Betrug: Keine Verjährung wegen Unterbrechung
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen, soweit es die Fälle 9) und 10) des Urteils betrifft.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 260 Abs. 3 StPO mit der Begründung eingestellt, die Anklageschrift genüge nicht den an sie gemäß § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er vor allem den Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend macht.
In den Fällen 1) bis 8) der Anklageschrift ist die Revision zulässig, aber unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist die Revision des Angeklagten insoweit nicht bereits mangels Beschwer unzulässig. Zwar ist der Angeklagte durch die Verfahrenseinstellung wegen eines Prozesshindernisses in der Regel nicht beschwert. Eine Beschwer des Angeklagten kann aber dann bestehen, wenn die Einstellung wegen eines behebbaren Verfahrenshindernisses erfolgt und der Angeklagte behauptet, es liege ein weiteres, nicht behebbares Prozesshindernis vor. In einem solchen Fall kann der Angeklagte mit der Revision ein rechtliches Interesse daran geltend machen, dass das Verfahren endgültig eingestellt wird.
So verhält es sich hier. Die Einstellung durch das Landgericht erfolgte – insoweit rechtsfehlerhaft (siehe das auf Revision der Staatsanwaltschaft ergangene Urteil des Senates vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10) - wegen Mängeln der Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift. Dabei handelt es sich um ein Prozesshindernis, das grundsätzlich im weiteren Verfahren behoben werden kann. Es ist jederzeit möglich, eine neue, den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO genügende Anklage zu erheben. Dagegen macht der Angeklagte geltend, die ihm vorgeworfenen Straftaten seien verjährt. Träfe dies zu, müsste das Verfahren gegen ihn endgültig eingestellt werden, da es sich bei der Verjährung um ein nicht behebbares Verfahrenshindernis handelt.
Die Revision ist in den Fällen 1) - 8) jedoch unbegründet. Die Prüfung durch den Senat ergibt, dass die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten nicht verjährt sind.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 21. Juli 2008 legt dem Angeklagten Betrug in zehn Fällen in der Zeit vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2003 zur Last. In den Fällen 1) bis 8) wurde die fünfjährige Verjährungsfrist (§§ 78 Abs. 1 Nr. 4, 263 Abs. 1 StGB) durch den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2004 rechtzeitig unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB). Dieser erfasst entgegen der Ansicht der Revision auch die Straftaten, die der Angeklagte in dem genannten Zeitraum im Sinne der Anklage als faktischer Geschäftsführer der Firma S. GmbH begangen haben soll.
Grundsätzlich bestimmt der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung. Dabei kommt es in erster Linie auf den Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses und vor allem auf die dort vorgenommene Beschreibung des strafbaren Verhaltens des Angeklagten an.
Im Durchsuchungsbeschluss vom 15. Oktober 2004 ist der Angeklagte nur als faktischer Geschäftsführer der Firma M. genannt; ein Hinweis auf seine Tätigkeit für die Firma S. findet sich nicht. Aus dem Durchsuchungsbeschluss ergibt sich jedoch, dass der Verfolgungswille der Ermittlungsbehörden umfassend auf alle betrügerischen Aktivitäten des Angeklagten im Zusammenhang mit der Versendung von Informationsbriefen gerichtet war. Die Durchsuchungsanordnung wird mit einer Darstellung des „Geschäftsmodells“ des Angeklagten begründet, mit dem er die Abnehmer seiner Informationen betrügerisch geschädigt haben soll. Diese Beschreibung erfasste alle gleichartigen Handlungen des Angeklagten unabhängig davon, unter welchem Firmennamen er aufgetreten war. Der Durchsuchungsbeschluss war darüber hinaus nicht auf die Geschäftsräume der Firma M. beschränkt, sondern erstreckte sich auf die Person des Angeklagten und auf seine Wohnanschrift. Auch dieser Umstand macht den umfassenden, auf die im Durchsuchungsbeschluss geschilderte Begehungsweise gerichteten Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft deutlich. Bei jeweils identischer deliktischer Vorgehensweise kommt es auf das Handeln des Beschuldigten als Person an, nicht darauf, welcher Firmennamen er sich, möglicherweise zur Verschleierung seiner Verantwortlichkeit, im Einzelnen bediente.
Für die Bestimmung des Verfolgungswillens der Staatsanwaltschaft ist im Übrigen allein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses am 15. Oktober 2004 abzustellen. Deshalb ist es entgegen der Auffassung der Revision auch ohne Belang, dass die Staatsanwaltschaft in den Jahren zuvor einzelne, die Verantwortlichen der Firma S. GmbH betreffende Ermittlungsverfahren aus Rechtsgründen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte. Die vom Beschwerdeführer beantragte Beiziehung der entsprechenden Ermittlungsakten ist nicht veranlasst. Die Einstellungsverfügungen begründeten ohnehin keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Angeklagten und entfalteten keine wie auch immer geartete Rechtskraftwirkung; das Verfahren konnte vielmehr jederzeit – formlos - wieder aufgenommen werden, wenn aus Sicht der Ermittlungsbehörden Anlass dazu bestand. Hierzu - und für den Eintritt der Unterbrechungswirkung nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB - genügte es, dass sich der Durchsuchungsbeschluss vom 15. Oktober 2004 auch gegen den Angeklagten als Person richtete und der darin enthaltene Tatvorwurf in gleicher Weise sein Vorgehen als Geschäftsführer der Firma S. erfasste. Im Übrigen hat auch die Bestätigung der Durchsuchungsanordnung durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2005, in der der Angeklagte ausdrücklich als faktischer Geschäftsführer der Firma S. bezeichnet ist, die Verjährung zumindest bezüglich der Taten unterbrochen, die der Angeklagte nach dem 28. September 2000 begangen haben soll.
