Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2005 - 1 StR 117/05

bei uns veröffentlicht am19.10.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 117/05
vom
19. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Oktober 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 6. Dezember 2004 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


Der Angeklagte lebte seit längerer Zeit aus nichtigem Anlass mit seiner Ehefrau im Streit. Aus Verärgerung stach er plötzlich und für sie unerwartet mindestens fünf Mal mit einem Messer auf ihren Oberkörper ein. Sie konnte die Stiche allerdings weit gehend abwehren, zumal ihr Familienmitglieder zur Hilfe eilten und sich auch noch das Messer verformte. Sie war am Ende nur geringfügig an der Hand verletzt. Der Angeklagte hat geltend gemacht, er habe sie nur „so richtig erschrecken wollen“ und Stiche nur vorgetäuscht. Die Strafkammer hat dies nicht geglaubt. Der Angeklagte hat nämlich bei seiner polizeilichen Vernehmung „… eingeräumt, im Moment des Zustechens gedacht zu haben, dass er seine Frau jetzt umbringe… . In dem Moment, als er auf sie eingestochen habe, habe er gewollt, dass sie sterbe.“ Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde er wegen heimtückisch begangenen Mordversuchs in Tateinheit mit
de er wegen heimtückisch begangenen Mordversuchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurteilt.

I.

Die auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gest ützte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Der näheren Ausführung bedarf nur folgendes: 1. Die Revision wendet sich gegen die Verwertbarkeit de r genannten Angaben des Angeklagten bei der Polizei.
a) Bereits in der Hauptverhandlung war geltend gemach t worden, bei dieser Vernehmung sei gegen §§ 136, 136a StPO verstoßen worden. Nach der Belehrung , jederzeit einen Verteidiger zuziehen zu dürfen, sei ihm auf seine Frage nach einem Anwalt erklärt worden, einen Anspruch auf einen Anwalt hätte er nur, wenn er diesen auch bezahlen könne. Auf seine anschließende Frage nach einem Pflichtverteidiger sei ihm erklärt worden, auch hierauf habe er keinen Anspruch , wenn er nicht zahlen könne. „Kein Geld, kein Anwalt“. Die Strafkammer hat nach Einvernahme des kriminalpolizeilichen Vernehmungsbeamten H. festgestellt, dass diese Behauptungen nicht zutreffen. Vielmehr hat der Angeklagte nach ordnungsgemäßer Belehrung erklärt, er könne gegenwärtig keinen Rechtsanwalt bezahlen, wolle aber trotzdem Angaben zum Tatvorwurf machen. Eine vorherige anwaltliche Beratung hat er nicht verlangt.
b) In der Revisionsbegründung wird - nach wie vor - gel tend gemacht, der Wunsch des Angeklagten nach einem Anwalt sei im Hinblick auf die Äußerungen der Polizei „abgeblockt“ worden.

