Strafrecht: Zur Abgrenzung von Betrug und Beförderungserschleichung

bei uns veröffentlicht am22.11.2017

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Zusammenfassung des Autors
Die Vorlage eines nicht ausreichenden Fahrttickes stellt eine Berförderungserschleichung gem. §§ 365 a, 248 a StGB dar – BSP Rechtsanwälte – Anwälte für Strafrecht Berlin
Ein Betrug liegt nicht vor. In der Vorlage eines nicht ausreichenden, aber anlässiglich der Fahrt erworbenen und entwerteten Kurzsstreckentickets liegt bereits keine ausreichende Täuschungshandlung. Aus dem Ticket ergab sich wahrheitsgemäß, wo der Angeklagte eingestiegen war. Die Vorlage an sich hatte daneben keinen weiteren Erklärungsgehalt.

Das AG Dortmund hat in seinem Urteil vom 17.10.2017 (729 Ds-263 Js 2738/16-23/17) folgendes entschieden:

Tenor:

Der Angeklagte wird wegen Erschleichens von Leistungen und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Eingezogen werden: 2,28 Gramm Amphetamin, 10 Tabletten Amphetamin, 0,9 Gramm Haschisch.

§§ 1, 3, 29 Abs. I Nr. 3 BtMG, 265 a StGB, 53 StGB, 33 BtMG, 74 StGB -

Gründe:

Der Angeklagte ist bereits erheblich und einschlägig vorbelastet. In den letzten Jahren seit dem Jahre 2010 hat er 14 Voreintragungen angesammelt.

Am 23.06.2016 wurde gelangte der Angeklagte in das Zentrale Polizeigewahrsam Dortmund. Dort konnten in dem Rucksack des Angeklagten 1 Folie mit 2,28 Gramm Amphetamin, 1 Tütchen mit 10 Tabletten Amphetamin und 0,9 Gramm Haschisch aufgefunden werden. Der Angeklagte ist nicht im Besitz betäubungsmittelrechtlicher Erlaubnisse. 

Ferner fuhr der Angeklagte ohne gültige Fahrerlaubnis am 07.10.2016 gegen 09.55 Uhr in Dortmund mit der U 47 des Verkehrsunternehmens "X". Er hatte vor Antritt der Fahrt zu wenig Geld und löste nur ein Kurzstreckenticket für 1,60 Euro, welches bereits nach drei U-Bahn-Stationen seine Gültigkeit verlor. Der Angeklagte war zur Zeit des Antreffens durch den Fahrausweisprüfer A bereits 6 Stationen weit gefahren und hätte so ein Ticket für 2,70 Euro benötigt. Trotzdem zeigte er das genannte Kurzstreckenticket vor. Der Angeklagte hatte von vornherein vor, diese dargestellte Strecke zu befahren und aufgrund seiner Voreintragungen gedacht, es sei schon einmal besser, zumindest für eine kleinere Strecke ein Ticket zu lösen.

Der Angeklagte war insgesamt glaubhaft geständig. Hinsichtlich der zweiten Tat hat das Gericht ergänzend den Zeugen A vernommen, bei dem es sich um den Fahrausweisprüfer handelte. Auch dieser bestätigte den Vorfall, konnte sich aber an Handlungen oder Erklärungen des Angeklagten, die über die Vorlage des in der Hauptverhandlung urkundsbeweislich verlesenen Tickets hinaus gingen, nicht erinnern.

Dementsprechend war der Angeklagte wegen der Tat 1 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß §§ 1, 3 Abs. I Nr. 1, 29 Abs. I Nr. 3 BtMG und wegen der Tat vom 07.10.2016 wegen Beförderungserschleichung gemäß §§ 265 a, 248 a StGB zu verurteilen. Die Tat vom 7.10.2017 stellte auch nicht etwa – wie noch angeklagt – einen Betrug dar. Die Vorlage des nicht ausreichenden, aber anlässlich der Fahrt erworbenen und entwerteten Kurzstreckentickets stellte nämlich schon keine ausreichende Täuschungshandlung dar. Aus dem Ticket ergab sich wahrheitsgemäß, wo der Angeklagte eingestiegen war. Die Vorlage an sich hatte daneben keinen weiteren Erklärungsgehalt. Es war auch nicht feststellbar, dass der Angeklagte durch weitere Handlungen oder Erklärungen bei Vorlage des Tickets eine Täuschungshandlung begangen hat.

Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat das Gericht zur Einwirkung auf den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet bei Einzelstrafen von jeweils 2 Monaten Freiheitsstrafe für jede der beiden Taten. Bei den genannten Strafen handelt es sich um sogenannte kurze Freiheitsstrafen, die hier aufgrund der strafrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten gemäß § 47 StGB zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich waren und zwar auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der reale Schaden für das Verkehrsunternehmen nur bei 1,10 Euro lag.

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte nach Maßgabe des § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, da der Angeklagte sich reuig und schuldeinsichtig zeigte und zudem erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, so dass das Gericht davon ausgehen kann und muss, dass er allein die Verurteilung sich hinreichend zur Warnung dienen lassen und in Zukunft sein Leben straffrei führen wird.

Die Einziehungsentscheidung folgt aus §§ 33 BtMG, 74 StGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.

Gesetze

Gesetze

7 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Strafgesetzbuch - StGB | § 47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen


(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rech

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 33 Einziehung


Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

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Referenzen

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.