Versicherungsrecht: Hund entwischt aus Auto und beißt Pferd – greift die Tierhalter- oder die Kfz-Haftpflichtversicherung?

bei uns veröffentlicht am15.12.2008

Rechtsgebiete

Autoren

Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Versicherungsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

In Privathaftpflichtversicherungen (hier z.B. die Jagdhaftpflichtversicherung) ist üblicherweise die Haftpflicht wegen Schäden ausgeschlossen, die der Versicherungsnehmer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht. Diese so genannte „Benzinklausel“ soll Überschneidungen zwischen Versicherungsfällen der Privathaftpflichtversicherung und der Kfz-Haftpflichtversicherung vermeiden.

 

Oft ist jedoch unklar, ob die „Benzinklausel“ greift oder nicht. So war es auch im Fall eines Jägers, der für seinen Jagdhund eine Jagdhaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Er fuhr mit seinem Geländewagen, der bei einer anderen Versicherung haftpflichtversichert war, zu einem Pferdegestüt. Seinen Hund ließ er im Wagen zurück. Das Fenster war leicht geöffnet. Es gelang dem Hund jedoch, aus dem Fenster des Wagens zu springen, in den Stall zu laufen und einem hochklassigen Turnierpferd in die Hinterbeine zu beißen. Das angeleinte Pferd erschrak dabei so stark, dass es stieg, ausrutschte und auf den Rücken fiel. Der sofort hinzugerufene Tierarzt stellte einen Hüftbruch fest, so dass das Pferd eingeschläfert werden musste. Die Jagdhaftpflichtversicherung lehnte eine Deckung ab. Sie war der Auffassung, dass das Schadenereignis auf den Gebrauch des Geländewagens zurückzuführen sei, weil der Hund technische Einrichtungen des Kraftfahrzeugs, nämlich den automatischen Fensterheber bedient habe. Nur deshalb sei es ihm gelungen, das Fahrzeug zu verlassen.

 

Das Landgericht folgte dieser Argumentation nicht und hat der Klage stattgegeben. Die Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Die Richter stellten fest, dass der Tatbestand der „Benzinklausel“ nicht erfüllt ist. Der Jäger habe den Schaden nicht durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht. Das würde voraussetzen, dass das Fahrzeug im Zusammenhang mit der Schaden stiftenden Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt worden sei. Der Schaden sei nur dann durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht, wenn sich dabei ein spezifisches Risiko des Kraftfahrzeuggebrauchs verwirklicht habe oder die Gefahr von dem Fahrzeug selbst ausgehe. Das sei hier nicht der Fall. Es habe sich vielmehr das Risiko verwirklicht, das von dem Jagdhund ausgehe. Der Fall sei nicht anders zu beurteilen, als wenn sich der Hund von der Leine losgerissen und dann in gleicher Weise das Pferd gebissen hätte. Das gelte auch, wenn der Hund das Seitenfenster mit dem elektrischen Fensterheber betätigt habe. Auch in diesem Fall hätte sich bei der gebotenen wertenden Betrachtung die von dem Hund ausgehende Tiergefahr, nicht die vom Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht. Der Schaden sei hier durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht entstanden, die den Jäger als Tierhalter treffe, nämlich seinen Jagdhund unter Kontrolle zu halten. Die den Kraftfahrer treffende Pflicht, das Fahrzeug durch Abstellen der Zündung gegen ungewollte Fortbewegung zu sichern, habe mit dem eingetretenen Schaden ersichtlich nichts zu tun. Die beklagte Jagdhaftpflichtversicherung müsse daher für den Schaden aufkommen (OLG Karlsruhe, 12 U 133/06).


 

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Versicherungsrecht

BGH: Zum Umfang der Versicherungsleistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung

23.07.2010

Anwalt für Versicherungsrecht - Wirtschaftsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Versicherungsrecht

Versicherungsrecht: Intransparenz von Versicherungsbedingungen

18.02.2016

Zur Intransparenz zweier Teilklauseln in Allg. Versicherungsbedingungen zu sog. Riester-Rentenversicherungsverträgen, betreffend die Beteiligung der Versicherungsnehmer an Kostenüberschüssen.
Versicherungsrecht

Lebensversicherung: Bezugsrecht bei Ende der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft

04.12.2012

abweichendes kann von den Partnern zuvor schriftlich vereinbart werden-OLG Köln vom 15.06.12-Az:20 U 160/11
Versicherungsrecht

Versicherungsrecht: Zum Umfang der Sachverhaltsermittlung bei Aufklärungsobliegenheit

17.12.2014

Im Rahmen der Aufklärungsobliegenheit entscheidet grundsätzlich der Versicherer, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.
Versicherungsrecht

Versicherungsrecht: Zum Wertersatzanspruch des Versicherungsvertreters

05.11.2014

Zum wirksamen Zustandekommen des Versicherungsvertrags als Voraussetzung für den Wertersatzanspruch des Versicherungsvertreters, wenn der Kunde die mit ihm geschlossene Vergütungsvereinbarung widerrufen hat.
Versicherungsrecht