Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066

bei uns veröffentlicht am21.01.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 6 K 18.1565, 18.07.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis.

Mit Urteil vom 10. August 2010 sprach das Amtsgericht Fürstenfeldbruck den Kläger des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in zwei Fällen schuldig und verhängte eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger habe früher Kokain, LSD und Cannabis konsumiert und sei nach seinen Angaben nunmehr drogenfrei.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 forderte die Beklagte den Kläger zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens auf. Das vom Kläger beigebrachte Gutachten der pima-mpu GmbH vom 31. März 2011 (Versandtag) kam zu dem Ergebnis, das Konsumverhalten des Klägers sei als regel- und gewohnheitsmäßige Einnahme von Cannabis, Kokain, Amphetamin und LSD zu bezeichnen. Abhängigkeit habe nicht bestanden. Aufgrund eines positiven Befunds bei einer Urinkontrolle am 16. Februar 2011 sei von regel- bzw. gewohnheitsmäßigem Cannabiskonsum bis Mitte Februar 2011 auszugehen. Eine zweite Urinprobe am 10. März 2011 sei negativ gewesen. Eine Haaranalyse habe der Kläger abgelehnt.

Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2011 auf, im Rahmen eines Drogenkontrollprogramms innerhalb eines Jahres sechs Drogenscreenings vorzulegen. Werde erneuter Betäubungsmittelkonsum festgestellt, stehe die Nichteignung fest und es werde die Fahrerlaubnis entzogen. Ansonsten sei zur Überprüfung einer stabilen Verhaltensänderung die Beibringung eines psychologischen Gutachtens erforderlich.

Die vom Kläger beauftragte pima-mpu GmbH teilte der Beklagten mit Schreiben vom 11. August 2011 mit, sie habe das Vertragsverhältnis beendet, weil in der Urinprobe vom 26. Juli 2011 Cannabinoide (16 ng/ml THC-Carbonsäure) festgestellt worden seien. Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 11. November 2011 zur Entziehung der Fahrerlaubnis an. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Untersuchungsergebnis des Forensisch-Toxikologischen-Centrums München vom 8. Dezember 2011 über eine Haarprobe von 7 cm Länge vor, wonach keine Hinweise auf die Aufnahme von Betäubungsmitteln gefunden worden seien.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2012 forderte die Beklagte den Kläger auf, innerhalb von 13 Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, das ein Drogenkontrollprogramm mit mindestens sechs Urinscreenings beinhaltet. Dies ließ der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31. Januar 2012 ablehnen. Er sei lediglich zu einer weiteren Haarprobe bereit.

Durch eine Mitteilung des Polizeipräsidiums München vom 29. September 2016 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom 6. August 2014 wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Cannabis, Datum der letzten Tat: 9.1.2014) zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. In der Hauptverhandlung hatte der Kläger erklärt, einen Rückfall gehabt zu haben und wieder in sein altes Verhaltensmuster zurückgefallen zu sein.

Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV erneut auf, innerhalb von 13 Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, das ein Drogenkontrollprogramm mit mindestens sechs Urinscreenings beinhaltet. Der frühere Konsum von Kokain, Amphetamin und LSD sei noch berücksichtigungsfähig und nach wie vor geeignet, Zweifel an seiner Fahreignung zu begründen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. November 2016 erklärte sich der Kläger zur Beibringung des Gutachtens trotz der nach seiner Meinung rechtswidrigen Gutachtensanforderung bereit, nicht jedoch zur Entbindung des Gutachters von der Schweigepflicht.

Nach Anhörung entzog die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25. Oktober 2017 die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe seines Führerscheins. Der Kläger habe innerhalb der festgesetzten Frist weder eine Erklärung über die zu beauftragende Begutachtungsstelle noch eine Anmeldebestätigung und Schweigepflichtsentbindung vorgelegt. Er sei daher seiner Mitwirkungspflicht zur Aufklärung der Eignungszweifel nicht nachgekommen.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch hat die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2018 zurückgewiesen.

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 18. Juli 2018 abgewiesen. Zwar habe die Beklagte die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf die Nichtbeibringung des zuletzt geforderten Gutachtens stützen können. Im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung seien die in der Gutachtensanordnung vom 13. Oktober 2016 berücksichtigten Verurteilungen nicht mehr im Führungszeugnis eingetragen gewesen. Außerdem sei die Fragestellung in der Gutachtensanordnung unzutreffend, weil der Kläger nie im Straßenverkehr unter Drogeneinfluss auffällig geworden sei. Der Kläger habe seine Fahreignung jedoch aufgrund des von ihm selbst eingeräumten Konsums harter Drogen verloren und seitdem nicht wieder erlangt. Ihm sei daher die Fahrerlaubnis zu entziehen gewesen, ohne dass es zuvor der Anordnung eines Gutachtens bedurft hätte. Der Zeitablauf zwischen dem letzten bekannten Drogenkonsum und der letzten Behördenentscheidung stehe der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht entgegen. Der Kläger habe auch zu keinem Zeitpunkt substantiiert behauptet, abstinent zu sein. Auch ein Negativbefund einer Haaranalyse liefere keinen sicheren Beweis dafür, dass im Untersuchungszeitraum keinerlei Drogen konsumiert worden seien.

Zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, lässt der Kläger ausführen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht habe die Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht austauschen dürfen. Es habe sich hierdurch unzulässig an die Stelle der Exekutive gesetzt. Aus der Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung ergebe sich, dass der Fahrerlaubnisbehörde auch bei festgestelltem Konsum harter Drogen ein Ermessensspielraum verbleibe. Trotz der bekannten Drogenvorgeschichte habe die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit gegeben, seine Abstinenz nachzuweisen. Die pima-mpu GmbH habe das Drogenkontrollprogramm jedoch zu Unrecht abgebrochen. Außerdem sei die Beklagte knapp fünf Jahre lang untätig geblieben. Des Weiteren sei die Berufung wegen Divergenz zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht beachtet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung des Klägers, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 - Vf. 38-VI-14 - BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch eine Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 Rn. 16). Das ist hier nicht der Fall.

a) Soweit der Kläger beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Entziehung der Fahrerlaubnis auf eine andere als die von der Beklagten angewandte Rechtsgrundlage gestützt hat, ergeben sich daraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, richtet sich, sofern höherrangiges oder spezielleres Recht nichts Abweichendes vorgibt, nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu tragen. Erweist sich dieser aus anderen als den angegebenen Rechtsgründen als rechtmäßig, ohne dass diese anderen Rechtsgründe wesentliche Änderungen des Spruchs erfordern würden, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96; BayVGH, B.v. 23.6.2016 - 11 CS 16.907 - juris Rn. 23 ff.). Daher kann ein Bescheid, der auf § 11 Abs. 8 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), vor Erlass des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), gestützt ist und einem Fahrerlaubnisinhaber die Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines angeordneten Gutachtens entzieht, auf der Grundlage des § 11 Abs. 7 FeV rechtmäßig und aufrechtzuerhalten sein, wenn die Nichteignung des Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt feststeht. § 11 Abs. 7 und Abs. 8 Satz 1 FeV sind keine Ermessensvorschriften, sondern zwingendes Recht. Die Rechtsgrundlagen sind daher insoweit austauschbar (BayVGH, B.v. 3.5.2017 - 11 CS 17.312 - juris Rn. 25; B.v. 27.2.2017 - 11 CS 16.2316 - juris Rn. 28).

Dem Austausch der Rechtsgrundlagen steht auch nicht entgegen, dass nach Nr. 3 der Vorbemerkung zu Anlage 4 zur FeV die Bewertungen in der Anlage (nur) für den Regelfall gelten, Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich sind und bei Zweifeln in dieser Hinsicht im Einzelfall eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein kann. Auch wenn damit die Regelvermutung für Abweichungen im Einzelfall offen ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 - 3 C 13.16 - BVerwGE 158, 335 Rn. 25), folgt daraus nicht, dass über die Frage, ob eine solche Abweichung im Einzelfall vorliegt, eine Ermessensentscheidung zu treffen wäre. Nr. 3 der Vorbemerkung zu Anlage 4 zur FeV, wonach die aufgeführten Erkrankungen und Mängel die Eignung nur im Regelfall, nicht aber in atypisch gelagerten Fällen ausschließen, trägt dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung (vgl. BayVGH, B.v. 10.6.2014 - 11 CS 14.347 - juris Rn. 8; B.v. 7.8.2012 - 11 ZB 12.1404 - juris Rn. 8; B.v. 6.11.2007 - 11 CS 07.1069 - juris Rn. 13), eröffnet jedoch der Fahrerlaubnisbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 7 FeV keinen Ermessensspielraum. Steht die Nichteignung des Betroffenen - etwa wegen Konsums harter Drogen (vgl. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV) - zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens. Dabei entfaltet die Regelvermutung in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV strikte Bindungswirkung. Die Anordnung einer ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Untersuchung kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ausnahme im Sinn der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur FeV vorliegen. Bei der Bewertung, ob solche Anhaltspunkte vorliegen, handelt es sich aber um keine Ermessensentscheidung auf der Rechtsfolgenseite, sondern um eine Würdigung des Sachverhalts.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ausgangsurteils bestehen auch nicht dahingehend, dass die Beklagte die Fahrerlaubnis nicht hätte entziehen dürfen, weil der Kläger seine Abstinenz nachgewiesen hätte. Soweit er ausführen lässt, er habe im Jahre 2011 eine Haaranalyse mit negativem Ergebnis für einen Zeitraum von etwa sieben Monaten vorgelegt, weist das von ihm beauftragte Forensisch-Toxikologische-Centrum selbst auf seiner Homepage ausdrücklich darauf hin, ein negativer Untersuchungsbefund könne einen einmaligen Substanzkonsum im Beobachtungszeitraum nicht ausschließen. Zwar sei für manche Substanzen (z.B. Kokain) bekannt, dass bereits ein einmaliger Konsum im Verlaufe einiger Monate durch Haaruntersuchungen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfasst werden könne. Bei anderen Substanzen sei dies aber nicht zwingend der Fall (http://www.ftc-muenchen.de/home/haare/). Außerdem ist das Ergebnis der Haaranalyse durch den vom Kläger im Strafverfahren 2014 eingeräumten Rückfall überholt.

c) Schließlich erweist sich die Entziehung der Fahrerlaubnis auch nicht unter den Gesichtspunkten der Verwirkung oder des Vertrauensschutzes als rechtswidrig.

Zwar hat die Beklagte das Verfahren, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt hat, nicht mit dem gebotenen Nachdruck betrieben. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie hierdurch gehalten wäre, zum Schutz der Verkehrssicherheit gebotene fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen zu unterlassen. Es kann dahinstehen, ob eine Verwirkung im Rahmen sicherheitsrechtlicher Befugnisse, die nicht im Ermessen der Behörde stehen, überhaupt in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2014 - 11 C 14.386 - juris Rn. 20). Voraussetzung für eine Verwirkung wäre jedenfalls, dass neben dem Verstreichen eines längeren Zeitraums weitere Umstände hinzukommen, die ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, die Behörde werde von ihrer Befugnis auch künftig keinen Gebrauch mehr machen (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2014 - 11 CS 13.2005 - DAR 2014, 281 Rn. 7). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hatte den Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 2012 zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens innerhalb von 13 Monaten aufgefordert und dies mit Schreiben vom 7. Februar 2012 bekräftigt. Darauf hat der Kläger zunächst nicht mehr reagiert und auf Nachfrage am 19. Juli 2016 bei der Beklagten die Auskunft erhalten, dass er das Gutachten beibringen müsse. Ein Vertrauenstatbestand für ein Absehen von der verlangten Aufklärungsmaßnahme ist nicht ersichtlich. Es kommt hinzu, dass der Kläger im Jahr 2014 nochmals rückfällig wurde und einen erneuten Betäubungsmittelkonsum eingeräumt hat (Urteil des Amtsgerichts München vom 6.8.2014). Er musste damit rechnen, dass die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt und daraus weitere fahrerlaubnisrechtliche Konsequenzen zieht. Auch der zeitliche Abstand zu dem zuletzt bekannten Konsum im Jahre 2011 ist nicht so groß, dass dieser unberücksichtigt bleiben müsste. Von der Möglichkeit, seine Fahreignung durch Beibringung des zuletzt mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen und hierdurch die Entziehung der Fahrerlaubnis zu vermeiden, hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen Abweichung von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zuzulassen.

