Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2012 - 1 StR 317/12

bei uns veröffentlicht am22.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 317/12
vom
22. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2012 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 19. März 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die von dem Angeklagten eingelegte Revision führt bereits mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils nach § 349 Abs. 4 StPO; auf die erhobene Verfahrensrüge kommt es nicht mehr an.
2
I. Das Landgericht hat den Angeklagten der Steuerhinterziehung in 24 Fällen für schuldig befunden, weil er es trotz erzielter Einnahmen und getätigter Umsätze unterließ, Einkommensteuererklärungen (Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008, Fälle 1 bis 7 der Urteilsgründe) und Gewerbesteuererklärungen (Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 und 2007 bis 2008, Fälle 8 bis 12 der Urteilsgründe) sowie Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2003 bis 2008 (Fälle 13 bis 18 der Urteilsgründe) und Umsatzsteuervoranmeldungen in sechs Voranmeldungszeiträumen des Jahres 2009 (Fälle 19 bis 24 der Urteils- gründe) abzugeben. Insgesamt seien hierdurch Steuern in einem Gesamtbetrag von 480.967 Euro verkürzt worden.
3
Im Einzelnen hat das Landgericht zu den Verurteilungen folgende Feststellungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte war als Netzwerkmanager und Systemtechniker selbständig tätig und erwirtschaftete in den Jahren 2002 bis 2009 aus dieser gewerblichen Tätigkeit Umsätze und Gewinne, die er indes nicht den Finanzbehörden offenbarte; vielmehr gab er weder Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen , noch Umsatzsteuererklärungen ab.
5
Soweit in einer Zeitspanne von bis zu 19 Monaten nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist (vgl. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO) Schätzungsbescheide ergingen (Einkommensteuer 2002 bis 2007; Gewerbesteuer 2003 bis 2005 und 2007; Umsatzsteuer 2003 bis 2007), leistete der Angeklagte hierauf keine Zahlungen.
6
Die Nichtabgabe der Steuererklärungen sowie die unterbliebene Zahlung von Steuern war, so das Landgericht, darauf zurückzuführen, dass der an einer Neurodermitis erkrankte Angeklagte für nicht erstattungsfähige AyurvedaBehandlungen im Laufe der Jahre mehrere Hunderttausend Euro aufbringen musste.
7
Auch nachdem es im Jahr 2006 zu einem Strafverfahren gegen den Angeklagten kam, weil er bereits für die Jahre 1999 bis 2001 keine Steuererklärungen abgegeben hatte, änderte der Angeklagte sein Verhalten in der Folgezeit nicht.

8
Ab 2007 ging er vielmehr dazu über, sich eingehende Gelder auch auf schweizerische Bankkonten überweisen zu lassen, „um seine Umsätze zu verschleiern und eingehende Beträge“ dem Zugriff der Finanzverwaltung zu ent- ziehen. Auch trat er ab diesem Zeitpunkt teilweise unter der Firmenbezeich- nung „I. “ (einer „Briefkastenadresse“) auf; die tatsächliche Tätigkeit erfolgte nach wie vor in Deutschland.
9
2. Am 3. Dezember 2008 wurde gegen den Angeklagten ein Ermitt- lungsverfahren wegen des Verdachts der „Verkürzung von Einkommensteuer 2002 bis 2007 sowie Umsatzsteuer 2003 bis 2007“ eingeleitet und dessen Be- kanntgabe an den Angeklagten angeordnet. Am 24. November 2009 erließ das Amtsgericht Mainz Durchsuchungsbeschlüsse, „die auch die übrigen jetzt verfahrensgegenständlichen Taten betrafen“.
10
3. Das Landgericht hat den geständigen Angeklagten auf der Grundlage dieser Feststellungen der jeweils vollendeten Steuerhinterziehung in insgesamt 24 Fällen für schuldig befunden und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die verhängten Einzelstrafen liegen in acht Fällen bei einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen, im Übrigen zwischen sechs Monaten und einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe.
11
Den Strafrahmen hat das Landgericht - sachverständig beraten - im Hinblick auf eine „Persönlichkeitsstörung (…), die das Eingangsmerkmal der 'schweren anderen seelischen Abartigkeit' erfüllt“, jeweils dem nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnommen.
Dabei ging es auch aufgrund des eigenen Eindrucks vom Angeklagten in der Hauptverhandlung davon aus, dass er „so stark auf die Behandlung seiner Hauterkrankung fixiert ist, dass er sich - … - über die erkannten und innerlich erfassten Anforderungen des Rechts hinwegsetzte“. Weil der Angeklagte „ge- rade im Hinblick auf das Verfahren aus dem Jahr 2006 bereit ist, strafrechtliche Konsequenzen in Kauf zu nehmen“, sei die Minderung der Steuerungsfähigkeit als erheblich anzusehen.
12
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung hält rechtlicher Nachprüfung insgesamt nicht stand. Das angefochtene Urteil leidet an lückenhaften Feststellungen und durchgreifenden Darstellungsmängeln.
13
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten jeweils wegen vollendeter Hinterziehung von Einkommensteuer in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2007 (Fälle 1 bis 6 der Urteilsgründe) sowie Gewerbesteuer in den Veranlagungszeiträumen 2003 bis 2005 und 2007 (Fälle 8 bis 11 der Urteilsgründe) verurteilt hat, reichen die hierzu getroffenen Feststellungen schon mit Blick auf ergangene Schätzbescheide nicht aus. Den Urteilsgründen kann nicht entnommen werden, ob aufgrund der Nichtabgabe der Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen der vom Landgericht angenommene Taterfolg der Steuerverkürzung eingetreten ist.
14
a) Sind bei der Hinterziehung von Veranlagungssteuern durch Unterlassen die Taten nicht bereits zuvor vollendet, so tritt mit der Bekanntgabe des Schätzungsbescheides, in dem die Steuer zu niedrig festgesetzt wird, Tatvollendung ein (vgl. Jäger in Klein, AO, 11. Aufl., § 370 Rn. 92). Wird die Steuer in dem Schätzungsbescheid hingegen richtig oder zu hoch festgesetzt, so kann die Tat nicht mehr vollendet werden, da kein Verkürzungserfolg mehr eintritt (vgl. Schmitz/Wulf in MüKo-StGB, § 370 AO Rn. 102 mwN; BayObLG, Beschluss vom 9. November 2000 - 4 StRR 126/00, wistra 2001, 194).
15
b) Dies hat das Landgericht übersehen, indem es zwar jeweils feststellt, wann die Schätzungsbescheide erlassen wurden, sich zu deren Inhalt - namentlich zur Höhe der in den Schätzungsbescheiden festgesetzten Steuern - hingegen nicht verhält.
16
c) Die Schuldsprüche konnten auch nicht unter dem Gesichtspunkt aufrechterhalten bleiben, dass die Taten bereits vor Erlass der Schätzungsbescheide vollendet waren, da die dann erforderlichen Feststellungen ebenfalls fehlen (zur Tatvollendung bei der Hinterziehung von Veranlagungssteuern vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, Rn. 77 und vom 28. Oktober 1998 - 5 StR 500/98, NStZ-RR 1999, 218; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 - 1 StR 640/10).
17
2. Soweit für den Veranlagungszeitraum 2008 (Fälle 7 und 12 der Urteilsgründe ) keine Schätzungsbescheide ergingen, ergeben sich Bedenken daraus , dass das Landgericht nicht erörtert hat, ob die durch Nichtabgabe der Steuererklärungen begangenen Taten der Hinterziehung von Einkommen- und Gewerbesteuer bereits vollendet waren, als dem Angeklagten die Erweiterung des Ermittlungsverfahrens um diese Tatvorwürfe bekannt gegeben wurde. Das Landgericht teilt in den Urteilsgründen zwar mit, dass das Amtsgericht Mainz am 24. November 2009 Durchsuchungsbeschlüsse erließ, die auch diese Tatvorwürfe umfassten. Es verhält sich jedoch nicht dazu, wann dem Angeklagten die Erweiterung des Ermittlungsverfahrens um diese Tatvorwürfe bekannt gegeben wurde. Dies ist jedoch mit Blick auf das in Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankerte Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung ("nemo tenetur se ipsum accusare“; vgl. hierzu BVerfGE 56, 37, 41 f., NJW 1981, 1431) für die strafrechtliche Bewertung von Belang: Mit einer entsprechenden Bekanntgabe der Erweiterung des Ermittlungsverfahrens wäre nämlich die strafbewehrte Pflicht entfallen, die Einkommen- beziehungsweise Gewerbesteuererklärung für diesen Veranlagungszeitraum noch abzugeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, NStZ-RR 2009, 340 und vom 23. Januar 2002 - 5 StR 540/01, wistra 2002, 150; zusammenfassend Jäger in Klein, AO, 11. Aufl., § 393 Rn. 32).
18
3. Das Urteil hält auch in den übrigen Fällen der Steuerhinterziehung (Fälle 13 bis 24 der Urteilsgründe) sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
19
Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO muss jedes Strafurteil aus sich heraus verständlich sein (st.Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2000 - 3 StR 58/00, NStZ-RR 2000, 304 und Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 268/05, NStZ-RR 2007, 22 und vom 13. Oktober 1981 - 1 StR 471/81, BGHSt 30, 225). Dies ist hier nicht der Fall. Soweit gebotene eigene Urteilsfeststellungen oder Würdigungen durch Bezugnahmen ersetzt werden, fehlt es - mit Ausnahme des in § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO geregelten Falles - verfahrensrechtlich an einer Urteilsbegründung und sachlich-rechtlich an der Möglichkeit der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Engelhardt in KK-StPO, 6. Aufl., § 267 Rn. 3 mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12).
20
Das Landgericht hat seine Überzeugung aufgrund der geständigen Ein- lassungen des Angeklagten gebildet. Das von dem Angeklagten als „richtig anerkannte Zahlenwerk“ hat die Strafkammer im Wesentlichen Aufstellungen ent- nommen, die auf der Grundlage von Auskünften der Auftraggeber und von Bankumsätzen erstellt worden waren. Dass der Angeklagte auch im Jahr 2006 - hier waren keine Auftraggeber bekannt - gewerbliche Einkünfte erzielt hatte, ergab sich zur Überzeugung des Landgerichts zum einen „aus seinem Internet- profil aus demselben Jahr“. Ferner hat es seine Überzeugung aufgrund ansons- ten nicht erklärlicher Bareinzahlungen auf einem vom Angeklagten genutzten Konto gebildet und diese Bareinzahlungen zur Bestimmung der Höhe seiner gewerblichen Einnahmen herangezogen.
21
Der Inhalt des in Bezug genommenen Internet-Profils wird nicht weiter mitgeteilt. Damit nimmt das Urteil Bezug auf Erkenntnisquellen außerhalb seiner selbst und ist schon nicht aus sich heraus verständlich. Dieser Mangel würde zwar dann den Bestand des Urteils nicht gefährden, wenn es trotz einer - dann überflüssigen - Bezugnahme aus sich heraus verständlich bliebe (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1995 - 3 StR 391/95, NStZ-RR 1996, 109). Vorliegend versteht es sich indes jedenfalls im Hinblick auf die ausgesprochen knapp gehaltene Beweiswürdigung nicht von selbst, dass der Angeklagte, der zu sachgerechten Angaben etwa über die Namen seine Auftraggeber im Jahr 2006 nicht in der Lage war, gleichwohl für sämtliche Tatvorwürfe pauschal so- wohl das „Zahlenwerk“ als auch die „Steuerschäden“ einräumen konnte.
22
III. Daher kann das Urteil insgesamt keinen Bestand haben. Der Senat hebt das Urteil einschließlich sämtlicher Feststellungen auf; der nunmehr zur Entscheidung aufgeforderte Tatrichter kann so die erforderlichen Feststellungen insgesamt neu treffen.
23
IV. Der Senat weist vorsorglich auf Folgendes hin:
24
1. Für die neue Hauptverhandlung könnte es zweckmäßig sein, auch den insgesamt verantwortlich die Ermittlung leitenden Beamten zu hören.
25
2. Der Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Besteuerungsgrundlagen neu festzustellen (zu den Anforderungen an die Feststellung und die Beweiswürdigung von Besteuerungsgrundlagen vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Juli2011 - 1 StR 154/11). Hierbei wird er prüfen, ob der Gewinn des Angeklagten jeweils durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 5, 4 Abs. 1 EStG oder nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschuss-Rechnung zu ermitteln war (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. September 2011 - 1 StR 633/10 mwN).
26
3. Es ist für jede Straftat, die der neue Tatrichter feststellt, eine Einzelstrafe festzusetzen. Dies ist vorliegend in den bisherigen Fällen 12, 17 und 18 der Urteilsgründe unterblieben. Die Festsetzung von Einzelstrafen auch in derartigen Fällen wäre kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2002 - 5 StR 361/02, NStZ-RR 2003, 72; BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 1, 2). Allerdings darf die neue Gesamtstrafe die Höhe der bisher verhängten nicht überschreiten.
27
4. Aus den oben dargelegten Gründen können sich bei der Hinterziehung von Veranlagungssteuern Schätzungsbescheide je nach Fallgestaltung auf die Tatvollendung, darüber hinaus auch auf die Höhe des Verkürzungsbetrages (vgl. BayObLG, Beschluss vom 9. November 2000 - 4 StRR 126/00, wistra 2001, 194) auswirken. Der neue Tatrichter wird daher in den bisherigen Fällen 1 bis 12 der Urteilsgründe Feststellungen dazu treffen, ob beziehungsweise wann dem Angeklagten Schätzungsbescheide bekannt gegeben wurden und in welcher Höhe Steuern darin festgesetzt wurden.

