Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2019 - 9 CS 18.2533

bei uns veröffentlicht am30.01.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 17 S 18.1399, 08.11.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 8. November 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 14. Dezember 2017 wird hinsichtlich Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine von der Antragsgegnerin mit Sofortvollzug versehene Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer an ihrem Wohnhaus angebauten, grenzständigen Garage sowie eine damit verbundene Zwangsgeldandrohung.

Das Grundstück der Antragsteller, FlNr. … Gemarkung E., liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin. Dieser enthält u.a. Festsetzungen zu Garagen und Stellplätzen im Hinblick auf die abstandsflächenrechtlichen Vorschriften.

Mit Bescheid vom 13. März 1991 wurde den Antragstellern die Errichtung eines Wohnhauses mit Flachdach-Grenzgarage genehmigt, wobei diese Garage nie ausgeführt wurde. Im Jahr 2004 beantragten die Antragsteller die Genehmigung zur Errichtung einer Grenzgarage, die ihnen nach Änderung der Planung und teilweiser Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen mit Zustimmung der Nachbarn mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2004 unter Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Die tatsächliche Bauausführung erfolgte abweichend von den mit dieser Baugenehmigung genehmigten Plänen. Insbesondere überschreiten sowohl die Grenzwand als auch das Dach die genehmigte Höhe deutlich und abweichend von der Genehmigung befindet sich über der Garage ein von den Antragstellern als „Lagerraum“ bezeichneter Raum mit großer Glasfront zur Südseite, der von der Garage aus nicht, sondern nur vom Wohnhaus her zugänglich ist. Das Garagendach ist ebenfalls abweichend von der genehmigten Fassung als Dachterrasse ausgestaltet. Die von den Antragstellern beantragte Tekturgenehmigung wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 abgelehnt. Die Klage hiergegen blieb erfolglos (VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684).

Mit Bescheid vom 20. November 2017 verfügte die Antragsgegnerin unter Androhung von Zwangsgeld gegenüber den Antragstellern unter Angabe der einzuhaltenden Anforderungen die teilweise Beseitigung der auf deren Anwesen im Bereich der nordöstlichen Grundstücksecke befindlichen Garage binnen vier Monaten nach Zustellung dieses Bescheids. Gleichzeitig ordnete sie insoweit die sofortige Vollziehung an. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Klage (AN 9 K 17.02606) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auf Hinweis des Verwaltungsgerichts änderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. September 2018 den Tenor der Beseitigungsanordnung.

Den Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. November 2018 ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller sind der Ansicht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits nicht ordnungsgemäß begründet. Zudem bestehe keine besondere Dringlichkeit. Darüber hinaus sei die Beseitigungsanordnung rechtswidrig, da es an einer Anhörung der Antragsteller fehle und rechtmäßige Zustände durch die Erteilung einer Abweichung hergestellt werden könnten.

Sie beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 8. November 2018 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 10. September 2018 wiederherzustellen und gegen Nummer II. anzuordnen, hilfsweise, die Anordnung der sofortigen Vollziehung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass keine neuen Aspekte vorgetragen seien, die nicht bereits im Verfahren zur Versagung der Baugenehmigung und in erster Instanz ausführlich behandelt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist überwiegend begründet. Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Diese Entscheidung ist deshalb dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung der von den Antragstellern gegen die Beseitigungsanordnung in Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen ist.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt zwar dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (1.) und die Beseitigungsanordnung vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erweist sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig (2.), die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beruht hier jedoch nicht auf einem besonderen Vollzugsinteresse (3.). Hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nummer II. des Bescheids war der Antrag abzulehnen (4.).

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt dem Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - wie hier betreffend die Beseitigungsanordnung - das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 - 9 CS 18.996 - juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Die Antragsgegnerin hat hier auf den bisherigen Verfahrensablauf und dessen Zeitdauer sowie die Interessen der Nachbarn abgestellt und ist damit auf die Besonderheiten des konkreten Falles eingegangen. Den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit Genüge geleistet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2).

2. Die von der Antragsgegnerin verfügte Beseitigungsanordnung wird sich im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtmäßig erweisen.

a) Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die Beseitigungsanordnung nicht wegen fehlender Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG formell rechtswidrig. Zwar mag die Argumentation des Verwaltungsgerichts zur Heilung einer fehlenden Anhörung im gerichtlichen Verfahren nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsgegnerin im Änderungsbescheid vom 10. September 2018 zweifelhaft sein. Die Antragsteller übersehen jedoch, dass die Antragsgegnerin sie bereits im vorangegangenen Verfahren der Ablehnung der Tekturgenehmigung mehrfach, u.a. mit Schreiben vom 13. Juni 2012, vom 28. August 2012 und 9. Oktober 2012, auch zur Stellungnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Beseitigungs- und Rückbauanordnung aufgefordert hat und damit auch insoweit eine Anhörung stattgefunden hat. Neue Gesichtspunkte hierzu werden im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

b) Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Die Antragsteller haben für die bereits errichtete, genehmigungspflichtige Grenzgarage keine Baugenehmigung. Dieses Bauvorhaben ist zudem - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht genehmigungsfähig, was aufgrund der Ablehnung des Tekturantrags vom 17. Januar 2012 durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Oktober 2014 (AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684) bindend feststeht (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.1975 - IV C 15.73 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 2; Rennert in Eyermann, a.a.O., § 121 Rn. 33). Hieran ändert auch der Hinweis auf die im Osten erfolgten Abgrabungen nichts, da dieser Gesichtspunkt ebenfalls bereits Gegenstand des damaligen Verfahrens war.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die von der Antragsgegnerin erlassene Beseitigungsanordnung, insbesondere im Hinblick auf die nachbarlichen Interessen, weder hinsichtlich der Ermessensausübung noch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 3). Bereits die Baugenehmigung vom 7. Juli 2004 wurde mit einer Abweichung erst nach Zurückstellung der nachbarlichen Interessen wegen deren Zustimmung erteilt. Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht zudem fest, dass das ausgeführte Bauvorhaben gegenüber der damaligen Genehmigung ein aliud darstellt und nicht nur bezüglich der Kubatur, sondern deutlich von dem mit Bescheid vom 7. Juli 2004 genehmigten Vorhaben abweicht (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684). Insoweit ist auch das Risiko einer baurechtswidrigen Bauausführung vom Bauherrn selbst zu tragen und der Einwand eines Substanzverlustes nicht tragfähig (vgl. BVerwG, B.v. 30.8.1996 - 4 B 117.96 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 12.05.2005 - 26 B 03.2454 - juris Rn. 31).

3. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung ist hier gleichwohl nicht gegeben.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 - 15 CS 12.130 - juris Rn. 12). Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO (vgl. BVerfG, B.v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - juris Rn. 13; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, § 39 Rn. 760) nur ausnahmsweise vorliegen wird (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2018, Art. 76 Rn. 333; Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., § 58 Rn. 1301k). Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 - 1 CS 06.3006 - juris Rn. 27). Dieses besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Bescheid vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 nicht.

a) Allein der Hinweis, ein besonderes öffentliches Interesse bestehe daran, den baurechtswidrigen Zustand in angemessener Zeit zu beseitigen, genügt hierfür nicht, weil das besondere öffentliche Interesse bei einer Baubeseitigung nach den o.g. Maßstäben über das Interesse an der Schaffung ordnungsgemäßer Zustände - auch in angemessener Zeit - hinausgehen muss (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 332; Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK BayBO, Stand 15.7.2018, Art. 76 Rn. 65). Die Antragsgegnerin übersieht, dass an die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Beseitigungsanordnung nach den o.g. Maßstäben höhere Anforderungen zu stellen sind, als beispielsweise bei einer Nutzungsuntersagung oder einer Baueinstellung, für die regelmäßig das besondere Vollzugsinteresse mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 348 und Art. 75 Rn. 109).

b) Soweit die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass „nunmehr endgültig feststeht, dass seitens der Nachbarn nicht mit weiteren Zugeständnissen zur Erteilung von Abweichungen, Befreiungen oder Ausnahmen gerechnet werden kann“ und sie deshalb gehalten ist, die „vollständige Beseitigung oder die Rückführung des Gebäudes in einen rechtmäßigen baulichen Zustand in angemessener Zeit durchzusetzen“, kann dies ebenfalls kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung begründen. Es mag zwar - wie oben ausgeführt - zutreffen, dass das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und dessen materielle Illegalität, insbesondere auch wegen fehlender Möglichkeit, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herstellen zu können, feststeht. Diese Argumentation zielt letztlich aber auf das bloße Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ab, die deren sofortige Vollziehung nicht per se zu rechtfertigen vermögen (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 17). Auch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.7.2015 - OVG 10 S 14.15 - juris Rn. 19).

