Familienrecht: Zur Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts

published on 21/02/2017 14:20
Familienrecht: Zur Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts
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Eine persönliche Anhörung des Betroffenen ist auch dann zwingend vorgesehen, wenn die Bestellung eines Betreuers lediglich verlängert oder dessen Aufgabenkreis erweitert werden soll.
So entschied der BGH in seinem Beschluss vom 07.02.2016. Von der Anhörung kann nur abgesehen werden, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.

Hinsichtlich der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes in Bezug auf die Vermögenssorge müssen konkrete Anhaltpunkte für eine Vermögensgefährdung vorliegen. Diese darf außerdem nicht lediglich unerheblich sein. Ein Einwilligungsvorbehalt stellt einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen darf und muss im Lichte des Grundsatzes der Erforderlichkeit betrachtet werden, sodass der Vorbehalt je nach den Umständen auch auf einzelne Vermögensgegenstände oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann.

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 07.02.2016 (XII ZB 136/16) folgendes entschieden:

Tenor:


Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 15. Februar 2016 unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Beschwerde der Betroffenen gegen die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts zurückgewiesen wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe:


Die Betroffene steht seit Oktober 2014 unter rechtlicher Betreuung. Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die bestehende Betreuung unter Erweiterung der Aufgabenkreise verlängert und einen Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge angeordnet. Gegen diese Entscheidung hat die Betroffene Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat das Landgericht einen Verfahrenspfleger bestellt, eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen zur Erforderlichkeit des Einwilligungsvorbehalts und zur Fähigkeit der Betroffenen zur freien Willensbildung eingeholt und die Betroffene durch die Berichterstatterin der Beschwerdekammer persönlich angehört. Anschließend hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

Die Rechtsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Insoweit ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Allerdings greift die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge, wonach das Beschwerdegericht die Anhörung der Betroffenen nicht durch die Berichterstatterin der Beschwerdekammer als beauftragte Richterin habe vornehmen lassen dürfen, nicht durch.

Gemäß § 278 Abs. 1 Satz 1, 2 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Die persönliche Anhörung des Betroffenen ist auch für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers und für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers zwingend vorgeschrieben. Da sich gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG das Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug bestimmt, gelten die in § 278 Abs. 1 FamFG enthaltenen Verpflichtungen grundsätzlich auch für das Beschwerdegericht. Allerdings kann das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.

Gemessen daran durfte das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall - wie es zutreffend erkannt hat - nicht von einer persönlichen Anhörung der Betroffenen nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG absehen. Mit der Einholung der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen hat es für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage geschaffen, zu der die Betroffene im amtsgerichtlichen Verfahren noch nicht angehört werden konnte. Dies macht eine erneute Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren erforderlich.
Wie der Senat bereits entschieden hat, muss die Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren jedoch nicht zwangsläufig durch alle Mitglieder der Beschwerdekammer erfolgen. Dies folgt bereits aus § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG, wonach das Beschwerdegericht im Regelfall von einer Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Die Beschwerdekammer hat anderenfalls im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermittlung nach § 26 FamFG darüber zu befinden, ob es für ihre Entscheidung wegen der Besonderheiten des Falles darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft oder ob der Kammer durch eine vom beauftragten Richter durchgeführte Anhörung eine ausreichende Grundlage für die zu treffende Entscheidung vermittelt wird. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anhörung durch den beauftragten Richter nur in ihrem objektiven Ertrag und als dessen persönlicher Eindruck verwertet werden darf.

Auf dieser rechtlichen Grundlage begegnet die durch die beauftragte Richterin erfolgte Anhörung im vorliegenden Beschwerdeverfahren rechtlich keinen Bedenken, weil das Beschwerdegericht der Anhörung der Betroffenen kein besonderes Gewicht beigemessen hat. In der angegriffenen Entscheidung wird zwar ausgeführt, die Feststellungen der Sachverständigen zur Betreuungsbedürftigkeit und zum Betreuungsbedarf der Betroffenen würden auch von dem persönlichen Eindruck, den das Beschwerdegericht bei der Anhörung der Betroffenen gewonnen habe, gestützt.

Zur Begründung, weshalb das Beschwerdegericht die Ausführungen der Sachverständigen für überzeugend erachtet, zieht es den von der Berichterstatterin gewonnenen persönlichen Eindruck von der Betroffenen nur ergänzend heran. In erster Linie stützt es sich hingegen auf die Ergebnisse der erstinstanzlichen Anhörung der Betroffenen vom 23. Juni 2015 und auf die Ausführungen der Verfahrenspflegerin in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2015. Unter diesen Umständen wurde durch die von der beauftragten Richterin durchgeführte Anhörung eine ausreichende Grundlage für die getroffene Entscheidung vermittelt.
In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die angefochtene Entscheidung dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen zwar die Verlängerung der Betreuung mit den vom Amtsgericht angeordneten Aufgabenkreisen, nicht aber die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts. Denn die erheblich in Freiheitsrechte der Betroffenen eingreifende Anordnung des Einwilligungsvorbehalts lässt sich nur rechtfertigen, wenn ihre Voraussetzungen auch in der zur Überprüfung gestellten Entscheidung verlässlich festgestellt sind.

Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht nach § 1903 Abs. 1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Ein Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge kann nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf einen einzelnen Vermögengegenstand oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann.
Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht.

Die Ausführungen des Landgerichts hierzu beschränken sich auf die Feststellung, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts sei wegen der mangelnden Fähigkeit der Betroffenen, ihr Geld einzuteilen, nötig. Auch in der erstinstanzlichen Entscheidung ist ohne weitere Begründung ausgeführt, die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts erfolge zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für das Vermögen der Betroffenen.
Dies kann die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, der einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen darstellt, nicht rechtfertigen. Hierzu bedarf es vielmehr konkreter Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art und Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Vermögen der Betroffenen abzuwenden. Tragfähige Feststellungen, die diesen Anforderungen genügen, hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.

Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat hinsichtlich der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts verwehrt, weil die Sache mangels hinreichender Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist. Die angegriffene Entscheidung ist daher insoweit aufzuheben und die Sache ist insoweit an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und dessen Wünsche zu erfragen. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. D
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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.