Die Darlegung einer Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfordert, dass ein inhaltlich bestimmter, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechts- oder Tatsachensatz benannt wird, mit dem dieses von einem in der Rechtsprechung des Divergenzgerichts in Anwendung derselben Vorschrift aufgestellten und entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz abgewichen sein soll. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenüber gestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (stRspr, vgl. nur BayVGH, B.v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 27 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 73). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in der Antragsbegründung vom 24. Oktober 2018 nicht. Es fehlt bereits an der gebotenen Gegenüberstellung angeblich divergierender, verallgemeinerungsfähiger Rechts- oder Tatsachensätze. Soweit der Kläger ausführt, das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur sog. verfahrensrechtlichen Einjahresfrist „nicht beachtet“, rügt er lediglich die seiner Meinung nach fehlerhafte oder unzureichende Anwendung der Rechtsprechung des Senats durch das Verwaltungsgericht. Dies begründet jedoch keine Divergenz. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hat nicht den Einzelfall, sondern die Rechtseinheit im Auge. Nicht divergenzbegründend ist daher die (vermeintliche) unrichtige Anwendung eines Rechtssatzes (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O., § 124 Rn. 42 m.w.N.). Im Übrigen ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass die Beklagte der Frage einer Wiedererlangung der Fahreignung nach Ablauf der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist schon deshalb nicht nachgehen musste, weil der Kläger seine Abstinenz nicht substantiiert behauptet hat (zur Notwendigkeit einer solchen substantiierten Abstinenzbehauptung vgl. nur BayVGH, B.v. 5.12.2018 - 11 CS 18.2351 - juris Rn. 12). Hierfür genügt auch das vorgelegte Ergebnis der Haaranalyse vom 8. Dezember 2011 nicht. Zum einen kann ein negativer Untersuchungsbefund - wie bereits ausgeführt - einen einmaligen Substanzkonsum im Beobachtungszeitraum nicht bei allen Substanzen ausschließen. Zum anderen hat der Kläger einen späteren Rückfall „in sein altes Verhaltensmuster“ selbst eingeräumt. Damit ist das Ergebnis der im Jahr 2011 durchgeführten Haaranalyse überholt.

3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Rn. 14).

5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 11 Eignung


(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Ei

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 14 Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel


(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizu

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2014 - 11 C 14.386

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tenor I. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2014 - 11 CS 14.347

bei uns veröffentlicht am 10.06.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründ

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2017 - 11 CS 17.312

bei uns veröffentlicht am 03.05.2017

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 19. Januar 2017 wird in Nr. I abgeändert. Der Antrag wird insgesamt abgelehnt. II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt unter Abänderung der Nr. II des B

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2014 - 11 CS 13.2005

bei uns veröffentlicht am 07.01.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Unter Änderung von Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 28. August

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2018 - 11 CS 18.2351

bei uns veröffentlicht am 05.12.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Juni 2016 - 11 CS 16.907

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2017 - 11 CS 16.2316

bei uns veröffentlicht am 27.02.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 09. Juni 2016 - 1 BvR 2453/12

bei uns veröffentlicht am 09.06.2016

Tenor 1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Gru
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2019 - 11 ZB 18.2066.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Apr. 2019 - 11 B 18.2482

bei uns veröffentlicht am 29.04.2019

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 02. Mai 2019 - M 6 S 19.1540

bei uns veröffentlicht am 02.05.2019

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 6.250 € festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 11 CS 19.1041

bei uns veröffentlicht am 04.07.2019

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung erster Instanz für beide Rechtszüge auf jewe

Referenzen

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, B, BE, C1, C1E, L und T.

Am 22. September 2015 führte die Polizeiinspektion A. b. N. beim Antragsteller eine Verkehrskontrolle durch. Dabei stellten die Polizeibeamten nach dem Polizeibericht vom 24. September 2015 fest, dass der Antragsteller zunächst nicht selbst und dann nur mit Hilfe eines Rollators aus dem Fahrzeug aussteigen und nur ganz kurze Zeit ohne Verwendung des Rollators stehen konnte.

Das Landratsamt ... Land (im Folgenden: Fahrerlaubnisbehörde) bat den Antragsteller unter Bezugnahme auf die Verkehrskontrolle mit Schreiben vom 29. September 2015 um Stellungnahme und forderte ihn auf, ggf. vorhandene Arztberichte oder Atteste vorzulegen und im Landratsamt vorzusprechen. Der Antragsteller teilte der Fahrerlaubnisbehörde am 5. Oktober 2015 telefonisch mit, es würden ihm keine Atteste oder Gutachten vorliegen. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2015 teilte ein Rechtsanwalt unter Vollmachtsvorlage mit, er habe die Hausärztin des Antragstellers ersucht, ein Attest auszustellen, was diese aber abgelehnt habe. Der empfohlene Neurologe habe erst Mitte November einen Termin frei. Es werde daher um die Kontaktdaten eines Arztes oder ärztlichen Dienstes gebeten, der in der Lage sei, kurzfristig das geforderte Attest zu erstellen.

Die Fahrerlaubnisbehörde wies mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 darauf hin, dass um die Vorlage von vorhandenen Arztberichten gebeten worden sei. Es werde nunmehr nach Aktenlage geprüft, ob ein Fahrtest oder die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werde.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 ordnete die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr bis 6. Januar 2016 an. Das Gutachten solle im Rahmen eines Fahrtests abklären, ob der Antragsteller in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, L und T gerecht zu werden. Es würden Zweifel an der Befähigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen.

Mit Arztbrief vom 3. Dezember 2015 zur Vorlage bei der Fahrerlaubnisbehörde teilten die Hausärztinnen des Antragstellers mit, es sei erneut zu einem Rückfall in die Alkoholabhängigkeit gekommen. Der Antragsteller habe ein Schreiben des TÜV vorgelegt, wonach er nicht in der Lage sei, ein Fahrzeug sicher zu führen.

Nachdem der Antragsteller kein Gutachten vorgelegt hatte, hörte ihn die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 12. Januar 2016 zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Die Behörde gab dem Antragsteller Gelegenheit, sich bis spätestens 27. Januar 2016 zu äußern beziehungsweise das geforderte Gutachten vorzulegen.

Am 18. Januar 2016 teilte der Antragsteller telefonisch mit, er habe am 25. Januar 2016 einen Termin bei einem Neurologen und bat um Fristverlängerung. Nach dem Telefonat legte er das Gutachten der TÜV SÜD Auto Service GmbH vom 18. November 2015 vor. Daraus geht hervor, dass er am 18. November 2015 eine 47 Minuten dauernde Testfahrt mit einer Fahrlehrerin durchgeführt hat. Der Gutachter stellte fest, dass dem Antragsteller zahlreiche Fahrfehler unterlaufen seien und er nicht in der Lage sei, ein Kraftfahrzeug der Klasse B sicher zu bedienen.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 gab die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller Gelegenheit, bis 27. Januar 2016 freiwillig auf seine Fahrerlaubnis zu verzichten. Am 27. Januar 2016 legte er das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Nervenheilkunde Dr. L. vom 26. Januar 2016 vor. Der Gutachter führt aus, bei dem Antragsteller seien bei einer stationären Behandlung in der Frankenalbklinik E. vom 1. bis 11. Dezember 2015 psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom und Alkoholpolyneuropathie diagnostiziert worden. Der Antragsteller habe angegeben, er trinke manchmal ein bis zwei Biere am Abend. Der Gutachter selbst diagnostizierte: „ Zustand nach florider Alkoholabhängigkeit, abstinent, klinisch kein Hinweis auf eine manifeste alkoholtoxische Polyneuropathie, Inaktivitätsatrophie und allgemeine körperliche Schwäche in Folge der längeren internistischen Erkrankung inklusive Operation“. Er stellte fest, der Antragsteller sei trotz dieser Erkrankungen in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A, A1, AM, B, BE, L und T gerecht zu werden. Kraftfahrzeuge der Klassen C und C1E solle er aber nicht mehr führen.

Mit Schreiben vom 28. Januar 2016 fragte die Fahrerlaubnisbehörde bei der TÜV SÜD Auto Service GmbH, ob die Beurteilung der Kraftfahreignung in dem Gutachten vom 18. November 2015 auch für Fahrzeuge der anderen Fahrerlaubnisklassen, die der Antragsteller besitze, gelte. Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 bejahte die TÜV SÜD Auto Service GmbH diese Frage.

Daraufhin entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 4. Februar 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen und ordnete unter Androhung eines Zwangsgeldes die Ablieferung des Führerscheins sowie die sofortige Vollziehung des Bescheids an. Die Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, da der Antragsteller gemäß dem Gutachten der TÜV SÜD Auto Service GmbH nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Das vorgelegte Gutachten des Dr. L. könne diese Feststellungen nicht widerlegen. Die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens seien nicht nachvollziehbar, da Alkoholabstinenz festgestellt werde, obwohl der Antragsteller angegeben habe, er trinke manchmal Alkohol. Am 19. Februar 2016 erklärte der Antragsteller bei der Fahrerlaubnisbehörde unter Abgabe einer Versicherung an Eides Statt den Verlust seines Führerscheins.

Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 4. Februar 2016 hat die Regierung von Mittelfranken noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 11. April 2016 abgelehnt. Es sei offen, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis auf das Gutachten vom 18. November 2015 gestützt werden könne, da es fraglich sei, ob es an der Befähigung des Antragstellers mangele. Es hätte wohl zuerst ein ärztliches Gutachten zur Klärung der medizinischen Ursachen der Gesundheitsstörung gefordert werden müssen. Darüber hinaus bestünden Zweifel an der materiellen Aussagefähigkeit dieses Gutachtens, da die festgestellten Fahrfehler ihre Ursache nicht in der Atrophie des Antragstellers hätten, sondern es sich um Probleme im Bereich der Überblicksgewinnung und der Reaktionsfähigkeit handele. In der Abwägungsentscheidung müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Antragsteller alkoholabhängig sei oder zumindest gewesen sei und keine ausreichende Abstinenz nachgewiesen habe.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, die Fahrverhaltensprobe sei nicht geeignet, seine Fahreignung auszuschließen. Das Verwaltungsgericht lasse bei seiner Abwägungsentscheidung auch außer Betracht, dass die Fahrerlaubnisbehörde schon vor der Erstellung des Gutachtens des Dr. L. am 26. Januar 2016 davon ausgegangen sei, der Antragsteller sei fahrungeeignet, denn sie habe den Antragsteller am 18. Januar 2016 zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis angehört. Im Übrigen hätte zuerst eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet und dem Antragsteller Gelegenheit zur Nachbesserung des neurologischen Gutachtens gegeben werden müssen. Das Gutachten des Dr. L. sei aber auch nicht widersprüchlich. Der Antragsteller trinke nicht täglich unter süchtigem Verhaltensmuster. Die Fahrerlaubnisbehörde verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits behaupte, das Gutachten sei nicht verwertbar, es andererseits aber verwerte. Darüber hinaus sei er im Straßenverkehr noch nie in Erscheinung getreten, erst Recht nicht im Zusammenhang mit Alkohol. Es liege auch kein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vor. Der Bescheid sei auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt und der Antragsteller stelle keine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar. Von der Fahrerlaubnisbehörde sei auch die gesetzte Anhörungsfrist umgangen worden. Diese sei durch die Vorlage des Gutachtens nicht überholt gewesen. Das Verwaltungsgericht habe sich mit der Frage des Verstoßes gegen das Übermaßverbot nicht auseinandergesetzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Mai 2016 (BGBl I S. 1217), und § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl I S. 1674), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.

1. Der Antragsteller ist bei summarischer Prüfung nicht befähigt, Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 46 Abs. 4 Satz 2 FeV zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Abs. 6 bis 8 FeV ist entsprechend anzuwenden.

Unabhängig davon, ob die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr zu Recht erfolgte, kann das Gutachten verwertet werden. Hat der Kraftfahrer das von ihm geforderte Gutachten vorgelegt, kann er nicht einwenden, die Behörde habe ihre Erkenntnisse rechtswidrig erlangt. Das Ergebnis des Gutachtens schafft eine neue Tatsache, die selbstständige Bedeutung hat. Ein Verbot, diese Tatsache für die Entscheidung über die Fahrerlaubnisentziehung zu verwerten, lässt sich aus der Fahrerlaubnis-Verordnung oder sonstigem innerstaatlichen Recht nicht ableiten. Einem Verwertungsverbot steht auch das Interesse der Allgemeinheit entgegen, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die sich aufgrund festgestellter Tatsachen als ungeeignet erwiesen haben (st. Rspr., BVerwG, U.v. 28.4.2010 - 3 C 2/10 - BVerwGE 137, 10, U.v. 28.6.2012 - 3 C 30.11 - BayVBl 2013, 408/410; BayVGH, B.v. 3.3.2015 - 11 ZB 14.2418 - juris Rn. 18, B.v. 11.6.2014 - 11 CS 14.532 - juris Rn. 11; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 11 FeV Rn. 26).