c) Auch soweit die Antragsgegnerin anführt, die Nachbarn wurden durch „jahrelange Verwaltungs- und Gerichtsverfahren faktisch zur Duldung der rechtswidrigen Zustände genötigt“, ergibt sich daraus kein besonderes Vollzugsinteresse. Den Antragstellern steht es - insbesondere im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG - frei, den Rechtsweg sowohl hinsichtlich der Erteilung einer Baugenehmigung als auch hinsichtlich der Anfechtung der Beseitigungsanordnung auszuschöpfen. Allein die dadurch bedingte Zeitdauer vermag daran - ohne weitere Anhaltspunkte - nichts zu ändern. Selbst wenn hieraus abzuleiten wäre, dass die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass es sich um einen massiven Verstoß gegen die Bestimmungen des Abstandsflächenrechts handeln mag, der für das fachkundige Publikum ohne weiteres erkennbar ist, bedarf es darüber hinaus weiterer Anhaltspunkte zur Begründung des besonderen Vollzugsinteresses (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.1998 - 2 ZS 98.2043 - juris Rn. 7).

d) Ein Anhaltspunkt, der die Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen vermag, kann zwar in einer negativen Vorbildwirkung gesehen werden, auf die sich die Antragsgegnerin ebenfalls beruft. Im Hinblick auf die o.g. Maßstäbe genügt jedoch eine lediglich abstrakte Bezugsfallwirkung nicht (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 335; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Stand 10.7.2018, Art. 76 Rn. 131). Eine konkrete Nachahmungsgefahr ist bei den gegebenen Umständen im wohl vollständig bebauten Baugebiet auf Grundlage des Bebauungsplans Nr. E 14 aus dem Jahr 1984 weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 12). Auch ist - im Hinblick auf den seit längerem bestehenden Bauzustand der Garage - nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Schaffung vollendeter Tatsachen oder eine weitere Verfestigung der rechtswidrigen Nutzung verhindert sowie den Antragstellern die sofortige Durchsetzung der Beseitigungsanordnung mit Nachdruck vor Augen geführt werden müsste.

Die Antragsgegnerin hat sich hier ersichtlich nicht mit den Fallgruppen, die eine sofortige Vollziehung rechtfertigen können, auseinandergesetzt oder sich hieran argumentativ und auf den konkreten Einzelfall abstellend orientiert (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 334 ff.; OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 5 ff.). Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass im Hinblick auf die Möglichkeit eines Teilrückbaus nach summarischer Prüfung kein wesentlicher Substanzverlust durch die Beseitigung drohe, erscheint dies angesichts des Umfangs der Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften und den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin zumindest fraglich. Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe des Gerichts, über den vorhandenen Akteninhalt hinaus weitere Tatsachen zu ermitteln, die die Anordnung des Sofortvollzugs tragen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.1984 - 26 CS 84 A.1329 - BRS 42 Nr. 221), zumal die Antragsgegnerin hierzu weder in der Anordnung oder im Bescheid noch im gerichtlichen Verfahren Ausführungen gemacht hat, noch Angaben hierzu vorliegen oder offensichtlich sind (vgl. zu möglichen Fallgruppen: Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 343).

4. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung bleibt erfolglos.

Die Zwangsgeldandrohung nach Art. 31, 36 VwZVG in Nummer II. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Da die Antragsgegnerin in Nummer I. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 die Erfüllungsfrist im Falle der Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheids abhängig gemacht hat, ist den Anforderungen des Art. 19 Abs. 1 VwZVG genüge geleistet. Im Übrigen sind rechtliche Mängel der Zwangsgeldandrohung weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 14 GG fällt die Interessenabwägung - trotz aller Wahrscheinlichkeit nach fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache - mangels Vorliegen eines besonderen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung zugunsten der Antragsteller aus. Der bisher bereits lange Zeitablauf ändert nichts daran, dass es sowohl den Nachbarn als auch der Antragsgegnerin mangels besonderer Anhaltspunkte zumutbar erscheint, mit der Vollstreckung der Beseitigungsanordnung auch noch das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Letztlich resultiert der Zeitablauf auch aus der von der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ablehnung der Tekturgenehmigung mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 und der Anordnung der Beseitigung mit Bescheid vom 20. November 2017 gewählten getrennten Vorgehensweise.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsteller sind mit ihrem wesentlichen Begehren der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Beseitigungsanordnung erfolgreich. Das Unterliegen hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Zwangsgeldandrohung ist demgegenüber untergeordnet (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2017 - 21 CS 17.1077 - juris Rn. 16).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 1.7.2 und 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Referenzen

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Eigentümer des im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... der Beklagten gelegenen Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung E. Das Grundstück ist mit einem Wohngebäude sowie einem grenzständigen Anbau bebaut.

Die Kläger begehren die nachträgliche bauaufsichtliche Genehmigung des von der Baugenehmigung der Beklagten vom 7. Juli 2004 planabweichend errichteten Anbaus an ihr Wohnhaus. Die Beklagte lehnte den Bauantrag der Kläger mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 ab, weil der noch nicht abschließend fertiggestellte Anbau planabweichend errichtet worden sei und weder eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans, noch eine Abweichung hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächen erteilt werden könne. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. Oktober 2014 ab. Hiergegen richtet sich der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Kläger berufen sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Kläger sind der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass für den streitgegenständlichen Anbau bereits 2004 eine Baugenehmigung erteilt worden sei, von der die Kläger 2007 Gebrauch gemacht hätten. Sie meinen, dass der Anbau zwar vom genehmigten Bauvorhaben abweiche, aber kein „aliud“ darstelle. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handle es sich - wie 2004 genehmigt - um eine Grenzgarage i. S. d. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO, deren Länge und Höhe - ohne Brüstung - der 2004 erteilten Baugenehmigung entspreche. Hinsichtlich der planabweichenden Bauweise sei deshalb nur eine Tekturgenehmigung erforderlich. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils lassen sich daraus nicht ableiten.

Das Verwaltungsgericht hat bei der Prüfung, ob das von den Klägern beantragte Vorhaben ein „aliud“ gegenüber dem im Jahr 2004 genehmigten Vorhaben darstellt, zutreffend darauf abgestellt, ob der bereits errichtete Anbau von der ursprünglich für den Anbau erteilten Baugenehmigung so wesentlich abweicht, dass ein Zusammenhang mit dem ursprünglich genehmigten Garagenanbau nicht mehr erkennbar ist und damit nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben erstellt wurde, für das sich die Zulässigkeitsfrage insgesamt neu stellt (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.1991 - 20 CS 89.1224 - BayVBl 1992,88). Seine Sachverhaltswürdigung einer fehlenden Identität zwischen den Vorhaben hat es zu Recht vor allem mit erheblichen Abweichungen der für die Identität eines Bauvorhabens wesentlichen Merkmale „Bauvolumen, Höhe, Dachneigung, Kubatur“ sowie dem durch eine große Fensterfront an der Südseite des Anbaus veränderten Erscheinungsbild des Bauvorhabens begründet. Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass zum Dachraum des Anbaus - wie im Augenscheinstermin festgestellt wurde - kein Treppenaufgang vom EG-Raum existiert und der Dachraum nur vom Haus aus betreten werden kann, so dass es sich daher bei dem über der Garage befindlichen Dachraum nicht um einen der Garage funktionell zugeordneten Nebenraum i. S. d. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO handelt. Mit diesen Argumenten setzt sich das Zulassungsvorbringen der Kläger nicht substantiiert auseinander. Allein die Behauptung, das tatsächlich ausgeführte Bauvorhaben entspreche „darüber hinaus“ der genehmigten Grenzgarage, genügt hierfür nicht. Insoweit fehlt es bereits an nachvollziehbaren Ausführungen, welche Übereinstimmungen zwischen dem errichteten Anbau und der Baugenehmigung von 2004 existieren und welche Bedeutung ihnen bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Anbaus zukommen soll.