In den Fällen 9) und 10) ist die Revision dagegen bereits unzulässig. Insofern ist der Angeklagte durch das angegriffene Urteil nicht beschwert, weil es bereits an der Prozessvoraussetzung einer wirksamen Anklage fehlt, auf deren Grundlage der Beschwerdeführer sein Prozessziel - die Einstellung des Verfahrens wegen Verfolgungsverjährung - erreichen könnte. In den genannten Fällen liegt keine den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO entsprechende Anklage vor, da sie ihrer Umgrenzungsfunktion nicht genügt (siehe im Einzelnen das auf Revision der Staatsanwaltschaft ergangene Urteil des Senates vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10).
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 260 Abs. 3 StPO mit der Begründung eingestellt, die Anklageschrift genüge nicht den an sie gemäß § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er vor allem den Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend macht.
- 2
- 1) In den Fällen 1) bis 8) der Anklageschrift ist die Revision zulässig, aber unbegründet.
- 3
- a) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist die Revision des Angeklagten insoweit nicht bereits mangels Beschwer unzulässig. Zwar ist der Angeklagte durch die Verfahrenseinstellung wegen eines Prozesshindernisses in der Regel nicht beschwert (BGHSt 23, 257, 259; BGH NJW 2007, 3010, 3011). Eine Beschwer des Angeklagten kann aber dann bestehen, wenn die Einstellung wegen eines behebbaren Verfahrenshindernisses erfolgt (Meyer-Goßner 53. Aufl. vor § 296 StPO Rdn. 14; BayObLG JR 1989, 487; OLG Stuttgart NJW 1963, 1417) und der Angeklagte behauptet, es liege ein weiteres, nicht behebbares Prozesshindernis vor. In einem solchen Fall kann der Angeklagte mit der Revision ein rechtliches Interesse daran geltend machen , dass das Verfahren endgültig eingestellt wird.
- 4
- So verhält es sich hier. Die Einstellung durch das Landgericht erfolgte – insoweit rechtsfehlerhaft (siehe das auf Revision der Staatsanwaltschaft ergangene Urteil des Senates vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10) - wegen Mängeln der Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift. Dabei handelt es sich um ein Prozesshindernis, das grundsätzlich im weiteren Verfahren behoben werden kann. Es ist jederzeit möglich, eine neue, den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO genügende Anklage zu erheben. Dagegen macht der Angeklagte geltend, die ihm vorgeworfenen Straftaten seien verjährt. Träfe dies zu, müsste das Verfahren gegen ihn endgültig eingestellt werden, da es sich bei der Verjährung um ein nicht behebbares Verfahrenshindernis handelt.
- 5
- b) Die Revision ist in den Fällen 1) - 8) jedoch unbegründet. Die Prüfung durch den Senat ergibt, dass die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten nicht verjährt sind.
- 6
- Die Anklage der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 21. Juli 2008 legt dem Angeklagten Betrug in zehn Fällen in der Zeit vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2003 zur Last. In den Fällen 1) bis 8) wurde die fünfjährige Verjährungsfrist (§§ 78 Abs. 1 Nr. 4, 263 Abs. 1 StGB) durch den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2004 rechtzeitig unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB). Dieser erfasst entgegen der Ansicht der Revision auch die Straftaten, die der Angeklagte in dem genannten Zeit- raum im Sinne der Anklage als faktischer Geschäftsführer der Firma S. GmbH begangen haben soll.
- 7
- Grundsätzlich bestimmt der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung (vgl. BGH NStZ 2004, 275 m.N.). Dabei kommt es in erster Linie auf den Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses und vor allem auf die dort vorgenommene Beschreibung des strafbaren Verhaltens des Angeklagten an.
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- Im Durchsuchungsbeschluss vom 15. Oktober 2004 ist der Angeklagte nur als faktischer Geschäftsführer der Firma M. genannt; ein Hinweis auf seine Tätigkeit für die Firma S. findet sich nicht. Aus dem Durchsuchungsbeschluss ergibt sich jedoch, dass der Verfolgungswille der Ermittlungsbehörden umfassend auf alle betrügerischen Aktivitäten des Angeklagten im Zusammenhang mit der Versendung von Informationsbriefen gerichtet war. Die Durchsuchungsanordnung wird mit einer Darstellung des „Geschäftsmodells“ des Angeklagten begründet, mit dem er die Abnehmer seiner Informationen betrügerisch geschädigt haben soll. Diese Beschreibung erfasste alle gleichartigen Handlungen des Angeklagten unabhängig davon, unter welchem Firmennamen er aufgetreten war. Der Durchsuchungsbeschluss war darüber hinaus nicht auf die Geschäftsräume der Firma M. beschränkt, sondern erstreckte sich auf die Person des Angeklagten und auf seine Wohnanschrift. Auch dieser Umstand macht den umfassenden, auf die im Durchsuchungsbeschluss geschilderte Begehungsweise gerichteten Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft deutlich. Bei jeweils identischer deliktischer Vorgehensweise kommt es auf das Handeln des Beschuldigten als Person an, nicht darauf, welcher Firmennamen er sich, möglicherweise zur Verschleierung seiner Verantwortlichkeit , im Einzelnen bediente.
- 9
- Für die Bestimmung des Verfolgungswillens der Staatsanwaltschaft ist im Übrigen allein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses am 15. Oktober 2004 abzustellen. Deshalb ist es entgegen der Auffassung der Revision auch ohne Belang, dass die Staatsanwaltschaft in den Jahren zuvor einzelne, die Verantwortlichen der Firma S. GmbH betreffende Ermittlungsverfahren aus Rechtsgründen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte. Die vom Beschwerdeführer beantragte Beiziehung der entsprechenden Ermittlungsakten ist nicht veranlasst. Die Einstellungsverfügungen begründeten ohnehin keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Angeklagten und entfalteten keine wie auch immer geartete Rechtskraftwirkung; das Verfahren konnte vielmehr jederzeit – formlos - wieder aufgenommen werden, wenn aus Sicht der Ermittlungsbehörden Anlass dazu bestand (Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 170 Rdn. 9; KK-Schmid StPO 6. Aufl. § 170 Rdn. 23; SK-StPO Wohlers 4. Aufl. § 170 Rdn. 61; HK-StPO Zöller 4. Aufl. § 170 Rdn. 6). Hierzu - und für den Eintritt der Unterbrechungswirkung nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB - genügte es, dass sich der Durchsuchungsbeschluss vom 15. Oktober 2004 auch gegen den Angeklagten als Person richtete und der darin enthaltene Tatvorwurf in gleicher Weise sein Vorgehen als Geschäftsführer der Firma S. erfasste. Im Übrigen hat auch die Bestätigung der Durchsuchungsanordnung durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2005, in der der Angeklagte ausdrücklich als faktischer Geschäftsführer der Firma S. bezeichnet ist (Bd. II 181), die Verjährung zumindest bezüglich der Taten unterbrochen , die der Angeklagte nach dem 28. September 2000 begangen haben soll.
