Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2018 - 10 AE 18.2469

bei uns veröffentlicht am30.11.2018

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Mit der Anhörungsrüge erstrebt der Antragsteller die Fortführung des Verfahrens über seinen mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. November 2018 abgelehnten Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und ihm wieder eine Duldungsbescheinigung auszustellen.

Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Die Voraussetzungen des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor, weil der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO darzulegen. Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um ein formelles Recht, das dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich mit ihm nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen (vgl. BVerwG, B. v. 1.4.2015 - 4 B 10.15 - juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 - juris Rn. 2 m.w.N.; BayVGH, B.v. 30.6.2015 - 10 ZB 15.1197 - juris Rn. 3 m.w.N.).

Der Antragsteller bringt vor, der Senat habe nicht den ganzen relevanten Sachverhalt gewürdigt, da er zur Verneinung des Duldungsanspruchs lediglich auf die Kürze der Ehe abgestellt habe. Es sei vorgetragen worden, dass sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller mit einer Deutschen verheiratet sei und mit dieser auch in tatsächlicher Lebensgemeinschaft lebe, ein Duldungsgrund ergebe, ferner dass die Beziehung auch schon vor der Heirat bestanden habe und die Heirat lange vorbereitet worden sei, ferner dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Heirat im Besitz einer Duldung gewesen sei. Diese Umstände seien für die Beurteilung, ob bzw. wie schützenswert die Ehe ist, von Belang. Auch sei dem Gericht bekannt gewesen, dass ein Zusammenleben des Paares in Afghanistan nicht möglich sei, weil die Ehefrau als westlich erzogene Frau ohne relevante Sprachkenntnisse und ohne eigenen biographischen Bezug zu Afghanistan dort nicht unbeschadet leben könnte.

Damit hat er jedoch eine entscheidungserhebliche Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG durch den angegriffenen Beschluss des Senats vom 8. November 2018 nicht hinreichend dargelegt.

Es trifft nicht zu, dass der Senat in seinem Beschluss vom 8. November 2018 „lediglich auf die Kürze der Ehe“ abgestellt habe. Vielmehr hat der Senat ausdrücklich festgestellt, dass die Ehe des Antragstellers und seiner deutschen Ehefrau dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG bzw. des Art. 8 Abs. 1 EMRK unterfällt (Rn. 13), und sodann die Zulässigkeit von Eingriffen in diese Rechte dargelegt (Rn. 14 u. 15). Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 5. November 2018 und in dem vorangegangenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Juni 2018 wurde sodann ausgeführt (Rn. 16), dass die gewichtigen, gegen den weiteren Verbleib des Antragstellers im Inland sprechenden Umstände nicht durch die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen aufgewogen werden, denn die Eheschließung sei erst während der Haft und im Wissen um die Straftaten und damals bereits erfolgte Ausweisung, somit im Wissen um eine unsichere Aufenthaltsperspektive, geschlossen worden. Dringende Gründe für das Erfordernis einer ununterbrochenen Anwesenheit des Antragstellers im Bundesgebiet seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die abschließende Feststellung, allein aus dem ohnehin erst kurzzeitigen Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft könne ein Verbot einer Abschiebung nicht abgeleitet werden, bezog sich auf den Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 6. September 2018 („Der Umstand, dass der Antragsteller mit einer Deutschen verheiratet ist und mit dieser auch in tatsächlicher Lebensgemeinschaft zusammenlebt, hat einen Duldungsanspruch zur Folge.“), bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass der Senat allein das erst kurzzeitige Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft gewürdigt hat. Die weiteren vorgetragenen tatsächlichen Umstände, insbesondere dass das Paar bereits vor der Inhaftierung des Antragstellers zusammengelebt habe, sind zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden, wie sich auch aus der Zusammenfassung des Vortrags des Antragstellers (Rn. 5) ergibt. Im Ergebnis wendet sich der Antragsteller gegen die Tatsachenwürdigung des Senats, was jedoch einer Anhörungsrüge nach § 152a VwGO nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil für das Verfahren über die Anhörungsrüge nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2018 - 10 AE 18.2469