Soweit die Kläger weiterhin angeben, sie hätten „mit der Umsetzung der Baugenehmigung 2004 begonnen, bevor es zur Abweichung der dortigen Festsetzungen gekommen ist“, bleibt unklar, warum dieses Vorbringen gegen ein „aliud“ sprechen und dadurch eine erneute Prüfung des gesamten Vorhabens auf seine Genehmigungsfähigkeit ausgeschlossen sein soll. Im Übrigen setzt sich das Zulassungsvorbingen weder mit den Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts zum Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften des Abstandsflächenrechts, noch mit der im Urteil verneinten Frage, ob eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung vorliegt, die Voraussetzung für die Zulassung einer Abweichung ist, auseinander. Ob der durch eine Abweichung erfolgende Eingriff in öffentlichrechtlich geschützte nachbarliche Belange hier vertretbar erscheint, ist demnach ohne Belang.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils lassen sich auch nicht mit dem Vorbringen begründen, die Beklagte hätte sich durch die 2004 erteilte Genehmigung im Hinblick auf die nun vorliegende Planung selbst gebunden und im Übrigen „durch das jahrelange Dulden und Bestätigen des Baus bei den erfolgten Baukontrollen ebenfalls der ausgeführten Planung zugestimmt“.

Die Genehmigungserteilung von 2004 kann schon in Hinblick auf die seit dieser Genehmigungserteilung veränderten Umstände und die erhebliche Änderung des nunmehr zur Genehmigung gestellten Bauvorhabens nicht zu einer irgendwie gearteten Selbstbindung der Beklagten bezüglich eines späteren Genehmigungsverfahrens führen. Aber auch durch das behauptete jahrelange „Dulden und Bestätigen des Baus“ kann sich kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung ergeben. Einen rechtlichen Erklärungswert hat die bloße Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde in Hinblick auf ein Nichteinschreiten gegen eine baurechtswidrige Anlage nicht (vgl. BayVGH, B. v. 7.4.2015 - 9 CS 15.394 - juris Rn. 14). Dem Zulassungsvorbringen lassen sich auch keine Anhaltspunkte für ein zur bloßen Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde hinzukommendes besonderes Verhalten entnehmen, aufgrund dessen die Kläger annehmen durften, die Behörde bestätige den Bau und wolle sich nicht mehr auf die formelle Illegalität des Vorhabens berufen (vgl. BayVGH, B. v. 29.5.2015 - 9 ZB 14.2580 - juris Rn. 19).

3. Soweit sich die Kläger auf einen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... der Beklagten unter § 2 des Bebauungsplans berufen und darauf hinweisen, dass durch das errichtete Bauvorhaben im Vergleich mit dem 2004 genehmigten Bauvorhaben keine zusätzlichen Auswirkungen im Hinblick auf den Gebäudeabstand, die Belichtung oder Belüftung der benachbarten Wohngebäude entstünden, ergeben sich ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht hat die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens nicht von einem Anspruch der Kläger auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB abhängig gemacht. Das Vorliegen von Befreiungsgründen war damit für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die vom Landratsamt W* … für sofort vollziehbar erklärte und mit Zwangsgeldandrohung verbundene Anordnung, die Bauvorbereitung und -durch-führung zur Aufstellung einer Abbundmaschine einzustellen sowie prüffähige Bauvorlagen vorzulegen.

Die Antragstellerin ist eine GmbH und betreibt im südlichen Bereich des Grundstücks FlNr. … Gemarkung B* … eine Zimmerei. Mit Bescheid des Landratsamts vom 7. Dezember 2016 erhielt sie die Baugenehmigung zur Errichtung einer teilweisen Überdachung des mit Bescheid vom 5. Juni 2013 genehmigten Lager- und Abbundplatzes östlich des bereits bestehenden Betriebsgebäudes. Anlässlich mehrerer Baukontrollen zu Beginn des Jahres 2017 stellte das Landratsamt fest, dass die Antragstellerin auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung B* …, das südöstlich unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzt, Auffüllungen vorgenommen hat und dieses Grundstück teilweise mit der Überdachung überbaut wurde. Die Stadt P* … wies im Folgenden darauf hin, dass die Überdachung zu einer Halle ausgebaut wurde. Anlässlich einer Baukontrolle am 2. Februar 2018 wurde weiter festgestellt, dass in der Halle eine Abbundanlage aufgebaut wurde; die Arbeiten hieran wurden vor Ort mündlich eingestellt.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde die sofortige Einstellung der Bauvorbereitung und -durchführung zur Herstellung einer Abbundmaschine schriftlich bestätigt. Zudem wurde die Antragstellerin aufgefordert, prüffähige Bauvorlagen vorzulegen; die Anordnungen wurden jeweils mit einer Zwangsgeldandrohung verbunden. Die rechtliche Begründung sämtlicher Anordnungen erfolgte mit Schreiben vom 15. Februar 2018.

Gegen den Bescheid vom 2. Februar 2018 erhob die Antragstellerin Klage (AN 17 K 18.00332), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage, die das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. April 2018 ablehnte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im Bescheid vom 2. Februar 2018 nicht ausreichend begründet worden. Auch die Erwägungen im Schreiben vom 15. Februar 2018 genügten nicht, da sie bloß die Gründe wiederholten, die für die Anordnung der Baueinstellung und Planvorlage gegeben wurden. Der Bescheid sei zu unbestimmt, da lediglich die FlNr. … Gemarkung B* … genannt werde, Bauort aber das Grundstück FlNr. … Gemarkung B* … sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Baueinstellung lägen nicht vor, weil die Genehmigungsfrage durch das Aufstellen der Abbundmaschine nicht neu aufgeworfen werde. Die Abbundanlage sei von der Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 mit umfasst, weil sie die in der dortigen Betriebsbeschreibung enthaltenen Maschinen ersetze. Akustisch halte sich die Abbundmaschine an die Genehmigung und stelle sogar eine Verbesserung der Lärmsituation dar. Die Anordnung verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil die Antragstellerin aufgrund Fachkräftemangels auf den Einsatz der Abbundmaschine zur Sicherung ihrer Existenz angewiesen sei. Die Anlage sei offensichtlich genehmigungsfähig und stelle gegenüber dem bisherigen Handabbund eine deutliche Verbesserung dar. Schließlich liege eine Ungleichbehandlung gegenüber der Firma R* … vor, wo – wie von der Antragstellerin ebenfalls geplant – eine Abbundanlage ohne Produktionsflächenerweiterung oder Erhöhung des Maschineneinsatzes in Betrieb sei, wogegen vom Landratsamt nicht eingeschritten werde. Die Aufforderung zur Vorlage prüffähiger Bauvorlagen sei ebenfalls rechtswidrig; zudem sei bereits am 23. April 2018 ein Bauantrag eingereicht worden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. April 2018 abzuändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 2. Februar 2018 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Es sei nicht ersichtlich, dass die Abbundmaschine zu einer Verbesserung der Lärmsituation führe, weil insoweit keine Nachweise vorlägen; erforderlich wäre eine immissionsschutzfachliche Gesamtbeurteilung des Betriebs der Antragstellerin auf Basis einer aktuellen Betriebs- und Anlagenbeschreibung. Insbesondere der Fahrverkehr und die Auswirkungen der Halle seien bislang unberücksichtigt. Eine Ungleichbehandlung gegenüber der Firma R* … liege nicht vor, da dort die Abbundmaschine in der als Abbundhalle genehmigten Baulichkeit betrieben werde, während die Antragstellerin die Maschine auf einer bislang als Lagerfläche genutzten Fläche aufgestellt habe. Der eingereichte Bauantrag habe erhebliche Mängel; zudem weise er eine Ausweitung der Betriebszeiten und Verdoppelung der Abbundarbeiten im Freien aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt, weil die Anordnung des Sofortvollzugs ausreichend begründet ist und die Klage gegen die Anordnungen vom 2. Februar 2018 im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung trägt dem formellen Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO – wie hier – das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 20 CS 13.768 – juris Rn. 14). Die Behörde kann sich aber ausnahmsweise auf die den Verwaltungsakt tragenden Erwägungen stützen, wenn diese zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43; Saurenhaus/Buchheister in Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 80 Rn. 25). So liegt es hier. Bei einer Baueinstellung deckt sich das allgemeine öffentliche Interesse am Vollzug in der Regel mit dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Wirksamkeit der behördlichen Anordnung, so dass die Wiederholung der Gründe, die für die Anordnung sprechen, ausreichend ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2014 – 14 CS 12.1950 – juris Rn. 9 und B.v. 24.10.1977 – 213 II 76 – BayVBl 1978, 19/20). Gleiches gilt für die Aufforderung zur Vorlage prüffähiger Bauvorlagen nach Art. 76 Satz 3 BayBO (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand März 2018, Art. 76 Rn. 350, 348). Zudem hat das Landratsamt im Schriftsatz vom 15. Februar 2018 zur Begründung weiter ausgeführt, die Verfestigung einer möglicherweise unzumutbaren Betriebserweiterung umgehend unterbinden zu wollen. Damit ist hier jedenfalls den gesetzlichen Anforderungen genüge geleistet.

