Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13

bei uns veröffentlicht am23.08.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 135/13
vom
23. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. August 2013 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kempten (Allgäu) vom 8. November 2012 mit den Feststellungen
aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Beischlaf zwischen Verwandten in fünf Fällen, wegen Vergewaltigung mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Beischlaf zwischen Verwandten in zehn Fällen, wegen Vergewaltigung mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Beischlaf zwischen Verwandten in fünf Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Die der Verurteilung des Angeklagten wegen der Sexualdelikte zu Grunde liegende Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen gebärdete sich der Angeklagte während des Verlaufs seiner 1993 eingegangenen Ehe despotisch und gewalttätig. Die Eheleute bekamen drei gemeinsame Töchter, darunter die am 6. März 1994 geborene F. . Im Jahre 2002 trennte sich die Ehefrau vom Angeklagten. Daraufhin hetzte der Angeklagte seine Tochter F. gegen die Mutter auf. F. wurde schließlich wegen aggressiven Verhaltens - so hatte sie ihre Mutter angegriffen - in einer Pflegefamilie untergebracht. Sie zog dann 2006 zu ihrem Vater. Fortan quälte er seine Tochter auf mannigfache Weise, auch durch Gewalttätigkeiten. Zudem übte er bei ihr im Mai 2007 in fünf Fällen den vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Zwischen dem 1. Juni 2007 und dem 24. November 2007 wiederholte sich dies in weiteren zehn Fällen, jedes Mal versuchte das Mädchen jedoch, ihn wegzustoßen, wobei er ihr jeweils in den Schenkel kniff, um den Widerstand zu überwinden. Im Oktober 2007 schlug der Angeklagte mit dem Duschkopf auf den Kopf von F. ein, so dass diese eine stark blutende Platzwunde und einen gebrochenen Finger an der zum Schutz hochgehaltenen Hand erlitt. Zwischen November 2007 und März 2009 war F. wegen des Verdachts der Misshandlung durch den Vater im Kinderheim untergebracht. Jedoch „gelang“ es dem Angeklagten, sie zu sich zurückzuholen. So kam es zwischen dem 6. März 2009 und Februar 2011 zu weiteren fünf Fällen des vaginalen Geschlechtsverkehrs gegen den Willen des sich wehrenden Mädchens, das der Angeklagte dabei jeweils mit Gewalt niederdrückte.
4
Das Landgericht hat die Verurteilung des zu den Vorwürfen schweigenden Angeklagten auf die für glaubhaft erachteten Angaben der Geschädigten gestützt.
5
2. Auch eingedenk des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148 f.; Beschluss vom 23. August 2012 - 4 StR 305/12, NStZ-RR 2012, 383 f.) weist die Beweiswürdigung wegen der Sexualdelikte Rechtsfehler auf.
6
In einem Fall, in dem ein Angeklagter sich nicht einlässt, nur die Aussage des einzigen Belastungszeugen zur Verfügung steht und die Entscheidung allein davon abhängt, ob diesem einen Zeugen zu folgen ist, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1997 - 2 StR 591/97, StV 1998, 250; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 72). Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
7
a) Das Landgericht hat die Angaben der Geschädigten deshalb als glaubhaft erachtet, weil sie detailreich, in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nicht von übermäßigem Belastungseifer getragen seien. Es ist indes den Urteilsgründen nicht zu entnehmen und somit für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar, worauf es diese Bewertung der Aussage stützt. Insbesondere der angenommene Detailreichtum findet weder in der kargen Darstellung des Tatgeschehens noch in der äußerst knappen Würdigung eine Stütze. Die Angaben der Geschädigten sind dort nur insoweit dargestellt, als die Zeugin die jeweiligen sexuellen Übergriffe „eher pauschal mit ‚vaginalem Eindringen‘ oder ‚vaginalem Geschlechtsverkehr‘ beschrieb“, was mit der Annahme von Detail- reichtum oder Aussagegenauigkeit in einem gewissen, von der Strafkammer nicht aufgelösten Spannungsverhältnis steht.
8
b) Auch die Feststellungen in Bezug auf die Aussageentstehung lassen eine revisionsgerichtliche Überprüfung nicht zu. Hierzu teilt das Landgericht lediglich mit, ein Zeuge S. habe erklärt, dass die Geschädigte von sich aus keine Anzeige habe erstatten wollen und er die „treibende Kraft“ hierzu ge- wesen sei. Zum Zeugen S. wird im Rahmen der Darlegungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lediglich mitgeteilt, dass im Jahr 2012 gegen den Angeklagten ein nicht rechtskräftiges amtsgerichtliches Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung zu dessen Lasten ergangen ist.
9
Das Landgericht sieht die Angaben des Zeugen S. allein als Beleg für den mangelnden Belastungseifer der Geschädigten. Dies lässt besorgen , dass es die Bedeutung der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 5. November 1997 - 3 StR 558/97, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Beweiswürdigung 3; und vom 9. Juli 2009 - 5 StR 225/09) der Angaben der Geschädigten verkannt hat. So hätte erörtert werden müssen, ob in der „treibenden Kraft“ S. ein Motiv für eine Falschbelastung gelegen haben könnte.
10
Auch hätte es der Mitteilung bedurft, ob und welche Angaben die Geschädigte während ihrer Zeit im Kinderheim zu Übergriffen des Angeklagten gemacht und wie sie sich zu einer Rückkehr in den väterlichen Haushalt verhalten hat.
11
c) Den Urteilsfeststellungen kann zudem nicht entnommen werden, anhand welcher Anknüpfungspunkte im Beweisergebnis sich das Landgericht von der Anzahl der festgestellten Taten überzeugt hat. Das Landgericht teilt hierzu lediglich mit, dass die festgestellte Anzahl der Taten nur das „absolute Minimum“ sei, wie sich aus den Angaben der Zeuginergebe. Diese Angaben der Geschädigten zur Häufigkeit werden indes nicht mitgeteilt, so dass - auch unter Berücksichtigung dessen, dass an die Feststellung einer bestimmten Anzahl von Straftaten einer gleichförmig verlaufenden Serie sexueller Missbrauchshandlungen keine übersteigerten Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. März 1997 - 3 StR 518/95, BGHSt 42, 107, 109 f.; und vom 12. November 1997 - 3 StR 559/97, BGHR StGB § 176 Serienstraftaten 8) - eine nachvollziehbare Grundlage für die dahingehende Überzeugungsbildung fehlt.

II.


12
Da der Senat nicht ausschließen kann, dass die Rechtsfehler bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten sich auch auf die Beweiswürdigung hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung ausgewirkt haben, hebt er das Urteil insgesamt auf.
13
Sollte das neue Tatgericht erneut zur Verurteilung des Angeklagten gelangen , weist der Senat auf Folgendes hin:
14
Das Schweigen als zulässiges Verteidigungsverhalten darf dem Angeklagten weder bei der Strafzumessung noch bei der Prüfung der Voraussetzungen der Maßregel der Sicherungsverwahrung angelastet werden. Auf eine mangelnde Auseinandersetzung mit den hiesigen, vom Angeklagten nicht eingeräumten Taten kann weder die Begründung des Hangs noch der Gefahrenprognose gestützt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. März 2012 - 1 StR 64/12, StV 2012, 597; und vom 26. Oktober 2011 - 5 StR 267/11, NStZ-RR 2012, 9).
15
Auch im Übrigen hätten die Urteilsausführungen zur Anordnung der Sicherungsverwahrung revisionsgerichtlicher Kontrolle nicht standgehalten. Sollte sich für das neue Tatgericht die Frage der Anordnung der Maßregel erneut stellen, wird es sorgfältiger als bisher sowohl die formellen - anders als die Anordnungsvarianten nach § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB verlangt die des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB eine qualifizierte Vorverurteilung zu Freiheitsstrafe - als auch die materiellen Voraussetzungen der Anordnung der Sicherungsverwahrung zu prüfen haben. Der Hang als eingeschliffenes Verhaltensmuster , bei dem es sich um einen Rechtsbegriff handelt, der als solcher dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist, bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand (BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 - 4 StR 87/11, NStZ-RR 2011, 272). Seine Feststellung obliegt - nach sachverständiger Beratung - unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgeblichen Umstände dem Richter in eigener Verantwortung (BGH, Beschluss vom 30. März 2010 - 3 StR 69/10, StV 2010, 484; Urteile vom 15. Februar 2011 - 1 StR 645/10, NStZ-RR 2011, 204; und vom 17. Dezember 2009 - 3 StR 399/09). Diese tatrichterliche Gesamtwürdigung kann nicht durch den Verweis auf die Schlüssigkeit der sachverständigen Ausführungen und den Hinweis, dass diese von keinem Verfahrensbeteiligten angezweifelt worden seien, ersetzt werden.
16
Soll im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung ein manipulatives Verhalten des Angeklagten verwertet werden, so ist dies entsprechend zu belegen. Auch die Frage, in welchem Zusammenhang zur eingeschliffenen Neigung zur Begehung bestimmter Delikte Vorahndungen wegen „verschiedenster Delikte“ oder das Fehlen einer „konstanten Berufstätigkeit“ stehen,ist entsprechend zu erörtern.
Wahl Graf Cirener
Radtke Mosbacher

