Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2016 - 10 ZB 15.492

bei uns veröffentlicht am13.05.2016
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 1 K 14.1460, 10.02.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. Februar 2015 wird zugelassen, soweit damit Ziffer 3. des Bescheids vom 1. September 2014 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet wird, die Wirkungen der Ausweisung auf eineinhalb Jahre zu befristen (Zi. I. Satz 1 u. 2 des Urteils).

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten seines Zulassungsverfahrens.

IV.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. Februar 2015 wird der Streitwert für das Verfahren erster Instanz auf 10.000 Euro festgesetzt. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren des Klägers wird auf 5000 Euro, der Streitwert für das Berufungsverfahren vorläufig auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung (II.) verfolgt der Kläger seine in erster Instanz mit dem Hauptbegehren erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. September 2014 weiter, mit dem er unter Anordnung seiner Abschiebung aus der Haft bzw. Androhung der Abschiebung aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde (Nr. 1 und 2). Die Wirkungen der Ausweisung wurden auf fünf Jahre ab Ausreise befristet (Nr. 3 Satz 1); die Befristung wurde unter dem Vorbehalt des mit mehreren Maßgaben verbundenen Nachweises dauernder Drogenfreiheit verfügt (Nr. 3 Satz 2).

Die Beklagte beantragt demgegenüber, die Berufung zuzulassen (I.), soweit mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. Februar 2015 die Nummer 3. des Bescheids aufgehoben und die Wirkungen der Ausweisung auf eineinhalb Jahre ab Ausreise befristet wurden (I.).

I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil an der Richtigkeit des Urteils insoweit ernstliche Zweifel bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), als das Verwaltungsgericht die Frist für das mit der Ausweisung einhergehende Einreise- und Aufenthaltsverbot von fünf Jahren ab Ausreise auf eineinhalb Jahre herabgesetzt und darüber hinaus die getroffenen Nebenbestimmungen aufgehoben hat.

Die Ausführungen im angefochtenen Urteil, wonach als Orientierung für die Fristlänge die Höhe der zuletzt verhängten Freiheitsstrafe des Klägers dienen könne, steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach bei der Bemessung der Frist im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG (in der bis 31.7.2015 geltenden Fassung) in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind und es danach einer prognostischen Einschätzung bedürfe, wie lange das Verhalten des Klägers, das der aus spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liege, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermöge (vgl. BVerwG, U. v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 32; U. v. 25.3.2015 - 1 B 18.14 - juris Rn. 27; BayVGH, B. v. 19.5.2015 - 10 ZB 14.2019 - juris Rn. 5; B. v. 17.12.2015 - 10 ZB 15.1394 - juris). Zudem ist nach der im vorliegenden Fall maßgeblichen, zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderung des § 11 AufenthG über die Länge der Frist nunmehr nach Ermessen zu entscheiden (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; a.A. VGH BW, U. v. 9.12.2015 - 11 S 1857/15 - InfAuslR 2016, 138 im Hinblick auf die systemkonform nur im Rahmen einer gebundenen Entscheidung sicherzustellende Verhältnismäßigkeit der Befristung - Revision zugelassen), während noch im angefochtenen Urteil von einer in vollem Umfang gerichtlich überprüfbaren Dauer der Befristung ausgegangen wurde (UA, S. 12, Rn. 33). Es ist auch nicht offensichtlich, dass sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Festsetzung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf eineinhalb Jahre aus anderen Gründen als rechtmäßig erweisen könnte. Ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Rechtswidrigkeit (auch) der Bedingung ergeben sich außerdem aus der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Erweiterung des § 11 AufenthG um Absatz 2 Satz 5, der ausdrücklich die Beifügung einer Bedingung (i. S. v. Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG) zur Befristung ermöglicht und hierfür beispielhaft eine „nachweisliche Straf- oder Drogenfreiheit“ benennt.

Die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im Hinblick auf die Aufhebung der Bedingung wegen der von der Beklagten geltend gemachten Abweichung des angefochtenen Urteils vom im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 21. November 2013 (19 C 13.1206) kommt schon deshalb mangels Entscheidungserheblichkeit nicht in Betracht, weil über den gerügten divergierenden Rechtssatz infolge der inzwischen eingetretenen Rechtsänderung (§ 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG) nicht mehr zu befinden wäre.

II. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers nach umfassender Ausübung des Ermessens für rechtmäßig erachtet. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (a. F.) das Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 53 Nr. 1 AufenthG a. F. im Hinblick auf die beiden rechtskräftigen Verurteilungen des Klägers durch die Urteile des Amtsgerichts Augsburg vom 29. September 2011 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr drei Monaten (wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und Körperverletzung) und vom 21. November 2012 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren (wegen unerlaubten Besitzes von und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln) bejaht. Wegen des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AufenthG a. F. komme nur eine auf spezialpräventiven Gründen beruhende Ermessensentscheidung über die Ausweisung in Betracht. Sie sei rechtmäßig, weil auch in Zukunft vom Kläger eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch erneute Straftaten im Betäubungsmittelbereich (insbesondere Handeltreiben mit Heroin) drohe, so dass von ihm gegenwärtig eine Gefahr für hochrangige Schutzgüter ausgehe. Sämtlichen Straftaten lägen die nach wie vor nicht therapierte Drogensucht des nun fast 40-jährigen Klägers zugrunde. Angesichts vier erfolgloser stationärer Drogentherapien müsse davon ausgegangen werden, dass er auch in Zukunft nicht drogen- und straffrei leben könne. Die Ausweisung sei auch unter Betrachtung sämtlicher biografischen Umstände unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht unverhältnismäßig. Auch der positive Verlauf der seit August 2014 andauernden Drogentherapie, deren Abschluss von zentraler Bedeutung für die Gefahrenprognose sei, lasse angesichts der bisherigen Rückfallhäufigkeit und -geschwin-digkeit noch keine positiven Schlussfolgerungen zu.

Dagegen bringt der Kläger im Zulassungsverfahren vor, die Gefahrenprognose sei unzutreffend, seine Integrationsleistungen nicht ausreichend gewürdigt und seine Eigenschaft als faktischer Inländer nicht richtig gewichtet worden. Er habe von 2005 bis 2009 ein drogenfreies bürgerliches Leben geführt, woran er nun nach mehr als dreijähriger Inhaftierung, während der er keinen Drogenrückfall gehabt habe, wieder anknüpfen wolle. Er empfinde einen erheblichen Widerwillen gegen Drogen und sei während dieser langen Haftstrafe gereift; bisher habe er nur einmal Anfang der 2000er Jahre etwa eineinhalb Jahre im Gefängnis verbracht. Seine erste Therapie habe er im Jahr 2000 nach wenigen Tagen, die zweite 2003 nach etwa fünf Monaten abgebrochen, während die dritte und vierte Therapie erfolgreich gewesen seien. Allerdings habe er anlässlich „persönlicher Niederlagen“ wieder einen Rückfall erlitten. Die letzte Verurteilung zu einer zweijährigen Haftstrafe beruhe auf einem auf Anraten seines Strafverteidigers abgegebenen falschen Geständnis, als er im Glauben, eine niedrigere Haftstrafe zu erhalten, angegeben habe, von den aufgefundenen 34,4 g Heroin habe er die Hälfte weiterverkaufen wollen, obwohl die gesamte Menge zum Eigenverbrauch gedacht gewesen sei. Schließlich sei zu rügen, dass die Ausländerbehörde der Beklagten die maßgeblichen Strafakten des Klägers nicht beigezogen habe. Ergänzend verweist der Kläger darauf, dass die unzureichende Berücksichtigung der Integrationsleistungen des Klägers bei der Ermessensausübung auch bei die Anwendung des ab 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrechts zur Rechtswidrigkeit der Ausweisung führen müssten.

2. Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger dürfe grundsätzlich wegen des Vorliegens schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), zuletzt geändert durch das am 17. März 2016 in Kraft getretene Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I S. 394), im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

2.1 Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsge-richts. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist daher nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag. Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten; allerdings sind Änderungen der Sach- und Rechtslage grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. a. BVerwG, B. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744; BayVGH, B. v. 16.3.2016 - 10 ZB 15.2109 - juris).

2.2 Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 17. März 2016 gültigen Fassung des Aufenthaltsgesetzes zu überprüfen. Seit dem ab 1. Januar 2016 geltenden Rechtszustand differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hoffmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53 - 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht nach Ausübung von Ermessen verfügte Ausweisung wird nicht infolge des Inkrafttretens der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am 1. Januar 2016 rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (BayVGH, B. v. 24.2.2016 - 10 ZB 15.2080 - juris Rn. 8).

2.3 Steht dem Ausländer - wie hier dem Kläger als türkischem Staatsangehörigen - ein Aufenthaltsrecht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zu, sind an die Qualität der erforderlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhöhte Anforderungen zu stellen, denn er darf nach § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und wenn die Ausweisung zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Damit gibt die Neufassung von § 53 Abs. 3 AufenthG exakt die Voraussetzungen wieder, die nach ständiger Rechtsprechung (z. B. EuGH, U. v. 8.12.2011 -Rs. C - 371/08 Ziebell -, juris Rn. 80; BayVGH‚ U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris) für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen erfüllt sein mussten.

Weil dem Kläger ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 zustand, kommt er grundsätzlich in den Genuss der ihn gegenüber anderen Drittstaaten privilegierenden Vorschriften des Assoziationsratsbeschlusses, also auch des in Art. 13 ARB 1/80 enthaltenen Verschlechterungsverbots (sog. Stillhalteklausel). Danach dürfen die Mitgliedstaaten keine neuen innerstaatlichen Maßnahmen einführen, die bezwecken oder bewirken, dass die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch einen türkischen Staatsangehörigen oder einen Familienangehörigen in einem Mitgliedstaat strengeren Voraussetzungen unterworfen wird als denjenigen, die bei Inkrafttreten der Bestimmung am 1. Dezember 1980 in dem Mitgliedstaat galten (vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2015 - 1 C 21. 14 - InfAuslR 2015, 327). Allerdings bestehen auch mit Blick auf diese Bestimmung keine Bedenken gegen die Anwendung der ab 1. Januar 2016 geltenden neuen Ausweisungsvorschriften auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige. Geht man davon aus, dass Art. 13 ARB 1/80 auch im Zusammenhang mit der Änderung nationaler Ausweisungsvorschriften Gültigkeit beansprucht, obwohl diese keinen unmittelbaren Bezug zur Regelung des Arbeitsmarktzugangs aufweisen (vgl. hierzu Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, D 5.2, Art. 13 Rn. 10 f.), geht mit der Einführung des zum 1. Januar 2016 anwendbaren Ausweisungsrechts keine grundsätzliche Verschlechterung der Rechtsposition eines unter dem Schutz von Art. 14 ARB 1/80 stehenden türkischen Staatsangehörigen einher. Denn er kann auch künftig ausschließlich aus spezialpräventiven Gründen und nur dann ausgewiesen werden, wenn sein Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (vgl. § 53 Abs. 3 AufenthG); außerdem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, wie sich aus § 53 Abs. 3 letzter Halbsatz AufenthG und dem System von § 53 Abs. 2, §§ 54, 55 AufenthG ergibt. Dabei sind unter Abwägung der gegenläufigen Interessen alle Umstände und Besonderheiten des konkreten Einzelfalls einzustellen (Bauer in Bergmann/Dienelt, 11. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 56 f.; bisher schon: BVerwG, U. v. 2.9.2009 - 1 C 2.09 - InfAuslR 2010, 3), so dass sich die materiellen Anforderungen, unter denen ein assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger ausgewiesen werden darf, nicht zu seinen Lasten geändert haben. Dass nach dem neuen Recht eine Ausweisung nach Betätigung des ausländerbehördlichen Ermessens nicht mehr in Betracht kommt, ist für einen betroffenen Ausländer nicht ungünstiger (Bauer in Bergmann/Dienelt, a. a. O., Rn. 59; a.A. Cziersky-Reis in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 42), denn es lässt sich schon nicht feststellen, dass es in der Vergangenheit tatsächlich Fälle gab, in denen die Ausländerbehörde von einer eigentlich möglichen Ausweisung aus Ermessensgründen Abstand genommen hat. Im Übrigen ermöglicht das neue Ausweisungsrecht eine volle gerichtliche Kontrolle der Ausweisungsentscheidung, so dass jedenfalls in der Gesamtschau eine Verschlechterung der Rechtspositionen eines durch Art. 13, 14 ARB 1/80 geschützten türkischen Staatsangehörigen nicht feststellbar ist (vgl. BayVGH, U. v. 8.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 28).

2.4 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18).

3. Gemessen an diesen Grundsätzen lassen die vom Kläger zu seinen Gunsten geltend gemachten Umstände, insbesondere seine beanstandungsfreie und grundsätzlich positiv zu bewertende Entwicklung während der Strafhaft und die Tatsache der erstmaligen Verbüßung einer langen Haftstrafe, die vom Verwaltungsgericht angenommene Wiederholungsgefahr nicht als ernstlich zweifelhaft erscheinen; vielmehr muss nach dem Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass von ihm auch künftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, ausgeht und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (§ 53 Abs. 1, 3 AufenthG). Seine diesbezüglichen Einwendungen im Zulassungsvorbringen vermögen keine ernstlichen Zweifel an der vom Verwaltungsgericht nachvollzogenen Gefahrenprognose des Beklagten hervorzurufen.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH‚ B. v. 26.11.2015 - 10 ZB 14.1800 - ; B. v. 18.7.2014 - 10 ZB 13.2440 - juris; B. v. 14.11.2012 -10 ZB 12.1172 - jeweils juris) kann von einem Fortfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden‚ solange der Kläger seine (letzte) Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende nicht glaubhaft gemacht hat. Hiervon kann im für die maßgeblichen Umstände grundsätzlich relevanten Zeitpunkt des Ablaufs der Begründungsfrist für die Zulassung der Berufung (17. April 2015) nicht ausgegangen werden; auch zum Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses sind keine neuen Erkenntnisse, die die Aussicht auf ein dauerhaft drogenfreies Leben des Klägers begründen könnten, bekannt geworden, zumal die vom Bevollmächtigten angekündigte Bestätigung der Therapieeinrichtung (vgl. Schriftsatz vom 9.4.2015, S. 8) nicht nachgereicht wurde. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet‚ dass der Kläger bereits im Alter von 14 Jahren begonnen hat, illegale Betäubungsmittel - seit dem 16. Lebensjahr auch Heroin - zu konsumieren. Die mit seiner Drogensucht einhergehende Kriminalität hat sich nicht nur auf den Erwerb und den Besitz von Betäubungsmitteln sowie das Handeltreiben bezogen, sondern bestand wiederholt in Körperverletzungsdelikten. Auch wenn man den nun fast 40-jährigen Kläger als therapiewillig und -einsichtig ansehen wollte, ist damit ein in die Zukunft gerichteter anhaltender Erfolg der letzten Therapiebemühungen in keiner Weise wahrscheinlicher geworden, wenn man bedenkt, dass er neben zahlreichen stationären Entgiftungen schon vier erfolglose Therapien hinter sich gebracht hat. Selbst wenn man die beiden in den Jahren 2002 und 2003 bereits nach kurzer Zeit abgebrochenen Therapien ausblendet, lebte er in den Zeiträumen nach den am 30. November 2005 bzw. 14. Juni 2010 abgeschlossenen Therapien für höchstens drei Jahre bzw. ein Jahr ohne Drogen. Der Vortrag, er habe ja immerhin von 2005 bis 2009 ein drogenfreies bürgerliches Leben geführt, ist zum einen unrichtig, denn der Verurteilung durch das Amtsgericht Augsburg zu einer Bewährungsstrafe mit Urteil vom 29. September 2011 lag eine bereits am 17. August 2008 begangene Gewaltstraftat zugrunde, bei der die Steuerungsfähigkeit des Klägers ausweislich der strafrichterlichen Feststellungen durch vorangegangenen Drogen- und Alkoholkonsum in erheblichem Umfang gemindert war; insbesondere aber beweisen beide Rückfalle, dass von einer dauerhaften Drogenabstinenz noch nicht ausgegangen werden kann. Hieran ändern auch nichts die für die Rückfälle gegebenen Begründungen des Klägers (aussichtslos erscheinende Lebenssituation nach Verlust des Arbeitsplatzes bzw. Trennung von der Freundin). Weil derartige Situationen auch in Zukunft wieder eintreten können, erscheint ein neuerlicher Rückfall in der entsprechenden Situation sehr wahrscheinlich. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger die längste Haftstrafe (mehr als drei Jahre) seines bisherigen Lebens verbüßt, dabei seine Therapiewilligkeit und -fähigkeit unter Beweis gestellt und keinen Drogenrückfall erlitten hat.

Auch die die bislang nicht geglückte dauerhafte Integration des Klägers, der keine abgeschlossene Ausbildung aufweist, in die Berufswelt spricht ungeachtet der ihm vorliegenden Arbeitsangebote dafür, dass er doch wieder zu Drogen greifen könnte, sollten sich etwa im Rahmen einer Erwerbstätigkeit problematische Situationen ergeben. Vor dem dargestellten Hintergrund sieht der Senat eine nach wie vor vom Kläger ausgehende ernsthafte Gefahr für bedeutsame Schutzgüter durch die Begehung schwerwiegender, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührender Straftaten, zu dessen Wahrung die Ausweisung unerlässlich ist (§ 53 Abs. 1, 3 AufenthG).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat auch unter Hinweis auf die Eigenschaft des Klägers als faktischer Inländer, dessen Integrationsleistungen nicht ausreichend gewürdigt worden seien, keinen Erfolg. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (vgl. § 53 Abs. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresses (i. S. v. § 53 Abs. 1 AufenthG) ergibt sich aus der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 21. November 2012 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Allerdings besteht demgegenüber auch ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, weil der Kläger eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Liegen nach der durch die §§ 54, 55 AufenthG vorgegebenen typisierenden Betrachtung besonders schwerwiegende Gründe vor, die sowohl für die Ausreise des Klägers aus dem Bundesgebiet als auch für seinen weiteren Verbleib sprechen, fällt die in jedem Fall auch im Rahmen des § 53 AufenthG vorzunehmende umfassende Abwägung der gegenläufigen Interessen (§ 53 Abs. 1, 2 AufenthG; vgl. BayVGH, U. v. 8.3.2016 - 10 ZB 15.180 - juris) hier zu seinen Ungunsten aus.

Bei der Abwägungsentscheidung sind sämtliche nach den Umständen des Einzelfalls maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, in erster Linie die Dauer des Aufenthalts, die Bindungen persönlicher, wirtschaftlicher und sonstiger Art im Bundesgebiet und im Land der Staatsangehörigkeit sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige. Danach hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger zwar als faktischer Inländer seine wesentliche Prägung und Entwicklung in Deutschland erfahren hat und seit langem ein Daueraufenthaltsrecht im Bundesgebiet besitzt, wo auch seine nächsten Familienangehörigen - seine Mutter und Schwester, während der Vater 2010 verstorben ist - leben, wenn er auch keine Ehe führt oder Kinder hat. Demgegenüber sind jedoch zulasten des Klägers seine jahrzehntelang andauernde Straffälligkeit (vgl. im einzelnen: Strafurteil des AG Augsburg v. 21.11.2012, S. 3 bis 11), die nur vor dem Hintergrund einer zwar immer wieder bekämpften, aber letztlich nicht erfolgreich überwundenen Drogenabhängigkeit zu verstehen und zu würdigen ist. Drogenfreiheit während der Inhaftierung oder laufender Therapiemaßnahmen lässt angesichts der langjährigen Abhängigkeit ebenso wenig Rückschlüsse auf ein drogenfreie Zukunft außerhalb eines „überwachten“ Lebens zu wie der insoweit behauptete positive Wille. Zu beachten ist auch, dass der Kläger große Lücken in seiner Erwerbsbiographie aufweist, so dass von einer nachhaltigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt trotz erfolgversprechender Ansätze nicht ausgegangen werden kann. Es ist weiter nicht ersichtlich, dass er kein Auskommen in der Türkei finden wird, auch wenn gewisse Anfangsschwierigkeiten nicht in Abrede gestellt werden können. Der Senat geht jedenfalls nicht davon aus, dass der Kläger - wie er vorträgt - „in der Türkei weder wirtschaftlich noch sozial noch emotional Fuß fassen könnte“, zumal er dort offenbar bereits 1999/2000 sechs Monate mit dem Ziel zugebracht hat, seine Drogensucht zu überwinden. Ohne Belang im Rahmen der abzuwägenden Umstände bleibt der von ihm geltend gemachte Umstand, die letzte strafrechtliche Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln beruhe auf einem unrichtigen Geständnis; zum einen ist nämlich das entsprechende Strafurteil rechtskräftig geworden, zum anderen vermag auch die Annahme, die gesamte aufgefundene Menge an Heroin sei ausschließlich zum Eigenverbrauch und nicht zur Hälfte zum Weiterverkauf gedacht gewesen, zu keiner entscheidenden Änderung der Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände zu führen.

Die Kostenentscheidung für den Zulassungsantrag des Klägers beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren der Beklagten bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 sowie § 52 Abs. 2 GKG. Das Verwaltungsgericht hat auch über den vom Kläger hilfsweise gestellten, nach § 88 VwGO ermittelten Klageantrag, der auf Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gerichtet war, soweit mit ihr eine längere Frist als angemessen festgesetzt wurde, entschieden (vgl. BayVGH B. v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 59). Somit war der Wert des hilfsweise geltend gemachten Streitgegenstandes nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG hinzuzurechnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Ausweisung und die Regelungen zur Abschiebung (Nr. 1 und 2 des

angefochtenen Bescheids) und im Hinblick auf den Ausschluss einer eineinhalb Jahre noch unterschreitenden Länge der Befristung (Nr. 3) rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Belehrung

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die einschlägigen, jeweils geltenden Vorschriften Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Hinsichtlich der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung kann auf die Begründung des Zulassungsantrags Bezug genommen werden.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2016 - 10 ZB 15.492 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2016 - 10 ZB 15.492 zitiert oder wird zitiert von 27 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2016 - 10 ZB 15.492 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2015 - 10 ZB 14.2019

bei uns veröffentlicht am 19.05.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 08. März 2016 - 10 B 15.180

bei uns veröffentlicht am 08.03.2016

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsle

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - 10 ZB 12.2742

bei uns veröffentlicht am 08.10.2014

Tenor I. Die Anträge der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt. II. Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses tragen die Kosten des Zulassungsver

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 10 ZB 15.2109

bei uns veröffentlicht am 16.03.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Grü

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Feb. 2016 - 10 ZB 15.2080

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Grü

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2014 - 10 ZB 13.2440

bei uns veröffentlicht am 18.07.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt. Gr

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2015 - 10 ZB 15.1394

bei uns veröffentlicht am 17.12.2015

Tenor I. Auf Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Juni 2015 insoweit zugelassen, als die Beklagte unter Aufhebung der Nummer 2 des Bescheides vom 1. Dezember 2014

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 10 ZB 14.1800

bei uns veröffentlicht am 26.11.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Dez. 2015 - 11 S 1857/15

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Mai 2015 - 5 K 3589/13 - geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.Die Revision wird zugelassen. Tat
18 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2016 - 10 ZB 15.492.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Aug. 2018 - Au 6 K 18.555

bei uns veröffentlicht am 22.08.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in

Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Sept. 2016 - M 12 K 14.3776

bei uns veröffentlicht am 08.09.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheits

Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Jan. 2017 - M 12 K 16.5397

bei uns veröffentlicht am 26.01.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinter

Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Jan. 2017 - M 12 K 16.2555

bei uns veröffentlicht am 19.01.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, mit dem er seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Befristung auf Null oder jedenfalls kürzere Befristung gemäß § 7 Abs. 2 FreizügG/EU des aufgrund einer (bestandskräftigen) Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots weiterverfolgt, ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger entsprechend der Zulassungsbegründung seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2014 noch einen Befristungsanspruch auf Null ohne vorherige Ausreise mit einer in diesem Fall statthaften Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO; vgl. BVerwG, U. v. 6.3.2014 - 1 C 2.13 - juris Rn. 7) geltend macht oder gemäß den ergänzenden Ausführungen seines nunmehrigen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 8. März 2015 nur die behördliche Befristungsentscheidung (mit einer Sperrfrist von drei Jahren ab Ausreise) durch einen Anfechtungsantrag in dem für rechtswidrig erachteten Umfang - der Bevollmächtigte hält eine Sperrfrist von eineinhalb Jahren für angemessen - angreift (zur Statthaftigkeit eines solchen Anfechtungsantrags vgl. z. B. BVerwG, B. v. 14.3.2013 - 1 B 17.12 - juris Rn. 13; B. v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 31). Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die im Bescheid des Landratsamts vom 8. November 2013 nachträglich verfügte Befristung der Wirkungen der (bestandskräftigen) Verlustfeststellung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU (in der bis 8.12.2014 noch geltenden alten Fassung) rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der vom Kläger begehrten Befristung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. hier Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U. v. 6.3.2014 - 1 C 2.13 - juris Rn. 6; U. v. 25.3.2015 - 1 C 18.14 - juris Rn. 10). Als Anspruchs- bzw. Rechtsgrundlage für das Befristungsbegehren ist daher nunmehr § 7 Abs. 2 FreizügG/EU in der Fassung des am 9. Dezember 2014 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S. 1922; vgl. BVerwG, U. v. 25.3.2015 a. a. O. Rn. 10). Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU ist das in § 7 Abs. 2 Satz 1 für den Fall einer Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 bestimmte Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen. Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten (§ 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU). Die Frist beginnt mit der Ausreise (§ 7 Abs. 2 Satz 7 FreizügG/EU).

Zu den für die Fristbemessung nach dieser Bestimmung maßgebenden Grundsätzen hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 25. März 2015 (a. a. O. Rn. 23 ff.) Folgendes festgestellt: Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU ist damit - wie bisher - keine Höchstfrist vorgesehen. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Angesichts der auch nach neuer Rechtslage weitgehend unverändert gebliebenen normativen Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist kann zur weiteren Konkretisierung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Befristungsanspruch nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU a. F. zurückgegriffen werden. Hiernach ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verbundenen spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Errichtung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, das heißt unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen. Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Befristungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG maßgebenden Erwägungen für die Bestimmung der Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots (BVerwG, U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 33) gelten auch im Rahmen des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nach dessen Neufassung im Dezember 2014, weshalb die zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ergangene Rechtsprechung auch für die Bemessung der Frist nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU zu übertragen ist (BVerwG, U. v. 25.3.2015 a. a. O. Rn. 29).

Ausgehend von diesen für die Fristbestimmung nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU maßgeblichen Grundsätzen, die auch das Verwaltungsgericht beachtet hat, erweist sich die im Bescheid vom 8. November 2013 durch das Landratsamt verfügte Befristung der Wirkungen der Verlustfeststellung auf drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise als nicht unverhältnismäßig und damit rechtmäßig.

Zunächst ist das Verwaltungsgericht bei der zur Fristbestimmung im ersten Schritt anzustellenden Gefahrenprognose zu Recht davon ausgegangen, dass vom Kläger (auch) aktuell weiterhin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Das Verwaltungsgericht hat dabei darauf abgestellt, dass der Kläger wiederholt und zudem äußerst schwerwiegende Betäubungsmittelstraftaten begangen hat und bereits zweimal wegen solcher - auch besonders gemeinschädlicher - Betäubungsmittelstraftaten zu Freiheitsstrafen von jeweils mehr als 5 Jahren verurteilt worden sei. Der Kläger habe die der letzten Verurteilung zugrunde liegende Tat nicht mehr aufgrund eigener Betäubungsmittelabhängigkeit, sondern aus reinem Gewinnstreben begangen und zum Tatzeitpunkt noch unter offener Bewährung gestanden. Weder der vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs am 23. März 2009 geschlossene Vergleich (nach dem die Wirkungen der bereits mit Bescheid vom 22.5.2006 verfügten Verlustfeststellung mit der Festsetzung einer 10-jährigen Sperrfrist sowie der Ablehnung der Erteilung eines Aufenthaltstitels erst bei einem Widerruf der dem Kläger von der Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 22.7.2008 bewilligten Straf(rest)aussetzung zur Bewährung eintreten sollten), noch seine familiären Bindungen und Verpflichtungen hätten den Kläger davon abgehalten, weiter schwere (Betäubungsmittel-)Straftaten zu begehen. Obwohl der Kläger unter dem Eindruck der Bewährung gestanden habe und damit habe rechnen müssen, dass das auf zehn Jahre festgesetzte Wiedereinreiseverbot bestandskräftig werde, habe er erneut schwerwiegende Straftaten mit gravierenden Folgen für Leben und Gesundheit Dritter begangen. Angesichts der langjährigen Delinquenz des Klägers und der hohen Gefahr eines (erneuten) Rückfalls könne erst nach einem hinreichend langen Zeitraum beurteilt werden, ob die mit der Verlustfeststellung verbundenen (spezialpräventiven) Wirkungen tatsächlich erreicht seien.

Demgegenüber macht der Kläger mit dem Zulassungsantrag geltend, der Tod seiner Ehefrau Anfang 2012 habe für ihn einen tiefen Einschnitt bedeutet. Ihm sei klar geworden, dass er für seine Kinder nun die einzige Bezugsperson sei. Weitere Straftaten werde er nicht mehr begehen, um seinen Kindern einen festen Halt zu geben und ihnen ein glückliches und zufriedenes Leben auch ohne Mutter zu ermöglichen. Schon dadurch tendiere die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftatenbegehung gegen Null.

Damit wird jedoch die Gefahrenprognose des Erstgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Der Kläger, der sich ab 1994 immer wieder (ohne festen Wohnsitz) im Bundesgebiet aufhielt und hier wechselnden Beschäftigungen nachging und bereits mit Urteil des Amtsgerichts F. vom 20. Dezember 2001 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Ecstasy-Tabletten sowie Kokain) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten (die Vollstreckung war zunächst zur Bewährung ausgesetzt) verurteilt worden war, wurde mit Urteil des Landgerichts M. vom 15. Februar 2005 (erneut) u. a. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und der unerlaubten bandenmäßigen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren fünf Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde wegen seines Hanges zum Betäubungsmittelkonsum nach § 64 Abs. 1 StGB die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Nach den Feststellungen des Strafgerichts hatte der Kläger, der im April 2002 in zweiter Ehe seine deutsche Ehefrau J.H. geheiratet hatte und Vater von zwei am 24. Januar 2003 und 17. Februar 2004 geborenen Söhnen geworden war, als Mitglied einer hierarchisch auf verschiedenen Kommandoebenen organisierten Gruppe litauischer Staatsangehöriger Heroin und Kokain in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt und gewinnbringend vertrieben. Nach erfolgreicher Beendigung der im Bezirkskrankenhaus K. durchgeführten Drogentherapie und der Aussetzung der weiteren Vollstreckung seiner Unterbringung und des Rests der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 15. Februar 2005 zur Bewährung wurde beim Kläger zwar mit Bescheid des Landratsamts U. vom 22. Mai 2006 der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt festgestellt, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis-EU abgelehnt und ihm für die Dauer von zehn Jahren ab Ausreise die Wiedereinreise und der Aufenthalt im Bundesgebiet untersagt. In dem diesen Bescheid betreffenden Verwaltungsstreitverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde dem Kläger im Jahr 2009 durch die vergleichsweise Abänderung des Bescheids dahingehend, dass die mit diesem Bescheid erstrebten Wirkungen erst mit Widerruf der dem Kläger vom Strafvollstreckungsgericht eingeräumten Bewährung eintreten sollen, nochmals die Möglichkeit eröffnet, im Bundesgebiet bei seiner Familie und insbesondere seinen kleinen Kindern bleiben zu können. Auch diese Möglichkeit hat der Kläger jedoch nicht genutzt. Vielmehr wurde er mit Urteil des Landgerichts M. vom 14. September 2011 wiederum wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Strafgericht dabei zulasten des Klägers vor allem berücksichtigt, dass er erneut mit härteren Drogen in Form von Ecstasy und Metamfetamin Handel getrieben, zur Tatzeit unter Reststrafenbewährung und Führungsaufsicht gestanden habe und mit hoher krimineller Energie eine große Menge unterschiedlicher Betäubungsmittel angehäuft und professionell versteckt habe. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dem Kläger hätten weder seine familiären Bindungen und Verpflichtungen - am 28. März 2010 wurde seine Tochter Alina geboren, seine Ehefrau litt an einer schweren alkoholbedingten Erkrankung - noch der drohende Widerruf seiner Bewährung und in der Folge eine erneute längere Strafhaft davon abhalten können, erneut und zuletzt aus reinem Gewinnstreben schwerwiegende Betäubungsmittelstraftaten zu begehen, ist nach alledem nur folgerichtig. Die Behauptung im Zulassungsverfahren, der Tod seiner Ehefrau sei im Leben des Klägers die entscheidende Zäsur gewesen, „der Stellenwert der Kinder“ sei „für den Kläger nun wesentlich höher“, „weshalb die Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger neue Straftaten begeht, gegen Null“ gehe, ist durch nichts belegt oder glaubhaft gemacht und deshalb nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht geeignet, die verwaltungsgerichtliche Gefahrenprognose und die vom Erstgericht angenommene hohe Gefahr eines erneuten Rückfalls ernsthaft zu erschüttern. Dass die Gefahren für bedeutende Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), die vom illegalen Handel mit Betäubungsmitteln und insbesondere dem vom Kläger ebenfalls bereits gehandelten besonders gefährlichen Heroin ausgehen, besonders schwerwiegend sind und ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung immer wieder betont (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 27.5.2014 - 10 B 12.1700 - juris Rn. 31 m.w. Rspr-nachweisen; vgl. auch BVerwG, U. v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 12). Auch nach Auffassung des Senats ist deshalb davon auszugehen, dass vom Kläger ungeachtet seiner diesbezüglichen Einwände weiterhin für eine ganz erhebliche Zeit lang schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die erneute Begehung gravierender Betäubungsmittelstraftaten ausgehen. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang der klägerische Einwand, das Verwaltungsgericht hätte auch in Betracht ziehen müssen, dass der Kläger gemeinsam mit seiner verstorbenen Ehefrau für die Familie ein gemeinsames Zuhause in Form eines Eigenheims habe beschaffen wollen und an diesem Ziel gearbeitet habe, „wobei er sich zu der Straftat habe hinreißen lassen“.

