Wettbewerbsrecht: Zur Verwaltung eines privaten Pensionsfonds

bei uns veröffentlicht am17.12.2015

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Zusammenfassung des Autors
Vereinbarungen über die Aufteilung der Kunden gehören offensichtlich ebenso wie Preisvereinbarungen zur Kategorie der schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 16.07.2015 (Az.: C-172/14) folgendes entschieden:

Art. 101 I AEUV ist dahin auszulegen, dass Vereinbarungen über die Aufteilung von Kunden wie die zwischen privaten Pensionsfonds im Ausgangsverfahren geschlossenen eine Absprache mit wettbewerbswidrigem Zweck darstellen, ohne dass der Zahl der von diesen Vereinbarungen erfassten Kunden für die Beurteilung der Voraussetzung einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Binnenmarkt Bedeutung zukommen kann.


Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 101 Abs. 1 Buchst. c AEUV.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der ING Pensii – Societate de Administrare a unui Fond de Pensii Administrat Privat SA , einer Gesellschaft zur Verwaltung eines privaten Pensionsfonds, und dem Consiliul Concurenței wegen Nichtigerklärung einer vom Consiliul Concurenței erlassenen Entscheidung, mit der dieser Gesellschaft eine Geldbuße aufgrund der Beteiligung an einer Vereinbarung zur Beschränkung des Wettbewerbs auf dem rumänischen Markt für private Pensionsfonds auferlegt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Art. 5 des Gesetzes Nr. 21/1996 über den Wettbewerb in geänderter Fassung sieht vor:

„ Verboten sind ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarungen jeder Art zwischen Wirtschaftsteilnehmern oder Vereinigungen von Wirtschaftsteilnehmern, Entscheidungen jeder Art, die von Vereinigungen von Wirtschaftsteilnehmern getroffen werden, sowie abgestimmte Verhaltensweisen jeder Art, die eine Beschränkung, Behinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf dem rumänischen Markt oder auf einem Teil dieses Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere:


die Aufteilung der Absatzmärkte oder Bezugsquellen …“

Das Gesetz Nr. 411/2004 über die privat verwalteten Pensionsfonds in geänderter Fassung regelt die Gründung, die Verfassung, den Betrieb und die Überwachung dieser Pensionsfonds. Der Beitritt zu einem privat verwalteten Pensionsfonds erfolgt, wenn er obligatorisch ist, unter der Kontrolle der Casa Națională de Pensii și alte Drepturi de Asigurări Sociale.

Nach dem Gesetz Nr. 411/2004 wurden 18 Gesellschaften, die im Bereich der Verwaltung privater Pensionsfonds tätig sind, von der Comisia de Supraveghere a Sistemului de Pensii Private im Zeitraum vom 25. Juli 2007 bis zum 9. Oktober 2007 zugelassen, wobei jede dieser Gesellschaften in Rumänien nur einen Pensionsfonds verwalten darf.

Art. 30 des Gesetzes Nr. 411/2004 bestimmt:

„ Personen im Alter von weniger als 35 Jahren, … die Beiträge zum öffentlichen Pensionssystem entrichten, haben einem Pensionsfonds beizutreten.
…“

Art. 31 dieses Gesetzes bestimmt:

„Eine Person darf nicht gleichzeitig mehreren durch dieses Gesetz geregelten Pensionsfonds angehören und darf bei dem Pensionsfonds, dem sie angehört, nur ein Konto besitzen …“

In Art. 32 dieses Gesetzes heißt es:

„ Eine Person erwirbt die Zugehörigkeit zu einem Pensionsfonds durch Unterzeichnung einer individuellen Beitrittserklärung, sei es aus eigener Initiative oder infolge ihrer Zuweisung durch die Aufsichtsbehörde.