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2011 - 1 StR 501/11

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 501/11 vom 14. Dezember 2011 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Dezember 2011, an der teilgenommen hab

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2011 - 5 StR 267/11

bei uns veröffentlicht am 26.10.2011

5 StR 267/11 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 26. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2011 beschlossen: Auf die Revision des Angek

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 305/12

bei uns veröffentlicht am 23.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 305/12 vom 23. August 2012 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Angeklagten

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2011 - 4 StR 87/11

bei uns veröffentlicht am 25.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 87/11 vom 25. Mai 2011 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Mai 2011 gemäß § 349 Ab

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2009 - 5 StR 225/09

bei uns veröffentlicht am 09.07.2009

5 StR 225/09 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 9. Juli 2009 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2009 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgeri

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2010 - 3 StR 69/10

bei uns veröffentlicht am 30.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 69/10 vom 30. März 2010 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2012 - 1 StR 64/12

bei uns veröffentlicht am 20.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 64/12 vom 20. März 2012 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagte
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2013 - 1 StR 135/13.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2013 - 1 StR 380/13

bei uns veröffentlicht am 18.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 380/13 vom 18. September 2013 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. September 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Re

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 501/11
vom
14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte – bei der Verhandlung –,
Justizangestellte – bei der Verkündung –
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2011 wird verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der verheiratete Angeklagte seit dem Jahr 2005 ein Verhältnis mit F. Ö. . Zu Beginn des Verhältnisses lebte er noch in seiner ehelichen Wohnung. Die Beziehung zum Angeklagten wurde von F. Ö. als gut empfunden. Dies änderte sich jedoch, als der Angeklagte im Jahr 2009 A. K. kennenlernte und mit ihr ein sexuelles Verhältnis einging. F. Ö. beauftragte einen Detektiv, der den Angeklag- ten überwachen sollte. Aufgrund von dessen Erkenntnissen gelang es F. Ö. , den Angeklagten im Bett mit A. K. zu überraschen.
3
Nach einer vorübergehenden Trennung versöhnten sich beide wieder. Sein Versprechen, sich nicht mehr mit A. K. zu treffen, hielt der Angeklagte allerdings nicht ein. Wegen der Vermutung F. Ö. s, dass das Verhältnis zur neuen Freundin andauere, kam es immer wieder zum Streit zwischen beiden. Dabei wurde der Angeklagte auch handgreiflich gegen F. Ö. . Auch diese ergriff bei einer solchen Gelegenheit einmal ein Messer und verletzte den Angeklagten an der Hüfte. Im Januar 2010 kam es dann zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte auf F. Ö. einschlug und dabei sagte, sie solle "verrecken". Um dies zu erreichen, werde er sie "bis morgen früh festhalten". F. Ö. gelang es jedoch zu flüchten und Strafanzeige zu erstatten. Ein behördliches Annäherungsverbot missachtete der Angeklagte mehrfach. Dabei führte er u.a., wenn sie ihm das Gesicht zuwandte, seinen Zeigefinger an seinem Hals vorbei, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass er ihr den Hals abschneiden wolle. Außerdem schlug er mit der Handkante mehrfach schnell auf seine Handfläche, um ihr zu verdeutlichen, dass er sie zerstückeln wolle. Nachdem F. Ö. ihn deswegen angezeigt hatte und er als Beschuldigter vernommen worden war, nahm sie ihn aber auf sein Drängen hin wieder in ihrer Wohnung auf. Den gestellten Strafantrag nahm sie mit der Begründung wieder zurück, sie sei mit dem Angeklagten verlobt.
4
2. Zum Tatgeschen hat das Landgericht Folgendes festgestellt: Der Angeklagte wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und 26. März 2010 auf F. Ö. in deren Wohnung wütend, weil sie verlangt hatte, dass er aus ihrer Wohnung ausziehe. Er vermutete, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann habe. Dies wollte er sich nicht gefallen lassen. Er bezichtigte F. Ö. der Untreue und packte sie, als sie dies bestritt, mit beiden Händen am Hals. Dann drückte er sie der Länge nach auf das Sofa, so dass sie auf dem Rücken zum liegen kam, kniete sich über sie, fixierte ihre Arme, indem er seine Knie auf ihren Oberarmen aufstützte, und drückte mit beiden Händen mindestens dreimal ihren Hals zu. Dabei legte er die Handflächen seitlich an ihren Hals und die Daumen auf ihre Halsvorderseite an den Kehlkopf. Beim dritten Mal drückte er so heftig und so lange zu, nämlich mindestens 10 bis 15 Sekunden, dass F. Ö. das Bewusstsein verlor. Als sie entgegen seiner Erwartung wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte, sagte er zu ihr: "Bist Du noch immer nicht verreckt", nahm aber von ihm möglichen , weiteren tätlichen Angriffen auf F. Ö. Abstand. Während sie seinem Würgegriff ausgesetzt war, erlebte F. Ö. Schmerzen und Todesangst. Nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit musste sie sich übergeben. Danach hatte sie am Hals Druckstellen sowie zwei Tage lang Hautrötungen und litt mehrere Tage unter Schluckbeschwerden. Seitdem kann sie aus Angst nicht mehr alleine schlafen.
5
Aus Angst vor dem Angeklagten wagte sie zunächst nicht, zum Arzt zu gehen, Anzeige zu erstatten oder jemandem von dem Vorfall zu berichten. Erst am 11. April 2010 vertraute sie sich ihrer Freundin C. an und erstattete dann Strafanzeige gegen den Angeklagten, weil er ihr in der Woche vom 22. bis 26. März 2010 im Streit die Kehle zugedrückt habe, bis sie ohnmächtig geworden sei. Am Tag nach der Strafanzeige flog F. Ö. mit ihren beiden Kindern in die Türkei und kehrte erst im Juni 2010 wieder nach Deutschland zurück.
6
Der Angeklagte nahm in der Folge mit A. K. eine gemeinsame Wohnung. Nach F. Ö. s Rückkehr aus der Türkei traf er auch mit dieser bei wenigen Gelegenheiten nochmals zusammen. U.a. besuchten sie gemeinsam ein Spielkasino. Dabei wusste der Angeklagte noch nicht, dass er von F. Ö. angezeigt worden war; sie ließ sich auch nichts anmerken. Erst am 12. Juli 2010 wurde der Angeklagte angesichts einer Vorladung bei der Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontiert.
7
3. Nachdem der Angeklagte zunächst gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache gemacht hatte, bestritt er in der Hauptverhandlung , seine damalige Freundin F. Ö. gewürgt zu haben. Er habe sich wegen A. K. von F. Ö. getrennt, sei aber dann mit ihr wieder zusammengekommen und habe sich mit ihr verlobt. Am 11. April 2010 habe er sich dann erneut von ihr getrennt, wobei sie geweint und ihn bedroht habe. Nach zwei bis drei Monaten habe er dann Anrufe von F. Ö. erhalten, die sich wieder mit ihm versöhnen wollte, was er aber abgelehnt habe. Dann sei er überraschend von der Polizei festgenommen worden. Die Anschuldigungen von F. Ö. träfen nicht zu. Sie habe diese nur erhoben, weil er eine viel hübschere und viel intelligentere neue Freundin habe.
8
4. Demgegenüber hat F. Ö. in der Hauptverhandlung den Sachverhalt wie vom Landgericht festgestellt geschildert. Als sie den Angeklagten aufgefordert habe, aus ihrer Wohnung auszuziehen, habe er "durchgedreht" und geschrien "Du hast mich betrogen!". Er habe sich dann mit seinenKnien auf ihre Arme gesetzt und sie dreimal gewürgt, bis sie bewusstlos geworden sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe er gesagt: "Bist Du noch immer nicht verreckt". Sie habe durch das Würgen rote Druckstellen am Hals gehabt, die zwei Tage sichtbar gewesen seien. Allerdings habe sie einen Schal um den Hals getragen; die Druckstellen habe sie niemandem gezeigt.
9
Nach der Tat habe sie weiter mit dem Angeklagten in der Wohnung gelebt. Sie habe ihn auch chauffiert, da er keinen Führerschein gehabt habe. Am Tag nach der Tat habe sie zwar zum Arzt gehen wollen, der Angeklagte habe ihr dies aber verboten. Aus Angst vor dem Angeklagten sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Erst am 11. April 2010 habe sie den Mut gefunden, den Angeklagten zu verlassen und habe sich drei Freundinnen offenbart. Ihre Freundin C. habe sie dabei aufgefordert Strafanzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, was sie dann auch getan habe. Nach der Anzeigeerstattung bei der Polizei sei sie für mehrere Wochen in die Türkei geflogen.
10
5. Das Landgericht hält den Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise, insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin F. Ö. , für überführt. Es ist davon überzeugt, dass deren Angaben einem tatsächlichen Erleben entsprechen und glaubhaft sind, zumal sie schon in der Vergangenheit vom Angeklagten misshandelt worden war. Auch die Beobachtungen von Zeugen, welche F. Ö. am Tag der Anzeigenerstattung erlebt hatten, sprächen dafür, dass sie das Geschilderte tatsächlich erlebt habe.

