Vorsorgevollmacht - Vorteile und Regelungsinhalt

bei uns veröffentlicht am07.05.2012

Autoren

Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Erbrecht - Familienrecht - Rechtsreferendar Melanie Poller - Berlin

Das Gesetz sieht für Personen, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen können, die Bestellung eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht vor. Die Betreuung ist jedoch grundsätzlich nachrangig gegenüber Selbsthilfemaßnahmen des Betroffenen, worunter auch die Erteilung einer Vorsorgevollmacht fällt.

Hiermit bietet sich die Möglichkeit, im Voraus Bestimmungen für den späteren Fall der Betreuungsbedürftigkeit zu treffen. Der Vollmachtgeber kann eine andere Person benennen, Aufgaben für ihn wahrzunehmen, insbesondere solche, für die ansonsten ein Betreuer bestellt werden würde.

Es ist ratsam, sich frühzeitig mit der Möglichkeit der Erstellung einer Vorsorgevollmacht auseinanderzusetzen. Denn sie kann nur wirksam erteilt oder widerrufen werden, solange noch keine Geschäftsunfähigkeit eingetreten ist. Zwar kann der Betroffne im Fall der Betreuungsbedürftigkeit grundsätzlich Wünsche hinsichtlich der Person des Betreuers äußern, das Vormundschaftsgericht kann diese jedoch ablehnen.

Vorteile der Vorsorgevollmacht:

Die Vorsorgevollmacht ist nicht von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig. Der Betroffene kann den Bevollmächtigten selbst nach seinem Vertrauen bestimmen und ein unter Umständen langwieriges und belastendes Betreuungsverfahren, das mit der Erstellung von Gutachten über den Gesundheitszustand einhergeht, vermeiden. Die Angelegenheiten lassen sich somit selbstbestimmt und individuell regeln. Es können insbesondere für den Bereich der Vermögensvorsorge flexible und unbürokratische Maßnahmen getroffen werden. Auch kann die Vorsorgevollmacht ein Weg sein, geistige Schwächen nicht vor den Geschäftspartnern zu offenbaren. Abgesehen von Grundstücksgeschäften, die grundsätzlich der notariellen Beurkundung bedürfen, kann die Vollmacht formfrei abgefasst werden. Es ist jedoch ratsam, die Schriftform zu wählen. Dadurch vermeidet man Beweisschwierigkeiten im Rechtsverkehr und kann zudem in das Schriftstück alle für wesentlich erachteten Angelegenheiten aufnehmen.

Nachteile der Vorsorgevollmacht

Der Nachteil gegenüber der Betreuung besteht darin, dass der Betroffene durch die Übertragung der umfangreichen Befugnisse auf dem Bevollmächtigten sich in dessen Abhängigkeit begibt und Gefahr laufen kann, in dieser Situation manipuliert zu werden. Dem kann jedoch vorgebeugt werden. Der Vollmachtgeber kann zu Kontrollzwecken mehrere vertrauenswürdige Personen als Bevollmächtigte bzw. einen Überwachungsbetreuer benennen, der berechtigt ist, im Missbrauchsfall die Vollmacht zu widerrufen. Auch das Vormundschaftsgericht kann bei Missbrauchsverdacht einen Kontrollbetreuer einsetzen

Wirksamkeitserfordernisse der Vorsorgevollmacht

Da die Vorsorgevollmacht erst im Bedürftigkeitsfall wirksam werden soll, kann sie unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit erteilt werden. Sie sollte dann jedoch von der Vorlage eines medizinischen Attests unter einer Schweigepflichtentbindung des feststellenden Arztes abhängig gemacht werden, da die Beurteilung der Geschäftsunfähigkeit für die Beteiligten in der Regel schwer einschätzbar ist. Es kann aber auch eine unbedingte Vollmacht ergehen, mit der internen Anweisung an den Bevollmächtigten, erst im Vorsorgefall von ihr Gebrauch zu machen. Diese Vollmacht kann zu Kontrollzwecken einem Dritten zur Verwahrung ausgehändigt werden (z.B. einer Vertrauensperson oder einem Rechtsanwalt), der sie erst im Falle der Hilfsbedürftigkeit an die jeweiligen Geschäftspartner weiterleitet.

Regelungsumfang der Vorsorgevollmacht

Von der Vorsorgevollmacht können grundsätzlich sämtliche Rechtsgeschäfte und Erklärungen des Vollmachtgebers, etwa hinsichtlich der Vermögenssorge, Vertretung vor Behörden und Versicherungen, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Einwilligungen in ärztliche Maßnahmen und Unterbringungsmaßnahmen erfasst werden. Im Einzelnen sollten bestimmte Aufgabengebiete des Bevollmächtigten wegen ihrer weitreichenden Folgen individuell geregelt werden, wie etwa

    • der Umfang von Bankvollmachten
    • Verfügungen, die das Vermögen im Ganzen betreffen
    • Ausschlagung von Erbschaften, insbesondere, wenn der Bevollmächtigte der hiernach Begünstigte ist
    • Schenkungen, ggf. Beschränkung auf Pflicht- und Anstandsschenkungen

Des weiteren kann die Möglichkeit der Erteilung von Untervollmachten geregelt werden sowie ein Ersatzbevollmächtigter benannt werden für den Fall, dass der Bevollmächtigte stirbt oder selbst geschäftsunfähig wird. Die Vollmacht kann auch transmortale Regelungen beinhalten oder mit einer Patientenverfügung kombiniert werden. Hiermit kann der Betroffene Erklärungen für zukünftig erforderliche medizinische Behandlungen abgeben, insbesondere auch über die Einleitung bzw. den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen, z.B. bei irreversiblem Koma.

Verhältnis des Vollmachtgebers zum Bevollmächtigten

Zugleich mit der Vollmacht kann auch das Innenverhältnis, also die Rechtsbeziehungen zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten geregelt werden. Neben Fragen eines möglichen Aufwendungsersatzes bzw. einer Vergütung sollten daher die wesentlichen Bedingungen geregelt sein wie etwa:

    • Fragen der Buchführung, Abrechnung, Belegaufbewahrung
    • Haftungsbeschränkungen bei reinen Auftragsverhältnissen
    • Weisungen an den Bevollmächtigten
    • Verzichtsmöglichkeiten des Bevollmächtigten

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Kosten

Die Ausarbeitung einer angepassten Vorsorgevollmacht durch einen Rechtsanwalt ist wegen der individuellen Anforderungen  stets empehlenswert. Die Vergütung orientiert sich an der Höhe des Vermögens des Vollmachtgebers, kann aber auch vereinbart werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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