Bei Unterzeichnung der Beitrittserklärung werden die Mitglieder über die Voraussetzungen des privaten Pensionssystems informiert, insbesondere was die Rechte und Pflichten der an diesem System beteiligten Parteien, die finanziellen, technischen und sonstigen Risiken sowie die Art und die Aufteilung dieser Risiken betrifft.
…“

Art. 33 dieses Gesetzes bestimmt:

„ Jede Person, die nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Zeitpunkt, ab dem sie dazu gesetzlich verpflichtet war, einem privaten Pensionsfonds beigetreten ist, wird von der Aufsichtsbehörde nach dem Zufallsprinzip einem der Pensionsfonds zugewiesen.

Die Aufteilung der Personen nach dem Zufallsprinzip wird im Verhältnis der Zahl der Mitglieder eines Pensionsfonds zum Zeitpunkt der Aufteilung vorgenommen.
…“

Art. 5 der Rechtsverordnung Nr. 18/2007 der Kommission zur Überwachung des Systems der privaten Altersvorsorge über den Erstbeitritt und die Registrierung der Mitglieder privat verwalteter Pensionsfonds in geänderter Fassung sieht vor:

„ Die Wahl eines privat verwalteten Pensionsfonds ist eine individuelle Option des Mitglieds.

Der Beitritt zu einem privaten Pensionsfonds findet auf Initiative des Mitglieds statt oder infolge seiner Zuweisung nach dem Zufallsprinzip durch die CNPAS, wenn der Beitritt zu einem privaten Pensionsfonds obligatorisch ist.


Das Verfahren des Erstbeitritts zu einem privat verwalteten Pensionsfonds beginnt am 17. September 2007 und endet am 17. Januar 2008.“

Art. 21 der Rechtsverordnung Nr. 18/2007 bestimmt:

„ Wird im Rahmen eines halbmonatlichen Berichts eine Person in den von einem oder mehreren Verwaltern übermittelten Berichten als Unterzeichner mehrerer individueller Beitrittsdokumente angezeigt, oder wird festgestellt, dass ihr Beitritt im Rahmen eines früheren Berichts vorläufig validiert wurde, trägt die CNPAS diese Person in die elektronische Tabelle der Doppelmitglieder ein.

Die CNPAS übermittelt die elektronische Tabelle der Doppelmitglieder innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des halbmonatlichen Berichts an die Verwalter und die Kommission.
…“

In Art. 23 der Rechtsverordnung heißt es:
„…

Personen, die bei Abschluss des Verfahrens des Erstbeitritts mehr als ein individuelles Beitrittsdokument unterzeichnet haben, werden von der CNPAS in das Mitgliederverzeichnis als ‚nicht validiert‘ eingetragen und gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung nach dem Zufallsprinzip zugewiesen.“

Art. 29 der Rechtsverordnung bestimmt:

„Bei Abschluss des Verfahrens zur Aufteilung nach dem Zufallsprinzip validiert die CNPAS den Beitritt von Personen für jeden privat verwalteten Pensionsfonds getrennt und aktualisiert die Informationen des Mitgliederverzeichnisses.“

Art. 30 der Rechtsverordnung sieht vor:

„ Innerhalb einer Frist von fünf Arbeitstagen ab Eintragung in das Mitgliederverzeichnis der nach dem Zufallsprinzip zugewiesenen Personen übermittelt die CNPAS jedem Verwalter getrennt die Liste der nach dem Zufallsprinzip zugewiesenen Personen, deren Beitritt zu dem von ihm verwalteten Pensionsfonds validiert worden ist.
…“

Art. 31 der Rechtsverordnung Nr. 18/2007 sieht vor:

„Jeder Verwalter, dem die CNPAS nach dem Zufallsprinzip Mitglieder zugewiesen hat, ist verpflichtet, diesen innerhalb einer Frist von 15 Kalendertagen nach dem Zeitpunkt ihrer Registrierung als Mitglieder des privat verwalteten Pensionsfonds den Namen des privat verwalteten Pensionsfonds und den Namen seines Verwalters mitzuteilen.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

ING Pensii ist eine Gesellschaft, die in der Verwaltung von Pensionsfonds tätig ist, insbesondere auf dem Markt für obligatorische private Pensionen in Rumänien. In dieser Eigenschaft war sie Gegenstand einer vom Consiliul Concurenţei durchgeführten Untersuchung eines möglichen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 21/1996 und Art. 101 AEUV.