II.

11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg; sie ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch und die Nachprüfung des Urteils aufgrund der näher ausgeführten Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
12
1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. September 2011 genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Einer Erörterung bedarf Folgendes:
13
Soweit die Revision im Rahmen einer Aufklärungsrüge die Behauptung aufstellt, das Landgericht habe die von der Zeugin F. Ö. im Ermitt- lungsverfahren gemachten Angaben in wesentlichen Teilen nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und dadurch gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen (zu den Voraussetzungen einer solchen Rüge vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01), trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen nach der Schilderung der Angaben der Zeugin Ö. in der Hauptverhandlung (UA S. 19 - 23) die "Aussagequalität" einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Dabei hat es auch die Aussagen der Zeugin in der Hauptverhandlung mit denen bei der Anzeigeerstattung am 11. April 2010 und mit denen bei einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 29. Juni 2010 verglichen. Hierzu hat es ausweislich der Urteilsgründe die jeweiligen Vernehmungsbeamten als Zeugen vernommen und deren Angaben in den Urteilsgründen wiedergegeben (UA S. 23 - 25). Die auf der Basis des Vergleichs der Angaben der Zeugin F. Ö. vorgenommene Wertung des Landgerichts, deren Aussage sei "von Anfang an logisch, konsistent und detailliert gewesen, (habe) Einzelheiten und psychische Vorgänge enthalten und (sei) konstant gewesen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es keinen "Wechsel in der Beschreibung, wie es zur Tat gekommen" ist, dar, wenn F. Ö. bei der ersten Vernehmung als Grund für die Tat lediglich angegeben hat, der Angeklagte habe ihr "im Streit" die Kehle zugedrückt, und die Eifersucht des Angeklagten als Tatmotiv erst bei späteren Vernehmungen erwähnt hat.
14
2. Auch die Sachrüge, mit der im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird, deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge- nügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, StV 1994, 580). Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
16
b) Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch in den Blick genommen, dass für das eigentliche Tatgeschehen außer der Belastungszeugin F. Ö. keine weiteren Tatzeugen vorhanden waren und die von ihr geschilderten (UA S. 20) Druckstellen am Hals von Dritten nicht wahrgenommen worden waren (UA S. 37).
17
In einem solchen Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 15) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 4 StR 511/98, NStZ-RR 1999, 139). Dies hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei getan.
18
aa) Das Landgericht hat die Aussage der Belastungszeugin F. Ö. "auf aussageimmanente Qualitätsmerkmale wie logische Konsistenz, quantitativen Detailreichtum, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, deliktsspezifische Aussageelemente, auf Konstanz und Motivation unter Berücksichtigung der Persönlichkeit" überprüft und hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass ihre Angaben einem persönlichen Erleben entsprechen und deshalb glaubhaft sind.
19
Zur Überprüfung der Qualität der Aussage der F. Ö. hat das Landgericht deren Aussagen im Ermittlungsverfahren mit den Angaben in der Hauptverhandlung verglichen. Es hat dabei festgestellt, dass die Angaben von Anfang an detailreich und konstant gewesen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe F. Ö. Angaben, die sie gegenüber dritten Personen oder gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe, korrigiert oder auch nur korrigieren wollen (UA S. 58). Den erkennbar fehlenden Belastungseifer von F. Ö. hat das Landgericht ebenso in die Gesamtwürdigung einbezogen wie die "rechtsmedizinische Plausibilität" der von ihr geschilderten Verletzungen und den Umstand, dass der Angeklagte F. Ö. bereits mehrfach verletzt und - unter Zeugen - auch mit Gesten bedroht hatte.
20
bb) Den bedeutsamen Umstand, dass objektive Spuren für das Würgen nicht gesichert werden konnten, hat das Landgericht eingehend erörtert. Es hat dabei berücksichtigt, dass F. Ö. angeben hatte, die durch das Würgen entstandenen Hautrötungen seien zwei Tage sichtbar gewesen. Um diese zu verbergen, habe sie ein Halstuch getragen. Die Tatsache, dass F. Ö. tatsächlich einen Schal getragen habe, hat deren Mutter als Zeugin bestätigt.
21
cc) Mit dem Umstand, dass F. Ö. auch anhand eines Kalenders den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht genauer eingrenzen konnte als durch Angabe der Woche vom 22. bis 26. März 2010, hat das Landgericht ebenfalls eingehend erörtert (UA S. 43 ff.). Es hat dabei ebenso berücksichtigt, dass die Tage der F. Ö. als Hausfrau eintönig verlaufen waren, wie, dass die Vernehmungsbeamtin bei der Anzeigeerstattung nicht den Versuch unternommen hatte, sie zu einer näheren Festlegung zu veranlassen. Samstag und Sonntag konnte F. Ö. als Tattag ausschließen, weil ihre Kinder in der Schule gewesen seien.
22
dd) Die Möglichkeit einer Falschbelastung des Angeklagten durchF. Ö. hat das Landgericht ebenfalls erörtert und im Rahmen der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat dabei nicht nur Eifersucht, sondern auch finanzielle Gründe als mögliches Falschbelastungsmotiv in den Blick genommen. Dabei hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass F. Ö. den Angeklagten nicht nur be-, sondern auch entlastet habe, indem sie insbesondere darauf hingewiesen habe, dass der Angeklagte sie nicht habe umbringen wollen, weil er sie "doch so geliebt habe". Auch habe sie geschildert, dass der Angeklagte, "nachdem sie wieder zu sich gekommen sei, nicht mehr tätlich geworden sei, obwohl er ohne weiteres die Gelegenheit dazu gehabt hätte".
23
ee) Schließlich hat das Landgericht in die Gesamtwürdigung der für und gegen eine Tatbegehung des Angeklagten sprechenden Umstände auch einbezogen , dass der Angeklagte F. Ö. bereits im Januar 2010 geschlagen , getreten und später auch noch bedroht hatte und von F. Ö. wegen dieser Vorgänge zu Recht angezeigt worden war.
24
ff) Den Grund für den "auffälligen" (UA S. 45) Umstand, dass F. Ö. mit dem Angeklagten nach dessen "Würgeangriff" weiter in einer Wohnung zusammengelebt und ihn - weil er im Jahr 2009 seinen Führerschein verloren hatte - abends und nachts zu den Gaststätten gefahren hat, in denen der Angeklagte als Automatenaufsteller Geldspielautomaten aufgestellt hatte, hat das Landgericht ebenso wie den Grund für die späte Anzeigerstattung in ihrer Einschüchterung durch den Angeklagten gesehen (UA S. 45). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich die Angabe der F. Ö. , sie habe erst am 11. April 2010 den Mut gefunden, den Angeklagten anzuzei- gen, weil ihr an diesem Tag die Hilfe und Unterstützung der Familie und ihrer Freundinnen zuteil geworden sei, mit den Wahrnehmungen der Zeuginnen C. sowie F. und Ka. K. deckte (UA S. 41).
25
c) Die von der Revision behaupteten Lücken in der Beweiswürdigung liegen nicht vor.
26
