Gesetzliche Unfallversicherung: Anspruch auf Hörgeräte über Festbeträge hinaus
Authors
Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung ist in der gesetzlichen Unfallversicherung eine Heilbehandlung nur auf Festbeträge beschränkt, wenn es sich um das für den Versicherten geeignete Mittel handelt. Der sozialen Rehabilitation kommt dabei eine gleichwertige Bedeutung zu.
Diese Entscheidung traf das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Schreinermeisters, bei dem eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit durch die zuständige Berufsgenossenschaft anerkannt war. Seit 1995 war er mit Hörgeräten versorgt. Seit vielen Jahren bildete er als ehrenamtlicher Dirigent im Blasorchester seines Heimatorts junge Musiker aus. 2004 verlangte er von seiner Berufsgenossenschaft, ihn mit besonderen Hörgeräten zu versorgen, deren Kosten erheblich über dem Festbetrag für Hörgeräte liegen. Er brauche diese Hörgeräte für die Dirigenten- und Ausbildertätigkeit in dem Orchester. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Kostenübernahme ab. In Anbetracht des Ausmaßes der Hörbehinderung genüge eine Versorgung mit Hörgeräten nach den Festbeträgen für das „normale“ Leben in der Gesellschaft. Die Tätigkeit im Blasorchester sei ein Hobby des Klägers und dem privaten Bereich zuzuordnen. Wenn er für diese sehr spezielle private Tätigkeit besonders hochwertige Hörgeräte brauche, könne sie die Mehrkosten nicht übernehmen.
Schon das Sozialgericht Koblenz hat die Berufsgenossenschaft zur Kostenübernahme verurteilt. Diese Entscheidung hat jetzt das Landessozialgericht im Berufungsverfahren bestätigt. Die langjährige ehrenamtliche Mitwirkung des Klägers in dem Musikverein sei eine Aufgabe von allgemeiner gesellschaftlicher Relevanz, die über ein persönliches Hobby hinausgehe. Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung sei es auch, ihren Versicherten die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Hiervon sei auch das kulturelle Leben umfasst. Vor diesem Hintergrund habe der Schreinermeister Anspruch auf die verlangten Hörgeräte (LSG Rheinland-Pfalz, L 3 U 73/06).
moreResultsText