Diese Gefahrenprognose gilt angesichts der dargelegten Gesamtumstände, der langjährigen einschlägigen Delinquenz des Klägers auch unabhängig von einer Betäubungsmittelabhängigkeit und der bei seinen Straftaten gezeigten ganz erheblichen kriminellen Energie für einen derzeit (noch) nicht bzw. kaum absehbaren Zeitraum. Jedenfalls wäre unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in der Regel ein Zeitraum von maximal zehn Jahren den Zeithorizont darstellt, für den eine Prognose noch gestellt werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 25.3.2015 a. a. O. Rn. 31 m. w. N.), und mit Blick auf andere vergleichbare Fälle (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 27.5.2014 - 10 B 12.1700 - juris Rn. 35) nach Auffassung des Senats in einem ersten Schritt eine Sperrfrist für die Wiedereinreise in das Bundesgebiet von mindestens sieben Jahren festzusetzen. Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, da die letzte strafrechtliche Verurteilung fünf Jahre und sechs Monate betrage, müsse die im ersten Schritt festzulegende Sperrfrist unterhalb dieses Zeitraums liegen, weshalb in der ersten Stufe ein Zeitraum von vier Jahren angemessen und erforderlich sei, verkennt das auf dieser Stufe allein maßgebliche öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr, hier an der Abwehr schwerwiegender Gefahren für bedeutende Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) durch die erneute Begehung vergleichbarer Betäubungsmittelstraftaten.

Die so bestimmte Frist ist, wovon auch das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeht, auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen des Klägers (s. § 6 Abs. 3 FreizügG/EU), insbesondere seines durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützten Rechts auf Familienleben, gegebenenfalls zu relativieren, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen sowie seiner engeren Familienangehörigen zu begrenzen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht dabei die zu schützenden Belange weder verkannt noch falsch gewichtet und die streitbefangene Befristungsentscheidung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen zu Recht als angemessen und noch ausreichend erachtet.

Das Verwaltungsgericht ist bei der Beziehung des Klägers zu seinen Kindern auch unter Berücksichtigung der Einschätzung der in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiterin des Jugendamtes zutreffend davon ausgegangen, dass die inzwischen 5-jährige Tochter Alina bisher noch keine engere emotionale Bindung zum Kläger entwickelt hat, weil sie zum Zeitpunkt seiner letzten Inhaftierung erst acht Monate alt war, ein erster persönlicher Kontakt zum Vater erst wieder mit dreieinhalb Jahren erfolgte und seither auch nur wenige Besuchskontakte in der JVA stattfanden. So hat die Mitarbeiterin des Jugendamtes den erzieherischen und emotionalen Einfluss des Klägers auf seine Tochter als gegen Null tendierend bezeichnet. Bezüglich der beiden 11- und 12-jährigen Söhne des Klägers ist das Verwaltungsgericht zwar von einer engeren Bindung zum Vater ausgegangen. Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht aber zutreffend festgestellt, dass der Kläger seiner Personensorge für die beiden Söhne nur in einzelnen Phasen nachgekommen sei und die Vater-Kind-Kontakte auch hier im Wesentlichen durch regelmäßige Besuche und vierteljährliche Vater-Kind-Treffen in der Justizvollzugsanstalt, telefonische und briefliche Kontakte sowie Geschenke geprägt gewesen seien. Mit Blick auf das für 6. Oktober 2018 vorgemerkte Ende der Strafhaft sei die Beziehung des Klägers zu seinen Kindern auch auf längere Sicht auf telefonische Kontakte und sporadische kurze Besuche beschränkt. Zwar würden mit der Ausreise des Klägers die Kontaktmöglichkeiten noch weiter eingeschränkt; diese könnten aber auch nach Litauen telefonisch, brieflich und mittels einzelner Besuche aufrechterhalten werden. Entscheidend für die weitere Entwicklung und das Wohl der Kinder sei in ihrer jetzigen Entwicklungsphase die Fortführung der derzeitigen Unterbringung in Pflegefamilien bzw. bei den Schwiegereltern des Klägers, die den Kindern auch nach Einschätzung des Jugendamtes die erforderliche Konstanz und Stabilität im Leben biete.

Dagegen wendet der Kläger im Zulassungsverfahren im Wesentlichen ein, müsse er die Bundesrepublik verlassen, werde ihm die für das Kindeswohl erforderliche Annäherung an seine Tochter mit dem weiteren Aufbau einer emotionalen Bindung unmöglich. Die im Übrigen inzwischen ebenfalls bei seinen Schwiegereltern dauerhaft untergebrachten Söhne hätten auch während der wiederholten Inhaftierung des Klägers den Kontakt zu ihrem Vater durch regelmäßige Besuche, Vater-Kind-Treffen in der JVA sowie telefonisch und brieflich aufrechterhalten. Im Fall der Aufenthaltsbeendigung drohe allen Kindern letztlich der Verlust auch des Vaters. Die Aufrechterhaltung des Kontakts zu seinen Kindern aus Litauen sei schon aufgrund der Entfernung und der finanziellen Verhältnisse sehr schwierig. Als für seine Kinder (nunmehr) allein Sorgeberechtigter habe er die elterliche Sorge immer ernst genommen und im Rahmen der dargelegten Kontakte auch tatsächlich ausgeübt. Auch in einem Führungsbericht der JVA vom 12. November 2014 werde das Verhältnis zu seinen Kindern als gut bezeichnet und festgestellt, dass sich der Kläger auch seiner Tochter Alina gegenüber zugewandt, liebevoll und bemüht verhalten habe. Er habe sich selbstverständlich häufigere Besuche seiner Kinder in der JVA gewünscht. Die drei Kinder lebten inzwischen gemeinsam bei den Schwiegereltern, die vom Jugendamt als Pflegeeltern bestellt worden seien. Er werde sich bemühen, nunmehr von Litauen aus auf die Pflege und Sorge für seine Kinder den elterlichen Einfluss auszuüben und Unterhaltszahlungen zu leisten. Er habe eine abgeschlossene Berufsausbildung, sei auf dem Arbeitsmarkt gut vermittelbar und beziehe im Übrigen eine Witwenrente, die nach seiner Rückkehr zum Lebensunterhalt der Familie beitragen werde. Vom Verwaltungsgericht sei nicht berücksichtigt worden, dass aufgrund des Beschlusses der Staatsanwaltschaft vom 2. Oktober 2014 gemäß § 456a StPO von der weiteren Vollstreckung der gegen den Kläger verhängten Freiheitsstrafen abgesehen worden sei. Zum Zeitpunkt seiner Abschiebung nach Litauen bestehe eine offene Reststrafe von 44 Monaten, deren Vollstreckung für den Fall der Rückkehr in die Bundesrepublik angeordnet worden sei. Damit stehe aber fest, dass sich der Zeitraum, in welchem er und seine Kinder voneinander getrennt leben müssten, tatsächlich ganz erheblich länger gestalten werde als die drei Jahre Sperrfrist. Daher müsse die Sperrfrist deutlich reduziert werden, wobei eineinhalb Jahre als angemessen erachtet würden. Das Verwaltungsgericht habe nicht nur die Bedeutung der familiären Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern verkannt, sondern auch nicht berücksichtigt, dass er seit einer früheren Entwöhnungstherapie keine Drogen mehr konsumiere und sein Leben im Griff habe. Er habe im Strafprozess ein Geständnis abgelegt, sich die Inhaftierung zu Herzen genommen und seine Verantwortung für die Kinder und sein eigenes Leben nunmehr nachhaltig erkannt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe er aufgrund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung eine gute berufliche Zukunftsperspektive in Deutschland.

Auch damit wird die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung aber nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z. B. B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris) und - dieser Rechtsprechung folgend - des Senats (vgl. zuletzt U. v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 83) ist bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange des Elternteils und des Kindes umfassend zu berücksichtigen. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen. Eine auch nur vorübergehende Trennung kann nicht als zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet. Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (BVerfG a. a. O. Rn. 14 m.w. Rspr-nachweisen).

Nach diesen Maßgaben stellt sich aber die vom Verwaltungsgericht als rechtmäßig erachtete Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf drei Jahre ab Ausreise als zumutbar und damit verhältnismäßig dar. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass bei der konkreten Situation des Klägers und seiner drei Kinder, die gekennzeichnet ist von einer auch bisher im Wesentlichen (nur) auf der Basis von Besuchen, telefonischen und brieflichen Kontakten und Geschenken wahrgenommenen, eher sporadischen (d. h. von Abwesenheiten und Unterbrechungen geprägten) Elternverantwortung, einer gerade bei der noch sehr kleinen Tochter Alina allenfalls erst im Aufbau begriffenen emotionalen Bindung und einer für die weitere Entwicklung und das Wohl der Kinder in ihrer jetzigen Entwicklungsphase in erster Linie erforderlichen Konstanz und Stabilität im Rahmen ihrer Unterbringung bei den Schwiegereltern des Klägers als vom Jugendamt bestellte Pflegeeltern, eine zeitlich begrenzte Trennung des Klägers von seinen Kindern nicht als unzumutbar anzusehen ist.

Der auf die Dauer dieser Trennung bezogene Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Beurteilung der zumutbaren Sperrfrist nicht die Problematik der noch offenen Reststrafe von ca. 44 Monaten berücksichtigt und nicht hinreichend gewürdigt, dass sich dadurch der Trennungszeitraum tatsächlich erheblich verlängere, greift ebenfalls nicht durch. Denn wenn beim Kläger nicht nach § 456a StPO von der Vollstreckung der bei ihm noch offenen Freiheitsstrafe abgesehen worden wäre, würde sich die Trennungssituation infolge der streitbefangenen Befristungsentscheidung, jedenfalls was deren Dauer anbelangt, nicht anders darstellen. Die vom Kläger beanstandete Sondersituation, die seiner Meinung nach bei der Bemessung der Dauer der Frist hätte berücksichtigt werden müssen, besteht daher tatsächlich nicht.

Rechtlich nicht zu beanstanden sind entgegen der Auffassung des Klägers schließlich die vom Verwaltungsgericht bei der Würdigung der sonstigen persönlichen Umstände angestellten Erwägungen. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht die den Kläger in Litauen erwartende Situation zutreffend gewürdigt und zu Recht festgestellt, dass der Kläger auch bei einem Verbleib im Bundesgebiet vor dem Problem stünde, sich (und seinen Kindern) eine neue Existenz aufzubauen.

Lediglich zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die vom Verwaltungsgericht unter Nr. 2. der angefochtenen Entscheidung noch behandelte Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig davon, dass diese Ablehnung schon vom Klageantrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 30. Juli 2014 nicht (mehr) erfasst war, jedenfalls nicht Gegenstand des Zulassungsantrags ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Auf Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Juni 2015 insoweit zugelassen, als die Beklagte unter Aufhebung der Nummer 2 des Bescheides vom 1. Dezember 2014 verpflichtet wurde, die Wirkungen der Verlustfeststellung auf fünf Jahre ab Ausreise zu befristen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, soweit sein Zulassungsantrag abgelehnt worden ist.

IV.

Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Juni 2015 wird der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz auf 10.000,-- Euro festgesetzt. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren des Klägers wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt, der Streitwert für die zugelassene Berufung vorläufig auf 5.000,-- Euro.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz überwiegend erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. Dezember 2014 weiter. Mit diesem Bescheid wurde der Verlust seines Freizügigkeitsrechts festgestellt (Nummer 1) und die Wirkungen der Verlustfeststellung wurden auf acht Jahre ab Ausreise befristet (Nummer 2) (II.). Die Beklagte beantragt demgegenüber, die Berufung zuzulassen, soweit mit dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Juni 2015 die Wirkungen der Verlustfeststellung auf fünf Jahre ab Ausreise befristet wurden (I.).

I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil an der Richtigkeit des Urteils insoweit ernstliche Zweifel bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), als das Verwaltungsgericht die Frist für das mit der Verlustfeststellung einhergehende Einreise- und Aufenthaltsverbot von acht Jahren auf fünf Jahre ab Ausreise herabgesetzt hat. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Urteil, wonach als Orientierung für die Befristungsentscheidung die letzte strafrechtliche Verurteilung des Klägers dienen könne, steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach bei der Bemessung der Frist im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 5 und 6 FreizügG/EU (in der ab 9. Dezember 2014 geltenden Fassung) in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind und es der prognostischen Einschätzung bedürfe, wie lange das Verhalten des Klägers, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liege, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermöge (vgl. BVerwG, U. v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 32; U. v. 25.3.2015 - 1 B 18.14 - juris Rn. 27; BayVGH, B. v. 19.5.2015 - 10 ZB 14.2019 - juris Rn. 5). Es ist auch nicht offensichtlich, dass sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Festsetzung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 5 Jahre aus anderen Gründen als rechtmäßig erweisen könnte.

II. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Es liegen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.), noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; 2.). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; 3.) ist schon nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Ebenso wenig liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; 4.).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch weder bezüglich der Abweisung der Klage gegen die Verlustfeststellung (1.1) noch bezüglich der vom Verwaltungsgericht angeblich (noch) zu hoch bestimmten Dauer der Befristung der Wirkung der Verlustfeststellung (1.2) der Fall.

1.1 Das Verwaltungsgericht geht in seinem Urteil davon aus, dass die Verfügung in Nummer 1 des Bescheides vom 1. Dezember 2014 rechtmäßig sei, weil die Voraussetzungen für die von der Beklagten getroffene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 bis 3 FreizügG/EU selbst bei Vorliegen der besonderen Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 FreizügG/EU gegeben seien. Das den Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln sowie wegen Nötigung in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung zugrunde liegende persönliche Verhalten des Klägers begründe eine von ihm ausgehende gegenwärtige tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Eine Wiederholungsgefahr sei beim Kläger gegeben. Liege wie beim Kläger die Ursache der begangenen Straftaten in der Suchtmittelabhängigkeit, so sei nach ständiger Rechtsprechung die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr. Bisher habe der Kläger eine Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen. Auch die Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 FreizügG/EU, wonach nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts die Verlustfeststellung nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden könne, und wonach bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet gehabt hätten, die Verlustfeststellung nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit erfolgen dürfe, lägen vor.

Der Kläger macht demgegenüber geltend, dass von ihm keine Wiederholungsgefahr mehr ausgehe. Er befinde sich seit dem 16. Juni 2015 im Rahmen einer Unterbringung nach § 64 StGB in der forensischen Klinik des Bezirkskrankenhauses K., wo er eine Suchttherapie absolviere, die voraussichtlich 24 Monate dauern werde. Es handle sich hierbei um die erste Drogentherapie, so dass die Chance eines erfolgreichen Therapieabschlusses deutlich erhöht sei. Zudem sei der Kläger nicht vorbestraft und befinde sich erstmals in Haft. Er arbeite bei der Therapie gut mit und erziele die zu erwartenden Fortschritte. Nach der Therapie werde der Kläger nicht abrupt, sondern Schritt für Schritt in ein normales Leben entlassen. Nach vorzeitiger Entlassung werde zwingend eine Führungsaufsicht angeordnet, welche sicherstelle, dass der Kläger stabil bleibe. Dies gelte in gleicher Weise für die strengeren Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 FreizügG/EU. Aufgrund der Therapiemotivation des Klägers und des Umstands, dass eine Wiedereingliederung Schritt für Schritt erfolge, die zwingend mittels staatlicher Führungsaufsicht begleitend überwacht werde, bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Kläger den zu erwartenden Auflagen nicht Folge leisten werde, so dass nicht von einer schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gesprochen werden könne. Die Kontinuität des Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet sei durch die gegenwärtige Inhaftierung nicht abgerissen, so dass ihm auch der Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU zustehe. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU lägen nur dann vor, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt worden sei und vom ihm eine Wiederholungsgefahr ausgehe, so dass für die Existenz des Staates wesentliche Belange gefährdet seien. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, weil bereits Maßnahmen ergriffen worden seien, um die von ihm ausgehende Gefahr, nämlich in seine Drogensucht zurückzukehren und weitere Straftaten zu begehen, in den Griff zu bekommen.

Diese Ausführungen stellen aber die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe sein Recht auf Freizügigkeit verloren, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Unionsbürgerstatus der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten ist (vgl. EuGH, U. v. 23.3.2004 - Collins, C-138/02 - juris Rn. 61), ist eine Verlustfeststellung nur dann gerechtfertigt, wenn sie sich ausschließlich auf das persönliche Verhalten des Unionsbürgers stützt. Strafrechtliche Verurteilungen alleine können ohne weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten des Betroffenen muss eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft oder des Aufnahmemitgliedstaates berührt, wobei diese Feststellung im Allgemeinen bedeutet, dass eine Neigung des Betroffenen bestehen muss, das Verhalten in Zukunft beizubehalten (EuGH, U. v. 22.5.2012 - C-348/9 - juris Leitsatz 2; s. auch: § 6 Abs. 2 FreizügG/EU). Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das der Verurteilung vom 14. April 2014 zugrunde liegende Verhalten des Klägers auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 und Abs. 5 FreizügG/EU erfüllt. Gefahren, die vom illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen hohen Rang ein (EuGH, U. v. 23.11.2010 - Tsakouridis, C-145/9 - juris Rn. 45 ff.; BayVGH, B. v. 6.5.2015 -10 ZB 15.231 - juris Rn. 4). Zwingende Gründe i. S.d § 6 Abs. 5 FreizügG/EU liegen jedoch nicht nur dann vor, wenn die Ausweisungsmaßnahme in Bezug auf einen Unionsbürger, der den Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt hat, die mit dem bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln verbundene Kriminalität bekämpfen soll. Vielmehr steht es den Mitgliedstaaten frei, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV angeführten als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen und eine Ausweisungsverfügung rechtfertigten können, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (EuGH, U. v. 22.5.2012 - C-348/09 - juris Leitsatz. 1; vgl. BayVGH, B. v. 10.12.2014 - 19 ZB 13.2013 - juris Rn. 7 m. w. N.). Illegaler Drogenhandel gehört zu den in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV angeführten Straftaten im Bereich der besonders schweren Kriminalität. Nach den Feststellungen des Strafurteils vom 31. Juli 2013 hat der Kläger zweimal von einem bislang unbekannten Lieferanten per Paket aus dem Raum Köln/Aachen mindestens 1 kg bzw. 1,78 kg Amphetamin bezogen und hierfür zur Verschleierung seiner Identität als Empfänger das Namensschild an seiner Wohnungstür ausgetauscht bzw. ergänzt. Das Amphetamin verkaufte der Kläger größtenteils aus seiner Wohnung heraus weiter und hat dadurch die Gesundheit und das Leben einer nicht unerheblichen Zahl von Menschen gefährdet. In unmittelbarer Nähe zu den für den Weiterverkauf bestimmten Amphetaminmengen bewahrte er einen Teleskopschlagstock und ein Kampfmesser auf. Den Weiterverkauf des Amphetamins hatte teilweise T. B. übernommen. Er wurde vom Kläger bzw. von vier von ihm angeworbenen Personen mit einem Küchenmesser eingeschüchtert, damit er weiter Amphetamin verkaufe bzw. bei sich in der Wohnung aufbewahre. Folglich ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Art und Begehungsweise des Drogenhandels seitens des Klägers besonders schwerwiegende Merkmale aufweist.

Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass die Gefahr bestehe, der Kläger werde sein strafbares Verhalten wiederholen. Das Erstgericht hat bezüglich der Wiederholungsgefahr entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass angesichts der langjährigen Drogensucht des Klägers der erfolgreiche Abschluss einer Drogentherapie von zentraler Bedeutung für die Prognose sei, ob der Kläger künftig weiterhin erhebliche Straftaten begehen werde. Liegt, wie beim Kläger, die Ursache der begangenen Straftaten (auch) in der Suchtmittelabhängigkeit, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr (BayVGH, B. v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 7). Auch wenn der Kläger nunmehr eine Langzeittherapie begonnen hat, derzeit abstinent in beschützender Umgebung lebt, motiviert und engagiert in der Therapie mitarbeitet und eine ausgeprägte Krankheitseinsicht zeigt, besteht die Wiederholungsgefahr nach wie vor fort. Sollte eine suchttherapeutische Behandlung nicht abgeschlossen werden, sei die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Rückfalls und eine Rückkehr zu delinquenten Verhaltensweisen als sehr hoch anzusehen (vgl. Schreiben d. Bezirkskrankenhauses K. v. 28.8.2015). Auch das Vorbringen des Klägers, er verhalte sich vorbildlich und werde auch nach Therapieende unter Führungsaufsicht und staatlicher Kontrolle stehen, lässt die Wiederholungsgefahr in Bezug auf die Begehung weiterer Straftaten im Bereich der Drogenkriminalität nicht entfallen. Ein Wohlverhalten unter dem Druck einer strafgerichtlich angeordneten Therapie und staatlicher Kontrolle lässt nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung schließen. Um die erhebliche Wiederholungsgefahr im Fall des Klägers ernsthaft in Zweifel ziehen zu können, wäre nach ständiger Rechtsprechung des Senats erforderlich, dass er eine Therapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig straffreien Verhaltens auch nach Straf- bzw. Therapieende glaubhaft gemacht hätte (BayVGH, B. v. 10.10.2012 - 10 ZB 11.2454 - juris Rn. 9 m. w. N.).

Das Zulassungsvorbringen zur Verhältnismäßigkeit der Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt vermag ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen.

Insoweit bringt der Kläger vor, dass er im Falle einer Verlustfeststellung seine Therapie in Deutschland nicht zu Ende führen könne und zudem seine Resozialisierung gefährdet sei, weil sich sein gesamtes soziales Bezugsystem in Deutschland befinde. Dies sei vom Erstgericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der Überprüfung der Ermessensentscheidung bislang überhaupt nicht berücksichtigt worden. Zudem bestünden hinsichtlich des Zugangs des Klägers zum griechischen Gesundheitssystem keine gesicherten Erkenntnisse. Nach den allgemeinen Umständen in Griechenland sei davon auszugehen, dass er keinen Zugang zu einer erforderlichen Therapie habe. Weiterhin bringt der Kläger vor, die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zur Verlustfeststellung sei verfrüht ergangen. Während des Zeitraums der Therapie und der anschließenden Führungsaufsicht gehe vom ihm keine Gefahr aus, so dass keine Notwendigkeit bestanden habe, schon jetzt die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts zu treffen. Das Verwaltungsgericht messe einer abgeschlossenen Drogentherapie eine maßgebliche Bedeutung für die zulasten des Klägers getroffene Gefahrenprognose zu, andererseits werde aber gerade durch die Verlustfeststellung eine erfolgreiche Therapie torpediert.

Gemäß § 6 Abs. 3 FreizügG/EU sind bei der Entscheidung über eine Feststellung des Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt eines Unionsbürger insbesondere die Dauer des Aufenthalts in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Dieser Katalog ist zwar nicht abschließend (vgl. Kurzidem in Beck’scher Online Kommentar, AuslR, Stand: 1.8.2015, FreizügG/EU, § 6 Rn. 33). Jedoch sind bei einer Ermessensentscheidung für eine Verlustfeststellung lediglich diejenigen Faktoren zu berücksichtigen, die mit dem Zweck der Verlustfeststellung, nämlich eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu vermeiden, in Zusammenhang stehen. Ob eine solche gegenwärtige Gefährdung für den Aufnahmemitgliedstaat besteht, hängt jedoch nicht davon ab, ob der Kläger einen rechtlichen Anspruch auf Teilnahme an einer Drogentherapie hat, er in Griechenland Zugang zu einer entsprechenden Therapie hat und ob in Griechenland die Voraussetzungen für eine Rehabilitation weniger gut sind als im gewohnten sozialen Umfeld, sondern hängt vielmehr bei Straftätern, bei denen die Ursache der Straftaten in der Suchtmittelabhängigkeit liegt, vom erfolgreichen Abschluss einer entsprechenden Therapie ab (vgl. zur Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen BVerwG, B. v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 19).

Soweit sich der Kläger zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit der Verlustfeststellung auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. März 2012 (11 S 3269/11 - juris) bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. Januar 2013 (1 C 10.12 - juris) der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vertretenen Rechtsauffassung entgegengetreten ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat nochmals ausdrücklich betont, dass für die im Rahmen einer tatrichterlichen Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gelte. Der Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit werde dadurch Rechnung getragen, dass an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit keine allzu geringen Anforderungen gestellt werden dürften. Der differenzierende Wahrscheinlichkeitsmaßstab bei der Frage der Wiederholungsgefahr führe daher selbst bei Unionsbürgern nicht zu einem unionsrechtswidrigen Gefahrenexport zulasten anderer Mitgliedstaaten (BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 16).

Zum Vorbringen des Klägers, die Entscheidung der Verlustfeststellung sei ermessensfehlerhaft bzw. unverhältnismäßig, weil dem Kläger durch die verfrühte Entscheidung der Behörde die Möglichkeit abgeschnitten werde, seine positive Entwicklung im Rahmen der Therapie bei der Entscheidung über die Verlustfeststellung zu berücksichtigen, ist festzustellen, dass „es nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Rechtmäßigkeit einer ausländerbehördlichen Entscheidung über den Verlust des Aufenthaltsrechts eines Unionsbürgers darauf ankommt, ob der Betroffene eine gegenwärtige und schwerwiegende Gefahr für wichtige Rechtsgüter darstellt und das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das private Interesse am Verbleib des Unionsbürgers in Deutschland deutlich überwiegt. Vorgaben für den Zeitpunkt, zu dem die Behörde die Verlustfeststellung ausspricht, ergeben sich weder aus dem nationalen Recht noch aus dem Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine umfassende Beurteilung der Situation des Betroffenen „jeweils zu dem genauen Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem sich die Frage der Ausweisung stellt“ (vgl. EuGH, U. v. 16.1.2014 - C-400/12 - juris Rn. 35). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich zudem, dass das Gericht keine Einwände gegen eine Verlustfeststellung nach Verbüßung von weniger als zwei Jahren einer auf insgesamt sechs Jahre und sechs Monate festgesetzten Haftstrafe erhoben hat (vgl. EuGH, U. v. 23.11.2010 - C-145/09 - juris Rn. 12 ff.). Einer positiven Entwicklung des Unionsbürgers nach Erlass der Verlustfeststellung, etwa durch eine erfolgreiche Therapie während der Strafhaft, kann durch eine nachträgliche Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU Rechnung getragen werden“ (vgl. zum Ganzen BVerwG, B. v. 11.9.2015 - 1 B 39.15 - juris Rn. 21 m. w. N.).

1.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bezüglich der durch das Verwaltungsgericht vorgenommenen (kürzeren) Befristung der Wirkungen der Verlustfeststellung auf fünf Jahre hat der Kläger im Zulassungsantrag nicht hinreichend dargelegt. Er vertritt zwar die Auffassung, dass auch die vom Verwaltungsgericht getroffene Befristungsentscheidung auf fünf Jahre im Ergebnis unverhältnismäßig sei. Der Kläger hat aber insoweit nicht dargelegt, aufgrund welcher Belange das aus der Verlustfeststellung resultierende Einreise- und Aufenthaltsverbot auf nur ein Jahr befristet werden müsste. Auch für den Befristungsanspruch nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU a. F. bzw. § 7 Abs. 2 Satz 5 und 6 FreizügG/EU n. F. ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie an dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d. h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenfalls relativieren lassen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange für Unionsbürger in Blick zu nehmen (vgl. zum Ganzen BVerwG, U. v. 25.3.2015 - 1 C 18.14 - juris Rn. 27 ff.). Der Hinweis des Klägers auf die begonnene und - seiner Ansicht nach - voraussichtlich erfolgreiche Absolvierung einer Drogentherapie reicht hierfür jedenfalls nicht aus.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 106). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die vom Kläger thematisierten Fragen zur Wiederholungsgefahr, wenn die Ursache der begangenen Straftaten in der Suchtmittelabhängigkeit liegt, und zur Berücksichtigung von Abwägungsfaktoren bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Verlustfeststellung sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 10.4.2014 - 10 ZB 13.71 - juris Rn. 6 m. w. N.) und in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend geklärt. Insoweit kann insbesondere auf die bereits genannten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 23. November 2010 (C-145/09 -juris Rn. 12) und vom 22. Mai 2012 (Tsakouridis, C-348/09 - juris Rn. 10) sowie vom 16. Januar 2014 (C-400/12 - juris) verwiesen werden. Auf die Frage, welche Auswirkungen eine Abschiebung des Klägers nach Griechenland auf dessen Resozialisierung und Gesundheit gehabt hätte, kommt es bei der hier streitgegenständlichen Verlustfeststellung nicht an, weil alleiniger Prüfungsmaßstab ist, ob vom Kläger derzeit eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft oder des Aufnahmemitgliedstaates berührt und eine Neigung des Betroffenen besteht, das Verhalten in Zukunft beizubehalten.

3. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend hinreichend dargelegt. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Der Kläger hat zwar drei konkrete Rechtsfragen formuliert. Er möchte geklärt haben, ob eine Wiederholungsgefahr dann nicht mehr besteht, wenn ein Betroffener durch aktive und positive Mitarbeit, insbesondere während des Vollzugs einer Strafhaft oder eines Maßregelvollzugs, welche erkennbar über ein bloßes Wohlverhalten hinausgeht, einen Resozialisierungsprozess in Gang gebracht hat. Weiter möchte er geklärt haben, ob ein positiver und erfolgversprechender Resozialisierungsprozess bei einem nicht vorbestraften, faktischen Inländer einen so gewichtigen Abwägungsfaktor bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt ausmacht, dass eine Verlustfeststellung nur mit einer besonderen Begründung verfügt werden darf. Schließlich erachtet er als grundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine hinreichende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bereits dann entfällt, wenn ein betroffener faktischer Inländer, der sich erstmals in Haft befindet, gemäß § 64 StGB untergebracht wird, therapiemotiviert und bereit ist, alle Auflagen, welche ihm im Rahmen der Resozialisierung gemacht werden, zu erfüllen, und diese genannten Maßnahmen geeignet sind, sich positiv auf die Gefahrenprognose auszuwirken und das früheste Strafende zeitlich noch weit entfernt liegt. Er hat jedoch nicht dargelegt, dass die vorformulierten Fragen klärungsbedürftig sind und weshalb ihnen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Zur Frage des Bestehens einer Wiederholungsgefahr, wenn die Ursache der begangenen Straftaten in der Suchtmittelabhängigkeit liegt, besteht umfangreiche obergerichtliche Rechtsprechung, nach der die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr ist und eine begonnene, erfolgversprechende Drogentherapie hierfür noch nicht ausreicht, sondern vielmehr die mit dem erfolgreichen Verlauf der Therapie verbundene Erwartung künftig straffreien Verhaltens auch nach Straf- bzw. Therapieende glaubhaft gemacht werden muss (BayVGH, B. v. 10.4.2014 - 10 ZB 13.71 - juris Rn. 6 m. w. N.; B. v. 21.2.2014 - 10 ZB 13.1861 - juris Rn. 6 für die Anordnung einer Maßnahme der Sicherung und Besserung nach § 64 StGB). Im Übrigen fehlt es an einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der aufgeworfenen Fragen. Die Prognose, ob der Betroffene auch in Zukunft eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt, erfordert eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Beurteilung des persönlichen Verhaltens eines Unionsbürgers, das einer über den Einzelfall hinausgehenden Klärung nicht zugänglich ist.

4. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) durch das Verwaltungsgericht vorliege. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe es versäumt aufzuklären, ob und unter welchen Bedingungen dem Kläger eine Fortsetzung seiner erforderlichen Therapie in Griechenland möglich gewesen sei, greift nicht durch. Einen entsprechenden Beweisantrag hat der Kläger, der anwaltlich vertreten war, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form gestellt (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 25.7.2014 -10 ZB 14.633 - juris Rn. 19). Dem Verwaltungsgericht musste sich auch von Amts wegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Möglichkeit der Fortsetzung der Drogentherapie in Griechenland nicht aufdrängen. Die Aufklärungsrüge könnte insoweit nur dann erfolgreich sein, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem müsste der Rechtsmittelführer darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigeren Entscheidung geführt hätte (BayVGH, B. v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 52 m. w. N.). Die Frage, ob der Kläger in Griechenland Zugang zu einer entsprechenden Drogentherapie hätte, war für das Verwaltungsgericht jedoch nicht entscheidungserheblich, weil es zutreffend davon ausgegangen ist, dass es für das Entfallen einer Wiederholungsgefahr ausschließlich darauf ankommt, ob zum Zeitpunkt der zu treffenden Prognoseentscheidung eine Drogentherapie bereits erfolgreich absolviert ist.

