Familienrecht: Wohnungszuweisungsverfahren

published on 28/08/2010 19:07
Familienrecht: Wohnungszuweisungsverfahren
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Author’s summaryauf den Beitrag der dauernden Streitigkeiten kommt es nicht an - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Können Eheleute mit den gemeinsamen Kindern in der Ehewohnung seit der Trennung nicht mehr erträglich nebeneinander wohnen, kann es zum Wohl der Kinder dringend erforderlich sein, dass einer der Elternteile aus der Wohnung gewiesen wird.

Dies sei nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg der Fall, wenn eine Vielzahl einzelner Vorfälle mit sehr heftigen verbalen Auseinandersetzungen vorliege, insbesondere wenn es dabei um die stark abweichenden Ansichten zur Erziehung und Behandlung der Kinder gehe. Dagegen sei nicht von Bedeutung, welcher der Elternteile welchen Beitrag zu den dauernden Streitigkeiten geleistet habe. Nach Ansicht der Richter sei es nicht erforderlich, dass das Fehlverhalten ausschließlich von dem der Wohnung verwiesenen Elternteil ausgeht (OLG Brandenburg, 9 WF 40/10).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

OLG Brandenburg: Beschluss vom 08.07.2010 (Az: 9 WF 40/10)

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lübben vom 27. Januar 2010 - Az. 30 F 39/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.500,00 EUR.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... in L. bewilligt.


Gründe

Das Amtsgericht Lübben hat mit Beschluss vom 27. Januar 2010 nach mündlicher Erörterung im Wege der einstweiligen Anordnung die bisherige Ehewohnung der Parteien in der ...-Straße ... in L. der Antragstellerin für die Zeit der Trennung zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht auf erbitterte Auseinandersetzungen der Parteien innerhalb der räumlich sehr beengten Ehewohnung abgestellt, die sich in erheblicher Weise nachteilig insbesondere auch auf das Wohl der drei im Haushalt lebenden Kinder auswirkten.

Gegen diesen ihm am 1. Februar 2010 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 8. Februar 2010 beim Amtsgericht Lübben eingegangen Beschwerde, mit der er ein Bedürfnis für eine Wohnungszuweisung mit der Behauptung, dass seit dem Anhörungstermin „ein gemeinsames Zusammenleben der Parteien stattgefunden (habe) und dies ohne nennenswerte Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen“ verlaufen sei, in Abrede stellt.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

Das im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht am 27. Januar 2010 durch Frau S. vertretene Jugendamt des Landkreises ... hat ausdrücklich keinen Antrag auf Beteiligung gestellt.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 57 Satz 2 Nr. 5 FamFG statthaft. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 63 f. FamFG eingereicht worden, also insgesamt zulässig. In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.

Mit den im einstweiligen Anordnungsverfahren gegebenen Erkenntnismöglichkeiten ist kein anderes als das vom Familiengericht gefundene Ergebnis zu erzielen. Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug nimmt, festgestellt, dass ein erträgliches Nebeneinander der Parteien mit den zwei gemeinsamen Kindern S. und C. R. und der Tochter der Antragstellerin, V. H., in der mit nur 66,10 qm großen Ehewohnung seit der Trennung im November 2009 nicht mehr möglich ist und nicht zuletzt oder vielmehr insbesondere - diesem Gesichtspunkt misst der Senat noch deutlich größeres Gewicht bei als das Amtsgericht - aus Gründen des Kindeswohls eine räumliche Trennung im Wege einer Wohnungszuweisung dringend erforderlich ist.