28
Sollte der Tatrichter die Feststellung treffen, dass dem Angeklagten in einzelnen Fällen bereits vor Bekanntgabe einzelner Schätzungsbescheide insoweit das Ermittlungsverfahren bekannt gegeben worden war, ist wegen des nemo-tenetur-Grundsatzes für die Annahme vollendeter Taten insoweit kein Raum.
29
5. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit ist keine allgemeine persönliche Eigenschaft; vielmehr müssen sich die psychischen Störungen auf die Einsichts - oder Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat ausgewirkt haben.
30
Dies liegt bei einem jahrelang systematisch auf die Vertuschung steuerrechtlich erheblicher Tatsachen angelegten System in der Regel fern (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, NJW 2009, 1979 ) und kann nicht - wie geschehen - allein mit dem nicht näher ausgeführten Hinweis auf Einsamkeit und die Fixierung auf eine Hauterkrankung und deren Behandlung durch Ayurveda tragfähig begründet werden.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2012 - 1 StR 317/12

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Steuergesetze bestimmen, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt auch dann bestehen, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 geschätzt hat.

(2) Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens sieben Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder sieben Monate nach dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des siebten Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahres folgt.

(3) Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes beauftragt sind mit der Erstellung von

1.
Einkommensteuererklärungen nach § 25 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes mit Ausnahme der Einkommensteuererklärungen im Sinne des § 46 Absatz 2 Nummer 8 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Körperschaftsteuererklärungen nach § 31 Absatz 1 und 1a des Körperschaftsteuergesetzes, Feststellungserklärungen im Sinne des § 14 Absatz 5, § 27 Absatz 2 Satz 4, § 28 Absatz 1 Satz 4 oder § 38 Absatz 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes oder Erklärungen zur Zerlegung der Körperschaftsteuer nach § 6 Absatz 7 des Zerlegungsgesetzes,
3.
Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags oder Zerlegungserklärungen nach § 14a des Gewerbesteuergesetzes,
4.
Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr nach § 18 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes,
5.
Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 181 Absatz 1 und 2,
6.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung oder
7.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 18 des Außensteuergesetzes,
so sind diese Erklärungen vorbehaltlich des Absatzes 4 spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar und in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 bis zum 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben.

(4) Das Finanzamt kann anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben sind, wenn

1.
für den betroffenen Steuerpflichtigen
a)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum Erklärungen nicht oder verspätet abgegeben wurden,
b)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum innerhalb von drei Monaten vor Abgabe der Steuererklärung oder innerhalb von drei Monaten vor dem Beginn des Zinslaufs im Sinne des § 233a Absatz 2 Satz 1 und 2 nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
c)
Vorauszahlungen für den Besteuerungszeitraum außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt wurden,
d)
die Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 Prozent der festgesetzten Steuer oder mehr als 10 000 Euro geführt hat,
e)
die Steuerfestsetzung auf Grund einer Steuererklärung im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1, 2 oder 4 voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10 000 Euro führen wird oder
f)
eine Außenprüfung vorgesehen ist,
2.
der betroffene Steuerpflichtige im Besteuerungszeitraum einen Betrieb eröffnet oder eingestellt hat oder
3.
für Beteiligte an Gesellschaften oder Gemeinschaften Verluste festzustellen sind.
Für das Befolgen der Anordnung ist eine Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung zu setzen. Ferner dürfen die Finanzämter nach dem Ergebnis einer automationsgestützten Zufallsauswahl anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres mit einer Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung abzugeben sind. In der Aufforderung nach Satz 3 ist darauf hinzuweisen, dass sie auf einer automationsgestützten Zufallsauswahl beruht; eine weitere Begründung ist nicht erforderlich. In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 tritt an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar der 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres. Eine Anordnung nach Satz 1 oder Satz 3 darf für die Abgabe der Erklärung keine kürzere als die in Absatz 2 bestimmte Frist setzen. In den Fällen der Sätze 1 und 3 erstreckt sich eine Anordnung auf alle Erklärungen im Sinne des Absatzes 3, die vom betroffenen Steuerpflichtigen für den gleichen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt abzugeben sind.

(5) Absatz 3 gilt nicht für Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor oder mit dem Ablauf des Besteuerungszeitraums endete.

(6) Die oberste Landesfinanzbehörde oder eine von ihr bestimmte Landesfinanzbehörde kann zulassen, dass Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden und Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes bis zu bestimmten Stichtagen einen bestimmten prozentualen Anteil der Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 einreichen. Soweit Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 in ein Verfahren nach Satz 1 einbezogen werden, ist Absatz 4 Satz 3 nicht anzuwenden. Die Einrichtung eines Verfahrens nach Satz 1 steht im Ermessen der obersten Landesfinanzbehörden und ist nicht einklagbar.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