aa) Den Umstand, dass F. Ö. nach der Tat und auch noch nach ihrer im unmittelbaren Anschluss an die Anzeigeerstattung am 11. April 2010 angetretenen Reise in die Türkei Angst vor dem Angeklagten hatte, hat das Landgericht gesehen (UA S. 16) und auch mit Blick auf die Frage der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben erörtert. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass F. Ö. in den Tagen nach der Tat die Möglichkeit hatte, Zeiten der Abwesenheit des Angeklagten zum Arztbesuch auszunutzen oder um eine Strafanzeige zu erstatten. Das Landgericht hat sich dabei rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass das zögerliche Verhalten der Zeugin auf deren Angst vor dem Angeklagten zurückzuführen war (UA S. 45). Insbesondere angesichts der vom Landgericht in den Blick genommenen Erfahrungen der ZeuginF. Ö. nach der Strafanzeige gegen den Angeklagten wegen des Vorfalls im Januar 2010 (UA S. 46), ist diese Überzeugung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte F. Ö. nach jener Strafanzeige bedroht und bedrängt , bis sie ihn schließlich wieder in ihre Wohnung aufnahm und den Strafantrag zurücknahm (UA S. 12).
27
bb) Das Landgericht hat auch erörtert, dass sich F. Ö. noch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei mit dem Angeklagten traf, obwohl sie bereits Anzeige gegen ihn erstattet hatte (UA S. 15, 56). Es musste diese Treffen auch nicht als gegen die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben der Zeugin Ö. sprechenden Umstand werten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichtswusste der Angeklagte bei diesen Treffen noch nicht, dass F. Ö. Anzeige gegen ihn erstattet hatte; sie hat ihn davon auch nicht unterrichtet. Dass die Initiative zu diesen Treffen von der Zeugin ausgegangen sei, hat das Landgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat ihr das Landgericht geglaubt , dass sie keine Versuche unternommen hat, den Angeklagten wieder für sich zu gewinnen (UA S. 56). Diese - rechtsfehlerfreien - Erwägungen belegen auch, dass das Landgericht entgegen der Annahme der Revision bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben F. Ö. s im Blick hatte, dass diese auch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei noch Angst vor dem Angeklagten hatte.
28
cc) Auch den Umstand, dass F. Ö. die von ihr beschriebenen und nur kurze Zeit sichtbaren (UA S. 28) Druckstellen am Hals niemandem - und damit auch nicht ihren Kindern - zeigte und im Übrigen ein Halstuch trug, hat das Landgericht ausdrücklich erörtert. Eine Aufklärungsrüge zu den Wahrnehmungen ihrer Kinder ist nicht erhoben. Mit den Angaben der Schwester der F. Ö. , sie habe keine Verletzungen am Hals ihrer Schwester gesehen, hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 38).
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 305/12
vom
23. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Angeklagten am 23. August 2012 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 7. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 3. Mai 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Die der Verurteilung des Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger zu Grunde liegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen lebte der Angeklagte mit der Nebenklägerin und deren Lebensgefährten, einem Halbbruder des Angeklagten, in einer Wohnung. Im Dezember 2009 suchte die Nebenklägerin den Angeklagten in seinem Zimmer auf, weil sie nicht schlafen konnte. Zuvor hatte sie ein ihr verschriebenes Antidepressivum in einer überhöhten Dosis eingenommen, das eine beruhigende und schlaffördernde Wirkung hatte. Beide setzten sich auf das Bett des Angeklagten und sahen sich eine DVD an. Nachdem die Nebenklägerin auf dem Bett liegend eingeschlafen war, entkleidete der Angeklagte ihren Unterleib und führte an ihr den vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Als die Nebenklägerin erwachte, stieß sie den Angeklagten von sich, der daraufhin außerhalb ihres Körpers zur Ejakulation kam (UA 10). Die schockierte Nebenklägerin verließ das Zimmer und begab sich weinend ins Bad, um sich zu waschen. Anschließend kehrte sie zu ihrem schlafenden Lebensgefährten zurück, ohne ihm etwas von dem Geschehenen zu berichten. Als die Nebenklägerin den Angeklagten am nächsten Tag auf den Vorfall ansprach, erklärte dieser, dass er von einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr ausgegangen sei. Am 17. Dezember 2009 erfuhr die Nebenklägerin von ihrer Frauenärztin, dass sie schwanger ist. Daraufhin erklärte sie dem Angeklagten, dass sie den Vorfall nun ihrem Lebensgefährten offenbaren werde, weil sie sich des genauen Zeitpunkts des Geschlechtsverkehrs mit ihm nicht mehr sicher war und deshalb befürchtete, er könnte der Vater des Kindes sein (UA 11).
4
Der Angeklagte hat angegeben, dass ihn die Nebenklägerin in seinem Zimmer aufgesucht habe und es in der Folge zu einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen sei. Bereits zuvor habe es bei zwei Gelegenheiten sexuelle Kontakte (Handverkehr) zwischen ihm und der Nebenklägerin gegeben. Drei bis vier Tage nach dem Vorfall habe die Nebenklägerin einen Schwangerschaftstest durchgeführt, der positiv verlaufen sei. Daraufhin habe sie ihm vorgeworfen, dass er der Vater sei und angekündigt, ihrem Lebensgefährten von dem Vorfall zu erzählen. Er habe sie daraufhin eindringlich gebeten , dabei die Wahrheit zu sagen. Dies habe die Nebenklägerin mit der Begründung abgelehnt, dass dann ihr Lebensgefährte die Beziehung zu ihr beenden würde. Sie werde deshalb behaupten, der Angeklagte habe sie vergewaltigt, nachdem sie unter dem Einfluss eingenommener Medikamente eingeschlafen sei (UA 15).
5
Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten auf die für glaubhaft erachtete Einlassung der Nebenklägerin gestützt. Dabei ist das Landgericht dem aussagepsychologischen Gutachten der Sachverständigen O. gefolgt, die zu dem Schluss gelangt ist, dass die Angaben der Nebenklägerin ausschließlich mit der Erlebnishypothese in Einklang zu bringen sind (UA 21 f.).
6
2. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148, 149; Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). In einem Fall in dem Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung allein davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat, die die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten beeinflussen können (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148, 149; Beschluss vom 15. Januar 2008 – 4 StR 533/07; Beschluss vom 22. Januar 2002 – 5 StR 549/01, NStZ-RR 2002, 146; Beschluss vom 23. Mai 2000 – 1 StR 156/00, NStZ 2000, 496, 497). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
7
a) Die Ausführungen des Landgerichts zu den Angaben der Nebenklägerin in Bezug auf frühere sexuelle Kontakte mit dem Angeklagten lassen besorgen , dass nahe liegende Gesichtspunkte nicht in Betracht gezogen worden sind, deren Berücksichtigung zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis führen könnte.
8
Die Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung (UA 18) und bei ihrer zweiten polizeilichen Einvernahme im Ermittlungsverfahren angegeben (UA 26, 31), an sexuelle Kontakte mit dem Angeklagten im Vorfeld des Tatgeschehens keine Erinnerung zu haben. Das Landgericht hat darin kein gegen die Glaubhaf- tigkeit ihrer Angaben sprechendes Indiz gesehen, weil bei einer „konstruierten Aussage“ eine „komplikationslose Verneinung“ dieser Frage zu erwarten gewe- sen wäre. Zudem habe die Nebenklägerin die ihr verordneten Medikamente schon vor dem Tatgeschehen in eigenmächtig überhöhter Dosierung eingenommen , sodass aus ihrer Sicht zumindest die Möglichkeit bestanden habe, dass sich der Angeklagte ihr zuvor schon in ähnlicher Weise genähert und sexuelle Handlungen an ihr begangen haben könnte (UA 32).
9
Macht ein Zeuge in Bezug auf ein wenig vergessensanfälliges Erleben eine unter normalen Bedingungen nicht erklärbare Erinnerungslücke geltend, besteht Grund zu der Annahme, dass er dieses Thema meiden will und sein Aussageverhalten auch im Übrigen einer entsprechenden Steuerung unterliegt. Das Landgericht hätte daher erörtern müssen, ob die Nebenklägerin der Frage nach weiteren, insbesondere einvernehmlichen sexuellen Kontakten mit dem Angeklagten ausweichen wollte und – bejahendenfalls – inwieweit sich daraus Schlüsse auf eine entsprechende Steuerung ihrer Aussage auch in Bezug auf die Schilderung des Tatgeschehens ziehen lassen.