c) Da bei der genannten Vernehmung auch der Staatsanw alt L. anwesend war, hat der Senat vorsorglich eine dienstliche Äuße rung von ihm eingeholt. Der Staatsanwalt bestätigt die Angaben H. s, die auch der Niederschrift über die polizeiliche Vernehmung entsprechen und von denen die Strafkammer ausgegangen ist.
d) Zu der dienstlichen Erklärung angehört, hat die Re vision erwidert, die Behauptungen des Kriminalbeamten und des Staatsanwalts seien ein „lebensfremdes Konstrukt“, außerdem sei, so der Angeklagte, der Staatsanwalt bei dem in Rede stehenden Teil der Vernehmung überhaupt nicht anwesend gewesen. Selbst wenn aber, so die Revision weiter, von der Richtigkeit dieses Vorbringens auszugehen sei, hätte die Polizei ihre Pflichten verletzt, was zur Unverwertbarkeit der Aussage führe.
e) Mit alledem kann die Revision hier schon im Ansatz nich t gehört werden. Die Revision macht zwar insgesamt geltend, wegen Rechtsfehlern im Zusammenhang mit der Beschuldigtenbelehrung sei die anschließende Vernehmung unverwertbar; in tatsächlicher Hinsicht schließen sich jedoch das Vorbringen , - die Polizei habe die Realisierung des vom Angeklagten geäußerten Wunsch nach einem Verteidiger mit dem Hinweis auf seine fehlenden Geldmittel verhindert und das Vorbringen, - die Polizei habe nicht reagiert, als der Angeklagte erklärt habe, er könne keinen Rechtsanwalt bezahlen, wolle aber trotzdem Angaben machen einander aus.
Deshalb sind insoweit insgesamt die Anforderungen an ei nen zulässigen Revisionsvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) nicht erfüllt (vgl. BGHSt 17, 337; BGH NStZ 1998, 52; Kuckein in KK 5. Aufl. § 344 Rdn. 26; Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 344 Rdn. 24).
f) An alledem ändert sich auch dann nichts, wenn vorgebr acht wird, der ursprüngliche Vortrag bleibe zwar aufrecht erhalten, hilfsweise werde ein Rechtsfehler auch für den Fall geltend gemacht, dass nicht von den selbst vorgetragenen Tatsachen auszugehen sei, sondern von denen, die die Strafkammer zu Grunde gelegt habe. (1) Der dem „Hauptantrag“ zu Grunde liegende Vortra g ist nicht bewiesen, wie dies für eine erfolgreiche Verfahrensrüge erforderlich wäre (vgl. MeyerGoßner aaO § 337 Rdn. 10, 12 m. w. N.). Der Senat hält das Vorbringen der Revision im Hinblick auf die jetzt zusätzlich durch die Angaben von Staatsanwalt L. bestätigte Vernehmungsniederschrift und die dementsprechenden Angaben des Kriminalbeamten ebenso wie die Strafkammer für widerlegt. (2) Hilfsweise erhobene Verfahrensrügen sind nicht zulässi g (vgl. MeyerGoßner aaO § 344 Rdn. 12; Sarstedt/Hamm, Revision in Strafsachen 6. Aufl. Rdn. 220).
g) Der Senat bemerkt jedoch zu alledem folgendes: Bei der ersten Vernehmung musste der Sachverhalt hinsichtlich des dringenden Tatverdachts eines Kapitalverbrechens erst noch abgeklärt werden (z.B. hinsichtlich der Abgrenzung zwischen bloßem Körperverletzungsvorsatz und Tötungsvorsatz sowie - bei Tötungsvorsatz - zwischen freiwilligem Rücktritt und gescheitertem Versuch ). Schon allein deshalb bestand, auch wenn ein Staatsanwalt anwesend war, keine Veranlassung, mit der Vernehmung des nach Belehrung aussagebe-
reiten Angeklagten bis zur Bestellung eines Pflichtverteidigers zuzuwarten (vgl. BGHSt 47, 172, 176; Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2005 - 1 StR 114/05 m. N.). Allerdings ist davon auszugehen, dass sich der Angeklagte (d amals Beschuldigter ) erkennbar der Hilfe eines Verteidigers bedienen wollte, hierzu aber aus wirtschaftlichen Gründen keine Möglichkeit sah. Hierbei irrte er. Jedenfalls wenn die Möglichkeit eines Kapitaldelikts (und damit die häufig alsbald beantragte Bestellung zum Pflichtverteidiger) im Raum steht, gibt es erfahrungsgemäß Rechtsanwälte, die bereit sind, auch mittellosen Beschuldigten sofort beizustehen , sie zumindest telefonisch zu beraten. Die Kenntnis dieser dem Angeklagten damals unbekannten Praxis kann bei Kriminalbeamten, erst Recht einem Staatsanwalt, ohne weiteres vorausgesetzt werden. Es wäre unter den gegebenen Umständen nach Auffassung des Senats hier angezeigt gewesen, den Angeklagten (Beschuldigten) darauf hinzuweisen, dass ihm trotz seiner fehlenden Mittel Gelegenheit gegeben werden könne, bei einem Rechtsanwalt seines Vertrauens bzw. dem (ausweislich der dienstlichen Äußerung de s Staatsanwalts hier vorhandenen) anwaltlichen Notdienst anzurufen. Gleichwohl handelt es sich bei der kommentarlosen Hinnah me des aufgezeigten Irrtums des nach Maßgabe von § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO belehrten Beschuldigten nicht um eine Täuschung i. S. d. § 136a StPO (vgl. Meyer-Goßner aaO § 136a Rdn. 16 m. w. N.). Unabhängig davon, ob letztlich von einem Verfahrensverstoß auszugehen wäre, läge aber jedenfalls die Annahme eines daraus resultierenden Verwertungsverbots nicht nahe. Bei der Frage, ob ein Verfahrensverstoß im Zusammenhang mit einer Vernehmung zu einem Verwertungsverbot führt, ist sein Gewicht mit dem Interesse an der Aufklärung von, zumal wie hier schwerwiegenden, Straftaten abzuwägen (vgl. BGHSt 47, 172, 179 m.
w. N.). Hier liegt seitens der Strafverfolgungsbehörden kein aktives, zielgerichtet betriebenes Verhalten vor. Dies erscheint jedenfalls von geringerem Gewicht, als eine den Anforderungen von § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht entsprechende Belehrung, die im Grundsatz zu einem Verwertungsverbot führt (vgl. zu alledem näher Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2005 - 1 StR 114/05 m. w. N.). Einer Entscheidung hierzu bedarf es aber letztlich nicht, weil es aus den dargelegten Gründen (vgl. I 1 e und f) hier schon an einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge fehlt. 2. Die Ehefrau des Angeklagten hat zwar (im Hauptverha ndlungstermin vom 24. November 2004) von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO) Gebrauch gemacht, sie hat aber "der Verwertung des Inhalts ihrer polizeilichen Vernehmung … ausdrücklich zugestimmt." Darauf hat die Strafkammer (im Termin vom 6. Dezember 2004) die Polizeibeamtin als Zeugin gehört , die damals die Ehefrau als Zeugin vernommen hatte. Die Revision bezweifelt nicht, dass ein solches Vorgehen gr undsätzlich möglich ist (vgl. BGHSt 45, 203; w. N, auch für die gegenteilige Ansicht b. Meyer -Goßner aaO § 252 Rdn. 16a). Sie macht aber geltend, die Polizeibeamtin hätte hier wegen Unwirksamkeit der Einverständniserklärung der Ehefrau nicht vernommen werden dürfen, da die Ehefrau diese Erklärung nicht in der Hauptverhandlung abgegeben habe. Die Strafkammer hätte sich nicht, so wie geschehen , auf eine von der Zeugin am 26. November 2004 abgegebene und im Hauptverhandlungstermin vom 6. Dezember 2004 verlesene schriftliche Einverständniserklärung mit der Verwertung ihrer polizeilichen Angaben stützen dürfen. Mit einer weiteren Verfahrensrüge macht die Revision g eltend, die Strafkammer hätte sich nicht damit begnügen dürfen, die Polizeibeamtin zum Inhalt
der Aussage der Ehefrau zu vernehmen, sie hätte auch den "Versuch unternehmen" müssen, die Niederschrift der polizeilichen Aussage zu verlesen. Eine Verlesung hätte zu entscheidungserheblichen neuen Erkenntnissen geführt.
a) Im Kern macht die Revision mit alledem geltend, di e Strafkammer hätte über den Inhalt der polizeilichen Aussage der Ehefrau keinen Beweis erheben dürfen und sie hätte über den Inhalt dieser Aussage zusätzlich weitere Beweise erheben müssen. Beides ist miteinander unvereinbar; darauf, dass es sich innerhalb der Revisionsbegründung um unterschiedliche Verfahrensrügen handelt , kommt es nicht an, Vorbringen zur Begründung einer Revision ist insgesamt als Einheit zu werten. Letztlich wird mit solchem Vorbringen nur ein Sachverhal t geschildert und das Revisionsgericht aufgefordert, zu prüfen, ob in irgendeiner Richtung - sei es, dass kein Beweis hätte erhoben werden dürfen, sei es, dass mehr Beweis hätte erhoben werden müssen - ein Rechtsfehler vorliege. Erforderlich ist jedoch die Behauptung eines bestimmten Verfahrensmangels (vgl. nur BGHSt 12, 33; Sarstedt /Hamm aaO m. w. N.).
b) Unabhängig davon gibt es aber auch keinen Rechtssatz, w onach ein Verzicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht - auch in der Form des Einverständnisses mit der Beweiserhebung über den Inhalt einer polizeilichen Vernehmung - nicht auch außerhalb einer Hauptverhandlung erklärt werden könnte (vgl. BGH Urteil vom 7. März 1995 - 1 StR 523/94; BGH NStZ 1986, 181 für den vergleichbaren Fall einer außerhalb der Hauptverhandlung abgegebenen Erklärung eines Zeugen, im Hinblick auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht keine Angaben machen zu wollen).

c) Der Generalbundesanwalt hat im Übrigen in seinem A ntrag aus der in der Hauptverhandlung verlesenen, zu den Akten genommenen Erklärung der Zeugin zitiert. Zu der insgesamt unbehelflichen Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) hierauf ist lediglich zu bemerken, dass es gegebenenfalls ihre Sache gewesen wäre, diese Erklärung rechtzeitig (§ 345 StPO) und umfassend (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) vorzutragen. Die offenbar von ihr vertretene Auffassung, hieran ändere sich etwas, weil der Wortlaut dieser Erklärung nicht in das Protokoll aufgenommen worden sei, geht fehl. Gleiches gilt für die Auffassung , das Gericht hätte der Verteidigung - die offenbar keinerlei Wünsche in dieser Richtung geäußert hat, jedenfalls trägt die Revision dies nicht vor - die in ihrer Anwesenheit in der Hauptverhandlung verlesene Erklärung von sich aus übergeben müssen. Unabhängig von alledem vermag aber auch das Vorbringen, es bliebe "offen", ob die Erklärung der Ehefrau "zuzuordnen" sei, es sei auch nicht ersichtlich, wie die Erklärung zu Gericht gelangt sei und der Generalbundesanwalt habe von einer "eventuellen Grußformel" nichts mitgeteilt, Ansatzpunkte für mögliche Zweifel an Echtheit oder Wirksamkeit dieser Erklärung nicht zu verdeutlichen.
d) Was die unterbliebene Verlesung bzw. den Versuch hie rzu betrifft, fehlt schon entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO die Mitteilung über den Inhalt der Niederschrift, soweit er über die von der Strafkammer durch die Aussage der Polizeibeamtin festgestellten Inhalt der Aussage der Ehefrau hinausgehen soll.
e) Im Übrigen führt das wirksame Einverständnis eines aussa geverweigerungsberechtigten Zeugen mit der Verwertung einer früheren nichtrichterlichen Vernehmung dazu, dass - wie hier geschehen - die frühere Aussage durch die Vernehmung der Verhörsperson in die Hauptverhandlung eingeführt werden darf (Schlüchter in SK-StPO § 252 Rdn. 22 m.w.N.). Ob auch in anderer Weise Be-
weis über den Inhalt der früheren Aussage zu erheben ist, richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Mit dem Vorbringen, die Strafkammer hätte den "Versuch" einer Verlesung der polizeilichen Vernehmung machen müssen, ist ersichtlich gemeint, die Strafkammer hätte eine Verlesung dieser Vernehmung im allseitigen Einvernehmen (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO nF) anstreben sollen. Es erscheint im Ansatz fraglich, in wieweit das Gericht durch die Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) zu dem Versuch einer Beweiserhebung gehalten sein kann, die von den Verfahrensbeteiligten ohne weiteres, nämlich durch Versagung der erforderlichen Zustimmung verhindert werden kann. Dies wird vorliegend besonders deutlich, weil in einer identischen Verfahrenssituation - auch die Schwiegermutter des Angeklagten hatte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, war aber mit der Verwertung ihrer polizeilichen Aussage einverstanden - die vom Gericht angeregte Verlesung von deren polizeilichen Aussage daran scheiterte, dass die Verteidigung ihre Zustimmung versagte. Unter diesen Umständen ist umso weniger erkennbar, warum die Strafkammer hinsichtlich der Aussage der Ehefrau einen erneuten Versuch hätte unternehmen sollen, auf ein Einverständnis i.S.d. § 251 Abs.1 Nr. 1 StPO nF hinzuwirken. Auch die Revision trägt hierzu nichts vor. Näher nachzugehen braucht der Senat aber alledem nicht, weil das Vorbringen der Revision im Zusammenhang mit der polizeilichen Aussage der Ehefrau schon aus den oben dargelegten Gründen (vgl. oben I 2 a bis d) scheitert.