77
b) Das Landgericht hat in den Fällen F 7 und F 8 der Urteilsgründe festgestellt , dass der Angeklagte F. betreffend den Veranlagungszeitraum 2004 für die D. Systeme GmbH, deren Geschäftsführer er war, keine Körperschaftsteuer - und Gewerbesteuererklärungen abgegeben hat. Diese Feststellungen allein tragen jedoch die Annahme einer vollendeten Körperschaftund Gewerbesteuerhinterziehung zugunsten der D. Systeme GmbH nicht. Denn bei der Hinterziehung von Veranlagungssteuern durch Unterlassen ist - sofern, wie hier, kein Schätzungsbescheid ergangen ist - für die Vollendung der Tat i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO derjenige Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Veranlagung spätestens stattgefunden hätte, wenn die Steuererklärung eingereicht worden wäre (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1998 - 5 StR 500/98, NStZ-RR 1999, 218). Dies ist dann der Fall, wenn das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten für die betreffende Steuerart und den betreffenden Zeitraum im Wesentlichen abgeschlossen hat (vgl. BGH aaO mwN; Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 92).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 640/10
vom
19. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2011 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 14. Juni 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet
verworfen, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung
in vier Fällen schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte weder Umsatznoch Einkommensteuererklärungen abgegeben und so für die Jahre 2002 und 2003 jeweils Umsatzsteuer und Einkommensteuer hinterzogen hat. Tatvollendung sei jeweils eingetreten „zu dem Zeitpunkt, zu welchem die Finanzbehörde die Steuer festgesetzt hätte“, für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer „dürfte dies spätestens ein Jahr nach Ablauf der Einreichungsfrist“ der Fall sein. Ausgehend hiervon hat das Landgericht den Angeklagten wegen zweier Fälle der Umsatzsteuerhinterziehung sowie wegen zweier Fälle der Einkommensteuerhinterziehung unter Auflösung einer Gesamtstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden und unter gleichzeitiger Einbeziehung der dort verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat angeordnet, dass hiervon wegen einer vom Angeklagten nicht zu vertretenden Verfahrensverzögerung vier Monate als verbüßt gelten.
2
Die gegen diese Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge und mehrere Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
4
1. Mit Blick auf das vom Generalbundesanwalt aufgezeigte Schreibversehen im Tenor der Urteilsausfertigung fasst der Senat diesen klarstellend neu. Dabei verzichtet er zur Vereinfachung der Urteilsformel auf die Angabe der von der Steuerhinterziehung jeweils betroffenen Steuerarten. Die Art der hinterzogenen Steuer muss nicht im Tenor angegeben werden, nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO genügt die Angabe der rechtlichen Bezeichnung der Tat. Daher reicht die Bezeichnung „Steuerhinterziehung“ aus (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, Rn. 69, wistra 2010, 484, 493; BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - 5 StR 127/07, wistra 2007, 388, 391).
5
2. Die - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen tragen in allen vier Fällen eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung.
6
a) Eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) ist bei Fälligkeitssteuern, die wie die Umsatzsteuer als Anmeldungssteuern ausgestaltet sind, mit Ablauf des Fälligkeitszeitpunktes vollendet. Liegt die als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht vor, ist zu diesem Zeitpunkt die Steuer i.S.v. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO verkürzt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, Rn. 8; BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 344/08, Rn. 15, wistra 2009, 189; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1990 - 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO, Rn. 37; Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370, Rn. 105; Kohlmann, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., Stand Dezember 2010, § 370 AO, Rn. 457).
7
Deshalb trat hier Tatvollendung bereits mit Ablauf des 31. Mai 2003 (für die Umsatzsteuer 2002) bzw. mit Ablauf des 31. Mai 2004 (für die Umsatzsteuer 2003) ein. Zu diesen Zeitpunkten waren die Taten zugleich beendet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 344/08, Rn. 15 mwN, wistra 2009, 189); die - entgegen der Annahme der Revision nicht drei, sondern fünf Jahre betragende (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StPO) - Verfolgungsverjährung wurde rechtzeitig unterbrochen (u.a. durch den Durchsuchungsbeschluss vom 23. Oktober 2006).
8
b) Bei der Hinterziehung von Veranlagungssteuern durch Unterlassen tritt - sofern nicht vorher ein Schätzungsbescheid ergangen ist - der Taterfolg der Steuerverkürzung zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Veranlagung stattgefunden hätte, wenn die Steuererklärung pflichtgemäß eingereicht worden wäre (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, Rn. 77; BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1998 - 5 StR 500/98, NStZ-RR 1999, 218). Dies ist spätestens dann der Fall, wenn das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten für die betreffende Steuerart und den betreffenden Zeitraum im Wesentlichen abgeschlossen hat (vgl. BGH aaO mwN; Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370, Rn. 92).
9
Maßgeblich sind die konkreten Verhältnisse in dem für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Finanzamt (vgl. Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370, Rn. 92). Von Bedeutung sind aber auch die konkreten steuerlichen Verhältnisse des jeweiligen Angeklagten. Der Senat hat insofern erwogen, ob zu- mindest bei einfach gelagerten Sachverhalten (und sofern - wie hier - keine Besonderheiten , die Abweichungen rechtfertigen könnten, festgestellt sind) von einer Zeitspanne der Bearbeitung fristgerecht eingereichter Steuererklärungen von längstens einem Jahr auszugehen ist. Das Tatgericht ist weder nach dem Zweifelssatz noch sonst gehalten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen es an zureichenden Anhaltspunkten fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 124/07, NStZ 2007, 530; BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 159/07, BGHSt 51, 324; BGH, Urteil vom 7. November 2006 - 1 StR 307/06, NStZ-RR 2007, 86; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07, NStZ-RR 2007, 381, 382). Insofern ist es von Rechts wegen auch nicht geboten, Tatvollendung stets erst zum Zeitpunkt der Tatbeendigung anzunehmen, wenn also das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk für den maßgeblichen Zeitraum allgemein abgeschlossen hat und demzufolge nicht mehr mit einer Veranlagung zu rechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2001 - 5 StR 395/01, BGHSt 47, 138).
10
Dies bedarf hier indes keiner abschließenden Entscheidung. Denn nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann ausgeschlossen werden, dass die Veranlagungsarbeiten für die Jahre 2002 und 2003 in dem für den Angeklagten zuständigen Finanzamt Wiesbaden I zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ermittlungen (der zuvor erlassene Durchsuchungsbeschluss datiert vom 23. Oktober 2006) noch nicht abgeschlossen waren. Die Tatbestandsverwirklichung war zu diesem Zeitpunkt also hinsichtlich aller vier Taten bereits eingetreten.
11
3. Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es nicht an der in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift (§ 200 StPO) und - daran anknüpfend - einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Anklageschrift enthält die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Anklageerhebung bei Steuerstraftaten notwendigen Angaben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2007 - 1 StR 655/08, NStZRR 2009, 340).
Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 665/08
vom
27. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 8. Mai 2008 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 600,-- Euro verurteilt. Zur Kompensation einer gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verstoßenden konventionswidrigen Verfahrensverzögerung hat das Landgericht von der Gesamtfreiheitsstrafe sechs Monate und von der Gesamtgeldstrafe 30 Tage als vollstreckt erklärt. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 15. Januar 2009 unbegründet; die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:
3
1. Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es nicht an der in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift und - daran anknüpfend - einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die knappe Sachverhaltsschilderung ist noch ausreichend, denn mit ihr ist ein Tatvorwurf im strafprozessualen Sinn als historisches Ereignis hinreichend genau beschrieben und individualisiert (vgl. zur Individualisierungsund Umgrenzungsfunktion der Anklage § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO). Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend folgendes ausgeführt : „Das relevante Verhalten und der Taterfolg des § 370 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 4 S. 1 Hs. 1 AO sind angeführt. Durch die Benennung der Daten der Steuererklärungen, der Steuerarten und der Veranlagungszeiträume ist eine Unterscheidung von anderen denkbaren strafbaren Verhaltensweisen gewährleistet. Auch der Umfang des Strafklageverbrauchs lässt sich bestimmen … Weitere Sachverhaltsangaben sind ausschließlich für die Informationsfunktion der Anklage relevant (a.A. Volk wistra 1998, 281). Insbesondere bedurfte es entgegen der Revisionsbegründung keiner Berechnungsdarstellung der Steuerverkürzung im konkreten Anklagesatz (BayObLG wistra 1991, 195; 1992, 238; OLG Karlsruhe wistra 1994, 319; a.A. OLG Düsseldorf wistra 1982, 159; 1991, 32; NJW 1989, 2145). Die Verkürzungsberechnung könnte keinen Beitrag zur Individualisierung der Tat leisten (vgl. BGH wistra 2008, 465 zu unselbständigen Rechnungsposten einer Betrugstat). Sie würde vielmehr dem Ziel zuwiderlaufen, den Vorwurf klar, übersichtlich und verständlich darzustellen (vgl. BGH wistra 2008, 221; Nr. 110 Abs. 1 RiStBV). Die für Urteile geltenden Darstellungsmaßstäbe können angesichts der unterschiedlichen Anforderungen nicht auf Anklagen (bzw. Strafbefehle) übertragen werden.“
4
2. Entgegen der Auffassung der Revision war die Anklage hinsichtlich der dem Angeklagten zur Last liegenden Taten der Einkommensteuerhinterziehung auch nicht auf einzelne Einkunftsarten beschränkt. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:
5
„Zur Tat als Prozessgegenstand gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten , soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet. Dies kann nicht unabhängig von der verletzten Strafbestimmung beurteilt werden (BGHSt 45, 211; BGH NStZ 2006, 350; NStZRR 2003, 82; wistra 2002, 25). Im Steuerstrafrecht wird der Umfang und die Reichweite der prozessualen Tat neben der einschlägigen Blankettvorschrift maßgeblich durch die sie ausfüllenden Normen des Steuerrechts bestimmt (BGHSt 49, 359; BGH wistra 2005, 145; 2008, 22; insoweit zutreffend Volk wistra 1998, 281) … Bei der Hinterziehung von Einkommensteuer liegt hinsichtlich eines Veranlagungszeitraums materiellrechtlich und somit auch prozessual eine einheitliche Tat vor. Maßgeblich dafür ist die Festsetzung als Jahressteuer aufgrund einer Steuererklärung (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 36 Abs. 1 EStG, 90 ff., 149 ff. AO), in deren Rahmen die verschiedenen Einkunftsarten lediglich Rechnungsposten bilden (§ 2 Abs. 1, Abs. 5 S. 1 EStG). Aufgrund des in § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AO normierten Verhaltens bzw. Taterfolges kann Einkommensteuer daher immer nur insgesamt und nicht nur bzgl. einzelner Einkunftsarten hinterzogen werden. Beendet ist eine solche Tat mit der Bekanntgabe des unrichtigen Steuerbescheides (Franzen/Gast/Joecks Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 376 Rn. 15).“
6
Entgegen der Auffassung der Revision war es daher zur Bezeichnung der angeklagten Tat auch nicht erforderlich, in der Anklageschrift die Einkunftsarten anzugeben, bei denen der Verdacht der Hinterziehung von Einkommensteuer bestand (a.A. Salditt, Die Tat bei der Hinterziehung von Einkommensteuer , Festschrift für Klaus Volk zum 65. Geburtstag, 2009 S. 637, 647).
7
3. Die Hinterziehung von Einkommensteuer ist entgegen der Auffassung der Revision für den Veranlagungszeitraum nicht hinsichtlich der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ verjährt. Die verjährungsunterbrechenden Maßnahmen erfassten jeweils die Taten der Steuerhinterziehung insgesamt. Da der Schuldgehalt einer Tat nicht teilweise verjähren kann, kann eine Steuerhinterziehung auch nicht hinsichtlich der verkürzten Steuern einer bestimmten Einkunftsart verjähren (a.A. Salditt aaO). Im Übrigen bestehen für eine Beschränkung des Verfolgungswillens der Ermittlungsbehörden auf die bei Erlass der Durchsuchungsanordnungen bestehenden Verdachtsmomente keine Anhaltspunkte. Vielmehr dienen auch bei der Straftat der Steuerhinterziehung die Ermittlungen grundsätzlich der Aufklärung der gesamten vom Anfangsverdacht erfassten Tat, auch wenn einzelne Umstände, die zu einem zusammengehörigen Lebensvorgang zählen, noch nicht bekannt sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Erkenntnisbasis zu Beginn der Ermittlungen geringer als bei Anklageerhebung ist. Sowohl die Verfahrenseinleitung gemäß § 397 AO als auch verjährungsunterbrechende Maßnahmen, wie der Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen, beziehen sich daher bei der Einkommensteuerhinterziehung auf die Steuererklärung insgesamt und nicht nur auf die Angaben zu einzelnen Einkunftsarten (a.A. Salditt aaO).
8
Die Fassung und Begründung der Durchsuchungsanordnungen erfüllt auch die an sie gestellten Mindestanforderungen (vgl. dazu BGH wistra 2003, 382; 2006, 421; BVerfG wistra 2005, 21). Denn die Sachverhaltsschilderung muss nicht so vollständig sein wie in einer Anklage (vgl. Nack in KK-StPO 6. Aufl. § 105 Rdn. 4).
9
4. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Hinterziehung von Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1998 verstößt nicht gegen den Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“, d.h. das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung. Die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht bereits durch die - dem Täter nicht bekannte - Verfahrenseinleitung, sondern erst dann suspendiert, wenn dem Steuerpflichtigen die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben wird (BGH NStZ 2002, 437). Denn bis zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Täter regelmäßig nicht in einer Zwangslage; er kann durch eine Selbstanzeige gemäß § 371 AO, die auch in einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung liegen kann, Straffreiheit erlangen (vgl. auch BGH, Beschl. vom 17. März 2009 - 1 StR 479/08).
10
5. Soweit die Revision beanstandet, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und mit welchem Inhalt für die H. KG Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gesellschaftsgewinns ergangen sind, deckt sie keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
11
Zwar trifft es zu, dass gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen sind, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind; diesen Bescheiden kommt als Grundlagenbescheiden auch Bindungswirkung zu (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO). Den Urteilsfeststellungen ist jedoch zweifelsfrei zu entnehmen, dass die unrichtigen Einkommensteuerbescheide - mit Ausnahme des Schätzungsbescheides für das Jahr 1997 - jeweils auf der Grundlage der in den Einkommensteuererklärungen des Angeklagten gemachten unrichtigen Angaben erlassen worden sind. Dass dies nicht so gewesen sei oder dass Feststellungsbescheide mit abweichenden Feststellungen zu den Besteuerungsgrundlagen ergangen wären , behauptet auch die Revision nicht. Für die Annahme, der Angeklagte könnte in Anträgen auf einheitliche und gesonderte Feststellung des Gesell- schaftsgewinns andere Angaben zum Gewinn als in seinen Einkommensteuererklärungen gemacht haben, fehlt jeglicher Anhaltspunkt, zumal nach den Urteilsfeststellungen der Bruder des Angeklagten als einziger Kommanditist nur mit einer Einlage in Höhe von 2.000,-- DM an der Kommanditgesellschaft beteiligt war und lediglich eine Verzinsung dieser Kapitalanlage erhielt (UA S. 6). Damit steht fest, dass die unrichtigen Einkommensteuerbescheide auf den unrichtigen Angaben des Angeklagten beruhen. Der Zurechnungszusammenhang wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der unzutreffenden Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bereits ein Steuervorteil liegen kann; denn die Steuerverkürzung tritt erst dann ein, wenn die unrichtigen Angaben in den Folgebescheid Eingang gefunden haben (BGH NJW 2009, 381, 383).
12
6. Soweit der Angeklagte für das Jahr 1997 bis zum allgemeinen Abschluss der Veranlagungsarbeiten keine Einkommensteuererklärung abgegeben hat, weil er davon ausging, „dass das Finanzamt seine Einkommensteuer zu niedrig schätzen würde“ (UA S. 9), entnimmt der Senat dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass der Angeklagte auch keinen Antrag auf einheitliche und gesonderte Feststellung des Gesellschaftsgewinns abgegeben hat.
13
7. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist das angefochtene Urteil nicht deshalb lückenhaft, weil das Landgericht in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich erörtert hat, ob in der - unwirksamen - strafbefreienden Erklärung des Angeklagten vom 27. Dezember 2004 hinsichtlich von bislang nicht erklärten Kapitalerträgen aus den Jahren 1993 bis 1999 (UA S. 17) eine strafbefreiende Selbstanzeige liegen könnte. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde vom Ermittlungsrichter bereits am 8. Mai 2001 gegen den Angeklagten ein Durchsuchungsbeschluss erlassen, der am 12. Juni 2001 vollstreckt wurde (UA S. 95 ff.). Dieser Durchsuchungsbeschluss stützt sich insbesondere auf den Verdacht der Hinterziehung von Einkommensteuer für die Jahre 1993 bis 1998. Im Hinblick auf die somit vorliegenden Sperrgründe des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b AO konnte in der im Dezember 2004 gegenüber den Finanzbehörden abgegebenen Er klärung für die verfahrensgegenständlichen Taten keine wirksame Selbstanzeige mehr liegen. Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe von Einkommenund
Gewerbesteuererklärungen für einen bestimmten
Veranlagungszeitraum wird suspendiert, wenn dem
Steuerpflichtigen für diesen Zeitraum die Einleitung
eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wird (im
Anschluß an BGHSt 47, 8).
BGH, Beschluß vom 23. Januar 2002 - 5 StR 540/01
LG Paderborn
-

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 20. August 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer 1997 (Fälle 4 und 5 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist und
b) im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen.
1. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in vier Fällen – unter Einbeziehung rechtskräftiger Einzelstrafen – zu einer Gesamtfreiheits- strafe von drei Jahren und einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg ; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts gab der Angeklagte, der als selbständiger Gewerbetreibender auf sogenannten “Kaffeefahrten” Haushaltsgegenstände vertrieb, für die Veranlagungszeiträume von 1997 bis 1999 weder Umsatz-, noch Gewerbe- oder Einkommensteuererklärungen ab. Dadurch kam es zu einer Steuerverkürzung in Höhe von insgesamt 284.000 DM. Hinsichtlich der Gewerbesteuer für die Jahre 1998 und 1999 sowie bezüglich der Einkommensteuer für die Jahre 1998 und 1999 hat das Landgericht nur einen Versuch der Steuerhinterziehung angenommen, weil die Veranlagungsarbeiten im Bezirk Paderborn noch nicht im wesentlichen abgeschlossen waren, bevor dem Angeklagten hinsichtlich dieser Steuern die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wurde.

II.


Das landgerichtliche Urteil hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten jeweils wegen vollendeter Steuerhinterziehung bezüglich der Einkommen- und der Gewerbesteuer für den Veranlagungszeitraum 1997 verurteilt hat, reichen die hierzu getroffenen Feststellungen nicht aus.