Die Antragstellerin hat dezidiert eine Vielzahl einzelner Vorfälle geschildert, die Zeugnis ablegen von sehr heftigen verbalen Auseinandersetzungen der Parteien, insbesondere im Zusammenhang mit sehr differierenden Vorstellungen über die Erziehung und Behandlung der im Haushalt lebenden drei Kinder im Alter von knapp acht Jahren, knapp vier Jahren und rund 2 ½ Jahren. Diesem Vorbringen ist der Antragsgegner schon nur sehr pauschal und im Übrigen teilweise auch widersprüchlich, mithin letztlich unerheblich entgegengetreten. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die von der Antragstellerin behaupteten - außerordentlich heftigen - verbalen Entgleisungen des Antragsgegners ihr selbst bzw. ihrer Tochter gegenüber tatsächlich erfolgt sind. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, welcher der getrennt lebenden Ehepartner welchen Beitrag zu den dauernden Streitigkeiten geleistet hat. Es ist nämlich gar nicht erforderlich, dass das Fehlverhalten ausschließlich vom anderen Ehepartner ausgeht. Die Zuweisung an einen Ehepartner ist tatsächlich selbst dann möglich, wenn die Auseinandersetzungen nicht überwiegend auf das Verhalten des anderen zurückzuführen sind. Die Eingriffsschwelle ist nur höher anzusetzen, wenn auch von dem die Zuweisung begehrenden Ehepartner Provokationen ausgegangen sind. Haben beide Ehepartner gleichermaßen dazu beigetragen, dass die Wohnsituation „unerträglich“ wurde, kommt es darauf an, welchen Ehepartner der Verlust der Wohnung persönlich oder beruflich härter trifft und welcher Ehepartner wirtschaftlich eher in der Lage ist, eine angemessene Ersatzwohnung zu finden.

Im konkreten Fall stellt der Antragsgegner gar nicht ernstlich in Abrede, dass das „Zusammenleben“ bzw. eher das Nebeneinander der Parteien seit der Trennung von Streitigkeiten und Auseinandersetzungen geprägt war. So hat er in der Antragserwiderung eine aus seiner Sicht mindestens zweifelhafte „Einstellung der Antragstellerin“ zur Art und Weise des Umgangs mit seinen - des Antragstellers - weiteren vier Kindern als stetigen „Ausgangspunkt für Differenzen zwischen den Parteien, der sich in verbalen Auseinandersetzungen ausdrückte“ ausgemacht, eine Situation beschrieben, die er eigenen Angaben zufolge „nicht noch weiter anheizen“ wollte, im gleichen Atemzug allerdings gemeint „eine Vielzahl erwähnenswerter Umstände“ anführen zu können, „die unter Beweis stellen, dass die Antragstellerin erhebliche Persönlichkeitsdefizite aufweist“. Allerdings bleibt er tatsächlich im Ungefähren bei allen - allerdings durchaus auch schwerwiegenden - Anwürfen gegen die Antragstellerin, die er dann doch anspricht. Neben den behaupteten Persönlichkeitsdefiziten werden etwa - gleichermaßen unkonkret - durchgreifende Zweifel an den Fähigkeiten der Antragstellerin hinsichtlich „Ordnung und Hygiene“ geäußert, die „zum Nachteil der gesamten Familie“ gereichen sollen, bei dem - vom Antragsgegner mit entsprechenden Vorwürfen gegen die Antragstellerin veranlassten - unangekündigten Hausbesuch durch Mitarbeiter des Jugendamtes allerdings nicht bestätigt werden konnten. Die wechselseitigen schwerwiegenden auch persönlichen Vorwürfe der Parteien gegeneinander legen beredtes Zeugnis darüber ab, dass entgegen der Darstellung des Antragsgegners in der Beschwerdeschrift keineswegs ein nahezu harmonisches Nebeneinander der Parteien in der Ehewohnung möglich ist. Das Amtsgericht hat sich in dem Anhörungstermin einen persönlichen Eindruck von den Parteien verschafft und ausgeführt, dass sie zu einer vernünftigen Kommunikation selbst im Rahmen einer Gerichtsverhandlung nicht in der Lage seien, ohne dass der Antragsgegner diesem Eindruck nachhaltig entgegen getreten ist oder sonst ersichtlich wäre, dass das Amtsgericht hier einer Fehleinschätzung unterläge. Nach alledem ist zur Überzeugung des Senates davon auszugehen, dass ein erträgliches Nebeneinander der - jedenfalls im Streit um die gemeinsamen Kinder - unerbittlich streitenden Parteien in der Ehewohnung nicht mehr möglich ist - ein Ergebnis, das angesichts der schon für ein harmonisches Familienleben sehr beengten räumlichen Verhältnisse in der Ehewohnung nicht überrascht und zusätzlich dadurch an Schärfe gewinnt, dass - nach Angaben des Antragsgegners gegen den in der konkreten Situation jedenfalls verständlichen Wunsch der Antragstellerin - zeitweise weitere Kinder des Antragsgegners sich in der Wohnung aufhalten. Damit allein aber sind schon die Voraussetzungen für eine Wohnungszuweisung im Sinne von § 1361b Abs. 1 BGB erfüllt.