Mit Entscheidung Nr. 39/2010 vom 7. September 2010 verhängte der Consiliul Concurenţei gegen 14 Verwaltungsgesellschaften privater Pensionsfonds, zu denen ING Pensii gehört, Geldbußen wegen Vereinbarungen zwischen diesen Gesellschaften über die Aufteilung von Kunden. Diese Vereinbarungen betrafen Personen, die im Lauf der Erstbeitrittsphase zu den privaten Pensionsfonds zwei Beitrittserklärungen zu verschiedenen Fonds unterzeichnet hatten. Nach Ansicht des Consiliul Concurenței sollen die betreffenden Pensionsfonds durch den Abschluss solcher Vereinbarungen diese Personen zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt und damit versucht haben, ihre Aufteilung durch die CNPAS zu umgehen.

Am 4. Oktober 2010 beantragte ING Pensii vor der Curte de Apel Bucureşti die Nichtigerklärung der Entscheidung Nr. 39/2010 und, hilfsweise, die teilweise Nichtigerklärung dieser Entscheidung mit dem Ziel, eine Herabsetzung der ihr auferlegten Geldbuße zu erreichen. Sie machte geltend, dass die in Rede stehenden Vereinbarungen nicht gegen Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 21/1996 verstießen und auch die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 101 AEUV nicht erfüllt seien.

Insbesondere entspreche die Aufteilung der als Doppelmitglieder registrierten Personen nicht dem Begriff der Absprache. So seien keine Auswirkungen festzustellen, die zu einer Einschränkung, Verhinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf dem rumänischen Markt für privat verwaltete obligatorische Pensionsfonds oder auf einem wesentlichen Teil dieses Marktes geführt hätten. ING Pensii hob ferner hervor, dass der Wettbewerb zwischen den betreffenden Pensionsfonds nicht ausgeschaltet worden sei, weil sie während der Erstbeitrittsphase zueinander in Wettbewerb gestanden hätten.

Der Consiliul Concurenței weist darauf hin, dass bei der Feststellung des wettbewerbswidrigen Charakters der zwischen den betreffenden Pensionsfonds, zu denen ING Pensii gehöre, getroffenen Vereinbarungen der rechtliche Rahmen für die Errichtung und die Funktionsweise des Marktes für privat verwaltete obligatorische Pensionsfonds sowie die Besonderheiten des Marktes, auf dem diese Vereinbarungen getroffen worden seien, zu berücksichtigen seien.

Mit Urteil vom 6. Februar 2012 wies die Curte de Apel Bucureşti die Klage von ING Pensii ab. Diese hat daraufhin ein Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht eingelegt. Sie hat insbesondere geltend gemacht, die Wahl einer anderen als der in der anwendbaren Regelung vorgesehenen Berechnungsformel für die Doppelmitglieder stelle keine Zuwiderhandlung gegen das Gesetz Nr. 21/1996 dar, sondern allenfalls eine Zuwiderhandlung gegen die speziellen Rechtsvorschriften im Bereich der obligatorischen privaten Pensionen. Darüber hinaus habe die in Rede stehende Absprache, da sie sich auf die Aufteilung der Doppelmitglieder beschränkt habe, den Wettbewerb auf dem fraglichen Markt nicht beeinträchtigen können, da die Doppelmitglieder, die weniger als 1,5 % des Marktes ausmachten, nicht Gegenstand eines Wettbewerbs zwischen den Pensionsfonds gewesen seien.

ING Pensii hat beim vorlegenden Gericht ferner geltend gemacht, sie habe kein Interesse praktischer oder wirtschaftlicher Art an der Aufteilung der Doppelmitglieder zu gleichen Teilen gehabt, da sie am 15. Oktober 2007 bereits den größten Marktanteil gehalten habe. Außerdem hätten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen insofern positive Auswirkungen gehabt, als sie zu einer größeren Effizienz des Beitrittsprozesses zu den obligatorischen privaten Pensionsfonds geführt hätten, da die Mitglieder im Vergleich zu der Situation, die bestanden hätte, wenn eine Aufteilung nach dem Zufallsprinzip vorgenommen worden wäre, bessere Chancen gehabt hätten, dass ihre Wahl respektiert werde.