a) Das Landgericht teilt in den Urteilsgründen mit, daß dem Angeklagten durch die Vollziehung eines Durchsuchungsbeschlusses die Einlei-
tung eines Steuerstrafverfahrens wegen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung seit dem 23. Juni 1998 bekannt war. Es verhält sich jedoch nicht dazu, auf welchen Tatzeitraum sich die Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens bezog. Dies ist jedoch für die strafrechtliche Bewertung von Belang.
aa) Mit der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 397 AO treten zugunsten des beschuldigten Steuerpflichtigen die Wirkungen der in der Abgabenordnung normierten Schutzvorschriften gemäû §§ 393, 397 Abs. 3 AO ein. Andererseits verliert der Steuerpflichtige mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Maûgeblich ist deshalb, welche Tatvorwürfe zu welchem Zeitpunkt dem Beschuldigten nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 397 Abs. 3 AO bekanntgegeben worden sind. In der Übergabe einer Durchsuchungsanordnung kann ± wie das Landgericht zutreffend angenommen hat ± die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu sehen sein (BGH wistra 2000, 219, 225). Die Wirkungen der Bekanntgabe der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erstrekken sich dann auf diejenigen Tatvorwürfe, die in der Durchsuchungsanordnung genannt sind. Damit ist entscheidend, auf welche Steuerart und auf welchen Tatzeitraum sich die angeordnete Durchsuchung bezogen hat (vgl. BGH aaO).
bb) Die Urteilsgründe enthalten weder Feststellungen, welche konkreten Tatvorwürfe die Durchsuchung betraf, noch auf welche Weise der Angeklagte hiervon Kenntnis erlangte. Dies hätte jedoch der Erörterung bedurft. Hätte die Durchsuchung den Vorwurf der Hinterziehung der Einkommen - und Gewerbesteuer für den Veranlagungszeitraum 1997 erfaût, läge nur ein fehlgeschlagener Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO vor. Eine Vollendung dieser Taten könnte dann je-
doch nicht mehr eintreten. Mit der Einleitung des Steuerstrafverfahrens wäre nämlich die strafbewehrte Pflicht entfallen, die Einkommen- beziehungsweise Gewerbesteuererklärung noch abzugeben.
(1) Wie der Senat in seinem Beschluû vom 26. April 2001 (BGHSt 47, 8, 12 ff.) ausgeführt hat, wird die Erklärungspflicht jedenfalls dann nach § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO suspendiert, wenn hinsichtlich des Veranlagungszeitraums , für den die Erklärung abzugeben ist, bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde. Der genannten Entscheidung vom 26. April 2001 lag der Sachverhalt zugrunde, daû der Steuerpflichtige bereits jeweils unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte. Vor Ablauf der Frist zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung war gegenüber dem Steuerpflichtigen, der dann auch keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr abgegeben hatte, die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens hinsichtlich der unrichtigen Voranmeldungen bekanntgegeben worden. Der beschuldigte Steuerpflichtige befand sich in der Zwangslage, entweder mit der Abgabe einer wahrheitsgemäûen Jahreserklärung selbst seine unrichtigen Voranmeldungen aufdecken zu müssen oder den steuerlichen Schaden zu perpetuieren. Der Bundesgerichtshof hat für diesen eng umgrenzten Ausnahmefall gemäû § 393 Abs. 1 AO die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung während der Dauer des Steuerstrafverfahrens als suspendiert angesehen, um dem Beschuldigten den Konflikt zu ersparen, sich im Falle wahrheitsgemäûer Angaben selbst belasten zu müssen.
(2) Die Strafbewehrung einer Nichtabgabe von Steuererklärungen zu suspendieren, rechtfertigt sich in diesen Fällen aus dem Zwangsmittelverbot (nemo tenetur se ipsum accusare). Ein vergleichbares Spannungsverhältnis besteht aber auch dann, wenn der Steuerpflichtige nicht innerhalb der Erklärungsfrist (§ 149 Abs. 2 AO) eine Einkommensteuerklärung abgegeben hat und er damit in das Stadium des Versuchs der Einkommensteuerhinterzie-
hung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) eingetreten ist. Mit der ihm gegenüber mitgeteilten Einleitung des Ermittlungsverfahrens entfällt für ihn die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB, weil es regelmäûig an der Freiwilligkeit fehlen wird. Da die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens vorher bekanntgegeben worden ist, führt eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO nicht zur Straffreiheit (zur Anwendbarkeit des § 371 AO auf den Versuch vgl. Kohlmann Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 371 Rdn. 31 f.). Für den Steuerpflichtigen bleibt dann nur die Wahl entweder durch Abgabe einer Steuererklärung praktisch den Hinterziehungsumfang selbst aufzudecken oder durch die fortdauernde Unterlassung der Abgabe einer Steuererklärung den rechtswidrigen Zustand weiter zu perpetuieren. Zwänge man den Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung, müûte er alle steuerlich relevanten Tatsachen vortragen (§ 90 Abs. 1 AO), aus denen sich der von ihm beabsichtigte Hinterziehungsumfang errechnen lieûe. Eine derartige Pflicht zur Selbstbelastung will das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 AO dem Steuerpflichtigen seinem Grundgedanken nach gerade ersparen. Dies kann wirksam nur dadurch erfolgen, daû die Strafbewehrung der Erklärungspflicht für ein bestimmtes Veranlagungsjahr so lange suspendiert wird, wie für dieses Veranlagungsjahr ein Strafverfahren anhängig ist.
(3) Wenn für frühere Veranlagungszeiträume ein Steuerstrafverfahren eingeleitet sein sollte, läût dies die Erklärungspflicht allerdings unberührt. Auch soweit sich ± wie hier vorliegend bei der völligen Verschleierung der Einkünfte ± das steuerliche Fehlverhalten hinsichtlich der einzelnen Veranlagungszeiträume praktisch gleicht, gilt nichts anderes. Das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 AO erlaubt nicht die Begehung neuen Unrechts. Dies bedeutet, daû der Steuerpflichtige die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens für die Vorjahre nicht zum Anlaû nehmen darf, für einen späteren Veranlagungszeitraum keine oder gar unrichtige Angaben zu machen (BGHSt 47, 8, 15). Die ordnungsgemäûe Erfüllung der steuerlichen Erklä-
rungspflicht mag dabei mittelbar Auswirkungen auf das Steuerstrafverfahren haben, weil die Aufdeckung bislang verheimlichter Einkunftsquellen zu Ermittlungen der Finanzbehörden auch im Hinblick auf die Vorjahre Anlaû geben könnte. Selbst wenn die Gefahr zu entsprechenden Rückschlüssen auf die Vorjahre bestehen sollte, könnte dies nicht ein neuerliches Fehlverhalten im Hinblick auf zukünftige Veranlagungszeiträume rechtfertigen (BGH, Beschl. vom 10. Januar 2002 ± 5 StR 452/01, zur Veröffentlichung vorgesehen

).


b) Mithin hätte es der Feststellung bedurft, auf welche Veranlagungszeiträume sich der Durchsuchungsbeschluû des Amtsgerichts Bielefeld bezog. Sollte dieser frühere Tatzeiträume oder andere Steuerarten betroffen haben, hätte das Landgericht für die Einkommen- und Gewerbesteuer 1997 ermitteln müssen, wann jeweils die Veranlagungsarbeiten im wesentlichen abgeschlossen waren. Dieser Zeitpunkt ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Vollendung maûgebend (BGH wistra 1999, 385; zuletzt BGH, Beschl. vom 7. November 2001 ± 5 StR 395/01, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ± vgl. hierzu Jäger PStR 2002, 1 ff.). Für die Tatvollendung bei der Hinterziehung der Gewerbesteuer ist dabei auf den Zeitpunkt abzustellen, bis zu dem die Arbeiten hinsichtlich der Festsetzung der Gewerbesteuer (§ 16 GewStG) durch die zuständige Gemeinde im wesentlichen abgeschlossen sind (vgl. BGH NJW 1991, 1315). Nur soweit nicht vor jenen ± konkret festzustellenden ± Zeitpunkten dem Angeklagten die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens für diesen Veranlagungszeitraum bekanntgegeben wurde, kann eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung erfolgen.

c) Dieser Mangel, der zur Aufhebung des Schuldspruchs nötigt, zieht auch die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren nach sich. Die übrigen Einzelstrafen können bestehenbleiben, weil auszuschlieûen ist, daû sie von dem Recht sfehler beeinfluût sind.

2. Die gesondert verhängte weitere Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten kann gleichfalls keinen Bestand haben.

a) Das Landgericht hat allerdings zutreffend eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe gebildet, weil das Berufungsurteil des Landgerichts Paderborn vom 17. Mai 2000 insoweit Zäsurwirkung entfaltet hat. Der spätere Gesamtstrafenbeschluû gemäû § 460 StPO des Amtsgerichts Niebüll vom 3. Mai 2001 muûte demgegenüber auûer Betracht bleiben, weil Entscheidungen nach § 460 StPO keine neuen tatrichterlichen Feststellungen ermöglichen (Fischer in KK 4. Aufl. § 460 Rdn. 3; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 55 Rdn. 6; jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
Eine Einbeziehung auch der Versuchstaten (Fälle 6 bis 9) war nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht möglich, weil diese nicht vor Erlaû dieses Berufungsurteils des Landgerichts Paderborn begangen wurden. Maûgeblich ist hierfür, daû die jeweils einzubeziehenden Taten beendet waren (BGH NJW 1997, 750, 751; wistra 1996, 144, 145). Die hier relevanten Taten der Steuerhinterziehung (Einkommensteuer 1998, 1999 und Gewerbesteuer 1998, 1999) befanden sich noch im Versuchsstadium, weil die Veranlagungsarbeiten für diese Besteuerungszeiträume noch nicht abgeschlossen waren. Der Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO, der durch Unterlassen begangen wird, beginnt mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Erklärung spätestens zu erfolgen hat. Soweit es ± wie hier ± nicht vorher zu einer Vollendung der Taten kommt, endet die Strafbarkeit wegen Unterlassens erst dann, wenn der rechtswidrige Zustand wieder aufgehoben wird. Insoweit gelten die Grundsätze, die für die Beendigung bei Dauerdelikten entwickelt worden sind (vgl. hierzu Rissing-van Saan aaO § 55 Rdn. 9). Bei den hier vorliegenden Taten endete der rechtswidrige Zustand erst mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, weil ab diesem Zeitpunkt gemäû § 393 Abs. 1 AO die Strafbewehrung der Abgabe ei-
ner Steuererklärung suspendiert war (vgl. auch BGH wistra 1992, 23 zu § 266a StGB).

b) Die Gesamtfreiheitsstrafe ist aber nicht rechtsfehlerfrei gebildet worden. Das Landgericht geht von einer unzutreffenden Einsatzstrafe im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB aus. Die hier zugrundezulegende höchste Strafe, die für die Fälle 6 bis 9 verhängt wurde, beträgt vier Monate und nicht ± wie das Landgericht irrtümlich angenommen hat ± sechs Monate. Soweit das Landgericht auf S. 17 der Urteilsgründe auch ± im Widerspruch zu den zutreffenden Ausführungen auf S. 15 der Urteilsgründe ± Fall 5 bei der konkreten Bestimmung dieser zweiten Gesamtstrafe einbezogen hat, beruht dies gleichfalls auf einem Versehen. Da diese Fehler sich auf die Festsetzung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt haben können, muû auch die zweite Gesamtstrafe neu gebildet werden.

c) Der Senat weist dabei darauf hin, daû in diese zweite Gesamtstrafe die Fälle 4 und 5 dann einzubeziehen sind, wenn sich aus den noch vorzunehmenden (oben dargelegten) Ermittlungen ergeben sollte, daû die jeweilige Vollendung der Taten oder die Beendigung ihres Versuchs zeitlich später als das Berufungsurteil des Landgerichts Paderborn vom 17. Mai 2000 lagen.
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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 103/12
vom
22. Mai 2012
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Auch bei einer gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben
nach § 373 AO in Millionenhöhe kommt eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe
nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht.
2. Sowohl beim Schmuggel nach § 373 AO wie auch bei der Steuerhinterziehung
nach § 370 AO ist es dabei ohne Bedeutung, ob die Millionengrenze durch eine einzelne
Tat oder erst durch mehrere gleichgelagerte Einzeltaten erreicht worden ist.
(Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71
und BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11).
BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Mai 2012,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin - beide in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. November 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in 32 Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Angeklagten J. hat es des gewerbsmäßigen Schmuggels in 32 Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Auflösung einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. November 2010 und Einbeziehung der dieser zugrundeliegenden Einzelstrafen erneut zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es wiederum zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten und den Straf- ausspruch beschränkten Revisionen. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg und führen - bei unwirksamer Rechtsmittelbeschränkung - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt.

I.