10
Die Erwägung, dass bei einer erfundenen Aussage eine „komplikationslose Verneinung“ der Frage nach einvernehmlichen sexuellen Handlungen zu erwarten gewesen wäre, vermag die glaubwürdigkeitskritische Bedeutung der geltend gemachten Erinnerungslücke nicht zu entkräften. Zwar trifft es zu, dass ein falsche Anschuldigungen erhebender Zeuge häufig darauf bedacht sein wird, seine Einlassung von Schwächen freizuhalten (vgl. Niehaus in Volbert/ Steller, Handbuch der Rechtspsychologie, S. 314), sodass in dem Zugeständnis von Erinnerungslücken ein motivationsbezogenes Glaubhaftigkeitsmerkmal gesehen werden kann (vgl. Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie, 2. Aufl. Rn. 732), doch kann dies nur für Erinnerungslücken gelten, die mit allgemeinen Gedächtnisgesetzmäßigkeiten erklärbar sind und deshalb auf eine ungesteuerte Aussageweise hindeuten. So liegt es hier aber gerade nicht.
11
Die Annahme des Landgerichts, die Nebenklägerin könnte im Unklaren darüber gewesen sein, ob sie schon zuvor von dem Angeklagten ohne ihr Wissen in ähnlicher Weise sexuell angegangen worden ist, findet in den Urteilsgründen keine Stütze und ist eine bloße Vermutung. Sie ist zudem unbehelflich, weil ein solcher sexueller Kontakt unfreiwillig gewesen wäre und es an dieser Stelle vornehmlich um die Frage ging, ob die Nebenklägerin freiwillig sexuelle Handlungen mit dem Angeklagten vorgenommen hat.
12
b) Die Wertung des Landgerichts, wonach sich „gerade auch in den be- stehenden Erinnerungslücken“ eine Konstanz in der Aussage der Nebenkläge- rin gezeigt habe (UA 30, 31), korrespondiert nicht in jeder Hinsicht mit allgemeinen Erfahrungssätzen.
13
Der Annahme, dass in der Übereinstimmung von Aussageinhalten in aufeinanderfolgenden Vernehmungen ein Indiz für das Vorliegen einer erlebnisbegründeten Aussage gesehen werden kann, liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Beobachtungen realer Vorgänge und eigene Erlebnisse zuverlässiger gespeichert werden, als aus dem Allgemeinwissen zusammengesetzte oder von Dritten vorgegebene Inhalte (vgl. Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 5. Aufl., S. 51). Eine für die Glaubwürdigkeitsbeurteilung bedeutsame Konstanz kann sich daher nur in Bezug auf hinreichend komplexe Sachverhaltsschilderungen ergeben (Greuel, Wirklichkeit-Erinnerung-Aussage, S. 38; Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 5. Aufl., S. 53 ff.). Sie lässt sich dagegen nur mit Einschränkungen auf die wiederholte Äußerung stützen, zu einem bestimmten Geschehen nichts mehr zu wissen.
14
c) Die Bewertung der Abweichungen in den Angaben der Nebenklägerin zum Kerngeschehen weist einen Erörterungsmangel auf.
15
Die Nebenklägerin hat im Ermittlungsverfahren angegeben, bei dem Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten auf der rechten Seite mit etwa rechtwinklig angewinkelten Beinen gelegen zu haben, während der Angeklagte auf dem Bett hinter ihr kniete und von hinten in sie eingedrungen sei. Ob sie tatsächlich auf der rechten Seite gelegen habe, könne sie nicht mehr mit Bestimmtheit sagen (UA 25). Bei der drei Wochen später erfolgten Exploration durch die Sachverständige war sich die Nebenklägerin hinsichtlich ihrer Lage auf dem Bett nicht mehr sicher. Sie gab an, dass sich „vor ihren Augen ein Bild entwickelt“ habe, nach dem sie auf dem Rücken gelegen und der Angeklagte sich über ihr befunden habe (UA 27). In der Hauptverhandlung erklärte die Nebenklägerin hierzu „dass sie gelegen und sich der Angeklagte über ihr be- funden habe. Ob sie dabei auf der rechten Seite gelegen habe, könne sie nicht mehr sagen“ (UA 19). Die vom Landgericht angehörte Sachverständige hat die- se Abweichungen für unbedenklich gehalten, weil die polizeiliche Aussage nicht zeitnah zu dem Tatgeschehen erfolgt und die Zeugin bestrebt gewesen sei, den Vorfall zu verdrängen (UA 29). Dem hat sich das Landgericht angeschlossen (UA 30) und weiter ausgeführt, dass bei einer Aussagekonstruktion zu erwarten gewesen wäre, dass die Nebenklägerin bestehende Unsicherheiten im Lauf der Vernehmungen ausräumt (UA 31).
16
Eine Inkonstanz in den Bekundungen eines Zeugen stellt einen Hinweis auf mangelnde Glaubhaftigkeit der Angaben insgesamt dar, wenn sie nicht mehr mit natürlichen Gedächtnisunsicherheiten erklärt werden kann (BGH, Urteil vom 30. Juli 1999 – 1 StR 618/98, BGHSt 45, 164, 172). Bei der Schilderung von körpernahen Ereignissen ist im Allgemeinen zu erwarten, dass der Zeuge globale Körperpositionen bei der Haupthandlung auch über längere Intervalle in Erinnerung behält (Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 5. Aufl., S. 53; Greuel, Wirklichkeit-Erinnerung-Aussage, S. 38 f.). Das Landgericht hätte sich daher näher damit auseinandersetzen müssen, dass die Nebenklägerin ihre eigene Gesamtkörperposition bei zwei kurz aufeinanderfolgenden Vernehmungen abweichend geschildert hat. Mit einem Bemühen um Verdrängung ist dies nicht ohne Weiteres erklärbar.
17
d) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht ein Falschaussagemotiv ausgeschlossen hat, stehen nicht im Einklang mit dem übrigen Beweisergebnis.
18
Das Landgericht hat in Betracht gezogen, dass die Nebenklägerin aufgrund der bei ihr festgestellten Schwangerschaft gegenüber ihrem Lebensgefährten ein schlechtes Gewissen bekommen und sich daraufhin zu rechtfertigen versucht haben könnte. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass für die Nebenklägerin im Fall einvernehmlicher sexueller Handlungen nicht die Not- wendigkeit bestanden hätte, sich ihrem Lebensgefährten anzuvertrauen. Sie habe sich nicht in einer Rechtfertigungssituation befunden, da die Vaterschaft ihres Lebensgefährten von keiner Seite angezweifelt worden sei. Die Offenbarung des Vorfalls habe vielmehr nur die Funktion gehabt, sich durch eine Aussprache von einem innerlich belastenden Erleben zu befreien. Ein einvernehmliches sexuelles Erleben mit dem Angeklagten hätte sie hingegen verschweigen können. Insofern deuteten die gewichtigeren Umstände darauf hin, dass ein sich stetig steigernder innerer Druck, der durch die Schwangerschaft entscheidend verstärkt worden sei, dazu geführt habe, dass sie sich ihrem Lebensgefährten habe anvertrauen müssen (UA 39).
19
Nach den Feststellungen hat die Nebenklägerin ihrem Lebensgefährten den Vorfall unmittelbar nach dem positiv verlaufenen Schwangerschaftstest offengelegt und dies gegenüber dem Angeklagten damit begründet, dass sie sich des genauen Zeitpunkts des Geschlechtsverkehrs mit ihm, dem Angeklagten , nicht mehr sicher sei und deshalb befürchte, er könne der Vater des Kindes sein (UA 11). Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung (UA 20). Anlass für die Offenbarung war danach allein die konkrete Angst, infolge des Geschlechtsverkehrs mit dem Angeklagten schwanger geworden zu sein und nicht ein sich stetig steigernder innerer Druck. Die Erwägung, dass für die Nebenklägerin bei einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr kein Grund bestanden hätte, sich ihrem Lebenspartner anzuvertrauen , geht vor diesem Hintergrund ebenso ins Leere, wie die Annahme, dass sie sich nicht in einer Rechtfertigungssituation befunden habe, weil bisher noch keine Zweifel in Bezug auf die Vaterschaft angemeldet worden seien.
20
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Dazu wird es sich empfehlen, einen anderen Sachverständigen zu Rate zu ziehen.

