Arbeitsrecht: Zulässigkeit der Abgeltung von Bereitschaftsdienstzeiten durch Freizeitausgleich
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Leitsätze:
Wird ein Beschäftigter zur Leistung von Bereitschaftsdiensten herangezogen und stimmt er ausdrücklich oder konkludent zu, dass der Arbeitgeber ihm anstelle der Zahlung des Bereitschaftsdienstentgelts Freizeitausgleich gewährt (§ 8.1 VII 1 3. Alt. TVöD-K), treffen die Arbeitsvertragsparteien i. d. R.keine beide Seiten bezüglich der Vergütung künftiger Bereitschaftsdienste bindende Vereinbarung. Diese Zustimmung wirkt i. d. R. nur solange, bis sie vom Beschäftigten widerrufen wird.
Nimmt ein Beschäftigter nicht nur die gewährte Freizeit, sondern vorbehaltlos auch die dafür gezahlte Vergütung in Anspruch, erklärt er damit konkludent seine Zustimmung zur Abgeltung der entsprechenden geleisteten Bereitschaftsdienste durch Freizeitausgleich.
Tatbestand:
Die Parteien streiten noch über tarifliches Bereitschaftsdienstentgelt für die Monate Januar bis Juni 2006 sowie Oktober 2006 bis Februar 2007 in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 5.607,76 Euro brutto. Der Kläger ist seit Januar 1987 in einem Krankenhaus der Beklagten als Krankenpfleger beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K). Der Kläger, der Betriebsratsmitglied ist, leistet bei der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden Schichtarbeit nach Dienstplänen. Die Beklagte zieht ihn zu Bereitschaftsdiensten heran. Die Dienstpläne enthielten im Anspruchszeitraum folgende Schichten: F 1-Schicht: 8:00 Uhr bis 16:12 Uhr
S-Schicht: 15:48 Uhr bis 23:59 Uhr mit anschließendem Bereitschaftsdienst bis 8:00 Uhr des nachfolgenden Tages
F-Schicht: 8:00 Uhr bis 16:12 Uhr mit anschließendem Bereitschaftsdienst bis 8:00 Uhr des nachfolgenden Tages Die Beklagte bewertet die Bereitschaftsdienstzeiten des Klägers zu 65 % als zu vergütende Arbeitszeit. Nach jedem Einsatz des Klägers in einer F-oder S-Schicht erhielt er am nachfolgenden Tag dienstplanmäßig Freizeitausgleich im Umfang von 7,7 Stunden. In den Monaten Januar bis Juni 2006 machte dieser Freizeitausgleich 177,1 Stunden, in den Monaten Oktober 2006 bis Februar 2007 146,3 Stunden und somit insgesamt 323,4 Stunden aus. Die verbliebenen Bereitschaftsdienstzeiten vergütete die Beklagte nach ihrer Umrechnung in tarifliche Arbeitszeit mit einem Bruttostundenentgelt iHv. 17,34 Euro. Das Bereitschaftsdienstentgelt rechnete sie jeweils mit der Vergütung für den übernächsten Monat nach der Leistung des Bereitschaftsdienstes ab. Betriebsvereinbarungen zum Freizeitausgleich nach Bereitschaftsdiensten oder zur Einrichtung von Arbeitszeitkonten bestanden im Anspruchszeitraum für den Arbeitsbereich des Klägers nicht.
In einem an die Personalabteilung der Beklagten gerichteten Schreiben vom 14. Juli 2006 vertrat der Kläger die Auffassung, die Beklagte habe in den Monaten Oktober 2005 bis Juni 2006 die Bereitschaftsdienste nicht korrekt bezahlt, Bereitschaftsdienste seien ausschließlich neben der Arbeitszeit zu leisten, eine Verrechnung mit der Arbeitszeit sei nicht möglich. In einem weiteren Schreiben vom 29. August 2006 verlangte der Kläger unter Hinweis auf die Ausschlussfrist und unter Angabe der jeweiligen Stundenzahl die Bezahlung der in den Monaten Januar bis Juni 2006 angefallenen Bereitschaftsdienststunden. In ihrem Antwortschreiben vom 19. September 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe die Bereitschaftsdienststunden überprüft und dabei festgestellt, dass Zahlungen an den Kläger bis auf eine minimale Differenz von 0,061 Stunden erfolgt seien.