3
1. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lassen sich noch folgende Feststellungen entnehmen:
4
Die Angeklagten importierten „im bewussten und arbeitsteiligen Zusam- menwirken“ und „mit Unterstützung der gesondert Verfolgten Z. und L. “ sowie, um sich eine zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen, Mobiltelefone und MP-Player aus der Volksrepublik China nach Deutschland und veräußerten „diese Unterhaltungselektronik“ (UA S. 12) in Deutschland sodann über Inter- netplattformen. Bei der Einfuhr gestellten sie die elektronischen Geräte nicht, sondern meldeten lediglich Tarnware an und verkürzten dadurch Einfuhrumsatzsteuer und Zoll. Die auf die Veräußerung der Geräte anfallende Umsatzsteuer wurde ebenfalls nicht angemeldet.
5
a) Zum gewerbsmäßigen Schmuggel
6
In einem Fall im Februar 2009 sowie in 30 Fällen im Januar und Februar 2010 (Fälle 1 bis 31 der Urteilsgründe) führten die Angeklagten Mobiltelefone (nachgebaute IPhones) aus der Volksrepublik China per See- oder Luftfracht nach Deutschland ein, ohne die jeweils anfallende Einfuhrumsatzsteuer (in Hö- he von rund 205.000 €) zu entrichten. Die Mobiltelefone waren in funktionslose Netzteile verpackt und wurden beim Zoll entsprechend als Netzteile deklariert. Die Einfuhr erfolgte - mit Ausnahme eines den Februar 2009 betreffenden Falles - über eine in Hamburg ansässige D. GmbH, „deren Geschäftsführer ein Zh. war“ (UA S. 13) und für die der Angeklagte G. Büroräume angemietet, ein Konto in China eröffnet und Bestellungen in China vorgenommen hat.
7
Im Februar 2009 (Fall 26 der Urteilsgründe) erfolgte die Einfuhr der Mobiltelefone über eine ebenfalls in Hamburg ansässige Firma O. GmbH, deren zunächst formeller (vgl. UA S. 12) und sodann faktischer Geschäftsführer (vgl. UA S. 14) der Angeklagte J. war. Die O. GmbH „war Teil einer von China aus handelnden Vertriebsorganisation für den europäischen Raum“ (UA S. 10). Der AngeklagteJ. und der gesondert Verfolgte Z. „veranlassten die Überweisungen der aus den Verkäufen verein- nahmten Entgelte nicht nur auf das Firmenkonto …, sondern zur Verschleierung der Geldflüsse“ auch auf Konten „von Strohleuten aus der Bekanntschaft des Z. “ (UA S. 10). Für diese Firma war der Angeklagte G. seit Anfang des Jahres 2007 zunächst von China aus tätig; er kaufte dort „insbesonde- re Maniküreartikel und Hundehalsbänder“ (UA S. 12). Ende Mai 2009 kam der Angeklagte G. , der zuvor in Deutschland drei Semester Volkswirtschaft studiert hatte und sich auch in der Zwischenzeit immer wieder für kurze Zeit in Deutschland aufhielt, dauerhaft nach Deutschland. Für die O. GmbH übernahm er zunächst nur Empfang und Weiterversand der Mobil- telefone, später „auch die Lagerverwaltung“ (UA S. 13). Für diese Tätigkeit er- hielt der Angeklagte G. 2.100 € monatlich brutto, nicht jedoch eine ihm zunächst in Höhe von bis zu 20 % des Gewinns zugesagte Provision.
8
Des Weiteren führten die Angeklagten in einem nicht festgestellten Zeitraum entweder über die O. GmbH oder die D. GmbH („Empfänger unbekannt“, UA S. 16; „Import der Waren erfolgte insbesondere, und bezüglich der hier abgeurteilten Taten ausschließlich, über die O. GmbH … und die D. GmbH“, UA S. 12) und in nicht festgestelltem Umfang („Anzahl unbekannt“, UA S. 16) MP- Player aus der Volksrepublik China nach Deutschland ein, ohne hierfür Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll „zu entrichten“ (UA S. 12). Hierdurch sei ein „Schaden EUSt inkl. Zollsatz 2 %“ in Höhe von 1.000.501,61 € abzüglich eines 10%igen Sicherheitsabschlags entstanden (UA S. 16). Der Schadensberech- nung hat die Kammer „die Berechnung des Zolls (Anlage 2 der Anklageschrift) zugrunde gelegt. … Diese Berechnung des Zolls war für die Kammer hinrei- chend detailliert und nachvollziehbar“ (UA S. 22).
9
b) Zur Umsatzsteuerhinterziehung
10
Die Geräte wurden in Deutschland über Internetplattformen an Endkunden veräußert, ohne dass dann die auf die ausgeführten Lieferungen anfallende Umsatzsteuer angemeldet wurde. Dies war bereits Gegenstand eines früheren Strafverfahrens gegen den Angeklagten J. . Weil dieser Angeklagte Umsätze der genannten Art in den für die O. GmbH abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2009 sowie Januar bis März 2010 verschwieg und für das Jahr 2008 entgegen der ihm bekannten Verpflichtung keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgab (er verkürzte hierdurch Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 819.858,89 €), wurde er vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 12. November 2010 - rechtskräftig seit Juli 2011 - zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
11
Nach den Feststellungen im hier gegenständlichen Verfahren unterstützte der Angeklagte G. den Angeklagten J. bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer dadurch, dass er die Lagerverwaltung übernahm und sein Konto in China zur Verfügung stellte, was J. zusätzlich ein Gefühl der Sicherheit vermittelte; dabei wusste und wollte G. , dass die elektroni- schen Geräte verkauft werden und die hierfür anfallende Umsatzsteuer „nicht abgeführt“ wird (UA S. 18; Fall 33 der Urteilsgründe).
12
2. Das Landgericht hat die Fälle 1 bis 32 der Urteilsgründe bei beiden Angeklagten als gewerbsmäßigen Schmuggel (§ 373 Abs. 1 AO) gewertet. Eine bandenmäßige Begehungsweise hat es dagegen verneint, weil „tragende Feststellungen zu einer Bandenstruktur mitsamt Bandenabrede“(UA S. 24) nicht hätten getroffen werden können. Den Fall 33 der Urteilsgründe, der lediglich den Angeklagten G. betrifft, hat das Landgericht als einheitliche Beihilfe zu den beim Angeklagten J. bereits im November 2010 abgeurteilten 16 Taten der Umsatzsteuerhinterziehung gewertet.
13
3. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht die Fälle 1 bis 32 der Urteilsgründe für beide Angeklagte jeweils als minder schwere Fälle des Schmuggels im Sinne von § 373 Abs. 1 Satz 2 AO angesehen. Es hat dafür jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, eine solche von acht Monaten und im Übrigen Geldstrafen zwischen 90 und 120 Tagessätzen verhängt.
14
Im Fall 33 der Urteilsgründe (Beihilfe des Angeklagten G. zur Umsatzsteuerhinterziehung) hat das Landgericht der Strafzumessung den gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zugrunde gelegt und gegen den Angeklagten G. eine Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt.
15
Strafmildernd hat das Landgericht bei beiden Angeklagten jeweils ein umfassendes und beim Angeklagten G. ein auch von Reue getragenes Geständnis berücksichtigt, was zu einer erheblichen Verkürzung der Hauptverhandlung beigetragen habe, sowie den Umstand, dass den Angeklagten hinsichtlich der Schmuggeltaten eine untergeordnete Rolle zukam und sie nicht Initiatoren waren, zudem die von ihnen als Erstverbüßer erlittene Untersuchungshaft und eine besondere Haftempfindlichkeit. Zugunsten der Angeklagten hat das Landgericht jeweils auch gewertet, dass sie keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatten, der aber (lediglich) in Höhe von rund 12.000 € berech- tigt gewesen wäre. Zu Lasten der Angeklagten hat das Landgericht berücksich- tigt, dass ein „erheblicher Schaden entstanden“ sei.
16
Zugunsten des Angeklagten G. hat das Landgericht auch dessen Unbestraftheit sowie den Umstand gewertet, dass dieser Angeklagte außer einem „Gehalt in Höhe von 2.100 € brutto“ keine finanziellen Vorteile aus den Taten erlangt habe.
17
Zugunsten des Angeklagten J. hat das Landgericht weiterhin be- rücksichtigt, dass er zur Tatzeit nur unwesentlich bestraft war. „Insbesondere“ sei auch die lange Verfahrensdauer zugunsten des Angeklagten J. zu bewerten, der sich „über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr … der Ver- folgung durch die Staatsanwaltschaft ausgesetzt“ sah, „obwohl es sich- insbe- sondere, aber nicht nur, für ihn - um die gleiche Angelegenheit handelte und er mit Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im November 2011 davon ausgehen konnte, dass dieser Lebensabschnitt damit für ihn abge- schlossen war“ (UA S. 29).
18
Bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe betreffend den Angeklagten J. hat das Landgericht „insbesondere“ berücksichtigt, dass dieser sich „in dem vorliegenden Verfahren das zweite Mal gerichtlich verantworten muss- te, obwohl es sich bei den Fällen 1 bis 32 und der vorangegangenen Verurteilung um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt, der im Hinblick auf den Angeklagten nicht zusammen in einem Verfahren angeklagt, sondern unnatür- lich in zwei verschiedene Verfahren von der Staatsanwaltschaft aufgespalten wurde“ (UA S. 30).

II.

19
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt, weil die knappen und lückenhaften , dadurch unklaren und zudem widersprüchlichen Urteilsgründe keine hinreichende Grundlage für die Prüfung eines Rechtsfolgenausspruchs bieten. Angesichts solcher Feststellungen ist auch die Beschränkung der Rechtsmittel auf den Strafausspruch unwirksam.
20
1. Die Urteilsgründe sind unklar, lückenhaft und widersprüchlich.
21
Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagten Mobiltelefone und MP-Player nach Deutschland einführten, ohne die jeweils anfallende Einfuhrumsatzsteuer (und Zoll) „zu entrichten“ und „diese Unterhaltungselektronik … unter Umgehung der Umsatzsteuer“ veräußerten (UA S. 12), ist es er- kennbar davon ausgegangen, dass es sich bei den geschmuggelten und den weiterverkauften Elektronikgegenständen jeweils um die nämliche Ware aus dem Einfuhrschmuggel handelt. Diese Annahme steht jedoch mit den vom Landgericht der Entscheidung zugrunde gelegten Tatzeitpunkten, soweit solche überhaupt festgestellt wurden, im Widerspruch.
22
Nach den - insoweit aus der vorangehenden, rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten J. entnommenen - wiedergegebenen Urteilsfest- stellungen war die Umsatzsteuer aus dem Weiterverkauf der „geschmuggelten“ Elektronikgegenstände bereits im Zeitraum zwischen dem Jahr 2008 und März 2010 hinterzogen worden. Da andererseits nach den Urteilsfeststellungen die Mobiltelefone - mit Ausnahme einer Einfuhr im Februar 2009 - erst im Januar und Februar 2010 nach Deutschland eingeführt wurden, bleibt unklar, inwieweit der Umsatzsteuerhinterziehung die Lieferung von Waren zugrunde liegen konnte , auf die sich die ausgeurteilten Schmuggeltaten beziehen. Die im Jahr 2010 eingeschmuggelten Elektronikgeräte konnten jedenfalls nicht bereits vorher an Abnehmer in Deutschland ausgeliefert worden sein.
23
Für die MP-Player hat das Landgericht keine Feststellungen zum konkreten Einfuhrzeitpunkt innerhalb des vom Landgericht angenommenen Gesamttatzeitraums vorgenommen. Es begnügt sich vielmehr mit der Mitteilung eines anzunehmenden Gesamtschadens und der Angabe eines Verkaufspreises an deutsche Endkunden, ohne auch nur ansatzweise sonstige Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen (zu den Anforderungen an die Urteilsdarstellungen in Steuerstrafsachen vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, wistra 2009, 398). Es kann - wie auch die Ausführungen des Generalbundesanwalts belegen - lediglich vermutet werden, dass es ganz oder teilweise die in Fall 32 der Urteilsgründe genannten MP-Player waren, die Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung gewesen sein könnten. Auf eine bloße Vermutung kann eine Verurteilung indes nicht gestützt werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 24. November 1992 - 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11).
24
Die Strafkammer wäre freilich nicht gehindert gewesen, tragfähige Feststellungen auf ein nach ihrer Überzeugung glaubwürdiges Geständnis zu stützen , sofern die Feststellungen - wozu sich das Urteil jedoch ebenfalls nicht verhält - Gegenstand eines Geständnisses hätten sein können (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10). Selbst wenn Angeklagte den Anklagevorwurf nur knapp einräumen, darf das Gericht dem freilich auf seine Zuverlässigkeit geprüften Geständnis Glauben schenken und Feststellungen darauf stützen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 - 2 StR 156/98, NStZ 1999, 92). Auch kann, wenn das Tatgericht von einem strafbaren Verhalten des Täters überzeugt ist, die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen , namentlich wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen , etwa weil über die kriminellen Geschäfte keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind (BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148; BGH, Urteil vom 12. August 1999 - 5 StR 269/99, wistra 1999, 426). Eine solche Schätzung nimmt die Strafkammer hier indes gerade nicht vor, vielmehr stützt sie sich auf eine als Anlage der Anklageschrift beigefügte Schadensberechnung. Abgesehen davon, dass die Strafkammer allein durch die Bezugnahme auf das Ergebnis von Dritten gefertigter Steuer- oder Zollberechnungen den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben nicht entsprechen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11), wird der Inhalt der Berechnungsdarstellung nicht mitgeteilt und ist somit der Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - 5 StR 17/06, NStZ 2007, 478).
25
Der Widerspruch bezüglich der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang hinsichtlich der ausgeurteilten 16 Taten der Umsatzsteuerhinterziehung - hinsichtlich derer sich die Feststellungen auf den Umfang der in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen pflichtwidrig nicht angemeldeten Umsätzen beschränken - und der 32 Fälle des gewerbsmäßigen Schmuggels Warenidentität bestand, lässt sich auch nicht aus dem weiteren Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe heraus beseitigen. Die Ausführungen der Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung, dass allein im Fall 26 der Urteilsgründe eine entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für zuvor eingeführte Gegenstände abzugsfähig gewesen wäre, in anderen Fällen der Import „für die D. GmbH“ (UA S. 27) erfolgt sei oder aber - im Fall 32 der Urteilsgründe - gar nicht feststellbar sei, für welche Gesellschaft die Waren eingeführt worden waren, legen die Nämlichkeit der Waren ebenfalls nur zugrunde, ohne diese zu belegen.
26
2. Schon die aufgezeigten Mängel müssen hier zur Unwirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung und zur Aufhebung des gesamten Urteils mit den Feststellungen führen. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
27
a) Eine - hier sogar ausdrücklich erklärte - Beschränkung eines Rechtsmittels allein auf den Rechtsfolgenausspruch ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359,364). Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist jedoch - ausnahmsweise - zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine getrennte Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht ermöglichen, ohne dass der nicht angefochtene Teil mitberührt würde. Dies ist hier - wie aufgezeigt - jedoch der Fall, weil die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar und zudem widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 318 Rn. 16 mwN).
28
b) Dies bedingt zugleich die Aufhebung des Urteils insgesamt. Zwar erfordert ein lediglich den Schuldumfang betreffender Rechtsfehler regelmäßig nicht die Aufhebung auch des Schuldspruchs, da sich die Verurteilung jedenfalls im Ergebnis rechtfertigt (Kuckein in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13 mwN). So lässt es bei Steuerhinterziehung den Schuldspruch grundsätzlich unberührt, wenn lediglich der Verkürzungsumfang, etwa durch eine fehlerhafte Schätzung, unrichtig bestimmt ist, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Be- schluss vom 24. Mai 2007 - 5 StR 58/07, wistra 2007, 345). Der Schuldspruch ist hier jedoch aufzuheben, weil - insbesondere mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG - wesentliche Modalitäten zu dem auch den Schuldumfang determinierenden Tathergang unklar bleiben (hierzu vgl. Kuckein in Karlsruher Kommentar , StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 18 mwN) und dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu geben ist, eine Entscheidung ohne Bindung an die bisherigen - widersprüchlichen - Feststellungen zu treffen (hierzu vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95, NStZ-RR 1997, 72, 73).