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2018 - 10 AE 18.2469 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieses Bet

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2015 - 10 ZB 15.1197

bei uns veröffentlicht am 30.06.2015

Tenor I. Die Anhörungsrüge wird verworfen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe Die Anhörungsrüge, mit der der Kläger die Fortführung des Verfahrens über seinen mit Beschluss des Verw
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2019 - 10 CE 19.310, 10 C 19.311

bei uns veröffentlicht am 20.02.2019

Tenor I. Die Verfahren 10 CE 19.310 und 10 C 19.311 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Anhörungsrügen werden zurückgewiesen. III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Verfahren. Gründe

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die Anhörungsrüge wird verworfen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Anhörungsrüge, mit der der Kläger die Fortführung des Verfahrens über seinen mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Mai 2015 abgelehnten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil begehrt, das die Klage gegen seine Ausweisung abweist, ist nach § 152a Abs. 4 Satz 1 VwGO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erhoben worden ist. Der Kläger hat nicht den Anforderungen von § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO entsprechend dargelegt, dass die Voraussetzungen von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO vorliegen.

Nach § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO ist das Vorliegen der in § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO genannten Voraussetzungen darzulegen. Dass der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hätte, wie § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO dies verlangt, ist aus dem Vorbringen des Klägers jedoch nicht ersichtlich.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfG, B. v. 19.5.1992 - 1 BvR 996/91 - juris Rn. 35). Er verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 39; U. v. 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - juris Rn. 43; BayVGH, B. v. 29.2.2012 - 10 ZB 11.1629 - juris Rn. 2), soweit dieses Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts erheblich ist (vgl. BVerfG, B. v. 19.5.1992 - 1 BvR 996/91 - juris Rn. 39). Art. 103 Abs. 1 GG gibt aber keinen Anspruch darauf, dass das Gericht den Vorstellungen eines Beteiligten folgt und sich dessen Tatsachenvortrag und Rechtsansicht zu Eigen macht (vgl. BVerwG, B. v. 11.6.2007 - 5 B 143.07 - juris Rn. 2, B. v. 11.2.2008 - 5 B 17.08 - juris Rn. 3; B. v. 1.8.2011 - 6 C 15.11 u. a. - juris Rn. 1; B. v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 u. a. - juris Rn. 2; BayVGH, B. v. 14.11.2011 - 10 ZB 11.2089 - juris Rn. 5). Dementsprechend ist die Anhörungsrüge auch kein Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (vgl. BVerwG, B. v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 u. a. - juris Rn. 2; BayVGH, B. v. 3.12.2012 - 10 ZB 12.1857 - juris Rn. 8). Berücksichtigt man dies, so ist eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör aber nicht den Anforderungen von § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO entsprechend dargelegt.

Der Kläger trägt nicht vor, dass er sich zu dem der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung zugrunde liegenden Sachverhalt oder zur Rechtslage nicht habe äußern können. Auch macht er nicht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe bestimmte Ausführungen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, im Einzelnen darzulegen, warum die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs seiner Ansicht nach sachlich und rechtlich nicht gerechtfertigt ist, und macht damit allein geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe inhaltlich unrichtig entschieden.

Er führt aus, der Verwaltungsgerichtshof sei fälschlich davon ausgegangen, dass vom Kläger auch gegenwärtig noch die für seine Ausweisung erforderliche tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr der erneuten Begehung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit ausgehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe die wesentlichen Aussagen der Stellungnahmen des Bewährungshelfers und des Psychologen, bei dem der Kläger sich in Behandlung befunden habe, verkannt, nach denen ein Suchtverhalten des Klägers nicht mehr vorhanden sei, das Ziel der therapeutischen Behandlung, die Ursachen für die wiederholten Straftaten und das frühere Suchtverhalten des Klägers zu erarbeiten, das Unrechtsbewusstsein und die Frustrationstoleranz zu erhöhen und die Impulskontrolle zu stärken, in vollem Umfang erreicht worden sei und vom Kläger nach menschlichem Ermessen keine Gefahr für andere Menschen mehr ausgehe. Da an der fachlichen Qualifikation des von der Justizverwaltung ausgewählten Psychologen nicht zu zweifeln sei, habe der Verwaltungsgerichtshof von dessen fachlicher Auffassung allenfalls bei Vorliegen einer aktuellen zweiten Meinung abweichen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass die wiederholten fachlichen Äußerungen des Psychologen und des über eine langjährige Berufserfahrung verfügenden Bewährungshelfers, nach denen die Therapieziele erreicht seien und vom Kläger keine Gefahr der Begehung von Straftaten mehr ausgehe, zutreffend und wissenschaftlich belastbar seien.