Die Kostenentscheidung für den Zulassungsantrag des Klägers beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren der Beklagten bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 sowie § 52 Abs. 2 GKG. Das Verwaltungsgericht hat auch über die vom Kläger (zunächst hilfsweise) geltend gemachte Verkürzung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots entschieden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bezüglich der Verlustfeststellung und jedenfalls einer fünf Jahre ab Ausreise noch unterschreitenden Befristung der Wirkung der Verlustfeststellung rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Mai 2015 - 5 K 3589/13 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbots.
Der Kläger wurde nach seinen Angaben am ...1957 in Buffalo im Bundesstaat New York geboren. Er reiste im Jahr 1986 in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, den er später zurücknahm. Er ist seit seiner Einreise nicht im Besitz eines ausländischen Ausweisdokuments. Versuche, seine Staatsangehörigkeit zu klären, führten bislang nicht zum Erfolg.Am 18.03.1988 heiratete der Kläger eine deutsche Staatsangehörige. Die Ehe besteht nach wie vor. Die Ehefrau ist mittlerweile infolge eines Schlaganfalls schwerbehindert und auf Betreuungsleistungen angewiesen.
Der Kläger ist siebenmal strafrechtlich in Erscheinung getreten. U.a. verurteilte ihn am 11.07.1994 das Landgericht Stuttgart wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, in zwei Fällen in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Am 16.10.1997 folgte eine Verurteilung zu der Freiheitstrafe von zwei Jahren sechs Monaten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Zuletzt verurteilte das Landgericht Stuttgart den Kläger am 08.06.2006 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Nach (nahezu) vollständiger Verbüßung dieser Strafe wurde der Kläger am 31.10.2012 aus der Haft entlassen. Zuvor hatte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe durch Beschluss vom 02.02.2011 die bewährungsweise Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe abgelehnt.
Durch Beschluss vom 12.09.2012 hatte das Landgericht Stuttgart Führungsaufsicht für die Dauer von fünf Jahren nach Haftentlassung angeordnet und einen Bewährungshelfer bestellt.
Mit Verfügung vom 05.02.2007 hatte das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die gegen die Verfügung erhobene Klage blieb erfolglos (Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 25.07.2007 - 5 K 2538/07 -).
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.06.2013 beantragte der Kläger beim Regierungspräsidium Stuttgart die Befristung der Wirkungen der Ausweisung ohne vorherige Ausreise.
Der Kläger erhob am 27.09.2013 Untätigkeitsklage.
Mit Verfügung vom 06.05.2014 befristete das Regierungspräsidium Stuttgart die Wirkungen der Ausweisung vom 05.02.2007 auf drei Jahre, wobei die Frist mit der Ausreise/Abschiebung beginnt. Das Regierungspräsidium ging in der Verfügung davon aus, dass die Gefahr der Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten hoch sei. Unter Berücksichtigung des Gewichts des Ausweisungsgrundes und des verfolgten Ausweisungszwecks setzt es in einem Schritt die Sperrfrist auf sieben Jahre nach erfolgter Ausreise/Abschiebung fest. Als Umstand für die Relativierung berücksichtigte es, dass der Kläger mit einer inzwischen über siebzigjährigen deutschen Ehefrau verheiratet ist, die im Jahr 1996 einen Schlaganfall erlitt hatte, seitdem auf den Rollstuhl angewiesen ist und er mit ihr in Stuttgart in häuslicher Gemeinschaft lebt. Eine Befristung auf sofort kam nach Auffassung des Regierungspräsidiums nicht in Frage. Die deutsche Ehefrau sei bei der Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht zwingend auf die Lebenshilfe des Klägers angewiesen, zumal sie sich dieser während der Inhaftierung des Klägers auch nicht habe bedienen können.
Im April 2014 beantragte der Kläger bei der Landeshauptstadt Stuttgart die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Insoweit ist beim Verwaltungsgericht Stuttgart ein Klageverfahren anhängig.
10 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger im Wesentlichen vor, die in der Verfügung vorgenommene Interessenabwägung sei höchst peinlich. Die Bedeutung des im Haushalt verfügbaren Ehegattens zur Verrichtung der anfallenden Aufgaben sei übersehen worden. Dass es soziale Dienste gebe, mindere den verfassungsrechtlichen Rang des Angewiesenseins der Ehefrau auf seine Unterstützung nicht.
11 
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
12 
Durch Urteil vom 29.05.2015 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 06.05.2014 zur Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf sofort und ohne vorherige Ausreise. Zur Begründung führte es aus:
13 
Bei der Bestimmung der Länge der Frist seien in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedürfe der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liege, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermöge. Bei einer aus generalpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung komme es - soweit sie zulässig sei - darauf an, wie lange von ihr noch eine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer ausgehe. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Höchstfrist müsse sich aber in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Die Abwägung sei nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne in bestimmten Fällen eine vollständige Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung geboten sein. Dies könne zum einen deshalb geboten sein, weil seit der Verfügung einer nicht vollzogenen Ausweisung ein so langer Zeitraum verstrichen sei, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehenden spezial- oder generalpräventiven Gründe entfallen seien. Ein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG könne sich aber auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, etwa weil schützenswerte familiäre Belange im Sinne von Art. 6 GG dies erforderten. Die Beseitigung der in §11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung setze nicht die vorherige Ausreise des Ausländers voraus. Ausgehend von diesen Grundsätzen sei dem Begehren des Klägers zu entsprechen. Allerdings sei auch das Gericht nicht davon überzeugt, dass praktisch ausgeschlossen werden könne, dass der Kläger weitere schwerwiegende Straftaten begehen werde. Insbesondere sei der Kläger nach wie vor nicht bereit, das große Unrecht des zuletzt abgeurteilten versuchten Mordes einzusehen. So habe er in der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren die wenig glaubhafte Theorie von einer Verschwörung im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 28.11.2005 wiederholt; ferner habe er dem Landgericht eine beachtliche Voreingenommenheit wegen seiner Vorstrafen unterstellt. Nach dem Eindruck des Gerichts in der mündlichen Verhandlung habe der Kläger zudem ein ausgeprägtes Anspruchsdenken, das eine Auseinandersetzung mit der Frage der Rechtmäßigkeit und Moralität des eigenen Verhaltens offensichtlich erheblich erschwere. So habe der Kläger auf die gleich zu Beginn seiner Anhörung gestellte Frage nach dem Umfang seiner Betreuungsleistungen für seine Ehefrau erst einmal sein erhebliches Unverständnis mit seiner ausländerrechtlichen Stellung geäußert; offensichtlich wolle er für sich einen Anspruch auf Aufenthalt in der Bundesrepublik (und wohl auch auf Einbürgerung) allein aus dem Umstand herleiten, dass er im Jahr 1988 eine deutsche Ehefrau habe heiraten dürfen und die Ehe fortbestehe. Dass aber etwa selbst das wiederholte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu keinen nennenswerten ausländerrechtlichen Konsequenzen geführt habe, übergehe der Kläger schlicht. Freilich schätzte das Gericht die Wiederholungsgefahr nicht mehr als besonders hoch ein. Die letzte Tat habe der Kläger vor neuneinhalb Jahren begangen; er gehe mittlerweile auf die sechzig zu. Die vollständige Verbüßung der langen Freiheitsstrafe habe den Kläger nach Einschätzung des Gerichts beeindruckt. Zudem sei nach Angaben der Bewährungshilfe der bisherige Verlauf der nunmehr auch schon rund zweieinhalb Jahre andauernden Führungsaufsicht positiv. Welche Länge die Frist ausgehend von den vorstehenden Erwägungen in dem ersten Schritt haben müsse, könne offenbleiben, denn unter Berücksichtigung höherrangigen Rechts sei in jedem Fall die vollständige Beseitigung der Wirkungen der Ausweisung geboten. Nach Auffassung des Gerichts verletze nämlich der mit der Setzung einer Frist verbundene faktische Zwang, das Bundesgebiet zu verlassen, den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichte Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhielten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Der Betroffene brauche es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit seien nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich seien. Das Gericht habe nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Ehefrau des Klägers auf dessen - von ihm tatsächlich erbrachte - Lebenshilfe angewiesen sei. Der Kläger hat glaubhaft vorgetragen, dass er nahezu sämtliche im Haushalt anfallenden Arbeiten erledige und auch seiner Ehefrau umfassend zur Seite stehe. Der Frage, ob die Lebenshilfe auch etwa durch die - nach Angaben des Klägers: drei - Kinder der Klägerin oder, wie während der Zeit seiner Inhaftierung, durch einen Sozialdienst erbracht werden könne, brauche das Gericht ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nachzugehen. Der Beistand könne auch nur in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.
14 
Auf den rechtzeitig gestellten Antrag des Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 04.09.2015 - dem Beklagten am 15.09.2015 zugestellt - die Berufung zugelassen.
15 
Am 14.10.2015 hat der Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags wie folgt begründet:
16 
Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der seit 01.08.2015 geltenden Fassung sei nunmehr über die Befristung der Ausweisungswirkungen und die Läge der Frist nach Ermessen zu entscheiden. Diese Ermessensentscheidung sei mittlerweile nachgeholt worden. Hiernach gehe vom Kläger nach wie vor eine erhebliche Wiederholungsgefahr aus, wobei hier nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Ausmaß der drohenden Rechtsgutsverletzung sich relativierend auf das Maß der festzustellenden Eintrittswahrscheinlichkeit auswirke, weshalb im Fall des Klägers angesichts der begangenen Straftaten geringe Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit zu stellen seien. Zu berücksichtigen sei, dass beim Kläger bis 31.10.2017 Führungsaufsicht angeordnet worden sei, was aber nach § 68 Abs. 1 StGB vorausgesetzt habe, dass die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten gegeben sei. Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht selbst davon ausgegangen, dass die Begehung weiterer Straftaten nicht ausgeschlossen werden könne. In einem ersten Schritt sei daher eine Frist auf sieben Jahre zugrunde gelegt worden. Vor Ablauf von sieben Jahren könne nicht davon ausgegangen werden, dass die spezial- und generalpräventiven Zwecke der Ausweisung erfüllt seien. Diese Frist sei dann unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe auf drei Jahre reduziert worden. Da der Kläger mit Rücksicht auf die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen und deren gesundheitliche Situation (unter der Voraussetzung gleich bleibender Umstände) weiter geduldet werde, bestehe - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch kein faktischer Zwang zur Ausreise, um die Frist überhaupt in Lauf zu setzen. Sollte die Kriminalitätsprognose sich in der Zukunft zugunsten des Klägers verbessern, so bestehe die Möglichkeit einer weiteren Verkürzung der Frist bzw. der vollständigen Aufhebung des Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbots. Gegenwärtig bewirke die Fristsetzung, dass eine Aufenthaltsverfestigung verhindert werde. Nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG solle das Verbot aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Titels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorlägen. Zwar lägen hier an sich die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG vor. Allerdings liege in Anbetracht des massiven Fehlverhaltens des Klägers und seiner groben mehrfachen Missachtung der deutschen Rechtsordnung gegenwärtig noch eine Atypik vor, weshalb der Regelanspruch nicht bestehe und ein Titel nicht zu erteilen sei.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.05.2015 - 5 K 3589/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen; hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, das Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbot auf den 31.10.2016 aufzuheben und höchst hilfsweise auf den 31.10.2016 nach vorheriger Ausreise zu befristen.
21 
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihm aufgrund europarechtlicher Erwägungen kein Ermessen eingeräumt und weiter eine rechtlich gebundene Entscheidung zu treffen. Es lägen aber keine spezialpräventiven Gründe mehr vor. Wenn auch nach Auffassung des Beklagten wegen des Schutzes aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG das Aufenthaltsverbot nicht durchsetzbar sei, so bestehe kein Raum für ein solches Verbot. Europarechtlich sei ein Zwischenstadium, wie das einer Duldung, gerade nicht vorgesehen. Die Nickeligkeiten des deutschen Fremdenrechts seien dem auf Einfachheit bedachten Unionsrecht fremd.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens verweist der Senat auf die gewechselten Schriftsätze. Ihm lagen die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf (sofortige) Aufhebung des Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbot, er kann eine solche auch nicht auf den 31.10.2016 bzw. eine Befristung auf den 31.10.2016 (nach vorheriger Ausreise) beanspruchen.
24 
Nach der für die Entscheidung des Senats maßgeblichen seit 01.08.2015 geltenden Fassung des § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist über die Befristung des Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbots von Amts wegen zusammen mit der Ausweisung zu entscheiden. In einem sog. Altfall, wie er hier gegeben ist, kann dieses naturgemäß nicht mehr geschehen; vielmehr ist die Befristung nachzuholen.
25 
§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG sieht vor, dass die Entscheidung der Ausländerbehörde über die Länge der Frist von dieser im Ermessenswege zu treffen ist. Davon ausgehend stellt sich die angegriffene Entscheidung im konkreten Fall zwar als rechtmäßig dar (dazu unten 4.). Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass Entscheidungen nach § 11 AufenthG nF bei Ausweisungen aufgrund übergeordneter Gründe auch nach neuer Rechtslage als gebundene erfolgen müssen. Denn regelmäßig ist nur dadurch systemkonform die Verhältnismäßigkeit der zugrunde liegenden Ausweisung, die nunmehr stets als gebundene Entscheidung ergeht, sicherzustellen (dazu sogleich unter 1. bis 3.). Insoweit ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 AufenthG in der Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 unverändert zu übertragen.
26 
1. Das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 (BGBl I S. 2258) hatte das Bundesverwaltungsgericht zum Anlass einer umfassenden Neubestimmung des Befristungsregimes genommen und - jedenfalls in Ermangelung eines ausdrücklichen entgegenstehenden Wortlauts - die Fristbestimmung als gebundene Entscheidung interpretiert und letztlich am Antragserfordernis nicht mehr festgehalten, obwohl der Wortlaut der Norm an sich keine andere Interpretation zuließ. Es hat sich dabei zum einen von den unionsrechtlichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie leiten lassen, aber ausdrücklich offen gelassen, ob etwa die Ausweisungsverfügung eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Rückführungsrichtlinie ist. Weiter hat es das nationale Verfassungsrecht, nämlich die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, fruchtbar gemacht und schließlich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK herangezogen. Es führt in diesem Zusammenhang im Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - InfAuslR 2012, 255 (vgl. auch Urteile vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - InfAuslR 2012, 397; vom 13.12.2012 - 1 C 14.12 - InfAuslR 2013, 141) aus, dass in der Gesamtschau der sich aus den Grundrechten des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie aus dem Unionsrecht ergebenden Argumente und der erstmals mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 im Grundsatz eingeführten Höchstfrist von fünf Jahren die schützenswerten privaten Interessen des Betroffenen an der Befristung nunmehr in einer Weise aufgewertet seien, dass vor dem Hintergrund des insoweit offenen Wortlauts des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht mehr angenommen werden könne, der Verwaltung sei ein Spielraum zur Rechtskonkretisierung im Einzelfall eingeräumt, der nur auf die Einhaltung äußerer Grenzen gerichtlich überprüfbar sei. Die Regelung sei auch in ihrem europäischen Gesamtzusammenhang betrachtet nunmehr so zu verstehen, dass dem Betroffenen ein Recht auf eine vollständige gerichtliche Kontrolle der Dauer der Befristung eingeräumt sei, um sein Recht auf eine verhältnismäßige Aufenthaltsbeendigung zu sichern.
27 
Wenn der Gesetzgeber sich nunmehr entschieden hat, in § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG das Prinzip der Ermessensentscheidung festzuschreiben, so sah er sich offenbar durch die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht daran gehindert, den früheren Rechtszustand bzw. die frühere Sichtweise wieder herzustellen (vgl. den Hinweis auf das Urteil vom 14.02.2012 in BT-Drucks. 18/4097, S. 36). Zwar ist in diesem Zusammenhang einzuräumen, dass das Bundesverwaltungsgericht auf den ersten Blick eine solche Interpretation herausgefordert hat, wenn es auf einen „offenen Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F.“ hingewiesen und in der Schwebe gelassen hatte, was im Falle eines nicht offenen Wortlauts zu gelten hätte. Wenn aber Geltungsgrund des Anspruchs auf Befristung und uneingeschränkte richterliche Kontrolle verfassungsrechtliche, unionsrechtliche und menschenrechtliche Vorgaben sein sollen, die das „Recht auf eine verhältnismäßige Aufenthaltsbeendigung“ sichern sollen, so kann die verfassungs- und völkerrechtliche Zulässigkeit eines Ermessensspielraums nicht tragfähig begründet werden. Hinzu kommt ein weiteres: Es bestehen ungeachtet des Ansatzes des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr grundlegende strukturelle Einwände gegen die Zulässigkeit der Einräumung eines Ermessensspielraums. Denn nach der neuen Rechtslage ergeht die Ausweisungsentscheidung selbst ausnahmslos und nicht nur im Ausnahmefall ohne jeden behördlichen Ermessensspielraum als eine rechtlich gebundene und umfassend interessenabwägende Entscheidung, die (lediglich) die Rechtsgrenze der Verhältnismäßigkeit zu wahren hat. Dann aber stellte es einen strukturellen Widerspruch bzw. eine gedankliche Ungereimtheit dar, wenn hier ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum bestünde und der Ausländerbehörde eine mehr oder weniger große autonome Steuerungsmöglichkeit eingeräumt wäre. Denn die Dauer des Verbots ist gleichfalls für das Gewicht der Interessenbetroffenheit des Ausländers von essentieller Bedeutung und gestaltet, wenn auch nicht formal, so doch inhaltlich untrennbar die durch die Ausweisung ausgelösten Folgen. Aus den vorgenannten verfassungsrechtlichen wie auch strukturellen Erwägungen folgt, dass bei der Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kein behördlicher Ermessensspielraum bestehen kann (vgl. GK-AufenthG § 11 Rn. 65 ff; a.A. aber etwa Zeitler, in: HTK-AuslR, § 11 AufenthG zu Abs. 3 Nr. 1, ohne aber überhaupt auf die Problematik einzugehen). Der Senat kann an dieser Stelle allerdings offen lassen, ob in Bezug auf die Rechtsfolgen einer Zurückweisung bzw. Abschiebung und deren Befristung eine Ermessensentscheidung ausgeschlossen ist, denn in diesen Fällen dürfte der argumentative Ansatz nicht identisch sein.
28 
2. Was die Fristbestimmung im Einzelnen betrifft, so nimmt vor dem unionsrechtlichen Hintergrund des Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG (RFRL) § 11 Abs. 3 Satz 2 eine grundsätzliche Differenzierung vor. In der Regel darf die Frist zunächst die Dauer von fünf Jahren nicht überschreiten. Ausnahmsweise darf diese Frist aber überschritten werden, wenn der oder die Betreffende aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde oder wenn von ihm/ihr eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Diese Ausnahmefrist darf sodann in der Regel nicht für einen längeren Zeitraum als zehn Jahre festgesetzt werden.
29 
Aus dieser Differenzierung folgt zunächst im Ausgangspunkt, dass oberhalb der Grenze von fünf Jahren allein spezialpräventive Gründe für die Bestimmung der Fristlänge herangezogen werden dürfen, während unterhalb dieser Grenze grundsätzlich auch generalpräventive Überlegungen maßgeblich sein können (vgl. allerdings den missverständlichen Leitsatz Nr. 1, der davon spricht, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 a.F. allein spezialpräventiven Zwecken diene, der aber keine Entsprechung in den Entscheidungsgründen findet BVerwG, Urteil vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 - InfAuslR 2013, 334; vgl. demgegenüber aber wieder Urteil vom 30.07.2013 - 1 C 9.12 - InfAuslR 2013, 418). Dieses gilt jedenfalls für die Fallgruppe der schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 Alt. 2. Für Alt. 1 - den Fall der strafgerichtlichen Verurteilung - gilt formal betrachtet keine Beschränkung auf spezialpräventive Gründe, wörtlich genommen müssen an sich überhaupt keine Gründe vorliegen (zur Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie GK-AufenthG § 11 Rn. 115). Gleichwohl ist auch hier das Befristungsregime in untrennbarem Zusammenhang mit der Ausweisungsentscheidung zu sehen, die aus spezial- und ggf. generalpräventiver Erwägung den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gewährleisten soll. Deshalb könnte eine Befristungsentscheidung, die nicht mehr der Absicherung und Gewährleistung der mit der Ausweisung selbst verfolgten Zwecke dient, keine Rechtfertigung finden, sie wäre nicht mehr erforderlich und letztlich unverhältnismäßig, weshalb allein der Umstand einer strafgerichtlichen Verurteilung, ohne dass weitere die konkrete Befristung tragende und rechtfertigende Aspekte hinzutreten, eine Verlängerung von vornherein nicht zu rechtfertigen vermag.
30 
Die nunmehr gesetzlich in § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG bestimmte Regelobergrenze von zehn Jahren ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geschuldet, wonach in der Regel ein Zeitraum von maximal zehn Jahren den Zeithorizont darstellen soll, für den eine Prognose realistischer Weise noch gestellt werden könne und sich die Persönlichkeitsentwicklung weiter in die Zukunft kaum abschätzen lasse, ohne spekulativ zu werden (vgl. Urteil vom 13.12.2012 - 1 C 20.11 - InfAuslR 2013, 169; vom 13.12.2012 - 1 C 14.12 - InfAuslR 2013, 141; vom 14.5.2013 - 1 C 13.12 - InfAuslR 2013, 334). Ob diese Annahme ausreichend valide und daher sachgerecht ist bzw. ob es Aufgabe der Verwaltungsgerichte sein kann, ohne nähere Belege eine solche Grenze festzulegen, bedarf hier keiner Entscheidung (mehr). Denn die gesetzliche Festlegung einer solchen Regelfrist von 10 Jahren liegt in der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und überschreitet den hierdurch gesteckten Rahmen nicht, da sie nicht offenkundig sachfremd bzw. unzutreffend ist.
31 
Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen nach der aktuellen Rechtslage die Frist von 10 Jahren überschritten werden darf, bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Prüfung.
32 
Für den Regelfall, dass die Befristung zusammen mit der Ausweisung erfolgt, sieht mit § 11 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AufenthG das geltende Recht nunmehr vor, dass das Verbot auch aufgehoben werden kann. Aus diesem Grund ist formal betrachtet kein Raum mehr für eine bislang übliche Tenorierung, wonach die Befristung auf sofort (ohne vorherige Ausreise) erfolgt.
33 
Nach dem mittlerweile in ständiger Rechtsprechung vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Ansatz (vgl. Urteil vom 06.03.2014 - 1 C 2.13 - InfAuslR 2014, 223 m.w.N.) ist die maßgebliche festzusetzende Frist (und für die Beantwortung der Frage, ob ein Verbot aufzuheben ist, gilt nichts anderes) in zwei deutlich voneinander zu trennenden Schritten zu ermitteln: Im ersten Schritt ist allein der Frage nachzugehen, ob die konkret mit der Ausweisung (besser: dem Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbot) verfolgten Zwecke nach Ablauf der Frist aller Voraussicht erreicht sein werden, ob - mit anderen Worten - die spezial- und/oder ggf. generalpräventiven Zwecke eine Aufrechterhaltung des Verbots nach einer an dieser Stelle zu bestimmenden Höchstfrist nicht mehr zu rechtfertigen vermögen. In einem zweiten Schritt sind sämtliche im konkreten Kontext schutzwürdigen Interessen des Ausländers oder der Ausländerin in den Blick zu nehmen. Nur wenn und soweit die im ersten Schritt ermittelte Frist auch mit Verfassungs-, Unionsrecht und völkerrechtlichen Grundsätzen kompatibel ist, kann diese Bestand haben; erforderlichenfalls ist diese in dem gebotenen Maße zu verkürzen oder ggf. vollständig aufzuheben. Dabei haben Verwaltung und Rechtsprechung zwischen den oftmals erheblichen und gewichtigen öffentlichen Interessen an einer Aufrechterhaltung des Verbots einerseits und den geschützten Interessen der Betroffenen einen praktisch verträglichen und verhältnismäßigen Ausgleich herzustellen. An dieser Entscheidungsstruktur ist auch nach der neuen Rechtslage festzuhalten. Sie findet ihren (andeutungsweisen) Niederschlag in § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wenn dort die Fallkonstellationen der Zweckerreichung und sodann die der noch nicht erfolgten Zweckerreichung bei gleichzeitig bestehenden (überwiegenden) schutzwürdigen Belangen angesprochen werden. Selbst wenn man im vorliegenden Zusammenhang von der Zulässigkeit einer Ermessensentscheidung ausgeht, ist diese durch die Kriterien der zweistufigen Prüfung in der Regel in erheblichem Umfang gebunden.
34 
Strukturell sieht das Gesetz - verfassungs- und unionsrechtlich unbedenklich - vor, dass die jeweils gesetzte Frist erst mit der erfolgten Ausreise in Lauf gesetzt wird (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Nur im Fall der gänzlichen Aufhebung des Verbots wegen dessen Zweckerreichung oder aus Gründen der Wahrung überwiegender schutzwürdiger Belange des Ausländers oder der Ausländerin wird in diesem Fall eine vorherige Ausreise nicht vorausgesetzt; ein solches Erfordernis wäre nicht nur sinnlos, sondern auch in jeder Hinsicht unverhältnismäßig. Daher kann bereits aus Rechtsgründen auch das vom Kläger hilfsweise unterbreitete Begehren einer Aufhebung zu einem späteren Zeitpunkt (ohne vorherige Ausreise) von vornherein keinen Erfolg haben.
35 
3. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Falle des Klägers eine Überschreitung der Fünf-Jahres-Grenze (sowohl unter dem Aspekt der strafgerichtlichen Verurteilung wie auch dem der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) zulässig und auch erforderlich ist. In Anbetracht der erheblichen vor der letzten Verurteilung begangenen Drogendelikte und der letzten Verurteilung wegen versuchten Mordes ist auch in Ansehung der Tatsache, dass der Kläger mittlerweile drei Jahre wieder in Freiheit ist, unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung der inmitten stehenden Rechtsgüter und demgemäß des möglicherweise drohenden großen Schadens noch von einem nicht zu vernachlässigenden Risiko der Begehung erheblicher Straftaten auszugehen. Die bereits vom Verwaltungsgericht bewerteten Stellungnahmen des Klägers zu der letzten Verurteilung und der ihr zugrunde liegenden Taten, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in bemerkenswerter Offenheit und Eindeutigkeit wiederholt hat, machen deutlich, dass von einer erfolgreichen Überwindung der strafrechtlichen Vergangenheit nicht ausgegangen werden kann. Dieses wird auch nicht zuletzt eindrucksvoll durch die Stellungnahme der Psychotherapeutischen Ambulanz an die Strafvollstreckungskammer vom 04.09.2014 bestätigt, die eine Einstellung der Therapie befürwortet, weil sie trotz ihrer langen Dauer zu keiner Aufarbeitung der begangenen Straftat(en) geführt habe. Der Kläger hat dort und sodann gegenüber dem Verwaltungsgericht sowie dem Senat strikt in Abrede gestellt, das Opfer der der landgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Tat mit Tötungsvorsatz rechtswidrig angegriffen zu haben, sondern sich auf Notwehr berufen. Das Urteil des Landgerichts enthält eine ausführliche und in sich stimmige Beweiswürdigung und liefert keinen Anhalt dafür, die Einlassung des Klägers auch nur ansatzweise für plausibel halten zu können. Die Risikoprognose wird auch nicht durch den Umstand infrage gestellt, dass sich der Kläger unter der angeordneten Führungsaufsicht in nicht zu beanstandender Weise verhalten hat. Auch wenn von der strafgerichtlichen Entscheidung über die Anordnung der Führungsaufsicht keine Bindungswirkung für das Aufenthaltsrecht ausgeht, kann der Senat nicht außer Acht lassen, dass die Anordnung nach § 68 Abs. 1 StGB voraussetzt, dass trotz Verbüßung der Freiheitsstrafe nach wie vor die konkrete Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht. Zudem kann nicht übersehen werden, dass im Falle des Klägers zunächst die gesetzliche Höchstdauer von fünf Jahre vollständig ausgeschöpft worden war und bislang eine Verkürzung nicht verfügt wurde (vgl. § 68c Abs. 1 StGB). Zwar hat der Bewährungshelfer mittlerweile bei der Strafvollstreckungskammer angeregt, die Dauer der Führungsaufsicht zu verkürzen. Dieses ist aber unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft sowie der Führungsaufsichtsstelle, insbesondere aber der Stellungnahme der Psychotherapeutischen Ambulanz vom 04.09.2014 nicht zu erwarten, abgesehen davon, dass, wie bereits dargelegt, eine Bindung des Senats hiervon nicht ausginge. Auch muss angemessen in Rechnung gestellt werden, dass im Jahre 2011 (Beschluss vom 02.02.2011) der Antrag auf Aussetzung des Strafrestes mit nachvollziehbaren und anschaulich die Wiederholungsgefahr herausarbeitenden Argumenten von der Strafvollstreckungskammer abgelehnt worden war. Deren ausführliche Begründung steht der Annahme entgegen, die spezialpräventiven Gründe könnten mittlerweile vollständig entfallen oder so unbedeutend geworden sein, dass sie unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Klägers nicht mehr relevant sind.
36 
Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass - bei gleichbleibenden Verhältnissen - eine vollständige Ausschöpfung der Regelobergrenze von 10 Jahren nicht erforderlich ist. Der Senat lässt sich dabei maßgeblich von der Überlegung leiten, dass der Kläger mittlerweile über drei Jahre beanstandungsfrei in Freiheit lebt, weshalb von einem geringeren Risiko der Begehung weiterer erheblicher Straftaten auszugehen ist, als dieses noch zum Zeitpunkt der Freilassung aus der Strafhaft der Fall war. Der Senat sieht keine zwingende rechtliche Notwendigkeit, im ersten Beurteilungsschritt eine exakte Frist festzulegen, wenn ohnehin - wie hier - im zweiten Schritt eine erhebliche Reduzierung erfolgen muss. Allerdings muss etwa die Größenordnung bestimmt werden, um einerseits für die Bestimmung der Frist und die hierfür erforderliche Abwägung im zweiten Schritt einen ausreichend sicheren Ausgangs- und Anhaltspunkt festlegen zu können und andererseits für die Zukunft eine ausreichende Basis für eine etwa erforderlich werdende Verlängerungs- oder Verkürzungsentscheidung festzulegen. Hiernach erachtet der Senat eine moderate Überschreitung der Fünf-Jahres-Grenze und eine Einordnung im Bereich von etwa sieben Jahren für erforderlich, aber auch ausreichend, wovon auch der Beklagte ausgegangen ist.
37 
Der Senat ist weiter der Auffassung, dass - auch heute und von heute an gerechnet (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 11.11.2013 - 1 B 11.13 - juris) - eine Befristung von drei Jahren vor dem Hintergrund der konkreten Situation des Klägers, insbesondere seines Alters und der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, des Gesundheitszustands seiner deutschen Ehefrau und deren Betreuungsbedürftigkeit, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Unterstellt der Kläger würde heute ausreisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.2013 - a.a.O.), endeten die Wirkungen des Verbots etwas über ein Jahr nach Ablauf der angeordneten Führungsaufsicht. Wird der Kläger sich in diesem letzten Zeitraum - gerade ohne die Führungsaufsicht und ohne die Kontrolle durch einen Bewährungshelfer - weiter beanstandungsfrei verhalten, so wäre der Gesichtspunkt der Zweckverfolgung nicht mehr kompatibel mit schützenswerten Belangen des Klägers. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte allerdings im Ausgangspunkt zu Recht auf den vom Verwaltungsgericht übersehenen bzw. nicht ausreichend gewürdigten Umstand hin, dass den ehelichen und familiären Belangen gegenwärtig in ausreichendem Maße durch die Erteilung einer Duldung (vgl. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) Rechnung getragen werden kann und auch tatsächlich wird, gleichwohl besteht ein beachtliches Interesse des Klägers und seiner Ehefrau, dass sie in überschaubarer Zeit wieder eine Legalisierung des Aufenthalts erreichen können. Nach erfolgreichem Durchlaufen einer angemessenen und überschaubaren „Bewährungszeit“ nach Ablauf der Führungsaufsicht ist es aber, wie der Beklagte zutreffend erkannt hat, nicht mehr gerechtfertigt, dem Kläger eine weitere Legalisierungsperspektive zu verweigern. Sollten bis dahin negative Entwicklungen des Klägers zu Tage treten, so besteht nunmehr nach § 11 Abs. 4 Satz 3 AufenthG die Möglichkeit, die Frist wieder nachträglich zu verlängern, wie es auch der Kläger in der Hand hat, im Falle wesentlicher positiver Veränderungen in seiner Person bzw. sonstiger Veränderungen seiner schützenswerten Belange, eine weitere Verkürzung zu beantragen.
38 
Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass unions- und europarechtlich der vorläufige Verweis auf eine Duldung zur Sicherung eines Mindestmaßes an Ehe- und Familienschutz nicht zulässig ist. Der Senat vermag insoweit keine bindenden Vorgaben zu erkennen. „Einfachheit“ ist kein unions- oder europarechtlich bindender Maßstab für die nationale Norminterpretation oder Normanwendung. Dem Beklagten ist darin zu folgen, dass die vorübergehende Aufrechterhaltung des Verbots ihre verhältnismäßige Rechtfertigung darin findet, dass jedenfalls eine Aufenthaltsverfestigung vermieden wird, um in dieser Zeit eine Konsolidierung und Stabilisierung des Klägers abwarten zu können. Sollten sich wesentliche Veränderungen zugunsten des Klägers ergeben, steht ihm, wie gesagt, ein weiterer Verkürzungsantrag offen.
39 
Eine Verpflichtung zur vollständigen Aufhebung des Verbots besteht hiernach nicht und folgt auch nicht aus § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. Denn der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit Rücksicht auf die nicht ausgeräumte Gefahr der erneuten Begehung erheblicher Straftaten eine Atypik im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG vorliegt. Deshalb kann auch offen bleiben, ob nicht auch im Rahmen des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eine Ermessensentscheidung des Inhalts getroffen werden könnte, nicht vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen und damit die Erteilung des Titels nach § 25 Abs. 5 AufenthG abzulehnen mit der Folge, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ebenfalls nicht vorlägen (vgl. auch GK-AufenthG § 11 Rn. 136).
40 
4. Aber selbst wenn man dem auf die gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gestützten Ansatz des Beklagten folgt und von der Zulässigkeit einer Ermessensentscheidung ausgeht, so ist die von ihm später nachgeholte Entscheidung und deren Begründung (vgl. deren Schriftsatz vom 13.10.2015 an den Senat) nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat, wie sich auch aus den obigen Ausführungen ergibt, alle wesentlichen einzustellenden Abwägungsgesichtspunkte erkannt, nicht fehlerhaft gewichtet und angemessen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragend abgewogen. Insbesondere ist er unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter und in Ansehung der erheblichen Kriminalitätsbelastung des Klägers vor der letzten Verurteilung von einer noch relevanten und auch in Ansehung der schutzwürdigen Belange des Klägers nicht zu vernachlässigenden Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgegangen.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
43 
Beschluss vom 9. Dezember 2015
44 
Der Streitwert wird gem. § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG auf5.000,- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf (sofortige) Aufhebung des Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbot, er kann eine solche auch nicht auf den 31.10.2016 bzw. eine Befristung auf den 31.10.2016 (nach vorheriger Ausreise) beanspruchen.
24 
Nach der für die Entscheidung des Senats maßgeblichen seit 01.08.2015 geltenden Fassung des § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist über die Befristung des Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbots von Amts wegen zusammen mit der Ausweisung zu entscheiden. In einem sog. Altfall, wie er hier gegeben ist, kann dieses naturgemäß nicht mehr geschehen; vielmehr ist die Befristung nachzuholen.
25 
§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG sieht vor, dass die Entscheidung der Ausländerbehörde über die Länge der Frist von dieser im Ermessenswege zu treffen ist. Davon ausgehend stellt sich die angegriffene Entscheidung im konkreten Fall zwar als rechtmäßig dar (dazu unten 4.). Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass Entscheidungen nach § 11 AufenthG nF bei Ausweisungen aufgrund übergeordneter Gründe auch nach neuer Rechtslage als gebundene erfolgen müssen. Denn regelmäßig ist nur dadurch systemkonform die Verhältnismäßigkeit der zugrunde liegenden Ausweisung, die nunmehr stets als gebundene Entscheidung ergeht, sicherzustellen (dazu sogleich unter 1. bis 3.). Insoweit ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 AufenthG in der Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 unverändert zu übertragen.
26 
1. Das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 (BGBl I S. 2258) hatte das Bundesverwaltungsgericht zum Anlass einer umfassenden Neubestimmung des Befristungsregimes genommen und - jedenfalls in Ermangelung eines ausdrücklichen entgegenstehenden Wortlauts - die Fristbestimmung als gebundene Entscheidung interpretiert und letztlich am Antragserfordernis nicht mehr festgehalten, obwohl der Wortlaut der Norm an sich keine andere Interpretation zuließ. Es hat sich dabei zum einen von den unionsrechtlichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie leiten lassen, aber ausdrücklich offen gelassen, ob etwa die Ausweisungsverfügung eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Rückführungsrichtlinie ist. Weiter hat es das nationale Verfassungsrecht, nämlich die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, fruchtbar gemacht und schließlich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK herangezogen. Es führt in diesem Zusammenhang im Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - InfAuslR 2012, 255 (vgl. auch Urteile vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - InfAuslR 2012, 397; vom 13.12.2012 - 1 C 14.12 - InfAuslR 2013, 141) aus, dass in der Gesamtschau der sich aus den Grundrechten des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie aus dem Unionsrecht ergebenden Argumente und der erstmals mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 im Grundsatz eingeführten Höchstfrist von fünf Jahren die schützenswerten privaten Interessen des Betroffenen an der Befristung nunmehr in einer Weise aufgewertet seien, dass vor dem Hintergrund des insoweit offenen Wortlauts des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht mehr angenommen werden könne, der Verwaltung sei ein Spielraum zur Rechtskonkretisierung im Einzelfall eingeräumt, der nur auf die Einhaltung äußerer Grenzen gerichtlich überprüfbar sei. Die Regelung sei auch in ihrem europäischen Gesamtzusammenhang betrachtet nunmehr so zu verstehen, dass dem Betroffenen ein Recht auf eine vollständige gerichtliche Kontrolle der Dauer der Befristung eingeräumt sei, um sein Recht auf eine verhältnismäßige Aufenthaltsbeendigung zu sichern.
27 
Wenn der Gesetzgeber sich nunmehr entschieden hat, in § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG das Prinzip der Ermessensentscheidung festzuschreiben, so sah er sich offenbar durch die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht daran gehindert, den früheren Rechtszustand bzw. die frühere Sichtweise wieder herzustellen (vgl. den Hinweis auf das Urteil vom 14.02.2012 in BT-Drucks. 18/4097, S. 36). Zwar ist in diesem Zusammenhang einzuräumen, dass das Bundesverwaltungsgericht auf den ersten Blick eine solche Interpretation herausgefordert hat, wenn es auf einen „offenen Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F.“ hingewiesen und in der Schwebe gelassen hatte, was im Falle eines nicht offenen Wortlauts zu gelten hätte. Wenn aber Geltungsgrund des Anspruchs auf Befristung und uneingeschränkte richterliche Kontrolle verfassungsrechtliche, unionsrechtliche und menschenrechtliche Vorgaben sein sollen, die das „Recht auf eine verhältnismäßige Aufenthaltsbeendigung“ sichern sollen, so kann die verfassungs- und völkerrechtliche Zulässigkeit eines Ermessensspielraums nicht tragfähig begründet werden. Hinzu kommt ein weiteres: Es bestehen ungeachtet des Ansatzes des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr grundlegende strukturelle Einwände gegen die Zulässigkeit der Einräumung eines Ermessensspielraums. Denn nach der neuen Rechtslage ergeht die Ausweisungsentscheidung selbst ausnahmslos und nicht nur im Ausnahmefall ohne jeden behördlichen Ermessensspielraum als eine rechtlich gebundene und umfassend interessenabwägende Entscheidung, die (lediglich) die Rechtsgrenze der Verhältnismäßigkeit zu wahren hat. Dann aber stellte es einen strukturellen Widerspruch bzw. eine gedankliche Ungereimtheit dar, wenn hier ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum bestünde und der Ausländerbehörde eine mehr oder weniger große autonome Steuerungsmöglichkeit eingeräumt wäre. Denn die Dauer des Verbots ist gleichfalls für das Gewicht der Interessenbetroffenheit des Ausländers von essentieller Bedeutung und gestaltet, wenn auch nicht formal, so doch inhaltlich untrennbar die durch die Ausweisung ausgelösten Folgen. Aus den vorgenannten verfassungsrechtlichen wie auch strukturellen Erwägungen folgt, dass bei der Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kein behördlicher Ermessensspielraum bestehen kann (vgl. GK-AufenthG § 11 Rn. 65 ff; a.A. aber etwa Zeitler, in: HTK-AuslR, § 11 AufenthG zu Abs. 3 Nr. 1, ohne aber überhaupt auf die Problematik einzugehen). Der Senat kann an dieser Stelle allerdings offen lassen, ob in Bezug auf die Rechtsfolgen einer Zurückweisung bzw. Abschiebung und deren Befristung eine Ermessensentscheidung ausgeschlossen ist, denn in diesen Fällen dürfte der argumentative Ansatz nicht identisch sein.
28 
2. Was die Fristbestimmung im Einzelnen betrifft, so nimmt vor dem unionsrechtlichen Hintergrund des Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG (RFRL) § 11 Abs. 3 Satz 2 eine grundsätzliche Differenzierung vor. In der Regel darf die Frist zunächst die Dauer von fünf Jahren nicht überschreiten. Ausnahmsweise darf diese Frist aber überschritten werden, wenn der oder die Betreffende aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde oder wenn von ihm/ihr eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Diese Ausnahmefrist darf sodann in der Regel nicht für einen längeren Zeitraum als zehn Jahre festgesetzt werden.
29 
Aus dieser Differenzierung folgt zunächst im Ausgangspunkt, dass oberhalb der Grenze von fünf Jahren allein spezialpräventive Gründe für die Bestimmung der Fristlänge herangezogen werden dürfen, während unterhalb dieser Grenze grundsätzlich auch generalpräventive Überlegungen maßgeblich sein können (vgl. allerdings den missverständlichen Leitsatz Nr. 1, der davon spricht, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 a.F. allein spezialpräventiven Zwecken diene, der aber keine Entsprechung in den Entscheidungsgründen findet BVerwG, Urteil vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 - InfAuslR 2013, 334; vgl. demgegenüber aber wieder Urteil vom 30.07.2013 - 1 C 9.12 - InfAuslR 2013, 418). Dieses gilt jedenfalls für die Fallgruppe der schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 Alt. 2. Für Alt. 1 - den Fall der strafgerichtlichen Verurteilung - gilt formal betrachtet keine Beschränkung auf spezialpräventive Gründe, wörtlich genommen müssen an sich überhaupt keine Gründe vorliegen (zur Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie GK-AufenthG § 11 Rn. 115). Gleichwohl ist auch hier das Befristungsregime in untrennbarem Zusammenhang mit der Ausweisungsentscheidung zu sehen, die aus spezial- und ggf. generalpräventiver Erwägung den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gewährleisten soll. Deshalb könnte eine Befristungsentscheidung, die nicht mehr der Absicherung und Gewährleistung der mit der Ausweisung selbst verfolgten Zwecke dient, keine Rechtfertigung finden, sie wäre nicht mehr erforderlich und letztlich unverhältnismäßig, weshalb allein der Umstand einer strafgerichtlichen Verurteilung, ohne dass weitere die konkrete Befristung tragende und rechtfertigende Aspekte hinzutreten, eine Verlängerung von vornherein nicht zu rechtfertigen vermag.
30 
Die nunmehr gesetzlich in § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG bestimmte Regelobergrenze von zehn Jahren ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geschuldet, wonach in der Regel ein Zeitraum von maximal zehn Jahren den Zeithorizont darstellen soll, für den eine Prognose realistischer Weise noch gestellt werden könne und sich die Persönlichkeitsentwicklung weiter in die Zukunft kaum abschätzen lasse, ohne spekulativ zu werden (vgl. Urteil vom 13.12.2012 - 1 C 20.11 - InfAuslR 2013, 169; vom 13.12.2012 - 1 C 14.12 - InfAuslR 2013, 141; vom 14.5.2013 - 1 C 13.12 - InfAuslR 2013, 334). Ob diese Annahme ausreichend valide und daher sachgerecht ist bzw. ob es Aufgabe der Verwaltungsgerichte sein kann, ohne nähere Belege eine solche Grenze festzulegen, bedarf hier keiner Entscheidung (mehr). Denn die gesetzliche Festlegung einer solchen Regelfrist von 10 Jahren liegt in der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und überschreitet den hierdurch gesteckten Rahmen nicht, da sie nicht offenkundig sachfremd bzw. unzutreffend ist.
31 
Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen nach der aktuellen Rechtslage die Frist von 10 Jahren überschritten werden darf, bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Prüfung.
32 
Für den Regelfall, dass die Befristung zusammen mit der Ausweisung erfolgt, sieht mit § 11 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AufenthG das geltende Recht nunmehr vor, dass das Verbot auch aufgehoben werden kann. Aus diesem Grund ist formal betrachtet kein Raum mehr für eine bislang übliche Tenorierung, wonach die Befristung auf sofort (ohne vorherige Ausreise) erfolgt.
33 
Nach dem mittlerweile in ständiger Rechtsprechung vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Ansatz (vgl. Urteil vom 06.03.2014 - 1 C 2.13 - InfAuslR 2014, 223 m.w.N.) ist die maßgebliche festzusetzende Frist (und für die Beantwortung der Frage, ob ein Verbot aufzuheben ist, gilt nichts anderes) in zwei deutlich voneinander zu trennenden Schritten zu ermitteln: Im ersten Schritt ist allein der Frage nachzugehen, ob die konkret mit der Ausweisung (besser: dem Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbot) verfolgten Zwecke nach Ablauf der Frist aller Voraussicht erreicht sein werden, ob - mit anderen Worten - die spezial- und/oder ggf. generalpräventiven Zwecke eine Aufrechterhaltung des Verbots nach einer an dieser Stelle zu bestimmenden Höchstfrist nicht mehr zu rechtfertigen vermögen. In einem zweiten Schritt sind sämtliche im konkreten Kontext schutzwürdigen Interessen des Ausländers oder der Ausländerin in den Blick zu nehmen. Nur wenn und soweit die im ersten Schritt ermittelte Frist auch mit Verfassungs-, Unionsrecht und völkerrechtlichen Grundsätzen kompatibel ist, kann diese Bestand haben; erforderlichenfalls ist diese in dem gebotenen Maße zu verkürzen oder ggf. vollständig aufzuheben. Dabei haben Verwaltung und Rechtsprechung zwischen den oftmals erheblichen und gewichtigen öffentlichen Interessen an einer Aufrechterhaltung des Verbots einerseits und den geschützten Interessen der Betroffenen einen praktisch verträglichen und verhältnismäßigen Ausgleich herzustellen. An dieser Entscheidungsstruktur ist auch nach der neuen Rechtslage festzuhalten. Sie findet ihren (andeutungsweisen) Niederschlag in § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wenn dort die Fallkonstellationen der Zweckerreichung und sodann die der noch nicht erfolgten Zweckerreichung bei gleichzeitig bestehenden (überwiegenden) schutzwürdigen Belangen angesprochen werden. Selbst wenn man im vorliegenden Zusammenhang von der Zulässigkeit einer Ermessensentscheidung ausgeht, ist diese durch die Kriterien der zweistufigen Prüfung in der Regel in erheblichem Umfang gebunden.
34 
Strukturell sieht das Gesetz - verfassungs- und unionsrechtlich unbedenklich - vor, dass die jeweils gesetzte Frist erst mit der erfolgten Ausreise in Lauf gesetzt wird (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Nur im Fall der gänzlichen Aufhebung des Verbots wegen dessen Zweckerreichung oder aus Gründen der Wahrung überwiegender schutzwürdiger Belange des Ausländers oder der Ausländerin wird in diesem Fall eine vorherige Ausreise nicht vorausgesetzt; ein solches Erfordernis wäre nicht nur sinnlos, sondern auch in jeder Hinsicht unverhältnismäßig. Daher kann bereits aus Rechtsgründen auch das vom Kläger hilfsweise unterbreitete Begehren einer Aufhebung zu einem späteren Zeitpunkt (ohne vorherige Ausreise) von vornherein keinen Erfolg haben.
35 
3. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Falle des Klägers eine Überschreitung der Fünf-Jahres-Grenze (sowohl unter dem Aspekt der strafgerichtlichen Verurteilung wie auch dem der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) zulässig und auch erforderlich ist. In Anbetracht der erheblichen vor der letzten Verurteilung begangenen Drogendelikte und der letzten Verurteilung wegen versuchten Mordes ist auch in Ansehung der Tatsache, dass der Kläger mittlerweile drei Jahre wieder in Freiheit ist, unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung der inmitten stehenden Rechtsgüter und demgemäß des möglicherweise drohenden großen Schadens noch von einem nicht zu vernachlässigenden Risiko der Begehung erheblicher Straftaten auszugehen. Die bereits vom Verwaltungsgericht bewerteten Stellungnahmen des Klägers zu der letzten Verurteilung und der ihr zugrunde liegenden Taten, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in bemerkenswerter Offenheit und Eindeutigkeit wiederholt hat, machen deutlich, dass von einer erfolgreichen Überwindung der strafrechtlichen Vergangenheit nicht ausgegangen werden kann. Dieses wird auch nicht zuletzt eindrucksvoll durch die Stellungnahme der Psychotherapeutischen Ambulanz an die Strafvollstreckungskammer vom 04.09.2014 bestätigt, die eine Einstellung der Therapie befürwortet, weil sie trotz ihrer langen Dauer zu keiner Aufarbeitung der begangenen Straftat(en) geführt habe. Der Kläger hat dort und sodann gegenüber dem Verwaltungsgericht sowie dem Senat strikt in Abrede gestellt, das Opfer der der landgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Tat mit Tötungsvorsatz rechtswidrig angegriffen zu haben, sondern sich auf Notwehr berufen. Das Urteil des Landgerichts enthält eine ausführliche und in sich stimmige Beweiswürdigung und liefert keinen Anhalt dafür, die Einlassung des Klägers auch nur ansatzweise für plausibel halten zu können. Die Risikoprognose wird auch nicht durch den Umstand infrage gestellt, dass sich der Kläger unter der angeordneten Führungsaufsicht in nicht zu beanstandender Weise verhalten hat. Auch wenn von der strafgerichtlichen Entscheidung über die Anordnung der Führungsaufsicht keine Bindungswirkung für das Aufenthaltsrecht ausgeht, kann der Senat nicht außer Acht lassen, dass die Anordnung nach § 68 Abs. 1 StGB voraussetzt, dass trotz Verbüßung der Freiheitsstrafe nach wie vor die konkrete Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht. Zudem kann nicht übersehen werden, dass im Falle des Klägers zunächst die gesetzliche Höchstdauer von fünf Jahre vollständig ausgeschöpft worden war und bislang eine Verkürzung nicht verfügt wurde (vgl. § 68c Abs. 1 StGB). Zwar hat der Bewährungshelfer mittlerweile bei der Strafvollstreckungskammer angeregt, die Dauer der Führungsaufsicht zu verkürzen. Dieses ist aber unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft sowie der Führungsaufsichtsstelle, insbesondere aber der Stellungnahme der Psychotherapeutischen Ambulanz vom 04.09.2014 nicht zu erwarten, abgesehen davon, dass, wie bereits dargelegt, eine Bindung des Senats hiervon nicht ausginge. Auch muss angemessen in Rechnung gestellt werden, dass im Jahre 2011 (Beschluss vom 02.02.2011) der Antrag auf Aussetzung des Strafrestes mit nachvollziehbaren und anschaulich die Wiederholungsgefahr herausarbeitenden Argumenten von der Strafvollstreckungskammer abgelehnt worden war. Deren ausführliche Begründung steht der Annahme entgegen, die spezialpräventiven Gründe könnten mittlerweile vollständig entfallen oder so unbedeutend geworden sein, dass sie unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Klägers nicht mehr relevant sind.
36 
Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass - bei gleichbleibenden Verhältnissen - eine vollständige Ausschöpfung der Regelobergrenze von 10 Jahren nicht erforderlich ist. Der Senat lässt sich dabei maßgeblich von der Überlegung leiten, dass der Kläger mittlerweile über drei Jahre beanstandungsfrei in Freiheit lebt, weshalb von einem geringeren Risiko der Begehung weiterer erheblicher Straftaten auszugehen ist, als dieses noch zum Zeitpunkt der Freilassung aus der Strafhaft der Fall war. Der Senat sieht keine zwingende rechtliche Notwendigkeit, im ersten Beurteilungsschritt eine exakte Frist festzulegen, wenn ohnehin - wie hier - im zweiten Schritt eine erhebliche Reduzierung erfolgen muss. Allerdings muss etwa die Größenordnung bestimmt werden, um einerseits für die Bestimmung der Frist und die hierfür erforderliche Abwägung im zweiten Schritt einen ausreichend sicheren Ausgangs- und Anhaltspunkt festlegen zu können und andererseits für die Zukunft eine ausreichende Basis für eine etwa erforderlich werdende Verlängerungs- oder Verkürzungsentscheidung festzulegen. Hiernach erachtet der Senat eine moderate Überschreitung der Fünf-Jahres-Grenze und eine Einordnung im Bereich von etwa sieben Jahren für erforderlich, aber auch ausreichend, wovon auch der Beklagte ausgegangen ist.
37 
Der Senat ist weiter der Auffassung, dass - auch heute und von heute an gerechnet (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 11.11.2013 - 1 B 11.13 - juris) - eine Befristung von drei Jahren vor dem Hintergrund der konkreten Situation des Klägers, insbesondere seines Alters und der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, des Gesundheitszustands seiner deutschen Ehefrau und deren Betreuungsbedürftigkeit, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Unterstellt der Kläger würde heute ausreisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.2013 - a.a.O.), endeten die Wirkungen des Verbots etwas über ein Jahr nach Ablauf der angeordneten Führungsaufsicht. Wird der Kläger sich in diesem letzten Zeitraum - gerade ohne die Führungsaufsicht und ohne die Kontrolle durch einen Bewährungshelfer - weiter beanstandungsfrei verhalten, so wäre der Gesichtspunkt der Zweckverfolgung nicht mehr kompatibel mit schützenswerten Belangen des Klägers. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte allerdings im Ausgangspunkt zu Recht auf den vom Verwaltungsgericht übersehenen bzw. nicht ausreichend gewürdigten Umstand hin, dass den ehelichen und familiären Belangen gegenwärtig in ausreichendem Maße durch die Erteilung einer Duldung (vgl. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) Rechnung getragen werden kann und auch tatsächlich wird, gleichwohl besteht ein beachtliches Interesse des Klägers und seiner Ehefrau, dass sie in überschaubarer Zeit wieder eine Legalisierung des Aufenthalts erreichen können. Nach erfolgreichem Durchlaufen einer angemessenen und überschaubaren „Bewährungszeit“ nach Ablauf der Führungsaufsicht ist es aber, wie der Beklagte zutreffend erkannt hat, nicht mehr gerechtfertigt, dem Kläger eine weitere Legalisierungsperspektive zu verweigern. Sollten bis dahin negative Entwicklungen des Klägers zu Tage treten, so besteht nunmehr nach § 11 Abs. 4 Satz 3 AufenthG die Möglichkeit, die Frist wieder nachträglich zu verlängern, wie es auch der Kläger in der Hand hat, im Falle wesentlicher positiver Veränderungen in seiner Person bzw. sonstiger Veränderungen seiner schützenswerten Belange, eine weitere Verkürzung zu beantragen.
38 
Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass unions- und europarechtlich der vorläufige Verweis auf eine Duldung zur Sicherung eines Mindestmaßes an Ehe- und Familienschutz nicht zulässig ist. Der Senat vermag insoweit keine bindenden Vorgaben zu erkennen. „Einfachheit“ ist kein unions- oder europarechtlich bindender Maßstab für die nationale Norminterpretation oder Normanwendung. Dem Beklagten ist darin zu folgen, dass die vorübergehende Aufrechterhaltung des Verbots ihre verhältnismäßige Rechtfertigung darin findet, dass jedenfalls eine Aufenthaltsverfestigung vermieden wird, um in dieser Zeit eine Konsolidierung und Stabilisierung des Klägers abwarten zu können. Sollten sich wesentliche Veränderungen zugunsten des Klägers ergeben, steht ihm, wie gesagt, ein weiterer Verkürzungsantrag offen.
39 
Eine Verpflichtung zur vollständigen Aufhebung des Verbots besteht hiernach nicht und folgt auch nicht aus § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. Denn der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit Rücksicht auf die nicht ausgeräumte Gefahr der erneuten Begehung erheblicher Straftaten eine Atypik im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG vorliegt. Deshalb kann auch offen bleiben, ob nicht auch im Rahmen des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eine Ermessensentscheidung des Inhalts getroffen werden könnte, nicht vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen und damit die Erteilung des Titels nach § 25 Abs. 5 AufenthG abzulehnen mit der Folge, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ebenfalls nicht vorlägen (vgl. auch GK-AufenthG § 11 Rn. 136).
40 
4. Aber selbst wenn man dem auf die gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gestützten Ansatz des Beklagten folgt und von der Zulässigkeit einer Ermessensentscheidung ausgeht, so ist die von ihm später nachgeholte Entscheidung und deren Begründung (vgl. deren Schriftsatz vom 13.10.2015 an den Senat) nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat, wie sich auch aus den obigen Ausführungen ergibt, alle wesentlichen einzustellenden Abwägungsgesichtspunkte erkannt, nicht fehlerhaft gewichtet und angemessen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragend abgewogen. Insbesondere ist er unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter und in Ansehung der erheblichen Kriminalitätsbelastung des Klägers vor der letzten Verurteilung von einer noch relevanten und auch in Ansehung der schutzwürdigen Belange des Klägers nicht zu vernachlässigenden Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgegangen.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
43 
Beschluss vom 9. Dezember 2015
44 
Der Streitwert wird gem. § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG auf5.000,- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 8. Dezember 2014 weiter, mit dem die Beklagte ihn aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, seinen Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt, ihm die Wiedereinreise für fünf Jahre untersagt und die Abschiebung aus der Haft nach Afghanistan angeordnet bzw. bei nicht fristgerechter Ausreise nach Haftentlassung angedroht hat.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch eine besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

a) Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung bei Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 53 Nr. 1 AufenthG (durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers vom 24. Februar 2014 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten) und Fehlen eines besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 AufenthG nach einer umfangreichen Prüfung die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK sowie Art. 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG bejaht.

Der (damals) 20jährige Kläger lebe zwar seit seinem 7. Lebensjahr in Deutschland, habe aber nur befristete Aufenthaltserlaubnisse innegehabt und verfüge seit Juni 2012 über keinen Aufenthaltstitel mehr. Nach dem Widerruf des nationalen Abschiebungsverbots habe er zudem, unabhängig von der streitgegenständlichen Ausweisung, keine Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht mehr. Zwar lebten seine Mutter, vier ältere Geschwister und weitere Verwandte in Deutschland, jedoch sei er als volljähriger junger Mann nicht mehr auf den Beistand seiner Mutter oder Familie angewiesen.

Eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse sei ihm - trotz des langen Aufenthalts und obwohl er deutsch spreche - bislang weder in wirtschaftlicher noch in sozialer Hinsicht gelungen und werde ihm in Zukunft mangels Aufenthaltsrecht auch nicht mehr ermöglicht werden. Gegen eine gelungene soziale Integration des Klägers sprächen die Anzahl an Straftaten, Verurteilungen und Inhaftierungen, gegen eine gelungene wirtschaftliche Integration, dass er bis heute nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst durch legale Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Er sei seit seinem 14. Lebensjahr vielfach und mit unterschiedlichen Straftatbeständen straffällig geworden und habe bereits fast drei Jahre in Haft verbracht. Zwar sei zu berücksichtigen, dass er den weit überwiegenden Teil seiner Straftaten als Jugendlicher begangen habe, doch dürfe ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden, dass er nach seiner ersten Haftentlassung auch als Volljähriger sein Verhalten nicht geändert habe. Laufende Reststrafenvollstreckungsaussetzungen zur Bewährung hätten den Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten können. Durch die vorausgegangene Strafhaft und die Verurteilungen sei er hinreichend gewarnt gewesen, habe jedoch bislang offenbar noch keine Konsequenzen dahingehend gezogen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und ein straffreies Leben zu führen. Der Kläger sei zuletzt überwiegend wegen Eigentumsdelikten auffällig geworden und nicht in erster Linie ein Gewaltstraftäter. Indes sei er bereits bei seiner ersten Verurteilung wegen Raub und versuchter räuberischer Erpressung und später unter anderem wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden. Somit sei zwar keine Steigerung hinsichtlich der Intensität der Rechtsgutsverletzung zu erkennen, andererseits habe der Kläger in der Vergangenheit ebenfalls mehrfach Gewalt angewendet. Gewaltanwendung präge sein kriminelles Verhalten nicht primär, werde von ihm ersichtlich aber auch nicht völlig ausgeschlossen. Anhaltspunkte für eine bloß vorübergehende Jugenddelinquenz lägen nicht vor. Das Verhalten des Klägers in der Strafhaft sei von Arbeitsunwilligkeit, Überheblichkeit und Beratungsresistenz geprägt gewesen; während der ersten Inhaftierung sei er sieben Mal disziplinarisch belangt worden.

Nach dem Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen habe, habe er immer noch nicht erkannt, dass er aktiv Maßnahmen ergreifen müsse, um sein Leben in den Griff zu bekommen. Die gesamte Entwicklung des Klägers bis zum jetzigen Zeitpunkt lasse keinen positiven Aspekt erkennen, der zu Hoffnung Anlass geben könne. Selbst die im Vergleich zum Lebensalter vergleichsweise langen Inhaftierungen hätten beim ihm offensichtlich keinerlei Einsicht und Verhaltensänderung bewirkt; bloße Beteuerungen oder Absichtserklärungen überzeugten und genügten in Anbetracht des Vorlebens des Klägers nicht.

Eine Rückkehr nach Afghanistan sei zwar mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, diese seien dem Kläger aber zumutbar. Es stehe rechtskräftig fest, dass § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Rückkehr nach Afghanistan nicht entgegenstehe; der Kläger könne in Kabul sein Leben sichern. Im Hinblick auf den Aspekt der Entwurzelung gehe das Gericht davon aus, dass weiterhin Verwandte des Klägers in Afghanistan lebten, auch spreche er zumindest gebrochen Dari.

Zwar bedürfe es wegen der zwingenden Ausweisung keiner Gefahrenprognose, jedoch ergebe beim Kläger eine im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmende individuelle Gefahrenprognose eine relevante Wiederholungsgefahr. Auch nach mittlerweile sechs Monaten in Freiheit habe der Kläger nichts aufzuweisen. In der letzten Verurteilung sei festgestellt worden, dass er sich mittels der Diebstähle eine dauerhafte Einnahmequelle von gewissem Umfang und gewisser Dauer habe eröffnen wollen. Somit stehe zumindest zu befürchten, dass der Kläger sich auf diese Art und Weise wieder eine kriminelle Einnahmequelle erschließen werde. Die Stabilisierung, die das Strafgericht zuletzt erhofft habe, sei nach Auffassung des Gerichts nicht eingetreten.

Die Zustände im Heimatland des Klägers seien im Rahmen der Verhältnismäßigkeit von beachtlichem Gewicht, da es nach Auffassung des Gerichts - unabhängig von der asylrechtlichen Beurteilung - einen Unterschied mache, ob in ein Land wie Afghanistan oder einen anderen, nicht vergleichbaren Drittstaat ausgewiesen werde. Dies falle jedoch nicht ausschlaggebend ins Gewicht, da das Interesse des Klägers am Verbleib trotzdem nicht überwiege.

b) Im Zulassungsverfahren wendet sich der Kläger ausdrücklich nicht gegen die Annahme eines zwingenden Ausweisungsgrundes und des Fehlens eines besonderen Ausweisungsschutzes, sondern bringt vor, das Ausgangsgericht habe in seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung entscheidungserhebliche Tatsachen bzw. Rechtssätze - die im Einzelnen aufgeführt werden - außer Acht gelassen.

c) Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ausweisung des Klägers sei rechtmäßig, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. auch BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag; Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten.

Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky/Reis in Hofmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53-56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

d) Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in spezialpräventiver Hinsicht (immer noch) gegeben.

Das Verwaltungsgericht, das von einer zwingenden Ausweisung nach § 53 Nr. 1 AufenthG a. F. ausgegangen ist, hat eine vom Kläger ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Straftaten nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung angesprochen und bejaht.

Der Senat bejaht auch unter Anwendung des § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. eine derartige Wiederholungsgefahr.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Senat zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der Bewertung, dass nach dem Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut durch vergleichbare Straftaten die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, ist der Kläger seit seinem 14. Lebensjahr vielfach und mit unterschiedlichen Straftatbeständen straffällig geworden und hat sein Verhalten auch als Volljähriger nach seiner ersten Haftentlassung im Februar 2013 nicht geändert. Noch in der letzten Verurteilung vom 24. Februar 2014 stellte das Strafgericht fest, schwere schädliche Neigungen bestünden fort, die letzte Strafhaft habe den Kläger offensichtlich nicht im geringsten beeindruckt. Er habe nach seiner ersten Haftentlassung im Februar 2013 keine großen Anstrengungen unternommen, sich zu stabilisieren oder eine Arbeit anzutreten. Auffallend ist die hohe Rückfallgeschwindigkeit und die in den letzten Strafurteilen immer wieder festgestellte Weigerung, (sozialpädagogische) Hilfsmaßnahmen anzunehmen oder an sich selbst zu arbeiten; sein Verhalten sei von einer maßlosen Selbstüberschätzung getragen. Ebenso wie das Verwaltungsgericht kann auch der Senat keine positive Entwicklung nach seiner Entlassung aus der Haft im Februar 2015 erkennen. Zwar sind keine neuerlichen Straftaten mehr bekannt geworden, doch stand der Kläger seither unter dem Druck der am 8. Dezember 2014 ergangenen Ausweisungsverfügung. Außer einigen abgebrochenen Probearbeitsverhältnissen und einer schulischen Maßnahme, um einen Schulabschluss zu erwerben, hat der Kläger nichts zu seinen Gunsten vorzuweisen. Soweit er sich auf eine am 1. Oktober 2015 begonnene psychiatrische Behandlung (fachärztliches Attest vom 29.2.2016) beruft, gibt dies keinen Hinweis auf einen zukünftigen Wegfall der Wiederholungsgefahr; der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf einer depressiven Erkrankung aufgrund einer drohenden Rückführung nach Afghanistan.

Soweit sich der Kläger in seinem auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit gerichteten Zulassungsvorbringen der Sache nach auch gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr wendet, dringt er damit nicht durch. Auch wenn es zutrifft, dass er „nur“ einmal nach einer Aussetzung der zu verbüßenden Reststrafe zur Bewährung wieder straffällig geworden ist (im Juni und Oktober 2013 nach der vorzeitigen Entlassung im Februar 2013), ändert dies angesichts der hohen Rückfallgeschwindigkeit und des Ablaufs der „kriminellen Karriere“ nichts an dieser Einschätzung. Gleiches gilt für den Vortrag, dass der Kläger nicht „mehrfach“, sondern „nur“ einmal Gewalt angewandt habe, nämlich bei der Tat, die mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung abgeurteilt worden sei. Mehr als eine sprachliche Ungenauigkeit liegt hierin nicht, denn der Kläger wurde außerdem noch unter anderem wegen Raub, versuchter räuberischer Erpressung, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten („Amoklauf“) und Bedrohung verurteilt, also wegen Straftaten, die mit Anwendung oder Androhung von Gewalt verbunden sind. Bereits das Verwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass der Schwerpunkt der zuletzt vom Kläger begangenen Delikte auf Diebstählen lag.

e) Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist die streitbefangene Ausweisung des Klägers weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht hat bei der vom Kläger angegriffenen Entscheidung sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die auch in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 24. Februar 2014 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Sein Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG wiegt weder nach § 55 Abs. 1 AufenthG besonders schwer noch nach § 55 Abs. 2 AufenthG schwer, insbesondere weil der Kläger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausweisungsverfügung nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war.