III.

29
Die Erwägungen zur Strafzumessung im angefochtenen Urteil geben dem Senat Anlass, für den - angesichts der Geständnisse der Angeklagten zum Tatablauf naheliegenden - Fall eines erneuten Schuldspruchs durch den neuen Tatrichter Folgendes anzumerken:
30
1. Die Annahme minder schwerer Fälle des Schmuggels gemäß § 373 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet bei einer Hinterziehung von Einfuhrabgaben in großem Ausmaß regelmäßig aus. Dies ergibt sich aus Folgendem:
31
Bei Schmuggel gemäß § 373 AO handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand gegenüber dem Grundtatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Liegen Qualifikationsmerkmale - wie etwa gewerbsmäßiges Handeln - nicht vor, ist die Hinterziehung von Einfuhrabgaben eine Steuerhinterziehung. Denn gemäß § 3 Abs. 3 AO sind Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes Steuern im Sinne der Abgabenordung. Sind in einem solchen Fall durch eine Tat Einfuhrabgaben in großem Ausmaß (hierzu zuletzt BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11) verkürzt, liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung vor, bei dem ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren eröffnet ist. Dieser Strafrahmen entspricht dem des Schmuggels nach § 373 AO.
32
Tritt ein Merkmal hinzu, das die Tat zum Schmuggel qualifiziert - etwa Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 AO) - entfaltet der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO, wenn er ohne das qualifizierende Merkmal anzuwenden wäre, eine Sperrwirkung. Deswegen kommt bei einem Schmuggel „in großem Ausmaß“ ein minder schwerer Fall mit einem auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe verminderten Strafrahmen (§ 373 Abs. 1 Satz 2 AO) allenfalls in besonderen Ausnahmefällen noch in Betracht.
33
Ein solcher Ausnahmefall liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn - wie hier vom Landgericht festgestellt - der Schmuggel in organisierten Vertriebsstrukturen stattgefunden hat. Denn nach der Intention des Gesetzgebers soll der mildere Strafrahmen für minder schwere Fälle eine angemessene Bestrafung des bandenmäßigen Schmuggels z.B. in Fällen, die nicht der typischen organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, ermöglichen (BT-Drucks. 16/5846, S. 174 ff.).
34
2. Aus dem Umstand, dass es sich beim Schmuggel um einen Qualifikationstatbestand der Steuerhinterziehung handelt, folgt zudem, dass die Rechtsprechung zur Strafzumessung bei Hinterziehung in Millionenhöhe auch auf Schmuggeltaten Anwendung findet. Demnach kommt eine (aussetzungsfähige) Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren auch bei Schmuggel gemäß § 373 AO nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht. Dabei ist es für den Unrechtsgehalt ohne Bedeutung, ob die Millio- nengrenze durch eine einzelne oder mehrere Taten erreicht worden ist und ob eine Gesamtstrafe zu bilden ist.
35
a) Für die Strafzumessung in Fällen der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Gesetzgeber in den Beratungen zu dem am 3. Mai 2011 (BGBl. I, 676) in Kraft getretenen Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aufgegriffen und gebilligt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11), Folgendes:
36
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung ) in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt. Dieses nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Merkmal des Regelbeispiels „in großem Ausmaß“ ist dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag (bei einem „Griff in die Kasse des Staates“ ) 50.000 € übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 € (vgl. zusammenfassend BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11, NJW 2012,

1015).

37
Der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist bei hohen Hinterziehungsbeträgen im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen, gleichviel ob dieser Betrag durch eine einzelne Tat hervorgerufen wurde oder durch eine Serie gleichgelagerter Taten, selbst wenn jede für sich genommen die Grenze zum großen Ausmaß nicht überschreitet. Schon bei der Einzelstrafbemessung ist nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Schaden entscheidend, sondern auch die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamtschaden in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221). Es ist ferner - zumal bei der Bildung einer Gesamtstrafe aus so gebildeten Einzelstrafen - die Wertung des Gesetzgebers zu beachten, dass bei Überschreiten zur Grenze des „großen Ausmaßes“ eine Freiheitsstrafe von nicht unter sechs Monaten schuldangemessen ist, bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe demzufolge nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe - also bei einem Gesamthinterziehungsumfang, der die Millionengrenze überschreitet - kommt eine aussetzungsfähige, also eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe regelmäßig nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 mwN, BGHSt 53, 71, zuletzt bestätigt in BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, NJW 2012, 1458).
38
b) Diese Grundsätze sind auch in Fällen des Schmuggels gemäß § 373 AO anzuwenden.
39
Zwar ist § 373 AO ein selbständiger Qualifikationstatbestand zu § 370 Abs. 1 AO. Mit der dies klarstellenden Fassung des § 373 AO durch Art. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen und zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, 3198) wurde aber zugleich - mit Wirkung zum 1. Januar 2008 - der Strafrahmen des gewerbsmäßigen, gewaltsamen oder bandenmäßigen Schmuggels erhöht und an den Strafrahmen der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 AO angepasst. Eine Regelung für besonders schwere Fälle des § 373 AO oder eine Verweisung auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO und damit auch die Notwendigkeit, für besonders schwere Fälle des § 373 AO den Strafrahmen der Strafzumessungsregel in § 370 Abs. 3 AO zu entnehmen, wurde dadurch entbehrlich (vgl. BT-Drucks. 16/5846, S. 174 ff.). Wenn aber allein eine gewerbsoder bandenmäßige Begehung regelmäßig einen sechs Monate übersteigenden Strafrahmen eröffnet, kann durch eine zugleich verwirklichte Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben „in großem Ausmaß“ im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung zu § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO regelmäßig keine geringere Freiheitsstrafe verwirkt sein. Demzufolge kann entsprechend den Wertungen des Gesetzgebers auch bei einer gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhroder Ausfuhrabgaben in Millionenhöhe eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe regelmäßig nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht kommen.
40
c) Die bislang getroffenen Feststellungen belegen derartige Milderungsgründe nicht.
41
Ein solcher kann sich insbesondere nicht daraus ergeben, dass der Angeklagte J. bereits im November 2010 wegen Taten der Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt wurde und sich nun einem weiteren Strafverfahren ausgesetzt sah. Der Umstand, dass sich bei einem diesen Taten vorgelagerten (Einfuhr -) Schmuggel aus Sicht der Angeklagten gegebenenfalls um einen Teil einer einheitlichen Gesamthinterziehungsstrategie gehandelt hat, führt weder zu einem Strafklageverbrauch, noch schafft er einen Vertrauenstatbestand, der einer gesonderten Verfolgung eines der Umsatzsteuerhinterziehung vorgelagerten Schmuggels entgegenstehen würde. Sofern bei beiden Taten die nämliche Ware betroffen ist, kann dies - wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen - lediglich dazu führen, dass der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Einfuhrum- satzsteuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG) im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen ist.
42
Auf der Grundlage der - allerdings widersprüchlichen - Feststellungen kann auch aus dem Verfahren und dessen Dauer ein Strafmilderungsgrund nicht erblickt werden. Zwar stellt die belastende Wirkung einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer (als Folge der Tat für den Täter) einen allgemeinen Milderungsgrund dar (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, NStZ 1992, 229; vgl. aber auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, NJW 2012, 1458). Eine solche ist aber im Urteil ebenso wenig festgestellt wie Umstände, die beim Angeklagten J. ein schutzwürdiges Vertrauen hätten begründen können, mit der Verurteilung vom 12. November 2010 hätte es sein Bewenden. Eine nach den Ausführungen im Urteil zum Verfah- rensgang, namentlich zur „unnatürlichen“ Aufspaltung der Verfahren durchdie Staatsanwaltschaft hier zu besorgende Annahme des Landgerichts, es sei an eine bei außerhalb des von § 257c StPO vorgegebenen Rahmens geführten Gesprächen in Aussicht gestellte Strafobergrenze gebunden (die sich für das erkennende Gericht überdies nur auf den zu seiner Kognition gestellten Sachverhalt beziehen könnte), könnte gegebenenfalls sogar schon für sich den Bestand eines Urteils gefährden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11). Erst recht wäre der neue Tatrichter an solche Gespräche - sollten sie geführt worden sein - nicht gebunden.
43
Auch könnte es den Angeklagten G. nicht entlasten, dass er - sofern auch das neue Tatgericht zu entsprechenden Feststellungen gelangen sollte - über einen monatlichen Bruttolohn von 2.100 € hinaus keine weiteren Vorteile erzielt hat. Denn für gewerbsmäßiges Handeln genügt bereits die Absicht , sich durch wiederholte Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen (vgl. die Nachweise bei Jäger in Klein, AO, 11. Aufl., § 373 Rn. 16). Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war das Tätigwerden des Angeklagten G. hier sogar auf eine Gewinnbeteiligung von bis zu 20 % ausgerichtet.
44
Ebenso wenig stellt der durch Untersuchungshaft erlittene Freiheitsentzug bei Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe wegen der vollen Anrechenbarkeit nach § 51 StGB einen strafmildernd zu berücksichtigenden Nachteil für den Angeklagten dar (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 - 2 StR 34/ 06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21).
45
d) Die Grundsätze zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in großem Ausmaß bzw. in Millionenhöhe sind auch dann zu beachten, wenn lediglich - wie vom Landgericht hier bei dem Angeklagten G. angenommen - eine einheitliche Beihilfe zu einer Mehrzahl von Fällen der Steuerhinterziehung in Betracht kommt. Übersteigt in einem solchen Fall der Gesamtverkürzungsumfang der durch die Beihilfe geförderten Haupttaten die Betragsgrenze des Regelbeispiels Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, muss deshalb das Tatgericht ausgehend von einer Gesamtwürdigung erörtern, ob im Rahmen der Strafzumessung statt des gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 370 Abs. 1 AO von dem gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten (erhöhten) Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO oder dem nicht gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO auszugehen ist.
46
3. Das neue Tatgericht wird auch Gelegenheit haben, zu prüfen, ob das Tatgeschehen bei der Einfuhr der Elektronikartikel (auch) den Tatbestand eines bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 2 Nr. 3 AO) erfüllt, was angesichts der bisherigen Feststellungen zur organisierten Vertriebsstruktur nahe liegt. Nack Wahl Graf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 718/08
vom
12. Mai 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
________________________
Zu den Anforderungen an die Feststellung und die Beweiswürdigung von Besteuerungsgrundlagen
in steuerstrafrechtlichen Urteilen.
BGH, Urt. vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 - LG Gießen
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Mai 2009,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Regierungsoberrat
als Vertreter des Finanzamts Wetzlar,
Justizangestellte
- bei der Verhandlung -,
Justizangestellte
- bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 9. September 2008 wird
a) das Verfahren im Fall 1. der Urteilsgründe eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Umsatzsteuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 1999 verurteilt wurde;
b) die weitergehende Revision mit der Maßgabe verworfen, dass aa) der Angeklagte in den Fällen 15. und 16. der Urteilsgründe schuldig ist des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition und mit Führen eines verbotenen Gegenstandes; bb) für die Fälle 15. und 16. der Urteilsgründe eine Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten festgesetzt wird. 2. Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen; im Übrigen hat der Beschwerdeführer die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen, wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in zwei Fällen, wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Die Revision des Beschwerdeführers, mit der er ohne nähere Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat lediglich den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.


