollmächtigte des Antragsstellers hat ausweislich Blatt 67 und Blatt 73 der Gerichtsakte zum Verfahren 1 A 222/13 MD sowohl die Gerichtakte und die zu diesem Verfahren vorgelegten Akten der Antragsgegnerin eingesehen und es ist nicht erkennbar, weshalb der Bevollmächtigte des Antragstellers die nochmalige Einsicht für erforderlich hält.
- 7
Das Gericht sieht auch keinen Anlass den Beschluss 1 B 221/13 MD vom 03.07.2013 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern.
- 8
Das Begehren, der Antragsgegnerin aufzugeben, dem Landkreis Börde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers unzulässig sei, bleibt aus den genannten Gründen ebenfalls ohne Erfolg.
- 9
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.