Bis zum 31. Juli 2006 regelten § 46 Abs. 5 TVöD-BT-K und § 8.1 Abs. 5 der von den Tarifvertragsparteien am 7. Februar 2006 vereinbarten durchgeschriebenen Fassung des TVöD-K (TVöD-K aF):
„Das Bereitschaftsdienstentgelt kann im Falle der Faktori-sierung nach § 10 Abs. 3 im Verhältnis 1:1 in Freizeit abgegolten werden.“
§ 10 Abs. 3 TVöD-K bestimmt:
„Auf das Arbeitszeitkonto können Zeiten, die bei Anwendung des nach § 6 Abs. 2 festgelegten Zeitraums als Zeitguthaben oder als Zeitschuld bestehen bleiben, nicht durch Freizeit ausgeglichene Zeiten nach § 8 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 sowie in Zeit umgewandelte Zuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 4 gebucht werden. Weitere Kontingente (z.B. Rufbereitschafts-/Bereitschaftsdienstentgelte) können durch Betriebs-/Dienstvereinbarung zur Buchung freigegeben werden. Die/Der Beschäftigte entscheidet für einen in der Betriebs-/Dienstvereinbarung festgelegten Zeitraum, welche der in Satz 1 genannten Zeiten auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden.“
Nach der Neufassung des TVöD-K mit Wirkung ab dem 1. August 2006 durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BT-K (ÄTV Nr. 1) vom selben Tag heißt es in diesem Tarifvertrag ua.:
§ 8.1
Bereitschaftsdienstentgelt
Zum Zwecke der Entgeltberechnung wird nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
Das Entgelt für die nach den Absätzen 1 und 3 zum Zwecke der Entgeltberechnung als Arbeitszeit gewertete Bereitschaftsdienstzeit bestimmt sich nach der Anlage G.
Anstelle der Auszahlung des Entgelts nach Absatz 4 für die nach den Absätzen 1 und 3 gewertete Arbeitszeit kann diese bei Ärztinnen und Ärzten bis zum Ende des dritten Kalendermonats auch durch entsprechende Freizeit abgegolten werden (Freizeitausgleich). ... Nach Ablauf der drei Monate wird das Bereitschaftsdienstentgelt am Zahltag des folgenden Kalendermonats fällig.
An Beschäftigte, die nicht von Absatz 6 erfasst werden, wird das Bereitschaftsdienstentgelt gezahlt (§ 24 Abs. 1 Satz 3), es sei denn, dass ein Freizeitausgleich zur Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes erforderlich ist oder eine entsprechende Regelung in einer Betriebs- oder einvernehmlichen Dienstvereinbarung getroffen wird oder die/der Beschäftigte dem Freizeitausgleich zustimmt. In diesem Fall gilt Absatz 6 entsprechend. Das Bereitschaftsdienstentgelt nach den Absätzen 1, 3, 4 und 5 kann im Falle der Faktorisierung nach § 10 Abs. 3 in Freizeit abgegolten werden. ...“ Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe ihm auch für die im Anspruchszeitraum geleisteten Bereitschaftsdienste tarifliches Bereitschaftsdienstentgelt zu zahlen, für die er dienstplanmäßig am nachfolgenden Tag Freizeit erhalten habe. Nach dem Inkrafttreten des TVöD-K aF zum 1. Oktober sei die Abgeltung von Bereitschaftsdiensten durch Freizeit bis zum 31. Juli nur bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto tariflich zulässig gewesen. Nach der Neufassung des TVöD-K durch den ÄTV Nr. 1 sei der Freizeitausgleich an seine Zustimmung geknüpft gewesen. Diese habe nicht vorgelegen. Er habe die Beklagte nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses vom BAT in den TVöD-K aF darauf hingewiesen, dass ihre Vorgehensweise nicht zulässig sei. Hierüber habe es immer wieder Gespräche zwischen der Beklagten, dem Betriebsrat und ihm gegeben. Richtig sei allerdings, dass er die Arbeit nicht aufgenommen habe, wenn für ihn im Anschluss an die Bereitschaftsdienste in den Dienstplänen keine Schichtzeiten eingetragen gewesen seien. Hierzu sei er auch nicht verpflichtet gewesen. Die Ruhezeiten habe er ohnehin einhalten müssen. Durch die Inanspruchnahme der gewährten Freizeit habe er deshalb dem Freizeitausgleich nicht konkludent zugestimmt. Selbst wenn man dies annähme, hätte er seine Zustimmung zum Freizeitausgleich mit den an die Personalabteilung der Beklagten gerichteten Schreiben vom 14. Juli 2006 und 29. August 2006 widerrufen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Freizeitausgleich sei zur Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes erforderlich gewesen. Diese Fallkonstellation dürfte arbeitsrechtlich nicht eintreten. Sie könnte nur entstehen, wenn zuvor Bereitschaftsdienste unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes angeordnet worden seien.