2. Die an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierte Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus, weil die Klage gegen die Anordnungen vom 2. Februar 2018 voraussichtlich erfolglos bleiben wird.

a) Die Anordnungen vom 2. Februar 2018 sind nicht unbestimmt i.S.d. Art.37 Abs. 1 BayVwVfG, weil als Bauort (nur) die FlNr. … Gemarkung B* … benannt ist.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass es ausreicht, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie aus den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt, und hier aus dem Bescheid eindeutig klar wird, dass er sich auf die Abbundanlage, die sich auf dem Grundstück der Antragstellerin mit der FlNr. … Gemarkung B* … befindet, bezieht. Die bloße Bezugnahme der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen enthält damit bereits nicht die zu fordernde substantiierte Auseinandersetzung mit diesen Gründen des angefochtenen Beschlusses (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017, 9 CS 17.849 – juris Rn. 19). Darüber hinaus übersieht die Antragstellerin, dass sich bereits aus der mündlichen Anordnung vom 2. Februar 2018 gegenüber ihrem Geschäftsführer vor Ort Klarheit darüber ergibt, was von ihr gefordert wird (vgl. BVerwG, B.v. 13.10.2010 – 7 B 50.10 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 9 CS 15.1633 – juris Rn. 18). Dies zeigt auch der Tenor der schriftlichen Bestätigung (vgl. Art. 37 Abs. 2 Satz 1, 2 BayVwVfG) vom selben Tag über die Einstellung der Bauvorbereitung und -durchführung zur Aufstellung einer Abbundmaschine unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die mündliche Anordnung. Die Angabe der Flurnummer … Gemarkung B* … als Bauort im Betreff der Schriftsätze vom 2. Februar 2018 und vom 15. Februar 2018 ändert hieran nichts. Darüber hinaus hat der Antragsgegner die Bezeichnung der Flurnummer im Schriftsatz vom 27. Februar 2018 an das Verwaltungsgericht erläutert und darauf hingewiesen, dass die Halle, in der die Abbundmaschine aufgestellt werden soll, auch teilweise die FlNr. … Gemarkung B* … überbaut und ein Zusammenhang mit Auffüllungen auf dieser Flurnummer besteht. Dem tritt das Beschwerdevorbringen nicht mehr entgegen, so dass im Übrigen auch von einer offenbaren Unrichtigkeit gem. Art. 42 Satz 1 BayVwVfG ausgegangen werden könnte, die vom Landratsamt zumindest klargestellt wurde.

b) Die Baueinstellung ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

aa) Das Landratsamt hat die Baueinstellung auf Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a BayBO gestützt. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten verlangen, wenn bei der Ausführung eines genehmigungsbedürftigen Bauvorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wird. Die Auffassung der Antragstellerin, diese Norm trage die verfügte Baueinstellung nicht, weil die Genehmigungsfrage nicht neu aufgeworfen werde, trifft nicht zu.

Eine Abweichung i.S.d. Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a BayBO liegt bereits dann vor, wenn bei der Bauausführung die mit Genehmigungs- und Prüfvermerken versehenen Bauvorlagen nicht eingehalten werden (Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 75 Rn. 56). Nicht erforderlich ist es, dass es sich bei dem geänderten Vorhaben gegenüber der ursprünglichen Planung um ein „aliud“ handelt. Ein die Anordnung der Einstellung der Arbeiten rechtfertigendes Abweichen von den genehmigten Bauvorlagen ist in jedem Fall dann gegeben, wenn die veränderte Ausführung des Bauvorhabens so erheblich ist, dass die Genehmigungsfrage erneut aufgeworfen wird. Dies ist hier der Fall, denn die Antragstellerin bestimmt mit ihrem Genehmigungsantrag und den beigefügten erforderlichen Unterlagen das „Vorhaben“ und damit den von der Bauaufsichtsbehörde zu beurteilenden Verfahrensgegenstand. Maßgebend ist danach die Konzeption des Bauherrn, wie sie den objektiv vorliegenden Unterlagen zu entnehmen ist (BayVGH, B.v. 11.9.2017 – 1 ZB 16.2186 – juris Rn. 2). Daran gemessen, war das Vorhaben, das mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 genehmigt wurde, die teilweise Überdachung eines Lager- und Abbundplatzes unter Beibehaltung der Betriebsbeschreibung vom 26. Februar 2013 (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 14), dem die tatsächlich erfolgte Errichtung einer geschlossenen Halle mit Abbundmaschine offensichtlich nicht entspricht. Die Errichtung der geschlossenen Halle und die Aufstellung der Abbundmaschine sind auch nicht von der Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 erfasst, da die in der Betriebsbeschreibung angegebenen Maschinen – selbst bei deren Nichtverwendung – nicht mit dem Aufstellen einer (stationären) Abbundmaschine vergleichbar sind und zudem die Abbundmaschine auch nicht den dort angegebenen (mobilen) Einsatz- und Aufstellorten entspricht. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung der Gesamtfläche in den Plänen zur Genehmigung vom 5. Juni 2013 als „Lagerfläche/Abbundplatz neu ca. 2.670 qm“, weil sich jedenfalls im Zusammenhang mit dem der Genehmigung vom 7. Dezember 2016 zugrundeliegenden Plan ergibt, dass es sich nur um eine Fläche für „Hochregale“ mit „Unterstellplatz“ handelt. Damit ist durch das Aufstellen der Abbundmaschine und die von der Antragstellerin angegebenen Änderungen des Maschineneinsatzes auch unter Berücksichtigung neu hinzukommender und notwendiger anderer Liefer- und Fahrbewegungen als bisher ohne weiteres von einem geänderten Emissionsverhalten des Betriebes auszugehen. Unabhängig davon liegt ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht“ für eine genehmigungspflichtige Änderung vor, dessen Klärung die Baueinstellung rechtfertigen kann (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2013 – 9 CS 13.1407 – juris Rn. 15).

bb) Die angeordnete Einstellung der Arbeiten ist auch nicht unverhältnismäßig.

Das Aufstellen und die Inbetriebnahme der Abbundmaschine ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig, da aufgrund des veränderten Betriebskonzepts der Antragstellerin und das damit verbundenen veränderten Emissionsverhalten ihres Betriebes jedenfalls keine offensichtliche materielle Genehmigungsfähigkeit vorliegt. Der Vortrag der Antragstellerin, die Abbundmaschine führe zu einer Reduzierung der Lärmemissionen gegenüber dem Einsatz der Maschinen beim Handabbund greift zu kurz, weil – wie bereits oben ausgeführt – durch die Errichtung einer neuen Halle und den Einsatz der Abbundmaschine eine Neubeurteilung der Immissionssituation in der Nachbarschaft erforderlich wird. Dies gilt auch im Falle eines Entfallens der bisherigen Handmaschinen, da durch den Standort der Maschine zumindest ein neuer / anderer Emissionsort hinzukommt und auch aus der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Juni 2018 aufgrund der nicht bekannten Hallenbauteile und der Veränderung der bisher dem Betrieb zugrundeliegenden Betriebsdaten nicht ohne Weiteres eine Verbesserung der Lärmsituation ersichtlich ist. Schließlich erfolgt die Ausführung auf einem nach den genehmigten Plänen zum Bescheid vom 5. Juni 2013 als „Regalfläche“ dargestellten Bereich, bei dem lediglich seine bloße Überdachung nicht als lärmrelevant eingestuft wurde (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 18). Für die nunmehr erfolgte Errichtung einer Halle mit Aufstellen einer Abbundmaschine und damit einhergehendem geänderten Betriebskonzept und veränderten Betriebsabläufen kann dies nicht in gleicher Weise gelten.

Die angeordnete Baueinstellung verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf eine von der Firma R* … aufgestellte und in Betrieb genommene Abbundmaschine. Abgesehen davon, dass sich aus dem Beschwerdevorbringen bereits kein vergleichbarer Sachverhalt ergibt, weil der Antragsteller die Abbundmaschine nicht innerhalb einer als Abbundhalle genehmigten Baulichkeit betreibt, sondern auf bisher als „Regalfläche“ bezeichneten Flächen, hat das Landratsamt eine bauaufsichtliche Prüfung des Betriebes R* … durchgeführt. Hieraus ergeben sich bislang keine Anhaltspunkte für ein dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechendes Vorgehen des Landratsamts.