II.

Auch im Übrigen hat die auf Grund des Revisionsvorbringe ns gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug, die auch durch die Erwiderung der Revision nicht entkräftet werden. Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2005 - 1 StR 117/05

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 345 Revisionsbegründungsfrist


(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn d
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2005 - 1 StR 117/05 zitiert 10 §§.

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(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Strafprozeßordnung - StPO | § 136 Vernehmung


(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern

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(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden, 1. wenn der Angeklagte einen Vert

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(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung od

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Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 114/05
vom
18. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 13. September 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


Das Landgericht Regensburg hat den Angeklagten - nach ze hnmonatiger Hauptverhandlung an 42 Verhandlungstagen - am 13. September 2004 wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte, ein Deutscher, der seinerzeit in Rumänien lebte, am 28. September 2001 in T. seinen Geschäftspartner, den deutschen Autohändler Sp. , bei einem Streit über die ausstehende Bezahlung einer Restforderung gegen den Angeklagten in Höhe von 4.500,-- DM, zur Verdeckung einer vorhergegangenen Körperverletzung , die anzuzeigen der Geschädigte gedroht hatte; er werde ihn - den Angeklagten - jetzt für immer ins Gefängnis bringen. Die Revision, die die Verletzung materiellen sowie for mellen Rechts rügt, ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), in Teilen der Revisionsbegründung - soweit sie vom Angeklagten selbst verfasst wurde - bereits unzulässig (§ 349
Abs. 1 StPO). Hierzu wird zunächst auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 29. März 2005 verwiesen. Lediglich zu folgenden Punkten ist ergänzend etwas zu bem erken: A. Zur Revisionsbegründung der Verteidiger, Rechtsanwäl te H. und B. aus R. , vom 3. Januar 2005 (Revisionsbegründung Seite 1 bis 456 = Gerichtsakte Blatt 1337 bis 1792). 1. Behauptung des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 3 StPO, da der Befangenheitsantrag gegen den Schöffen Re. Unrecht zu als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Der Befangenheitsantrag vom 30. Juli 2004 (am 37. Ver handlungstag) stützte sich insbesondere darauf, dass der Schöffe am 5. Verhandlungstag (13. November 2003) im Fahrstuhl des Gerichtsgebäudes einem Journalisten gegenüber gesagt haben soll: "DerM. ist der Täter, davon bin ich überzeugt , der soll gestehen, dann dauert das Verfahren nicht so lang." Zwei bis drei Wochen später (also spätestens im Dezember 2003) hat der Verteidiger - so der Vortrag in der Revisionsbegründung - während eines Gesprächs mit dem Journalisten beiläufig davon erfahren. "Herr M. [der Angeklagte] ist über dieses Gespräch, welches Rechtsanwalt B. mit Herrn St. [richtig: St. , der Journalist] geführt hatte, nie informiert worden", so der Verteidiger in der Begründung des Befangenheitsantrags. Ausgehend von der unterbliebenen Unterrichtung des Man danten war die Antragsstellung nicht verspätet (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO), wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, da es nach herrschender Meinung auf die Kenntnis des Angeklagten ankommt (vgl. BGHSt 37, 264 [265]; Wendisch in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 25 Rdn. 20; Pfeiffer in Karlsruher Kom-
mentar zur StPO 5. Aufl. § 25 Rdn. 3, Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 25 Rdn. 7 - ob daran festzuhalten ist, kann hier dahinstehen). Allerdings ist es kaum nachvollziehbar, dass ein gewissenhaft er (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BRAO) und den Interessen seines Mandanten verpflichteter Verteidiger jenen nicht unverzüglich über einen ihm zugetragenen, den Eindruck der Befangenheit eines Richters begründenden Sachverhalt unterrichtet und stattdessen ohne Beratung mit dem Mandanten zulässt, dass über diesen ein aus seiner Sicht möglicherweise befangener Schöffe noch monatelang zu Gericht sitzt. Bei einem so schwerwiegenden Verdacht gegen die Unbefangenheit eines Schöffen hätte sich, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, für eine sachgerechte Verteidigung die zeitnahe Ablehnung eines Mitglieds des Gerichts geradezu aufgedrängt, damit - gegebenenfalls - eine neue Hauptverhandlung ohne größere Verzögerungen mit einem unbefangenen Gericht hätte begonnen werden können. Darauf kommt es im vorliegenden Fall allerdings letztlich nicht an. Denn die Strafkammer lehnte den Befangenheitsantrag zu Recht als unbegründet ab, da ein die Befangenheit des Schöffen begründender Umstand nicht glaubhaft gemacht wurde, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Es kann hier auch dahinstehen, ob bei der langen Verha ndlungsdauer zwischen dem Vorfall, der Grundlage des Befangenheitsantrags war, und dem Zeitpunkt, als dieser gestellt wurde, in der Revisionsbegründung nicht dazu hätte etwas mitgeteilt werden müssen (§ 344 Abs. 1 Satz 2 StPO), dass zwischenzeitlich keine Umstände eingetreten sind, die den - behaupteten - Eindruck der Voreingenommenheit des Schöffen jedenfalls wieder beseitigten.
Dieser Befangenheitsantrag gibt Anlass zu dem Hinweis, d er Vorsitzende einer Strafkammer möge die ehrenamtlichen Richter bei der anempfohlenen (vgl. RiStBV Nr. 126 Abs. 1) Belehrung über mögliche Befangenheitsgründe vor einer Verhandlung jedenfalls in spektakulären Fällen ermahnen, Außenstehenden gegenüber Äußerungen über das Verfahren tunli chst zu unterlassen. Auch völlig unverfängliche Bemerkungen können missverstanden werden oder können bei mündlicher Weitergabe sinnentstellende Veränderungen erfahren (vgl. BGH wistra 2002, 267 [266]), die dann - wenn auch zu Unrecht - den Eindruck der Befangenheit vermitteln. 2. Rüge der Verletzung der §§ 163a Abs. 3 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2, 141 Abs. 3 Satz 1 StPO, Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK.
a) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrund e: aa) Zum Verfahrensgang im Ermittlungsverfahren: Am 26. August 2002 war in einem Appartement in T. zer- die stückelte Leiche des lange vermissten Sp. aufgefunden worden. Mieter des Appartements war der Angeklagte, der sich während dieses Zeitraums nicht in Rumänien aufhielt. Darüber war am Abend im rumänischen Fernsehen berichtet worden. Dies hatte das Bundeskriminalamt zur Rückfrage bei der Direktion der rumänischen Kriminalpolizei veranlasst. Das Bundeskriminalamt informierte die Kriminalpolizeiinspektion L. , die dann unter Anregung umfangreicher strafprozessualer Maßnahmen, darunter die Beantragung eines - deutschen - Haftbefehls, die Staatsanwaltschaft R. unterrichtete. Das Amtsgericht in T. hatte bereits am 27. August 2002 Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen.
Nach Einleitung von Fahndungsmaßnahmen seitens der Staa tsanwaltschaft konnte der Angeklagte bereits am 28. August 2002 um etwa 01.00 Uhr in der Wohnung seiner geschiedenen Frau in N. festgenommen werden. Gegen 01.30 Uhr wurden hiervon Staatsanwältin D. telefonisch und seitens der Polizeidirektion L. um 03.06 Uhr verschiedene andere polizeiliche Dienststellen, darunter die Lagezentrale beim Polizeipräsidium in R. und das Bayerische Landeskriminalamt in München per Fax unter richtet. Noch am selben Tag wurde der Angeklagte um etwa 11.00 Uhr Kriminalhauptkommissar E. und Kriminalhauptkommissar C. von der Polizeidirektion L. zur Beschuldigtenvernehmung vorgeführt. Das Landgericht hat hierzu in den Urteilsgründen Folge ndes ausgeführt: ".... steht weiter fest, dass vor der förmlichen Vernehmung des Angeklagten ....... ein ca. 10 Minuten dauerndes Vorgespräch geführt worden ist. Eingangs dieses Vorgesprächs wurde dem Angeklagten dabei eröffnet, dass ihm die Tötung des Sp. zur Last liege. Er wurde darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe , Angaben zur Sache zu machen oder nicht auszusagen und dass er jederzeit einen Verteidiger befragen könne. Daraufhin äußerte der Angeklagte, dass er keine Angaben zur Sache machen wolle. Als ihn KHK C. darauf hinwies, er könne nun sein Gewissen erleichtern, begann der Angeklagte zu weinen; er äußerte, er wolle nun sagen wie es passiert sei und habe den Tatablauf in groben Zügen geschildert. Daraufhin wurde das Vorgespräch unterbrochen und der Angeklagte noch einmal förmlich als Beschuldigter belehrt ... .
Die daraufhin durchgeführte Beschuldigtenvernehmung lief so ab, wie in der Niederschrift protokolliert." Die Vernehmungsniederschrift hat eingangs folgenden Inhalt: Ort der Vernehmung: 84028 L. Tag der Vernehmung: 28. 08. 2002 Vernehmungsbeginn: 11.14 Uhr Vernehmungsende: 13.40 Uhr