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.411,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2007 zu zahlen. Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, etwaige Zahlungsansprüche des Klägers iHv. 3.070,91 Euro brutto für die Monate Januar bis Juni 2006 seien gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K nach Ablauf der Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit verfallen. Der Kläger habe das für diesen Zeitraum beanspruchte Bereitschaftsdienstentgelt mit seinen Schreiben vom 14. Juli 2006 und 29. August 2006 nicht wirksam geltend gemacht. Im Übrigen sei Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienste auch vor dem Inkrafttreten des ÄTV Nr. 1 ohne die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos tariflich zulässig gewesen. Der Kläger habe den Freizeitausgleich unwidersprochen entgegengenommen und diesem damit konkludent zugestimmt. Die dem gewährten Freizeitausgleich entsprechende Arbeitszeit könne nicht mehr nachgeholt werden. Der Kläger würde bei einer nochmaligen Vergütung der in den Freizeitausgleich eingestellten Stunden mehr erhalten, als ihm nach dem Arbeitsvertrag zustehe. Für die Zeit ab dem 1. August 2006 habe auch die Regelung in § 8.1 Abs. 7 1. Alt. TVöD-K zum Erlöschen des Anspruchs auf Zahlung von Bereitschaftsdienstentgelt geführt. Die Anordnung von Freizeitausgleich nach den Bereitschaftsdiensten sei zur Einhaltung der Ruhezeit unerlässlich und damit iSv. § 8.1 Abs. 7 1. Alt. TVöD-K erforderlich gewesen. Soweit sie in ihrem Schreiben vom 19. September 2006 eine Differenz von 0,061 Stunden eingeräumt habe, sei eine entsprechende Nachzahlung des Bereitschaftsdienstentgelts zum 31. Oktober 2006 erfolgt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben, soweit der Kläger für die Monate Januar bis Juni 2006 sowie Oktober 2006 bis Februar 2007 die Zahlung von Bereitschaftsdienstentgelt iHv. 5.607,76 Euro brutto beansprucht hat. Hinsichtlich der weitergehenden, auf die Monate November und Dezember 2005 sowie Juli bis September 2006 bezogenen Zahlungsklage hat das Landesarbeitsgericht mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihr deshalb zu Unrecht größtenteils stattgegeben.
Dem Kläger steht nach § 8.1 Abs. 4 TVöD-K aF das für die Monate Januar bis Juni 2006 beanspruchte Bereitschaftsdienstentgelt iHv. 3.070,91 Euro brutto (177,1 Stunden x 17,34 Euro brutto/Stunde = 3.070,91 Euro brutto) nicht zu. Die in diesen Monaten vom Kläger geleisteten Bereitschaftsdienste sind, soweit die Beklagte die Bereitschaftsdienstzeiten nach deren Umrechnung in zu vergütende Arbeitszeit nicht mit einem Brutto-stundenentgelt iHv. 17,34 Euro vergütet hat, vollständig durch entsprechende Freizeit abgegolten. Soweit die Beklagte gegenüber dem Kläger in ihrem Schreiben vom 19. September 2006 eine Differenz von 0,061 Stunden eingeräumt hat, ist diese Differenz durch eine entsprechende Nachzahlung ausgeglichen worden.
Entgegen der Ansicht des Klägers und des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger für die in den Monaten Januar bis Juni 2006 geleisteten Bereitschaftsdienste nicht deshalb nach § 8.1 Abs. 4 TVöD-K aF Anspruch auf die Zahlung von Bereitschaftsdienstentgelt, weil für geleistete Bereitschaftsdienste nach dem Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 bis zur Neufassung des TVöD-K durch den ÄTV Nr. 1 vom 1. August 2006 Bereitschaftsdienstentgelt gezahlt werden musste, wenn kein Arbeitszeitkonto eingerichtet war.