Das vorgelegte Gutachten zeigt auf, dass dem Antragsteller die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen fehlt. Die Befähigung setzt nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 bis 4 StVG theoretische Kenntnisse der Verkehrsvorschriften, die Fähigkeit, entsprechende Kenntnisse umzusetzen und praktische Fahrfertigkeiten voraus (Dauer a. a. O. § 3 StVG Rn. 18). Da Anlage 4a zu § 11 Abs. 5 FeV auf die Erstellung von Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr nicht anwendbar ist, kann hinsichtlich der Befähigung auf die in Anlage 7 zu § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 2 und 3 FeV geregelten Anforderungen an die Fahrerlaubnisprüfung zurückgegriffen werden. Nach Nr. 2.1.5 der Anlage 7 zur FeV (Prüfungsfahrt) muss der Bewerber um eine Fahrerlaubnis fähig sein, selbstständig das Fahrzeug auch in schwierigen Verkehrslagen verkehrsgerecht und sicher zu führen. Seine Fahrweise soll defensiv, rücksichtsvoll, vorausschauend und dem jeweiligen Verkehrsfluss angepasst sein. Insbesondere ist nach Nr. 2.1.5 Buchst. g bis l der Anlage 7 zur FeV auf die richtigen Verhaltensweisen hinsichtlich der Verkehrsbeobachtung und Beachtung der Verkehrszeichen und -einrichtungen, der Fahrgeschwindigkeit, des Abstandhaltens vom vorausfahrenden Fahrzeug, des Überholens und Vorbeifahrens, des Verhaltens an Kreuzungen, Einmündungen, Kreisverkehren und Bahnübergängen sowie des Abbiegens und des Fahrstreifenwechsels zu achten. Diese Fähigkeiten hat der Antragsteller bei der Fahrprobe vermissen lassen, denn er ist mit erheblich zu knappem Seitenabstand an einem geparkten Fahrzeug vorbeigefahren, hat beim Linksabbiegen einen entgegenkommenden Rechtsabbieger viel zu spät erkannt, ist beim Links- und Rechtsabbiegen zu schnell gewesen, hat eine Einmündung mit Vorfahrt von rechts übersehen, einen Fahrstreifenwechsel ohne Verkehrsbeobachtung vorgenommen und sich zum Linksabbiegen auf den Fahrstreifen des Gegenverkehrs eingeordnet.

Ob die mangelnde Befähigung ihre Ursache in einer Erkrankung des Antragstellers hat, die in Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV aufgeführt ist und (auch) zur körperlichen oder geistigen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt, kann im Rahmen des Entziehungsverfahrens dahinstehen. Weder dem Straßenverkehrsgesetz noch der Fahrerlaubnis-Verordnung kann eine Rangfolge zwischen den Voraussetzungen der Eignung und der Befähigung entnommen werden. Die Fahrerlaubnis ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG zu entziehen, wenn der Inhaber entweder ungeeignet oder nicht befähigt ist.

Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot ist nicht ersichtlich, denn die Teilnahme eines nicht hinreichend befähigten Kraftfahrers am öffentlichen Straßenverkehr kann zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führen.

2. Darüber hinaus ist der Antragsteller auch nicht geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und der Entziehungsbescheid könnte auch darauf gestützt werden. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, richtet sich - vorausgesetzt, dass höherrangiges oder spezielleres Recht nichts Abweichendes vorgibt - nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu rechtfertigen. Erweist sich der Spruch eines angefochtenen Verwaltungsaktes aus anderen Rechtsgründen, als sie die Verwaltungsbehörde angegeben hat, als rechtmäßig, ohne dass - aus der Sicht dieser anderen Rechtsgründe - an dem Spruch etwas Wesentliches geändert zu werden braucht, dann ist der Verwaltungsakt (wenn sonst keine Rechtsfehler vorliegen) im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29/87 - BVerwGE 80, 96).

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV vorliegt. Gemäß Nr. 8.3 der Anlage 4 zu §§ 11, 13, und 14 FeV besteht bei Alkoholabhängigkeit keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen unabhängig davon, ob der Betreffende im Straßenverkehr auffällig geworden ist. Unstreitig war der Antragsteller alkoholabhängig und hat dadurch seine Fahreignung verloren.

Der Antragsteller hat seine Fahreignung auch nicht wiedererlangt. Die gerichtliche Prüfung fahrerlaubnisrechtlicher Entziehungsverfügungen ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der handelnden Verwaltungsbehörde auszurichten (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249; BayVGH, B.v. 10.06.2015 - 11 CS 15.745 - juris). Im Falle eines noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens ist daher im gerichtlichen Verfahren der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich.

Von einer Wiedererlangung der Fahreignung bei Alkoholabhängigkeit ist nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV in der Regel dann auszugehen, wenn eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung durchgeführt wurde, nach der Entgiftungs- und Entwöhnungszeit in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen (Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, anwendbar ab 1.5.2014) und die Verhaltensänderung als stabil einzuschätzen ist (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 13 FeV, Rn. 28). Dies ist hier nicht der Fall, denn der Antragsteller hält nach eigenen Angaben keine Abstinenz ein. Nach dem Arztbrief seiner Hausärztinnen vom 3. Dezember 2015 kam es zu einem Rückfall in die akute Alkoholabhängigkeit. Nach dem Gutachten des Dr. L. bestand ebenfalls Alkoholabhängigkeit und der Antragsteller befand sich vom 1. bis 11. Dezember 2015 in stationärer Behandlung. Selbst wenn man dem Gutachten des Dr. L. dahingehend folgen würde, dass der Antragsteller seine Alkoholabhängigkeit hinreichend therapiert hat, hat er seit der letzten stationären Behandlung vom 1. bis 11. Dezember 2015 noch kein Jahr der Abstinenz und keine hinreichend stabile Verhaltensänderung nachgewiesen. Die Nichteignung aufgrund von Alkoholabhängigkeit steht daher fest und die Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch auf § 11 Abs. 7 FeV gestützt werden, ohne dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV zur Klärung der Frage, ob Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht, angeordnet werden muss. Erst im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens wird zu klären sein, ob die Alkoholabhängigkeit tatsächlich stabil überwunden ist.

3. Es liegen auch keine Verfahrens- oder Formfehler vor. Soweit der Antragsteller rügt, die Anhörungsfrist sei nicht eingehalten worden, trifft dies nicht zu. Die Fahrerlaubnisbehörde setzte dem Antragsteller eine Frist zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis bis 27. Januar 2016, da er das angeforderte Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt hatte. Nachdem er das negative Gutachten der TÜV SÜD Auto Service GmbH am 18. Januar 2016 vorgelegt hatte, hörte ihn die Fahrerlaubnisbehörde erneut unter Fristsetzung bis 27. Januar 2016 zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Das noch innerhalb dieser Frist vorgelegte Gutachten des Dr. L. wurde im Bescheid auch berücksichtigt.

Es war auch nicht erforderlich, den Antragsteller zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern oder ihm die Möglichkeit zur Nachbesserung des Gutachtens des Dr. L. zu geben. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV zur Klärung, ob Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht, ist nur angezeigt, wenn ein ausreichend langer Abstinenzzeitraum verstrichen ist. Dies ist hier aber nicht der Fall. Das Gutachten des Dr. L. ist hinsichtlich seiner Schlussfolgerungen nicht nachvollziehbar, da zwar in der Anamnese ausgeführt wird, der Antragsteller habe angegeben, er trinke gelegentlich Alkohol, bei der Diagnose dann aber Abstinenz angenommen wird. Nachdem es sich um ein Privatgutachten handelt, das die Fahrerlaubnisbehörde nicht angeordnet hat, bleibt es dem Antragsteller unbenommen, dieses nachbessern zu lassen. Berücksichtigt der Gutachter dann aber die Angaben des Antragstellers zu seinem Alkoholkonsum zutreffend, ist nicht zu erwarten, dass das Gutachten für den Antragsteller positiv ausfallen wird.

4. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 19. Januar 2017 wird in Nr. I abgeändert. Der Antrag wird insgesamt abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Antragsteller.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1945 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, B und C (einschließlich Unterklassen).

Er beantragte bei der Fahrerlaubnisbehörde am 4. Januar 2016 die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis u.a. der Klasse CE und legte hierfür eine Bescheinigung über eine ärztliche Augenuntersuchung vom 30. Dezember 2015, die ausreichendes Sehvermögen bestätigt, sowie den Untersuchungsbericht des betriebs- und verkehrsmedizinischen Zentrums BDF Dr. H … vom 30. Dezember 2015 vor. Darin ist u.a. unter der Überschrift „Eine weitergehende Untersuchung wegen …“ vermerkt: „Diabetes mell.“ (d.h. Diabetes mellitus).

Das nahm die Behörde zum Anlass, vom Antragsteller ohne vorherige Anhörung mit Verfügung vom 26. Januar 2016 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu fordern, das bis zum 26. März 2016 (später verlängert bis 26. April 2016) vorzulegen sei. Mit diesem Gutachten solle u.a. geklärt werden, welcher Typ der Diabeteserkrankung vorliege (Frage Nr. 1), ob die Diabeteserkrankung behandlungsbedürftig sei und wenn ja, um welche Behandlungsmethode es sich handle (Nr. 2), ob eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne Gefahr von Hyperglykämie oder Hypoglykämie vorliege (Nr. 3) und ob krankheitsbedingte Komplikationen gegeben oder zu erwarten seien wie Retinopathia diabetika, Nephropathia diabetika, kardiale und zerebrale Angiopathien oder periphere Neuropathie. Außerdem wird in den insgesamt neun Fragen nicht nur eine Klärung der Fahreignung bezüglich Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, sondern auch der Gruppe 2 (Nr. 8) gefordert sowie nach der Notwendigkeit von Nachuntersuchungen gefragt.

Mit Schreiben vom 16. März 2016 hörte die Behörde den Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nachdem am 29. März 2016 der vom Antragsteller unterzeichnete Gutachtensauftrag eingegangen war, übersandte die Behörde mit Schreiben vom 30. März 2016 die Akte an die benannte Begutachtungsstelle, von wo sie mit Schreiben vom 22. Juli 2016 wieder zurückgesandt wurde.

Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2016 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, es sei zu Differenzen seines Mandanten mit der Begutachtungsstelle gekommen. Da sich Forderungen nach einer Nachbesserung gegenüber Begutachtungsstellen regelmäßig als nutzlos erwiesen, um die Fahreignungszweifel auszuräumen, werde um die Beauftragung einer anderen Begutachtungsstelle gebeten. Mit Schriftsätzen vom 30. Juli und 24. August 2016 ergänzte er, dass der Antragsteller und dessen Ehefrau alles unternommen hätten, um die Zweifel auszuräumen und die verlangten Unterlagen vorzulegen. Die p … GmbH (im Folgenden: p) habe am 22. Juli 2016 das Gutachten erstellt, ohne darauf hinzuweisen, dass die nachgereichten Unterlagen nicht ausreichend seien.

Daraufhin entzog die Behörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. September 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids) und gab ihm auf, unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids, den Führerschein abzugeben (Nr. 2). Für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheids drohte ihm die Behörde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro an (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 4).