"Zur Sache: Vorhalt: Herr M. , Sie werden beschuldigt Herrn Sp. getötet zu haben. Sie haben das Recht, zur Sache auszusagen bzw. keine Aussage zu machen. Sie können einen Rechtsanwalt ihrer Wahl mit ihrer Vertretung beauftragen und Sie haben das Recht Beweiserhebungen zu beantragen , die zu ihrer Entlastung dienen. Fr.: Haben Sie diese Belehrung verstanden und wollen Sie aussagen ? Aw.: Ich habe diese Belehrung verstanden und will auch aussagen, ich weiß aber nicht ob ich das schaffe. Fr.: Wollen Sie einen Rechtsanwalt nehmen? Aw.: Ich habe kein Geld und ich kann mir deshalb keinen RA nehmen. Fr.: Herr M. Sie wurden schon in dieser Sache als Zeuge vernommen. Geben Sie bitte noch einmal an wie Sie Herrn Sp. kennen gelernt haben? Aw.: Wie ich Herrn Sp. kennen gelernt habe, das entspricht der Wahrheit, wie ich es damals angegeben habe."
In der Folge gestand der Beschuldigte die Tat unter S childerung des Geschehens im Detail einschließlich der Vorgeschichte sowie der Verwahrung des Toten in seiner Wohnung und der Zerstückelung der Leiche nach etwa zehn Monaten zum Transport in eine andere Wohnung unter Mithilfe seiner Freundin. Am nächsten Tag, dem 29. August 2002, wurde der Angekl agte der Haftrichterin vorgeführt. Die Vernehmungsniederschrift hat - soweit hier von Bede utung - folgenden Wortlaut: "Dem Beschuldigten wird eröffnet, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Dem Beschuldigten wird mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft beantragt habe, Haftbefehl zu erlassen. Sodann wurde der Beschuldigte belehrt, dass es ihm freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor der Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen, und dass er zur Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen könne. Der Beschuldigte erklärte: Mir tut das alles so leid. Ich habe das alles so nicht gewollt. Ich möchte nach Rumänien ausgeliefert werden und dort in Haft gehen. Ich habe das alles ja auch dort gemacht. Bevor ich Angaben zur Sache mache, möchte ich mich erst mit einem Pflichtverteidiger besprechen. … Ich möchte im Moment keine weiteren Angaben machen. Ich beantrage, dass mir ein Pflichtverteidiger bestellt wird. Ich habe nicht mehr vor mich umzubringen. Ich habe das im Dezember 2001 und im April 2002 in Rumänien versucht. Jetzt habe
ich das nicht mehr vor, weil die Tat aufgeklärt ist. Der Druck ist weg. …"
bb) In der Hauptverhandlung bestritt der Angeklagte d ie Tat. Auf der Vernehmung der Polizeibeamten über die Angaben des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung am 28. August 2002 beruhen die Urteilsfeststellungen über die Ursachen und den Ablauf der Tat sowie zum Nachtatverhalten. Zu den Angaben des Beschuldigten bei der Vorführung am 29. August 2002 wurde die Ermittlungsrichterin gehört. Der Vernehmung der genannten Zeugen und der Verwertung von deren Angaben widersprach der Verteidiger in der Hauptverhandlung. Fehlende Pflichtverteidigerbestellung und unzureichende Belehrung des Beschuldigten über sein Recht zur Verteidigerkonsultation verböten es, auf diese Beweismittel zurückzugreifen. Bei der Vorführung vor der Haftrichterin hätte der Beschuldigte darüber hinaus qualifiziert dahingehend belehrt werden müssen, dass auf seine Angaben bei der Polizei am Vortag wegen des Verwertungsverbotes nicht zurückgegriffen werden kann.
b) Die Angaben des Beschuldigten in seiner polizeilichen Vernehmung vom 28. August 2002 wie auch bei seiner Vorführung bei der Haftrichterin am 29. August 2002 sind trotz eines Belehrungsdefizits bei der polizeilichen Vernehmung verwertbar.
aa) Allerdings wäre es, nachdem der Angeklagte bei sein er polizeilichen Vernehmung am 28. August 2002 auf die Frage, ob er einen Rechtsanwalt nehmen wolle, dies nicht verneinte, sondern lediglich erklärte, er könne sich keinen Rechtsanwalt leisten, und damit klar geworden war, dass der Angeklagte eigentlich einen Rechtsanwalt konsultieren wollte, sich dazu aber allein durch
durch seine Mittellosigkeit gehindert sah, angezeigt gewesen, den so inzident geäußerten Wunsch des Angeklagten nach einem Verteidiger nicht zu übergehen. Der Angeklagte hätte zunächst darüber belehrt werden sollen, dass fehlende Mittel einen ersten Kontakt zu einem Rechtsanwalt nicht ausschließen, da dieser in Fällen der vorliegenden Art in der Regel trotzdem im Hinblick auf die später zu erwartende Pflichtverteidigerbestellung sofort tätig wird, und dass dem Beschuldigten deshalb die Möglichkeit gegeben werden kann, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens zu kontaktieren oder - gegebenenfalls - den anwaltlichen Notdienst anzurufen.
Der Tatvorwurf richtete sich auf ein Verbrechen, seinerze it Verdacht zumindest des Totschlags gemäß § 212 StGB, einem Fall der notwendigen Verteidigung gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO. Dies stand zum Zeitpunkt der Vernehmung für die polizeilichen Ermittlungsbeamten auch zweifelsfrei fest. Der Sachverhalt musste hinsichtlich des dringenden Tatverdachts nicht erst noch abgeklärt werden (vgl. BGHSt 47, 172 [176]). Aus den vielfältigen Aktivitäten vor und nach der Festnahme des Angeklagten war den Polizeibeamten die Bedeutung und das Gewicht des Tatvorwurfs auch im Übrigen vor Augen geführt worden. Der Beschuldigte wollte sich der Hilfe eines Verteidigers bedienen, sah hierzu aber allein aus wirtschaftlichen Gründen keine Möglichkeit. Hierbei irrte er. Denn Rechtsanwälte sind grundsätzlich bereit, jedenfalls bei Verbrechens -, gar Tötungsvorwürfen, auch mittellosen Beschuldigten sofort beizustehen , zumindest diese telefonisch zu beraten, im Hinblick auf eine alsbaldige Bestellung zum Pflichtverteidiger; diese zu veranlassen, sie dann auch in der Regel sofort bei der Staatsanwaltschaft beantragen. Dem Beschuldigten war dies bei seiner polizeilichen Vernehmung - anders als einen Tag später bei der Haftrichterin - ersichtlich nicht bekannt, während bei den Vernehmungsbeam-
ten - beide Kriminalhauptkommissare - die Kenntnis dieser Praxis vorausgesetzt werden kann. Deshalb wäre es hier angezeigt gewesen, den Angeklagten , damals Beschuldigten, dahingehend zu belehren, dass ihm auch im Hinblick auf eine später zu erwartende Pflichtverteidigerbestellung Gelegenheit gegeben werden könne, bei einem Rechtsanwalt seines Vertrauens bzw. beim anwaltlichen Notdienst anzurufen, auch wenn er selbst nicht die Mittel hat, den Verteidiger selbst zu bezahlen (vgl. entsprechende Erwägungen des 5. Strafsenats des BGH zur effektiven Ermöglichung des Rechts auf Verteidigerkonsultation bei vergleichbarer Situation in BGHSt 47, 233 [235] und im Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05 -).
bb) Auch dies führte hier jedoch nicht zur Unverwertbarke it der danach gemachten Angaben des Beschuldigten bei der Polizei am 28. August 2002. Hier steht kein Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO im Raum, der im Grundsatz zu einem Verwertungsverbot führt. Der Angeklagte war vor seiner Vernehmung ordnungsgemäß auf sein Recht zu Schweigen und zur Verteidigerkonsultation hingewiesen worden, sowohl vor dem "Vorgespräch", als auch nochmals vor dem Beginn der Fertigung der Vernehmungsniederschrift. Seine Unkenntnis über die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt auch im Hinblick auf eine spätere Pflichtverteidigerbestellung trat erst zu Tage, nachdem die Polizeibeamten - fürsorglich, ohne dass dies damals zwingend geboten gewesen wäre - die Frage nach dem Wunsch nach einem Verteidiger nochmals wiederholten. Als damit das Informationsdefizit des Angeklagten offenbar geworden war, hätte dies durch einen entsprechenden Hinweis behoben werden sollen.
Dass dieses unterblieb, kommt im Gewicht einer völlig feh lenden Belehrung nicht annähernd gleich. Aber nur gravierende Verfahrensverstöße können ein Verwertungsverbot auslösen, da auch dem unabweisbaren Bedürfnis einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung, dem Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren, insbesondere der wirksamen Aufklärung gerade schwerer Straftaten Verfassungsrang zukommt (vgl. BGHSt 47, 172 [179]). Dieses Aufklärungsinteresse ist mit dem hier vorliegenden Verfahrensgeschehen abzuwägen. Dabei ist hier ausschlaggebend , dass gezielte Irreführung - wie schon der geschilderte Ablauf zeigt - ausgeschlossen werden kann. Das Interesse an einer umfassenden Aufklärung der Tat überwiegt deshalb hier bei weitem. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Angeklagte während des ersten Vernehmungsteils (Vorgespräch) nach ordnungsgemäßer Belehrung die Tötung bereits in den Grundzügen geschildert hatte und auch bei der Vernehmung durch die Haftrichterin - an deren Verwertbarkeit kein Zweifel besteht - einen Tag später nach Belehrung und - nun in Kenntnis einer möglichen Pflichtverteidigerbestellung - seine Tat nochmals pauschal gestand. Seine Äußerungen bei der Ermittl ungsrichterin waren auch nicht lediglich Folge des umfassenden Geständnisses bei der Polizei am Tag davor, sondern Ausdruck seiner Erleichterung, der inneren Befreiung durch die Aufdeckung der Tat, "der Druck ist weg".
cc) Dahinstehen kann auch, ob mit der Vernehmung des nach Belehrung gemäß § 136 StPO aussagebereiten Angeklagten nicht überhaupt bis zu einer Pflichtverteidigerbestellung zugewartet werden musste (vgl. hierzu BGHSt 47, 172 einerseits, BGHSt 47, 233 andererseits), da dies bei der dann gebotenen Abwägung (vgl. BGHSt 47, 172 [179 f.]) im vorliegenden Fall jedenfalls nicht zu einem Verwertungsverbot führen könnte.