II.


21
Sollte das Landgericht wieder zu einer Verurteilung gelangen, wird erneut eine nachträgliche Gesamtstrafe (§ 55 Abs. 1 StGB) gebildet werden müssen. Dazu sind die in dem früheren Urteil verhängten Einzelstrafen festzustellen , da allein sie in die nachträglich zu bildende Gesamtstrafe einfließen und die Gesamtstrafe aus dem früheren Urteil aufgelöst wird (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1958 – 1 StR 312/58, BGHSt 12, 99; SSW-StGB/Eschelbach, § 55 Rn. 24).
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

5 StR 225/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2009

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Februar 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes und mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Von dem Vorwurf dreier weiterer Missbrauchstaten zum Nachteil der Nebenklägerin hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision des Angeklagten rügt mit Erfolg die Verletzung sachlichen Rechts.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der Angeklagte am Abend des 10. Dezember 2007 die damals 11-jährige Tochter M. seiner aus Nigeria stammenden Ehefrau, indem er gegen ihren Willen unter Einsatz körperlicher Gewalt in kurzem zeitlichem Abstand zweimal mit seinem Geschlechtsteil zumindest teilweise in ihre Scheide eindrang.
3
Der Ehefrau des Angeklagten war am folgenden Morgen aufgefallen, dass ihre Tochter „breitbeinig“ laufe. Sie argwöhnte sofort, dass zwischen M. und dem Angeklagten „etwas Sexuelles“ geschehen sei, und befragte ihre Tochter, die dies jedoch trotz intensiver Vorhalte zunächst verneinte. Nachdem M. aus der Schule zurückgekehrt war, befragte die Mutter sie erneut. Dabei drohte sie, mit M. zum Arzt zu gehen, der die Polizei rufen werde, wenn er feststelle, dass sie Sex gehabt habe. Nachdem M. sich versichert hatte, dass ihre Mutter niemandem etwas verraten würde, äußerte sie, dass „Papa mit ihr geschlafen“ habe. Die Mutter erlitt daraufhin einen Herzanfall und musste im Krankenhaus behandelt werden. M. wurde polizeilich vernommen und berichtete den Sachverhalt, wie vom Landgericht festgestellt. Es sei das erste Mal gewesen, dass der Stiefvater sie unsittlich berührt habe. Sie sei jedoch mit neun Jahren von Freunden der Familie in Afrika schon einmal missbraucht worden. Bei der noch am selben Abend durchgeführten gynäkologischen Untersuchung wurde ein frischer Einriss ihres Hymenalsaums festgestellt. Nachdem die Mutter das Krankenhaus wieder verlassen hatte, drang sie weiter auf ihre Tochter ein und verlangte eine Erklärung, warum sie kein Blut in deren Bett gefunden habe. M. berichtete ihr daraufhin, dass der Angeklagte insgesamt fünfmal den Geschlechtsverkehr an ihr vollzogen habe; beim ersten Mal habe sie geblutet. Bei einer danach veranlassten erneuten frauenärztlichen Untersuchung wurde eine relativ weite Hymenalöffnung mit einem vergleichsweise abgeflachten Hymenalsaum festgestellt.
4
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand, da sie Lücken und im entscheidenden Punkt einen Denkfehler aufweist.
5
a) Der Angeklagte hat die ihm von der Anklage angelasteten Tatvorwürfe bestritten. Die Teilfreisprüche beruhen – soweit sie aus tatsächlichen Gründen erfolgt sind – darauf, dass die Jugendkammer die Verurteilung des Angeklagten nicht alleine auf die Aussagen des geschädigten Kindes zu stützen vermochte. Die Jugendkammer hat dabei in zutreffender Weise ins- besondere berücksichtigt, dass bei der Würdigung der Aussage kindlicher Zeugen der Entstehungsgeschichte der Beschuldigung besondere Bedeutung zukommt (vgl. BGH StV 1994, 227; 1995, 6, 7; 1998, 250; 1999, 306; NStZ 2000, 496, 497). Nach dem eingeholten aussagepsychologischen Gutachten , dem sich das Landgericht aufgrund eigener Prüfung angeschlossen hat, bestanden nachvollziehbare Zweifel an der Realitätsbezogenheit der Aussagen. Der Sachverständige hat auf eine „mögliche bewusste oder suggerierte Falschbezichtigung“ durch das Kind infolge der „extremen Einwirkung“ der Mutter hingewiesen. Das Landgericht hat sich bei den Teilfreisprüchen – soweit sie aus tatsächlichen Gründen erfolgten – außerdem davon leiten lassen, dass die Angaben der Geschädigten zum Tatgeschehen nur zu den Randbedingungen einige Realkennzeichen aufwiesen und Inkonstanzen hinsichtlich der Häufigkeit des Geschehens zeigten. Schließlich hatte M. auch die zunächst gegenüber der Polizei erhobene Behauptung, sie sei bereits mit neun Jahren von Freunden der Familie in Afrika missbraucht worden , gegenüber dem Sachverständigen nicht aufrecht erhalten.
6
b) Das Landgericht hat zutreffend gesehen, dass angesichts der Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten als der einzigen Belastungszeugin, die zu Teilfreisprüchen hinsichtlich angeblicher früherer Taten führen, ihren Angaben zu der Tat vom Dezember 2007 nur insoweit gefolgt werden kann, als außerhalb ihrer Aussage Gründe von Gewicht für ihre Glaubhaftigkeit vorliegen (vgl. BGHSt 44, 153, 159). Indes ist ihr bei der Bewertung des die problematische Aussage stützenden Umstandes ein Denkfehler unterlaufen. Bei ihrer Überzeugungsbildung berücksichtigt die Jugendkammer, dass die Nebenklägerin das zur Verurteilung führende Geschehen „von Anfang an in mehreren Befragungen … im wesentlichen in gleicher Weise … und dabei auch einige Einzelheiten in Form von Hin- und Herbewegungen des Angeklagten mit dem Unterleib geschildert hat“. Zwar könne auch diese Aussage isoliert betrachtet wegen des dargelegten, von der Mutter unbeabsichtigt auf die Tochter ausgeübten Drucks und der damit möglicherweise verbundenen suggestiven Wirkung den Angeklagten nicht überführen. Die Jugendkammer sieht jedoch in dem objektiven Befund des frisch eingerissenen Hymenalsaums „ein derart gewichtiges Indiz für die Täterschaft des Angeklagten, dass insoweit aufgrund der Angaben der Geschädigten in Verbindung mit der festgestellten Verletzung eine Verurteilung erfolgen musste“.
7
Die Jugendkammer setzt sich dabei nicht mit der – nach ärztlichen Angaben bestehenden, indes lediglich am Rande erwähnten (UA S. 18) – Möglichkeit auseinander, dass die Verletzung auch durch eine andere traumatische Einwirkung verursacht worden sein kann, da sie es für ausgeschlossen hält, dass die Verletzung „zufällig gerade zu dem Zeitpunkt“ auf andere Weise zustande gekommen sein kann. Diese Formulierung legt nahe, dass das Landgericht die belastende Aussage des Kindes und das Vorliegen einer frischen Verletzung des Hymens als Ereignisse gesehen hat, die aufgrund ihres „zufälligen“ Zusammentreffens dafür sprechen, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat. Dieser Bewertung fehlt indes die Grundlage. Die Offenbarung des Kindes und seine Unterleibsverletzung trafen gerade nicht zufällig zusammen, standen vielmehr in einem Zusammenhang: Es war nämlich die von der Mutter aufgrund des „breitbeinigen“ Laufens der Tochter angenommene Verletzung im Intimbereich, die zu der intensiven Befragung des Kindes führte. Aufgrund der angenommenen Unabhängigkeit des Verletzungsumstandes von der Aussage des Kindes hat die Strafkammer ihm die Bedeutung eines außerhalb der Aussage gelegenen Indizes zugemessen, die ihm nach den konkreten Begleitumständen des Falles nicht ohne weiteres zukommt. Das Landgericht hätte in diesem Zusammenhang erwägen und erörtern müssen, ob das Zusammentreffen von Verletzung und belastender Aussage auch darin eine Erklärung finden kann, dass die Verletzung auf andere Weise entstanden ist und es sich bei den belastenden Angaben des Kindes um eine von der Mutter suggerierte Falschaussage handelt.
8
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass sich das neue Tatgericht trotz der sich nur auf den verurteilenden Teil erstreckenden Aufhebung im Rahmen der Beweiswürdigung eingehend auch mit den Freispruchsfällen zu befassen haben wird, obwohl eine Verurteilung insoweit nicht mehr möglich ist. Es wird zu klären haben, ob es etwa aussagekräftige Untersuchungen der von der Mutter gefundenen spermaverdächtigen Spuren in der nachts getragenen Hose ihrer Tochter gegeben hat. Den Hintergründen der ursprünglichen Angaben der Nebenklägerin über ihren zurückliegenden sexuellen Missbrauch in Afrika und der Zurücknahme dieser Behauptung wird erhöhte Aufmerksamkeit und Erörterung zu widmen sein.
Basdorf Raum Schaal Schneider König