Schließlich sei vorliegend keinerlei Abschottungswirkung des nationalen Marktes der obligatorischen privaten Pensionsfonds dargetan worden, die auf die Wahl einer anderen Berechnungsformel für die Doppelmitglieder zurückzuführen wäre. Da es sich um Vereinbarungen handele, die einen marginalen Prozentsatz des betreffenden rumänischen Marktes erfassten, liege es auf der Hand, dass ihre tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen zu vernachlässigen seien und sich keinesfalls auf Unionsebene auf den betreffenden Markt auswirken könnten.

Der Consiliul Concurenței hat die Zurückweisung des Rechtsmittels von ING Pensii beantragt, wobei er geltend gemacht hat, die Vereinbarungen über die Aufteilung der Doppelmitglieder seien geeignet gewesen, den Markt für obligatorische private Pensionsfonds zu verfälschen, und hätten als solche einen wettbewerbswidrigen Zweck gehabt. Ob eine Vereinbarung negative Auswirkungen haben könne und ob eine Zuwiderhandlung in Form der Aufteilung der Märkte und der Bezugsquellen vorliege, hänge nämlich nicht von der Zahl der tatsächlich aufgeteilten Kunden ab, da dieser Gesichtspunkt zu den konkreten Auswirkungen einer Absprache gehöre.

Unter diesen Umständen hat die Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Kommt der konkreten, endgültigen Zahl der Kunden bei einer Praxis der Kundenaufteilung im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzung einer wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. c AEUV Bedeutung zu?

Zur Vorlagefrage

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht die Frage nach der Erheblichkeit der Zahl der von den Vereinbarungen über die Aufteilung betroffenen Kunden im Hinblick auf eine der in Art. 101 Abs. 1 AEUV genannten Voraussetzungen stellt, nach der eine Absprache u. a. geeignet sein muss, eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts zu bewirken, um in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung zu fallen.

In Anbetracht der tatsächlichen Umstände des Ausgangsverfahrens ist die gestellte Frage so zu verstehen, dass sie darauf abzielt, ob Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass Vereinbarungen über die Aufteilung von Kunden wie die zwischen den privaten Pensionsfonds im Ausgangsverfahren geschlossenen eine Absprache mit wettbewerbswidrigem Zweck darstellen und ob der Zahl der von diesen Vereinbarungen erfassten Kunden im Hinblick auf die Voraussetzung des Vorliegens einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Binnenmarkt Bedeutung zukommt.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Vereinbarung, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine abgestimmte Verhaltensweise, um unter das in Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgestellte Verbot zu fallen, geeignet sein muss, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts „bezwecken oder bewirken“ muss.

Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen abgestimmten Verhaltensweisen mit einem wettbewerbswidrigen „Zweck“ und solchen mit einer wettbewerbswidrigen „Wirkung“ ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nicht um kumulative, sondern um alternative Voraussetzungen handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil LTM weist der durch die Verwendung der Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzungen nämlich darauf hin, dass zunächst der Zweck der abgestimmten Verhaltensweise in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Lässt jedoch die Prüfung des Inhalts der abgestimmten Verhaltensweise keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie vom Verbot erfasst wird, Voraussetzungen vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wurde.

Zum Begriff der „bezweckten Beschränkung“ ist darauf hinzuweisen, dass bestimmte Arten der Koordination zwischen Unternehmen schon ihrer Natur nach das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist.

Insoweit geht aus der Rechtsprechung hervor, dass Vereinbarungen, die schon ihrem Wesen nach eine Aufteilung der Kunden von Dienstleistungen bezwecken, für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs besonders schädliche Formen der Kollusion darstellen. Daher gehören Vereinbarungen über die Aufteilung der Kunden offensichtlich ebenso wie Preisvereinbarungen zur Kategorie der schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen.