- 10
- 2) In den Fällen 9) und 10) ist die Revision dagegen bereits unzulässig. Insofern ist der Angeklagte durch das angegriffene Urteil nicht beschwert, weil es bereits an der Prozessvoraussetzung einer wirksamen Anklage fehlt, auf deren Grundlage der Beschwerdeführer sein Prozessziel - die Einstellung des Verfahrens wegen Verfolgungsverjährung - erreichen könnte. In den genannten Fällen liegt keine den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO entsprechende Anklage vor, da sie ihrer Umgrenzungsfunktion nicht genügt (siehe im Einzelnen das auf Revision der Staatsanwaltschaft ergangene Urteil des Senates vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10). Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.
(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 260 Abs. 3 StPO mit der Begründung eingestellt, die Anklageschrift genüge nicht den an sie gemäß § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge formellen Rechts gestützte Revision hat hinsichtlich der Fälle 1) – 8) der Anklage Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
- 2
- 1. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 21. Juli 2008 legt dem Angeklagten Betrug in zehn Fällen in der Zeit vom 1. Juli 2000 bis 30. April 2003 zur Last. Der wegen Betruges vorbestrafte Angeklagte habe als faktischer Geschäftsführer verschiedener Firmen von ihm selbst verfasste "Informationsbriefe" mit einem Umfang zwischen 12 und 26 Seiten über einen Fax-Abruf vertrieben, bei dem der Besteller durch Anwahl einer bestimmten Nummer den Versand des Briefes auf sein eigenes Faxgerät bewirkte. Zuvor habe der Angeklagte seine Informationsbriefe über massenhaft verschickte Werbefaxe und über das Internet beworben. Die Abwicklung sei über bei einem Telefondienstleister angemietete Rufnummern erfolgt. Da der Angeklagte jeweils den teuersten Tarif gewählt habe, sei den Bestellern des Fax-Briefes eine Gebühr von 3,63 DM bzw. 1,86 Euro pro Minute berechnet worden, von der dem Angeklagten nach den Vereinbarungen mit dem Telefondienstleister ca. 60 bis 67 % zugestanden habe. Im Interesse eines maximalen Gewinns habe der Angeklagte auf verschiedene Weise - etwa durch die typografische bzw. grafische Gestaltung der Faxbriefe und die Wahl der langsamsten Übertragungsrate - dafür gesorgt, dass die Übertragungsdauer auf ein Vielfaches der üblichen Zeit verlängert worden sei. Der Angeklagte habe zwar in seinen Werbefaxen auf den Minutenpreis von 3,63 DM und später 1,86 Euro hingewiesen. Die durch die verlängerte Übertragungsdauer entstandenen unerwartet hohen Kosten seien für die Besteller jedoch nicht zu erkennen gewesen. So dauerte etwa der Abruf eines 24seitigen Faxbriefes ca. 72 Minuten und kostete den Besteller ca. 276 DM bzw. 138 €.
- 3
- Der Angeklagte habe die Abnehmer in seinen zu Werbezwecken verschickten Faxen aber vor allem über den Inhalt und den praktischen Nutzen der angebotenen Fax-Abrufe getäuscht. Die Informationsbriefe zu Themen wie z.B. "Banken ohne Schufa", "Traumjob Fotomodell", "Verlieben online", "Heimverdienst" , "Gesunde Ernährung", "Sexlinks ohne Ende" und "Fabrikverkauf - Umgehen Sie den Einzelhandel" hätten Banalitäten enthalten, die für die meisten bzw. nahezu alle Abnehmer ohne Wert gewesen seien. Die Einnahmen des Angeklagten hätten sich im Tatzeitraum auf insgesamt 2.555.833 Euro belaufen.
- 4
- 2. Das Landgericht hat die Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO damit begründet, dass die Anklageschrift die einzelnen Taten nicht hinreichend konkretisiere. Es sei schon nicht erkennbar, an welchen Orten, zu welchen Zeiten und mit welchem Inhalt die Werbefaxe, in denen der Angeklagte über den Inhalt und den Nutzen der Informationsbriefe getäuscht und bei denen er gebotene Angaben unterlassen haben soll, versandt worden seien. Außerdem bezeichne die Anklageschrift bis auf wenige beispielhaft genannte Personen die geschädigten Kunden nicht namentlich, und es sei nicht erkennbar, welche konkreten Werbemaßnahmen bzw. Manipulationen an der Übertragungszeit jeweils mit welchen Auswirkungen auf Vorstellungsbild und Motivlage einzelner Geschädigter in strafrechtlichem Zusammenhang stünden. Der Umgrenzung der Einzelakte im Verhältnis zu anderen Einzelakten komme vorliegend auch keine nur untergeordnete Bedeutung zu, da bezogen auf einen betrügerischen Geschäftsbetrieb ein einheitliches "uneigentliches" Organisationsdelikt nicht angenommen werden könne.
- 5
- 3. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist hinsichtlich der Fälle 1) bis 8) der Anklageschrift begründet. In diesen - nicht verjährten (vgl. den auf die Revision des Angeklagten ergangenen Senatsbeschluss vom heutigen Tage - 2 StR 524/10) - Fällen hat die Anklage Bestand, weil sie die notwendigen Angaben zur Bestimmung des Prozessgegenstandes enthält und damit ihrer Umgrenzungsfunktion genügt.