Es kommt hinzu, dass zum Wohl der im Haushalt lebenden drei Kinder eine nachhaltige räumliche Trennung der Parteien dringend geboten ist.

Der Gesetzgeber, der im Übrigen wegen der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse auf die dezidierte Benennung von Härtegründen verzichtet hat, hat doch jedenfalls in § 1361 b Abs. 1 Satz 1 BGB die Beeinträchtigung des Kindeswohls als einen Tatbestand für das Vorliegen einer unbilligen Härte ausdrücklich erwähnt und schon dadurch zu einem besonderen - vorrangig zu berücksichtigenden - Kriterium erhoben. Sind danach von der Wohnungszuweisung Kinder betroffen, haben ihre Belange grundsätzlich Priorität bei der Billigkeitsabwägung.

Im Streitfall geht der Senat auch aufgrund der dies nicht ernstlich, jedenfalls nicht überzeugend in Abrede stellenden Antragsgegners davon aus, dass der Alltag in der Ehewohnung tatsächlich von häufigen offenen Auseinandersetzungen verbaler Art zwischen den Parteien geprägt ist. Außerdem können gesundheitliche oder seelische Störungen bei Kindern nicht nur durch verbale oder tätliche Auseinandersetzungen, sondern auch durch eine spannungsgeladene Atmosphäre ausgelöst werden. Ist - wie im Streitfalle (vgl. oben) - ein erträgliches Zusammenleben oder auch nur Nebeneinander der in Trennung lebenden Eltern unter einem Dach nicht mehr möglich, hat das Interesse des Kindes an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation Vorrang. In diesem Sinne besteht dringender Handlungsbedarf, da zur Überzeugung des Senates hinreichend deutlich geworden ist, dass sowohl die gemeinsamen Kinder als auch die Tochter der Antragstellerin unter der spannungsgeladenen Atmosphäre zwischen den Eltern, die sich - das ergibt sich zwanglos aus den hier gewechselten Schriftsätzen - belauern und in persönlich verletzender Weise mit Vorwürfen begegnen. Es wird insbesondere offensichtlich, dass das Verfahren über die Wohnungszuweisung gar nicht wirklich der zentrale Punkt der Auseinandersetzung ist, sondern vielmehr die Frage nach dem künftigen ständigen Lebensmittelpunkt der Kinder den Kern der Auseinandersetzung bildet, der allerdings aus welchen Gründen auch immer bisher nicht offen im Wege eines gerichtlichen Verfahrens geführt wird. Die Parteien konzedieren, sehr unterschiedliche Erziehungsziele und -vorstellungen zu haben. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese im Alltag in der engen Wohnung wiederholt und sich stetig verstärkend auch „ausgelebt“ werden mit der Folge, dass die - unter der Trennungssituation als solche bereits leidenden - Kinder mehr und mehr zum Gegenstand täglicher Auseinandersetzungen werden und dadurch ernsten Schaden nehmen werden. Der Senat hält es für schlicht abwegig, wenn der Antragsgegner meint, die im gerichtlichen Verfahren nicht verbergenden massiven Auseinandersetzungen zwischen den Parteien in der räumlichen Enge der 66 qm-Wohnung aus dem Ereignishorizont der Kinder heraushalten zu können. Dass zumindest die älteste Tochter der Antragstellerin, die heute fast achtjährige V. sehr unter der sich zuspitzenden häuslich-familiären Situation leidet, ergibt sich deutlich aus der Einschätzung der Erziehungs- und Familienberatungsstelle in L. vom 17. Februar 2010. Verschärft wird die schwierige seelische Situation der Kinder durch die im Hintergrund stehende Möglichkeit einer Geschwistertrennung. Es erscheint ohne weiteres glaubhaft, dass V. sich durch den offen zutage getretenen und aus seiner Sicht auch verständlichen Wunsch des Antragsgegners, (nur) die gemeinsamen Kinder zukünftig als Hauptbezugsperson zu betreuen, zurückgesetzt fühlen muss. Dazu bedürfte es gar nicht der von der Antragstellerin behaupteten aktiven Bevorzugung der gemeinsamen Kinder durch den Antragsgegner.