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller am 6. Oktober 2016 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben (Az. M 6 K 16.4525) verbunden mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Im Rahmen der gerichtlichen Verfahren legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers das Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 vor, wonach der Antragsteller wegen einer Erkrankung (Diabetes mellitus), die nach Anlage 4 Nr. 5 der FeV die Fahreignung in Frage stelle, nicht in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 gerecht zu werden. Zwar liege ein mit Insulin behandelter, stabil eingestellter Diabetes mellitus vor. Folgeschäden wie „Retinopathie diabetika, kardiale Angiopathie“ hätten „nicht in den Untersuchungen der Augen, des EKG und Belastungs-EKG sowie der Ultraschalluntersuchung des Herzens ausgeschlossen werden“ können. Eine periphere Neuropathie könne nicht beurteilt werden. Hierzu seien vom Antragsteller keine Befunde nachgereicht worden. Es bestehe eine chronische Niereninsuffizienz im Sinne einer diabetischen Nephropathie. Außerdem sei der Antragsteller nicht ausreichend mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Gutachten, dass die p … eine psychische Leistungstestung beim Antragsteller durchgeführt hat. Hyperglykämiebedingt könne die für die sichere Teilnahme am Verkehr unabdingbar notwendige Aufmerksamkeit wie das Konzentrations- und Reaktionsvermögen beeinträchtigt sein, sodass im Einzelfall die Kraftfahreignung eingeschränkt oder auch nicht mehr gegeben sein könne. Die Ergebnisse der Leistungstestung lägen unterhalb der für die Fahrerlaubnisklassen der Gruppen 1 und 2 erforderlichen Prozentränge. Damit bestünden in diesem Bereich Bedenken an der Fahreignung. Die psychophysische Leistungstestung sei von einer Dipl.-Psychologin durchgeführt worden.

Im Erörterungstermin zum Klage- und Antragsverfahren am 19. Januar 2017 wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass das vom Antragsteller nunmehr vorgelegte Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 rechtlich nicht von Bedeutung sei, weil bei einer Anfechtungsklage der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der letzten Behördenentscheidung sei; hiervon abgesehen merke das Gericht an, dass es im vorliegenden Gutachten mehrere gravierende Mängel gebe, die es aus Sicht des Gerichts als zumindest nicht nachvollziehbar erscheinen ließen.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2017 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 1. September 2016 hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 wieder her, ordnete sie hinsichtlich der Nr. 5 (Kostenentscheidung) an, und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Die streitgegenständliche Gutachtensbeibringungsanordnung sei rechtswidrig. Das bloße Vorliegen eines Diabetes mellitus rechtfertige für sich allein noch nicht die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung. Aus Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV ergebe sich, dass der Diabetes mellitus nur bei Vorliegen bestimmter Umstände zur Fahrungeeignetheit führe. Ob diese Umstände vorlägen, müsse die Behörde vor der Anordnung eines Gutachtens zunächst auf andere Weise aufklären. Auch seien die Gutachtensfragen jedenfalls teilweise rechtswidrig, weil sie vom Antragsteller oder seinen behandelnden Ärzten beantwortet werden könnten, ohne eine Begutachtung durchzuführen. Im Übrigen habe die Behörde das in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV vorgesehene Ermessen nicht einzelfallbezogen ausgeübt, sondern - mangels Kenntnis von der Situation des Antragstellers infolge des Fehlens einer Anhörung - nur allgemeine Erwägungen genannt.

Mit Urteil vom 20. Januar 2017 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 1. September 2016 in den Nrn. 1, 2 und 5 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Hiergegen hat der Antragsgegner Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (Verfahren Az. 11 ZB 17.370).

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. Januar 2017 richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der der Antragsteller entgegentritt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist. Die vom Senat daher vorzunehmende Interessenabwägung führt hier dazu, den einstweiligen Rechtsschutzantrag abzulehnen, weil es mit der Sicherheit des Straßenverkehrs nicht vereinbar wäre, den Antragsteller vorläufig trotz der von einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor Erlass des streitgegenständlichen Entziehungsbescheids festgestellten Fahrungeeignetheit des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, auch wenn sich offene Fragen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens und auch hinsichtlich der Verwertbarkeit der vorgenommenen psychischen Leistungstestung stellen.

1.1 Der Senat teilt allerdings die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach allein das Vorliegen eines Diabetes mellitus ohne vorherige Abklärung hinsichtlich Art und Schwere der Erkrankung nicht die sofortige Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigt. Zwar kann die Diagnose einer solchen Erkrankung eine Tatsache sein im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), die Bedenken gegen die körperliche Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründet. Denn solche bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Eine solche Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet, ergibt sich bereits daraus, dass eine in der Überschrift eines Kapitels der Anlage 4 zur FeV genannte Erkrankung diagnostiziert wurde.

Die sofortige Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann jedoch unverhältnismäßig sein. Denn es sind die Differenzierungen in den Unterpunkten zu beachten (hier Nrn. 5.1 bis 5.3 der Anlage 4 zur FeV). Danach ist die Fahreignung hinsichtlich der Gruppen 1 und 2 bei Vorliegen eines Diabetes mellitus nur dann nicht gegeben, wenn eine Neigung zu schweren Stoffwechselentgleisungen besteht (vgl. Nr. 5.1). Bei erstmaliger Stoffwechselentgleisung oder neuer Einstellung ist die Fahreignung nach Einstellung für beide Gruppen wieder gegeben (Nr. 5.2). Bei ausgeglichener Stoffwechsellage unter der Therapie mit Diät oder oralen Antidiabetika mit niedrigem Hypoglykämierisiko ist die Fahreignung hinsichtlich der Gruppe 1 und hinsichtlich der Gruppe 2 bei guter Stoffwechselführung ohne Unterzuckerung über drei Monate gegeben (Nr. 5.3).

Mit diesen Vorschriften stimmen die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Begutachtungsleitlinien - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, gültig ab 1.5.2014, zuletzt geändert durch Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 3.3.2016 [VkBl 2016, 185] Nr. 3.5) überein. Danach können gut eingestellte und geschulte Menschen mit Diabetes Fahrzeuge beider Gruppen sicher führen. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit geht beim Diabetes mellitus in erster Linie vom Auftreten einer Hypoglykämie mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen aus. Eine ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung ist Voraussetzung für die Fahreignung. Zur Begründung hierzu wird in den Begutachtungsleitlinien (Seite 37) ausgeführt, die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes erfülle die Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen. Die Fahreignung könne jedoch eingeschränkt oder ausgeschlossen sein, wenn durch unzureichende Behandlung, durch Nebenwirkungen der Behandlung oder Komplikationen der Erkrankung verkehrsgefährdende Gesundheitsstörungen bestehen oder zu erwarten seien. Diese Menschen mit Diabetes bedürften der individuellen Beurteilung in der Frage, ob ihre Fähigkeiten den Mindestanforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen entsprächen.

Bei der Prüfung der Frage, ob die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens hinsichtlich einer Erkrankung anzuordnen ist, die wie Diabetes mellitus in einer Mehrzahl oder Vielzahl der Fälle eine Fahrungeeignetheit nicht begründet, gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass sich die Fahrerlaubnisbehörde vorher Kenntnisse über Tatsachen verschafft, die ausreichende Anhaltspunkte dafür begründen können, dass eine Ungeeignetheit nach den Nrn. 5.1 bis 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegen könnte. Solche Tatsachen können vom Betroffenen erfragt werden, zumal eine Anhörung vor Erlass der Gutachtensbeibringungsanordnung entsprechend Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ohnehin geboten sein dürfte. Dabei kann auch Gelegenheit gegeben werden, ärztliche Bescheinigungen (Laborergebnisse) und Atteste der behandelnden Ärzte vorzulegen. Nach den Begutachtungsleitlinien (Seite 37) soll insbesondere auch geklärt werden, wie viele fremdhilfebedürftige Hypoglykämien in den vergangenen zwölf Monaten zu verzeichnen waren, ob der Patient Unterzuckerungen erkennt und hierauf adäquat reagieren kann, ob bzw. in welchem Umfang der Patient selbst Kontrollmessungen vornimmt, ob der Patient über die besonderen Risiken einer Unterzuckerung im Straßenverkehr aufgeklärt und informiert ist, ob der Patient seinen Stoffwechselverlauf dokumentiert und ob bzw. durch welche Maßnahmen der Patient im Umgang mit seiner Diabeteserkrankung hinreichend geschult ist. Viele dieser Informationen können nur vom Patienten selbst und von seinen behandelnden Ärzten erfragt und bestätigt werden. Das kann die Fahrerlaubnisbehörde zunächst selbst aufklären. Einer Begutachtung bedarf es hierfür noch nicht.

Wird eine solche Vorabklärung vorgenommen, kann sich, da die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes fahrgeeignet ist, ergeben, dass eine weitere ärztliche Untersuchung und ein ärztliches Gutachten nicht erforderlich sind. Unabhängig von der (hohen) Zahl der Erkrankungen an Diabetes mellitus wäre es daher unverhältnismäßig, allein auf Grund dieser Diagnose sogleich die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich nur, wenn der Betroffene nicht hinreichend mitwirkt oder wenn aufgrund seiner Auskünfte und der vorgelegten ärztlichen Atteste noch Bedenken bestehen oder Zweifel an der Richtigkeit der vom Betroffenen gegebenen Auskünfte oder der von den behandelnden Ärzten ausgestellten Atteste bestehen. Ggf. kann zur Beurteilung dieser Frage, ob noch Zweifel verbleiben, auch das Gesundheitsamt bzw. die Gesundheitsabteilung der Behörde eingeschaltet werden.

Eine solche Vorabklärung hat entgegen der Beschwerdebegründung nichts damit zu tun, dass nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV der das Gutachten erstellende Arzt nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein soll. Denn diese Auskünfte des Betroffenen und der behandelnden Ärzte stellen keine gutachterliche Beurteilung dar, sondern sind nur Grundlage für die Entscheidung, ob die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer in § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV genannten Stelle notwendig ist. Auch das Verwaltungsgericht hat nicht verlangt, dass das ärztliche Gutachten vom behandelnden Arzt erstellt werden soll.

Auch der Umstand, dass auf dem Untersuchungsbericht des betriebs- und verkehrsmedizinischen Zentrums BDF Dr. H … vom 30. Dezember 2015 vermerkt ist, dass eine weitergehende Untersuchung wegen Diabetes mellitus erforderlich ist, rechtfertigt nicht die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde. Vielmehr ist vorher zu klären, ob solche weitergehenden Untersuchungen nicht bereits vorgenommen worden sind und ob sich hieraus Erkenntnisse ergeben.

Aus Vorstehendem ergibt sich zugleich, dass das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, dass hier auch einzelne Fragen im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unzulässig sind und dass insoweit - mangels Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Anordnung und mangels Kenntnis leicht zu erfragender Tatsachen und ärztlicher Stellungnahmen - auch die Ermessensausübung fragwürdig erscheint. Das kann im Einzelnen jedoch offen bleiben.

1.2 Ist die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens - wie hier - rechtswidrig, ist der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen, bringt er das angeordnete Gutachten nicht fristgerecht bei, nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV nicht zulässig. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass der Bescheid über die Entziehung der Fahrerlaubnis in solchen Fällen stets rechtswidrig ist.

Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, richtet sich, sofern höherrangiges oder spezielleres Recht nichts Abweichendes vorgibt, nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu tragen. Erweist sich dieser aus anderen als den angegebenen Rechtsgründen als rechtmäßig, ohne dass diese anderen Rechtsgründe wesentliche Änderungen des Spruchs erfordern würden, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29/87 - BVerwGE 80, 96; BayVGH, B.v. 23.6.2016 - 11 CS 16.907 - juris Rn. 23 ff.). Daher kann ein auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützter Bescheid, der einem Betroffenen die Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines angeordneten Gutachtens entzieht, auf der Grundlage der Vorschrift des § 11 Abs. 7 FeV rechtmäßig und daher aufrechtzuerhalten sein, wenn die Nichteignung des Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt feststeht. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV und § 11 Abs. 7 FeV sind keine Ermessensvorschriften, sondern zwingendes Recht. Die Rechtsgrundlagen sind daher insoweit austauschbar.

1.3 Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht nicht darin, dass das Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 rechtlich nicht von Bedeutung sei, weil der Antragsteller es erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt habe.

Zwar ist richtig, dass grundsätzlich - abhängig von den Besonderheiten des materiellen Rechts - der maßgebliche Zeitpunkt bei Anfechtungsklagen der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also mangels Widerspruchseinlegung der Erlass des Ausgangsbescheids vom 1. September 2016 ist. Jedoch war der Antragsteller bereits bei Erlass dieses Bescheids nach dem vorgelegten Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 fahrungeeignet. Dass das Gutachten und die sich daraus ergebenden Tatsachen und Bewertungen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erlass ihres Bescheids nicht bekannt waren, führt nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Ein Bescheid, der ohne ausreichende Tatsachengrundlage ergeht, aber bezüglich dessen sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids bereits zum Erlasszeitpunkt vorlagen, muss, wenn es sich um zwingende Rechtsvorschriften ohne Ermessen handelt, nicht aufgehoben werden, weil er sofort wieder erlassen werden müsste.