Auch gehe der Verwaltungsgerichtshof fälschlich davon aus, dass der Kläger eine Drogentherapie habe durchlaufen müssen. Anhaltspunkte für eine Suchtproblematik hätten aber nicht bestanden, nachdem sämtliche Sachverständigen und Gerichte festgestellt hätten, dass der Kläger kein Suchtproblem habe, und alle Drogentests ohne Befund geblieben seien. Außerdem unterliege der Kläger nach dem Beschluss über die Führungsaufsicht einem Alkohol- und Drogenverbot, das strafbewehrt sei und an das er sich halte. Damit entfalle aber das Argument des Verwaltungsgerichtshofs, zum Ausschluss der Wiederholungsgefahr müsse der Kläger zunächst eine Drogen- und Alkoholtherapie absolvieren.

Schließlich greife auch das Argument des Verwaltungsgerichtshofs nicht, das bisherige Verhalten des Klägers weise darauf hin, dass weiterhin die Gefahr der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten bestehe, weil der Kläger auch das Sexualdelikt im Jahr 2008 nach dem Genuss von Kokain und Alkohol begangen hatte, obwohl er nicht drogen- oder alkoholabhängig gewesen sei und sich gleichwohl einer Therapie unterzogen gehabt habe. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne, dass seit der Tat im Jahr 2008 fast sieben Jahre vergangen seien, der Kläger inzwischen älter und reifer geworden sei und einen Strafvollzug von drei Jahren und neun Monaten hinter sich habe, der ihn beeindruckt habe. Der Kläger habe sich nach der Haftentlassung beruflich gut situiert, arbeite fleißig und zahle seine Steuern. Er sei erneut verlobt. Die Eheschließung sei für September 2015 geplant. Die religiöse Eheschließung habe bereits am 2. Juni 2015 stattgefunden. Nach alledem habe der Kläger sich in den zwei Jahren nach der Haftentlassung bewährt und seine Sachen in Ordnung gebracht. Seit 2001 lebe er alkohol- und drogenfrei.

Mit diesen Ausführungen des Klägers ist aber eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör nicht dargelegt. Denn sie lassen nicht ansatzweise erkennen, dass dem Kläger die Möglichkeit genommen gewesen wäre, sich zur Sach- und Rechtslage zu äußern, oder dass der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen hätte. Folglich legt der Kläger auch nicht dar, welche konkreten Ausführungen durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zur Kenntnis genommen oder berücksichtigt worden sein sollen. Vielmehr ist die gesamte Argumentation des Klägers darauf gerichtet, die Richtigkeit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung in Zweifel zu ziehen und zu erläutern, aus welchen Gründen der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht von einer gegenwärtigen tatsächlichen und hinreichend schweren Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen ist, wie sie für die Ausweisung des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG Voraussetzung ist (vgl. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 82 und 86; BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 13; BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 53; B. v. 19.5.2015 - 10 ZB 13.1437 - juris Rn. 5). Der Kläger rügt daher allein die Unrichtigkeit der den Antrag auf Zulassung der Berufung ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Dass der Verwaltungsgerichtshof die Sach- und Rechtslage abweichend von der Auffassung des Klägers beurteilt und deshalb aus dessen Sicht unrichtig entschieden hat, stellt aber, wie dargelegt, gerade keine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil für das Verfahren über die Anhörungsrüge nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.