- 6
- a) Eine Anklage ist nur dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel ihre Umgrenzungsfunktion betreffen. Mängel der Informationsfunktion berühren ihre Wirksamkeit dagegen nicht (BGHSt 44, 153, 156; LRStuckenberg 26. Aufl. § 200 StPO Rn. 80). Die Umgrenzungsfunktion der Anklage dient dazu, den Prozessgegenstand festzulegen, mit dem sich das Ge- richt aufgrund seiner Kognitionspflicht zu befassen hat. Sie erfordert neben der Bezeichnung des Angeschuldigten Angaben, welche die Tat als geschichtlichen Vorgang unverwechselbar kennzeichnen. Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll (BGHSt 40, 44 f.; LR-Stuckenberg 26. Aufl. § 200 StPO Rn. 18 mwN). Jede einzelne Tat muss sich als historisches Ereignis von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen des Angeschuldigten unterscheiden lassen, damit sich die Reichweite des Strafklageverbrauchs und Fragen der Verfolgungsverjährung eindeutig beurteilen lassen. Die Umstände, welche die gesetzlichen Merkmale der Straftat ausfüllen, gehören dagegen - wie sich auch aus dem Wortlaut von § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO ergibt - nicht zur Bezeichnung der Tat. Wann die Tat in dem beschriebenen Sinne hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles festgelegt werden.
- 7
- Bei einer Vielzahl gleichartig begangener Betrugsdelikte müssen zu deren Konkretisierung grundsätzlich auch die Geschädigten der einzelnen Fälle benannt und diese so dargestellt werden, dass sie von etwaigen weiteren Fällen durch nähere Einzelheiten oder Begleitumstände unterscheidbar sind (vgl. BGH StV 2007, 171 f.; KK-Schneider 6. Aufl. § 200 StPO Rn. 11 mwN). Dies gilt jedoch nur, wenn die Serienstraftaten je für sich prozessual als selbständige Taten zu werten sind, etwa weil sie auch materiell-rechtlich in Realkonkurrenz stehen (vgl. BGH NJW 2008, 2131, 2132; NStZ 2008, 352). Wird dagegen eine Vielzahl gleichartiger Einzelakte durch dieselbe Handlung des Beschuldigten zu gleichartiger Tateinheit und damit auch prozessual zu einer Tat verbunden, genügt die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion, wenn die Identität dieser Tat klar gestellt ist. Einer individualisierenden Beschreibung ihrer Einzelakte bedarf es bei einer solchen Fallgestaltung nicht, um den Prozessgegenstand unverwechselbar zu bestimmen. Darüber hinausgehende Angaben, die den Tatvorwurf näher beschreiben, können zwar erforderlich sein, um der Informationsfunktion der Anklageschrift zu genügen (dazu unten 5.); ihr Fehlen lässt jedoch deren Bestand unberührt.
- 8
- b) Nach diesen Maßstäben erfüllt die Anklage in den Fällen 1) bis 8) ihre Funktion, den Verfahrensgegenstand zu umgrenzen. Die allgemeine Schilderung des "Geschäftsmodells" des Angeklagten, die Bündelung einer Vielzahl von Einzelakten und Geschädigten zu einzelnen prozessualen Taten sowie die Festlegung des Zeitraums, in dem die Faxbriefe jeweils versandt wurden, reichen aus, um die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten so zu bestimmen, dass die Identität des jeweils gemeinten geschichtlichen Vorgangs hinreichend klargestellt wird und die einzelne Tat sich von anderen strafbaren Handlungen des Angeklagten unterscheiden lässt. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden , dass die Anklage das umfangreiche Gesamtgeschehen mit Tausenden von Geschädigten zu wenigen prozessualen Taten zusammengefasst hat, die sich an den jeweils unterschiedlichen Inhalten der vom Angeklagten verfassten Faxbriefe orientieren. Insofern geht die Anklage vertretbar davon aus, dass die jeweils auf einem Tatentschluss des Angeklagten beruhende Einrichtung der Faxseiten zu einem bestimmten Thema materiell-rechtlich als eine (Täuschungs -)Handlung zu werten ist, die sukzessive eine Vielzahl gleichartiger Erfolge ausgelöst hat. Durch diese Form der Handlungseinheit werden die Einzelakte , die im Gebrauch der Abrufe durch die Geschädigten bestehen, auch prozessual zu jeweils einer Tat verbunden.
- 9
- Deshalb ist es entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts unschädlich , dass die Anklage nur wenige Geschädigte ausdrücklich benennt. Der Umgrenzungsfunktion der Anklage ist in den Fällen 1) bis 8) bereits dadurch genügt, dass der zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt durch die Einrichtung des jeweiligen Faxabrufs und die Angabe der Dauer seines Betriebes in- haltlich und zeitlich unverwechselbar gekennzeichnet ist. Zweifel über Fragen der Verjährung oder den Umfang des Strafklageverbrauchs können insoweit nicht aufkommen. Demgegenüber sind die Bezeichnung der Geschädigten sowie Ausführungen zu den Vorstellungen, die diese sich beim Abruf der vom Angeklagten angebotenen Inhalte gemacht haben, für die Individualisierung des zur Aburteilung gestellten Sachverhaltes nicht erforderlich, sondern konkretisieren lediglich die gesetzlichen Merkmale des Betrugs hinsichtlich der gleichartigen Teilakte der jeweiligen prozessualen Taten. Insofern ist die Unterrichtung des Angeklagten über die Einzelheiten des Schuldvorwurfs und damit die Informationsfunktion der Anklage betroffen (dazu unten 5.). Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich damit von Seriendelikten mit einer Vielzahl von auf jeweils neuen Tatentschlüssen beruhenden Handlungen, die prozessual als selbständige und in der Anklageschrift - ggf. auch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen - deshalb unverwechselbar zu kennzeichnende Taten zu werten sind (vgl. BGH NJW 2008, 2131, 2132; NStZ 2008, 352; Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10).
