Amtsgericht Coburg Beschluss, 13. Apr. 2016 - IN 260/13

bei uns veröffentlicht am13.04.2016

Gericht

Amtsgericht Coburg

Tenor

In dem am 13.04.2015 aufgehobenen Insolvenzverfahren wird der Antrag des Treuhänders auf Anordnung der Nachtragsverteilung zurückgewiesen.

Gründe

I.

Am 14.03.2016 wurde durch die Schuldnerin mitgeteilt, dass sie nach Zwangsversteigerung ihres Grundbesitzes nach dem Teilungsplan einen Betrag in Höhe von 62.611,95 EUR erhalten wird und beantragte insoweit die Erhöhung des Sockelfreibetrages auf Ihrem Pfändungsschutzkonto, vgl. Bl. 309 d. Akte.

Auf Anhörung des Treuhänders teilte dieser mit Schreiben vom 24.03.2016 mit, dass kein Einverständnis bestünde, da der an die Schuldnerin auszukehrende Erlösanteil massezugehörig und im Wege der Nachtragsverteilung an die Gläubiger auszukehren sei. Auf die Ausführungen des Treuhänders wird insoweit Bezug genommen, vgl. Bl. 311 ff. d. Akte.

Das Schreiben des Treuhänders vom 24.03.2016 ist als Antrag auf Antrag einer Nachtragsverteilung hinsichtlich des Erlösanteils der Schuldnerin laut Teilungsplan auszulegen.

II.

Die Anordnung einer Nachtragsverteilung gem. § 203 InsO kann erfolgen, wenn 1) zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, 2) Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt worden, zurückfließen oder 3) Gegenstände der Masse ermittelt werden.

Unter § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO fallen auch Gegenstände oder Ansprüche, die der Verwalter bei der Verwertung vergessen oder fälschlich als nicht werthaltig, nicht verwertbar oder erloschen angesehen hatte, vgl. Uhlenbruck, InsO-Kommentar, 13. Aufl., § 203 Rn. 10.

Der Treuhänder trägt hierzu vor, dass es sich bei dem Erlösanspruch der Schuldnerin aus dem Teilungsplan um einen derartigen Gegenstand der Insolvenzmasse handelt, da durch die teilweise Nichtvalutierung der für die Gläubigerin eingetragenen Grundpfandrechte ein Anspruch auf Löschung bzw. Verzicht massezugehörig war. Die Massezugehörigkeit wäre auch durch die Freigabe des Grundstücks nicht berührt worden, da diese nur das Eigentum am Grundstück betraf, nicht aber den Verzichts-/Löschungsanspruch gegenüber der Grundschuldgläubigerin, vgl. BGH, Urteil vom 30.06.1978, V ZR 153/76.

Durch den Verzicht der Gläubigerin nach Zuschlagszuteilung bestehe daher ein Masseanspruch auf den von der Verzichtserklärung betroffenen Erlösanteil.

Dies ist jedoch nicht zutreffend.

Richtig ist, dass bei einer bereits während des Insolvenzverfahrens bestehender, teilweiser Nichtvalutierung von Grundschulden ein Anspruch auf Verzicht oder Löschung gegenüber den Grundpfandrechtsgläubiger besteht und auch durch die Freigabe des Grundstückes nicht betroffen ist. Eine Eigentümergrundschuld entsteht jedoch nur bei Verzicht des Grundpfandrechtsgläubigers vor Zuschlag. Ein derartiger Verzicht liegt jedoch nicht vor.

Vielmehr hat die Grundpfandrechtsgläubigerin erst nach Zuschlag auf einen Teil des ihr zustehenden Erlöses verzichtet und nicht auf die für sie eingetragenen Grundschulden.

Aufgrund des Verzichtes der Grundschuldgläubigerin auf den Grundschulderlös, erwirbt derjenige, der Eigentümer des Grundstücks zum Zeitpunkt des Zuschlages ist, den Erlösanspruch als Eigentümerberechtigung, vgl. Stöber, ZVG-Kommentar, 19. Aufl. § 114 Rn. 7.4 c). Der Erlösanspruch ist dabei jedoch kein Surrogat des massezugehörigen Anspruchs auf Löschung/Verzicht gegenüber der Grundschuldgläubigerin oder einer Eigentümergrundschuld, vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2004, IX ZR 131/03, Rn. 10.

Der massezugehörige Verzichts-/Löschungsanspruch der Schuldnerin gegenüber dem Grundschuldgläubiger ging mit dem Erlöschen der Grundschuld durch Zuschlag unter, weil die Voraussetzungen, nämlich Vereinigung von Recht und Eigentum, zum Zeitpunkt des Zuschlag nicht eingetreten waren.

Die Zuteilung im Teilungsplan an die Schuldnerin erfolgte damit gerade nicht aufgrund des Grundpfandrechtes, sondern aufgrund ihrer Stellung als Eigentümerin.

Mit Erklärung vom 20.03.2014 hatte der Insolvenzverwalter die Freigabe des nun zwangsversteigerten Grundstücks aus der Insolvenzmasse gegenüber der Schuldnerin erklärt. Die sich aus der Eigentümerstellung ergebenden Nutzen und Lasten aus dem Grundstück gingen damit wieder auf die Schuldnerin über.

Der nun aufgrund der Eigentümerstellung der Schuldnerin zustehende Erlösanteil, stellt einen derartigen Nutzen aus dem Grundstück dar und ist damit nicht massezugehörig.

Die Anordnung der Nachtragsverteilung kann somit nicht erfolgen.

Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Coburg Beschluss, 13. Apr. 2016 - IN 260/13

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Referenzen - Gesetze

Insolvenzordnung - InsO | § 203 Anordnung der Nachtragsverteilung


(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin 1. zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,2. Beträge, die au
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Insolvenzordnung - InsO | § 203 Anordnung der Nachtragsverteilung


(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin 1. zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,2. Beträge, die au

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(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin

1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,
2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder
3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.

(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.

(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.