Insoweit spricht gemäß dem Gutachten der p … vom 22. Juli 2016, das auf einer Untersuchung des Antragstellers am 12. April 2016 beruht, nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung vieles dafür, dass der Antragsteller bereits bei Erlass des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids fahrungeeignet war.

Zwar bestehen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht bemerkt, gewisse Bedenken hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens, weil eine medikamentöse Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin) wohl nicht ausreicht, um eine Fahrungeeignetheit zu begründen. Jedoch sind nach dem Gutachten bereits Folgeschäden der Diabeteserkrankung des Antragstellers festzustellen. Es bestehe eine chronische Niereninsuffizienz im Sinne einer diabetischen Nephropathie. Die in der Leistungstestung festgestellten Leistungsmängel wiesen auf eine zerebrale Angiopathie hin. Darüber hinaus konnten „Folgeschäden wie Retinopathie Diabetika, kardiale Angiopathie nicht in den Untersuchungen der Augen, des EKG und Belastungs-EKG sowie der Ultraschalluntersuchung des Herzens“ ausgeschlossen werden. Eine periphere Neuropathie habe nicht beurteilt werden können. Hierzu seien vom Antragsteller keine Befunde nachgereicht worden. Auch habe der Antragsteller nicht darstellen können, dass er mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut sei.

Zwar hat der Antragsteller ärztliche Befunde im gerichtlichen Verfahren nachgereicht, welche belegen sollen, dass seine Kraftfahreignung gegeben sei. Diese Befunde können vom Senat jedoch nicht danach beurteilt werden, ob sich daraus in der Gesamtbetrachtung die Kraftfahreignung des Antragstellers ergibt. Die Fahrerlaubnisbehörde weist zudem (Schreiben vom 10.10.2016 an das Verwaltungsgericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) zu Recht darauf hin, dass sich aus den vorgelegten ärztlichen Befunden auch ergibt, dass der Antragsteller versucht hat, seinen tatsächlichen Gesundheitszustand zu verbergen bzw. geschönt darzustellen. Laut dem ärztlichen Befund des Dr. E … vom 4. September 2016 besteht beim Antragsteller seit dem Jahr 2004 eine insulinpflichtige Diabeteserkrankung. Bei der Begutachtung durch die p … hatte der Antragsteller jedoch angegeben, dass die Diabeteserkrankung erst im Jahr 2015 bekannt geworden wäre. Zum anderen ergibt sich aus der Medikamentenliste des Dr. E …, dass der Antragsteller verschiedenste Arzneistoffe aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen einnehmen müsse. Bei der Begutachtung der p … hatte der Antragsteller jedoch die Frage nach der regelmäßigen Einnahme weiterer Medikamente neben dem Langzeitinsulin verneint. Die nunmehr vorliegende Tatsachen und ärztlichen Stellungnahmen sind im Kontext erneut auszuwerten.

Unter diesen Umständen kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Beurteilung der Fahreignung des Antragstellers aufgrund seiner Diabeteserkrankung durch die p …, einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung, nicht infrage gestellt werden.

1.4 Darüber hinaus ergeben sich aus dem Gutachten der p … weitere erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsteller fahrgeeignet ist. Die von der p … durchgeführte psychophysische Leistungstestung erbrachte keine ausreichenden Ergebnisse. Hinweise auf Leistungsmängel ergaben sich „in den Bereichen der reaktiven Belastbarkeit (DT: Median Reaktionszeit = PR 5, Zeitgerechte PR 4 und Richtige = PR 1)“. Eine ausreichende Leistungsfähigkeit liegt nach den Begutachtungsleitlinien (a.a.O. Nr. 2.5) vor, wenn hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 ein Prozentrang von 16 und hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2 ein Prozentrang von 33 oder mehr erreicht und ein Prozentrang von 16 in keinem Testverfahren unterschritten wird.

Insoweit führt das Gutachten der p … allerdings nur aus, dass in diesem Bereich Bedenken an der Fahreignung bestehen. Insoweit stellt sich ohnehin die Frage der Verwertbarkeit dieser Leistungstestung durch die p …, da eine solche in der Gutachtensbeibringungsanordnung nicht verlangt wurde. Die p … hat diese Testung ohne eine Beauftragung durchgeführt und sich damit nicht an die Fragestellung des Gutachtensauftrags (vgl. Nr. 1 Buchst. a der Anlage 4a zur FeV) gehalten. Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. U.v. 8.8.2016 - 11 B 16.594 - juris) die psychische Leistungsfähigkeit entsprechend Nr. 2.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (a.a.O.) nur im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung oder ggf. einer isolierten psychologischen Begutachtung und nicht im Rahmen eines angeordneten ärztlichen Gutachtens hinsichtlich einer Diabeteserkrankung überprüft werden. Das ärztliche Gutachten kann auf entsprechende Frage hin lediglich eine ergänzende Begutachtung empfehlen.

1.5 Da die erheblichen Bedenken an der Fahreignung des Antragstellers auch bezüglich der Gruppe 1 bestehen, kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller, wie in der Beschwerdeerwiderung vom 10. April 2017 ausgeführt, den Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnisse für Fahrzeuge der Gruppe 2 ggf. zurückgenommen hätte oder er auf bestimmte Fahrerlaubnisklassen verzichten würde oder hiervon mangels Verlängerung keinen Gebrauch machen kann.

Bevor dem Antragsteller wieder die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug gestattet werden kann, müssen die bestehenden erheblichen Bedenken gegen seine Fahreignung durch ein ergänzendes Gutachten, hinsichtlich der noch offenen Fragen der Diabeteserkrankung durch ein ärztliches Gutachten und ggf. hinsichtlich der psychischen Leistungsfähigkeit durch ein psychologisches Gutachten ausgeräumt werden. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV bestimmt die Behörde, ob das Gutachten von einem in den Nrn. 1 bis 4 bezeichneten Arzt oder von einem Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung erstellt wird (Nr. 5). Fachärztliche Gutachten, die die Bedenken gegen die Fahreignung vollständig und - auch für den (medizinisch und psychologisch nicht geschulten) Laien nachvollziehbar - eindeutig ausräumen würden (vgl. den in der Beschwerdeerwiderung zitierten Beschluss des Senats vom 4.10.2016 - 11 ZB 16.1535 - juris; vgl. auch B.v. 24.3.2016 - 11 CS 16.260 - juris), hat der Antragsteller auch im gerichtlichen Verfahren nicht vorgelegt.

Legt der Antragsteller ein positives Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor, das die Bedenken ausräumt, kann er einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO beim Gericht der Hauptsache stellen.

2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.2, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A und B (einschließlich Unterklassen).

Mit Bußgeldbescheid vom 6. Mai 2014, rechtskräftig seit 23. Mai 2014, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle Viechtach wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG gegen den Antragsteller ein Bußgeld und ein Fahrverbot von einem Monat. Dem lag zu Grunde, dass er am 6. Februar 2014 gegen 14:30 Uhr ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hatte, obwohl er unter dem Einfluss von Cannabis-Produkten stand. Die Blutanalyse des rechtsmedizinischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 7. April 2014 hatte eine Konzentration von 5,1 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 0,97 ng/ml Hydroxy-THC sowie 30 ng/ml THC-Carbonsäure ergeben.

Laut Protokoll der Polizeiinspektion 12, München, vom 6. Februar 2014 gab der Antragsteller bei der Kontrolle an, am 2. Februar 2014 gegen 3:00 Uhr einen Joint konsumiert zu haben. Das Protokoll ist vom Antragsteller unterschrieben. Bei der Betroffenenanhörung äußerte er sich nicht zur Sache.

Auf Anhörung zur Fahrerlaubnisentziehung erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 18. November 2014, dass er am Tattag in seiner Mittagspause zwei Freunde getroffen habe. Es sei ihm sehr schlecht gegangen. Einer seiner Freunde habe einen Joint angezündet und ihn dazu eingeladen. Er habe sich gedacht, dieses eine Mal könne er das schon machen; es sei schon so lange her gewesen, dass er so etwas gemacht gehabt hätte und es werde schon nichts passieren. Er habe schon gewusst, dass er noch fahren müsse, habe aber mit einem schnellen Abklingen gerechnet. Er habe den Konsumzeitpunkt gegenüber der Polizei bewusst zeitlich vorverlegt, weil er sich Vorteile davon versprochen habe.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 ordnete die Antragsgegnerin die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens innerhalb von drei Monaten an. Mit Erklärung vom 7. Januar 2015 beauftragte der Antragsteller den DEKRA e.V. mit der Durchführung der Begutachtung.

Unter dem 8. Januar 2015 erließ die Antragsgegnerin eine neue Gutachtensanordnung und setzte für die Beibringung des Gutachtens nunmehr eine Frist von 13 Monaten. Der Antragsteller habe geltend gemacht, seit dem 7. Februar 2014 keine Betäubungsmittel mehr eingenommen zu haben. Es sei daher ein medizinisch-psychologisches Gutachten mit einem Drogenkontrollprogramm beizubringen.

Unter dem 11. Februar 2016 übersandte der DEKRA e.V. der Antragsgegnerin unter Beifügung der Laborbefunde eine abschließende Bescheinigung zur Betäubungsmittelabstinenz. Danach seien beim Antragsteller im Zeitraum vom 23. Februar 2015 bis 2. Februar 2016 sechs Urinuntersuchungen jeweils nach nicht vorhersehbarer telefonischer Einbestellung durchgeführt worden, die sämtlich unauffällig gewesen seien. Das Programm sei vom 8. bis 20. März 2015, vom 13. bis 17. Mai 2015 und vom 30. Mai bis 20. Juni 2015 unterbrochen worden. Ansonsten sprächen die erhobenen Befunde für eine Betäubungsmittelabstinenz im Kontrollzeitraum.

Nachdem der Antragsteller kein Gutachten vorlegte, entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 18. Juli 2016 die Fahrerlaubnis und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Abgabe des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an. Die Behörde stützte den Bescheid auf § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV.

Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München noch nicht entschieden (Az. M 6 K 16.3332). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat es mit Beschluss vom 2. November 2016 abgelehnt.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre. Jedenfalls aber ergibt eine Interessenabwägung, von der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzusehen.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl S. 2722), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden.

Bringt der Betreffende ein angeordnetes Gutachten nicht fristgerecht bei, kann nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78).

1.1. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert hat. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439; BayVGH, B.v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris Rn. 11).

Ein einmaliger Konsum kann nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurück liegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat.

Ungeachtet der §§ 2 Abs. 9 und 29 Abs. 7 Satz 1 StVG kann zwar aufgrund der Einlassung des Antragstellers im Verwaltungsverfahren und in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren davon ausgegangen werden, dass er in der Vergangenheit bereits in erheblichem Umfang Erfahrungen mit Cannabiskonsum hatte. Da dies nach seinen Schilderungen jedoch vor über zehn Jahren gewesen sein soll, fehlt der erforderliche zeitliche Zusammenhang.

Aufgrund des Gutachtens des rechtsmedizinischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 7. April 2014 steht fest, dass der Antragsteller wenige Stunden vor der Polizeikontrolle am 6. Februar 2014 Cannabis konsumiert hat, was der Antragsteller nachträglich auch eingeräumt hat.

Es kann offenbleiben, ob aufgrund der Erklärung des Antragstellers gegenüber der Polizei am 6. Februar 2014, er habe am 2. Februar 2014 gegen 3:00 Uhr ca. einen Joint geraucht, ein zweiter Konsumakt (im zeitlichen Zusammenhang) nachgewiesen ist. Denn vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falls, dass eine Person nach einem einmaligen Konsum zum einen bereits kurz darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, ist in einem Akt der Beweiswürdigung regelmäßig die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 21.04.2015 - 11 ZB 15.181 - juris; B.v. 7.1.2014 - 11 CS 13.2427, 11 C 13.2428 - juris; OVG NW, B.v. 12.3.2012 - 16 B 1294/11 - DAR 2012, 275).