Allerdings haben die Tarifvertragsparteien des TVöD-K die in § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT getroffene Regelung nicht übernommen. Danach konnte die zum Zwecke der Vergütungsberechnung als Arbeitszeit zu wertende Zeit des Bereitschaftsdienstes bis zum Ende des dritten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung ausgeglichen werden (Freizeitausgleich). Dies rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des TVöD-K aF Freizeitausgleich nur noch bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto zulässig sein sollte. Hätten die Tarifvertragsparteien des TVöD-K aF den bis zum 30. September 2005 weithin üblichen Freizeitausgleich, der oft auch im Interesse der Beschäftigten liegt, nur bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto erlauben und im Übrigen verbieten wollen, hätten sie ein entsprechendes Verbot in die tarifliche Regelung aufnehmen müssen. Daran fehlt es. Wenn der TVöD-K aF keine § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT nachgebildete Vorschrift enthält, kann daraus nur abgeleitet werden, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD-K aF, anders als die Tarifvertragsparteien des BAT, die Entscheidung, ob Bereitschaftsdienstentgelt gezahlt oder Freizeitausgleich gewährt wird, nicht mehr allein dem Arbeitgeber überlassen wollten.
Aus § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF, wonach das Bereitschaftsdienstentgelt im Falle der Faktorisierung nach § 10 Abs. 3 im Verhältnis 1:1 in Freizeit abgegolten werden kann, folgt entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nichts anderes. Der Wortlaut des § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF, von dem bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags zunächst auszugehen ist, zwingt nicht zu der Annahme, dass ein Freizeitausgleich nur bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto iSv. § 10 TVöD-K zulässig war. Das Wort „nur“ enthält § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF nicht. Bei dieser Vorschrift handelte es sich um eine Durchführungsbestimmung. Sie regelte vom Wortsinn her lediglich, dass und wie Bereitschaftsdienstzeiten auf ein eingerichtetes Arbeitszeitkonto gebucht werden konnten. Da Bereitschaftsdienstzeiten ebenso wie Bereitschaftszeiten zum Zwecke der Vergütungsberechnung von den Tarifvertragsparteien nicht vollständig als Arbeitszeit gewertet werden, können Bereitschaftsdienstzeiten und Bereitschaftszeiten ohne die Umrechnung in zu vergütende Arbeitszeit nicht in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Das haben die Tarifvertragsparteien gesehen. Sie haben in § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT und in § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K bestimmt, dass Bereitschaftszeiten zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert) werden. In welchem Umfang Bereitschaftsdienste zum Zwecke der Vergütungsberechnung als Arbeitszeit zu bewerten sind, haben sie in § 8.1 Abs. 1 TVöD-K geregelt. In § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF haben sie für die zur Einstellung in ein Arbeitszeitkonto erforderliche Umwandlung von Bereitschaftsdienstzeiten auf das Bereitschaftsdienstentgelt abgestellt. Damit haben sie das in ein Arbeitszeitkonto gebuchte Zeitguthaben aus geleisteten Bereitschaftsdiensten zugleich den Regeln dieses Kontos unterworfen und klargestellt, dass der Freizeitausgleich nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats erfolgen muss, wie dies § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT anordnete und § 8.1 Abs. 6 Satz 1 TVöD-K für Ärztinnen und Ärzte bestimmt.
Für das Auslegungsergebnis spricht auch die Tarifgeschichte. Unter der Geltung von § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT und damit bis zum 30. September 2005 konnte der Arbeitgeber Bereitschaftsdienstentgelt zahlen oder Bereitschaftsdienstzeiten nach deren Umrechnung in zu vergütende Arbeitszeit durch entsprechende Arbeitsbefreiung abgelten. Nach der Neufassung des TVöD-K durch den ÄTV Nr. 1 vom 1. August 2006 ist nach § 8.1 Abs. 7 Satz 1 3. Alt. TVöD-K Freizeitausgleich mit Zustimmung der/des Beschäftigten auch dann zulässig, wenn kein Arbeitszeitkonto eingerichtet ist. Ist ein solches Konto eingerichtet, kann aber nach § 8.1 Abs. 8 TVöD-K das Bereitschaftsdienstentgelt im Falle der Faktorisierung auch nach § 10 Abs. 3 in Freizeit abgegolten werden. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD-K sich nicht einmal ein Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags am 1. Oktober 2005 zu der in § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K getroffenen Regelung veranlasst sahen, legt nahe, dass sie den Freizeitausgleich im Vergleich zurbisherigen Rechtslage im Wesentlichen nicht völlig anderen Regeln unterwerfen, sondern nur klarstellen wollten, dass Freizeitausgleich mit Zustimmung des Beschäftigten tariflich auch ohne ein eingerichtetes Arbeitszeitkonto zulässig ist.
Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger seine Zustimmung zum Freizeitausgleich in den Monaten Januar bis Juni 2006 konkludent dadurch erklärt, dass er nach den Bereitschaftsdiensten bezahlte Freischichten in Anspruch genommen hat.
Die Auslegung des Verhaltens des Klägers durch das Landesarbeits gericht unterliegt allerdings ebenso wie die Auslegung einer ausdrücklichen nichttypischen Willenserklärung nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Revisionsrechtlich ist sie nur eingeschränkt dahin zu überprüfen, ob die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Betracht gelassen worden sind. Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach § 133 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Das gilt auch für die Frage, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt. Das Gericht muss die von den Parteien für und gegen die Auslegung geltend gemachten Umstände abwägen. Im Urteil ist nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht zu seinem Ergebnis gelangt ist. Der in der auszulegenden Erklärung bzw. in dem auszulegenden Verhalten verkörperte rechtlich maßgebliche Wille ist zu ermitteln. Das übereinstimmend Gewollte hat Vorrang vor dem insoweit falsch oder nicht ausdrücklich Erklärten. Kann eine solche Feststellung nicht getroffen werden, so sind die jeweiligen Erklärungen bzw. das Verhalten einer Partei jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers bzw. der anderen Partei so auszulegen, wie sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstanden werden durften. Dies gilt auch für konkludente Willenserklärungen. Da das Erklärungsbewusstsein kein notwendiger Bestand der Willenserklärung ist, kann schlüssiges Verhalten auch dann als Willenserklärung gewertet werden, wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat. Voraussetzung ist jedoch, dass der Handelnde bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und der andere Teil es auch tatsächlich so verstanden hat.
Diesen Grundsätzen wird die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht.
Zwar trifft die Annahme des Landesarbeitsgerichts noch zu, dass es sich bei einem Arbeitseinsatz um ein tatsächliches Verhalten des Arbeitnehmers handelt, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt Anders als in dem Fall, der dieser Entscheidung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts zugrunde lag, geht es im vorliegenden Fall aber nicht um den Erklärungswert eines Arbeitseinsatzes und auch nicht um eine Änderung des Arbeitsvertrags. Stimmt der Beschäftigte dem Freizeitausgleich zu, bewirkt dies idR keine Vertragsänderung mit der Folge, dass er für nachfolgende Bereitschaftsdienste nicht mehr die Zahlung von Bereitschaftsdienstentgelt beanspruchen kann, sondern auf Dauer an die einmal erklärte Zustimmung zum Freizeitausgleich gebunden ist. Die Zustimmung zum Freizeitausgleich wirkt idR nur solange, bis sie vom Beschäftigten widerrufen wird.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hindert der Umstand, dass der Kläger im Anschluss an die geleisteten Bereitschaftsdienste nach § 5 ArbZG eine Ruhezeit haben musste, nicht die Annahme einer Zustimmung zum Freizeitausgleich. Das Gebot der Ruhezeit in dieser Vorschrift erfordert nur eine Arbeitszeitgestaltung, die gewährleistet, dass der Arbeitnehmer während der arbeitsfrei zu haltenden Zeit nicht zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Dies kann auch dadurch geschehen, dass ihm Freizeitausgleich gewährt wird.
Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Auslegung des Verhaltens des Klägers außer Betracht gelassen und damit nicht gewürdigt, dass die Beklagte den Kläger nach der Leistung der Bereitschaftsdienste nicht nur nicht zur Schicht eingeteilt, sondern auch jeweils 7,7 Stunden der Ruhezeit vergütet hat. Damit hat der Kläger nicht nur Freizeit zur Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeit widerspruchslos in Anspruch genommen. Er hat darüber hinaus auch vorbehaltlos Vergütung für Zeiten entgegengenommen, in denen er nicht gearbeitet hat. Dies durfte die Beklagte als Zustimmung des Klägers zum Freizeitausgleich selbst dann verstehen, wenn der Kläger an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht haben sollte.