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 64/12
vom
20. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 17. November 2011 im gesamten Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Es hat weiter die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung angeordnet und zum einen bestimmt, dass die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vor der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu vollziehen ist, und zum anderen , dass vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt drei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind.
2
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und die er auf die Anordnung der Sicherungsverwahrung beschränkt wissen will.
3
Sein Rechtsmittel hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Der gesamte Maßregelausspruch war aufzuheben.
4
1. Die Beschränkung auf die Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) ist hier unwirksam. Die Anfechtung erstreckt sich auch auf die zugleich angeordnete Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB). Beide Anordnungen sind - wie sich auch aus den Urteilsgründen ergibt (UA S. 42 ff.) - untrennbar verknüpft. Sie können nicht losgelöst voneinander geprüft und beurteilt werden (vgl. auch § 72 StGB).
5
2. Die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es kann dahinstehen, ob die vom Landgericht gegebene Begründung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a., NJW 2011, 1931) und des Bundesgerichtshofs (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - 2 StR 346/11; BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 4 StR 594/11) gerecht wird. Die Maßregelanordnung war schon deshalb aufzuheben, weil die Strafkammer bei der Prüfung des Hangs und im Rahmen der Gefahrenprognose zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten zu dessen Nachteil verwertet hat (vgl. hierzu u.a. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - 5 StR 267/11; BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 5 StR 189/11 und BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - 3 StR 12/11 jeweils mwN). Der Angeklagte bestreitet die Taten im Wesentlichen (UA S. 20 bis 22). Die Strafkammer stellt gleichwohl bei Bejahung der materiellen Voraussetzungen des § 66 StGB u.a. darauf ab, dass der Angeklagte zu seinen Taten nicht steht, diese im Wesentlichen bestreitet, sein Verhalten bagatellisiert und die Opferzeugin der Lüge bezichtigt (UA S. 40/41). Dieses Verhalten durfte ihm im Zuge der Maßregelanordnung nicht angelastet werden. Anderenfalls wäre der Angeklagte gezwungen , seine Verteidigungsstrategie aufzugeben, will er hinsichtlich der Siche- rungsverwahrung einer ihm ungünstigen Entscheidung entgegenwirken (vgl. BGH aaO).
6
Die Aufhebung der Anordnung der Sicherungsverwahrung zieht die Aufhebung der Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt nach sich, da beide hier untrennbar miteinander verknüpft sind.
7
Es kommt deshalb nicht darauf an, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft die Zeit der erlittenen Untersuchungshaft von der Dauer des Vorwegvollzugs der Unterbringung gemäß § 64 StGB abgezogen hat (vgl. hierzu u.a. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - 5 StR 423/11 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 28. September 2011 - 2 StR 376/11; BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 4 StR 17/11 jeweils mwN; auch Fischer, StGB, 59. Aufl., Rn. 9a zu § 67 StGB).
8
Es kann auch dahinstehen, ob im vorliegenden Fall zu erörtern gewesen wäre, dass sich an die Unterbringung in die Entziehungsanstalt erst die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anschließt, der Angeklagte also nicht ohne Weiteres im Anschluss an die Therapie in Freiheit kommt (vgl. hierzu BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 14 = BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1998 - 2 StR 423/98 zu § 67 Abs. 2 StGB aF). Nack Rothfuß Elf Jäger Sander
5 StR 267/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. September 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 21 Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 77 Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch Jugendlicher in drei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs Jugendlicher in 33 Fällen und wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die gegen das Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts nahm der Angeklagte in der Zeit von Mitte Juni 2002 bis Oktober 2007 an 16 Jungen im Alter zwischen elf und 15 Jahren – oftmals gegen Entgelt – sexuelle Handlungen unterschiedlichen Ausmaßes bis hin zum wechselseitigen Oralverkehr vor.
3
Das Landgericht hat Einzelstrafen zwischen sechs Monaten und vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt. Das Vorliegen minder schwerer Fälle hat es in allen in Betracht kommenden Fällen verneint. Ferner hat es die Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2 StGB aF angenommen.
4
2. Die Einwendungen gegen den Schuldspruch sind unbegründet. Auch die Zumessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hält sachlichrechtlicher Überprüfung stand. Insbesondere besorgt der Senat trotz wiederholter uneingeschränkter Erwähnung noch nicht, dass das Landgericht im Rahmen der Einzel- und Gesamtstrafbildung im Nachhinein erkennbar gewordene schwere psychische Schäden von Tatopfern sowie den besonderen Aufwand und das systematische Vorgehen, durch das der Angeklagte die Jungen an sich gebunden hatte, zu weitgehend zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, ferner die Strafen nicht ausreichend differenziert und unter teilweise zu weitreichender Anlastung krimineller Energie gebildet hätte (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 661).
5
3. Indes hält die Begründung des Maßregelausspruchs – ungeachtet der Maßgaben der durch das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, 1931) erlassenen Weitergeltungsanordnung zu § 66 Abs. 2 StGB aF, welche die Strafkammer noch nicht berücksichtigen konnte – sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
Die Strafkammer begründet ihre Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 2, 3 Satz 2 StGB aF maßgebend auch damit, dass der Angeklagte seine Taten „bagatellisiere und aufgrund seiner histrionischen Persönlichkeit sein eigenes Verhalten schönfärbe, so dass eine ech- te Einsicht in sein Fehlverhalten nicht zu erkennen“ sei. Diese und weitere Erwägungen zur Einlassung des Angeklagten (UA S. 240 f.) lassen besorgen , dass die Strafkammer bei der Prüfung des Hangs und im Rahmen der Gefahrenprognose sowie der Ermessensentscheidung zulässiges Verteidigungsverhalten zu dessen Nachteil verwertet hat. Bei der Verwendung der Begriffe der Bagatellisierung oder der mangelnden Einsicht hat es nämlich nicht etwa auf eine Geringschätzung eingestandenen Unrechts abgestellt, sondern im Wesentlichen das Bestreiten von die Strafbarkeit begründenden und das Behaupten von schuldmindernden tatsächlichen Umständen herangezogen. Der Versuch eines Angeklagten, das ihm vorgeworfene Verhalten sachlich anders darzustellen oder wegen tatsächlicher Umstände in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, stellt indessen zulässiges Verteidigungsverhalten dar (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2009 – 1 StR 300/09, NStZ 2010, 270), das ihm im Zuge der Maßregelanordnung nicht angelastet werden darf (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2011 – 5 StR 189/11; vom 5. April 2011 – 3 StR 12/11, StV 2011, 482; vom 13. November 2007 – 3 StR 341/07, StV 2008, 301; vom 25. Februar2000 – 2 StR 555/99, StV 2002, 19; Urteil vom 16. September 1992 – 2 StR 277/92, NJW 1992, 3247). Andernfalls wäre der Angeklagte ge- zwungen, seine Verteidigungsstrategie aufzugeben, will er hinsichtlich der Sicherungsverwahrung einer ihm ungünstigen Entscheidung entgegenwirken (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2000 aaO).
7
4. Das neue Tatgericht wird bei seiner Entscheidung über den Maßregelausspruch die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 zu beachten haben. Danach gelten die hier anzuwendenden und für verfassungswidrig erklärten Vorschriften über die Sicherungsverwahrung bis zum 31. Mai 2013 fort; die Regelungen dürfen aber nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angewandt werden (BVerfG aaO). In der Regel wird die Verhältnismäßigkeit nur dann gewahrt sein, wenn eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfG aaO Rn. 172; BGH, Urteile vom 7. Juli 2011 – 5 StR 192/11, und vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11). Ein entsprechend strenger Maßstab ist demnach sowohl hinsichtlich der Erheblichkeit der Taten als auch bei der Prüfung der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung anzulegen (BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 5 StR 189/11; Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11).
8
Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB können im Hinblick auf die hohe Strafdrohung und die für die Tatopfer oftmals gewichtigen psychischen Auswirkungen grundsätzlich – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – als schwere Sexualstraftaten im vorgenannten Sinn bewertet werden (vgl. zur Vergewaltigung BGH, Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11). Ob die Gefahr künftiger Begehung gerade solcher Taten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Angeklagten abzuleiten ist, wird das neue Tatgericht namentlich unter Berücksichtigung der langen Dauer der Untersuchungshaft sowie der erstmaligen Verhängung einer erheblichen Freiheitsstrafe sorgsam zu prüfen haben.
Basdorf Schaal Schneider König Bellay