B. Die weitergehende, zwei Ordner umfassende Revisionsbe gründung (Seiten 457 bis 1538 = Gerichtsakte Blatt 1793 bis 2874) entspricht, wie der Generalbundesanwalt bereits dargelegt hat, nicht der Form des § 345 Abs. 2 StPO. Ergänzend wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Juli 2005 - 3 StR 36/05 - verwiesen.
Dieser gesonderte Teil der Revisionsbegründung stammt er sichtlich nicht von den Verteidigern des Angeklagten. Auch wenn der Angeklagte eingangs erklärt, er gebe "die nachfolgende, in Zusammenarbeit mit meinen Verteidigern erstellte Revisionsbegründung" ab, erscheint es ausgeschlossen, dass diese an der Abfassung dieses Konvoluts ernsthaft gestaltend mitgewirkt haben. Dass sie auf der letzten Seite unter der vorangestellten Unterschrift des Angeklagten ihre Unterschriften beifügten, genügt nicht. Die Schrift wurde unter dem auf der ersten Seite oben vermerkten Namen des Angeklagten mit einer - nicht immer funktionstüchtigen - mechanischen Schreibmaschine zu Papier gebracht, soweit es sich nicht um Kopien aus den Verfahrensakten handelt. In Form, Inhalt und Darstellung unterscheidet sich diese Revisionsbegründung völlig von der von den Verteidigern unter dem Briefkopf der Kanzlei gekonnt verfassten Revisionsbegründung. Diese Bewertung wird durch die Darlegung der Verteidiger in der Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht entkräftet. Literatur zur Verfügung zu stellen, genügt nicht. Dies zeigt vielmehr, dass der Angeklagte selbstständig handeln sollte. Die Behauptungen , die Verteidiger hätten die gesamte Revisionsbegründung begleitet und ihrer Kontrollfunktion insofern Genüge geleistet und beide Verteidiger hätten für den Inhalt und auch die Form die volle Verantwortung für die Revisionsbe-
gründung übernommen, sind nicht substanziiert und stehen im Widerspruch zu dem vom Angeklagten abgelieferten Schriftsatz.
Im Übrigen ergab die gleichwohl vorgenommene Durchsicht keine Anhaltspunkte für einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 114/05
vom
18. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 13. September 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