Der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt, wie es nach langer Zeit zu einem weiteren „einmaligen“ Konsumakt gekommen sein soll, ist zu wenig substantiiert und unstimmig. Dass sich der Antragsteller nach über zehn Jahren Abstinenz zufällig in einer Mittagspause zu einem erneuten Drogenkonsum hinreißen lässt, um dann - trotz seiner Erfahrungen mit der Droge - bereits um 14:30 Uhr ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, was er beim Konsumzeitpunkt auch wusste, ist nicht glaubhaft. Zu diesem Zeitpunkt stand er noch unter der deutlichen Wirkung der Droge. 5,1 ng/ml THC im Blut führt regelmäßig zu signifikanten Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit (vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ra-maekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol 43, 361, 368; sowie Möller in Berz/Burmann, Handbuch der Straßenverkehrsrechts, Bd. 2, Kap.15, Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) aa) Rn. 142).

Auch weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass dem Antragsteller angesichts seiner Drogenvergangenheit gerade nicht daran gelegen war, die Wirkweise von Cannabis kennenzulernen und auszuprobieren, sondern dass es ihm nach seinem eigenen Vortrag vom 18. November 2014 um Problembewältigung und nach seinem Vortrag in der Beschwerdebegründung auch darum gegangen sei, das „unbeschwerte Gefühl von früher wieder zu spüren“.

1.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trennt ein gelegentlicher Konsument von Cannabis dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl angesichts des bei ihm festgestellten Tetrahydrocannabinol-Werts (THC) eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - DAR 2014, 711). Danach ist bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bereits bei einer einmaligen Teilnahme mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr unter dem Einfluss von 1,0 ng/ml oder mehr THC im Blut von fehlendem Vermögen, den Konsum von Cannabis und die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug zu trennen, auszugehen, sodass der Betroffene nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV fahrungeeignet ist und ihm deshalb gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen ist.

Diese Rechtsprechung zugrunde gelegt, ist dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen worden, da er die Wiedererlangung der Fahreignung nicht nachgewiesen hat.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Fahrerlaubnisbehörde in einem Fall, in dem ein Betroffener aufgrund eines Geschehnisses in der Vergangenheit die Fahreignung zunächst verloren hatte, vor der Entziehung der Fahrerlaubnis zu prüfen hat, ob der Betroffene die Fahreignung zwischenzeitlich wieder erlangt hat, wenn gewichtige Anhaltspunkte hierfür bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2005 - 11 CS 04.2526 - BayVBl 2006, 18). Es kann hier offen bleiben, ob eine glaubhafte und nachvollziehbare Darlegung des Fahrerlaubnisinhabers (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2016 - 11 ZB 16.1124 - juris Rn. 15) ausreicht, um weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen zu müssen, oder ob ohne Bindung an starre zeitliche Grenzen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen ist, ob sich der Betroffene trotz des Ablaufs einer längeren Zeitspanne weiterhin als fahrungeeignet erweist (vgl. VGH BW, B.v. 7.4.2014 - 10 S 404/14 - Blutalkohol 51, 191).

Denn hier hat der Antragsteller vor Ergehen des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids laut Mitteilung des DEKRA e.V. vom 11. Februar 2016 für eine ausreichend lange Zeit Drogenfreiheit nach den hierfür geltenden Maßstäben nachgewiesen. Es steht außer Frage, dass in einem solchen Fall die Wiedererlangung der Fahreignung weiter aufzuklären ist.

Da es für die angemessene Begründung einer für die Wiedergewinnung der Fahreignung positiven Verkehrsprognose wesentlich ist, dass zur positiven Veränderung der körperlichen Befunde einschließlich der Laborbefunde ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel hinzutreten muss, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhält (vgl. Begründung zu Kap. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, gültig ab 1.5.2014, zuletzt geändert durch Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 3.3.2016 [VkBl 2016, 185]), erfordert das - ggf. neben ärztlichen Feststellungen - eine psychologische Bewertung (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2005 a.a.O. Rn. 19), mithin ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten. Die Vorlage von Abstinenznachweisen genügt entgegen dem Beschwerdevorbringen für die Wiedererlangung der Fahreignung in solchen Fällen gerade nicht.

Ein solches Gutachten hat die Antragsgegnerin hier angeordnet. Der Antragsteller hat dieses Gutachten innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist nicht beigebracht, sodass die Behörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Ungeeignetheit des Antragstellers schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen durfte. Ob die Behörde die Entziehung der Fahrerlaubnis in einem solchen Fall gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf § 11 Abs. 7 oder auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV stützt, ist rechtlich irrelevant, weil die Rechtsgrundlagen, zumal es sich um zwingende Vorschriften handelt, insoweit austauschbar sind.

Darin liegt auch kein Anhörungsfehler, weil der Antragsteller mehrmals Gelegenheit hatte, zum vorliegenden Sachverhalt und dessen rechtlicher Bewertung Stellung zu nehmen. Auch Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids bestehen nicht, da die nach Umzug des Antragstellers zuständige Behörde gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG der Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch die Antragsgegnerin zugestimmt hat.

1.3 Nach jüngerer Rechtsprechung des Senats (vgl. B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460 - Blutalkohol 54, 52) ist es offen und deshalb in einem Hauptsacheverfahren zu klären, ob bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss mit einer THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr, die aber - wie hier - nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt hat, die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV entziehen muss oder ob entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch (§ 13 FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV) nur eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden kann.

Der Senat hat daher in mehreren Fällen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei einer einmaligen Teilnahme mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss im Wege einer Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Fahrerlaubnisentziehungsbescheid unter der Auflage wiederhergestellt, dass sich der Betreffende unter Absolvierung eines Drogenkontrollprogramms einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzieht (vgl. zuletzt B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris).

Eine entsprechende Anordnung kommt hier schon deswegen nicht in Betracht, weil die Antragsgegnerin - die vorläufige Rechtsprechung des Senats in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugrunde gelegt - zu Recht vom Antragsteller gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert hat. Da der Antragsteller das Gutachten nicht beigebracht hat, durfte die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Ungeeignetheit schließen. Dass die Behörde als Rechtsgrundlage § 11 Abs. 7 FeV genannt hat, ist unschädlich. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis vor, ist es nicht entscheidend, ob die Behörde die Ungeeignetheit unmittelbar aus der Anlasstat ableitet oder aus der Tatsache, dass der Betroffene trotz berechtigter Zweifel, die sich aus der Anlasstat ergeben, seine Eignung nicht durch Vorlage des geforderten Gutachtens nachgewiesen hat.

Jedenfalls sieht der Senat nach der Verweigerung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch den Antragsteller keinen Anlass zu einem entsprechenden Auflagenbeschluss im Rahmen einer Interessenabwägung, sodass offenbleiben kann, ob ein solcher angesichts des hohen, im Blut des Antragstellers festgestellten THC-Gehalts von 5,1 ng/ml infrage gekommen wäre.

Dass der Antragsteller die Fahrerlaubnis für seine Arbeit als Handwerker dringend benötigt, muss angesichts der Gefahren für die Sicherheit bei Teilnahme fahrungeeigneter Personen am öffentlichen Straßenverkehr unberücksichtigt bleiben, zumal er Gelegenheit hatte, seine Fahreignung durch Vorlage eines (positiven) medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen.

2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis bezüglich der Klassen T und L.

Im Rahmen einer Verkehrskontrolle wurde ihm eine Blutprobe entnommen, die nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 25. Juli 2013 den Nachweis von Amphetamin (290 ng/ml) erbrachte.

Mit Bescheid vom 25. November 2013 entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit an. Der Antragsteller ließ Anfechtungsklage erheben und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen, den das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 22. Januar 2014 ablehnte.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel beschränkt auf die Fahrerlaubnisklassen T und L weiter. Zur Begründung trägt sein Bevollmächtigter vor, der Antragsteller sei von Beruf Landwirt mit abgeschlossener Gesellenausbildung und arbeite inzwischen auf dem Hof der Familie. Der Bauernhof mit 30 Hektar Nutzfläche liege am Ortsrand in direkter Nähe zu den bewirtschafteten Flächen. Die Zufahrt sei über einen öffentlichen Feldweg möglich. Wegen der Entziehung der Fahrerlaubnis müsse eine Hilfskraft eingestellt werden, die sich der vom Antragsteller und seinem 50 Jahre alten Vater geführte Betrieb nicht leisten könne. Der Führerschein werde nur für die Bewirtschaftung der hofnahen Felder benötigt. Durch Fahrten auf den Feldwegen würden der öffentliche Straßenverkehr und die Allgemeinheit nicht gefährdet.

Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Beschluss.

Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die vorgetragenen Gründe beschränkt ist (vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 146 Rn. 15), hat keinen Erfolg.

Nach dem Wortlaut von Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung entfällt beim Konsum sogenannter harter Drogen wie Amphetamin oder Methamphetamin die Fahreignung unabhängig von der Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration, unabhängig von einer Straßenverkehrsteilnahme im berauschten Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren. Dementsprechend ist die Fahrerlaubnisentziehung nach der Regelvermutung der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Blut des Fahrerlaubnisinhabers und damit die Einnahme eines Betäubungsmittels nachgewiesen wurde. Dieses Verständnis der gesetzlichen Regelung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (z. B. B. v. 27.05.2013 - 11 CS 13.718, B. v. 26.07.2007 - 11 ZB 05.2932). Die Regelvermutung entfaltet strikte Bindungswirkung, solange keine Umstände des Einzelfalls vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Durch die entsprechende Regelung in der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung, wonach die Bewertungen der Fahrerlaubnis-Verordnung nur für den Regelfall gelten, wird dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch den Verordnungsgeber genüge getan. Ausnahmen von der Regelvermutung der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sind nur dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die z. B. eine Kompensation drogenbedingter Einschränkungen erfolgen kann. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (z. B. BayVGH, B. v. 14.2.2013 - 11 CS 12.28; OVG Brandenburg, B. v. 22.7.2004 - 4 B 37/04 - VRS 107, 397).

Solche besonderen Umstände gehen aus der Beschwerdebegründung nicht hervor. Der Wortlaut der Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 der FeV zeigt, dass an Besonderheiten angeknüpft wird, die ihren Ursprung in der Person des Betroffenen selbst haben und bewirken, dass er aufgrund seiner besonderen Steuerungs- oder Kompensationsfähigkeit trotz Drogenkonsums ausnahmsweise fahrgeeignet ist (BayVGH, B. v. 27.05.2013 - 11 CS 13.718 - juris, Rn. 13). Vielmehr knüpft das Beschwerdevorbringen das Antragstellers ausschließlich an rein äußere Umstände an und zwar zum einen an die wirtschaftlichen Belange des landwirtschaftlichen Betriebs und zum anderen an die Einschränkbarkeit einer künftigen Verkehrsteilnahme des Antragstellers. Beide Gesichtspunkte sind für die Beurteilung der allein ausschlaggebenden Frage, ob der Antragsteller trotz Drogenkonsums ausnahmsweise fahrgeeignet ist, ohne Bedeutung. Sie können nach Wiedererlangung der Fahreignung bei entsprechend konkreter Darlegung allenfalls im Rahmen einer Wiedererteilung berücksichtigt werden (BayVGH, B. v. 27.05.2013 - 11 CS 13.718 - juris, Rn. 17).

Nachdem die Hauptsacheklage des Antragstellers somit keine Erfolgsaussichten hat, ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die wirtschaftlichen Gesichtspunkte auch in der Interessenabwägung als nachrangig gegenüber der Straßenverkehrssicherheit ausgesehen hat.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.8 und 46.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO).

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Mit Schreiben vom 9. September 2009 wurde der Kläger bei einem angenommenen Stand von 13 Punkten von der Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) verwarnt. Mit Bescheid vom 4. November 2010 wurde bei einem angenommenen Punktestand von 15 Punkten die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a. F. angeordnet.

Am 15. Oktober 2010 und 22. November 2010 beging er weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldbescheiden vom 15. Dezember 2010, rechtskräftig seit 1. Januar 2011, und vom 13. Januar 2011, rechtskräftig seit 1. Februar 2011, geahndet wurden. Es wurden dafür drei Punkte und ein Punkt im Verkehrszentralregister eingetragen.

In der Folgezeit beging der Kläger weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten. Dafür wurden weitere Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen. Ebenso wurden einige Verkehrsordnungswidrigkeiten und Punkte im Verkehrszentralregister getilgt.

Mit Schreiben vom 3. September 2012 hörte die Beklagte den Kläger zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Er habe nach der Tat vom 22. November 2010 18 Punkte erreicht. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a. F. sei die Fahrerlaubnis daher zu entziehen. Eine nach Erreichen von 18 Punkten eingetretene Punktetilgung sei für die Rechtmäßigkeit eines auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a. F. gestützten Fahrerlaubnisentzugs ohne Bedeutung.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 stellte die Beklagte das mit Schreiben vom 3. September 2012 eingeleitete Verfahren über die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Verjährungen ein. Es wurde ausgeführt, dies schließe jedoch weitere Maßnahmen nach dem Fahrerlaubnisrecht nicht aus.