- 10
- 4. In den Fällen 9) und 10) erfüllt die Anklage vom 21. Juli 2008 dagegen ihre Umgrenzungsfunktion nicht. Im Fall 9) bleibt mit Rücksicht auf den bloßen Hinweis "ab Anfang April 2002" bereits unklar, wie lange der betreffende Faxabruf eingerichtet war und genutzt wurde. Diese Lücke kann auch nicht durch Rückgriff auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen geschlossen werden. Die genaue Festlegung des Tatzeitraumes ist jedoch unabdingbar, um das dem Gericht zur Aburteilung gestellte Geschehen, Fragen der Verfolgungsverjährung sowie die Reichweite der Rechtskraft unverwechselbar zu bestimmen.
- 11
- Im Fall 10) ist für den Faxabruf "Gratisurlaub! Für alle Altersgruppen" keinerlei Tatzeit angegeben. Insoweit gilt das zu Fall 9) Ausgeführte. Im Übrigen besteht der Anklagesatz im Fall 10) aus Angaben zu erzielten Erlösen aus der Versendung von Informationsbriefen zu unterschiedlichsten Themen, die zum überwiegenden Teil bereits Gegenstand der angeklagten Taten 1) – 8) sind. Insoweit wird nicht deutlich, welcher hiervon unterschiedene geschichtliche Vorgang zur Aburteilung gestellt werden soll. Es mag unter Berücksichtigung der sonstigen Struktur der Anklage naheliegend erscheinen, jeweils eigenständige prozessuale Taten anzunehmen, wenn nach einer zeitlichen Zäsur von dem Angeklagten Faxabrufe zu bestimmten Themen neu aufgelegt wurden. In der Fassung der Anklageschrift kommt dies aber nicht zum Ausdruck.
- 12
- 5. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Die Anklage genügt in den Fällen 1) bis 8) den nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen an ihre Informationsfunktion nicht. Wenngleich dies - wie dargelegt - keine Auswirkungen auf ihren Bestand hat, muss der Angeklagte jedoch so über die Einzelheiten des Tatvorwurfs unterrichtet werden, dass er in die Lage versetzt wird, sein Prozessverhalten hierauf einzustellen (BGHSt 40, 44, 47 f.; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10). Die Anklageschrift muss deshalb auch bei massenhaft begangenen Seriendelikten die mehrgliedrigen Voraussetzungen des Tatbestandes des § 263 StGB, erforderlichenfalls hinsichtlich jedes - möglicherweise zu gleichartiger Tateinheit zusammenzufassenden - schädigenden Einzelaktes konkret bezeichnen (Senat NStZ 2010, 103, 104). Aus einem - nicht notwendigerweise in der Hauptverhandlung zu verlesenden (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10) - Teil der Anklageschrift müssen sich die individuellen Merkmale der Einzeltaten ergeben; es muss daher ausgeführt werden, durch welche Tatsachen oder Vorstellungen der gesetzliche Straftatbestand jeweils erfüllt ist (§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO). Mit Rücksicht auf die Informationsfunktion der Anklageschrift darf dabei insbesondere nicht aus dem Blick verloren werden, dass der Betrug ein gegen das Vermögen einzelner privater oder juristischer Personen gerichteter Straftatbestand ist (Senat NStZ 2010, 103, 104).
- 13
- Dem wird die Anklage in den Fällen 1) bis 8) nicht gerecht. Die mehreren tausend Personen, die sich des Faxabrufes des Angeklagten bedient haben, werden nicht als nach § 263 StGB geschädigte Einzelne, sondern als - weitestgehend anonym bleibende - Gruppe behandelt. Die Anklageschrift nennt nur einige wenige Geschädigte namentlich (je eine Person zu den Fällen 1, 5 und 6, zwei Personen zu Fall 2, je fünf Personen zu den Fällen 3 und 4 und sechs Personen zu Fall 8). Zum Fall 7 wird kein einziger Geschädigter mitgeteilt. Eine Individualisierung der Tatopfer und ihre Zuordnung zu einzelnen Teilakten kann danach nicht vorgenommen werden. Diese Angaben wären aber erforderlich, um dem Angeklagten die Möglichkeit zu geben, sein Prozessverhalten auf den Anklagevorwurf in seiner Gesamtheit einzustellen.
- 14
- Außerdem wird bei keinem der angegebenen Geschädigten klar, wann er auf das Angebot des Angeklagten eingegangen ist, welche Vorstellungen er sich dabei gemacht hat und welcher konkrete Schaden ihm entstanden ist. Trotz des Seriencharakters der angeklagten Betrugsstraftaten darf der Vorstellungshorizont der durch die Einzelakte Geschädigten nicht offen bleiben. Der Anklage ist zu entnehmen, dass die jeweiligen Abnehmer umfangreiche Informationsbriefe erhielten, deren Inhalte sich jedenfalls auf den zuvor beworbenen Themenkreis bezogen. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Annahme der Anklage, der Angeklagte habe "vor allem ... über den Inhalt und den praktischen Nutzen der angebotenen Faxseiten" getäuscht, zumindest nicht für jeden Abnehmer von selbst. Dies zeigt sich auch an einschränkenden Formulierungen in der Anklage wie zu Fall 3, wonach die Informationen "für nahezu alle", und zu Fall 8, wonach sie "für die meisten" Abnehmer wertlos gewesen seien. Für welche Abnehmer dies gelten soll, lässt sich an Hand der Anklageschrift nicht nachvollziehen. Dies gilt gleichermaßen für den Vorwurf, der Angeklagte habe die Übertragungszeiten bewusst verzögert. Da die Anklageschrift ausführt, dass es auch Faxabrufe mit normaler Übertragungszeit gab, ist auch insoweit eine konkrete Zuordnung möglicherweise tatbestandlich relevanter Verhaltensweisen des Angeklagten zu bestimmten Einzelakten und durch diese geschädigten Personen nicht möglich.
- 15
- Schließlich lässt sich der Anklage auch der Schadensumfang, von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht, nicht hinreichend deutlich entnehmen. Der angenommene Gesamtschaden in Millionenhöhe, der sich aus einer Gleichsetzung mit den gesamten Einnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum ergeben soll, kann nicht mit dem Hinweis auf einzelne namentlich genannte Geschädigte belegt werden, die "um die Übertragungskosten geschädigt" sind, zumal diese bei keinem Geschädigten konkret beziffert werden und die Übertragungszeit nicht bei allen Abnehmern verlängert war.