Soweit der Kläger behauptet, er habe die Beklagte nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses vom BAT in den TVöD-K aF darauf hingewiesen, dass ihre Vorgehensweise nicht zulässig sei, steht auch dies der Annahme einer konkludenten Zustimmung des Klägers nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass der Kläger ungeachtet seiner nicht zutreffenden Rechtsauffassung, wonach vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Juli 2006 Freizeitausgleich nur bei einem nach § 10 TVöD-K eingerichteten Arbeitszeitkonto tariflich zulässig war, vergütete Freizeit in Anspruch genommen hat. Hätte der Kläger vermeiden wollen, dass die Beklagte sein Verhalten als Zustimmung zum Freizeitausgleich versteht, hätte er der Beklagten zu erkennen geben können und müssen, dass die nach den geleisteten Bereitschaftsdiensten erforderlichen Ruhezeiten nicht vergütet werden sollen und er anstelle des Freizeitausgleichs Bereitschaftsdienstentgelt beansprucht.
Auch für die Monate Oktober 2006 bis Februar 2007 hat der Kläger nach § 8.1 Abs. 4 TVöD-K keinen Anspruch auf Bereitschaftsdienstentgelt iHv. 2.536,84 Euro brutto (146,3 Stunden x 17,34 Euro brutto/Stunde = 2.536,84 Euro brutto). Auch für diese Monate lag eine konkludente Zustimmung des Klägers zum Freizeitausgleich vor. Die nach § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K erforderliche Zustimmung des Beschäftigten zum Freizeitausgleich ist an keine Form gebunden. Der Beschäftigte muss sie deshalb nicht ausdrücklich, sondern kann sie auch konkludent durch widerspruchslose Inanspruchnahme der gewährten Freizeit und vorbehaltlose Entgegennahme der vom Arbeitgeber für die Freizeit gezahlten Vergütung zum Ausdruck bringen.
In seinem an die Personalabteilung der Beklagten gerichteten Schreiben vom 14. Juli 2006 hat der Kläger zwar die Auffassung vertreten, die in den Monaten Oktober 2005 bis Juni 2006 von ihm geleisteten Bereitschaftsdienste seien nicht korrekt bezahlt worden, Bereitschaftsdienste seien ausschließlich außerhalb der Arbeitszeit zu leisten, eine Verrechnung mit der Arbeitszeit sei nicht möglich, und er hat die Beklagte um einen schriftlichen Bescheid gebeten. Dieses Schreiben hindert jedoch ebenso wie das Schreiben des Klägers vom 29. August 2006 nicht die Annahme einer konkludenten Zustimmung des Klägers zum Freizeitausgleich. Der Kläger hat in diesen Schreiben nicht erklärt, dass die Beklagte die Ruhezeit nach den von ihm geleisteten Bereitschaftsdiensten künftig nicht mehr vergüten soll. Er hat in diesen Schreiben nur die während des Rechtsstreits von ihm ausdrücklich aufgegebene Ansicht vertreten, die Beklagte fülle tarifwidrig die tarifliche Arbeitszeit mit Bereitschaftsdiensten auf. Maßgeblich ist deshalb, dass der Kläger auch in den Monaten Oktober 2006 bis Februar 2007 nicht nur die ihm nach den Bereitschaftsdiensten gewährte Freizeit, sondern auch die von der Beklagten für die Freischichten gezahlte Vergütung widerspruchslos und vorbehaltlos in Anspruch genommen hat.
Da dem Kläger das beanspruchte Bereitschaftsdienstentgelt nicht zusteht, kann unentschieden bleiben, ob der Kläger mit seinem Schreiben vom 29. August 2006 seinen Zahlungsanspruch für die Monate Januar bis Juni 2006 iSv. § 37 Abs. 1 TVöD-K geltend gemacht hat. Aufgrund der Zustimmung des Klägers zum Freizeitausgleich bedarf auch die Frage keiner Entscheidung, ob der Freizeitausgleich iSv. § 8.1 Abs. 7 Satz 1 1. Alt. TVöD-K zur Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes erforderlich war. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
(1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
(2) Die Dauer der Ruhezeit des Absatzes 1 kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.
(3) Abweichend von Absatz 1 können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden.
(4) (weggefallen)
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)