2
1. Der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung liegen folgende Feststellungen zu Grunde:
3
Der Angeklagte ist seit ca. 20 Jahren im Immobiliengeschäft tätig. Er erzielte steuerpflichtige Umsätze durch die Überlassung eigener und angemieteter Wohnungen; die meisten der Wohnungen überließ er Prostituierten zur Ausübung der gewerblichen Prostitution. Im Jahre 1999 gründete der Angeklagte die BH gesellschaft mbH (nachfolgend: BH GmbH), deren Geschäftsführer er seit der Gründung war.
4
Für den Veranlagungszeitraum 1999 unterließ es der Angeklagte für sich persönlich Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Dadurch wurde Umsatzsteuer in Höhe von 55.040,-- DM verkürzt. Darüber hinaus gab er unter dem Datum des 8. Februar 2001 eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt ab, in der er bewusst wahrheitswidrig zu geringe Einkünfte erklärte, weshalb am 5. April 2001 die von ihm zu zahlende Einkommensteuer um 100.982,-- DM und der Solidaritätszuschlag um 5.505,17,-- DM zu gering festgesetzt wurden. Auf dieser Grundlage setzte das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in drei tateinheitlichen Fällen eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen fest.
5
Für die Veranlagungszeiträume der Jahre 2000 bis 2004 erklärte der Angeklagte die aus der Überlassung der Wohnungen resultierenden Einkünfte und Umsätze, die er selbst und die BH GmbH erzielte, in den jeweiligen Steuererklärungen nicht vollständig, wodurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag , Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer in einer Gesamthöhe von etwa 620.000,-- EUR verkürzt wurden.
6
2. Die Verurteilung im Fall 1. der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben , soweit der Angeklagte für den Veranlagungszeitraum 1999 tateinheitlich auch wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer verurteilt wurde. Ihr steht ein Verfolgungshindernis entgegen, weshalb das Verfahren insoweit einzustellen ist.
7
a) Selbst wenn man wegen der Einschaltung eines Steuerberaters davon ausgeht, dass dem Angeklagten über die gesetzliche Frist nach § 149 Abs. 2 AO (31. Mai 2000) hinaus eine Fristverlängerung eingeräumt war (vgl. die Gleichlautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen für das Kalenderjahr 1999, BStBl. 2000 I, 86), war die Tat jedenfalls spätestens am 30. September 2000 beendet (vgl. BGHR AO § 370 Verjährung 3). Bis zum Eintritt der Verjährung erfolgte keine geeignete Unterbrechungshandlung. Der Durchsuchungsbeschluss in dem gegen den Angeklagten geführten Verfahren (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB) wurde erst am 24. März 2006 erlassen.
8
b) Das Verfahren ist daher insoweit gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Die Annahme von Tateinheit steht dem nicht entgegen. Zwar bedarf es einer förmlichen Einstellung nicht, wenn sich ein Prozesshindernis nur auf eine tateinheitlich begangene Gesetzesverletzung bezieht (BGHSt 7, 305, 306; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 43). Der Bundesgerichtshof hat jedoch andererseits entschieden, dass in Fällen, in denen sich die Annahme von Tateinheit schon aufgrund des der Anklage zu Grunde liegenden Sachverhalts als verfehlt darstellt, ein Teilfreispruch zu erfolgen hat, wenn eine der in Betracht kommenden selbständigen Taten nicht nachzuweisen ist (BGH NJW 1993, 2125, 2126; ebenso Schoreit in KK StPO § 260 Rdn. 20, Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 12 m.w.N.).
9
Der vorliegende Fall, in dem die Verurteilung wegen Vorliegens eines Verfolgungshindernisses nicht erfolgen kann, ist diesen Fällen vergleichbar. Auch insoweit ist zur erschöpfenden Erledigung des angeklagten Prozessstoffes eine Teileinstellung auszusprechen, da sich die Annahme von Tateinheit in der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss als verfehlt erweist. Denn durch die pflichtwidrig unterlassene Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1999 ist der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt. Demgegenüber verwirklichte der Angeklagte durch Abgabe der unrichtigen Einkommensteuererklärung und die daran anschließende Festsetzung durch die Finanzbehörden den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Liegen aber die Handlungsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und die Unterlassungsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor, die sich zudem noch auf unterschiedliche Steuerarten beziehen , stehen die beiden verwirklichten Straftaten in Tatmehrheit (BGH wistra 2005, 30, 31).
10
3. Die Feststellungen hinsichtlich der übrigen Fälle der Steuerhinterziehung tragen demgegenüber den Schuld- und den Strafausspruch. Wenngleich die Sachdarstellung teilweise unvollständig ist und die getroffenen Feststellungen nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterscheiden, so dass sie sich teilweise auch als unklar und unübersichtlich erweisen, ermöglichen sie dem Senat dennoch eine hinreichende rechtliche Überprüfung des Urteils.
11
a) Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen , dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4 und 7). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
12
Bei der Steuerhinterziehung kommt hinzu, dass die Blankettnorm des § 370 AO und die sie ausfüllenden steuerrechtlichen Vorschriften zusammen die maßgebliche Strafvorschrift bilden (BGH NStZ 2007, 595). Die Strafvorschrift des § 370 AO wird materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 374, 375; NStZ 2001, 201).
13
Die sachlich-rechtliche Prüfung der rechtlichen Würdigung durch das Revisionsgericht setzt bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus, dass die steuerlich erheblichen Tatsachen festgestellt sind. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen).
14
b) Bei einer Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen sind daher grundsätzlich folgende Anforderungen zu stellen:
15
aa) Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist einerseits Erklärungsdelikt. Der Tatbestand wird dadurch verwirklicht, dass gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden. Daher ist festzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen mit welchem Inhalt abgegeben hat (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4).
16
bb) Die Steuerhinterziehung ist darüber hinaus Erfolgsdelikt, da § 370 Abs. 1 AO voraussetzt, dass durch die unrichtigen oder unvollständigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt worden sind. Steuern sind dabei namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Insoweit bedarf es einerseits der Feststellung , welche Steuern seitens der Finanzbehörden zu welchem Zeitpunkt festgesetzt wurden (sog. Ist-Steuer). Weiter ist erforderlich, dass zum einen der tatsächliche Sachverhalt festgestellt wird, aus dem die von Gesetzes wegen geschuldete Steuer folgt (sog. Soll-Steuer). Daneben ist die Soll-Steuer als solche festzustellen. Aus der Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Steuer ergibt sich dann die verkürzte Steuer.

17
c) Von der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, also der steuerrechtlich erheblichen Tatsachen, zu unterscheiden ist die Frage, in welchem Umfang die festgestellten Tatsachen gewürdigt werden müssen (Beweiswürdigung ). Für einen geständigen und zudem verteidigten Angeklagten (vgl. § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) gilt grundsätzlich:
18
Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat sich der Tatrichter erkennbar von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt, dann genügt eine knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung. Jedenfalls, soweit es um das „reine Zahlenwerk“ - etwa den Umsatz, die Betriebseinnahmen oder die Betriebsausgaben - geht, wird regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass auch ein steuerrechtlich nicht versierter Angeklagter diese Parameter aus eigener Kenntnis bekunden kann.
19
Der Tatrichter kann seine Überzeugung insoweit auch auf verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stützen. Angaben von Beamten der Finanzverwaltung zu tatsächlichen Gegebenheiten können - wie bei sonstigen Zeugen auch - taugliche Grundlage der Überzeugung des Tatgerichts sein.
20
d) Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; BGH NStZ 2001, 200, 201). Dieses ist zwar nicht gehalten, den eigentlichen Berechnungsvorgang als Teil der Subsumtion im Urteil darzustellen, sofern dieser vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden kann. Freilich empfiehlt sich eine solche Berechnungsdarstellung bereits deshalb, weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils erleichtert. Zudem bietet die Berechnungsdarstellung die Möglichkeit zu kontrollieren , ob die steuerlich erheblichen Tatsachen im angefochtenen Urteil festgestellt sind.
21
Den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben kann nicht durch Bezugnahmen auf Betriebs- oder Fahndungsprüfungsberichte entsprochen werden. Das Tatgericht ist aber nicht gehindert, sich Steuerberechnungen von Beamten der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings muss im Urteil zweifelsfrei erkennbar sein, dass das Tatgericht eine eigenständige - weil ihm obliegende Rechtsanwendung - Steuerberechnung durchgeführt hat (vgl. Jäger StraFo 2006, 477, 479 m.w.N.).
22
e) Den vorstehenden Anforderungen wird das Urteil nicht in vollem Umfang gerecht. Auf der teilweise unvollständigen Sachdarstellung beruht das Urteil indes nicht.
23
aa) Ist die sachlich-rechtliche Überprüfung dem Revisionsgericht aufgrund unzureichender Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nicht zuverlässig möglich, so beruht das Urteil grundsätzlich auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 337 StPO).
24
Ausnahmsweise kann trotz unzureichender Darstellung der Besteuerungsgrundlagen aber ein Beruhen dann ausgeschlossen werden, wenn sich die Darstellungsmängel allein auf die Überprüfbarkeit der Höhe der hinterzogenen Steuern - mithin die Überprüfbarkeit des Schuldumfangs - durch das Revisionsgericht beziehen und auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Steuerberechnung den Angeklagten in Bezug auf den Schuldumfang beschwert.

25
bb) So liegt der Fall hier. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch; auf der Grundlage der im Urteil - wenngleich an unterschiedlichen Stellen - mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen kann der Senat auch ausschließen , dass sich auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Darstellung eine geringere Steuerverkürzung ergeben hätte.
26
Anhand der mitgeteilten Umsätze sowie der festgestellten Aufwendungen , die seitens des Angeklagten bzw. der BH GmbH getätigt wurden, lässt sich die von Gesetzes wegen geschuldete Umsatzsteuer ebenso wie die von Gesetzes wegen geschuldete Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer in ihrer Größenordnung berechnen. Soweit bei der Darstellung der im Veranlagungszeitraum 2000 hinterzogenen Steuern teilweise Feststellungen fehlen, die angesichts der damaligen Geltung des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 KStG aF) erforderlich waren, gefährdet dies den Bestand des Urteils im konkreten Fall nicht. Insbesondere kann trotz der fehlenden Feststellungen zum verwendbaren Eigenkapital der BH GmbH (vgl. insoweit Senat, Urt. vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 375/08) die Höhe der hinterzogenen Körperschaftsteuer ermittelt werden. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich, dass es bei der BH GmbH im Veranlagungszeitraum 2000 nach damaligem Recht kein verwendbares Eigenkapital gab, das auf der Ebene der Gesellschafter zu einer weiteren Steuererstattung geführt hätte oder hätte führen können.
27
Die auf dieser Grundlage erfolgte Überprüfung der vom Landgericht angenommenen Soll-Steuern durch den Senat ergab keine Berechnungsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Dieser hat zudem das Ergebnis der Neuberechnung der Steuern, die auf der Grundlage der von ihm eingestandenen Be- steuerungsgrundlagen in der Hauptverhandlung erfolgte, auch anerkannt. Hierfür war der kaufmännisch versierte und verteidigte Angeklagte auch ausreichend sachkundig.

II.


28
Demgegenüber kann in den Fällen 15. und 16. der Urteilsgründe die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in zwei Fällen keinen Bestand haben.
29
1. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass bei der Durchsuchung des Hauses des Angeklagten am 25. April 2006 eine ihm gehörende Pistole P 38, 9 mm sowie knapp 400 Patronen Munition Kaliber 22 aufgefunden wurden, für die der Angeklagte keine waffenrechtliche Erlaubnis hatte. Daneben führte der Angeklagte bei seiner Festnahme am gleichen Tag im Handschuhfach seines Fahrzeuges einen Schlagring bei sich.
30
2. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erweist sich die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in zwei Fällen als rechtsfehlerhaft.
31
Das gleichzeitige unerlaubte Ausüben der tatsächlichen Gewalt über mehrere Waffen oder Waffenteile bzw. Munition, auch wenn sie nicht unter dieselbe Strafbestimmung fallen, gilt als nur ein Verstoß gegen das Waffenrecht (st. Rspr., vgl. BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1; BGH NStZ-RR 2003, 124 f.; BGHR WaffG § 52a Abs. 1 Konkurrenzen 1 m.w.N.; BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - 3 StR 543/08 jeweils m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Täter mehrere Waffen besitzt und lediglich eine davon führt (BGHR WaffG § 53 Abs. 3a Konkurrenzen 2; BGH NStZ 2001, 101). Hieran hält der Senat fest, auch wenn in Fällen, bei denen - wie hier - durch das Führen einer der Waffen eine besonders gefährliche Manifestation des Willens zur Gewaltausübung gegeben ist, eine andere Beurteilung nicht weniger überzeugend erscheint.
32
Der Schuldspruch in diesem Zusammenhang ist daher so wie geschehen zu berichtigen. § 265 StPO steht dem nicht entgegen; der insoweit geständige Angeklagte hätte sich auch im Falle eines Hinweises nicht anders und Erfolg versprechender als geschehen verteidigen können.

III.


33
Im Zusammenhang mit der Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz und wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen zeigt die Revision keinen Rechtsfehler auf.

IV.


34
1. Der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlicher Steuerhinterziehung hinsichtlich der Umsatzsteuer für den Veranlagungszeitraum 1999 im Fall 1. der Urteilsgründe führt nicht zur Aufhebung der hierfür verhängten - angesichts des verbleibenden Schadens und der einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten sehr maßvollen - Einzelstrafe. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte, weil auch festgestellte, aber verjährte Taten bei der Findung schuldangemessener Strafen berücksichtigt werden können (vgl. Senat, Beschl. vom 27. August 2008 - 1 StR 452/08; Fischer, StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 38b m.w.N.).
35
2. Der Wegfall der in Fall 16. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von vier Monaten führt nicht zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. In Anbetracht der verbleibenden Einzelstrafen und der maßvollen Erhöhung der Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten, kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ausschließen, dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtstrafe als zwei Jahre und fünf Monate erkannt hätte.
36
3. Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht die an sich für schuldangemessen erachtete Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten um fünf Monate milderte, ohne dass dies rechtlich geboten war.
37
Der Milderung lag zu Grunde, dass der gegen den Angeklagten ergangene Haftbefehl mit der Maßgabe außer Vollzug gesetzt wurde, dass der Aufenthalt des Angeklagten mittels einer elektronischen Fußfessel überwacht wird. Die Auflage wurde für die Dauer von einem Jahr und fünf Monaten vollzogen. Diesem Umstand hat die Strafkammer einerseits „ganz erheblich bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten“ Rechnung getragen (UA S. 28). Darüber hinaus erachtete das Landgericht deswegen aber eine Milderung der tatsächlich für schuldangemessen erachteten Gesamtfreiheitsstrafe für erforderlich.
38
Die Überwachung des Aufenthalts des Angeklagten mittels einer elektronischen Fußfessel stellt indes keine haftgleiche Freiheitsentziehung, sondern vielmehr nur eine Freiheitsbeschränkung dar (vgl. auch Senat NJW 1998, 767; Heghmanns ZRP 1999, 297, 302, siehe auch Fünfsinn in Festschrift für Eisenberg S. 691, 697 m.w.N.). Eine wie auch immer geartete Anrechnung auf die verhängte Strafe ist daher nicht erforderlich. Vielmehr handelt es sich - wie vom Landgericht im Ansatz richtig gesehen - nur um einen allgemeinen Strafzumessungsgrund zu Gunsten des Angeklagten.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 633/10
vom
6. September 2011
in der Strafsache
gegen
Karlheinz S c h r e i b e r ,
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010, soweit er verurteilt wurde, mit den Feststellungen zu seiner Ansässigkeit , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt wurde. Ausgenommen hiervon sind Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten "Holgart" und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm darüber hinaus in der Anklage Vergehen der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hat das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts von Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit die Auslieferung vom kanadischen Justizminister nicht bewilligt wurde. Das Landgericht hat weiter bestimmt, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die ebenfalls auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt ist, gegen die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung, das der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung. Demgegenüber können die Feststellungen teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufrechterhalten bleiben.