Schließlich führen auch die von der Antragstellerin angeführten wirtschaftlichen Interessen nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit. Denn der wirtschaftliche Schaden, der dem Bauherrn entsteht ist unmittelbare Folge seines rechtswidrigen Handelns (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 75 Rn. 94).

c) Die Aufforderung zur Vorlage prüffähiger Bauvorlagen ist nach alledem ebenfalls rechtmäßig. Über die oben genannten Aspekte hinaus zeigt das Beschwerdevorbringen nichts auf, was insoweit zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Gleiches gilt für die verfügten Zwangsgeldandrohungen, zu denen sich dem Beschwerdevorbringen nichts entnehmen lässt.

3. Angesichts des Ergebnisses der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage fällt auch die Interessenabwägung des Senats zu Lasten der Antragstellerin aus. Hier überwiegen – auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin angeführten (Personal-) Probleme beim Führen des Betriebes und der Notwendigkeit des Einsatzes der Abbundmaschine zur Existenzsicherung – das Interesse der Allgemeinheit daran, vor Prüfung im Hauptsacheverfahren keine vollendeten Tatsachen zu schaffen und die Nachbarschaft vor möglicherweise unzumutbaren Immissionen zu schützen. Der Antragstellerin ist es insbesondere zuzumuten, prüffähige Bauvorlagen vorzulegen und unter Berücksichtigung der von ihr eigenmächtig vorgenommenen veränderten Betriebsabläufe eine immissionsschutzfachliche Gesamtbeurteilung ihres Betriebes vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2500 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Die dem Bescheid vom 15. März 2016 beigefügte Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell rechtmäßig (hierzu 1.). Im Rahmen der vom Beschwerdegericht vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen für und gegen die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen die mit der Beschwerdebegründung vorgetragenen Argumente auch keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (hierzu 2.).

1. Die Pflicht zur schriftlichen Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen: Einerseits wird die Behörde angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Daneben soll der Betroffene über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet werden, damit er die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO prüfen kann. Schließlich soll die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen dem Gericht eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle ermöglichen (vgl. zum Ganzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. Ergänzungslieferung Juni 2017, § 80 Rn. 245; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 42). Ausgehend von diesen Funktionen prüft das Gericht bei der Frage, ob die formellen Anforderungen an die Begründung eingehalten sind, ob die Warnfunktion eingehalten wurde, indem die Mindestanforderungen an die Begründung gewahrt sind (Schoch a.a.O., Rn. 247 m.w.N.). Notwendig ist eine auf die Umstände des konkreten Falls bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist (Schmidt a.a.O. § 80 Rn. 42 unter Verweis auf OVG Münster, B.v. 22.1.2001 - 19 B 1757/00, 19 E 886/00 – NJW 2001, 3427). Die Begründung kann durchaus knapp gehalten sein, aus ihr muss jedoch hervorgehen, dass und warum die Verwaltung in concreto dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt (Schoch a.a.O.). Dabei sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen, jedoch müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe, die die Behörde zum Ausschluss des Suspensiveffekts bewogen haben, angegeben werden (Schmidt a.a.O., § 80 Rn. 43). Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt dagegen an dieser Stelle nicht.

Das Landratsamt hat im vorliegenden Fall die Anordnung des Sofortvollzugs damit begründet, dass ihm keine aktuellen Angaben zu den im Betrieb der Antragstellerin Beschäftigten und deren fachlicher Qualifikation vorlägen. Bei einem Zuwarten bis zu einer endgültigen Entscheidung bestehe die Gefahr, dass durch eine unsachgemäße Ausübung von krankenpflegerischen Tätigkeiten durch nicht entsprechend ausgebildetes Personal Leben und Gesundheit von Personen, die Dienste des Betriebes der Antragstellerin wahrnähmen, gefährdet werden könnten.

Mit dieser zwar relativ knapp gehaltenen Begründung hat der Antragsgegner gezeigt, dass er sich den Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs bewusst war. Die auf den konkreten Einzelfall bezogenen Gründe werden zwar knapp, aber nachvollziehbar und ausreichend dargestellt.

Die Beschwerde macht dagegen geltend, dass tatsächlich eine Eilbedürftigkeit für die Anordnung des Sofortvollzugs nicht bestanden habe, da das Landratsamt lange Zeit untätig gewesen sei und die Vorlage der in Art. 18 Abs. 1 und 2 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) genannten Unterlagen nur halbherzig betrieben habe. Damit macht die Beschwerde aber einen Aspekt geltend, der nicht die formelle Begründungspflicht, sondern materielle Anforderungen an die Anordnung des Sofortvollzugs betrifft. Für die Frage, ob die Anforderungen an die Begründung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 VwGO gewahrt sind, ist dies aber irrelevant. Gleiches gilt, soweit geltend gemacht wird, dass tatsächlich keine Gefahr für die Gesundheit der von der Antragstellerin betreuten Personen bestehe. Denn auch insoweit handelt es sich um einen hier nicht zu berücksichtigenden materiellen Aspekt.

2. Darüber hinaus rechtfertigen auch die übrigen in der Beschwerdebegründung vorgetragenen, materiell-rechtlichen Erwägungen keine von der Abwägungsentscheidung des Verwaltungsgerichts abweichende Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Argumentation deckt sich insoweit mit der im Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Mai 2017 (AN 14 K 16.636). Daher wird zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Begründung des am heutigen Tage ergangenen Beschlusses im Zulassungsverfahren (20 ZB 17.1892) Bezug genommen.

Die Antragstellerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG, Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Eigentümer des im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... der Beklagten gelegenen Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung E. Das Grundstück ist mit einem Wohngebäude sowie einem grenzständigen Anbau bebaut.

Die Kläger begehren die nachträgliche bauaufsichtliche Genehmigung des von der Baugenehmigung der Beklagten vom 7. Juli 2004 planabweichend errichteten Anbaus an ihr Wohnhaus. Die Beklagte lehnte den Bauantrag der Kläger mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 ab, weil der noch nicht abschließend fertiggestellte Anbau planabweichend errichtet worden sei und weder eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans, noch eine Abweichung hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächen erteilt werden könne. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. Oktober 2014 ab. Hiergegen richtet sich der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Kläger berufen sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Kläger sind der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass für den streitgegenständlichen Anbau bereits 2004 eine Baugenehmigung erteilt worden sei, von der die Kläger 2007 Gebrauch gemacht hätten. Sie meinen, dass der Anbau zwar vom genehmigten Bauvorhaben abweiche, aber kein „aliud“ darstelle. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handle es sich - wie 2004 genehmigt - um eine Grenzgarage i. S. d. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO, deren Länge und Höhe - ohne Brüstung - der 2004 erteilten Baugenehmigung entspreche. Hinsichtlich der planabweichenden Bauweise sei deshalb nur eine Tekturgenehmigung erforderlich. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils lassen sich daraus nicht ableiten.

Das Verwaltungsgericht hat bei der Prüfung, ob das von den Klägern beantragte Vorhaben ein „aliud“ gegenüber dem im Jahr 2004 genehmigten Vorhaben darstellt, zutreffend darauf abgestellt, ob der bereits errichtete Anbau von der ursprünglich für den Anbau erteilten Baugenehmigung so wesentlich abweicht, dass ein Zusammenhang mit dem ursprünglich genehmigten Garagenanbau nicht mehr erkennbar ist und damit nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben erstellt wurde, für das sich die Zulässigkeitsfrage insgesamt neu stellt (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.1991 - 20 CS 89.1224 - BayVBl 1992,88). Seine Sachverhaltswürdigung einer fehlenden Identität zwischen den Vorhaben hat es zu Recht vor allem mit erheblichen Abweichungen der für die Identität eines Bauvorhabens wesentlichen Merkmale „Bauvolumen, Höhe, Dachneigung, Kubatur“ sowie dem durch eine große Fensterfront an der Südseite des Anbaus veränderten Erscheinungsbild des Bauvorhabens begründet. Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass zum Dachraum des Anbaus - wie im Augenscheinstermin festgestellt wurde - kein Treppenaufgang vom EG-Raum existiert und der Dachraum nur vom Haus aus betreten werden kann, so dass es sich daher bei dem über der Garage befindlichen Dachraum nicht um einen der Garage funktionell zugeordneten Nebenraum i. S. d. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO handelt. Mit diesen Argumenten setzt sich das Zulassungsvorbringen der Kläger nicht substantiiert auseinander. Allein die Behauptung, das tatsächlich ausgeführte Bauvorhaben entspreche „darüber hinaus“ der genehmigten Grenzgarage, genügt hierfür nicht. Insoweit fehlt es bereits an nachvollziehbaren Ausführungen, welche Übereinstimmungen zwischen dem errichteten Anbau und der Baugenehmigung von 2004 existieren und welche Bedeutung ihnen bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Anbaus zukommen soll.