Das Landgericht Regensburg hat den Angeklagten - nach ze hnmonatiger Hauptverhandlung an 42 Verhandlungstagen - am 13. September 2004 wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte, ein Deutscher, der seinerzeit in Rumänien lebte, am 28. September 2001 in T. seinen Geschäftspartner, den deutschen Autohändler Sp. , bei einem Streit über die ausstehende Bezahlung einer Restforderung gegen den Angeklagten in Höhe von 4.500,-- DM, zur Verdeckung einer vorhergegangenen Körperverletzung , die anzuzeigen der Geschädigte gedroht hatte; er werde ihn - den Angeklagten - jetzt für immer ins Gefängnis bringen. Die Revision, die die Verletzung materiellen sowie for mellen Rechts rügt, ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), in Teilen der Revisionsbegründung - soweit sie vom Angeklagten selbst verfasst wurde - bereits unzulässig (§ 349
Abs. 1 StPO). Hierzu wird zunächst auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 29. März 2005 verwiesen. Lediglich zu folgenden Punkten ist ergänzend etwas zu bem erken: A. Zur Revisionsbegründung der Verteidiger, Rechtsanwäl te H. und B. aus R. , vom 3. Januar 2005 (Revisionsbegründung Seite 1 bis 456 = Gerichtsakte Blatt 1337 bis 1792). 1. Behauptung des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 3 StPO, da der Befangenheitsantrag gegen den Schöffen Re. Unrecht zu als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Der Befangenheitsantrag vom 30. Juli 2004 (am 37. Ver handlungstag) stützte sich insbesondere darauf, dass der Schöffe am 5. Verhandlungstag (13. November 2003) im Fahrstuhl des Gerichtsgebäudes einem Journalisten gegenüber gesagt haben soll: "DerM. ist der Täter, davon bin ich überzeugt , der soll gestehen, dann dauert das Verfahren nicht so lang." Zwei bis drei Wochen später (also spätestens im Dezember 2003) hat der Verteidiger - so der Vortrag in der Revisionsbegründung - während eines Gesprächs mit dem Journalisten beiläufig davon erfahren. "Herr M. [der Angeklagte] ist über dieses Gespräch, welches Rechtsanwalt B. mit Herrn St. [richtig: St. , der Journalist] geführt hatte, nie informiert worden", so der Verteidiger in der Begründung des Befangenheitsantrags. Ausgehend von der unterbliebenen Unterrichtung des Man danten war die Antragsstellung nicht verspätet (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO), wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, da es nach herrschender Meinung auf die Kenntnis des Angeklagten ankommt (vgl. BGHSt 37, 264 [265]; Wendisch in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 25 Rdn. 20; Pfeiffer in Karlsruher Kom-
mentar zur StPO 5. Aufl. § 25 Rdn. 3, Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 25 Rdn. 7 - ob daran festzuhalten ist, kann hier dahinstehen). Allerdings ist es kaum nachvollziehbar, dass ein gewissenhaft er (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BRAO) und den Interessen seines Mandanten verpflichteter Verteidiger jenen nicht unverzüglich über einen ihm zugetragenen, den Eindruck der Befangenheit eines Richters begründenden Sachverhalt unterrichtet und stattdessen ohne Beratung mit dem Mandanten zulässt, dass über diesen ein aus seiner Sicht möglicherweise befangener Schöffe noch monatelang zu Gericht sitzt. Bei einem so schwerwiegenden Verdacht gegen die Unbefangenheit eines Schöffen hätte sich, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, für eine sachgerechte Verteidigung die zeitnahe Ablehnung eines Mitglieds des Gerichts geradezu aufgedrängt, damit - gegebenenfalls - eine neue Hauptverhandlung ohne größere Verzögerungen mit einem unbefangenen Gericht hätte begonnen werden können. Darauf kommt es im vorliegenden Fall allerdings letztlich nicht an. Denn die Strafkammer lehnte den Befangenheitsantrag zu Recht als unbegründet ab, da ein die Befangenheit des Schöffen begründender Umstand nicht glaubhaft gemacht wurde, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Es kann hier auch dahinstehen, ob bei der langen Verha ndlungsdauer zwischen dem Vorfall, der Grundlage des Befangenheitsantrags war, und dem Zeitpunkt, als dieser gestellt wurde, in der Revisionsbegründung nicht dazu hätte etwas mitgeteilt werden müssen (§ 344 Abs. 1 Satz 2 StPO), dass zwischenzeitlich keine Umstände eingetreten sind, die den - behaupteten - Eindruck der Voreingenommenheit des Schöffen jedenfalls wieder beseitigten.
Dieser Befangenheitsantrag gibt Anlass zu dem Hinweis, d er Vorsitzende einer Strafkammer möge die ehrenamtlichen Richter bei der anempfohlenen (vgl. RiStBV Nr. 126 Abs. 1) Belehrung über mögliche Befangenheitsgründe vor einer Verhandlung jedenfalls in spektakulären Fällen ermahnen, Außenstehenden gegenüber Äußerungen über das Verfahren tunli chst zu unterlassen. Auch völlig unverfängliche Bemerkungen können missverstanden werden oder können bei mündlicher Weitergabe sinnentstellende Veränderungen erfahren (vgl. BGH wistra 2002, 267 [266]), die dann - wenn auch zu Unrecht - den Eindruck der Befangenheit vermitteln. 2. Rüge der Verletzung der §§ 163a Abs. 3 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2, 141 Abs. 3 Satz 1 StPO, Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK.
a) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrund e: aa) Zum Verfahrensgang im Ermittlungsverfahren: Am 26. August 2002 war in einem Appartement in T. zer- die stückelte Leiche des lange vermissten Sp. aufgefunden worden. Mieter des Appartements war der Angeklagte, der sich während dieses Zeitraums nicht in Rumänien aufhielt. Darüber war am Abend im rumänischen Fernsehen berichtet worden. Dies hatte das Bundeskriminalamt zur Rückfrage bei der Direktion der rumänischen Kriminalpolizei veranlasst. Das Bundeskriminalamt informierte die Kriminalpolizeiinspektion L. , die dann unter Anregung umfangreicher strafprozessualer Maßnahmen, darunter die Beantragung eines - deutschen - Haftbefehls, die Staatsanwaltschaft R. unterrichtete. Das Amtsgericht in T. hatte bereits am 27. August 2002 Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen.
Nach Einleitung von Fahndungsmaßnahmen seitens der Staa tsanwaltschaft konnte der Angeklagte bereits am 28. August 2002 um etwa 01.00 Uhr in der Wohnung seiner geschiedenen Frau in N. festgenommen werden. Gegen 01.30 Uhr wurden hiervon Staatsanwältin D. telefonisch und seitens der Polizeidirektion L. um 03.06 Uhr verschiedene andere polizeiliche Dienststellen, darunter die Lagezentrale beim Polizeipräsidium in R. und das Bayerische Landeskriminalamt in München per Fax unter richtet. Noch am selben Tag wurde der Angeklagte um etwa 11.00 Uhr Kriminalhauptkommissar E. und Kriminalhauptkommissar C. von der Polizeidirektion L. zur Beschuldigtenvernehmung vorgeführt. Das Landgericht hat hierzu in den Urteilsgründen Folge ndes ausgeführt: ".... steht weiter fest, dass vor der förmlichen Vernehmung des Angeklagten ....... ein ca. 10 Minuten dauerndes Vorgespräch geführt worden ist. Eingangs dieses Vorgesprächs wurde dem Angeklagten dabei eröffnet, dass ihm die Tötung des Sp. zur Last liege. Er wurde darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe , Angaben zur Sache zu machen oder nicht auszusagen und dass er jederzeit einen Verteidiger befragen könne. Daraufhin äußerte der Angeklagte, dass er keine Angaben zur Sache machen wolle. Als ihn KHK C. darauf hinwies, er könne nun sein Gewissen erleichtern, begann der Angeklagte zu weinen; er äußerte, er wolle nun sagen wie es passiert sei und habe den Tatablauf in groben Zügen geschildert. Daraufhin wurde das Vorgespräch unterbrochen und der Angeklagte noch einmal förmlich als Beschuldigter belehrt ... .
Die daraufhin durchgeführte Beschuldigtenvernehmung lief so ab, wie in der Niederschrift protokolliert." Die Vernehmungsniederschrift hat eingangs folgenden Inhalt: Ort der Vernehmung: 84028 L. Tag der Vernehmung: 28. 08. 2002 Vernehmungsbeginn: 11.14 Uhr Vernehmungsende: 13.40 Uhr
"Zur Sache: Vorhalt: Herr M. , Sie werden beschuldigt Herrn Sp. getötet zu haben. Sie haben das Recht, zur Sache auszusagen bzw. keine Aussage zu machen. Sie können einen Rechtsanwalt ihrer Wahl mit ihrer Vertretung beauftragen und Sie haben das Recht Beweiserhebungen zu beantragen , die zu ihrer Entlastung dienen. Fr.: Haben Sie diese Belehrung verstanden und wollen Sie aussagen ? Aw.: Ich habe diese Belehrung verstanden und will auch aussagen, ich weiß aber nicht ob ich das schaffe. Fr.: Wollen Sie einen Rechtsanwalt nehmen? Aw.: Ich habe kein Geld und ich kann mir deshalb keinen RA nehmen. Fr.: Herr M. Sie wurden schon in dieser Sache als Zeuge vernommen. Geben Sie bitte noch einmal an wie Sie Herrn Sp. kennen gelernt haben? Aw.: Wie ich Herrn Sp. kennen gelernt habe, das entspricht der Wahrheit, wie ich es damals angegeben habe."