- 16
- Der neue Tatrichter wird den dargelegten Unzulänglichkeiten der Informationsfunktion der Anklageschrift durch Hinweise nach § 265 Abs. 1 StPO, ggf. nach entsprechenden Nachermittlungen der Staatsanwaltschaft, Rechnung zu tragen haben.
(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.
(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch
- 1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, - 2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, - 3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, - 4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 6.
die Erhebung der öffentlichen Klage, - 7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, - 9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, - 10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht, - 11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder - 12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.
(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.
(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.
(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch
- 1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, - 2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, - 3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, - 4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 6.
die Erhebung der öffentlichen Klage, - 7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, - 9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, - 10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht, - 11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder - 12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.
(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.
(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.
(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.
(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.
(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 260 Abs. 3 StPO mit der Begründung eingestellt, die Anklageschrift genüge nicht den an sie gemäß § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge formellen Rechts gestützte Revision hat hinsichtlich der Fälle 1) – 8) der Anklage Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
- 2
- 1. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 21. Juli 2008 legt dem Angeklagten Betrug in zehn Fällen in der Zeit vom 1. Juli 2000 bis 30. April 2003 zur Last. Der wegen Betruges vorbestrafte Angeklagte habe als faktischer Geschäftsführer verschiedener Firmen von ihm selbst verfasste "Informationsbriefe" mit einem Umfang zwischen 12 und 26 Seiten über einen Fax-Abruf vertrieben, bei dem der Besteller durch Anwahl einer bestimmten Nummer den Versand des Briefes auf sein eigenes Faxgerät bewirkte. Zuvor habe der Angeklagte seine Informationsbriefe über massenhaft verschickte Werbefaxe und über das Internet beworben. Die Abwicklung sei über bei einem Telefondienstleister angemietete Rufnummern erfolgt. Da der Angeklagte jeweils den teuersten Tarif gewählt habe, sei den Bestellern des Fax-Briefes eine Gebühr von 3,63 DM bzw. 1,86 Euro pro Minute berechnet worden, von der dem Angeklagten nach den Vereinbarungen mit dem Telefondienstleister ca. 60 bis 67 % zugestanden habe. Im Interesse eines maximalen Gewinns habe der Angeklagte auf verschiedene Weise - etwa durch die typografische bzw. grafische Gestaltung der Faxbriefe und die Wahl der langsamsten Übertragungsrate - dafür gesorgt, dass die Übertragungsdauer auf ein Vielfaches der üblichen Zeit verlängert worden sei. Der Angeklagte habe zwar in seinen Werbefaxen auf den Minutenpreis von 3,63 DM und später 1,86 Euro hingewiesen. Die durch die verlängerte Übertragungsdauer entstandenen unerwartet hohen Kosten seien für die Besteller jedoch nicht zu erkennen gewesen. So dauerte etwa der Abruf eines 24seitigen Faxbriefes ca. 72 Minuten und kostete den Besteller ca. 276 DM bzw. 138 €.
- 3
- Der Angeklagte habe die Abnehmer in seinen zu Werbezwecken verschickten Faxen aber vor allem über den Inhalt und den praktischen Nutzen der angebotenen Fax-Abrufe getäuscht. Die Informationsbriefe zu Themen wie z.B. "Banken ohne Schufa", "Traumjob Fotomodell", "Verlieben online", "Heimverdienst" , "Gesunde Ernährung", "Sexlinks ohne Ende" und "Fabrikverkauf - Umgehen Sie den Einzelhandel" hätten Banalitäten enthalten, die für die meisten bzw. nahezu alle Abnehmer ohne Wert gewesen seien. Die Einnahmen des Angeklagten hätten sich im Tatzeitraum auf insgesamt 2.555.833 Euro belaufen.
- 4
- 2. Das Landgericht hat die Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO damit begründet, dass die Anklageschrift die einzelnen Taten nicht hinreichend konkretisiere. Es sei schon nicht erkennbar, an welchen Orten, zu welchen Zeiten und mit welchem Inhalt die Werbefaxe, in denen der Angeklagte über den Inhalt und den Nutzen der Informationsbriefe getäuscht und bei denen er gebotene Angaben unterlassen haben soll, versandt worden seien. Außerdem bezeichne die Anklageschrift bis auf wenige beispielhaft genannte Personen die geschädigten Kunden nicht namentlich, und es sei nicht erkennbar, welche konkreten Werbemaßnahmen bzw. Manipulationen an der Übertragungszeit jeweils mit welchen Auswirkungen auf Vorstellungsbild und Motivlage einzelner Geschädigter in strafrechtlichem Zusammenhang stünden. Der Umgrenzung der Einzelakte im Verhältnis zu anderen Einzelakten komme vorliegend auch keine nur untergeordnete Bedeutung zu, da bezogen auf einen betrügerischen Geschäftsbetrieb ein einheitliches "uneigentliches" Organisationsdelikt nicht angenommen werden könne.
- 5
- 3. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist hinsichtlich der Fälle 1) bis 8) der Anklageschrift begründet. In diesen - nicht verjährten (vgl. den auf die Revision des Angeklagten ergangenen Senatsbeschluss vom heutigen Tage - 2 StR 524/10) - Fällen hat die Anklage Bestand, weil sie die notwendigen Angaben zur Bestimmung des Prozessgegenstandes enthält und damit ihrer Umgrenzungsfunktion genügt.