Der Gerichtshof hat auch hervorgehoben, dass bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung diese Merkmale aufweist, auf den Inhalt ihrer Bestimmungen, auf die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen ist. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Art der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sowie die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen in Bezug auf ihre Funktionsweise und ihre Struktur zu berücksichtigen.

Um zu klären, ob die in Rede stehenden Praktiken im Ausgangsverfahren eine solche bezweckte Beschränkung darstellen können, sind sie folglich anhand dieser Rechtsprechung zu prüfen.

Erstens steht in Bezug auf den Inhalt der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Absprache fest, dass sich ING Pensii mit anderen Gesellschaften abstimmte, um eine unbestimmte Zahl von Betroffenen, nämlich die Doppelmitglieder, zu gleichen Teilen zwischen den an diesen abgestimmten Verhaltensweisen beteiligten privaten Pensionsfonds aufzuteilen.

Wie der Consiliul Concurenței festgestellt hat und wie aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervorgeht, wurden die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen noch vor der Umsetzung des Beitrittsprozesses der betreffenden Personen zu einem der privaten Pensionsfonds ausgearbeitet und abgeschlossen. Die Fondsgesellschaften hatten nämlich damit gerechnet, dass zahlreiche Personen nicht nur einem, sondern mehreren Pensionsfonds beitreten würden.

Zweitens ist zu dem von den betreffenden privaten Pensionsfonds verfolgten Zweck darauf hinzuweisen, dass die bilateralen Vereinbarungen über die Aufteilung der Doppelmitglieder dazu dienten, die betreffenden Personen entgegen den geltenden gesetzlichen Regelungen und somit zum Nachteil anderer in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Wirtschaftssektor tätiger Gesellschaften einem begrenzten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern einzugliedern.

Die festgestellte Absprache zielte daher darauf ab, die Position jedes dieser privaten Pensionsfonds auf dem betreffenden Markt gegenüber ihren Mitbewerbern, die nicht an den fraglichen abgestimmten Verhaltensweisen teilnahmen, zu stärken.

Diese Vereinbarungen verfolgten daher einen mit dem guten Funktionieren des normalen Wettbewerbs offensichtlich unvereinbaren Zweck im Sinne der Erwägungen in Rn. 32 des vorliegenden Urteils.

Drittens ist hinsichtlich des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen stehen, zunächst darauf hinzuweisen, dass die Errichtung dieses neuen Marktes der privaten obligatorischen Pensionsfonds innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums von vier Monaten erfolgte, an dessen Ende der Marktanteil für jeden dieser Fonds ermittelt wurde.

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass nach den nationalen Rechtsvorschriften der Beitritt der betreffenden Personen zu einem der zu diesem Zweck zugelassenen 18 privaten Pensionsfonds obligatorisch war und dass dieser Beitritt erst zum Zeitpunkt seiner Registrierung bei der CNPAS rechtsgültig wurde.

Überdies wurde nach diesen Rechtsvorschriften der Beitritt von Personen, die mit mehreren Verwaltern solcher Fonds Abschlüsse getätigt hatten, nicht als gültig angesehen, und sie mussten zwischen diesen Fonds in einer Weise aufgeteilt werden, die direkt proportional zur Zahl der Personen war, deren Beitritt bei jedem der Fonds validiert worden war.

Zudem sahen diese Rechtsvorschriften vor, dass eine Person, die rechtsgültig einem der zugelassenen privaten Pensionsfonds beigetreten war, ihre Mitgliedschaft vor Ablauf einer Frist von zwei Jahren nur unter Inkaufnahme erheblicher Kosten ändern konnte.

Schließlich haben sich die betreffenden privaten Pensionsfonds durch die von ihnen vorgenommenen Abstimmungen bewusst den gesetzlichen Regeln entzogen, die einen Beitritt von Doppelmitgliedern infolge eines Tätigwerdens der zuständigen nationalen Behörden und mittels einer Aufteilung nach dem Zufallsprinzip vorsahen.