In der Folge gestand der Beschuldigte die Tat unter S childerung des Geschehens im Detail einschließlich der Vorgeschichte sowie der Verwahrung des Toten in seiner Wohnung und der Zerstückelung der Leiche nach etwa zehn Monaten zum Transport in eine andere Wohnung unter Mithilfe seiner Freundin. Am nächsten Tag, dem 29. August 2002, wurde der Angekl agte der Haftrichterin vorgeführt. Die Vernehmungsniederschrift hat - soweit hier von Bede utung - folgenden Wortlaut: "Dem Beschuldigten wird eröffnet, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Dem Beschuldigten wird mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft beantragt habe, Haftbefehl zu erlassen. Sodann wurde der Beschuldigte belehrt, dass es ihm freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor der Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen, und dass er zur Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen könne. Der Beschuldigte erklärte: Mir tut das alles so leid. Ich habe das alles so nicht gewollt. Ich möchte nach Rumänien ausgeliefert werden und dort in Haft gehen. Ich habe das alles ja auch dort gemacht. Bevor ich Angaben zur Sache mache, möchte ich mich erst mit einem Pflichtverteidiger besprechen. … Ich möchte im Moment keine weiteren Angaben machen. Ich beantrage, dass mir ein Pflichtverteidiger bestellt wird. Ich habe nicht mehr vor mich umzubringen. Ich habe das im Dezember 2001 und im April 2002 in Rumänien versucht. Jetzt habe
ich das nicht mehr vor, weil die Tat aufgeklärt ist. Der Druck ist weg. …"
bb) In der Hauptverhandlung bestritt der Angeklagte d ie Tat. Auf der Vernehmung der Polizeibeamten über die Angaben des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung am 28. August 2002 beruhen die Urteilsfeststellungen über die Ursachen und den Ablauf der Tat sowie zum Nachtatverhalten. Zu den Angaben des Beschuldigten bei der Vorführung am 29. August 2002 wurde die Ermittlungsrichterin gehört. Der Vernehmung der genannten Zeugen und der Verwertung von deren Angaben widersprach der Verteidiger in der Hauptverhandlung. Fehlende Pflichtverteidigerbestellung und unzureichende Belehrung des Beschuldigten über sein Recht zur Verteidigerkonsultation verböten es, auf diese Beweismittel zurückzugreifen. Bei der Vorführung vor der Haftrichterin hätte der Beschuldigte darüber hinaus qualifiziert dahingehend belehrt werden müssen, dass auf seine Angaben bei der Polizei am Vortag wegen des Verwertungsverbotes nicht zurückgegriffen werden kann.
b) Die Angaben des Beschuldigten in seiner polizeilichen Vernehmung vom 28. August 2002 wie auch bei seiner Vorführung bei der Haftrichterin am 29. August 2002 sind trotz eines Belehrungsdefizits bei der polizeilichen Vernehmung verwertbar.
aa) Allerdings wäre es, nachdem der Angeklagte bei sein er polizeilichen Vernehmung am 28. August 2002 auf die Frage, ob er einen Rechtsanwalt nehmen wolle, dies nicht verneinte, sondern lediglich erklärte, er könne sich keinen Rechtsanwalt leisten, und damit klar geworden war, dass der Angeklagte eigentlich einen Rechtsanwalt konsultieren wollte, sich dazu aber allein durch
durch seine Mittellosigkeit gehindert sah, angezeigt gewesen, den so inzident geäußerten Wunsch des Angeklagten nach einem Verteidiger nicht zu übergehen. Der Angeklagte hätte zunächst darüber belehrt werden sollen, dass fehlende Mittel einen ersten Kontakt zu einem Rechtsanwalt nicht ausschließen, da dieser in Fällen der vorliegenden Art in der Regel trotzdem im Hinblick auf die später zu erwartende Pflichtverteidigerbestellung sofort tätig wird, und dass dem Beschuldigten deshalb die Möglichkeit gegeben werden kann, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens zu kontaktieren oder - gegebenenfalls - den anwaltlichen Notdienst anzurufen.
Der Tatvorwurf richtete sich auf ein Verbrechen, seinerze it Verdacht zumindest des Totschlags gemäß § 212 StGB, einem Fall der notwendigen Verteidigung gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO. Dies stand zum Zeitpunkt der Vernehmung für die polizeilichen Ermittlungsbeamten auch zweifelsfrei fest. Der Sachverhalt musste hinsichtlich des dringenden Tatverdachts nicht erst noch abgeklärt werden (vgl. BGHSt 47, 172 [176]). Aus den vielfältigen Aktivitäten vor und nach der Festnahme des Angeklagten war den Polizeibeamten die Bedeutung und das Gewicht des Tatvorwurfs auch im Übrigen vor Augen geführt worden. Der Beschuldigte wollte sich der Hilfe eines Verteidigers bedienen, sah hierzu aber allein aus wirtschaftlichen Gründen keine Möglichkeit. Hierbei irrte er. Denn Rechtsanwälte sind grundsätzlich bereit, jedenfalls bei Verbrechens -, gar Tötungsvorwürfen, auch mittellosen Beschuldigten sofort beizustehen , zumindest diese telefonisch zu beraten, im Hinblick auf eine alsbaldige Bestellung zum Pflichtverteidiger; diese zu veranlassen, sie dann auch in der Regel sofort bei der Staatsanwaltschaft beantragen. Dem Beschuldigten war dies bei seiner polizeilichen Vernehmung - anders als einen Tag später bei der Haftrichterin - ersichtlich nicht bekannt, während bei den Vernehmungsbeam-
ten - beide Kriminalhauptkommissare - die Kenntnis dieser Praxis vorausgesetzt werden kann. Deshalb wäre es hier angezeigt gewesen, den Angeklagten , damals Beschuldigten, dahingehend zu belehren, dass ihm auch im Hinblick auf eine später zu erwartende Pflichtverteidigerbestellung Gelegenheit gegeben werden könne, bei einem Rechtsanwalt seines Vertrauens bzw. beim anwaltlichen Notdienst anzurufen, auch wenn er selbst nicht die Mittel hat, den Verteidiger selbst zu bezahlen (vgl. entsprechende Erwägungen des 5. Strafsenats des BGH zur effektiven Ermöglichung des Rechts auf Verteidigerkonsultation bei vergleichbarer Situation in BGHSt 47, 233 [235] und im Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05 -).
bb) Auch dies führte hier jedoch nicht zur Unverwertbarke it der danach gemachten Angaben des Beschuldigten bei der Polizei am 28. August 2002. Hier steht kein Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO im Raum, der im Grundsatz zu einem Verwertungsverbot führt. Der Angeklagte war vor seiner Vernehmung ordnungsgemäß auf sein Recht zu Schweigen und zur Verteidigerkonsultation hingewiesen worden, sowohl vor dem "Vorgespräch", als auch nochmals vor dem Beginn der Fertigung der Vernehmungsniederschrift. Seine Unkenntnis über die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt auch im Hinblick auf eine spätere Pflichtverteidigerbestellung trat erst zu Tage, nachdem die Polizeibeamten - fürsorglich, ohne dass dies damals zwingend geboten gewesen wäre - die Frage nach dem Wunsch nach einem Verteidiger nochmals wiederholten. Als damit das Informationsdefizit des Angeklagten offenbar geworden war, hätte dies durch einen entsprechenden Hinweis behoben werden sollen.
Dass dieses unterblieb, kommt im Gewicht einer völlig feh lenden Belehrung nicht annähernd gleich. Aber nur gravierende Verfahrensverstöße können ein Verwertungsverbot auslösen, da auch dem unabweisbaren Bedürfnis einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung, dem Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren, insbesondere der wirksamen Aufklärung gerade schwerer Straftaten Verfassungsrang zukommt (vgl. BGHSt 47, 172 [179]). Dieses Aufklärungsinteresse ist mit dem hier vorliegenden Verfahrensgeschehen abzuwägen. Dabei ist hier ausschlaggebend , dass gezielte Irreführung - wie schon der geschilderte Ablauf zeigt - ausgeschlossen werden kann. Das Interesse an einer umfassenden Aufklärung der Tat überwiegt deshalb hier bei weitem. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Angeklagte während des ersten Vernehmungsteils (Vorgespräch) nach ordnungsgemäßer Belehrung die Tötung bereits in den Grundzügen geschildert hatte und auch bei der Vernehmung durch die Haftrichterin - an deren Verwertbarkeit kein Zweifel besteht - einen Tag später nach Belehrung und - nun in Kenntnis einer möglichen Pflichtverteidigerbestellung - seine Tat nochmals pauschal gestand. Seine Äußerungen bei der Ermittl ungsrichterin waren auch nicht lediglich Folge des umfassenden Geständnisses bei der Polizei am Tag davor, sondern Ausdruck seiner Erleichterung, der inneren Befreiung durch die Aufdeckung der Tat, "der Druck ist weg".
cc) Dahinstehen kann auch, ob mit der Vernehmung des nach Belehrung gemäß § 136 StPO aussagebereiten Angeklagten nicht überhaupt bis zu einer Pflichtverteidigerbestellung zugewartet werden musste (vgl. hierzu BGHSt 47, 172 einerseits, BGHSt 47, 233 andererseits), da dies bei der dann gebotenen Abwägung (vgl. BGHSt 47, 172 [179 f.]) im vorliegenden Fall jedenfalls nicht zu einem Verwertungsverbot führen könnte.