- 6
- a) Eine Anklage ist nur dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel ihre Umgrenzungsfunktion betreffen. Mängel der Informationsfunktion berühren ihre Wirksamkeit dagegen nicht (BGHSt 44, 153, 156; LRStuckenberg 26. Aufl. § 200 StPO Rn. 80). Die Umgrenzungsfunktion der Anklage dient dazu, den Prozessgegenstand festzulegen, mit dem sich das Ge- richt aufgrund seiner Kognitionspflicht zu befassen hat. Sie erfordert neben der Bezeichnung des Angeschuldigten Angaben, welche die Tat als geschichtlichen Vorgang unverwechselbar kennzeichnen. Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll (BGHSt 40, 44 f.; LR-Stuckenberg 26. Aufl. § 200 StPO Rn. 18 mwN). Jede einzelne Tat muss sich als historisches Ereignis von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen des Angeschuldigten unterscheiden lassen, damit sich die Reichweite des Strafklageverbrauchs und Fragen der Verfolgungsverjährung eindeutig beurteilen lassen. Die Umstände, welche die gesetzlichen Merkmale der Straftat ausfüllen, gehören dagegen - wie sich auch aus dem Wortlaut von § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO ergibt - nicht zur Bezeichnung der Tat. Wann die Tat in dem beschriebenen Sinne hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles festgelegt werden.
- 7
- Bei einer Vielzahl gleichartig begangener Betrugsdelikte müssen zu deren Konkretisierung grundsätzlich auch die Geschädigten der einzelnen Fälle benannt und diese so dargestellt werden, dass sie von etwaigen weiteren Fällen durch nähere Einzelheiten oder Begleitumstände unterscheidbar sind (vgl. BGH StV 2007, 171 f.; KK-Schneider 6. Aufl. § 200 StPO Rn. 11 mwN). Dies gilt jedoch nur, wenn die Serienstraftaten je für sich prozessual als selbständige Taten zu werten sind, etwa weil sie auch materiell-rechtlich in Realkonkurrenz stehen (vgl. BGH NJW 2008, 2131, 2132; NStZ 2008, 352). Wird dagegen eine Vielzahl gleichartiger Einzelakte durch dieselbe Handlung des Beschuldigten zu gleichartiger Tateinheit und damit auch prozessual zu einer Tat verbunden, genügt die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion, wenn die Identität dieser Tat klar gestellt ist. Einer individualisierenden Beschreibung ihrer Einzelakte bedarf es bei einer solchen Fallgestaltung nicht, um den Prozessgegenstand unverwechselbar zu bestimmen. Darüber hinausgehende Angaben, die den Tatvorwurf näher beschreiben, können zwar erforderlich sein, um der Informationsfunktion der Anklageschrift zu genügen (dazu unten 5.); ihr Fehlen lässt jedoch deren Bestand unberührt.
- 8
- b) Nach diesen Maßstäben erfüllt die Anklage in den Fällen 1) bis 8) ihre Funktion, den Verfahrensgegenstand zu umgrenzen. Die allgemeine Schilderung des "Geschäftsmodells" des Angeklagten, die Bündelung einer Vielzahl von Einzelakten und Geschädigten zu einzelnen prozessualen Taten sowie die Festlegung des Zeitraums, in dem die Faxbriefe jeweils versandt wurden, reichen aus, um die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten so zu bestimmen, dass die Identität des jeweils gemeinten geschichtlichen Vorgangs hinreichend klargestellt wird und die einzelne Tat sich von anderen strafbaren Handlungen des Angeklagten unterscheiden lässt. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden , dass die Anklage das umfangreiche Gesamtgeschehen mit Tausenden von Geschädigten zu wenigen prozessualen Taten zusammengefasst hat, die sich an den jeweils unterschiedlichen Inhalten der vom Angeklagten verfassten Faxbriefe orientieren. Insofern geht die Anklage vertretbar davon aus, dass die jeweils auf einem Tatentschluss des Angeklagten beruhende Einrichtung der Faxseiten zu einem bestimmten Thema materiell-rechtlich als eine (Täuschungs -)Handlung zu werten ist, die sukzessive eine Vielzahl gleichartiger Erfolge ausgelöst hat. Durch diese Form der Handlungseinheit werden die Einzelakte , die im Gebrauch der Abrufe durch die Geschädigten bestehen, auch prozessual zu jeweils einer Tat verbunden.
- 9
- Deshalb ist es entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts unschädlich , dass die Anklage nur wenige Geschädigte ausdrücklich benennt. Der Umgrenzungsfunktion der Anklage ist in den Fällen 1) bis 8) bereits dadurch genügt, dass der zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt durch die Einrichtung des jeweiligen Faxabrufs und die Angabe der Dauer seines Betriebes in- haltlich und zeitlich unverwechselbar gekennzeichnet ist. Zweifel über Fragen der Verjährung oder den Umfang des Strafklageverbrauchs können insoweit nicht aufkommen. Demgegenüber sind die Bezeichnung der Geschädigten sowie Ausführungen zu den Vorstellungen, die diese sich beim Abruf der vom Angeklagten angebotenen Inhalte gemacht haben, für die Individualisierung des zur Aburteilung gestellten Sachverhaltes nicht erforderlich, sondern konkretisieren lediglich die gesetzlichen Merkmale des Betrugs hinsichtlich der gleichartigen Teilakte der jeweiligen prozessualen Taten. Insofern ist die Unterrichtung des Angeklagten über die Einzelheiten des Schuldvorwurfs und damit die Informationsfunktion der Anklage betroffen (dazu unten 5.). Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich damit von Seriendelikten mit einer Vielzahl von auf jeweils neuen Tatentschlüssen beruhenden Handlungen, die prozessual als selbständige und in der Anklageschrift - ggf. auch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen - deshalb unverwechselbar zu kennzeichnende Taten zu werten sind (vgl. BGH NJW 2008, 2131, 2132; NStZ 2008, 352; Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10).
- 10
- 4. In den Fällen 9) und 10) erfüllt die Anklage vom 21. Juli 2008 dagegen ihre Umgrenzungsfunktion nicht. Im Fall 9) bleibt mit Rücksicht auf den bloßen Hinweis "ab Anfang April 2002" bereits unklar, wie lange der betreffende Faxabruf eingerichtet war und genutzt wurde. Diese Lücke kann auch nicht durch Rückgriff auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen geschlossen werden. Die genaue Festlegung des Tatzeitraumes ist jedoch unabdingbar, um das dem Gericht zur Aburteilung gestellte Geschehen, Fragen der Verfolgungsverjährung sowie die Reichweite der Rechtskraft unverwechselbar zu bestimmen.