Am 28. Dezember 2012 erging eine neue Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts an die Fahrerlaubnisbehörde, wonach für den Kläger insgesamt 20 Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen seien.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 hörte die Beklagte den Kläger erneut zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Es wurde wiederum ausgeführt, er habe nach der Tat vom 22. November 2010 18 Punkte erreicht.

Mit Bescheid vom 22. April 2013 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis. Durch die Taten vom 22. November 2010 und 2. Dezember 2010 habe er einen Punktestand von 18 oder mehr Punkten erreicht.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25. April 2013 trug der Kläger vor, dass sich die Schreiben vom 14. Dezember 2012 und vom 7. Februar 2013 widersprechen würden. Nach dem 14. Dezember 2012 habe der Kläger keine Verkehrsordnungswidrigkeiten mehr begangen. Der Beklagten müssten daher beim Erlass des Einstellungsbescheids vom 14. Dezember 2012 alle Taten bekannt gewesen sein.

Gegen den Bescheid vom 22. April 2013 hat der Kläger Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht München noch nicht entschieden hat. Mit Beschluss vom 24. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage biete keine Aussicht auf Erfolg. Der Kläger habe auf jeden Fall mit der Tat vom 22. November 2010 18 Punkte erreicht. Spätere Tilgungen seien ohne Bedeutung. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei auch nicht wegen Zeitablaufs unverhältnismäßig, denn es handele sich um eine zwingend vorgesehene Maßnahme. Auch eine Verwirkung liege nicht vor. Die Möglichkeit einer Verwirkung im Bereich der nicht im Ermessen der Behörden stehenden sicherheitsrechtlichen Befugnisse erscheine ohnehin äußerst zweifelhaft. Jedenfalls würde es vorliegend nicht nur am sogenannten Zeitmoment, sondern auch am Umstandsmoment fehlen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, es habe zu keinem Zeitpunkt ein Punktestand von 18 Punkten vorgelegen, denn er habe die Verwarnungen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a. F. nicht erhalten. Zudem werde bestritten, dass es sich bei der Anordnung vom 4. November 2010 um eine Anordnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a. F. gehandelt habe.

Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zu Recht abgelehnt, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO).

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger, unabhängig von der Berechnungsmethode, mit der Tat vom 22. November 2010 18 Punkte erreicht hat und seine Fahrerlaubnis damit nach dem zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses anwendbaren § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. d. F.d. Bek. vom 5. März 2003 (BGBl S. 919), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl S. 3044), zwingend zu entziehen war. Auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen.

Soweit der Kläger vorträgt, er habe die Verwarnungen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a. F. nicht erhalten, kann dem nicht gefolgt werden. Die Zustellungen sind durch Postzustellungsurkunden nach § 173 VwGO i. V. m. §§ 415, 418 ZPO bewiesen. Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die Zweifel an einer wirksamen Zustellung hervorrufen könnten.

Auch die Anordnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a. F. zur Teilnahme an einem Aufbauseminar wurde dem Kläger ordnungsgemäß zugestellt und enthielt unter IV. den nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG a. F. erforderlichen Hinweis auf die Möglichkeit der verkehrspsychologischen Beratung und den Entzug der Fahrerlaubnis bei Erreichen von 18 oder mehr Punkten.

Die Auffassung des Klägers, dass zu keinem Zeitpunkt 18 Punkte bei ihm vorgelegen hätten, weil zum 25. Januar 2010 ein Punktestand von 14 Punkten erreicht worden sei, der auf 13 Punkte zurückzusetzen sei, dann am 15. Oktober 2010 weitere 3 Punkte hinzugekommen seien und damit der Punktestand erneut auf 13 Punkte zurückzusetzen sei, trifft nicht zu. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG a. F. wird der Punktestand auf 13 reduziert, wenn der Betroffene 14 oder 18 Punkte erreicht, ohne dass die Behörde die Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a. F. ergriffen hat. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Behörde hat sowohl am 14. Februar 2008 als auch am 9. September 2009 eine Verwarnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a. F. mit Hinweis auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Aufbauseminar erlassen.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 22. April 2013 ist auch nicht wegen Verwirkung rechtswidrig. Dabei kann offen bleiben, ob eine Verwirkung im Rahmen sicherheitsrechtlicher Befugnisse, die nicht im Ermessen der Behörde stehen, überhaupt in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 11 CS 13.2005 - juris; B. v. 22.3.2012 - 11 CS 12.350 - juris). Das Institut der Verwirkung erfordert, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts oder einer Befugnis längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 20.3.2014 - 4 C 11/13 - ZfBR 2014, 690 = juris Rn. 30). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht oder die Befugnis nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht oder die Befugnis nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts oder der Befugnis ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BVerwG, U. v. 20.3.2014, a. a. O.) Daran fehlt es hier. Zwar hat die Beklagte, ohne dass sich die Hintergründe hierfür den vorgelegten Akten entnehmen lassen, mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 das mit dem ersten Anhörungsschreiben vom 3. September 2012 eingeleitete Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis eingestellt. Die Einstellung des Verfahrens war jedoch mit dem Hinweis verbunden, dass weitere Maßnahmen nach dem Fahrerlaubnisrecht nicht ausgeschlossen seien. Nachdem auch weder seit dem Erreichen eines Punktestands von 18 Punkten noch nach der Einstellung des Verfahrens mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 bis zum Entzug der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 22. April 2013 eine besonders lange Zeitspanne vergangen war, konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass seine Fahrerlaubnis wegen Erreichens von 18 Punkten nicht mehr entzogen werden wird.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil für die Zurückweisung der Beschwerde nach dem hierfür maßgeblichen Kostenverzeichnis eine Festgebühr anfällt (§ 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Anlage 1 Nr. 5502).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Unter Änderung von Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 28. August 2013 wird der Streitwert für beide Instanzen auf je 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Dem Antragsteller geht es darum, vorläufig weiter von seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E und zur Fahrgastbeförderung Gebrauch machen zu dürfen, bis in der Hauptsache über die Rechtmäßigkeit der Entziehung dieser Fahrerlaubnis wegen Überschreitens der 18-Punkte-Grenze mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2013 entschieden wurde.

Das Verwaltungsgericht München hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Die nach dem Punktesystem in § 4 StVG vorgesehenen Maßnahmen seien korrekt angewendet worden. Der Antragsteller habe nach dem sog. Tattagprinzip erstmals mit dem Verkehrsverstoß vom 5. März 2009 und dann nochmals mit dem Verkehrsverstoß vom 19. Juli 2010 18 Punkte oder mehr erreicht. Ein Punkteabzug wegen der verkehrspsychologischen Beratung im April 2009 sei nach dem auch insoweit maßgeblichen Tattagprinzip nicht zu gewähren, weil der Antragsteller bereits vor dem Ausstellen der Bescheinigung weitere Verkehrsverstöße begangen habe. Nachträgliche Punktetilgungen seien nicht zu berücksichtigen. Die Fahrerlaubnisentziehung sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil seit dem erstmaligen Erreichen der 18 Punkte bereits etwa vier Jahre verstrichen gewesen seien, denn die Fahrerlaubnisbehörde habe erst durch die am 31. Januar 2013 und 25. Februar 2013 bei ihr eingetroffenen Mitteilungen des Kraftfahrtbundesamtes davon erfahren. Auch wenn sie früher davon erfahren hätte und untätig geblieben wäre, wäre die Fahrerlaubnisentziehung nicht verwirkt.

Mit seiner Beschwerde gegen diesen Beschluss macht der Antragsteller geltend, es sei zu Unrecht unberücksichtigt geblieben, dass seine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im Februar 2010 um drei Jahre bis zum 6. Februar 2013 verlängert worden sei. Die Antragsgegnerin sei damals von nur 12 Punkten ausgegangen und habe ihm bei einer Vorsprache bestätigt, dass die verkehrspsychologische Beratung vom April 2009 zu einem Abzug von zwei Punkten geführt habe. Er sei deshalb davon ausgegangen, dass keine Fahrerlaubnisentziehung wegen Überschreitens der 18-Punkte-Grenze im Raum stehe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt nach § 4 Abs. 6 StVG verpflichtet gewesen wäre, die Antragsgegnerin über weitere Einträge zu unterrichten. Dass dies nicht geschehen sei, habe ihm den Eindruck vermittelt, er habe nichts zu befürchten. Die ca. vierjährige Untätigkeit vor der Fahrerlaubnisentziehung habe eine Verwirkung des Rechts dazu, jedenfalls aber einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Folge. Es liege auch ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs und den Grundsatz des fairen Verfahrens vor, weil die Antragsgegnerin ihn nicht rechtzeitig davon informiert habe, dass nun doch kein Punkteabzug erfolgt sei. Jedenfalls der Vorfall vom 19. Juli 2010 hätte zur Übermittlung einer Verkehrszentralregisterauskunft führen müssen. Danach sei sein Punktestand sogar unter 13 Punkte gesunken.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen und beantragt, sie zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller beruft sich mit seiner Beschwerde auf Vertrauensschutzgesichtspunkte und wendet sich nicht (mehr) gegen die Berechnung des entscheidungsrelevanten Punktestandes.

1. Der Antragsteller macht geltend, die Untätigkeit der Fahrerlaubnisbehörde „von fast vier Jahren“ führe zur Verwirkung der Fahrerlaubnisentziehung und mache diese Maßnahme rechtswidrig. Das trifft nicht zu. Im Bereich der nicht im Ermessen stehenden sicherheitsrechtsrechtlichen Befugnisse erscheint die Möglichkeit einer Verwirkung ohnehin äußerst zweifelhaft. Zudem kommt eine Verwirkung nur in Betracht, wenn dafür neben dem Verstreichen eines längeren Zeitraumes (sog. Zeitmoment) weitere Umstände hinzukommen, die ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, die Behörde werde von ihrer Befugnis auch künftig keinen Gebrauch mehr machen (sog. Umstandsmoment; vgl. zum Ganzen BayVGH, B. v. 22.3.2012 - 11 CS 12.350 - SVR 2012, 358). Jedenfalls an letzterem fehlt es hier.

a) Zum Zeitpunkt der Verlängerung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im Februar 2010 hatte zwar nicht die Fahrerlaubnisbehörde, sehr wohl aber der Antragsteller selbst Kenntnis von dem Verkehrsverstoß vom 5. März 2009, begangen kurz vor der Teilnahme an der verkehrspsychologischen Beratung im April 2009, und von dem Punktestand der sich aufgrund dieses Verkehrsverstoßes ergeben hat. Der Antragsteller hatte auch Kenntnis davon, dass die Bußgeldentscheidung betreffend die Zuwiderhandlung vom 5. März 2009 erst am 14. Dezember 2009 rechtskräftig geworden war. Er musste deshalb damit rechnen, dass die dafür verhängten drei Punkte eventuell im Rahmen seines am 15. Dezember 2009 gestellten Verlängerungsantrags noch nicht bekannt waren. Auch angesichts der Vielzahl seiner zum Teil in zeitlich schneller Folge begangenen Verkehrsverstöße konnte bei ihm kein schutzwürdiges Vertrauen dadurch entstehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde ihrer Entscheidung über den Verlängerungsantrag den ihr im Februar 2010 bekannten Sachstand zugrunde gelegt hat. Der Antragsteller kann sich deshalb nicht darauf berufen, er habe sich wegen Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im Februar 2010 darauf verlassen dürfen, dass es bei einem Abzug von zwei Punkten wegen der verkehrspsychologischen Beratung bleiben und eine Fahrerlaubnisentziehung auch künftig gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG nicht erfolgen werde.