Unter diesen Umständen sind im Einklang mit der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung bei der Beurteilung des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem eine Absprache steht, die Art der betroffenen Dienstleistungen sowie die auf dem betreffenden Markt bestehenden tatsächlichen Bedingungen in Bezug auf seine Funktionsweise und seine Struktur zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall wurde die Art der betroffenen, insbesondere durch die gesetzliche Verpflichtung der erfassten Personen, einem privaten Pensionsfonds beizutreten, gekennzeichneten Dienstleistung durch die nationalen Rechtsvorschriften festgelegt. Das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Versicherungsprodukt war daher für die potenziellen Kunden leicht erkennbar, auch wenn sie mit einem starken Wettbewerb zwischen den verschiedenen zugelassenen Pensionsfonds beim Angebot dieses Produkts konfrontiert wurden.

Daraus folgt, dass die von den betreffenden privaten Pensionsfonds vorgenommenen Abstimmungen es ihnen erlauben sollten, in einer Schlüsselphase der Entwicklung des neuen Marktes der obligatorischen privaten Versicherung Einfluss auf seine Struktur und die tatsächlichen Bedingungen seiner Funktionsweise auszuüben.

Schließlich ist die Voraussetzung, dass eine Vereinbarung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, nur dann erfüllt, wenn sich anhand einer Gesamtheit tatsächlicher und rechtlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass diese Vereinbarung unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen den Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen kann, die befürchten lässt, dass die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten behindert werden könnte. Außerdem darf dieser Einfluss nicht nur geringfügig sein.

In Bezug auf die Eignung eines das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats abdeckenden Kartells zur Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass ein solches Kartell schon seinem Wesen nach die Wirkung hat, Abschottungen auf nationaler Ebene zu verfestigen, und damit die vom AEU-Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert.

Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass die fraglichen Dienstleistungen grenzüberschreitenden Charakter haben konnten, da die Personen, die der Beitrittspflicht zu einem der zugelassenen Fonds unterlagen, und ihre Arbeitgeber in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sein und die in Rumänien errichteten Pensionsfonds zu Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gehören konnten.

Auch wenn nämlich der Zugang zu diesem neuen Markt der obligatorischen privaten Pensionsfonds den dafür in Rumänien zugelassenen Gesellschaften vorbehalten war, erschwerte die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Absprache das Eindringen außerhalb des rumänischen Hoheitsgebiets ansässiger Gesellschaften, die auch Dienstleistungen im betreffenden Wirtschaftssektor anbieten wollten, in den rumänischen Markt.

Diese Situation ist als geeignet anzusehen, den Handel innerhalb des Binnenmarkts der Union zu beeinträchtigen.

Daraus folgt, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen schon aufgrund ihres Zwecks als den Wettbewerb im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV beeinträchtigend eingestuft werden können.

Unter diesen Bedingungen ist die Zahl der Personen, die von den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Aufteilungsvereinbarungen konkret betroffen waren, für die Feststellung des Vorliegens einer solchen Wettbewerbsbeschränkung unerheblich.

Wie der Generalanwalt in Nr. 83 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann der wettbewerbswidrige Zweck einer Aufteilungsvereinbarung und speziell die Frage, ob eine solche Vereinbarung negative Auswirkungen auf dem Markt haben kann, nämlich nicht von der konkreten Zahl tatsächlich aufgeteilter Kunden abhängen, sondern nur vom Wortlaut und von den objektiven Zielen dieser Vereinbarung im Licht des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem sie abgeschlossen wurde.

Nach alledem ist Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass Vereinbarungen über die Aufteilung von Kunden wie die zwischen privaten Pensionsfonds im Ausgangsverfahren geschlossenen eine Absprache mit wettbewerbswidrigem Zweck darstellen, ohne dass der Zahl der von diesen Vereinbarungen erfassten Kunden für die Beurteilung der Voraussetzung einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Binnenmarkt Bedeutung zukommen kann.
 

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