Soweit die Kläger weiterhin angeben, sie hätten „mit der Umsetzung der Baugenehmigung 2004 begonnen, bevor es zur Abweichung der dortigen Festsetzungen gekommen ist“, bleibt unklar, warum dieses Vorbringen gegen ein „aliud“ sprechen und dadurch eine erneute Prüfung des gesamten Vorhabens auf seine Genehmigungsfähigkeit ausgeschlossen sein soll. Im Übrigen setzt sich das Zulassungsvorbingen weder mit den Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts zum Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften des Abstandsflächenrechts, noch mit der im Urteil verneinten Frage, ob eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung vorliegt, die Voraussetzung für die Zulassung einer Abweichung ist, auseinander. Ob der durch eine Abweichung erfolgende Eingriff in öffentlichrechtlich geschützte nachbarliche Belange hier vertretbar erscheint, ist demnach ohne Belang.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils lassen sich auch nicht mit dem Vorbringen begründen, die Beklagte hätte sich durch die 2004 erteilte Genehmigung im Hinblick auf die nun vorliegende Planung selbst gebunden und im Übrigen „durch das jahrelange Dulden und Bestätigen des Baus bei den erfolgten Baukontrollen ebenfalls der ausgeführten Planung zugestimmt“.

Die Genehmigungserteilung von 2004 kann schon in Hinblick auf die seit dieser Genehmigungserteilung veränderten Umstände und die erhebliche Änderung des nunmehr zur Genehmigung gestellten Bauvorhabens nicht zu einer irgendwie gearteten Selbstbindung der Beklagten bezüglich eines späteren Genehmigungsverfahrens führen. Aber auch durch das behauptete jahrelange „Dulden und Bestätigen des Baus“ kann sich kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung ergeben. Einen rechtlichen Erklärungswert hat die bloße Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde in Hinblick auf ein Nichteinschreiten gegen eine baurechtswidrige Anlage nicht (vgl. BayVGH, B. v. 7.4.2015 - 9 CS 15.394 - juris Rn. 14). Dem Zulassungsvorbringen lassen sich auch keine Anhaltspunkte für ein zur bloßen Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde hinzukommendes besonderes Verhalten entnehmen, aufgrund dessen die Kläger annehmen durften, die Behörde bestätige den Bau und wolle sich nicht mehr auf die formelle Illegalität des Vorhabens berufen (vgl. BayVGH, B. v. 29.5.2015 - 9 ZB 14.2580 - juris Rn. 19).

3. Soweit sich die Kläger auf einen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... der Beklagten unter § 2 des Bebauungsplans berufen und darauf hinweisen, dass durch das errichtete Bauvorhaben im Vergleich mit dem 2004 genehmigten Bauvorhaben keine zusätzlichen Auswirkungen im Hinblick auf den Gebäudeabstand, die Belichtung oder Belüftung der benachbarten Wohngebäude entstünden, ergeben sich ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht hat die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens nicht von einem Anspruch der Kläger auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB abhängig gemacht. Das Vorliegen von Befreiungsgründen war damit für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers hat nach Maßgabe des gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss angenommen, dass die angefochtenen Verwaltungsakte des Antragstellers offensichtlich rechtmäßig sind, insbesondere das Vorgehen des Antragstellers nunmehr dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG genügt. Es hat jedoch die besondere Rechtfertigung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung verneint, nachdem der Antragsteller etwa 6 Jahre nach Kenntniserlangung von dem baurechtswidrigen Zustand nicht eingeschritten sei. Hiergegen wendet sich die Beschwerde im Ergebnis zu Recht.

3

Widerspruch und Anfechtungsklage haben entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Ausnahmsweise kann die Behörde jedoch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs dadurch beseitigen, dass sie nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieser Verfügung anordnet. Sie ist zu einer solchen Anordnung aber nur berechtigt, wenn die sofortige Vollziehung der Verfügung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten geboten erscheint. Vor Erlass der Anordnung muss die Behörde einerseits die Interessen der Öffentlichkeit und eines etwaigen Beteiligten an einer sofortigen Durchführung der Maßnahme sowie andererseits die entgegenstehenden Interessen des Betroffenen an dem Bestand der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Widerspruchs gegeneinander abwägen. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO grundsätzlich schriftlich zu begründen.

4

Grundsätzlich scheidet die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsverfügung aus. Die Gefahr eines nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nachteils für den Betroffenen wiegt schwerer als die Nachteile, die mit dem vorläufigen weiteren Bestand dieses Baukörpers für die öffentlichen Belange verbunden sind. Es entspricht dem in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des Eigentums, dass mit erheblichem Aufwand geschaffene Substanzwerte grundsätzlich nicht zerstört werden, so lange nicht sicher ist, ob sie erhalten bleiben dürfen. Ist diese Frage Gegenstand eines Rechtsstreits, ist es deshalb grundsätzlich geboten, mit der Vollziehung einer Verfügung, die eine solche Zerstörung vorschreibt, zu warten, bis rechtskräftig über die Genehmigungsfähigkeit einer mit erheblichem Aufwand geschaffenen Bausubtanz entschieden ist (vgl. nur OVG Hamburg, B. v. 28.02.1997 - Bs II 5/97, zit. nach juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rn. 1288 m.w.N.).

5

Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Beseitigungsanordnung ist aber im Wesentlichen aus vier Gesichtspunkten heraus zulässig (Senat, B. v. 02.11.1993 - 3 M 89/93 - NVwZ 1995, 608; B.v. 12.02.2003 - 3 M 124/02 - NordÖR 2003, 167 = LKV 2003, 477; vgl. auch VGH Kassel, B. v. 29.06.1995 - 4 TG 703/95 - zit. nach juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Rn. 1288 m.w.N.):

6

1. wenn die Beseitigung einem Nutzungsverbot gleichgestellt werden kann, weil sie ohne Substanzverlust und andere hohe Kosten zu bewerkstelligen ist,

7

2. wenn die Vorbildwirkung eines illegal ausgeführten Vorhabens eine Nachahmung in solchem Maße schon bis zum bestands- oder rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache befürchten lässt, dass der Ausweitung der Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung rasch vorgebeugt werden muss,

8

3. wenn ein beharrlicher und notorischer Schwarzbauer nur auf diese Weise erfolgversprechend an der Fortsetzung seiner rechtswidrigen Betätigung gehindert werden kann, oder

9

4. wenn die von dem Bauwerk ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ein sofortiges Einschreiten durch Beseitigung der baulichen Anlagen erfordert.

10

Diese Gesichtspunkte stehen grundsätzlich selbständig nebeneinander. Das gilt namentlich für die des fehlenden Substanzverlustes und der Vorbildwirkung (vgl. auch OVG Lüneburg, B. v. 10.05.1994 - 1 M 1046/94 - BRS 56 Nr. 208; OVG Münster, B. v. 13.09.1996 - 11 B 1083/96 - BRS 58 Nr. 128). Sie können auch kumulativ die Dringlichkeit begründen ( vgl. Senat, B. v. 12.02.2003 - 3 M 124/02).

11

Die erste Fallgruppe betrifft diejenigen Fälle, in denen im Einzelfall die Entfernung einer genehmigungspflichtigen, aber ungenehmigten Anlage mangels wesentlichen Substanzverlusts ohne schwerwiegenden Nachteil möglich ist. Sie stellt dann keinen schwereren Eingriff dar als die Untersagung der Nutzung einer ungenehmigt fertig gestellten Anlage. Ein Nutzungsverbot kann in einem solchen Falle regelmäßig schon zur Sicherung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen werden, um die Effektivität des Baugenehmigungsverfahrens zu sichern (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Rn. 1287). Nach der Rechtsprechung des Senats kann zudem dann, wenn zur formellen Baurechtswidrigkeit noch eine materielle hinzu kommt und diese offensichtlich ist, unter Umständen auch die sofortige Vollziehung einer Abbruchverfügung geboten sein, selbst wenn diese zu einem Substanzverlust führt, wenn eine besondere Dringlichkeit des Eingreifens besteht (OVG Greifswald, B. v. 12.02.2003, a.a.O.).