Die etwa dreijährige Untätigkeit der Antragsgegnerin zwischen dem Verkehrsverstoß vom 19. Juli 2010, der erneut zu einem Punktestand von 18 Punkten oder mehr zulasten des Antragstellers im Verkehrszentralregister geführt hat und der Fahrerlaubnisentziehung vom 12. Juli 2013, hat erst recht keine Verwirkung des Rechts zur Fahrerlaubnisentziehung zur Folge, denn hier fehlt es gänzlich an Umständen, die ein schutzwürdiges Vertrauen begründen könnten; die Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung war zeitlich davor erfolgt.

b) Daraus, dass das Kraftfahrt-Bundesamt entgegen seiner aus § 4 Abs. 6 StVG resultierenden Verpflichtung die Antragsgegnerin nicht rechtzeitig über den aktuellen Punktestand informiert hat, kann der Antragsteller nichts für sich herleiten. Die Bestimmung dient bereits ihrem Wortlaut nach der Vorbereitung von Maßnahmen nach dem Punktesystem durch die Fahrerlaubnisbehörde und damit der Gewährleistung der Straßenverkehrssicherheit. Diesem Sinn und Zweck würde es zuwiderlaufen, aus einem Unterbleiben der Mitteilung einen Vertrauensschutz desjenigen zu konstruieren, der gegen Verkehrsvorschriften verstoßen und damit die Verkehrssicherheit gefährdet hat. Eine derartige „drittschützende“ Wirkung kann § 4 Abs. 6 StVG nicht entnommen werden.

2. Die zeitlich verzögerte Fahrerlaubnisentziehung verletzt auch nicht den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, denn es handelt sich dabei um eine in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG für den Fall des Erreichens oder Überschreitens von 18 Punkten zwingend vorgesehene Maßnahme; ein Ermessensspielraum kommt der Behörde nicht zu. Somit ist nicht die Fahrerlaubnisentziehung als Verwaltungsakt, sondern allenfalls die Ermächtigungsgrundlage des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, 69. Ergänzungslieferung, Art. 20 Rn. 123). An der Verhältnismäßigkeit von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG besteht indes kein Zweifel (vgl. BayVGH, B. v. 17.1.2005 - 11 CS. 04.2955 - BayVBl 2005, 278 ff.).

3. Auch sind im Verwaltungsverfahren weder das ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde Recht auf ein faires Verfahren noch das Recht auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden. Der Antragsteller erblickt eine Verletzung darin, dass die Antragsgegnerin ihn nicht „innerhalb eines angemessenen Zeitraums von maximal einem Jahr“ darüber aufgeklärt habe, dass nun doch kein Punkteabzug (infolge der verkehrspsychologischen Beratung) erfolgt sei. Dem Vorbringen des Antragstellers lässt sich nicht entnehmen, wann die nach seiner Auffassung anzunehmende „Jahresfrist“ begonnen haben soll. Sinnvoller Weise kann die Frist für die Erteilung eines behördlichen Hinweises auf bestimmte Umstände immer erst dann beginnen, wenn die Behörde Kenntnis von diesen Umständen hat oder haben kann. Die Antragsgegnerin hat erst Anfang des Jahres 2013 durch das Kraftfahrt-Bundesamt Mitteilung von den ab März 2009 begangenen Verkehrsverstößen des Antragstellers erhalten und dann in einer angemessenen Zeitspanne reagiert.

In der anlässlich des Antrags auf Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung eingeholten Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts vom 17. Dezember 2009 war der Verstoß vom 5. März 2009 noch nicht enthalten. Das ist damit erklärbar, dass die Tat erst mit der Rechtskraft ihrer Ahndung in das Verkehrszentralregister aufgenommen werden konnte und diese Rechtskraft erst am 14. Dezember 2009 eingetreten war - die Vorgänge hatten sich möglicherweise schlicht überschnitten. Die nächste Auskunft aus dem Verkehrszentralregister erhielt die Antragsgegnerin erst am 23. Januar 2013 auf Anforderung wegen eines weiteren Verlängerungsantrags des Antragstellers. Dass das Kraftfahrt-Bundesamt es entgegen § 4 Abs. 6 StVG in der Zwischenzeit versäumt hat, die Fahrerlaubnisbehörde über die weiteren Verstöße des Antragstellers (darunter diejenigen vom 5.3.2009 und 19.7.2010) zu unterrichten, hat nicht zur Folge, dass eine Kenntnis der Fahrerlaubnisbehörde hiervon fingiert werden dürfte oder müsste. Nach erneuter Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts vom 18. Februar 2013 hat die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 27. Februar 2013 zeitnah zum Erreichen von 18 Punkten infolge des Verstoßes vom 19. Juli 2010 angehört und mit weiterem Schreiben vom 21. Mai 2013 klargestellt, dass infolge des Verstoßes vom 5. März 2009 ein Punkteabzug gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 StVG wegen der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung (Bescheinigung vom 22.4.2009) nicht erfolgen konnte, ihr dies aber erst nachträglich bekannt geworden war.

4. Der Antragsteller trägt vor, es hätte berücksichtigt werden müssen, dass nach dem Verstoß vom 19. Juli 2010 sein Punktekonto sogar unter 13 Punkte abgesunken sei. Soweit er damit geltend machen will, er sei zum Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung am 12. Juli 2013 fahrgeeignet gewesen, verhilft auch dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg. Mit dem Erreichen von 18 Punkten steht die fehlende Kraftfahreignung einer Person fest; hierbei handelt es sich um eine unwiderlegliche Vermutung (BVerwG, U. v. 25.9.2008 - 3 C 21.07 - BVerwGE 132, 57/61). Die wegen Erreichens der 18-Punkte-Grenze verloren gegangene Fahreignung kann kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (vgl. § 4 Abs. 10 Sätze 1 und 2 StVG) unbeschadet der zu erfüllenden materiell-rechtlichen Anforderungen frühestens sechs Monate nach dem Wirksamwerden der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Ablieferung des Führerscheins wiedererlangt werden (vgl. BayVGH, B. v. 22.3.2012 - 11 CS 12.350 - SVR 2012, 358). Der Antragsteller hat im Übrigen weder ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten, das nach § 4 Abs. 10 Satz 3 StVG zum Nachweis der Wiedererlangung einer wegen Erreichens der 18-Punkte-Grenze verloren gegangenen Fahreignung in der Regel erforderlich ist, beigebracht noch konkrete Umstände benannt, die ausnahmsweise ein Abweichen von der in § 4 Abs. 10 Satz 3 StVG aufgestellten Regel rechtfertigen könnten. Die Notwendigkeit einer medizinisch-psychologischen Begutachtung des Antragstellers wird dadurch unterstrichen, dass er im Jahr 2012 aktenkundig drei weitere mit Geldbuße und der Verhängung von Punkten bewehrte Verkehrszuwiderhandlungen begangen hat. Die Taten liegen nicht so weit zurück, dass von einem gefestigten Einstellungswandel bezogen auf die Einhaltung von Verkehrsvorschriften ausgegangen werden könnte.

5. Die Beschwerde war daher mit Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.3, 46.5 und 46.10 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (http://www.bverwg.de/infor-mationen/streitwertkatalog.php). Die Befugnis zur Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung ihrer Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Abgabe ihres Führerscheins.

Am 29. August 2017 erlitt die Antragstellerin mit einem Motorrad einen Verkehrsunfall. Die ca. neun Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab, dass die bei dem Unfall schwer verletzte Antragstellerin unter anderem unter der Wirkung von Metamphetamin (107 ng/ml) und Amphetamin (29,6 ng/ml) stand. Gegen sie erging deshalb ein rechtskräftig gewordener Strafbefehl des Amtsgerichts Passau vom 25. Mai 2018 wegen einer Straftat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und einer Ordnungswidrigkeit des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung berauschender Mittel.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt Passau (im Folgenden: Landratsamt) der Antragstellerin mit Bescheid vom 12. Juni 2018 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis (Klassen A, A1, A2, AM, B und L) und verpflichtete sie zur unverzüglichen Abgabe des Führerscheins.

Über den hiergegen mit Schreiben vom 16. Juli 2018 eingelegten Widerspruch hat die Widerspruchsbehörde nach Aktenlage noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 9. Oktober 2018 abgelehnt. Das Landratsamt habe das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs hinreichend begründet. Nach summarischer Prüfung sei die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig. Durch den Konsum von Amphetamin und Metamphetamin habe die Antragstellerin ihrer Fahreignung verloren. Es sei auch trotz des Zeitablaufs seit der Fahrt nicht davon auszugehen, dass sie die Fahreignung wieder erlangt habe. Die Fahrerlaubnisbehörde müsse dieser Frage nur nachgehen, wenn der Betreffende einen einschlägigen Verhaltenswandel behaupte oder hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für einen solchen Wandel vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall.

Zur Begründung der gegen diesen Beschluss eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt die Antragstellerin im Wesentlichen ausführen, die Behörde hätte aufgrund der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur sogenannten verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht ohne weitere Prüfung davon ausgehen dürfen, dass die Antragstellerin weiterhin ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Ihrem Vorbringen lasse sich durchaus die Behauptung entnehmen, seit über einem Jahr keine Betäubungsmittel mehr konsumiert zu haben. Sie habe angegeben, der dem Unfall vorausgegangene Konsum sei ein einmaliges Ereignis im Rahmen eines Musikfestivals gewesen. Abstinenznachweise müsse sie hierzu nicht erbringen oder anbieten. Sie sei beruflich auf die Fahrerlaubnis angewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S.566), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 11 Abs. 7 FeV unterbleibt die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht (BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439 Rn. 36).

Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung entfällt bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) die Fahreignung. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen. Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber mindestens einmal sogenannte harte Drogen wie Amphetamin oder Metamphetamin konsumiert hat (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2018 - 11 ZB 17.2069 - juris Rn. 10 m.w.N.).

Gemessen daran ist das Landratsamt bei Erlass des Bescheids zu Recht von feststehender Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen. Sie hat mindestens einmal Amphetamin und Metamphetamin konsumiert und - ohne dass es fahrerlaubnisrechtlich darauf ankäme - unter der Wirkung dieser Betäubungsmittel am Straßenverkehr teilgenommen. Durch den Konsum hat sie ihrer Fahreignung verloren.

Auch wenn seit der Fahrt am 29. August 2017 mittlerweile mehr als ein Jahr vergangen ist, ist die Widerspruchsbehörde nicht gehalten, der Frage nachzugehen, ob die Antragstellerin ihre Fahreignung wieder erlangt hat. Die hierzu nach der Rechtsprechung des Senats zugrunde zu legende verfahrensrechtliche Einjahresfrist beginnt grundsätzlich mit dem Tag, den der Betroffene als Beginn der Betäubungsmittelabstinenz angegeben hat oder von dem an, unabhängig von einem solchen Vorbringen, ausreichende Anhaltspunkte für eine derartige Entwicklung vorliegen (BayVGH, B.v. 22.9.2015 - 11 CS 15.1447 - ZfSch 2015, 717 Rn. 18 m.w.N.). Allerdings genügt, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist, die bloße Behauptung der Drogenabstinenz regelmäßig nicht. Vielmehr müssen Umstände hinzutreten, die diese Behauptung glaubhaft und nachvollziehbar erscheinen lassen (stRspr, vgl. nur BayVGH, B.v. 29.11.2018 - 11 CS 18.2228 - juris Rn. 15; B.v. 3.4.2018 - 11 CS 18.460 - juris Rn. 15).

An solchen Umständen fehlt es hier. Für die behauptete Abstinenz hat die Antragstellerin keinerlei Belege vorgelegt. Es bestehen auch erhebliche Zweifel hinsichtlich des behaupteten lediglich einmaligen Konsums auf einem Musikfestival. Es fehlen jegliche Angaben dazu, wann und wo dieses Festival stattgefunden haben und wie es zu dem einmaligen Konsum gekommen sein soll. Wenn die Antragstellerin, wie behauptet, bezogen auf den Unfall „einige Tage zuvor“ (Widerspruchsbegründung vom 13.8.2018) auf dem Festival gewesen sein will, sind die bei der entnommenen Blutprobe festgestellten Werte aufgrund des Abbauverhaltens der konsumierten Betäubungsmittel nicht erklärlich.

2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin fällt auch die Interessenabwägung zu ihren Lasten aus. Dies gilt auch im Hinblick auf die bei dem Unfall erlittenen schweren Verletzungen. Bei der fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahme geht es nicht um eine repressive Ahndung des vorangegangenen Verhaltens, sondern um den Schutz von Verkehrsteilnehmern. Hierbei können die Unfallfolgen für die Antragstellerin nicht berücksichtigt werden. Angesichts der Gefahren für Leben, körperliche Unversehrtheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer durch fahrungeeignete Personen können auch persönliche und berufliche Gründe der Antragstellerin nicht dazu führen, sie derzeit weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, solange sie keinen Belege für ihre behauptete Drogenabstinenz und für deren Stabilität vorlegt.

3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.