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 87/11
vom
25. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. Mai 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 12. Oktober 2010 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen, Vergewaltigung und versuchter Nötigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrüge, mit welcher die Ablehnung von Beweisanträgen auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Nebenklägerin sowie eines aussagepsychologischen Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Nebenklägerin beanstandet wird, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zur Begründung seines Beweisbegehrens hat sich der Verteidiger des Angeklagten in dem in der Hauptverhandlung am 25. August 2010 gestellten Beweisantrag auf die von der Zeugin F. übergebenen Krankenunterlagen und in dem Wiederholungsantrag vom 12. Oktober 2010 u.a. auf den Inhalt der polizeilichen Vernehmungen der Nebenklägerin am 27. Januar und 9. Februar 2010 bezogen. Die Revision versäumt es, den Inhalt der Krankenunterlagen sowie der Protokolle der beiden polizeilichen Vernehmungen vollständig mitzuteilen.
3
2. Der Maßregelausspruch kann nicht bestehen bleiben. Die auf § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB aF gestützte Anordnung der Sicherungsverwahrung hält einer rechtlichen Prüfung schon deshalb nicht stand, weil die Urteilsgründe eine Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nicht erkennen lassen.
4
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB aF liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, dessen Entscheidung einer revisionsgerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich ist. Um eine Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf Ermessensfehler durch das Revisionsgericht zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe sowohl erkennen lassen, dass sich der Tatrichter seiner Entscheidungsbefugnis bewusst war, als auch nachvollziehbar darlegen, aus welchen Gründen er von ihr in einer bestimmten Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2009 - 5 StR 351/09, NStZ-RR 2010, 43; vom 21. August 2003 - 3 StR 251/03, NStZ-RR 2004, 12; Urteil vom 9. Juni 1999 - 3 StR 89/99, NStZ 1999, 473; vgl. auch Urteil vom 3. Februar 2011 - 3 StR 466/10 Rn 13 zu § 66 Abs. 2 StGB aF). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Urteilsausführungen beschränken sich allein darauf, die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB aF festzustellen. Ihnen ist weder zu entnehmen, dass die Strafkammer ihr Ermessen überhaupt betä- tigt hat, noch legen sie die für eine möglicherweise getroffene Ermessensentscheidung maßgeblich gewesenen Erwägungen näher dar.
5
3. Für die neuerliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung weist der Senat auf Folgendes hin:
6
a) Das Merkmal "Hang" im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nF) verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Juni 2010 - 4 StR 474/09, NStZ-RR 2011, 143, 145). Der Hang als "eingeschliffenes Verhaltensmuster", bei dem es sich um einen Rechtsbegriff handelt, der als solcher dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 - 3 StR 436/09, NStZ 2010, 586), bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand. Seine Feststellung obliegt - nach sachverständiger Beratung - unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgeblichen Umstände dem Richter in eigener Verantwortung (BGH, Beschluss vom 30. März 2010 - 3 StR 69/10, StV 2010, 484; Urteile vom 15. Februar 2011 - 1 StR 645/10 Rn. 5; vom 17. Dezember 2009 - 3 StR 399/09).
7
b) Hangtätereigenschaft und Gefährlichkeit für die Allgemeinheit sind keine identischen Merkmale. Das Gesetz differenziert zwischen beiden Begriffen sowohl in § 66 Abs. 1 Nr. 3 aF (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nF) als auch in § 67d Abs. 3 StGB aF. Der Hang ist nur ein wesentliches Kriterium der Prog- nose. Während der Hang einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand bezeichnet, schätzt die Gefährlichkeitsprognose die Wahrscheinlichkeit dafür ein, ob sich der Täter in Zukunft trotz seines Hanges erheblichen Straftaten enthalten kann oder nicht (BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 - 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 196; Beschluss vom 30. März 2010 - 3 StR 69/10 aaO; Urteil vom 15. Februar 2011 - 1 StR 645/10 Rn. 7).
8
c) Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB aF wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer die Anforderungen zu beachten haben, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 - für die befristete weitere Anwendung dieser Norm aufgestellt hat (vgl. Rn. 172 der Entscheidung). Ernemann RiBGH Dr. Franke ist Mutzbauer erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 69/10
vom
30. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. März
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 8. Oktober 2009 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, von weiteren Tatvorwürfen hat es ihn freigesprochen. Zugleich hat es die Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen die Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten mit der allgemeinen Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
Nach den Feststellungen missbrauchte der damals 57 oder 58 Jahre alte Angeklagte zwei Mädchen im Alter von zehn oder elf bzw. von zwölf Jahren, die er im unmittelbaren Wohnumfeld kennengelernt und um die er sich im Einverständnis mit den Eltern als hilfsbereiter Nachbar gekümmert hatte. Er holte die Kinder von der Schule ab, machte Ausflüge mit ihnen und ließ sie in seiner Wohnung das Internet nutzen. In den Sommerferien 2008 waren die Kinder ständig von morgens bis abends bei ihm. Die Taten beging der Angeklagte "in dem Zeitraum von Anfang Juni bis Ende August 2008". Eine nähere Eingrenzung war der Kammer - von zwei Taten abgesehen, die am 15. und 16. August 2008 stattfanden - nicht möglich.
3
Die Nachprüfung des Schuld- und Strafausspruchs hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Strafzumessung - insbesondere die Annahme eines besonders schweren Falles des sexuellen Kindesmissbrauchs (§ 176 Abs. 3 StGB) im Fall II. 2. der Urteilsgründe sowie die Verhängung von drei Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr, denen jeweils ein Zungenkuss des Angeklagten mit der zehn- oder elfjährigen M. zugrunde liegt - ist angesichts der Gesamtumstände zwar eher streng, verlässt aber den Bereich des Schuldangemessenen noch nicht.
4
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung kann hingegen nicht bestehen bleiben, da das Landgericht weder einen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB noch eine auf ihm beruhende zukünftige Gefährlichkeit des Angeklagten tragfähig begründet hat.
5
1. Das Merkmal "Hang" im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Der Hang als "eingeschliffenes Verhaltensmuster" bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand. Seine Feststellung obliegt - nach sachverständiger Beratung - unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgebenden Umstände dem Richter in eigener Verantwortung (BGH, Urt. vom 17. Dezember 2009 - 3 StR 399/09 - Rdn. 4).
6
Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Es führt - unter pauschaler Bezugnahme auf "gutachterliche Feststellungen" des Sachverständigen - lediglich aus, dass "bei dem Angeklagten die aus psychologischpsychiatrischer Sicht für einen Hangtäter sprechenden Risikofaktoren für die Begehung weiterer sexueller Missbrauchstaten von Kindern nach Anzahl und Gewicht (überwiegen). Dieses ließe erwarten, dass der Angeklagte auch weitere im mittleren bis schweren Bereich anzusiedelnde sexuelle Missbrauchstaten begehen wird." Damit ist nicht nur zu besorgen, das Landgericht habe unter Verkennung der Kompetenz- und Verantwortungsbereiche die Entscheidung über den Hang dem Sachverständigen überlassen, es fehlt auch an der notwendigen Gesamtwürdigung von Taten und Täterpersönlichkeit. Diese ist mit besonderer Sorgfalt vorzunehmen, wenn - wie hier - bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB in Ermangelung von symptomatischen Vortaten und neuerlicher Delinquenz trotz erfolgter Strafverbüßung die Tatsachengrundlage besonders schmal ist (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 3 Katalogtat 1). In die Würdigung wäre hier u. a. einzustellen gewesen , dass der nicht vorbestrafte Angeklagte bislang ein unauffälliges Leben führte und aus mehreren, zum Teil langjährigen Beziehungen mit Frauen insge- samt vier erwachsene Kinder hatte. Zudem handelte es sich um einen äußerst kurzen Tatzeitraum.
7
Sollte das Landgericht angenommen haben, eine positive Gefährlichkeitsprognose könne die Feststellung eines Hangs ersetzen, wäre auch dies rechtsfehlerhaft. Hangtätereigenschaft und Gefährlichkeit für die Allgemeinheit sind keine identischen Merkmale. Das Gesetz differenziert zwischen den beiden Begriffen sowohl in § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB als auch in § 67 d Abs. 3 StGB. Der Hang ist nur ein wesentliches Kriterium der Prognose. Der Hang als "eingeschliffenes Verhaltensmuster" bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand. Die Gefährlichkeitsprognose schätzt die Wahrscheinlichkeit dafür ein, ob sich der Täter in Zukunft trotz seines Hanges erheblicher Straftaten enthalten kann oder nicht (BGHSt 50, 188, 196; vgl. auch BGH StV 2008, 301, 320).
8
2. Auch die Beurteilung der Gefährlichkeit des Angeklagten ist rechtlich zu beanstanden. Hier referiert das Landgericht, der Sachverständige habe "zum einen eine statistische Bewertung des von dem Angeklagten ausgehenden Risikos nach dem Verfahren 'Static 99' durchgeführt. … Auf einer bis 10 reichenden Skala habe der Angeklagte einen Skalenwert von 7 erreicht. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei der Angeklagte damit in den Bereich 'hohes Risiko' einzustufen, der bei dem Skalenwert 6 beginne."
9
Zutreffend an diesen Ausführungen ist allein, dass es sich bei dem "Static 99" um eines von mehreren Prognoseinstrumenten zur Vorhersage von Rückfällen bei Sexualdelinquenz handelt (vgl. hierzu Dahle, Grundlagen und Methoden der Kriminalprognose in: Kröber u. a.: Handbuch der Forensischen Psychiatrie Bd. 3 S. 1, 32 ff., 41 ff.; Dahle FPPK 2007, 15, 17), dessen Qualität inzwischen auch durch Studien in Europa getestet worden ist (vgl. Nedopil, Forensische Psychiatrie 3. Aufl. S. 248; Rettenberger/Eher MschrKrim 2006, 352, 358; Noll u. a MschrKrim 2006, 24, 29; Endrass u. a. Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 2009, 284; Dahle u. a. FPPK 2009, 210, 216, 219). Es ist aber bereits nicht ersichtlich, wie der Sachverständige bei dem unbestraften, nahezu 60jährigen Angeklagten, der mehrere langjährige Beziehungen zu Frauen hatte, seine durchweg weiblichen Opfer und deren Familien im nachbarschaftlichen Umfeld seit längerem kannte und bei seinen Taten ohne Gewalt vorging, zur Vergabe von sieben Risikopunkten kommen konnte. Die Feststellungen des Landgerichts belegen jedenfalls nur einen Risikopunkt (ItemNummer 8: Opfer und Täter sind nicht verwandt). Hinzu kommt, dass sich das Landgericht darauf beschränkt, ein "hohes Risiko" festzustellen, ohne darzulegen , welche Straftaten in welchem Zeitraum mit welcher Wahrscheinlichkeit von dem Angeklagten zu erwarten sind. Nur so könnte nachprüfbar belegt werden, ob der Angeklagte gefährlich ist.
10
Zuletzt lässt das Landgericht außer Acht, dass mit der Feststellung, der Angeklagte weise bei Anwendung irgendeines statistischen Prognoseinstruments eine bestimmte Anzahl von Risikopunkten auf, nichts Entscheidendes gewonnen ist. Solche Instrumente können für die Prognose zwar Anhaltspunkte über die Ausprägung eines strukturellen Grundrisikos liefern, sind indes nicht in der Lage, eine fundierte Einzelbetrachtung zu ersetzen (Dahle FPPK 2007, 15, 24). Zur individuellen Prognose bedarf es über die Anwendung derartiger Instrumente hinaus zusätzlich einer differenzierten Einzelfallanalyse durch den Sachverständigen. Denn jedes Instrument kann nur ein Hilfsmittel sein, eines von mehreren Werkzeugen, mit denen sich der Gutachter die Prognosebeurteilung erarbeitet (vgl. auch Boetticher u. a. NStZ 2009, 478, 481).
11
Die weiteren, im Urteil wiedergegebenen Erwägungen des Sachverständigen vermögen diese Mängel nicht auszugleichen.
12
3. Der Senat vermag nicht völlig auszuschließen, dass eine neuerliche Verhandlung doch noch zur Feststellung von Umständen führt, die die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung rechtfertigen könnten. Über den Maßregelausspruch muss deshalb nochmals entschieden werden. Dabei wird sich die Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen empfehlen.
Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer