Vaterschaftstest: Nachweis durch DNA-Abstammungsgutachten

bei uns veröffentlicht am31.10.2011
Zusammenfassung des Autors
Unsicherheit bei Betroffenen über Vaterschaft oft auch nach Vaterschaftstest-OLG Stuttgart vom 30.06.11-Az:17 UF 53/11
Auch nach einem Vaterschaftstest sind die Betroffenen oft weiterhin unsicher oder unterschiedlicher Ansicht, ob der Test die Vaterschaft nachgewiesen hat oder nicht.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat nun entschieden, dass eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,99998 Prozent in einem humangenetischen DNA-Abstammungsgutachten ausreichend sei. Weitere Ermittlungen müssten nicht mehr angestellt werden. Bei einem männlichen Bevölkerungsanteil der Bundesrepublik von gut 23 Millionen Personen zwischen 20 und 60 Jahren sei damit ein solcher Grad an Gewissheit erreicht, der keine ernsthaften weiteren Zweifel mehr offenlasse. Eine solche Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft liege deutlich höher als in den Fällen, in denen die Rechtsprechung eine weitere Aufklärung für erforderlich halte. Die Vaterschaft gelte damit als festgestellt. Folge in dem Fall war, dass der Betroffene Kindesunterhalt zahlen musste (OLG Stuttgart, 17 UF 53/11).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Stuttgart Beschluss vom 30.06.2011 (Az: 17 UF 53/11):

Eine durch ein humangenetisches DNA-Abstammungsgutachten festgestellte Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft von 99,99998% (bzw. eine Unsicherheit von 1 zu 5 Millionen) erbringt angesichts eines männlichen Bevölkerungsanteils von gut 23 Millionen Personen zwischen 20 und 60 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland einen Grad an Gewissheit, dass ernsthafte, eine weitere Beweisaufnahme fordernde Zweifel nicht mehr bestehen. Das gilt jedenfalls in den Fällen, in denen keine Hinweise darauf vorliegen, dass die potenziellen Väter verschiedenen Ehtnien angehören.


Gründe:

Das Amtsgericht hat auf Antrag der am ... 2008 geborenen Antragstellerin die Vaterschaft des Antragsgegners zu ihr festgestellt und diesen zugleich verpflichtet, Kindesunterhalt für sie ab Geburt in Höhe des Mindestunterhalts zu zahlen. Zur Begründung bezieht sich das Amtsgericht auf das Ergebnis eines gerichtlich eingeholten DNA-Abstammungsgutachtens. Der Antragsgegner habe der Mutter der Antragstellerin im Januar 2008 vor dem 14.01.2008 einmalig beigewohnt.

Der Antragsgegner wendet sich gegen diese Entscheidung mit der Beschwerde. Er bestreitet, Vater der Antragstellerin zu sein. Er sei zeugungsunfähig. Er habe während seiner zwölfjährigen Ehe von 1990 bis 2002 vergeblich versucht, ein Kind zu zeugen. Zudem sei aufgrund des im Gutachten festgestellten Grads an Wahrscheinlichkeit seiner Vaterschaft ein Abstammungsgutachten bezüglich des von der Kindesmutter benannten Mehrverkehrszeugen einzuholen. Das von dort vorgelegte Gutachten über den Ausschluss der Vaterschaft dieses Zeugen sei nicht verwertbar, da es anonym erstellt sei und daher dem Zeugen nicht zugeordnet werden könne. Zudem sei auch das gerichtlich eingeholte Gutachten nicht verwertbar. Von Mutter und Tochter seien keine Proben entnommen, sondern Befunde aus einem anderen Gutachten übernommen worden, ohne dass nachprüfbar sei, dass diese von den beiden Personen stammten. Auch sei die zutreffende Übernahme von gegebenenfalls zunächst zutreffend erhobenen Befunden nicht überprüfbar. Der Antragsgegner habe der Verwertung des früheren Gutachtens nicht zugestimmt, so dass es nicht verwertet werden dürfe.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie teilt mit, der Mehrverkehrszeuge sei zeugungsunfähig.

Der Senat entscheidet gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute mündliche Anhörung, weil diese keine weitere Aufklärung erbringen würde. Auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde hinsichtlich der Abstammung ist der Antragsgegner bereits mit Verfügung vom 16.02.2011 hingewiesen worden. Hinsichtlich der ebenfalls angefochtenen Unterhaltsverpflichtung ist ein gesonderter Hinweis nach § 117 Abs. 3 FamFG entbehrlich, weil diese Verpflichtung einerseits zwingend mit dem Schicksal des Abstammungsantrags verknüpft ist und andererseits eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zum Unterhalt wegen mangelnder Leistungsfähigkeit in der Beschwerde nicht möglich ist.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 58, 63 ff., 117 Abs. 1 FamFG). Sie ist aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Vaterschaft des Antragsgegners gemäß § 1600 d BGB festgestellt. Die gegen die Entscheidung erhobenen Rügen greifen nicht durch. Der Antragsgegner hatte mit der Mutter der Antragstellerin in der ersten Januarhälfte des Jahres 2008 Geschlechtsverkehr. Ein weiteres Abstammungsgutachten über eine mögliche Vaterschaft des von der Kindesmutter benannten Mehrverkehrszeugen M. U. ist nicht einzuholen.

Gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens zur Vaterschaft des Antragsgegners bestehen keine Bedenken.

Das Amtsgericht hat das Abstammungsgutachten unter ausdrücklicher Einbeziehung der Antragstellerin und ihrer Mutter eingeholt, die Entnahme von (Blut-)Proben dieser beiden Personen aber im Hinblick auf die Tätigkeit desselben Sachverständigen - R., Institut für humangenetische Analytik, qualifiziert und berechtigt, Abstammungsgutachten zu erstatten - im Vaterschaftsanfechtungsverfahren des rechtlichen Vaters im Dezember 2009 (2 F 222/09) freigestellt. Von der Antragstellerin und ihrer Mutter mussten keine (neuen) Blutproben entnommen werden. Im genannten Verfahren waren gerade ein halbes Jahr zuvor von diesen Proben entnommen worden. Die Ergebnisse jener Untersuchung konnten deshalb für die im vorliegenden Verfahren angeordnete Untersuchung verwendet werden. Die im hier vorliegenden Gutachten verwandten Befunde der beiden Personen sind identisch mit denen aus dem früheren Gutachten. Das lässt sich durch einen einfachen Vergleich der Befunde in der Systemkategorie „STR-Befunde“ in beiden Gutachten feststellen.

Eine Verwertbarkeit des Gutachtens scheitert nicht an der fehlenden Zustimmung des Antragsgegners zu der Verwertung des früheren Gutachtens. Gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 FamFG kann die Zustimmung eines Verfahrensbeteiligten zur Verwertung eines von einem anderen Beteiligten eingeholten Gutachtens die erneute gerichtliche Begutachtung ersparen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil es hier nicht um die Ersetzung eines gerichtlich einzuholenden Gutachtens durch ein Privatgutachten geht. Sowohl das im früheren Verfahren als auch das im vorliegenden Verfahren eingeholte Gutachten sind im Wege der förmlichen Beweisaufnahme (§§ 177 Abs. 2 Satz 1; 178 FamFG; §§ 404 ff. ZPO) gerichtlich erstattete Gutachten.

Zutreffend bringt der Antragsgegner vor, dass das von der Kindesmutter für den von ihr als Mehrverkehrszeugen benannten M. U. nicht verwertbar ist. Der vorgelegte und in Kopie zur Akte genommene Ausdruck ist anonym erstellt. Das dort festgehaltene Ergebnis kann keiner Person zugeordnet werden. Das verhilft der Beschwerde aber nicht zum Erfolg.

Insbesondere hält der Senat die Einholung ein

Gutachtens über die mögliche Vaterschaft des Zeugen U. nicht für erforderlich.

Eine weitere Aufklärung ist dann geboten, wenn erhebliche Umstände vorliegen, die zumindest als ernstzunehmende Indizien gegen die Vaterschaft des Antragsgegners sprechen. Zwar kann ein biostatistisches Gutachten nicht einen mathematisch-naturwissenschaftlich stringenten Beweis einer Vaterschaft herbeiführen. Andererseits kann aber die Übereinstimmung aller untersuchten genetischen Merkmale von Mutter, Kind und Antragsgegner eine so hohe Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft belegen, dass sich daraus ein Grad von Gewissheit ergibt, gegen den vernünftige Zweifel nicht mehr erhoben werden können.

Der Senat ist der Auffassung, dass das Ergebnis des eingeholten Gutachtens eine solche Gewissheit erbringt, obwohl die Mutter selbst auf den Mehrverkehrszeugen hingewiesen hat. Der Sachverständige hat 16 STR-Systeme (Merkmalssysteme) untersucht. Nach den Richtlinien der Bundesärztekammer vom 08.03.2002 wird die Untersuchung von mindestens 12 voneinander unabhängigen loci auf mindestens 10 verschiedenen Chromosomen oder deren Produkten verlangt. In keinem der untersuchten Systeme konnte der Antragsgegner von der Vaterschaft ausgeschlossen werden. Seine Merkmale bzw. eines seiner Merkmale deckte(n) sich stets mit einem Merkmal der Antragstellerin.

Nach dem Ergebnis des Gutachtens können 99,999 94% aller tatsächlichen Nichtväter von der Vaterschaft ausgeschlossen werden. Das bedeutet eine Unsicherheit von 1 zu 1,666 Millionen, dass der Antragsgegner von der Vaterschaft auszuschließen wäre. Hingegen besteht die Wahrscheinlichkeit seiner Vaterschaft zu 99,999 98%. Das bedeutet eine Unsicherheit der Vaterschaft von nur noch 1 zu 5 Millionen. Im Jahr 2008 waren in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich gut 23 Millionen Personen der Bevölkerung männlichen Geschlechts zwischen 20 und 60 Jahren (und weniger als 30 Millionen zwischen 15 und 65 Jahren; vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, Bevölkerung, Kapitel 2, 2.11 Bevölkerung nach dem Alter), wobei hiervon alle in Deutschland lebenden Ethnien erfasst sind. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Mehrverkehrszeuge nicht west- bzw. mitteleuropäischer Abstammung ist.

Die Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Antragsgegners ist unter diesen Umständen und der Tatsache, dass Geschlechtsverkehr mit der Mutter der Antragstellerin in der Empfängniszeit stattgefunden hat, so hoch und die Möglichkeit einer Vaterschaft des Mehrverkehrszeugen so gering, dass ernsthafte, eine weitere Beweisaufnahme erforderlich machende Zweifel nicht mehr bestehen. Die hier festgestellte Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft liegt signifikant höher als in den vom BGH zur Frage der Notwendigkeit weiterer Aufklärung entschiedenen Fällen.

Die vom Sachverständigen errechneten Wahrscheinlichkeiten gelten nur, soweit kein Blutsverwandter ersten Grades vom Antragsgegner als möglicher Erzeuger in Betracht kommt. Solches ist im Verfahren nicht vorgetragen worden.

Eine Einvernahme (§ 177 Abs. 2 Satz 1 FamFG) des Mehrverkehrszeugen über den Umstand der Beiwohnung während der Empfängniszeit ist hier nicht erforderlich. Diese Behauptung kann als wahr unterstellt werden (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO entsprechend). Sie ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Antragstellerin ist dadurch nicht beschwert, weil sie bzw. ihre Mutter selbst so vorträgt. Der Zeuge hat nach dem Vortrag der Mutter außergerichtlich ein Abstammungsgutachten erstellen lassen. Dazu hatte er nur Anlass, wenn er einen Geschlechtsverkehr während der Empfängniszeit selbst nicht ausschließt.

Mit der Feststellung der Vaterschaft verbleibt es auch bei der Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG; der Gegenstandwert ergibt sich aus §§ 47, 51 FamGKG. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.



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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Im Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft dürfen von den beteiligten Personen nicht vorgebrachte Tatsachen nur berücksichtigt werden, wenn sie geeignet sind, dem Fortbestand der Vaterschaft zu dienen, oder wenn der die Vaterschaft Anfechtende einer Berücksichtigung nicht widerspricht.

(2) Über die Abstammung in Verfahren nach § 169 Nr. 1 und 4 hat eine förmliche Beweisaufnahme stattzufinden. Die Begutachtung durch einen Sachverständigen kann durch die Verwertung eines von einem Beteiligten mit Zustimmung der anderen Beteiligten eingeholten Gutachtens über die Abstammung ersetzt werden, wenn das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Gutachten getroffenen Feststellungen hat und die Beteiligten zustimmen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) In Abstammungssachen nach § 169 Nr. 1 und 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beträgt der Verfahrenswert 2 000 Euro, in den übrigen Abstammungssachen 1 000 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) In Unterhaltssachen und in sonstigen den Unterhalt betreffenden Familiensachen, soweit diese jeweils Familienstreitsachen sind und wiederkehrende Leistungen betreffen, ist der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung. Bei Unterhaltsansprüchen nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist dem Wert nach Satz 1 der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen.

(2) Die bei Einreichung des Antrags fälligen Beträge werden dem Wert hinzugerechnet. Der Einreichung des Antrags wegen des Hauptgegenstands steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe gleich, wenn der Antrag wegen des Hauptgegenstands alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird. Die Sätze 1 und 2 sind im vereinfachten Verfahren zur Festsetzung von Unterhalt Minderjähriger entsprechend anzuwenden.

(3) In Unterhaltssachen, die nicht Familienstreitsachen sind, beträgt der Wert 500 Euro. Ist der Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren Wert festsetzen.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.