12

Die zweite Fallgruppe setzt voraus, dass die Vorbildwirkung eines illegal ausgeführten Vorhabens eine Nachahmung in solchem Maße schon bis zum bestands- oder rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache befürchten lässt, dass der Ausweitung der Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung rasch vorgebeugt werden muss. Eine negative Vorbildwirkung in diesem Sinne setzt grundsätzlich eine Einzelfallbetrachtung voraus (VGH Kassel, B. v. 28.01.1992 - 4 TH 1539/91 -, HessVGRspr. 1992, 90 [92], zit. nach juris). Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Vorhandensein der baulichen Anlage bereits Nachahmung gefunden hat oder mit Wahrscheinlichkeit finden wird. Dabei sind das betroffene Grundstück, seine Situation bzw. Umgebung, das betroffene Gebiet sowie ggf. sonstige bedeutsame Umstände konkret in den Blick zu nehmen (vgl. Senat, B. v. 02.11.1993 - 3 M 89/93 - NVwZ 1995, 608; B. v. 12.02.2003 - 3 M 124/02 - DÖV 2003, 637).

13

Danach ist im vorliegenden Fall die besondere Dringlichkeit schon nach Maßgabe der ersten Fallgruppe zu bejahen. Die Anlage ist - wie der Senat in seinem Beschluss vom 13.08.2007 ausgeführt hat - formell rechtswidrig und auch offensichtlich materiell nicht genehmigungsfähig. Die Beseitigungsverfügung kommt angesichts der leichten Abbaubarkeit der Werbetafel einer Nutzungsuntersagung gleich. Ein Nutzungsverbot würde, wenn es nicht sofort wirksam ist, seinen Zweck verfehlen, weil der erstrebte Nutzen oder Erfolg aus der illegal aufgestellten Anlage vom Aufsteller bereits (weitgehend) erzielt ist, bevor eine Verbotsverfügung bestandskräftig wird. Bei Werbeträgern kommt hinzu, dass bei einer - wie vorliegend - vollständig fertig gestellten Anlage ein "reines" Nutzungsverbot ins Leere geht, weil die Werbeanlage allein durch ihre Existenz den vom Antragsteller gewünschten Erfolg bringt (OVG Münster, B. v. 29.10.1979 - XI B 1447/79 - BRS 35 Nr. 143; Finkelnburg u.a., a.a.O., Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Rn. 1289).

14

Was die Vorbildwirkung angeht, so ist zu berücksichtigen, dass die Aufsteller von Werbeanlagen sich praktisch in allen Verfahren auf andere angeblich illegal aufgestellte oder rechtswidrig genehmigte Werbeanlagen in der Umgebung berufen. Erfahrungsgemäß ermutigt ein solches Vorgehen, wie es der Antragsgegner praktiziert hat, zur Nachahmung in anderen Fällen, so dass die Ordnungsfunktion des formellen Baurechts unterlaufen wird (vgl. OVG Münster, B. v. 13.09.1996 a.a.O.). Dies wird auch im vorliegenden Fall deutlich: Der Antragsgegner beruft sich auf eine Vielzahl von anderen Fällen, in denen der Antragsteller nicht gegen illegale Werbetafeln eingeschritten sei. Mit den in der Antragserwiderung vom 01.10.2007 aufgeführten mehr als 57 Werbeanlagen geht der Antragsgegner davon aus, dass es sich jeweils um vergleichbare Fälle handele, in denen der Antragsteller nicht eingeschritten sei. Allein der äußere Anschein des Nichteinschreitens, der durch das Vorhandensein der Werbeanlagen vermittelt wird, löst hier die Vorbildwirkung aus. Sie tritt wechselseitig zwischen den verschiedenen Werbeanlagen ein.

15

Der Antragsteller macht in der Beschwerdeschrift zu Recht geltend, dass der Anordnung des Sofortvollzugs nicht der Zeitablauf von Kenntnisnahme der rechtswidrigen Errichtung der Anlage bis zum Einschreiten durch den Antragsteller entgegensteht. Ein langes Nichttätigwerden der zuständigen Ordnungsbehörde kann allerdings dazu führen, dass die Eilbedürftigkeit im Sinne des §80 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 VwGO nicht vorliegt. Dies bedarf aber jeweils einer den Einzelfall berücksichtigenden Würdigung. Der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung des OVG Münster (Beschluss vom 25.06.1987 - 7 B 1183/87 - BRS 47 Nr. 198) lässt sich für den vorliegenden Fall keine parallele Wertung entnehmen. Dieser Beschluss betrifft eine Fallgestaltung, in der die zuständige Behörde bereits über eine vollstreckbare Verfügung gegenüber einem der Störer verfügte, aus der sie jahrelang nicht vollstreckt hatte, während sie nun gegenüber dessen Ehefrau unter Anordnung des Sofortvollzugs vorging. Diese Fallgestaltung ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar. Der hier zu beurteilende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass - wie dargelegt - einerseits die Werbeanlage ihre Nutzung entfaltet, solange sie unter dem Schutz der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage trotz ihrer formellen und materiellen Rechtswidrigkeit stehen bleibt, und andererseits eine Vorbildwirkung entfaltet. Würde in einem solchen Falle die Dringlichkeit verneint werden, nachdem die Behörde sich entschlossen hat, unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes gegen derartige rechtswidrige Zustände einzuschreiten, müsste sie diese möglicherweise mehrere Jahre lang hinnehmen, weil sämtliche Verantwortliche für illegale Werbetafeln sich auf die fehlende Dringlichkeit berufen könnten. Gerade die angesprochene Vorbildwirkung bedingt aber, dass die zuständige Behörde, hat sie sich nunmehr zu einem effektiven Einschreiten entschlossen, entsprechend verfahren kann. Ansonsten würde eine Perpetuierung des formell und materiell rechtswidrigen Zustandes eintreten.

16

Die angefochtenen Bescheide genügen entgegen der Ansicht des Antragsgegners, die er in seinem Schriftsatz vom 01.10.2007 geäußert hat, nunmehr auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.3 Abs. 1 GG. Dieser Grundsatz verpflichtet die Baurechtsbehörde, ihre bauordnungsrechtliche Tätigkeit maßgeblich auch am Gleichheitssatz auszurichten. Sie muss das eingeräumte Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig ausüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung baurechtswidriger Zustände, so hat sie in allen vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen jedoch nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss; entschließt sie sich zu einem Einschreiten, so ist es ihr unbenommen, die Verhältnisse nach und nach zu bereinigen; ihr ist es lediglich verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen; beschränkt sie sich darauf, einen Einzelfall herauszugreifen, so handelt sie dem Gleichbehandlungsgebot zuwider, es sei denn, dass sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG, B. v. 22.04.1995 - IV B 55.95 - BRS 57 Nr. 248 m.w.N.). Der Senat hat in seinem Beschluss vom 13.08.2007 - 3 M 48/07 - weiter ausgeführt:

17

"Die Bauaufsichtsbehörde muss bei ihren Anordnungen das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG beachten und darf nicht einzelne Bürger gegenüber anderen willkürlich, d.h. ohne rechtfertigenden Grund, benachteiligen. Daraus folgt allerdings nicht, dass rechtswidrige Zustände, die bei einer Vielzahl von Grundstücken vorliegen, stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die Behörde - etwa in Ermangelung ausreichender personeller und sachlicher Mittel - auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (vgl. BVerwG, B. v. 19.07.1976 - 4 B 22.76 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 5). So kann es rechtmäßig sein, wenn die Behörde einen geeigneten Fall als "Musterfall" auswählt, um erst nach einer gerichtlichen Bestätigung ihrer Rechtsauffassung gleichartige Fälle aufzugreifen. Ebenso ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Behörde zunächst nur Fälle aufgreift, in denen eine Verschlechterung des bestehenden Zustands droht (BVerwG, B. v. 19.02.1992 - 7 B 106/91 - NVwZ-RR 1992, 360)."

18

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner keine in diesem Sinne gleichgelagerten Fälle benannt, hinsichtlich derer dem Antragsteller der Vorwurf der Ungleichbehandlung gemacht werden könnte. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet die Behörde zu einem nach Zeitpunkt und Modalitäten gleichmäßigen Vorgehen gegen rechtswidrige Zustände, soweit nicht in der Sache begründete Unterschiede Abweichungen rechtfertigen. Die Rechtsprechung hat im Baurecht den räumlichen Bezug des Gleichheitssatzes bei einer entsprechenden Rüge im Prozess aus der Erkenntnis eingeschränkt, dass der Bauaufsichtsbehörde ein gleichmäßiges Einschreiten in ihrem gesamten Bereich aus verschiedenen praktischen Gründen unmöglich ist. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes führt somit nur dann zur Aufhebung einer Maßnahme, wenn die Behörde in räumlich benachbarten Fällen unterschiedlich vorgeht (OVG Weimar, B. v. 07.07.1994 - 1 EO 182/93 - ThürVBl 1994, 291; VG Oldenburg, U. v. 21.04.2005 - 4 A 59/03). Maßgebend ist ein bestimmter topographischer Bereich (VGH Mannheim, U. v. 29.02.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR1997, 465).