- 11
- Im Fall 10) ist für den Faxabruf "Gratisurlaub! Für alle Altersgruppen" keinerlei Tatzeit angegeben. Insoweit gilt das zu Fall 9) Ausgeführte. Im Übrigen besteht der Anklagesatz im Fall 10) aus Angaben zu erzielten Erlösen aus der Versendung von Informationsbriefen zu unterschiedlichsten Themen, die zum überwiegenden Teil bereits Gegenstand der angeklagten Taten 1) – 8) sind. Insoweit wird nicht deutlich, welcher hiervon unterschiedene geschichtliche Vorgang zur Aburteilung gestellt werden soll. Es mag unter Berücksichtigung der sonstigen Struktur der Anklage naheliegend erscheinen, jeweils eigenständige prozessuale Taten anzunehmen, wenn nach einer zeitlichen Zäsur von dem Angeklagten Faxabrufe zu bestimmten Themen neu aufgelegt wurden. In der Fassung der Anklageschrift kommt dies aber nicht zum Ausdruck.
- 12
- 5. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Die Anklage genügt in den Fällen 1) bis 8) den nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen an ihre Informationsfunktion nicht. Wenngleich dies - wie dargelegt - keine Auswirkungen auf ihren Bestand hat, muss der Angeklagte jedoch so über die Einzelheiten des Tatvorwurfs unterrichtet werden, dass er in die Lage versetzt wird, sein Prozessverhalten hierauf einzustellen (BGHSt 40, 44, 47 f.; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10). Die Anklageschrift muss deshalb auch bei massenhaft begangenen Seriendelikten die mehrgliedrigen Voraussetzungen des Tatbestandes des § 263 StGB, erforderlichenfalls hinsichtlich jedes - möglicherweise zu gleichartiger Tateinheit zusammenzufassenden - schädigenden Einzelaktes konkret bezeichnen (Senat NStZ 2010, 103, 104). Aus einem - nicht notwendigerweise in der Hauptverhandlung zu verlesenden (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10) - Teil der Anklageschrift müssen sich die individuellen Merkmale der Einzeltaten ergeben; es muss daher ausgeführt werden, durch welche Tatsachen oder Vorstellungen der gesetzliche Straftatbestand jeweils erfüllt ist (§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO). Mit Rücksicht auf die Informationsfunktion der Anklageschrift darf dabei insbesondere nicht aus dem Blick verloren werden, dass der Betrug ein gegen das Vermögen einzelner privater oder juristischer Personen gerichteter Straftatbestand ist (Senat NStZ 2010, 103, 104).
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- Dem wird die Anklage in den Fällen 1) bis 8) nicht gerecht. Die mehreren tausend Personen, die sich des Faxabrufes des Angeklagten bedient haben, werden nicht als nach § 263 StGB geschädigte Einzelne, sondern als - weitestgehend anonym bleibende - Gruppe behandelt. Die Anklageschrift nennt nur einige wenige Geschädigte namentlich (je eine Person zu den Fällen 1, 5 und 6, zwei Personen zu Fall 2, je fünf Personen zu den Fällen 3 und 4 und sechs Personen zu Fall 8). Zum Fall 7 wird kein einziger Geschädigter mitgeteilt. Eine Individualisierung der Tatopfer und ihre Zuordnung zu einzelnen Teilakten kann danach nicht vorgenommen werden. Diese Angaben wären aber erforderlich, um dem Angeklagten die Möglichkeit zu geben, sein Prozessverhalten auf den Anklagevorwurf in seiner Gesamtheit einzustellen.
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- Außerdem wird bei keinem der angegebenen Geschädigten klar, wann er auf das Angebot des Angeklagten eingegangen ist, welche Vorstellungen er sich dabei gemacht hat und welcher konkrete Schaden ihm entstanden ist. Trotz des Seriencharakters der angeklagten Betrugsstraftaten darf der Vorstellungshorizont der durch die Einzelakte Geschädigten nicht offen bleiben. Der Anklage ist zu entnehmen, dass die jeweiligen Abnehmer umfangreiche Informationsbriefe erhielten, deren Inhalte sich jedenfalls auf den zuvor beworbenen Themenkreis bezogen. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Annahme der Anklage, der Angeklagte habe "vor allem ... über den Inhalt und den praktischen Nutzen der angebotenen Faxseiten" getäuscht, zumindest nicht für jeden Abnehmer von selbst. Dies zeigt sich auch an einschränkenden Formulierungen in der Anklage wie zu Fall 3, wonach die Informationen "für nahezu alle", und zu Fall 8, wonach sie "für die meisten" Abnehmer wertlos gewesen seien. Für welche Abnehmer dies gelten soll, lässt sich an Hand der Anklageschrift nicht nachvollziehen. Dies gilt gleichermaßen für den Vorwurf, der Angeklagte habe die Übertragungszeiten bewusst verzögert. Da die Anklageschrift ausführt, dass es auch Faxabrufe mit normaler Übertragungszeit gab, ist auch insoweit eine konkrete Zuordnung möglicherweise tatbestandlich relevanter Verhaltensweisen des Angeklagten zu bestimmten Einzelakten und durch diese geschädigten Personen nicht möglich.
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- Schließlich lässt sich der Anklage auch der Schadensumfang, von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht, nicht hinreichend deutlich entnehmen. Der angenommene Gesamtschaden in Millionenhöhe, der sich aus einer Gleichsetzung mit den gesamten Einnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum ergeben soll, kann nicht mit dem Hinweis auf einzelne namentlich genannte Geschädigte belegt werden, die "um die Übertragungskosten geschädigt" sind, zumal diese bei keinem Geschädigten konkret beziffert werden und die Übertragungszeit nicht bei allen Abnehmern verlängert war.
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- Der neue Tatrichter wird den dargelegten Unzulänglichkeiten der Informationsfunktion der Anklageschrift durch Hinweise nach § 265 Abs. 1 StPO, ggf. nach entsprechenden Nachermittlungen der Staatsanwaltschaft, Rechnung zu tragen haben.