Nach alledem war zum Wohle der im Haushalt lebenden Kinder die von Misstrauen, gegenseitigen Schuldvorwürfen und Ablehnung geprägte häusliche Atmosphäre durch die hier erfolgte Wohnungszuweisung aufzulösen. Die Zuweisung an die Antragstellerin folgt zum einen daraus, dass der Antragsgegner schon in der Vergangenheit signalisiert hat, tatsächlich ausziehen zu wollen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass er in besonderer Weise auf die weitere Nutzung der Ehewohnung angewiesen wäre. Demgegenüber sollte den durch die Trennung der Parteien ohnehin belasteten Kindern die gewohnte Umgebung mit den dortigen Sozialkontakten als Anker und dringend benötigter Ruhepunkt erhalten werden. Derzeit steht fest, dass zumindest V. unzweifelhaft weiterhin ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Kindesmutter haben wird. Für die gemeinsamen Kinder der Parteien lässt sich dies derzeit nicht verlässlich feststellen, weil dies zwar heftig umstritten ist, ohne dass allerdings nachhaltig Bemühungen um - ggf. gerichtliche - Klärung vorgetragen oder sonst erkennbar wären. Nach Aktenlage bestehen jedenfalls derzeit keine greifbaren Anhaltspunkte für nachhaltige Bedenken gegen einen Verbleib auch der jüngeren Kinder im Haushalt der Antragstellerin, so dass - auch mit Blick auf die regelmäßig eher weniger empfehlenswerte Geschwistertrennung - mindestens nicht ausgeschlossen ist, dass durch die Wohnungszuweisung an die Antragstellerin auch den jüngeren Kindern ihre bisherige Umgebung erhalten bleiben kann.

Der weichende Ehepartner ist von Gesetzes wegen verpflichtet, alles zu unterlassen, was geeignet ist, das Nutzungsrecht des anderen zu erschweren oder zu vereiteln. Das nach dieser Vorschrift gebotene Verhalten kann durch Zusatzanordnungen - auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 49 Abs. 2 Satz 3 FamFG) - konkretisiert werden. Angesichts des nachhaltigen Zerwürfnisses der Parteien und des Umstandes, dass der Antragsgegner sich jedenfalls über die - sofort wirksame - Anordnung des Amtsgerichts bereits hinweggesetzt und jedenfalls nicht rechtzeitig vor dem Räumungstermin ausgezogen ist, erscheint es erforderlich, die hier vorgenommene Wohnungszuweisung mit einem ausdrücklichen Betretungsverbot für die Ehewohnung zu begleiten und abzusichern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 51 Abs. 4, 84 FamFG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 41, 48 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 70 Abs. 4 FamFG.

Das Verfahrenskostenhilfegesuch des Antragsgegners unterlag wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels der Zurückweisung.

Der Antragstellerin wiederum war gemäß § 76 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit §§ 114, 115, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Verfahrenskostenhilfe antragsgemäß zu bewilligen.


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Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen sind nicht anfechtbar. Dies gilt nicht in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 und auch nicht, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs auf Grund mündlicher Erörterung

1.
über die elterliche Sorge für ein Kind,
2.
über die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil,
3.
über einen Antrag auf Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson,
4.
über einen Antrag nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes oder
5.
in einer Ehewohnungssache über einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung
entschieden hat.

(1) Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.

(2) Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, an der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.

(3) Wurde einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Er kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

(4) Ist nach der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 Abs. 1 ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

(2) Die Maßnahme kann einen bestehenden Zustand sichern oder vorläufig regeln. Einem Beteiligten kann eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Verfügung über einen Gegenstand untersagt werden. Das Gericht kann mit der einstweiligen Anordnung auch die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen treffen.

(1) Die einstweilige Anordnung wird nur auf Antrag erlassen, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Der Antragsteller hat den Antrag zu begründen und die Voraussetzungen für die Anordnung glaubhaft zu machen.

(2) Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, die für eine entsprechende Hauptsache gelten, soweit sich nicht aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes etwas anderes ergibt. Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen.

(3) Das Verfahren der einstweiligen Anordnung ist ein selbständiges Verfahren, auch wenn eine Hauptsache anhängig ist. Das Gericht kann von einzelnen Verfahrenshandlungen im Hauptsacheverfahren absehen, wenn diese bereits im Verfahren der einstweiligen Anordnung vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Für die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung gelten die allgemeinen Vorschriften.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.