B. Die weitergehende, zwei Ordner umfassende Revisionsbe gründung (Seiten 457 bis 1538 = Gerichtsakte Blatt 1793 bis 2874) entspricht, wie der Generalbundesanwalt bereits dargelegt hat, nicht der Form des § 345 Abs. 2 StPO. Ergänzend wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Juli 2005 - 3 StR 36/05 - verwiesen.
Dieser gesonderte Teil der Revisionsbegründung stammt er sichtlich nicht von den Verteidigern des Angeklagten. Auch wenn der Angeklagte eingangs erklärt, er gebe "die nachfolgende, in Zusammenarbeit mit meinen Verteidigern erstellte Revisionsbegründung" ab, erscheint es ausgeschlossen, dass diese an der Abfassung dieses Konvoluts ernsthaft gestaltend mitgewirkt haben. Dass sie auf der letzten Seite unter der vorangestellten Unterschrift des Angeklagten ihre Unterschriften beifügten, genügt nicht. Die Schrift wurde unter dem auf der ersten Seite oben vermerkten Namen des Angeklagten mit einer - nicht immer funktionstüchtigen - mechanischen Schreibmaschine zu Papier gebracht, soweit es sich nicht um Kopien aus den Verfahrensakten handelt. In Form, Inhalt und Darstellung unterscheidet sich diese Revisionsbegründung völlig von der von den Verteidigern unter dem Briefkopf der Kanzlei gekonnt verfassten Revisionsbegründung. Diese Bewertung wird durch die Darlegung der Verteidiger in der Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht entkräftet. Literatur zur Verfügung zu stellen, genügt nicht. Dies zeigt vielmehr, dass der Angeklagte selbstständig handeln sollte. Die Behauptungen , die Verteidiger hätten die gesamte Revisionsbegründung begleitet und ihrer Kontrollfunktion insofern Genüge geleistet und beide Verteidiger hätten für den Inhalt und auch die Form die volle Verantwortung für die Revisionsbe-
gründung übernommen, sind nicht substanziiert und stehen im Widerspruch zu dem vom Angeklagten abgelieferten Schriftsatz.
Im Übrigen ergab die gleichwohl vorgenommene Durchsicht keine Anhaltspunkte für einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.