Das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis, die Ausweisung sei verhältnismäßig, begegnet auch unter dem Blickwinkel der Abwägung im Sinne von § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit. Die vom Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

- Der Kläger behauptet, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass er mit einer Durchsetzung der Ausweisung und Abschiebung die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen unwiederbringlich verliere, da er auch nach Ablauf der Befristung der Wirkungen der Ausweisung kein Recht auf Wiederkehr habe. Er beruft sich hierbei auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 2007 (2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 243, juris-Rn. 35), in dem dieses festgestellt hat, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung ist, eine Verhältnismäßigkeit der Ausweisung aber nicht allein durch eine Befristung erreicht werden kann, zumal wenn die Befristung mangels eines weiteren Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet ohne praktische Wirkung bleibt. Diese Vorgaben hat das Verwaltungsgericht jedoch beachtet. Es hat keineswegs die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung (allein) mit Verweis auf die Befristungsentscheidung bejaht, sondern durchaus darauf abgestellt, dass der Kläger künftig kein Aufenthaltsrecht mehr besitzt und sich auf einen dauerhaften Aufenthalt in Afghanistan einrichten muss (S. 15, 19 u. 25 UA).

- Ins Leere geht das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe auf die Möglichkeit von Betretenserlaubnissen abgestellt, was wegen der restriktiven Praxis der deutschen Auslandsvertretungen unzutreffend sei. Die Möglichkeit von Betretenserlaubnissen (§ 11 Abs. 8 AufenthG) spielt in der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichts keine Rolle, lediglich bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Befristungsentscheidung befindet sich ein derartiger Hinweis auf die Rechtslage (S. 26 UA).

- Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Sicherheitslage in Afghanistan nicht ausreichend berücksichtigt, zeigt er damit ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit der Abwägungsentscheidung auf. Das Verwaltungsgericht ist - unabhängig von der rechtskräftigen Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht besteht - auf die Lage in Afghanistan eingegangen (S. 18, 19 u. 22 UA). Der Kläger behauptet demgegenüber lediglich pauschal, als „Auslandsrückkehrer“ in höherem Maße von Kriminalität bedroht zu sein; eine konkrete Bedrohung ergibt sich daraus nicht. Auch sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte insoweit gemäß § 42 Satz 1 AsylG an die rechtskräftige negative Feststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gebunden.

- Zwar hat das Verwaltungsgericht - insoweit unrichtig - davon gesprochen, dass laufende Reststrafenvollstreckungsaussetzungen zur Bewährung den Kläger in der Vergangenheit „mehrfach“ nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten hätten (S. 15 UA). Diese Formulierung lässt jedoch nicht den Schluss zu, das Abwägungsergebnis sei fehlerhaft. Sie ist Bestandteil einer längeren umfassenden Würdigung der „kriminellen Karriere“ des Klägers, deren Ergebnis sich nicht relevant verändert, wenn darauf abgestellt wird, dass dem Kläger „nur“ einmal eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung gewährt wurde.

- Gleiches gilt für den Einwand, das Verwaltungsgericht sei fälschlich davon ausgegangen, der Kläger habe „mehrfach“ Gewalt angewandt. Wie bereits erwähnt, wurde der Kläger auch wegen Delikten verurteilt, die mit der Androhung oder Anwendung von Gewalt verbunden sind, und das Verwaltungsgericht hat durchaus gesehen und berücksichtigt, dass der Kläger zuletzt vor allem wegen Diebstählen verurteilt worden ist.

- Auch die „fehlende Berücksichtigung der Empathiefähigkeit des Klägers“ greift nicht durch. Der Kläger bezieht sich hier auf einen Gesichtspunkt in den Strafzumessungserwägungen im Strafurteil vom 20. Januar 2010, also in seiner ersten Verurteilung; der Kläger hatte einen Mittäter überredet, einen Teil erlangten Beute zurückzugeben. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Aspekt an dem Ergebnis der Abwägung etwas ändern könnte. Die Beklagte weist in ihrer Stellungnahme vom 29. Oktober 2015 zu Recht darauf hin, dass derartige Situationen von Mitgefühl mit den Tatopfern bei den späteren Straftaten nicht mehr auftreten.

- Der Kläger bringt ferner vor, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Gefahrenprognose Tatsachen berücksichtigt, die es selbst schaffe, indem es bei der Prognose der Wiederholungsgefahr darauf abgestellt habe, dass dem Kläger mangels Aufenthaltsrecht eine Integration nicht mehr möglich sei. Dieser Einwand trifft aber nicht zu. Bei der im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommenen Gefahrenprognose (S. 20 u. 21 UA) spielt ein zukünftiges Aufenthaltsrecht des Klägers keine Rolle; an anderer Stelle (S. 15 UA) weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass ihm in Zukunft mangels Aufenthaltsrecht (aus § 25 Abs. 3 AufenthG) keine Integration mehr ermöglicht werden könne. Ein „Zirkelschluss“ liegt also nicht vor.

- Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Gewalttäter oder einen Drogenkriminellen handele, nicht berücksichtigt, ist nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht hat in der vom Kläger ungenau zitierten Textpassage ausdrücklich festgestellt, es habe beachtet, dass der Kläger „kein notorischer Gewaltstraftäter“ sei (S. 22 UA). Unzutreffend ist die Behauptung, das Verwaltungsgericht habe sich lediglich auf die „Drei-Jahres-Grenze“ des § 53 Nr. 1 AufenthG (a. F.) zurückgezogen; es hat vielmehr ausführlich dargestellt, warum das Ausweisungsinteresse hier überwiegt, obwohl der Kläger zuletzt „nur“ wegen Diebstählen verurteilt wurde.

- Schließlich führt der Kläger an, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass er sich seit seiner Haftentlassung um geordnete Lebensverhältnisse bemühe. Jedoch ergibt sich aus den Ausführungen des Urteils des Verwaltungsgerichts, dass sich dieses durchaus mit dem Verhalten des Klägers seit seiner Haftentlassung im Februar 2015 befasst, allerdings nicht entscheidend zu seinen Gunsten gewertet hat (S. 17 u. S. 20/21 UA). Das Verwaltungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass aus den kurzzeitigen Probearbeitsverhältnissen noch nicht der Schluss gezogen werden könne, der Kläger sei willens, seinen Lebensunterhalt künftig durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern. Auch aus nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entstandenen und innerhalb des Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragenen Umständen, insbesondere der Teilnahme an einer schulischen Maßnahme, um einen Schulabschluss nachzuholen, ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung. Auch dass der Kläger sich seit dem 1. Oktober 2015 in psychiatrischer Behandlung befindet, lässt keine grundlegend neue Sicht auf das Ausweisungsinteresse zu. Während der Kläger behauptet, er arbeite damit sein vorangegangenes Verhalten auf, ergibt sich aus dem vorgelegten fachärztlichen Attest vom 29. Februar 2016 die Diagnose einer depressiven Erkrankung, die durch seine derzeitige Lebenssituation, vor allem durch die drohende Abschiebung nach Afghanistan, ausgelöst sei.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf.

Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 106).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dass eine Ausweisung einer umfangreichen Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Art. 8 EMRK zu unterwerfen ist bzw. - nach der neuen Gesetzesfassung - eine umfassende Abwägung nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu erfolgen hat, wirft für sich allein keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf. Schon nicht schlüssig vorgetragen ist, warum sich solche besonderen Schwierigkeiten aus dem Umstand ergeben sollten, dass die Beklagte davon ausgegangen sei, dass die Verhältnisse in Afghanistan nicht die Verhältnismäßigkeitsprüfung einbezogen werden dürften; wie oben dargelegt, ist das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf die Verhältnisse in Afghanistan eingegangen. Ebenso ist die Ableitung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten aus der behaupteten Abweichung von dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 18. Februar 1991 (Az. 31/1989/191/291 Moustaqim - InfAuslR 1991, 149) nicht nachvollziehbar; insoweit hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 1. März 2004 (2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852, juris-Rn. 23) darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung „durch Entscheidungen aus jüngerer Zeit überholt und als Auslegungshilfe nicht mehr heranzuziehen“ sein dürfte.

Einwände gegen die vom Verwaltungsgericht rechtlich nicht beanstandete Befristung der Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf fünf Jahre und die Abweisung der Klage bezüglich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wurden im Zulassungsverfahren nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28. Juli 2014 weiter. Mit diesem Bescheid wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet aus und untersagte die Wiedereinreise für zuletzt fünf Jahre. Den Anlass für die Ausweisung bildeten zwei Verurteilungen des Klägers zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung (Urteil vom 31.1.2011) sowie zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung (Urteil vom 10.2.2014). Der Kläger war aber bereits vor diesen Verurteilungen u. a. mit Körperverletzungsdelikten, die durch richterliche Weisung oder Jugendarrest geahndet wurden, strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bezüglich der Ausweisungsentscheidung. Die Befristungsregelung ist nicht Gegenstand des Zulassungsvorbringens.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 1814 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch bezüglich der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellung, dass die Ausweisung des Klägers ermessensfehlerfrei erfolgt und verhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK sei, nicht der Fall.

Das Erstgericht geht in der Urteilsbegründung davon aus, dass das Verhalten des Klägers nicht nur in der Zusammenschau mit seinen früheren Verurteilungen, sondern auch isoliert bei der letzten Straftat, bei der er einen S-Bahn-Fahrgast mit Schlägen und Tritten auf dem Kopf zusammengeschlagen hatte, eine enorme Gefährlichkeit zeige. Auch bestehe wegen der zahlreichen strafrechtlichen Verfehlungen eine erhebliche Wiederholungsgefahr. Diese werde durch die Tatsache, dass der Kläger zum Tatzeitpunkt der letzten Straftat nach den Feststellungen des Strafgerichts wahrscheinlich deutlich mehr als 2 Promille Blutalkoholkonzentration aufgewiesen habe, nicht relativiert, sondern sogar bekräftigt. Dass der Kläger bei der Begehung eines Teils der Straftaten noch minderjährig gewesen sei, könne vorliegend nicht für ihn sprechen, da sich aus den Akten keinerlei Hinweise auf Reife- oder Entwicklungsverzögerungen ergeben hätten. Bei der der jüngsten Verurteilung zugrunde liegenden Straftat sei der Kläger fast 22 Jahre alt gewesen. Von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr durch die regelmäßige Teilnahme an einem Anti-Gewalttraining sowie die Kontaktierung der Suchtberatung könne nicht die Rede sein. Der Kläger sei in der Justizvollzugsanstalt wegen seiner durchgehend schlechten Arbeitsleistung disziplinarisch geahndet worden. Ihm sei es zuzumuten, in das Land seiner Staatsangehörigkeit auszureisen. Der Kläger habe weder seine Schul- und Berufsausbildung noch seine familiären Bindungen genutzt. Es sei davon auszugehen, dass er jedenfalls rudimentär bosnisch spreche, weil er sich zweimal bei seinem Vater in Bosnien aufgehalten habe, als dieser aus der Bundesrepublik ausgewiesen worden sei. Der Vater sei erstmals im Jahr 1990 nach Deutschland eingereist, so dass zumindest anfangs in der Familie bosnisch gesprochen worden sei. Jedenfalls sei es dem Kläger zuzumuten, seine Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen.

Zur Begründung seines Zulassungsantrags bringt der Kläger vor, dass der Verlauf seiner Jugend nicht hinreichend gewürdigt worden sei. Er sei mit 15 Jahren in die Obhut des Jugendamtes gegeben worden, weil sich die Mutter nicht genügend um ihn habe kümmern können. In diesen Zeitraum seien auch die vom ihm in den Jahren 2006 bis 2010 begangenen Straftaten gefallen. Bei ihm hätten durchaus Reife- und Entwicklungsverzögerungen vorgelegen. Alle strafrechtlichen Verurteilungen hätten seine schwere Jugend und die fehlende elterliche Fürsorge und Erziehung berücksichtigt. Trotz der fehlenden Fürsorge von Zuhause habe der Kläger immerhin einen qualifizierenden Hauptschulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausbildung erreicht. Es hätte auch gewürdigt werden müssen, dass er bei der letzten Straftat alkoholbedingt enthemmt gewesen sei und mehrjährige Haftstrafen in der Regel dazu führten, dass der Betroffene nach der Verbüßung der Haftstrafe nicht mehr straffällig werde. Auch sei nicht berücksichtigt, dass er inzwischen das Anti-Gewalttraining abgeschlossen habe. Die Folgen einer Rückkehr nach Bosnien seien nicht richtig gewichtet worden, da der Kläger keinen ausreichenden Bezug zu seinem Herkunftsstaat Bosnien habe. Eine Integration in Bosnien erscheine ausgeschlossen.

Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung (n. F.) im Ergebnis jedoch nicht ernsthaft in Zweifel.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57).

Der Senat hat daher das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens anhand der gesetzlichen Regelungen über die Ausweisung im Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen, das bezüglich der Vorschriften über die Ausweisung am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky/Reis in Hoffmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte (Ermessens-) Ausweisung wird auch nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG n. F. am 1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Der Senat kommt bezogen auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegenden Tatsachen bei der Prüfung der Ausweisungsentscheidung zu dem Ergebnis, dass diese verhältnismäßig ist, weil das öffentliche Interesse an einer Ausreise das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die weitere Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt. Es besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund der zahlreichen Gewaltstraftaten des Klägers und der Brutalität, mit der er vorgegangen ist, die Gefahr besteht, er werde auch weiterhin Straftaten, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit anderer richten, begehen. Alleine die Tatsache, dass der Kläger vom 2. Februar 2015 bis 22. Juni 2015 an einem Anti-Gewalttraining teilgenommen hat, lässt diese Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Die im Zulassungsverfahren vorgelegte Teilnahmebestätigung sagt nichts darüber aus, ob der Kläger die Lerninhalte dieses Programms auch verinnerlicht hat und sich mit den eigenen Gewaltstraftaten hinreichend auseinandergesetzt hat. Insbesondere hat sich der noch inhaftierte Kläger noch nicht außerhalb der Justizvollzugsanstalt über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs in der Lage ist, nicht straffällig zu werden. Für die von der Beklagten und dem Erstgericht angenommene Wiederholungsgefahr spricht zudem, dass der Kläger bei der Straftat, wegen der er mit Urteil vom 10. Februar 2014 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden ist, alkoholbedingt enthemmt war und er auch bei der Tat, die dem Urteil vom 21. Januar 2013 zugrunde lag, alkoholisiert war. Seine Alkoholproblematik hat der Kläger offensichtlich nicht aufgearbeitet, so dass auch aus diesem Grund zu befürchten ist, er werde auch in Zukunft unter dem Einfluss von Alkohol Straftaten begehen (vgl. zur Wiederholungsgefahr bei Straftaten, die auf einer Suchterkrankung beruhen z. B. BayVGH, B.v. 19.5.2015 - 10 ZB 13.1437 - juris Rn. 13).

Die vom Kläger angeführten etwaigen Reifeverzögerungen lassen die vom Verwaltungsgericht angenommene Wiederholungsgefahr, die sich auf die zahlreichen von ihm seit 2006 begangenen Straftaten stützt, nicht entfallen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass bei den Straftaten, die der Kläger als Heranwachsender begangen hat, noch gewisse Reifeverzögerungen eine Rolle gespielt haben (vgl. Urteil des Jugendschöffengerichts bei dem Amtsgericht M. vom 20.9.2012, 1034 Ls 461 Js 14658/12 jug). Bei den danach folgenden, gravierenden Straftaten wurden jedoch Reifeverzögerungen seitens des Strafgerichts nicht mehr festgestellt und auch bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die letzte Straftat, die zur Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten führte, begangen wurde, als der Kläger schon 22 Jahre alt war.

Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt, und sein Vorbringen, seine schwere Jugend hätte bei der Beurteilung, ob von ihm nach wie vor eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgehe, berücksichtigt werden müssen, sprechen nicht gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Zwar gehen die Straf- und Verwaltungsgerichte davon aus, dass die erstmalige Verbüßung einer Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördern und die Gefahr eines neuen Straffälligwerdens mindern kann (BayVGH, U.v. 20.3.2008 - 10 BV 07.1856 - juris Rn. 23 m. w. N.). Es sind beim Kläger aber keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihn die Verbüßung der Freiheitsstrafe nachhaltig beeindruckt, er sich mit seiner kriminellen Vergangenheit auseinandersetzt und es zu einem nachhaltigen Einstellungswandel gekommen ist. Ein positiver Einfluss der Strafhaft auf die Persönlichkeitsentwicklung wird dem Kläger nicht attestiert. In der Stellungnahme vom 21. April 2015 spricht die Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld nur davon, dass die Führung im Großen und Ganzen ohne Beanstandungen sei, der Kläger allerdings wegen seiner schlechten Arbeitsleistung disziplinarisch geahndet worden sei. Zu Recht weist die Beklagte auch darauf hin, dass sich der Kläger nicht erstmals in Haft befindet, sondern bereits in Untersuchungshaft saß und drei Arreststrafen vollzogen wurden.

Nicht deutlich wird aus dem Zulassungsvorbringen, inwiefern die schwere Jugend des Klägers Einfluss auf das Entfallen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Kläger haben sollte. Selbst wenn - wie der Kläger vorträgt -seine Straffälligkeit in Zusammenhang mit der fehlenden elterlichen Fürsorge stehen sollte, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er die angeführten Erziehungsdefizite in seiner Jugend jetzt im Erwachsenenalter aufarbeitet.

Die Ausweisung stellt sich auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens bei Abwägung des öffentlichen Interesses an der Ausreise des Klägers mit seinem Interesse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet als verhältnismäßig dar. Durch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Dem steht zwar ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wegen der Niederlassungserlaubnis entgegen. Die im Rahmen des § 53 Abs. 2 AufenthG zusätzlich bei der Abwägung zu berücksichtigen Kriterien führen jedoch zum Überwiegen des Ausreiseinteresses. Zwar ist es dem Kläger gelungen, einen Schulabschluss zu erreichen und eine Berufsausbildung zu beenden, jedoch ist er bereits während der Schulzeit strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die eingeleiteten jugendpsychiatrischen Maßnahmen sowie die ambulante Erziehungshilfe konnten nicht verhindern, dass der Kläger weiterhin Straftaten begangen hat, die sich in ihrer Intensität steigerten. Neben den Weisungen und Jugendarresten fällt hier insbesondere die Verurteilung zu einer Jugendstrafe zu einem Jahr und vier Monaten ins Gewicht, die zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde (Urteil vom 31.1.2011), so dass der Tatbestand des § 54 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt ist (Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 54 Rn. 10). Die Aussetzung zur Bewährung wurde aber wegen der anhaltenden Delinquenz des Klägers widerrufen. Eine gelungene Integration liegt somit trotz der Geburt im Bundesgebiet nicht vor. Die Ausweisung des Klägers stellt zweifellos einen Eingriff in sein Privatleben dar, weil er nur noch unter erschwerten Bedingungen den Kontakt zu seiner Familie, die ihn auch regelmäßig in der Justizvollzugsanstalt besucht hat, aufrechterhalten kann. Allerdings stellt sich dieser Eingriff nicht als besonders gravierend dar, da der Kläger bereits 24 Jahre alt ist, er daher auf den Beistand seiner Familie im Sinne einer Lebenshilfe nicht angewiesen ist und der Kontakt auch anderweitig aufrechterhalten werden kann. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass der Kläger im Bundesgebiet geboren ist, Bosnien nur von wenigen Ferien- bzw. Besuchsaufenthalten kennt und die bosnische Sprache nur rudimentär spricht. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung, dass auch eine von Art. 8 EMRK geschützte Verwurzelung des Ausländers im Bundesgebiet eine Aufenthaltsbeendigung nicht generell ausschließt, sondern lediglich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Würdigung der gegenläufigen Interessen ausreichend berücksichtigt werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 10 ZB 13.1881 - juris Rn. 8 m. w. N.). Zwar wiegt in Fällen einer tiefgreifenden Verwurzelung das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet schwer, jedoch ist seine Ausweisung gleichwohl nicht unangemessen, wenn er hochrangige Rechtsgüter gravierend verletzt hat und weiterhin eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr von ihm ausgeht. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung bezüglich der Sprachkenntnisse und der Beziehung des Klägers zu dem Land seiner Staatsangehörigkeit darauf abgestellt, dass ihm in seinem Alter das weitere Erlernen der Landessprache und eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse zumutbar sei, so dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse des Klägers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Angesichts der vom ihm nach wie vor ausgehenden Gefahr, dass er auch nach seiner Haftentlassung unter Alkoholeinfluss wieder gravierende Körperverletzungsdelikte begehen wird, begegnet die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2015 - 10 ZB 15.1056 - juris Rn. 11 m. w. N.).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.

Der am 24. Dezember 1983 im Bundegebiet geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Sein Vater lebt mit seinen zwei Geschwistern‚ der Stiefmutter und drei Stiefgeschwistern in G.; seine Mutter ist 2006 verstorben. Der Kläger‚ der seit 19. Januar 2000 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (jetzt: Niederlassungserlaubnis) ist‚ besitzt einen Hauptschulabschluss, hat jedoch keine Berufsausbildung abgeschlossen. In den Jahren zwischen 2001 und 2010 arbeitete er bei verschiedenen Unternehmen mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit.

Im Bundesgebiet ist er strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Vorsätzlicher unerlaubter Besitz in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Führen und vorsätzlicher unerlaubter Einfuhr einer Schusswaffe (24.8.2000): von der Verfolgung abgesehen, § 45 Abs. 2 JGG

2. Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen (14.12.2003): Amtsgericht Dillingen vom 16.2.2004 - Verurteilung zu 70 Tagessätzen Geldstrafe und Sperre für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis

3. Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs (14.4.2005): Urteil des Amtsgerichts Dillingen vom 29.11.2005 - fünf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und Sperre für die Fahrerlaubnis

4. Sechs sachlich zusammentreffende Vergehen des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (29.10.2004): Amtsgericht Dillingen vom 11.1.2006 - Verwarnung und Auflage von Arbeitsleistungen

5. Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis (27.8.2005): Urteil des Amtsgerichts Dillingen vom 2.5.2006 unter Einbeziehung des Urteils vom 29.11.2005 (s. 3.) - Freiheitsstrafe von sechs Monaten zwei Wochen auf Bewährung und Sperre für die Fahrerlaubnis

6. Nachstellung in Tateinheit mit Nötigung‚ Hausfriedensbruch‚ Beleidigung‚ versuchter Nötigung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung‚ Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung in Tatmehrheit mit Beleidigung (3.9.2009): Urteil des Amtsgerichts Dillingen vom 4.5.2010 - Freiheitsstrafe ein Jahr zehn Monate‚ Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 27. August 2017

7. Nachstellung in zwei tateinheitlichen Fällen mit schwerer Nachstellung‚ gefährlicher Körperverletzung‚ Bedrohung‚ vorsätzlicher Körperverletzung und Nötigung sowie Beleidigung (25.4.2010): Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 2.3.2011 - Freiheitsstrafe von zwei Jahren zwei Monaten‚ Strafvollstreckung erledigt am 3. Juli 2013

Das Landratsamt belehrte den Kläger am 17. Dezember 2007 wegen der von ihm begangenen Straftaten im Hinblick auf eine mögliche Ausweisung. Den Straftaten (Nr. 6 und 7)‚ aus denen Verurteilungen zu Freiheitsstrafen ohne Aussetzung zur Bewährung resultierten‚ lag die vom Kläger mit der späteren Geschädigten vom April 2005 bis 2009 geführte Beziehung zugrunde. Da sich der Kläger mit der von ihr durchgeführten Trennung nicht abfinden wollte‚ stellte er ihr beständig nach‚ rief sie dauernd an und beleidigte sie‚ ihre Mutter und deren Freund. Trotz einer einstwei-ligen Verfügung vom 7. Juli 2009 nach dem Gewaltschutzgesetz‚ mit der dem Kläger untersagt worden war‚ sich seiner früheren Freundin zu nähern‚ ist er an sie in einer Gaststätte herangetreten und hat dort u. a. ihre ebenfalls anwesende Mutter und deren Freund mit einem Golfschläger bedroht und geschlagen. Zulasten des Klägers wurden seine Rücksichtslosigkeit und Penetranz gewertet‚ außerdem sein rücksichtsloses Vorgehen im Hinblick auf die körperliche Unversehrtheit dritter Personen. Die schlechte Sozialprognose und seine Rückfälligkeit ließen eine Bewährungsaussetzung nicht mehr zu. Der Kläger habe den Zeitraum nach der Außervollzug-setzung des Haftbefehls bis zur Hauptverhandlung für einen massiven tätlichen Angriff genutzt.

Der Verurteilung durch das Amtsgericht Augsburg vom 2. März 2011 (Nr. 7) lag ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Demnach habe der Kläger seine ehemalige Freundin im Zeitraum von April bis Juni 2010 weiterhin mehrfach telefonisch kontaktiert‚ beleidigt und bedroht, außerdem zweimal mit seinem Auto verfolgt und sei des Öfteren an ihrer Wohnung vorbeigefahren. Schließlich habe er sie am 24. April 2010 an den Haaren aus ihrem Auto herausgerissen und über einen Platz gezogen. Einen Tag danach habe er seine Handlung wiederholt, außerdem mit beiden Händen um den Hals der Geschädigten gefasst und solange zugedrückt‚ bis sie Atemnot erlitten habe. Der Kläger habe sich im Laufe der Hauptverhandlung aufbrausend benommen und als das eigentliche Opfer hingestellt. Es liege bei ihm eine narzisstische Problematik vor, die mit einem unangepassten Geltungsbedürfnis und Anfälligkeit zur Kränkung einhergehe.

Der Beklagte wies den Kläger mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 aus dem Bundesgebiet aus und befristete die Wirkung dieser Ausweisung auf drei Jahre; die Abschiebung aus der Strafhaft wurde angeordnet. Für den Fall‚ dass die Abschiebung nicht aus der Strafhaft durchgeführt werden könne‚ habe der Kläger das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids zu verlassen‚ andernfalls die Abschiebung in die Türkei oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht werde. Da er assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger sei und damit besonderen Ausweisungsschutz genieße‚ dürfe er nur aus spezialpräventiven Gründen auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Vor dem Hintergrund der über Jahre hinweg begangenen‚ schwerwiegenden Straftaten drohe die Gefahr wiederum gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten. Obwohl eine Behandlung in einer sozialtherapeutischen Abteilung für Gewaltstraftäter erforderlich und auch vorgesehen sei‚ habe sie der Kläger bisher nicht aufgenommen. Die Teilnahme an einem anstaltsinternen sozialen Kompetenztraining reiche nicht aus. Die Straftaten des in vollem Umfang schuldfähigen Klägers stellten keine einmaligen Verfehlungen dar; er verfüge vor dem Hintergrund seiner narzisstischen Persönlichkeit vielmehr über ein erhebliches Gefährdungspotential. Selbst die Verurteilung zu einer Haftstrafe habe ihn nicht davon abhalten können‚ sofort nach der mündlichen Verhandlung erneut straffällig zu werden. Die Ausweisung sei auch unter Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers im Hinblick auf Art. 8 EMRK verhältnismäßig. Seine Kenntnisse der türkischen Sprache würden ihm eine rasche Eingewöhnung in die türkischen Lebensverhältnisse ermöglichen.

Mit Urteil vom 27. März 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2012 gerichtete Anfechtungsklage ab. Der Kläger könne nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ausgewiesen werden, weil sein persönliches Verhalten eine gegenwärtige und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstelle, zu dessen Wahrung die Ausweisung unerlässlich sei. Das erschreckende Maß an Aggressivität‚ das der Kläger nicht nur gegenüber seiner ehemaligen Freundin‚ sondern auch gegenüber deren Angehörigen an den Tag gelegt habe‚ stelle einen Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht dar. Die begangenen Straftaten deckten ein breites Spektrum ab‚ belegten ein außerordentlich rücksichtsloses und hartnäckiges Verhalten und erstreckten sich über einen erheblichen Zeitraum. Die in den Strafurteilen aufgezeigten charakterlichen Probleme führten zur Annahme schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinn von § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Der Kläger nehme zwar in der Justizvollzugsanstalt an einer Therapie teil‚ diese sei jedoch noch nicht abgeschlossen‚ so dass davon ausgegangen werden müsse‚ dass aufgrund der nach wie vor bestehenden Persönlichkeitsdefizite mit weiteren Straftaten‚ insbesondere gefährlichen Körperverletzungen‚ gegenüber seiner früheren Freundin oder einer künftigen Partnerin‚ falls diese sich von ihm trennen wolle‚ zu rechnen sei. Schließlich bewiesen auch sein Verhalten und seine Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht deutlich‚ dass er die in seinem bisherigen Leben begangenen Fehler noch nicht erkannt und aufgearbeitet habe. Die Ermessensentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden‚ da alle wesentlichen Gesichtspunkte in die Prüfung eingestellt und keine sachfremden Erwägungen angestellt worden seien. Die Ausweisung sei schließlich auch verhältnismäßig im Hinblick auf Art. 8 EMRK. Obwohl der Kläger als faktischer Inländer zu betrachten und im Besitz eine Niederlassungserlaubnis sei‚ sein Vater und seine Geschwister im Bundesgebiet wohnten und er seine wesentliche Prägung und Sozialisation in Deutschland erfahren habe‚ sei ihm eine Übersiedlung in die Türkei zu der dort lebenden Großmutter zuzumuten. Er werde jedenfalls in der Türkei nicht auf unüberwindbare Hindernisse stoßen. Auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von drei Jahren begegne keinen rechtlichen Bedenken.

Der am 22. Juni 2010 inhaftierte Kläger wurde am 19. August 2013 nach voller Verbüßung der durch Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 2. März 2011 (s. Nr. 7) verhängten Freiheitsstrafe und mehr als hälftiger Verbüßung der durch das Amtsgericht Dillingen mit Urteil vom 4. Mai 2010 (Nr. 6) verhängten Freiheitsstrafe entlassen.

Der Kläger begründet seine mit Beschluss vom 19. Januar 2015 zugelassene Berufung in erster Linie mit dem Verweis auf den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg vom 9. August 2013‚ mit dem die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Bewährungszeit von vier Jahren angeordnet wurde. Der Kläger habe sämtliche ihm auferlegten Bewährungsauflagen erfüllt und erfülle sie immer noch. Insbesondere habe er die Therapie erfolgreich abgeschlossen‚ wohne nun zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in G. und habe eine Ausbildung als Industriemechaniker begonnen‚ nachdem er noch während der Haft den qualifizierten Hauptschulabschluss sowie außerdem einen Staplerführerschein erworben habe. Während der Inhaftierung habe er im Rahmen eines Gewaltpräventionstrainings an zehn Einzel- und zehn Gruppensitzungen mit einem Therapeuten teilgenommen. Aus dem Beschluss vom 9. August 2013 ergebe sich‚ dass die Entlassung unter Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung angesichts der überwiegenden Wahrscheinlichkeit möglich sei‚ dass der Kläger künftig keine Straftaten mehr begehen werde. Der Kläger erfülle auch das im Hinblick auf besonders gefährliche Straftaten zu verlangende hohe Maß an Erfolgswahrscheinlichkeit wegen des erfolgreichen Therapieverlaufs‚ der damit einhergehenden Einsicht in das Tatunrecht und dessen Aufarbeitung. Außerdem bestehe offenbar keine Beziehung mehr zum Tatopfer. In der Haft habe eine deutliche Nachreifung bei beanstandungsfreier Führung stattgefunden. Nach der erstmaligen Verbüßung einer Haftstrafe müsse die Gefahrenprognose vor dem Hintergrund des Beschlusses vom 9. August 2013 zu seinen Gunsten ausgehen. Zum für die rechtliche und tatsächliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sei klar‚ das der Kläger durch die erstmalige Inhaftierung so beeindruckt sei‚ das er künftig keine Straftaten mehr begehen werde. Bei lange andauerndem Strafvollzug komme den Umständen der Begehung der Straftaten nur noch eingeschränkte Aussagekraft zu; je länger die Freiheitsentziehung andauere‚ desto mehr Bedeutung erhielten die augenblicklichen Lebensverhältnisse der verurteilten Person für die anzustellende Prognose. Der Kläger habe sich seit seiner Haftentlassung straffrei geführt.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. März 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte legte zuletzt ein Urteil des Amtsgerichts Dillingen vom 10. Dezember 2015 vor‚ mit dem der Kläger wegen des Vergehens des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen verurteilt wurde. Er war am 31. März 2015 im Rahmen einer Verkehrskontrolle wegen auffälligen Zustands seiner Pupillen aufgefordert worden‚ zur Feststellung seiner Fahrtauglichkeit einen Urintest durchzuführen. Infolge seiner Weigerung veranlasste die Polizei die richterliche Anordnung einer Blutentnahme‚ gegen die sich der Kläger zur Wehr setzte‚ so dass er zur Durchsetzung der Anordnung von fünf Polizeibeamten auf dem Boden fixiert werden musste. Währenddessen beleidigte er die anwesenden Beamten in türkischer Sprache. Im Rahmen der Strafzumessung wertete das Landgericht Dillingen sein Teilgeständnis und sein Bemühen um eine Entschuldigung in der mündlichen Verhandlung zu seinen Gunsten. Zu seinen Lasten gingen die zahlreichen Vorstrafen und der Umstand, dass er während offener Reststrafenbewährung gehandelt habe. Der Kläger habe ausweislich des mittels Blutprobe festgestellten geringen THC-Werts nicht den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit im Sinn von § 24a StVG verwirklicht. Aus der beigezogenen Bewährungsakte gehe hervor‚ das er der ihm auch nach Haftentlassung auferlegten Antigewalttherapie bei dem Therapeuten Dr. S. ambulant nachkomme. Aufgrund der Gesamtumstände werde eine Geldstrafe als noch ausreichend zur Ahndung angesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Strafakten‚ die Ausländerakte sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage abgewiesen, weil die Ausweisung den geltenden Vorschriften entspricht.

