Arbeistrecht: Tarifvertrag, rückwirkende Verschlechterung des Tarifentgelts durch Sanierungstarifvertrag
Tarifvertragsparteien können einen Tarifvertrag während seiner Laufzeit rückwirkend ändern und in tarifliche Rechte eingreifen. Dieser Gestaltungsspielraum ist aber begrenzt. Schutzwürdiges Vertrauen der Normunterworfenen darf nicht verletzt werden.
Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung hin. Darin hatte es über tarifliche Ansprüche eines Arbeitnehmers zu entscheiden. Für dessen Arbeitsverhältnis fanden eigentlich die Tarifverträge für die Metallindustrie Anwendung, die eine künftige Tariferhöhung vorsahen. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers handelten die Tarifvertragsparteien einen Sanierungstarifvertrag aus. Dieser sah keine Gehaltserhöhung mehr vor. Hiermit wollte sich der Arbeitnehmer nicht abfinden und klagte.
Das BAG machte deutlich, dass Beschäftigte in der Regel nicht damit rechnen müssten, dass in bereits entstandene Ansprüche eingegriffen werde. Das gelte auch, wenn sie noch nicht erfüllt oder noch nicht fällig seien. Anders sei dies nur dann, wenn bereits vor der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Tarifvertragsparteien verschlechternd in diesen Anspruch eingreifen würden. Ob und ggf. mit Wirkung zu welchem Zeitpunkt die Tarifunterworfenen mit einer rückwirkenden Regelung rechnen müssten, ihr also kein schützenswertes Vertrauen entgegenstellen könnten, sei eine Frage des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall wies das BAG das Verfahren an die Vorinstanz zurück. Die Richter konnten nicht abschließend entscheiden, inwieweit durch den Sanierungstarifvertrag wirksam in die Rechte des Arbeitnehmers aus den Flächentarifverträgen eingegriffen werden konnte. Es stehe wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht ausreichend fest, inwieweit das schützenswerte Vertrauen des Klägers auf uneingeschränkten Erwerb und Bestand der tariflichen Rechte beseitigt worden sei (BAG, 4 AZR 486/05).