19

Nach diesen Grundsätzen kann der Antragsgegner von vornherein nicht eine Gleichbehandlung mit denjenigen Werbetafeln verlangen, die außerhalb der Ortschaft A. aufgestellt worden sein sollen. Der Anspruch auf Gleichbehandlung mit Anlagen endet somit an den Ortsgrenzen. Für die Ortschaft A. hat der Antragsgegner auf die Werbeanlagen der B. GmbH verwiesen. Insoweit führt der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.11.2007 zu Recht aus, dass der Antragsteller durch die jeweils angemessenen Maßnahmen zur Beseitigung der Werbetafeln geschritten ist.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz2 GKG).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.875,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und seines Kleinen Waffenscheins sowie dazu ergangener Nebenentscheidungen.

Am 23. September 2013 informierte ein Waffenbesitzer das Ordnungs- und Verkehrsamt der Stadt A* … unter anderem davon, dass ihm der Antragsteller in Abwicklung eines Waffenkaufs ein Gewehr und 100 Schuss Munition zugesandt habe. Das Gewehr und die Munition hätten sich nicht ordnungsgemäß verpackt in einem Karton ohne Absendervermerk befunden.

Nachdem die Ehefrau des Antragstellers gegen diesen wegen verschiedener Delikte Anzeige erstattet hatte, durchsuchten Beamte der Polizeiinspektion A* … am 9. Februar 2017 aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts A* … die Räume der vom Antragsteller in A* … betriebenen …schule. In einem vom Schulungsraum durch einen Vorhang abgetrennten Nebenraum konnten die Waffen des Antragstellers jeweils in einem Tresor aufgefunden werden. Demgegenüber befand sich die in großen Mengen vorhandene Munition teilweise außerhalb der Waffentresore. Des Weiteren konnten etwa 1,3 kg Schwarzpulver sowie ein feststehendes Springmesser mit einer Klingenlänge von 10 cm aufgefunden werden.

Das Landratsamt Miltenberg widerrief mit Bescheid vom 16. März 2017 die Waffenbesitzkarten Nrn. 078/2008, 089/2008, 3786/2008 und 3787/2008 des Antragstellers, in die insgesamt 5 Schusswaffen und eine Wechseltrommel eingetragen sind (Nr. 3), ebenso dessen Kleinen Waffenschein Nr. 196 (Nr. 5). Des Weiteren enthält der Bescheid die Anordnung, dass der Antragsteller den am 2. April 2014 abgelaufenen Europäischen Feuerwaffenpass Nr. 0019280 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids dem Landratsamt zu übergeben hat (Nr. 6 Buchst. a).

2. Der Antragsteller hat dagegen im Verfahren W 5 K 17.348 Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 17. Mai 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 8 des angefochtenen Bescheids angeordnet, soweit darin ein Zwangsgeld für die nicht fristgerechte Abgabe des Europäischen Feuerwaffenpasses angedroht wird. Im Übrigen wurde der Eilantrag abgelehnt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, von der im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, die Klage werde voraussichtlich keinen Erfolg haben.

1. Mit dem Verwaltungsgericht ist nach derzeitigem Sachstand davon auszugehen, dass der auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gestützte Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse rechtmäßig ist, weil nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen. Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass daran zu zweifeln, dass der Antragsteller die für eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen oder Munition Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG).

1.1 Das Verwaltungsgericht führt im angegriffenen Beschluss unter anderem aus, mit der Versendung von Waffe und Munition in einem Wertpaket mit dem Aufkleber „Gefahr“ oder „Gefahrgut“ sei schon nicht sichergestellt, dass die Sendung ausschließlich an den waffenrechtlich befugten Adressaten abgegeben wird und nicht etwa an einen Familienangehörigen oder sonstigen Dritten.

Die Beschwerde setzt sich damit nicht substantiiert auseinander und sieht den Antragsteller dadurch entlastet, dass er mit dem Paketdienst DHL einen auch für Gefahrgut als zuverlässig bekannten Beförderer gewählt habe und Vorkehrungen gegen das Abhandenkommen getroffen habe; insbesondere sei das Repetiergewehr und die Munition sorgfältig verpackt und so ein schadensfreier Transport gewährleistet worden.

Das übergeht die jedem Waffenbesitzer obliegende Pflicht, Waffen und Munition nur berechtigten Personen zu überlassen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Der Antragsteller überließ bereits mit der Übergabe des Pakets an den Transporteur DHL die Waffe und die Munition dem Empfänger (§ 34 Abs. 1 Satz 5 WaffG). Der Antragsteller hätte deshalb den Transporteur anweisen müssen, die waffenrechtlich relevanten Gegenstände nur an die berechtigte Person im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG nach Prüfung ihrer waffenrechtlichen Legitimation auszuhändigen, um so insbesondere die Zustellung an einen unberechtigten „Ersatzempfänger“ auszuschließen (vgl. Lehmann/v. Grotthuss, Aktuelles Waffenrecht, Stand Juni 2017, § 34 Rn. 19). Indem der Antragsteller dem nach Aktenlage ersichtlich nicht nachgekommen ist, verstieß er gegen eine grundlegende waffenrechtliche Verpflichtung, die im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verhindern soll, dass Waffen oder Munition in die Hände unberechtigter Dritter und damit solcher Personen gelangen, bei denen insbesondere die waffenrechtliche Zuverlässigkeit, Eignung und Sachkunde nicht überprüft wurden.

1.2 Das rechtfertigt die Annahme, dass der Antragsteller künftig nicht die Gewähr dafür bietet, Waffen oder Munition nur solchen Personen zu überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände berechtigt sind. Die bei Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit vorzunehmende Prognose hat sich an dem Zweck zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dieses Vertrauen kann einer Person nicht (mehr) entgegengebracht werden, wenn sie wie der Antragsteller eine waffenrechtliche Verpflichtung missachtet hat, die einem vordringlichen und wesentlichen Ziel des Waffengesetzes dient (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – NJW 2015, 1127).

Entgegen der Beschwerde ist eine dem Antragsteller günstige Prognose auch nicht deshalb veranlasst, weil der Sachverhalt bezüglich des Waffenversands im maßgeblichen Zeitpunkt des angefochtenen Widerrufs ungefähr dreieinhalb Jahre zurücklag. Der Verstoß gegen die Verpflichtung des § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG durfte angesichts seines erheblichen Gewichts auch mit Blick auf die seitdem verflossene Zeit zur Beurteilung der Zuverlässigkeit herangezogen werden. Unabhängig davon bestätigt bei der gebotenen summarischen Prüfung das Ergebnis der Durchsuchung der …schulräume am 9. Februar 2017 eine grundlegende persönliche Fehleinstellung des Antragstellers im Umgang mit Waffen. Insoweit genügt es bereits, dass beim Antragsteller ein Springmesser mit einer Klingenlänge von 10 cm vorgefunden wurde. Der Umgang mit einer solchen Waffe und damit auch deren Besitz ist verboten (§ 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 Satz 1, § 1 Abs. 3 WaffG) und nach § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG unter Strafe gestellt. Einer Würdigung des Umstands, dass bei der Durchsuchung auch Munition außerhalb der Waffentresore sowie 1,3 kg Schwarzpulver vorgefunden wurden, bedarf es nach allem jedenfalls im Eilverfahren nicht mehr.

2. Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten (§ 158 Abs. 1 VwGO) ist zulässig, weil der Antragsteller gegen die Entscheidung in der Hauptsache eine zulässige Beschwerde eingelegt hat. Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass ihm das Verwaltungsgericht nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten ganz auferlegt hat. Er meint, er habe zu 50 v.H. obsiegt. Denn er habe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der Nr. 8 des angegriffenen Bescheids erwirkt, wohingegen er bezüglich Nr. 2 des Bescheids unterlegen sei.

Das greift nicht durch. Nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Ein solches geringfügiges Unterliegen des Antragsgegners hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen. Der Eilantrag hatte in erster Instanz lediglich bezüglich eines gänzlich untergeordneten Teils Erfolg, nämlich hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung, die das Landratsamt mit Blick auf die Verpflichtung zur Rückgabe des Europäischen Feuerwaffenpasses verfügte (Nr. 8 des Bescheids vom 16.3.2017). Die wesentlichen Maßnahmen und hier insbesondere der Widerruf der Waffenbesitzkarten, der Widerruf des Kleinen Waffenscheins und die sofortige Sicherstellung der Waffen blieben demgegenüber sofort vollziehbar.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.