1. Die Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers ist an den im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG, also in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), zu messen (1.1). Die neue Rechtslage kann ohne Verstoß gegen Art. 13 ARB 1/80 angewendet werden (1.2).

1.1 Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12). Eine während des Berufungsverfahrens bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage ist daher zu berücksichtigen. Der Senat hat dementsprechend die streitbefangene Ausweisungsverfügung und das bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen.

Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessens-ausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hofmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53 - 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine - wie hier - nach altem Recht verfügte Ermessensausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am 1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Steht dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsratsabkommen vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zu, sind an die Qualität der erforderlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhöhte Anforderungen zu stellen, denn er darf nach § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und wenn die Ausweisung zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Damit gibt die Neufassung von § 53 Abs. 3 AufenthG exakt die Voraussetzungen wieder, die nach ständiger Rechtsprechung (z. B. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Rs. C - 371/08 Ziebell -, juris Rn. 80; BayVGH‚ U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris) für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen erfüllt sein mussten.

1.2 Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass dem Kläger im Zeitpunkt der Ausweisungsentscheidung ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 zustand. Er kommt damit grundsätzlich in den Genuss der ihn gegenüber anderen Drittstaaten privilegierenden Vorschriften des Assoziationsratsbeschlusses, also auch des in Art. 13 ARB 1/80 enthaltenen Verschlechterungsverbots (sog. Stillhalteklausel). Danach dürfen die Mitgliedstaaten keine neuen innerstaatlichen Maßnahmen einführen, die bezwecken oder bewirken, dass die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch einen türkischen Staatsangehörigen oder einen Familienangehörigen in einem Mitgliedstaat strengeren Voraussetzungen unterworfen wird als denjenigen, die bei Inkrafttreten der Bestimmung am 1. Dezember 1980 in dem Mitgliedstaat galten (vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2015 - 1 C 21. 14 - InfAuslR 2015, 327).

Allerdings bestehen auch mit Blick auf diese Bestimmung keine Bedenken gegen die Anwendung der ab 1. Januar 2016 geltenden neuen Ausweisungsvorschriften auf den Kläger als assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen. Geht man davon aus, dass Art. 13 ARB 1/80 auch im Zusammenhang mit der Änderung nationaler Ausweisungsvorschriften Gültigkeit beansprucht, obwohl diese keinen unmittelbaren Bezug zur Regelung des Arbeitsmarktzugangs aufweisen (vgl. hierzu Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, D 5.2, Art. 13 Rn. 10 f.), geht mit der Einführung des zum 1. Januar 2016 anwendbaren Ausweisungsrechts keine grundsätzliche Verschlechterung der Rechtsposition eines unter dem Schutz von Art. 14 ARB 1/80 stehenden türkischen Staatsangehörigen einher. Denn er kann auch künftig ausschließlich aus spezialpräventiven Gründen und nur dann ausgewiesen werden, wenn sein Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (vgl. § 53 Abs. 3 AufenthG); außerdem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, wie sich aus § 53 Abs. 3 letzter Halbsatz AufenthG und dem System von § 53 Abs. 2, §§ 54, 55 AufenthG ergibt. Dabei sind unter Abwägung der gegenläufigen Interessen alle Umstände und Besonderheiten des konkreten Einzelfalls einzustellen (Bauer in Bergmann/Dienelt, 11. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 56 f.; bisher schon: BVerwG, U. v. 2.9.2009 - 1 C 2.09 - InfAuslR 2010, 3), so dass sich die materiellen Anforderungen, unter denen ein assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger ausgewiesen werden darf, nicht zu seinen Lasten geändert haben. Dass nach dem neuen Recht eine Ausweisung nach Betätigung des ausländerbehördlichen Ermessens nicht mehr in Betracht kommt, ist für einen betroffenen Ausländer nicht ungünstiger (Bauer in Bergmann/Dienelt, a. a. O., Rn. 59; a.A. Cziersky-Reis in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 42), denn es lässt sich schon nicht feststellen, dass es in der Vergangenheit tatsächlich Fälle gab, in denen die Ausländerbehörde von einer eigentlich möglichen Ausweisung aus Ermessensgründen Abstand genommen hat. Im Übrigen ermöglicht das neue Ausweisungsrecht eine volle gerichtliche Kontrolle der Ausweisungsentscheidung, so dass jedenfalls in der Gesamtschau eine Verschlechterung der Rechtspositionen eines durch Art. 13, 14 ARB 1/80 geschützten türkischen Staatsangehörigen nicht feststellbar ist.

2. Die Ausweisung des Klägers ist unter Berücksichtigung des dargelegten Maßstabs rechtmäßig, weil die vom Verwaltungsgericht angenommene Gefahr der Begehung erneuter gravierender Straftaten nach wie vor gegenwärtig besteht (2.1) und nach der erforderlichen Interessenabwägung die Ausweisung für die Wahrung dieses Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich ist (2.2).

2.1 Gemessen an den unter 1.1 dargestellten Grundsätzen kommt der Senat zu der Bewertung, dass nach dem Gesamtbild des Klägers, das in erster Linie durch sein Verhalten gekennzeichnet ist, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut vergleichbare Straftaten begehen wird und damit gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Die nach § 53 Abs. 1, 3 AufenthG vorausgesetzte erhöhte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats in spezialpräventiver Hinsicht noch gegeben. Seine diesbezüglichen Einwendungen im Berufungsvorbringen greifen letztlich nicht durch. Die Ausweisungsentscheidung hat der Beklagte vor dem Hintergrund des nunmehr von § 53 Abs. 3 AufenthG geforderten persönlichen Verhaltens zu Recht nicht auf generalpräventive Gründe gestützt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer spezialpräventiven Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18; BayVGH, U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34 und B. v. 3.3.2016 - 10 ZB 14.844 - juris). Auch der Rang des bedrohten Rechtsguts ist dabei zu berücksichtigen; an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dürfen andererseits keine zu geringen Anforderungen gestellt werden.

Gemessen an den dargestellten Grundsätzen ist der Senat zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO) gelangt, dass eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Kläger erneut die öffentliche Sicherheit durch vergleichbare, insbesondere gegen die körperliche Unversehrtheit dritter Personen gerichtete Straftaten beeinträchtigen wird. Das vom Kläger insoweit geltend gemachte positive Verhalten während der Strafhaft, die dabei durchlaufene Entwicklung, weiter der Umstand, dass er erstmals eine Haftstrafe verbüßen musste, sowie die Aussagen im Bewährungsbeschlusses vom 9. August 2013, und schließlich die Erfüllung der ihm auferlegten Auflagen lassen die angenommene Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Zu Recht hat demgegenüber das Verwaltungsgericht entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger eine ganze Reihe von Straftatbeständen gegenüber seiner ehemaligen Freundin und deren Angehörigen verwirklicht und dabei über einen erheblichen Zeitraum ein hohes Maß an Aggressivität an den Tag gelegt hat. Durch sein Verhalten mit sich steigernder Gewaltbereitschaft hat der Kläger Schutzgüter von hohem Rang (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzt und den betroffenen Personen nicht nur körperliche, sondern auch erhebliche psychische Schäden zugefügt. Das vom Kläger ausgehende Gefährdungspotenzial berührt angesichts dessen ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die Gefahrenprognose wird auch dadurch gestützt, dass er sich in den Jahren 2003 und 2005 zweimal der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs in massiver Weise durch rücksichtsloses Überholen schuldig gemacht hatte (vgl. Darstellung im Urteil des VG Augsburg v. 27.3.2013, S. 17, 18), wobei es einmal zu einem Frontalzusammenstoß kam. Es wurde deswegen eine Freiheitsstrafe auf Bewährung gegen ihn verhängt; die zudem ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis hat er offenbar nicht akzeptiert, wie eine weitere Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beweist.

Triebfeder für das Verhalten des Klägers, das den den Anlass für die Ausweisung bildenden Taten zugrunde lag, war seine persönliche Unfähigkeit, die Beendigung der Beziehung durch seine Freundin zu akzeptieren und nicht gewaltsam auf die Rückgängigmachung ihres Entschlusses zu drängen. Die diesem Verhalten zugrunde liegende Disposition seiner Persönlichkeit hat der Kläger zwar in der Haft und auch anschließend entsprechend den ihm auferlegten Maßgaben bearbeitet; der Senat konnte gleichwohl nicht zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger ein ähnliches Verhalten in einer vergleichbaren Situation nicht mehr zeigen wird. Zur Begründung ist insbesondere auf die neuerliche Verurteilung durch Urteil des Amtsgerichts Dillingen vom 10. Dezember 2015 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu verweisen, der zwar offenbar keine aktiven Gewalthandlungen des Klägers zugrundelagen, als er sich der richterlich angeordneten Blutentnahme widersetzt hat und die Maßnahme nur nach Fixierung durch mehrere Polizeibeamte vollzogen werden konnte; auch hat er sich für sein Verhalten entschuldigt. Problematisch im Hinblick auf die hier anzustellende Gefahrenprognose ist seine in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholte Meinung, er habe ohne schriftliche richterliche Anordnung die Blutentnahme verweigern und danach handeln dürfen, weil er „im Recht gewesen“ sei. Die auch darin zum Ausdruck kommende Einstellung des Klägers lässt den Schluss zu, dass er auch künftig in bestimmten Konfliktsituationen im privaten wie im öffentlichen Raum - insbesondere wenn er sich „ungerecht behandelt fühlt“ - nach seinen eigenen rechtlichen und sonstigen Vorstellungen agieren wird und es so zu erneuten unkontrollierbaren Eskalationen für den Fall kommen kann, dass der Gegenüber nicht der Meinung des Klägers ist. In dieser Hinsicht haben die in und nach der Haft durchgeführten Therapiemaßnahmen (Persönlichkeits- und Antigewalttherapie), mit denen u. a. die vom Sachverständigen des Amtsgerichts Augsburg mit Gutachten vom 19. Dezember 2010 festgestellte erhebliche narzisstische Problematik bearbeitet werden sollte, noch keinen ausreichenden Erfolg gehabt.

Auch die im Bewährungsbeschlusses vom 9. August 2013 enthaltene Aussage, vor dem Hintergrund einer „deutlichen Nachreifung bei beanstandungsfreier Führung“ in der Haft und einer erfolgreichen Aufarbeitung der für die Straftaten maßgeblichen Defizite sei überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger künftig keine Straftaten mehr begehen werde, vermag nicht zu einer für ihn günstigen Gefahrenprognose zu führen. Bei ihrer Prognoseentscheidung sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte an die Feststellungen und Beurteilungen durch die Strafgerichte selbst dann nicht gebunden, wenn die Strafvollstreckungskammer zur Vorbereitung ihrer Entscheidung ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Bei der Frage, ob ein Strafrest nach § 57 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, geht es um die Frage, ob die Wiedereingliederung eines inhaftierten Straftäters weiterhin im Vollzug stattfinden muss oder durch vorzeitige Entlassung für die Dauer der Bewährungszeit in „offener Form“ inmitten der Gesellschaft verantwortet werden kann. Dabei stehen in erster Linie Gesichtspunkte der Resozialisierung im Vordergrund; zu prognostizieren ist, ob der Täter das Potenzial hat, sich während der Bewährungszeit straffrei zu führen. Im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren geht es dagegen um die Frage, ob das Risiko eines Misserfolgs der Resozialisierung von der inländischen Gesellschaft getragen werden muss. Die ausweisungsrechtliche Prognoseentscheidung bezieht sich daher nicht nur auf die Dauer der Bewährungszeit, sondern hat einen längeren Zeithorizont in den Blick zu nehmen. Denn es geht dabei um die Beurteilung, ob dem Ausländer über den Bewährungszeitraum hinaus ein straffreies Leben im Bundesgebiet möglich sein wird. Entscheidend ist, ob er im maßgeblichen Zeitpunkt auf ausreichende Integrationsfaktoren verweisen kann; die beanstandungsfreie Führung während der Haft genügt für sich genommen nicht (BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 19 f.; BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 10 ZB 14.844 - juris).

Zu keinem anderen Ergebnis führt deshalb auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung mitgeteilte Umstand, dass seine Bewährung nicht infolge der letzten strafrechtlichen Verurteilung widerrufen worden sei. Die soeben dargestellten Grundsätze zur unterschiedlichen Würdigung der Gefahrenprognose im Strafvollzugsrecht einerseits und Ausweisungsrecht andererseits können auch in der Situation des trotz erneuter Verurteilung unterbliebenen Widerrufs der Bewährung angewendet werden.

Auch wenn der Kläger nunmehr offenbar seiner ehemaligen Freundin nicht mehr nachstellt und sich mit den gegen sie und ihre Angehörigen gerichteten Taten, wegen derer er verurteilt wurde, auseinandergesetzt hat, genügt dieser Umstand dem Senat für eine positive Prognose alleine noch nicht. Ohne Überwindung der für das damalige Fehlverhalten maßgeblichen Persönlichkeitsdefizite besteht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit die gegenwärtige Gefahr der Begehung gleich oder ähnlich gelagerter Straftaten.

2.2 Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt und die Ausweisung auch für die Wahrung des (unter 2.1) dargestellten Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich ist.

Entgegen dem Vortrag im Berufungsverfahren ist die streitbefangene Ausweisung weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Der Beklagte und nachfolgend das Verwaltungsgericht haben bei der vom Kläger angegriffenen Entscheidung sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.

2.2.1 Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse (i. S. v. § 53 Abs. 1 AufenthG) ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 2. März 2011 durch das Amtsgericht Augsburg zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Zu seinen Gunsten ergibt sich ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, weil er eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Liegen darüber hinaus weitere Lebenssachverhalte vor, die noch andere Tatbestände eines besonders schwerwiegenden oder (nur) schwerwiegenden Ausweisungs- oder Bleibeinteresses erfüllen, sind diese erst bei der nachfolgenden Abwägung der einzelfallbezogenen Umstände im Rahmen des § 53 Abs. 2 AufenthG mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu berücksichtigen; die Annahme eines „doppelt“ oder sogar mehrfach (besonders oder nur) schwerwiegenden Interesses ist weder systematisch geboten noch von seinem Sinngehalt her vorstellbar. Eine rein quantitative Gegenüberstellung der im Rahmen der Prüfung nach §§ 54, 55 AufenthG verwirklichten typisierten Interessen widerspräche auch dem Gebot der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Deshalb kommt es an dieser Stelle nicht mehr darauf an, dass infolge der weiteren Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht Dillingen vom 4. Mai 2010 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auch der Tatbestand des § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG verwirklicht ist. Entsprechendes gilt für die nicht den Anlass für die Ausweisung gebenden Verurteilungen durch das Amtsgericht Dillingen (vom 16.2.2004 und vom 2.5.2006), die möglicherweise für sich alleine gesehen - also ohne Vorliegen der zeitlich nachfolgenden Verurteilungen - ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG als strafbare Handlungen, die „einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften“ darstellen, begründen könnten.

2.2.2 Liegen also nach der durch die §§ 54, 55 AufenthG vorgegebenen typisierenden Betrachtung besonders schwerwiegende Gründe vor, die sowohl für die Ausreise des Klägers aus dem Bundesgebiet als auch für seinen weiteren Verbleib sprechen, fällt die in jedem Fall auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG vorzunehmende umfassende Abwägung der gegenläufigen Interessen (§ 53 Abs. 1, 2 AufenthG) hier zu Ungunsten des Klägers aus; danach ist seine Ausweisung für die Wahrung des betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich.

Bei der Abwägungsentscheidung sind sämtliche nach den Umständen des Einzelfalls maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, in erster Linie die Dauer des Aufenthalts, die Bindungen persönlicher, wirtschaftlicher und sonstiger Art im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige (§ 53 Abs. 2 AufenthG). Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger ein „faktischer Inländer“ ist, der seine wesentliche Prägung und Entwicklung in Deutschland erfahren hat, und seit mehr als einem Jahrzehnt ein Daueraufenthaltsrecht im Bundesgebiet besitzt. Sämtliche nahe Verwandte, insbesondere der Vater des Klägers und seine Geschwister sowie Stiefgeschwister leben im näheren Umfeld. Allerdings hat der Kläger bisher keine eigene Familie gegründet und lebt auch nicht mehr - wie noch während der Haft geplant - mit seinem Vater zusammen, sondern hat eine eigene Wohnung. Unter dem Aspekt der Achtung des Privatlebens (Art. 8 Abs. 1, 2 EMRK) ist zu beachten, dass der Kläger eine neue Beziehung zu einer Frau eingegangen ist, über die er in der mündlichen Verhandlung berichtet hat. Zu seinen Gunsten spricht auch sein nach der Haftentlassung an den Tag gelegtes Bemühen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, auch wenn er die zunächst begonnene Ausbildung zum Industriemechaniker abgebrochen hat. Seinen Bewährungsauflagen kommt er offensichtlich nach; er unterzieht sich nach wie vor einmal monatlich einer Persönlichkeits- und Antigewalttherapie.

Zulasten des Klägers ist insbesondere seine während offener Bewährung begangene Straftat am 31. März 2015 hervorzuheben, die auch beweist, dass ihn die erstmalige Inhaftierung offenbar doch nicht derart beeindruckt hat, dass er künftig ein straffreies Leben führen kann, wie dies in der Begründung der Berufung behauptet wird. Die erstmalige Verbüßung einer Haftstrafe ist zwar grundsätzlich geeignet, die persönliche Reifung eines Straftäters zu fördern (vgl. BayVGH, U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris, Rn. 44); im vorliegenden Fall ist dies jedoch vor dem Hintergrund der nach wie vor problematischen Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu verneinen. Das mit der Therapieauflage verfolgte Ziel, dem Kläger die Mittel für ein Leben ohne Straftaten an die Hand zu geben, ist noch nicht erreicht. Es bleibt daher auch im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung bei der zentralen Bedeutung der Anlassstraftaten, mit denen er über einen langen Zeitraum ein hochaggressives Verhalten an den Tag gelegt hat, dem nicht einmal durch die erste Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung Einhalt geboten werden konnte. In diesem Zusammenhang sind auch die bereits dargestellten Straftaten des Klägers im öffentlichen Straßenverkehr zu nennen, mit denen er eine erhebliche Rücksichtslosigkeit im Hinblick auf die Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit Dritter bewiesen hat. Auch die bisherige Erwerbsbiografie des Klägers spricht nicht zu seinen Gunsten; weder weist er eine abgeschlossene Berufsausbildung auf noch ist er in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum hinweg einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen, woraus im angefochtenen Urteil nachvollziehbar gefolgert wird, dass der Kläger offenbar zum Aufbau einer gesicherten wirtschaftlichen Existenz im Bundesgebiet bisher nicht in der Lage war. Auch seine nach der Haftentlassung begonnene Ausbildung konnte er nicht zum Abschluss bringen. Der Senat ist der Auffassung, dass die von ihm bisher ein knappes Jahr lang ausgeübte selbstständige Tätigkeit (Handel mit Kfz-Teilen/Altreifenentsorgung), die durch öffentlichen Leistungen zur Existenzgründung unterstützt wird, noch nicht als dauerhaft nachgewiesene berufliche Existenz angesehen werden kann.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen, dass dem volljährigen Kläger trotz seiner ausschließlichen Sozialisierung in Deutschland zuzumuten ist, in das Land seiner Staatsangehörigkeit, dessen Sprache er zumindest spricht, zu übersiedeln. Dort wird er als 32-jähriger gesunder Mann trotz fehlender Beziehungen sein Auskommen finden können. Dabei ist hervorzuheben, dass von einer gelungenen sozialen und wirtschaftlichen Integration des Klägers schon in die hiesigen Verhältnisse trotz seines lebenslangen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht ausgegangen werden kann; insoweit relativiert sich sein Einwand, er verfüge in der Türkei über keine wirtschaftlichen Beziehungen. Dass im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens inzwischen offenbar auch seine Großmutter in das Bundesgebiet übersiedelt ist und der Kläger damit eigenen Angaben zufolge keine Angehörigen in der Türkei mehr besitzt, erschwert zwar eine Eingewöhnung in die neuen Lebensumstände, führt aber nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Ausweisungsentscheidung. Den Kontakt zum Bundesgebiet und seinen hier lebenden Angehörigen kann der Kläger von der Türkei aus aufrechterhalten, auch wenn dies mit erhöhten Schwierigkeiten verbunden ist.

Im Ergebnis der Gesamtabwägung stellt sich die Ausweisung als verhältnismäßige Maßnahme dar, die zur Abwehr schwerwiegender Gefahren für die verfassungsrechtlichen Schutzgüter von Leben und körperlicher Unversehrtheit unerlässlich ist.

2.3 Keinen rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die Befristung der Wirkungen des aus der Ausweisung folgenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG auf drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise (vgl. Nr. 2 des angefochtenen Bescheids, S. 18). Die Befristungsentscheidung wurde in der mündlichen Verhandlung auf eine Entscheidung nach Ermessen umgestellt, ohne dass im Übrigen der Kläger Einwände gegen die Länge der Frist erhoben hat. Auch die unter Bestimmung einer Frist erfolgte Ausreiseaufforderung und die daran anknüpfende Abschiebungsandrohung (Nr. 4 des Bescheids) sind rechtmäßig. Die Anordnung der Abschiebung aus der Strafhaft (Nr. 3 des Bescheids) ist dagegen mit der Haftentlassung des Klägers gegenstandslos geworden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozess-kostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der am 23. September 1982 in Prizren geborene Kläger‚ ein serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit‚ reiste im Alter von fast 13 Jahren zu seinen im Bundesgebiet lebenden Eltern ein. Seit 2001 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Mit seiner Klage wendet er sich gegen seine mit Bescheid vom 21. Februar 2014 verfügte Ausweisung‚ die vor dem Hintergrund von drei Freiheitsstrafen vor allem wegen Körperverletzungen‚ Diebstählen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in den letzten fünf Jahren‚ die in der Summe drei Jahre und acht Monate ergeben‚ ausgesprochen wurde. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt er seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter. Der Kläger besitzt einen am 9. November 2011 ausgestellten Reisepass der Republik Serbien. Das Amtsgericht Dachau ordnete mit Urteil vom 29. Oktober 2012 die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungseinrichtung an.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit bestünden nur dann‚ wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG‚ B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Allerdings konnte die Ausweisung nicht als zu einer Regelausweisung herabgestufte (§ 53 Nr. 1, § 56 Abs. 1 Satz 3, 4 AufenthG) Ausweisung verfügt werden. Vielmehr liegt hier eine Ausnahme von der Regel vor, die eine weitere Herabstufung notwendig macht und eine Ausweisung nur noch nach Ermessensausübung zuläßt, weil „durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten“ (BVerwG‚ U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129‚ 367 = juris Rn. 24). Diese Folgerung ergibt sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK‚ der jedermann das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens garantiert und einen Eingriff hierin nur zulässt‚ soweit er u. a. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder zur Verhütung von Straftaten notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Der Kläger‚ der im Alter von zwölf Jahren in das Bundesgebiet eingereist ist, sich seit etwa 20 Jahren hier aufhält und seit 2001 ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt, hat glaubhaft vorgetragen‚ dass sich praktisch sein gesamtes Privatleben im Bundesgebiet abspielt; Beziehungen zu seinem Herkunftsland hat er wohl nur noch zu seinem dort lebenden älteren Bruder‚ während drei weitere Geschwister und die Eltern im Bundesgebiet leben. Danach bedarf es - unabhängig von der nicht „gelungenen Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland“ (UA‚ S. 11) - im Rahmen einer Ausweisung aber einer individuellen Würdigung‚ inwieweit er im Bundesgebiet verwurzelt ist (BVerwG‚ a. a. O., juris Rn. 25). In diesen Fällen bietet der vom Gesetzgeber im Ausweisungsrecht - neben der zwingenden und der Regel-ausweisung - vorgesehene dritte Entscheidungsmodus in der Verwaltungspraxis die höhere Gewähr für eine Berücksichtigung sämtlicher Aspekte des jeweiligen Einzelfalls und deren angemessene Gewichtung (BVerwG‚ a. a. O.). Die beiden vom Beklagten und vom Verwaltungsgericht zu dieser Frage zitierten Entscheidungen (OVG Saarl, B.v. 20.4.2011 - 2 B 208/11 - juris; VG Darmstadt‚ B.v. 21.12.2005 - 8 G 2120/05 - juris) befassen sich im Übrigen nicht mit dem Verhältnis von Regel- zu Ermessensausweisung‚ sondern damit‚ ob ein Ausländer allein wegen seiner Verwurzelung einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 8 EMRK) haben kann.

2. Die vom Beklagten (vorsorglich) ausgesprochene Ausweisung nach Ermessensausübung‚ die das Verwaltungsgericht als rechtmäßig angesehen hat‚ begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist trotz des darin liegenden Eingriffs in das Privatleben des Klägers als Maßnahme zur Verhinderung weiterer gravierender strafbarer Handlungen notwendig und stellt sich auch unter Berücksichtigung seiner umfassend gewürdigten persönlichen Verhältnisse als nicht unverhältnismäßig dar.

Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Urteil unter der Annahme der Anwendbarkeit von Art. 8 Abs. 1 EMRK aus‚ wegen der Intensität des strafrechtlich bedeutsamen Verhaltens des Klägers und seiner mangelnden Integration in das Bundesgebiet sei die Ausweisung weder bezüglich des mit ihr verfolgten spezialpräventiven noch des generalpräventiven Zwecks zu beanstanden. Im Ausweisungsbescheid‚ auf den das Verwaltungsgericht Bezug nimmt‚ wird auf eine konkrete Wiederholungsgefahr im Hinblick auf erneut zu erwartende schwere Rechtsgutverletzungen verwiesen, die Grundinteressen der Gesellschaft berührten; bei dem Kläger handele es sich um einen Gewohnheitskriminellen‚ weshalb die Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten nur durch eine Ausweisung wirksam unterbunden werden könne. Insbesondere habe er als drogensüchtiger Straftäter die notwendige Therapie noch nicht erfolgreich abgeschlossen‚ weshalb eine Wiederholungsgefahr nach wie vor bestehe. Demgegenüber weist der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen darauf hin‚ dass er sich seit dem 14. Januar 2014 wegen der bei ihm diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung vor dem Hintergrund einer Polytoxikomanie in einer Entziehungseinrichtung befinde und dort seither drogen- und alkoholabstinent geblieben sei‚ so dass die Fortführung des Maßregelvollzugs als therapeutisch und sozialprognostisch sinnvoll erachtet werde. Er bereite sich auf den allgemeinen Mittelschulabschluss vor. Laut einer Bestätigung der Klinik vom 24. September 2014 stehe seine Aufnahme in die Lockerungsstufe C bevor‚ womit er einer Außenbeschäftigung nachgehen könne. Er weise eine glaubhafte Veränderungs- und Abstinenzmotivation auf. Mit Schreiben vom 21. April 2015 teilte der Kläger mit‚ dass er nun in der Stufe D außerhalb der Klinik arbeiten dürfe, bereits einen Arbeitsplatz als Gärtnerhelfer gefunden habe und damit seine Integration in die Arbeitswelt vorantreibe. Außerdem plane er für Ende 2015, die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen zu schließen. Das zuständige Landratsamt habe ihm bereits am 11. Juni 2015 eine zunächst auf sechs Monate befristete Duldung ausgestellt‚ die es ihm ermögliche‚ seine Verlobte in Stuttgart zu besuchen‚ wohin er zu einem späteren Zeitpunkt ziehen wolle.

Diese Ausführungen vermögen keine ernstlichen Zweifel an der vom Verwaltungsgericht nachvollzogenen Gefahrenprognose des Beklagten hervorzurufen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH‚ B.v. 18.7.2014 - 10 ZB 13.2440 - juris; B.v. 14.11.2012 - 10 ZB 12.1172 - juris) kann von einem Fortfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden‚ solange der Kläger seine Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Hiervon kann weder im für die maßgeblichen Umstände grundsätzlich relevanten Zeitpunkt des Ablaufs der Begründungsfrist für die Zulassung der Berufung (11. Oktober 2014) ausgegangen werden noch nach den im Zeitpunkt dieser Entscheidung bekannten Erkenntnissen. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet‚ dass der Kläger nicht nur illegale Betäubungsmittel - seit seinem 18. Lebensjahr auch Heroin - konsumiert hat, sondern teilweise parallel dazu Medikamenten- und Alkoholmissbrauch betrieben hat (vgl. Protokoll der kbo-Stufungskonferenz vom 24. September 2014). Entsprechend der nachvollziehbaren Einschätzung der behandelnden Ärzte besteht eine erhöhte Rückfallgefahr in Gruppensituationen und bei Konfrontationen mit Angeboten aus dem alten Milieu sowie bei psychischer und emotionaler Belastung; daraus können neuerliche Straftaten vor allem im Sinne einer Beschaffungskriminalität resultieren. Den multiplen Missbrauch verschiedener Substanzen entsprechend dem Krankheitsbild einer Polytoxikomanie erklärt der Kläger selbst damit, so die Wirkungen einer zunächst konsumierten Droge zu verstärken oder ihnen entgegenzuwirken. Beim Kläger kommt hinzu‚ dass er bisher mindestens 13 stationäre Entgiftungen hinter sich hat‚ außerdem zwei erfolglose Langzeittherapien im September 2009 und im Jahr 2012 (vgl. Bl. 41 der Gerichtsakte). Bei seiner letzten Entgiftung ist er gegen ärztlichen Rat im Jahr 2011 trotz noch nicht abgeschlossener Behandlung entlassen worden. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat auch zum heutigen Tage nach wie vor eine vom Kläger ausgehende ernsthafte Gefahr für bedeutsame Schutzgüter durch die Begehung schwerwiegender Straftaten, insbesondere erneuter Gewaltdelikte.

Die im strafrechtlichen Urteil vom 29. Oktober 2012 angeführten‚ für ihn sprechenden Umstände vermögen hieran angesichts des langjährigen Drogen-‚ Tabletten- und Alkoholmissbrauchs nichts zu ändern. Es ist wie in vergleichbaren Fällen nicht von der Hand zu weisen‚ dass der Kläger seine derzeitige Abstinenz vor allem unter dem Druck der Ausweisung und des anhängigen Gerichtsverfahrens aufrechterhält. Vor diesem Hintergrund mögen sein unauffälliges Verhalten während der Therapie‚ seine dort offenbar an den Tag gelegte Veränderungsbereitschaft‚ die Teilnahme an den therapeutischen Einzelgesprächen und schließlich die Aufnahme einer Außenarbeit auf der Basis einer ausländerrechtlichen Duldung mit Arbeitserlaubnis zwar positive Ansätze darstellen; sie reichen aber angesichts des bis in frühe Lebensjahre zurückgehenden Missbrauchs verschiedener Betäubungs- und Genussmittel noch nicht aus‚ um bereits heute eine positive Prognose abgeben zu können. Gleiches gilt für den Hinweis im Zulassungsvorbringen‚ der Strafvollzug habe auf ihn als „Erstverbüßer eine abschreckende Wirkung“. Welchen positiven Einfluss schließlich die hervorgehobenen familiären Bindungen des Klägers zu seinen Eltern und Geschwistern im Bundesgebiet im Hinblick auf die konkrete Gefahr erneuter Straftaten haben sollen‚ ist nicht erkennbar.

Das angefochtene Urteil erweist sich aber nicht nur im Hinblick auf die spezialpräventiv motivierte Zielrichtung der Ausweisung als unangreifbar‚ sondern begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als es die generalpräventiven Überlegungen zur Ausweisung billigt. Art. 8 Abs. 1 EMRK würde im Übrigen auch eine ausschließlich generalpräventiv begründete Ausweisung eines „verwurzelten“ Ausländers nicht ausschließen (BVerwG, U.v. 14.2.2012 - 1 C 7/11 - BVerwGE 142, 29 = juris Rn. 20 f., m.w. Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR zur Zulässigkeit generalpräventiv begründeter Ausweisungen).

Das Zulassungsvorbringen vermag auch nicht mit dem Vorwurf durchzudringen, es habe keine § 55 Abs. 3 AufenthG genügende Interessenabwägung stattgefunden. In der angefochtenen Entscheidung wird zu Recht darauf verwiesen, dass sich der Bescheid (vgl. 2.4.3, S. 18 - 22) mit sämtlichen Umständen auseinandersetzt, die für und gegen den weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet sprechen, und damit eine im Rahmen von § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstandende Abwägung und Gewichtung vornimmt.

Das angefochtene Urteil begegnet auch nicht deshalb ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit‚ weil die Ausweisung unverhältnismäßig im Sinn von Art. 8 Abs. 1 EMRK wäre. In diesem Zusammenhang trägt der Kläger vor‚ das Verwaltungsgericht habe nur die Aspekte betont‚ die gegen seine Integration im Bundesgebiet sprächen‚ jedoch ausgeklammert‚ dass er dem Kosovo völlig entfremdet sei. Auch die Behauptung im Urteil‚ er habe nicht einmal ein Schulabschluss erworben‚ sei schlichtweg falsch; sogar der Beklagte habe im Ausweisungsbescheid auf den von ihm erworbenen Hauptschulabschluss hingewiesen. Die Ausweisung führe zum Verlust sämtlicher familiärer Bindungen im Bundesgebiet. Jegliche Bindungen zum Herkunftsstaat fehlten. Sein im Kosovo lebender Bruder sei alkoholabhängig und verlege seinen Wohnsitz gerade nach Slowenien. Im Ergebnis stehe die Ausweisung damit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Ziel. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte werde das Fehlen jeglicher Bindungen zum Herkunftsstaat als gewichtiger Grund für die Unverhältnismäßigkeit einer Ausweisung angesehen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Kläger keine ernsthaften Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Die genannten Umstände machen den durch die Ausweisung bewirkten Eingriff in das Recht auf Privatleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. z. B. EGMR, U.v. 18.10.2006 - 46410/99 - NVwZ 2007, 1279) nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff. So führt insbesondere die dem Kläger auferlegte Übersiedlung in sein Herkunftsland nicht zu einer unverhältnismäßigen Härte. Es ist ihm zuzumuten‚ sich dort ein neues „Privatleben“ aufzubauen und seine vorhandenen albanischen Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen. Seine Beziehun-gen zu den im Bundesgebiet verbleibenden Familienangehörigen kann er auf andere Weise pflegen‚ zumal die Entfernung zwischen dem Kosovo und Bayern kein unüberwindbares Hindernis darstellt. Auch der behauptete Fortzug des Bruders aus dem Kosovo würde an dem Ergebnis ebensowenig etwas ändern wie der - vom Verwaltungsgericht verkannte - Umstand, dass der Kläger im Bundesgebiet einen Schulabschluss erworben hat. Die von der Beklagten verfügte Wiedereinreisesperre von drei Jahren eröffnet im Übrigen durchaus die Möglichkeit einer Rückkehr in das Bundesgebiet bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1, 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der am ... 1991 geborene Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist und unter anderem wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Körperverletzungen zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und fünf Monaten verurteilt worden ist, verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der er die Aufhebung seiner Ausweisung sowie die Verpflichtung der Beklagten begehrt, über seinen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Zulassungsgründe liegen nicht vor. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.). Außerdem ist nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; II.).

I.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Der Kläger macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung über die Ausweisung und die Verpflichtung zur Neuverbescheidung des Antrags auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis die schutzwürdigen Interessen des Klägers aus Art. 8 EMRK und Art. 7 EU-GR-Charta unberücksichtigt gelassen. Die Ausweisung des Klägers, der in Deutschland geboren sei, über keine türkischen Sprachkenntnisse verfüge, dessen gesamte Familie in Deutschland lebe, der seinen Freundes- und Bekanntenkreis in Deutschland habe und der niemals in der Türkei gewesen sei, stelle einen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Ein solcher Eingriff sei nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, wenn er in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und insbesondere verhältnismäßig sei. Das Verwaltungsgericht sei insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein die von ihm angenommene Wiederholungsgefahr die Ausweisung verhältnismäßig mache. Auf die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland geboren und aufgewachsen sei, wobei er den größten Teil seiner Kindheit in einem deutschen Kinderheim verbracht habe, und dass er keinerlei Bezug zu seinem Heimatland habe, erwähne das Gericht mit keinem Wort. Damit habe das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall eines faktischen Inländers unter Verstoß gegen die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Maßstäbe eindeutig zulasten des Klägers zu berücksichtigende Umstände herausgestrichen und die familiären Bindungen des Klägers in Deutschland sowie die nicht bestehende Bindung zu seinem Heimatland unberücksichtigt gelassen oder jedenfalls fehlerhaft gewichtet. Diese Ausführungen begründen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn sie stellen weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

a) Zwar beziehen sich die eigenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausschließlich auf die Frage, ob die Beklagte zu Recht annimmt, dass vom Kläger, der nach Ansicht der Beklagten nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zum Aufenthalt in der Bundesrepublik berechtigt ist und daher nach Art. 14 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 AufenthG nur ausgewiesen werden darf, wenn sein persönliches Verhalten eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (vgl. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 80; BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 13; BayVGH, U. v. 5.3.2013 - 10 B 12.2219 - juris Rn. 32), eine Wiederholungsgefahr ausgegangen ist. Jedoch hat das Verwaltungsgericht darüber hinaus von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Das Verwaltungsgericht ist zu Beginn der Entscheidungsgründe ausdrücklich der Begründung des Bescheids der Beklagten vom 25. Februar 2013 gefolgt, mit dem der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden ist. Es hat darauf hingewiesen, dass es deshalb von einer vollständigen Darstellung der Entscheidungsgründe absehe. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht nur ergänzend ausgeführt, dass es die Prognoseentscheidung der Beklagten hinsichtlich des Fortbestehens der Gefahr weiterer Straftaten des Klägers teile und dass die im Bescheid vom 25. Februar 2013 nach § 11 Abs. 1 AufenthG festgesetzte Frist von fünf Jahren, innerhalb der der Kläger nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten dürfe, nicht zu beanstanden sei.

Ist damit aber die Begründung des Bescheids der Beklagten vom 25. Februar 2013 Bestandteil der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils geworden (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 25. Ergänzungslieferung 2013, § 117 Rn. 20 m. w. N.), so hat das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers dessen schutzwürdige Interessen aus Art. 8 EMRK und damit auch aus Art. 7 EU-GR-Charta nicht unberücksichtigt gelassen, der im Hinblick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens den in Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechten in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entspricht (vgl. EuGH, U. v. 15.11.2011 - Dereci u. a., C-256/11 - juris Rn. 70; BVerwG, U. v. 13.6.2013 - 10 C 16.12 - juris Rn. 23). Insbesondere trifft es nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland geboren und aufgewachsen sei, wobei er den größten Teil seiner Kindheit in einem deutschen Kinderheim verbracht habe, und dass er keinerlei Bezug zu seinem Heimatland habe, mit keinem Wort erwähnt und damit im vorliegenden Fall eines faktischen Inländers unter Verstoß gegen die vom Europäischen Gerichtshof für Menschrechte und vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Maßstäbe die familiären Bindungen des Klägers in Deutschland sowie die nicht bestehende Bindung zu seinem Heimatland unberücksichtigt gelassen habe.

Der Bescheid vom 25. Februar 2013 hat die persönlichen Interessen des Klägers, einschließlich der durch Art. 8 EMRK geschützten, bei der Entscheidung über die Ausweisung ausdrücklich berücksichtigt. Der Kläger sei in Deutschland geboren und aufgewachsen und lebe seitdem in Deutschland. Er sei faktischer Inländer, der sich auf Art. 8 EMRK berufen könne. Die Eltern des Klägers lebten in Deutschland, zwei Geschwister in München. Der Kläger habe seit seinem sechsten Lebensjahr ausschließlich in Heimen gelebt. Bis dahin habe er sich allerdings an den Wochenenden bei seinem Vater oder anderen Familienangehörigen aufgehalten. Außerdem legt der Bescheid dar, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben nie in der Türkei gewesen sei und weder Türkisch spreche noch verstehe.

b) Soweit der Kläger schließlich meint, das Verwaltungsgericht habe seine familiären Bindungen in Deutschland und die nicht bestehende Bindung zu seinem Heimatland jedenfalls fehlerhaft gewichtet, stellt er ebenfalls weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

Die Beklagte und damit im Hinblick auf § 117 Abs. 5 VwGO auch das Verwaltungsgericht haben die familiären Bindungen des Klägers in Deutschland und die nach Ansicht des Klägers nicht bestehende Bindung zu seinem Heimatstaat folgendermaßen bewertet: Der Kläger sei in Deutschland geboren und aufgewachsen. Seine Eltern und seine beiden Geschwister lebten in der Bundesrepublik. Der Kläger habe sein ganzes Leben im Bundesgebiet verbracht. Seine Bindungen zur Türkei dürften gering sein. Trotzdem habe er sich in Deutschland nicht so integrieren können, dass ihm eine Ausreise in die Türkei als Land seiner Staatsangehörigkeit nicht zumutbar wäre. Seit seinem sechsten Lebensjahr habe der Kläger in Heimen gelebt. Bis dahin habe er jedoch die Wochenenden bei seinem damals sorgeberechtigten Vater oder anderen Familienangehörigen verbracht. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er in dieser Zeit die türkische Sprache gelernt habe. Dies sei umso wahrscheinlicher, als sich gerade die erste und zweite Generation von Zuwanderern noch in ihrer Muttersprache unterhalte. Auch seine Mutter habe 2009 erklärt, dass der Kläger, wenn auch nicht fließend, Türkisch sprechen könne. Die sprachlichen Defizite könne der Kläger in der Haft beheben. Auch wenn der Kläger seit 1996 in den Heimen, in denen er gelebt habe, hauptsächlich von deutschen Erziehern betreut worden sei, habe er nicht sämtliche Verbindungen zu seiner Heimat abgebrochen. Er habe im Jahr 2009 zeitweise bei seiner Mutter gelebt und habe weiter Kontakt zu seinen Geschwistern.

Mit diesen Ausführungen setzt der Kläger sich aber in keiner Weise substantiiert auseinander. Mit seinem nicht näher erläuterten Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe seine Bindungen zur Bundesrepublik und zur Türkei falsch gewichtet, stellt er sie daher auch nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

2. Darüber hinaus macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Maßstäbe auch deshalb falsch angewendet, weil es unberücksichtigt gelassen habe, dass die Strafvollstreckungskammer den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe ausgesetzt habe. Der Kläger habe zwischenzeitlich einen neuen Therapieplatz in einer Einrichtung in Bad Aibling erhalten und werde die Therapie Ende 2013 beginnen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gehe davon aus, dass bei der Interessenabwägung im Rahmen einer Aufenthaltsbeendigung auch der durch die Strafhaft eingeleitete und durch die Haftaussetzung in die Wege geleitete Resozialisierungsprozess zu berücksichtigen sei, der durch die Aufenthaltsbeendigung unterbrochen werde. In der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs heiße es in Bezug auf den dortigen Kläger, diesem werde in der Türkei eine adäquate Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten vor allem wegen der fehlenden sozialen Integration in die dortigen Lebensverhältnisse kaum möglich sein. Es bestehe vielmehr die Gefahr, dass der Kläger, dem bereits die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Ablauf der Befristung zugesichert worden sei, bei seiner Wiedereinreise wegen der nicht abgeschlossenen Resozialisierung erneut Straftaten begehen werde. Auch diese Ausführungen des Klägers begründen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

a) Zunächst hat das Verwaltungsgericht schon nicht unberücksichtigt gelassen, dass die Strafvollstreckungskammer den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe ausgesetzt und der Kläger einen Therapieplatz für eine weitere Drogentherapie erhalten hat. Es hat vielmehr ausdrücklich berücksichtigt, dass der Kläger auf sein eigenes Betreiben hin am 3. Juni 2013 auf Bewährung aus der Haft entlassen worden ist und eine stationäre Entwöhnungsbehandlung begonnen hat. Es hat darüber hinaus im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa BayVGH, B. v. 14.11.2012 - 10 ZB 12.1172 - juris Rn. 6 m. w. N.) dargelegt, dass von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden könne, solange der Kläger nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Straf- und Therapieende glaubhaft gemacht habe. Auf dieser Grundlage ist das Verwaltungsgericht aber zu dem Ergebnis gelangt, dass die kurze und wegen eines Rückfalls am 3. Oktober 2013 abgebrochene Therapie nicht die Prognose rechtfertige, der Kläger werde künftig in der Lage sein, ein drogen- und gewaltfreies Leben zu führen. Daran ändert es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts schließlich nichts, dass der Kläger möglicherweise in absehbarer Zeit eine neue Therapie beginnen wird, für die ihm ein Therapieplatz in einer Einrichtung in Bad Aibling in Aussicht gestellt worden ist. Selbst wenn der Kläger tatsächlich den Therapieplatz erhalte und mit der Therapie beginne, reiche dies für eine Verneinung der Wiederholungsgefahr nicht aus

b) Soweit der Kläger mit seinen Ausführungen geltend macht, die Haftaussetzung und die Fortsetzung der Therapie seien nicht nur im Rahmen der Gefahrenprognose, sondern unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierungsmöglichkeiten für den Kläger auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, begründet auch dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Zwar kann bei der Ermessensentscheidung über die Ausweisung im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch der Resozialisierungsgedanke zu berücksichtigen sein (vgl. BayVGH, U. v. 5.3.2013 - 10 B 12.2219 - juris Rn. 36). Denn nach dieser Rechtsprechung ist im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen, dass bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen einen jugendlichen Straftäter die Verpflichtung zur Beachtung des Kindeswohls auch die Pflicht mit einschließt, seine Resozialisierung zu erleichtern (EGMR, U. v. 23.6.2008 - Maslov II, Nr. 1638/03 - InfAuslR 2008, 333/334). Jedoch handelt es sich beim Kläger nicht um einen jugendlichen Straftäter, bei dessen Ausweisung das Kindeswohl zu berücksichtigen wäre. Denn er hat die Straftaten, die seiner Ausweisung zugrunde liegen, weitgehend nicht als Minderjähriger, sondern als Volljähriger begangen. So war er insbesondere bei den Körperverletzungen gegenüber Polizeibeamten anlässlich einer Personenkontrolle am 6. Dezember 2011, bei der bei ihm Betäubungsmittel gefunden wurden, 20 Jahre alt. Auch am 3. November 2009, als der Kläger zwei Personen mit einem Messer am Unterarm und an der Hand verletzte, war der Kläger 18 Jahre alt und damit bereits volljährig. Die Körperverletzung vom 4. Juni 2011, die darin bestand, dass der Kläger einem anderen mit der Hand überraschend von hinten mit der Folge auf den Hinterkopf schlug, dass dieser zu Boden ging und Kopfschmerzen und Schmerzen am Fuß erlitt, beging der Kläger schließlich im Alter von 19 Jahren.

Es kommt hinzu, dass der Kläger nicht näher darlegt, wie sich eine Unterbrechung der weiteren Drogentherapie durch die Ausweisung auf die Resozialisierung ausgewirkt hätte. Es ist deshalb auch nicht ersichtlich, inwieweit eine Berücksichtigung dieser Auswirkungen Folgen für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gehabt hätte. Dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht darauf hinweist, dass nach der in ihren ergänzenden Ermessenserwägungen geäußerten Ansicht der Beklagten eine Drogentherapie auch in der Türkei absolviert und gegebenenfalls auch staatlich finanziert werden könne, und der Kläger sich damit in seiner Zulassungsbegründung in keiner Weise auseinandersetzt.

II.

Schließlich ist die Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Denn der Kläger hat nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.

Der Kläger leitet die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten daraus ab, dass das Verwaltungsgericht die Besonderheiten, dass der Kläger nicht in einer türkischen Familie, sondern in einem deutschen Kinderheim aufgewachsen sei und hier seine wesentliche Sozialisation erfahren habe, dass er über keine türkischen Sprachkenntnisse verfüge und keinerlei Kontakte zu seinem Heimatland habe, nicht in ausreichender Weise hinterfragt und berücksichtigt habe. Er sieht damit die besonderen Schwierigkeiten des Falles darin, dass das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen sei. In einem solchen Fall kann nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO aber verlangt werden, dass der Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags diese Aspekte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - juris Rn. 17). Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung jedoch nicht. Denn sie enthält keinerlei Ausführungen, aus denen sich der Schwierigkeitsgrad der Gesichtspunkte ersehen ließe, die das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Klägers nicht hinreichend hinterfragt und berücksichtigt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Tenor

I.

Die Anträge der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung wenden sich die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses dagegen, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2012, mit dem die Wirkungen der Ausweisung des Klägers vom 9. November 1993 nachträglich auf den 1. März 2022 befristet worden sind, aufgehoben hat, soweit er die Befristung der Ausweisungswirkungen über den 21. März 2013 hinaus festsetzt. Der 1938 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Insbesondere verfasst er Bücher und hält Vorträge zur Geschichte der Zeit des Nationalsozialismus. Außerdem verfügt er über eine eigene Internetseite.

Die zulässigen Anträge auf Zulassung der Berufung sind unbegründet. Die Berufung ist jeweils weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.) noch wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; II.), wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; III.) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; IV.) zuzulassen.

I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses verneinen anders als das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung auf den 21. März 2013. Sie gehen zunächst wie das Verwaltungsgericht zu Recht davon aus, dass sich die Befristung der Wirkungen von Ausweisungen von Unionsbürgern vor dem 1. Januar 2005, die nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG einschließlich ihrer Rechtsfolgen wirksam bleiben, nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU in sinngemäßer Anwendung richtet (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 17). Sie legen außerdem zutreffend den dabei anzulegenden Maßstab dar. Danach sind bei der Bemessung der Länge der Frist im Rahmen der sinngemäßen Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU das Gewicht des Grundes für die Ausweisung sowie der mit ihr verfolgte spezialpräventive Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der Prüfung im Einzelfall, ob die vorliegenden Umstände auch jetzt noch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen als Dauereingriff in das Freizügigkeitsrecht mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU tragen. Die Behörde hat dazu auch das Verhalten des Betroffenen nach der Ausweisung zu würdigen und im Wege einer Prognose auf der Grundlage einer aktualisierten Tatsachenbasis die (Höchst-)Frist nach dem mutmaßlichen Eintritt der Zweckerreichung zu bemessen. Im Falle einer langfristig fortbestehenden Rückfall- oder Gefährdungsprognose ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers aber auch bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen (BT-Drs. 15/420 S. 105; vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 19). Die sich an der Erreichung des Zwecks der Ausweisung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 20).

Nach Ansicht der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses bestehen nach diesen Maßstäben aber ernstliche Zweifel an der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Befristung.

1. Sie machen insoweit zunächst geltend, die Ausweisung vom 9. November 1993 sei verfügt worden, weil der Kläger wiederholt öffentlichkeitswirksam den Holocaust geleugnet, dessen Opfer durch vorsätzliches Kundgeben falscher Tatsachen beleidigt und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft gerechtfertigt habe. Seine diesem Verhalten zugrunde liegende innere Einstellung habe der Kläger bis heute im Wesentlichen unverändert beibehalten. Es bestehe deshalb auch gegenwärtig noch eine hohe Wiederholungsgefahr.

Zum Beleg dafür führen die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses die zahlreichen Veranstaltungen in Deutschland, bei denen der Kläger vor seiner Ausweisung im Jahr 1993 seine Thesen verbreitet hat, die der Ausweisung zugrunde liegende Verurteilung des Klägers in Deutschland im Jahr 1993 zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen wegen Beleidigung in Tateinheit mit Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, die Verurteilung des Klägers in Österreich im Jahr 2006 wegen Verstößen gegen das dortige NS-Verbotsgesetz im Jahr 1989 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren ohne Bewährung, ein Urteil des Londoner High Court aus dem Jahr 2000, nach dem der Kläger als Lügner, Geschichtsfälscher, Antisemit und Rassist bezeichnet werden durfte, Aktivitäten des Klägers im europäischen Ausland, die als Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 und 3 StGB auch in Deutschland strafbar seien, wenn der Kläger damit rechnen müsse, dass sie dort zugänglich seien, sowie Aktivitäten des Klägers in den USA (vgl. insoweit S. 9 der Zulassungsbegründung der Beklagten) und seinen Internetauftritt an, aus dem sie zahlreiche Äußerungen zitieren (vgl. insoweit im Einzelnen S. 8 bis 11 der Zulassungsbegründung des Vertreters des öffentlichen Interesses und S. 6 bis 8 der Zulassungsbegründung der Beklagten).

Diese Ausführungen zur Darlegung der auch gegenwärtig noch hohen Wiederholungsgefahr begründen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Sie stellen weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Vielmehr gelangt, wie die Rechtsmittelführer selbst darlegen, auch das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Verurteilung des Klägers in Österreich, den Internetauftritt des Klägers sowie sein Verhalten in anderen europäischen Staaten zu dem Ergebnis, dass durchaus noch eine Wiederholungsgefahr in Form einer vom Verhalten des Klägers ausgehenden tatsächlichen und hinreichend schweren gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliege, die mit dem friedlichen Zusammenleben der Bevölkerung ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Angesichts der regen Vortragstätigkeiten des Klägers in anderen Ländern erscheine es zudem naheliegend, dass er im Falle einer Befristung der Wirkungen der Ausweisung auch in Deutschland wieder entsprechende Vorträge halten werde.

2. Die Zulassungsbegründungen führen außerdem aus, auch wenn die strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Deutschland inzwischen im Bundeszentralregister getilgt worden sei und daher gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU nur noch die im britischen Strafregister eingetragene Verurteilung in Österreich die Verlustfeststellung rechtfertigen könne, seien die Ereignisse der Jahre 1989 bis 1993 weiterhin insoweit von Bedeutung, als in ihnen eine bestimmte innere Einstellung des Klägers zum Ausdruck komme, die unverändert fortbestehe und aus deren langer Dauer geschlossen werden könne, dass der Kläger wieder entsprechende Straftaten begehen werde. § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU schließe ihre Berücksichtigung weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck, der Gesetzesbegründung oder dem systematischen Zusammenhang aus, in dem er zu § 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU stehe.

Auch diese Ausführungen begründen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn wie dargelegt, geht auch das Verwaltungsgericht von einer unveränderten Einstellung des Klägers und der damit verbundenen Wiederholungsgefahr aus.

3. Dementsprechend machen die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses auch vor allem geltend, angesichts der vom Verwaltungsgericht selbst prognostizierten erheblichen Rückfall- und Wiederholungsgefahr sei es nicht nachvollziehbar, wie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vom Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts am 25. Oktober 2012 an nur noch eine Befristung für weitere fünf Monate bis zum 21. März 2013 gebieten solle. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Dauer der Befristung stünden in eklatantem Widerspruch zu seinen Feststellungen auf der Tatbestandsebene.

Das Verwaltungsgericht begründet seine Auffassung, die Aufrechterhaltung der Ausweisung über den 21. März 2013 hinaus sei unverhältnismäßig, im Wesentlichen wie folgt: Zu berücksichtigen seien nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat. Zu beachten sei auch, dass nach § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU ebenso wie nach § 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG die Frist einer Einreisesperre mit der Ausreise zu laufen beginne. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG dürften fünf Jahre regelmäßig nicht überschritten werden. Hier sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entsprechend dem österreichischen Einreiseverbot eine Befristung auf den 21. März 2013 angemessen. Der Kläger sei bereits 1993, also vor fast zwanzig Jahren freiwillig ausgereist und habe das Bundesgebiet abgesehen von einer dreitätigen Rundreise im Jahr 2010 wohl nicht mehr betreten. Er sei mittlerweile 74 Jahre alt und die der österreichischen Tat zugrunde liegende Verurteilung liege schon 23 Jahre zurück. Eine ähnlich hohe Strafe habe für eine solche Tat zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland nicht verhängt werden können. Eine weitere Verurteilung sei nicht erfolgt. Die Einreise nach Österreich sei dem Kläger nach der neuesten Mitteilung der österreichischen Polizei nur noch bis zum 21. März 2013 verwehrt. Der Kläger habe selbst erklärt, er halte an den damaligen Äußerungen nicht mehr fest, weil sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben hätten. Er habe mitgeteilt, er werde sich an die deutschen Strafgesetze halten und plane keine Vortragsreisen, sondern wolle nur für ein deutsches Buch recherchieren. Sowohl das Landesamt für Verfassungsschutz als auch das Bayerische Landeskriminalamt hätten von keinen aktuellen Aktivitäten und Erkenntnissen in Deutschland berichten können. Das befürchtete Verhalten Dritter könne dem Kläger nicht ohne weiteres angelastet werden. Die Ausführungen des Landeskriminalamts seien hinsichtlich dieser Gefahren auch eher vage. Aktuelle Verbindungen des Klägers zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland seien nicht nachweisbar.

a) Insoweit machen die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses zunächst geltend, die Behauptung des Klägers, er halte an seinen damaligen Äußerungen angesichts neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr fest, sei nicht glaubhaft und stehe im Widerspruch zu der auch vom Verwaltungsgericht bejahten tatsächlichen und hinreichend schweren gegenwärtigen Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft. Das Argument, weder das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz noch das Bayerische Landeskriminalamt könnten über aktuelle Aktivitäten des Klägers in Deutschland berichten, sei nicht stichhaltig, weil der Kläger wegen seiner Ausweisung seit 1993 in Deutschland ebenso wie in Österreich nicht aktiv sein könne. Dass die in Österreich abgeurteilte Tat bereits 23 Jahre zurückliege, sei ebenfalls nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu mindern und eine kurze Befristung zu rechtfertigen. Denn der Kläger habe unmittelbar nach seiner Haftentlassung öffentlich erklärt, an der Leugnung des Holocaust festzuhalten. Außerdem könnten auch Aktivitäten des Klägers im Ausland zu einer Strafbarkeit in Deutschland wegen Volksverhetzung nach § 130 StGB führen. Der fehlende Nachweis von Verbindungen des Klägers zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland stelle kein ernsthaftes Hindernis für eine Wiederholungsgefahr dar, zumal das Bayerische Landeskriminalamt mitgeteilt habe, dass die Werke des Klägers in der rechtsextremistischen Szene immer noch zu den wichtigsten revisionistischen Ausarbeitungen zählten und der Kläger bei einer erneuten Einreise seine Vortragstätigkeit wieder aufnehmen könne, wovon auch das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Begründung für das Fortbestehen einer tatsächlichen und hinreichend schweren gegenwärtigen Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft ausgegangen sei. Warum dies im Rahmen der Abwägung zur Festlegung der Dauer der Befristung anders zu bewerten sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Soweit das Gericht schließlich meine, das befürchtete Verhalten Dritter könne dem Kläger nicht ohne weiteres angelastet werden, verkenne es den Straftatbestand des § 130 StGB, der gerade Äußerungen, die geeignet seien, den öffentlichen Frieden zu stören, unter Strafe stelle.

Selbst wenn man aufgrund dieser Einwände die vom Verwaltungsgericht zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit einer Aufrechterhaltung der Ausweisungswirkungen über den 21. März 2013 hinaus angeführten Argumente, dass der Kläger an seinen Äußerungen angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festhalte, dass weder das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz noch das Bayerische Landeskriminalamt über aktuelle Aktivitäten des Klägers in Deutschland berichten könnten, dass die in Österreich abgeurteilte Tat bereits 23 Jahre zurückliege, dass aktuelle Verbindungen des Klägers zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland nicht nachweisbar seien und dass das befürchtete Verhalten Dritter dem Kläger nicht ohne weiteres angelastet werden könne, nicht als stichhaltig ansieht, stellen die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses die Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei unverhältnismäßig, die Wirkungen der Ausweisung über den 21. März 2013 hinaus aufrechtzuerhalten, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Denn die übrigen vom Verwaltungsgericht für die Unverhältnismäßigkeit einer Fortdauer der Ausweisungswirkungen über den 21. März 2013 hinaus angeführten Gesichtspunkte, dass die Einreisesperre nach § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU bereits mit der Ausreise zu laufen beginne, dass nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG bei der Befristung regelmäßig fünf Jahre nicht überschritten werden dürften, dass der Kläger vor fast zwanzig Jahren freiwillig ausgereist sei und dass er mittlerweile 74 Jahre alt sei, reichen bereits für sich genommen aus, eine Befristung dieser Wirkungen auf einen Zeitpunkt nach dem 21. März 2013 als unverhältnismäßig erscheinen zu lassen.

Zwar ist bei der Bestimmung der Länge der Frist für das Fortbestehen der Wirkungen der Ausweisung in sinngemäßer Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU im Falle einer langfristig fortbestehenden Rückfall- oder Wiederholungsgefahr nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen (BT-Drs. 15/420 S. 105; vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 19). Die daraus folgende, sich am Zweck der Ausweisung orientierende Frist muss sich aber, wie bereits ausgeführt, an höherrangigem Recht messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Die insoweit erforderliche Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange zu erfolgen hat, kann dabei im Extremfall zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 20). Hier hat sie, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, zum Ergebnis, dass im Hinblick auf die seit der Ausreise des Klägers verstrichene Zeit und dessen Alter jedenfalls eine Befristung, nach der die Wirkungen der Ausweisung über den 21. März 2013 hinaus Bestand haben, unverhältnismäßig ist.

Das Recht auf Freizügigkeit, das der Kläger als Unionsbürger nach Art. 20 Abs. 1 Satz 2 AEUV gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a und Art. 21 Abs. 1 AEUV besitzt und das ihn berechtigt, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, wird durch das mit der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verbundene Verbot, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich dort aufzuhalten, erheblich eingeschränkt. Dies gilt umso mehr, je länger das Verbot gilt. Ein Verbot, das wie hier seit der Ausreise des Klägers im November 1993, mit der gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU die nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU im Rahmen der Befristungsentscheidung festzusetzende Frist beginnt, bis zu dem vom Verwaltungsgericht als angemessen angesehenen Befristungszeitpunkt annähernd zwanzig Jahre gedauert hat, stellt daher eine ausgesprochen schwerwiegende Beeinträchtigung des Rechts auf Freizügigkeit des Klägers dar. Dies gilt umso mehr, wenn das Einreise- und Aufenthaltsverbot über das vom Verwaltungsgericht als gerade noch verhältnismäßig angesehene Fristende am 21. März 2013 hinaus fortdauern soll, wie dies bei der von der Beklagten vorgenommenen Befristung bis zum 1. März 2022 der Fall ist.

Zusätzliches Gewicht erhält die mit einer derart langen Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots verbundene Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit durch das Alter des Klägers, das als einer der in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Klägers bei der Abwägung zur Bemessung der Befristung zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 20). Denn der am 24. März 1938 geborene Kläger war am 21. März 2013 bereits nahezu 75 Jahre alt. Bei Ablauf der von der Beklagten festgesetzten Frist am 1. März 2022 wäre er annähernd 84 Jahre alt. Je geringer die verbleibende Lebenserwartung des Betroffenen noch ist, desto schwerer wiegt aber die mit der Fortdauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots verbundene Beschränkung seines Rechts auf Freizügigkeit. Denn je älter ein Betroffener bei Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist, desto weiter nähert sich die darin liegende Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit einem auf unbegrenzte Zeit und damit für den Betroffenen auf Lebenszeit geltenden Aufenthaltsverbot an, das mit dem Prinzip der Freizügigkeit unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 17.6.1997 - Shingara und Radlom, C-65/95 - juris Rn. 40; U.v. 19.1.1999 - Calfa, C-348/96 - juris Rn. 29) und dessen Vermeidung der Anspruch auf Befristung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU und der ihm zugrunde liegende Art. 32 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl EG Nr. L 158 S. 77; Richtlinie 2004/38/EG), gewährleisten sollen (vgl. BT-Drs 15/420 S. 105; Erwägungsgrund 27 der Richtlinie).

Angesichts der bereits bei einer Fortdauer der Ausweisungswirkungen bis zum 21. März 2013 ausgesprochen schwerwiegenden Beschränkung des Rechts des Klägers auf Freizügigkeit erweist sich jedenfalls ein noch längeres Fortgelten dieser Wirkungen auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange als unverhältnismäßig. Zwar kommt auch dem Ziel, die vom Kläger im Hinblick auf seine Äußerungen im Ausland und im Internet nach wie vor mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dadurch abzuwehren, dass er weiterhin vom Bundesgebiet ferngehalten wird, großes Gewicht zu. Gleichwohl wiegt dieser Belang nicht so schwer, dass er einen mehr als fast zwanzig Jahre dauernden Ausschluss des Rechts auf Freizügigkeit des Klägers rechtfertigen könnte. Denn maßgeblich für seine Gewichtung ist das Gewicht des Grundes für die Ausweisung (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 19). Grund der Ausweisung war aber neben der befürchteten Stärkung und Aufwertung rechtsextremer Gruppen durch die Thesen des Klägers und der daraus resultierenden Gefährdung der inneren Sicherheit und des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland in erster Linie die Verurteilung des Klägers wegen Beleidigung nach § 185 StGB und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen. Die Verurteilung beruhte darauf, dass der Kläger bei einer Veranstaltung des Deutschen Jugendbildungswerkes am 21. April 1990 geäußert hatte, es habe in Auschwitz nie Gaskammern gegeben, und dazu ausgeführt hatte, die in Auschwitz zu besichtigenden Gaskammern seien von den polnischen Behörden nach dem zweiten Weltkrieg errichtete Attrappen, für die die deutschen Steuerzahler rund 16 Milliarden Deutsche Mark als Strafe für Auschwitz hätten zahlen müssen. Eine Verurteilung wegen Volksverhetzung nach § 130 StGB in der damals geltenden Fassung (a. F.) ist hingegen nicht erfolgt und lag demzufolge auch der Ausweisung nicht zugrunde. Unabhängig davon, ob die der Ausweisung oder der Verurteilung des Klägers in Österreich zugrunde liegenden oder die späteren Äußerungen des Klägers außerhalb Deutschlands und im Internet heute als Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB strafbar wären, wiegen angesichts der Verurteilung lediglich zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen, auf die sich die Ausweisung in erster Linie stützt, der Grund der Ausweisung und der öffentliche Belang, den Kläger im Hinblick auf die fortbestehende Wiederholungsgefahr vom Bundesgebiet fernzuhalten, aber nicht so schwer, dass sie die Aufrechterhaltung der Wirkungen der Ausweisung über einen Zeitraum von mehr als fast zwanzig Jahren rechtfertigen könnten.

Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, spricht für dieses Ergebnis schließlich auch, dass nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG selbst bei nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern aus Drittstaaten die Frist für das mit der Ausweisung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot grundsätzlich fünf Jahre ab der Ausreise nicht überschreiten darf. Zwar ist nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG eine längere Frist ausnahmsweise dann möglich, wenn der Ausländer wie hier aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Auch in diesem Fall geht das Bundesverwaltungsgericht aber davon aus, dass im Hinblick darauf, dass in der Regel ein Zeitraum von maximal zehn Jahren den Zeithorizont darstellt, für den eine Prognose realistischer Weise noch gestellt werden kann, für die Befristung unabhängig von Art und Schwere der Straftaten oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die der Ausweisung zugrunde liegen, regelmäßig eine Höchstdauer von zehn Jahren in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 14.12 - juris Rn. 14). Auch vor diesem Hintergrund erweist sich daher eine Befristung der Ausweisungswirkungen auf mehr als fast zwanzig Jahre als unverhältnismäßig lang.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb aus dem Gewicht und der Art der vom Kläger „begangenen Straftat(en) der Volksverhetzung“, wie die Beklage und der Vertreter des öffentlichen Interesses meinen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die propagandistische Gutheißung der historischen nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft mit all dem schrecklichen tatsächlich Geschehenen, das sie zu verantworten hat, Wirkungen entfaltet, die über die allgemeinen Spannungslagen des öffentlichen Meinungskampfes weit hinausgehen und allein auf der Grundlage der allgemeinen Regeln zu den Grenzen der Meinungsfreiheit nicht erfasst werden können, und die Befürwortung dieser Herrschaft in Deutschland ein Angriff auf die Identität des Gemeinwesens nach innen mit friedensbedrohendem Potential ist (vgl. BVerfG, B.v. 4.11.2009 - 1 BvR 2150/08 - juris Rn. 66).

Denn der Ausweisung des Klägers liegt zunächst, wie dargelegt, gerade keine Verurteilung wegen Volksverhetzung nach § 130 StGB a. F., sondern eine Verurteilung wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 185 und § 189 StGB zugrunde, so dass für die Gewichtung des Grundes der Ausweisung auch nicht etwaige vom Kläger später begangene Straftaten der Volksverhetzung maßgeblich sein können. Darüber hinaus muss sich die Gewichtung des Grundes der Ausweisung im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Aufrechterhaltung ihrer Wirkungen an den Umständen des Einzelfalls orientieren (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 20) und kann daher nicht losgelöst von diesen Umständen nach dem generellen Gewicht einer propagandistischen Gutheißung der historischen nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft vorgenommen werden. Die der Ausweisung zugrunde liegenden Äußerungen des Klägers haben aber lediglich zu einer Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Verunglimpfung und Beleidigung geführt. Der Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe (§ 189 StGB) wurde dabei bei weitem nicht ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund kann den der Ausweisung zugrunde liegenden Äußerungen des Klägers und dem mit ihr verfolgten spezialpräventiven Zweck, den Kläger vom Bundesgebiet fernzuhalten, um ähnliche Äußerungen von seiner Seite in Deutschland künftig zu verhindern, ungeachtet der bestehenden erheblichen Wiederholungsgefahr im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung aber kein so hohes Gewicht beigemessen werden, dass sie die Aufrechterhaltung der Wirkungen der Ausweisung über einen Zeitraum von mehr als fast zwanzig Jahren hinaus rechtfertigen könnten.

c) Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Aufrechterhaltung der Ausweisungswirkungen über diesen Zeitraum hinaus ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nicht über familiäre Bindungen zu in Deutschland lebenden Personen verfügt. Zwar würden derartige familiäre Bindungen das Gewicht der mit einer langjährigen Befristung der Ausweisung verbundenen Beschränkung der Freizügigkeit des Klägers weiter erhöhen. Auch ohne solche Bindungen wiegt diese Beschränkung, wie ausgeführt, aber angesichts des langen Zeitraums, während dessen dem Kläger die Einreise und der Aufenthalt bereits verboten waren, und seines Alters so schwer, dass eine noch längere Aufrechterhaltung der Ausweisungswirkungen unangemessen wäre.

d) Schließlich ist eine andere Bewertung der Verhältnismäßigkeit einer Fortdauer des aus der Ausweisung des Klägers resultierenden Einreise- und Aufenthaltsverbots über den 21. März 2013 hinaus auch nicht geboten, soweit die Rechtsmittelführer meinen, auch aus dem fortgeschritten Alter des Klägers könne eine Unverhältnismäßigkeit eines langfristigeren Fortbestehens der Ausweisungswirkungen nicht abgeleitet werden. Zwar könne der Kläger im Fall einer längeren Fortdauer dieser Wirkungen zu Lebzeiten möglicherweise nicht mehr von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen. Dieses stehe aber nicht unter dem Vorbehalt der Lebenserwartung. Maßgeblich sei vielmehr die weiterhin bestehende Wiederholungsgefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre und die nicht deshalb anders zu beurteilen sei, weil die durchschnittliche Lebenserwartung für den Kläger in Kürze ende. Insbesondere könne der Umstand, dass der Kläger keine lange Lebensspanne mehr zu erwarten habe, die Abschreckungswirkung der Androhung einer langen Freiheitsstrafe absenken und den Kläger zusätzlich motivieren, die eventuell letzte Chance zu nutzen, seine Thesen in Deutschland zu verbreiten, wofür die vom Londoner High Court of Justice festgestellte politische Agenda des Klägers spreche, die er bis heute verfolge.

Abgesehen davon, dass gerade das Lebensalter des Klägers ihn ebenso gut dazu bewegen könnte, eine erneute strafrechtliche Verfolgung in Deutschland zu vermeiden, um nicht einen Teil der ihm verbleibenden Lebenszeit in Strafhaft verbringen zu müssen, ändert diese Argumentation nichts daran, dass die nicht von der Hand zu weisende erhebliche Gefahr, dass der Kläger die Thesen, die zu seiner Verurteilung wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener geführt haben, bei einer Einreise in die Bundesrepublik erneut äußert, eine Fortdauer der Ausweisungswirkungen über den 21. März 2013 hinaus nicht rechtfertigen kann. Denn diese Gefahr hat angesichts des vorrangigen Anknüpfens der Ausweisung an die Verurteilung lediglich zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen nicht so großes Gewicht, dass sie ein Fortgelten des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots über einen Zeitraum von mehr als fast zwanzig Jahren hinaus und die damit einhergehende schwerwiegende Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit verhältnismäßig erscheinen lassen könnte, die, wie dargelegt, zusätzliches Gewicht durch das Alter des Klägers erhält, weil sie sich im Hinblick auf dieses Alter einem unbegrenzten und damit auf Lebenszeit geltenden Aufenthaltsverbot annähert.

4. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen schließlich auch nicht, soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses die vom Verwaltungsgericht getroffene Befristungsentscheidung deshalb für fehlerhaft halten, weil sie ohne Auseinandersetzung mit den hierfür maßgeblichen Gründen die aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung in Österreich festgelegte Befristung der Einreisesperre übernehme. Nach Ansicht der Rechtsmittelführer gilt dies umso mehr, als zu den bei der österreichischen Befristungsentscheidung bekannten Tatsachen weitere Umstände getreten seien, die zulasten des Klägers bei der Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung zu berücksichtigen seien.

a) Zwar hat das Verwaltungsgericht eine Befristung auf den 21. März 2013 entsprechend der Befristung des österreichischen Einreiseverbots für angemessen gehalten. Es trifft auch zu, dass sich das Verwaltungsgericht, obwohl es die Beklagte zunächst zu deren Vorlage aufgefordert hatte, mit dem Inhalt der österreichischen Gerichtsentscheidungen, die die Verurteilung des Klägers wegen Verstößen gegen das österreichische NS-Verbotsgesetz betrafen, mangels Vorlage dieser Entscheidungen ebenso wenig auseinandergesetzt hat wie mit den daraus resultierenden Ausreiseverboten und den unterschiedlichen Auskünften zu deren Befristung.

Durch die diesbezüglichen Ausführungen der Rechtsmittelführer wird die vom Verwaltungsgericht für angemessen erachtete Befristung der Wirkungen der Ausweisung bis 21. März 2013 aber nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn wie ausgeführt, tragen bereits die vom Verwaltungsgericht für die Befristung der Ausweisungswirkungen entsprechend der österreichischen Befristungsregelung bis zum 21. März 2013 angeführten Gesichtspunkte, dass die Einreisesperre nach § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU bereits mit der Ausreise zu laufen beginnt, dass nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG bei der Befristung regelmäßig fünf Jahre nicht überschritten werden dürfen, dass der Kläger vor fast zwanzig Jahren freiwillig ausgereist ist und dass er mittlerweile 74 Jahre alt ist, für sich genommen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass eine Befristung dieser Wirkungen bis zu einem Zeitpunkt nach dem 21. März 2013 unverhältnismäßig wäre. Erwies sich aber bereits aus diesen Gründen eine Fortdauer der Ausweisungswirkungen über dieses Datum hinaus als unverhältnismäßig, so waren die Gründe, die der österreichischen Befristungsentscheidung zugrunde lagen, ebenso wenig entscheidungserheblich wie die Frage, ob das den Kläger betreffende Aufenthaltsverbot für Österreich am 21. März 2013 oder erst am 11. Januar 2014 endete.

b) Gleiches gilt, soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses geltend machen, Äußerungen des Klägers nach seiner Entlassung aus der österreichischen Strafhaft im Jahr 2006, Aktivitäten und Äußerungen des Klägers in Polen und Spanien in den Jahren 2008 bis 2010, seine illegale Einreise in die Bundesrepublik im Jahr 2010, wegen der er durch Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 13. August 2013 unter Vorbehalt einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verwarnt wurde, und eine mit dem diesem Urteil vorausgegangenen Strafbefehl im Zusammenhang stehende Veröffentlichung auf der Internetseite des Klägers gäben Anlass zu einer von der österreichischen Befristungsentscheidung abweichenden Beurteilung, weil sie nach dieser Entscheidung erfolgt seien und die aufgrund der unveränderten Geisteshaltung des Klägers andauernde erhebliche Wiederholungsgefahr bestätigten. Denn waren die Gründe für die österreichische Befristungsregelung bereits für die Befristung der Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland nicht entscheidungserheblich, weil sich die vom Verwaltungsgericht für zutreffend gehaltene und der österreichischen Regelung entsprechende Befristung zum 21. März 2013 aus von diesen Gründen unabhängigen eigenständigen Erwägungen als angemessen erwiesen hat, so kommt es auch nicht darauf an, ob spätere Entwicklungen die in Österreich getroffene Befristungsentscheidung in Frage stellen. Dies gilt umso mehr, als sich eine über das darin festgelegte Ende des Aufenthaltsverbots am 21. März 2013 hinausreichende Fortdauer des mit der Ausweisung aus Deutschland vom 9. November 1993 verbundenen Verbots, in die Bundesrepublik einzureisen und sich dort aufzuhalten, wie ausgeführt, trotz der anhaltenden erheblichen Wiederholungsgefahr als unverhältnismäßig darstellen würde.

5. Dass danach keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen, bedeutet allerdings nicht, dass es hinzunehmen wäre, wenn der Kläger sich nach dem Wegfall der Ausweisungswirkungen während eines erneuten Aufenthalts in der Bundesrepublik dort etwa durch Äußerungen im Rahmen von Vorträgen und Reden wegen Beleidigung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener oder Volksverhetzung strafbar machen würde. Zwar eröffnet der Wegfall des aus der Ausweisung resultierenden Einreise- und Aufenthaltsverbots dem Kläger die Möglichkeit, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen und in die Bundesrepublik einzureisen und sich dort aufzuhalten. Jedoch schließt dies nicht aus, dass unter den Voraussetzungen des § 6 FreizügG/EU der Verlust seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt festgestellt wird, wenn er dieses Recht zu strafbaren Äußerungen missbraucht.

II.

Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufwiese.

a) Besondere tatsächliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache entgegen der Ansicht der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses nicht auf.

aa) Solche Schwierigkeiten bestehen zunächst nicht bereits deshalb, weil der Kläger in den letzten Jahrzehnten fast ausschließlich im Ausland tätig war und insoweit die umfassende Aufklärung seiner im Ausland getätigten Äußerungen mit wesentlich höherem Aufwand verbunden wäre als die Aufklärung vergleichbarer Äußerungen im Inland. Denn es ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass eine solche umfassende Aufklärung erforderlich wäre.

Die Äußerungen des Klägers im Ausland spielen eine Rolle für die Frage, ob vom Kläger Äußerungen wie diejenigen, die zu seiner Ausweisung geführt haben, auch in Zukunft noch zu erwarten sind und ob deshalb von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden kann, die die weitere Aufrechterhaltung des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtfertigt. Dass eine erhebliche Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die im Ausland getätigten Äußerungen und Aktivitäten des Klägers besteht, bedarf aber keiner weiteren Aufklärung. Denn dass der Kläger nach wie vor ähnliche Äußerungen wie diejenigen tätigt, die seiner Ausweisung zugrunde gelegen haben, ist offenkundig und bedarf deshalb nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 291 ZPO keines Beweises. Es ist allgemeinkundig, weil sich darüber jeder aus allgemein zugänglichen Quellen unschwer unterrichten kann (vgl. Rixen in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 86 Rn. 96). Abgesehen davon, dass diese Äußerungen, wie die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses selbst ausführlich darlegen, auf der Internetseite des Klägers erfolgen, finden sie sich selbst in Lexikonartikeln über den Kläger (vgl. den ihn betreffenden Wikipedia-Eintrag).

bb) Besondere tatsächliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache auch nicht auf, soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses vortragen, dass eine Vielzahl an Erkenntnissen unterschiedlicher Sicherheitsbehörden sowie in- und ausländische Strafurteile in die Erwägungen einzubeziehen seien. Denn warum eine Vielzahl solcher Erkenntnisse sowie in- und ausländische Strafurteile in die Erwägungen einzubeziehen sind und aus welchen Gründen ihre Einbeziehung besondere tatsächliche Schwierigkeiten mit sich bringen soll, wird nicht dargelegt. Angesichts der Offenkundigkeit einer erheblichen Wiederholungsgefahr hinsichtlich der der Ausweisung zugrunde liegenden Äußerungen ist dies auch nicht offensichtlich.

cc) Soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses darüber hinaus besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache exemplarisch dadurch bestätigt sehen, dass die österreichischen Strafurteile durch das Verwaltungsgericht erfolglos angefordert worden seien, legen sie nicht dar, für die Beurteilung welcher entscheidungserheblichen Frage diese Strafurteile von Bedeutung gewesen wären. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Denn besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO können nur entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfragen aufwerfen (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 125). Abgesehen von der Frage der Wiederholungsgefahr, die, wie dargelegt, im Hinblick auf ihre Offenkundigkeit eines weiteren Beweises nicht bedarf, ist eine entscheidungserhebliche Frage, für deren Beurteilung die betreffenden Strafurteile von Bedeutung gewesen wären, aber mangels entsprechender Darlegungen der Rechtsmittelführer nicht ersichtlich.

b) Besondere rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache schließlich ebenfalls nicht auf.

aa) Soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache daraus herleiten, dass eine komplexe Abwägungsentscheidung zur Festlegung der Dauer der Befristung zu treffen sei und in diese Abwägung auch Erwägungen ausländischer Strafgerichte mit einbezogen werden müssten, ist weder dargelegt, woraus sich die geltend gemachte Komplexität der Abwägungsentscheidung ergeben soll und weshalb sie die Abwägung besonders erschwert, noch wird erläutert, weshalb in die Abwägung auch Erwägungen ausländischer Strafgerichte einbezogen werden müssten.

bb) Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache sind auch nicht dargelegt, soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses geltend machen, dass es einer strafrechtlichen Würdigung der Äußerungen des Klägers im Ausland unter dem Gesichtspunkt einer Inlandsstrafbarkeit bedürfe und dass diese Würdigung angesichts der in § 130 StGB enthaltenen, im Lichte des Verfassungsrechts auszulegenden unbestimmten Rechtsbegriffe rechtlich nicht einfach zu treffen sei. Denn auch insoweit ist mangels entsprechender Ausführungen im Zulassungsverfahren die Entscheidungserheblichkeit einer solchen strafrechtlichen Würdigung nicht ersichtlich.

c) Soweit der Vertreter des öffentlichen Interesses schließlich mit Schriftsatz vom 7. Mai 2013 geltend gemacht hat, dass der Vortrag des Klägers, er habe aufgrund des im Jahr 2001 veröffentlichten Höfle-Telegramms seine früheren Ansichten revidiert, bestätige, dass die Frage der gegenwärtigen inneren Haltung des Klägers zum Holocaust besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweise, und dass es sich bei der Frage nach der inhaltlichen Verantwortung für Linksammlungen um eine Frage von besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeit handele, die überdies noch dadurch verkompliziert werde, dass die Internetseite des Klägers von einer britischen Limited betrieben werde, deren Inhaber wiederum Personen aus seiner Familie oder seinem engen Umfeld seien, führt auch dies nicht zu einer Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Denn insoweit sind die Gründe, aus denen die Berufung nach Ansicht des Vertreters des öffentlichen Interesses zuzulassen ist, entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils am 7. Dezember 2012 dargelegt worden.

III.

Darüber hinaus ist die Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

1. Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses machen zunächst geltend, die Berufung sei im Hinblick auf die Frage, ob eine Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU auf eine in Österreich erfolgte Verurteilung, die im britischen Strafregister eingetragen ist, gestützt werden kann, wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Das Verwaltungsgericht habe diese Frage zwar zutreffend bejaht und als entscheidenden Anhaltspunkt dafür gesehen, dass vom Kläger eine gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung ausgehe, die ein Grundinteresse der Gemeinschaft berühre. Die entsprechende an Art. 27 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG orientierte Auslegung von § 6 Abs. 1 FreizügG/EU sei aber weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt. Die Frage habe für eine unbestimmte Vielzahl von Verfahren Bedeutung und bedürfe daher einer Bestätigung durch das Berufungsgericht. Danach ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nur dann den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.5.2012 - 10 ZB 11.2512 - juris Rn. 12; B.v. 16.5.2013 - 10 ZB 10.3162 - juris Rn. 18; B.v. 30.10.2013 - 10 ZB 11.1390 - juris Rn. 17). Danach ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache jedoch nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

a) Zunächst legen die Rechtsmittelführer nicht hinreichend dar, warum der Frage, ob eine Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU auf eine in Österreich erfolgte Verurteilung, die im britischen Strafregister eingetragen ist, gestützt werden kann, eine über den hier vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Denn sie beschränken sich darauf zu behaupten, dass die Frage für eine unbestimmte Vielzahl von Verfahren Bedeutung habe. Warum dies der Fall sein soll, wird hingegen nicht erläutert. Es ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich. Denn dass für die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU immer wieder auf in Österreich erfolgte Verurteilungen, die im britischen Strafregister eingetragen sind, abgestellt werden müsste, liegt keineswegs auf der Hand.

b) Schließlich legen die Rechtsmittelführer auch nicht hinreichend dar, dass die Frage, ob eine Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU auf eine in Österreich erfolgte Verurteilung, die im britischen Strafregister eingetragen ist, gestützt werden kann, für den Rechtsstreit in einem etwaigen Berufungsverfahren entscheidungserheblich und damit klärungsfähig wäre.

Abgesehen davon, dass Gegenstand des Rechtsstreits nicht eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU, sondern eine Befristung der Wirkungen einer Ausweisung in sinngemäßer Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU ist, und es deshalb näherer Ausführungen bedurft hätte, warum die Frage, ob eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU auf bestimmte Verurteilungen gestützt werden kann, entscheidungserheblich sein soll, sind, wie die Rechtsmittelführer zu Recht selbst ausgeführt haben, im Rahmen der sinngemäßen Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU bei der Befristung der Ausweisungswirkungen das Gewicht des Grundes für die Ausweisung sowie der mit ihr verfolgte spezialpräventive Zweck zu berücksichtigen. Dabei bedarf es der Prüfung im Einzelfall, ob die vorliegenden Umstände auch jetzt noch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen als Dauereingriff in das Freizügigkeitsrecht mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU tragen. Dazu ist auch das Verhalten des Betroffenen nach der Ausweisung zu würdigen und im Rahmen einer Prognose auf der Grundlage einer aktualisierten Tatsachenbasis die (Höchst-)Frist nach dem mutmaßlichen Eintritt der Zweckerreichung zu bemessen (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 19). Dass nach diesen Maßstäben im Rahmen der Befristungsentscheidung in sinngemäßer Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU zu prüfen wäre, ob eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU auf eine österreichische Verurteilung, die in einem britischen Strafregister eingetragen ist, gestützt werden kann, wird von den Beschwerdeführern weder dargelegt noch ist es offensichtlich.

Vielmehr beinhaltet die im Rahmen der sinngemäßen Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU erforderliche Prüfung im Einzelfall, ob die vorliegenden Umstände auch jetzt noch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen als Dauereingriff in das Freizügigkeitsrecht mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU tragen, ersichtlich lediglich die Prüfung, ob zum Zeitpunkt der Befristungsentscheidung die Umstände weiterhin ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU), wobei es sich um eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung handeln muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (§ 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU). Ist dies nicht mehr der Fall, so vermögen die vorliegenden Umstände das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen als Dauereingriff in das Freizügigkeitsrecht mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU nicht zu tragen. Eine weitere Aufrechterhaltung der Ausweisungswirkungen ist ausgeschlossen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 19.3.2012 - 3 Bs 234/11 - juris Rn. 40). Besteht hingegen aufgrund des persönlichen Verhaltens des Betroffenen weiterhin eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung für ein Grundinteresse der Gesellschaft, so ist im Rahmen einer Prognose auf der Grundlage einer aktualisierten Tatsachenbasis die Frist, bis zu deren Ablauf die Wirkungen der Ausweisung höchstens aufrechterhalten werden können, nach dem mutmaßlichen Eintritt der Zweckerreichung zu bemessen (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 19; OVG Hamburg, B.v. 19.3.2012 - 3 Bs 234/11 - juris Rn. 40).

c) Soweit die Frage, ob eine Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU auf eine in Österreich erfolgte strafrechtliche Verurteilung, die im britischen Strafregister eingetragen ist, gestützt werden kann, möglicherweise der Sache nach darauf abzielt, ob eine solche Verurteilung im Rahmen der für die Befristungsentscheidung in sinngemäßer Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU erforderlichen Einzelfallprüfung, ob die vorliegenden Umstände auch jetzt noch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Sperrwirkungen als Dauereingriff in das Freizügigkeitsrecht mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU tragen, Berücksichtigung finden kann, ist sie nicht klärungsbedürftig, weil es zu ihrer Klärung nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Denn beinhaltet diese Einzelfallprüfung die Prüfung, ob zum Zeitpunkt der Befristungsentscheidung die Umstände weiterhin ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt, bei der es sich um eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft handelt, und ist dabei auch das Verhalten des Betroffenen nach der Ausweisung zu würdigen, so beinhaltet dies ohne weiteres auch die Berücksichtigung von in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgten und registrierten strafrechtlichen Verurteilungen, in denen sich dieses Verhalten manifestiert.

2. Weiter messen die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage bei, ob eine Befristung von weniger als sechs Monaten kategorisch ausgeschlossen ist, wenn eine strafrechtliche Verurteilung ein persönliches Verhalten erkennen lässt, das eine gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Auch insoweit ist die Berufung aber nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Abgesehen davon, dass sich die von der Beklagten und vom Vertreter des öffentlichen Interesses aufgeworfene Frage so, wie sie formuliert ist, nicht stellt, weil die im Rahmen der Befristungsentscheidung zu bestimmende Frist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU nicht mit der Befristungsentscheidung, sondern mit der Ausreise beginnt und deshalb das Verwaltungsgericht die Ausweisungswirkungen nicht auf weniger als sechs Monate, sondern auf fast zwanzig Jahren befristet hat, ist sie auch bereits höchstrichterlich entschieden und deshalb nicht mehr klärungsbedürftig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich die bei der Befristung der Wirkungen der Ausweisung in sinngemäßer Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU in einem ersten Schritt zu ermittelnde und sich an der Erreichung des Zwecks der Ausweisung orientierende äußerste Frist in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Die insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des betreffenden Unionsbürgers berücksichtigende Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann dabei im Extremfall zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 - 1 C 21.07 - juris Rn. 20). Kann danach aber im Einzelfall auch eine solche Befristung in Betracht kommen, so ist eine Befristungsdauer von weniger als sechs Monaten vom Zeitpunkt der Befristungsentscheidung an, auf die die von den Rechtsmittelführern als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage abzielt, nicht kategorisch ausgeschlossen.

IV.

Schließlich ist die Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen, weil ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

1. Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses sehen einen Verfahrensmangel zunächst darin, dass das Verwaltungsgericht gegen seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen habe. Es habe zunächst die Vorlage von Abdrucken des Urteils des Wiener Landgerichts für Strafsachen vom 26. Februar 2006, der diesbezüglichen Berufungsentscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofs und der Entscheidung des Wiener Oberlandesgerichts bezüglich der Strafhöhe verlangt, dadurch zu erkennen gegeben, dass die österreichischen Gerichtsentscheidungen entscheidungserheblich seien, und schließlich die österreichische Verurteilung den eigenen Entscheidungsgründen sowohl auf der Tatbestandsseite als auch bei der Bemessung der Dauer der Befristung zugrunde gelegt, gleichwohl aber letztlich auf die Vorlage dieser Entscheidungen verzichtet. Hätten dem Verwaltungsgericht die österreichischen Entscheidungen im Volltext vorgelegen, so hätte es die darin enthaltenen Erwägungen zur Schwere der Straftat und zur Höhe der Strafe zur Kenntnis nehmen und im Rahmen der Befristungsentscheidung einer eigenen Würdigung unterziehen können. Mit diesen Ausführungen ist der gerügte Verfahrensmangel aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Dass ein solcher Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Rechtsmittelführer darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B.v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25; B.v. 25.8.2014 - 10 ZB 12.2673 - juris Rn. 16).

Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses jedoch nicht. Denn abgesehen davon, dass die Rechtsmittelführer im erstinstanzlichen Verfahren keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt haben, haben sie im Zulassungsverfahren weder dargelegt, welche konkreten tatsächlichen Feststellungen das Verwaltungsgericht voraussichtlich getroffen hätte, wenn ihm die Urteile der österreichischen Gerichte mit den darin enthaltenen Erwägungen zur Schwere der Straftat und zur Strafhöhe vorgelegen hätten, noch erläutert, inwiefern diese Feststellungen zu einem für sie günstigeren Ergebnis im Sinne der mit dem Zulassungsantrag und der anschließenden Berufung erstrebten Fortdauer der Wirkungen der Ausweisung über den 21. März 2013 hinaus geführt hätten.

2. Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses machen darüber hinaus einen Aufklärungsmangel insoweit geltend, als auch das österreichische Aufenthaltsverbot, das nach Mitteilung des österreichischen Innenministers vom 12. Januar 2012 bis zum 11. Januar 2014 befristet gewesen sei, dem Verwaltungsgericht nicht vorgelegen habe und das Gericht zudem versäumt habe, die Diskrepanz zwischen dieser Mitteilung und derjenigen der österreichischen Polizei vom 22. Oktober 2012 aufzuklären, nach der das Aufenthaltsverbot bis 21. März 2012 befristet gewesen sei. In Kenntnis der Gründe für die Befristungsentscheidungen und ihre Diskrepanz hätte das Verwaltungsgericht sich möglicherweise hinsichtlich der Befristung am 11. Januar 2014 statt am 21. März 2013 orientiert oder beide Daten für nicht auf die deutsche Ausweisung übertragbar gehalten.

Abgesehen davon, dass auch insoweit von beiden Rechtsmittelführern weder im erstinstanzlichen Verfahren ein Beweisantrag gestellt noch im Zulassungsverfahren dargelegt worden ist, welche konkreten tatsächlichen Feststellungen das Verwaltungsgericht getroffen hätte, hätte es in Bezug auf die Befristung des österreichischen Aufenthaltsverbots weitere Aufklärungsmaßnahmen ergriffen, ist auch weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Kenntnis der Gründe und der Dauer der Befristung dieses Verbots für das Verwaltungsgericht tatsächlich entscheidungserheblich waren. Denn das Gericht ist auf der Grundlage der von ihm eigenständig angestellten Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der Dauer der Ausweisungswirkungen unabhängig von den Gründen für die österreichische Befristungsentscheidung und von der tatsächlichen Dauer des in Österreich geltenden Aufenthaltsverbots für den Kläger zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Befristungsregelung, nach der die Ausweisungswirkungen mit dem Ablauf des 21. März 2013 enden, angemessen erscheint.

3. Aus diesem Grund liegt auch der von den Rechtsmittelführern geltend gemachte Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht vor, der damit begründet wird, dass das Verwaltungsgericht die österreichische Befristungsentscheidung ohne nähere Kenntnis der dafür maßgeblichen Gründe übernommen und damit seiner Entscheidung eine fremde Überzeugung zugrunde gelegt habe, ohne sich durch Kenntnisnahme von den dafür maßgeblichen Gründe selbst von der Tragfähigkeit der fremden Entscheidung zu überzeugen. Denn wie dargelegt, hat das Verwaltungsgericht die österreichische Befristung nicht einfach unbesehen übernommen, sondern ist anhand eigener Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung bis zum 21. März 2013, wie sie der von der österreichischen Polizei mitgeteilten Befristung des für Österreich geltenden Aufenthaltsverbots entspricht, insbesondere im Hinblick auf die bisherige Dauer des deutschen Aufenthaltsverbots und das Alter des Klägers angemessen ist. Dass das Verwaltungsgericht dabei objektiv willkürlich gehandelt oder gegen Rechtssätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen hätte, wie dies für einen auf der Verletzung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO beruhenden Verfahrensmangel Voraussetzung wäre (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.1988 - 1 C 44.86 - juris Rn. 24; B.v. 10.10.2013 - 10 B 19.13 - juris Rn. 4), ist weder von den Rechtsmittelführern dargelegt noch sonst ersichtlich.

4. Auch soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses geltend machen, das Verwaltungsgericht habe es versäumt, die Beteiligten auf die Möglichkeit, die österreichische Befristungsentscheidung auf den vorliegenden Fall zu übertragen, hinzuweisen und den Beteiligten dadurch das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO) zu diesem entscheidungserheblichen Punkt versagt, ist ein Verfahrensmangel nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn danach wäre erforderlich gewesen, dass die Rechtsmittelführer in der Begründung ihres Zulassungsantrags dargelegt hätten, was sie im Falle der Erteilung des ihrer Ansicht nach zur ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs gebotenen Hinweises noch vorgetragen hätten (vgl. etwa BVerwG, B.v. 9.7.1992 - 2 B 52.92 - juris Rn. 3; BVerfG, B.v. 13.3.1993 - 2 BvR 1988/92 - juris Rn. 34 jeweils m. w. N.). Dies ist jedoch nicht geschehen.

5. Schließlich machen die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses geltend, der Tenor des angefochtenen Urteils sei fehlerhaft. Das Verwaltungsgericht sei einerseits hinter dem auf die Aufhebung des Befristungsbescheids vom 1. März 2012 und die Verpflichtung zur Neuverbescheidung gerichteten Klageantrag zurückgeblieben, weil es nur eine Teilaufhebung vorgenommen habe. Andererseits sei es jedoch über den Klageantrag hinausgegangen, weil es selbst die Befristung festgesetzt habe. Letzteres habe ohne Hinweis gemäß § 86 Abs. 3 VwGO nicht erfolgen dürfen und stelle einen Verstoß gegen die Bindung an das Klagebegehren nach § 88 VwGO dar. Ersteres hätte eine Abweisung der Klage im Übrigen und eine Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 1 VwGO erfordert. Das Verwaltungsgericht habe jedoch § 154 Abs. 1 VwGO herangezogen. Ein Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO führen könnte, liegt insoweit jedoch ebenfalls nicht vor.

a) Nach § 88 VwGO darf das Verwaltungsgericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht, ohne dies im Urteil selbst näher darzulegen, offenbar den Klageantrag unter Berücksichtigung der Interessenlage des Klägers ausgelegt (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 - juris Rn. 7), was auch im Falle des anwaltlich vertretenen Klägers möglich ist (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 8), und das Klagebegehren danach so verstanden, dass es nicht, wie ausdrücklich beantragt, gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO auf die Aufhebung des streitgegenständlichen Befristungsbescheids und die Verpflichtung der Beklagten, den Antrag des Klägers auf Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, sondern gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf die Aufhebung des Befristungsbescheids gerichtet war, soweit er eine längere Frist als angemessen festsetzt.

Dem entspricht es, dass für Klagen, die sich gegen Befristungsbescheide mit dem Ziel richten, eine Befristung der Wirkungen einer Ausweisung auf einen früheren als den im Bescheid bestimmten Zeitpunkt zu erreichen, die Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die richtige Klageart ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2013 - 1 B 17.12 - juris Rn. 13; B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 31). Berücksichtigt man, dass dem Befristungsbescheid der Beklagten vom 1. März 2012, gegen den sich die Klage richtet, der Antrag des Klägers vom 2. September 2011 zugrunde liegt, das aus dem Ausweisungsbescheid der Beklagten vom 9. November 1993 resultierende Einreise- und Aufenthaltsverbot angemessen zu befristen, so entspricht diesem Begehren ein Verständnis des Klagebegehrens in dem vom Verwaltungsgericht offenbar zugrunde gelegten Sinn, dass die Klage auf die Aufhebung des Bescheids gerichtet ist, soweit er die Wirkungen der Ausweisungen für einen längeren als einen angemessen Zeitraum aufrechterhält.

Hat das Verwaltungsgericht dementsprechend den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2012 aufgehoben, soweit er die Befristung der Ausweisungswirkungen über den 21. März 2013 hinaus festsetzt, den es als angemessenen Zeitpunkt für das Ende dieser Wirkungen ansieht, so ist es damit weder hinter dem Klagebegehren zurückgeblieben noch darüber hinausgegangen, sondern hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es ist daher konsequent, dass es von einer Abweisung der Klage im Übrigen abgesehen und der Beklagten die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO in vollem Umfang auferlegt hat.

b) Soweit schließlich das Vorbringen der Rechtsmittelführer, das Verwaltungsgericht habe ohne einen Hinweis nach § 86 Abs. 3 VwGO nicht über den Antrag des Klägers hinausgehen und die Befristung selbst vornehmen dürfen, als Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verstehen sein sollte, ist ein Verfahrensmangel nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn auch insoweit würde es an Ausführungen dazu fehlen, was vorgetragen worden wäre, wäre ein solcher Hinweis erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.