A.


Die Revision des Angeklagten

I.


4
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in seinen Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 ihm zugeflossene Einkünfte nicht erklärt hatte. Im Einzelnen hat das Landgericht zu der Verurteilung des Angeklagten folgende Feststellungen und rechtliche Wertungen getroffen:
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1. Der seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Bereich des Straßenbaus unternehmerisch tätige Angeklagte verlagerte im Laufe der Zeit seine geschäftlichen Aktivitäten hin zum Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Hierbei kamen ihm seine bereits bestehenden geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu „Exponenten der Wirtschaft und der Politik“ zu Gute.
6
Spätestens Mitte der 80er Jahre beschloss der Angeklagte, die ihm aus seinen Vermittlungsaktivitäten zufließenden Provisionen zumindest zum Teil gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen, um so seine Einkommensteuerlast rechtswidrig zu reduzieren. Zum Vollzug dieses Tatplans bediente er sich mindestens zweier Tarnfirmen, die formell als Träger der Vermittlungsgeschäfte und wirtschaftlich Berechtigter der verdienten Provisionen auftreten sollten, obwohl sie mangels Personals und Geschäftsausstattung zu werbender Tätigkeit nicht imstande waren. Diese oblag vielmehr tatsächlich dem Angeklagten, der auch Inhaber der jeweiligen Provisionsansprüche wurde und an den die Provisionszahlungen - wenngleich verschleiert - erfolgten.
7
Bei den Tarnfirmen handelte es sich einerseits um die Firma A. , die in Panama gegründet worden und dort auch ansässig war, sowie die in Liechtenstein gegründete und ansässige Firma I. . Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. - Anstalt; sie wurden in den Jahren 1984 bis 1991 im Auftrag des Angeklagten durch den Schweizer Staatsangehörigen Pe. treuhänderisch verwaltet.
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Die Gesellschaften unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer im Wesentlichen der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die zunächst den Stammkonten der Gesellschaften gutgeschriebenen Provisionszahlungen wurden von dort aus auf die Unterkonten weitergeleitet und verteilt. Durch die vielfältigen Kontobewegungen sollte nach dem Plan des Angeklagten „eine Vielzahl von Provisionsempfängern vor- und [dadurch] darüber hinwegge- täuscht werden, dass die Provisionen ausschließlich dem Angeklagten zuflos- sen.“
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Im Einzelnen kam es zwischen April 1988 und Oktober 1993 zu Provisionszahlungen an den Angeklagten in einer Gesamthöhe von mehr als 64 Millionen DM. Die Zahlungen erfolgten dabei von der T. AG, der M. GmbH und der A. G.I.E.. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit verschiedenen Geschäften der vorgenannten Firmen zu Grunde, u.a. Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahr- zeugen des Typs F. von der T. AG an das saudi-arabische Verteidigungsministerium.
10
Die vorgenannten, ihm zugeflossenen Einkünfte erklärte der Angeklagte, der in den fraglichen Veranlagungszeiträumen seinen Hauptwohnsitz in Kaufering in der Bundesrepublik Deutschland hatte, in den von ihm in Deutschland abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 nicht. Neben der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt der Angeklagte seit 1982 auch die kanadische Staatsangehörigkeit. Auch gegenüber den kanadischen Finanzbehörden erklärte der Angeklagte indes die vorgenannten Einkünfte nicht.
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Das Verschweigen der Provisionseinkünfte hatte zur Folge, dass in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1993 Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von mehr als 14 Millionen DM nicht festgesetzt wurde.
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2. Nach der Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte auf der Grundlage dieser Feststellungen sein (Welt-)Einkommen in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern.
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Der Umstand, dass der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering noch mehrere Wohnungen und Büros in Kanada besessen habe und auch kanadischer Staatsangehöriger ist, sei insoweit un- beachtlich. Die vom Angeklagten „intendierte Verlegung der Steuerpflicht nach Kanada“ scheitere daran, dass er die ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Provi- sionseinnahmen nicht in Kanada versteuert habe. Aufgrund der in Art. 23 Abs. 3 des zur Tatzeit geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) enthaltenen sog. Rückfallklausel sei das Besteuerungsrecht deshalb für die zunächst möglicherweise freigestellten Einkünfte wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gefallen.
14
Die dem Angeklagten wirtschaftlich zugeflossenen Provisionseinkünfte seien daher in den vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 zu erklären gewesen. Indem er sie verschwieg, verwirklichte er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

II.

15
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten ist begründet , soweit im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Antrags vom 22. Februar 2010 (von der Revision als sog. „Ansässigkeitsantrag“ bezeichnet) eine Verfahrensrüge erhoben wird. Sie führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs. Die Feststellungen können indes mit Ausnahme derer zur Ansässigkeit des Angeklagten, zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufrechterhalten bleiben.
16
1. Der Strafkammer ist bei der Ablehnung des Antrags vom 22. Februar 2010 ein durchgreifender Rechtsfehler unterlaufen, der seine Ursache letztlich in einer unzutreffenden Rechtsansicht zur Besteuerung der Einkünfte des Angeklagten nach Maßgabe des DBA Kanada 1981 hatte.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
18
Am 22. Februar 2010 stellte der Verteidiger des Angeklagten einen Antrag , dessen Ziel der Nachweis war, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig war. Insoweit wurden 17 einzelne Behauptungen aufgestellt. Diese hatten z.B. zum Gegenstand, dass der Angeklagte „seit den 70er Jahren eine mindestens 100m² große repräsentative Wohnung … in Calgary und seit 1988 ein repräsentatives Haus … in Ottawa besaß“ und dass sich der Ange- klagte „von Mitte der 80er Jahre bis mindestens Ende des Jahres 1993 regel- mäßig über Wochen und Monate in Kanada aufgehalten hat und dass der Angeklagte insgesamt häufig über 6 Monate pro Jahr in Kanada und stets mehr in Kanada als in Deutschland gewesen ist“. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden 14 in Kanada lebende Zeugen und ein Zeuge, der über das Auswärtige Amt in Berlin geladen werden sollte, benannt. Im Anschluss finden sich in dem Antrag dann Ausführungen dazu, weshalb die benannten Zeugen Angaben zu den einzelnen Beweisbehauptungen machen könnten.
19
Zu dem Antrag nahm neben dem Vertreter des Finanzamts AugsburgStadt am 24. März 2010 auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stellung. Er beantragte, den Antrag abzulehnen, weil die Behauptungen teilweise zu unbestimmt seien und teilweise lediglich Beweisziele enthielten.
20
Mit am 21. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss lehnte die Strafkammer den als Beweisantrag behandelten Antrag wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab. Soweit hier von Interesse hat die Begründung des Beschlusses folgenden Wortlaut: „Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind unter dem Aspekt des Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) rechtlich ohne Bedeutung (§ 244 III S. 2 StPO). Selbst dann, wenn der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering derartige Niederlassungen auch in Kanada gehabt haben sollte, hätte das DBA die anklagegegenständlichen Provisionseinnahmen des Angeklagten nicht dem steuerlichen Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Denn das in den Jahren 1988 – 1993 in Kraft befindliche DBA 1981 war in Art. 23 III mit einer sog. Rückfallklausel ausgestattet. Danach fiel das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück , wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte.“
21
b) Die Ablehnung des „Beweisantrages“ erfolgte rechtsfehlerhaft, da die Behauptungen rechtlich nicht bedeutungslos sind, denn die Frage, ob der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada war, ist für den Schuldspruch entscheidend.
22
aa) Nicht zu beanstanden ist indes die Auffassung der Strafkammer, wonach es sich bei Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 um eine sog. Rückfallklausel handelt, die zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück an den Ansässigkeitsstaat fällt, wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte. Dieses Verständnis steht in Übereinstimmung mit der - auch aus Sicht des Senats zutreffenden - Auslegung des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 durch den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - I R 96/06, BFHE 219, 534; vgl. auch BFH, Urteil vom 11. Juni 1996 - I R 8/96, BFHE 181, 125).

23
bb) Die in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 enthaltene Rückfallklausel ist allerdings nicht geeignet, die rechtliche Bedeutungslosigkeit der im gegenständlichen Antrag aufgestellten Behauptungen i.S.v. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zu begründen, weshalb die Ablehnung des Antrags nicht auf diesen Ablehnungsgrund gestützt werden konnte.
24
(a) Da der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl in Deutschland, als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. einerseits § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO sowie andererseits Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 entscheidet insoweit darüber, welcher der beiden Vertragsstaaten als Ansässigkeitsstaat und welcher als Quellenstaat zu behandeln ist, wenn eine Person nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 in beiden Staaten ansässig ist (vgl. allgemein Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, 112. Aufl., OECD-Musterabkommen, Art. 4 Rn. 51). Dem danach gegebenen Ansässigkeitsstaat steht grundsätzlich das Besteuerungsrecht für die Gewinne des Unternehmens zu, es sei denn, das Unternehmen verfügt in dem jeweils anderen Staat über eine Betriebsstätte (vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA Kanada 1981), der dann der sog. Quellenstaat ist.
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(b) Stehen demnach sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte zu, sieht Art. 23 DBA Kanada 1981 eine Regelung vor, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 definiert insoweit (lediglich), unter welchen Voraussetzungen Gewinne oder Einkünfte aus Quellen eines der beiden Staaten stammen, damit die in Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Kanada 1981 enthaltenen Vorschriften zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewandt werden können und ordnet sie dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn - wie oben dargelegt - im Quellenstaat eine Besteuerung nicht erfolgt. Daher kann Art. 23 DBA Kanada 1981 in seiner Gesamtheit, einschließlich Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981, erst Anwendung finden, wenn nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen geklärt ist.
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Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Sollte der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig gewesen sein, dann wären im Quellenstaat (Deutschland) zwar erzielte, aber nicht besteuerte Einkünfte aufgrund der Rückfallklausel in Kanada (Ansässigkeitsstaat) zu versteuern. Nur dann, wenn der Angeklagte in Deutschland ansässig war, steht dem deutschen Steuerfiskus die Besteuerung der im Quellenstaat Kanada nicht besteuerten Einkünfte zu. Bei der Anwendung der Rückfallklausel muss daher zunächst die Vorfrage beantwortet werden, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat war - Kanada oder Deutschland. Deshalb ist es - wie das Landgericht rechtsirrig annimmt - für die Anwendung der Rückfallklausel eben nicht bedeutungslos , wo der Angeklagte ansässig war.
27
(c) Dies hat die Strafkammer verkannt, wenn sie annimmt, dass esfür die Begründung der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen in einem der Vertragsstaaten ausreicht, dass in dem anderen Vertragsstaat eine Besteuerung der dort erzielten Gewinne und Einkünfte nicht erfolgte. Davon ausgehend wird die rechtliche Bedeutungslosigkeit, auf die die Ablehnung des Beweisantrags gestützt wird, rechtsfehlerhaft aus einem Tatbestand abgeleitet, der voraus- setzt, dass das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen ist.
28
cc) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Antrags beruht das Urteil auch. Bei der gegebenen Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil bei zutreffender Bescheidung des Antrags möglicherweise anders ausgefallen wäre. Ein Austausch der Ablehnungsgründe (z.B. mit dem Ablehnungsgrund der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit oder dem des § 244 Abs. 5 StPO) ist dem Senat nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02, NStZ 2003, 101, 102).
29
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man - was offen bleiben kann - den Antrag der Verteidigung vom 22. Februar 2010 nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisermittlungsantrag ansehen würde.
30
(1) Für letzteres könnte zunächst sprechen, dass - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2010 angeführt - die Behauptungen teilweise zu unbestimmt und teilweise lediglich Beweisziele benannt sind.
31
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die erforderliche Konnexität zwischen den einzelnen Beweisbehauptungen und den Zeugen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 6; BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Denn es versteht sich zunächst nicht von selbst, warum die einzelnen Zeugen zu den einzelnen Beweisbehauptungen etwas bekunden können. Auch die im Antrag hinsichtlich der einzelnen Zeugen angeführten Begründungen erschöpfen sich in pauschalen Ausführungen, die den diesbezüglichen Anforderungen nicht gerecht werden. Insoweit gilt allgemein, dass der Antragsteller auch die Tatsachen hinreichend bestimmt zu behaupten hat, aus denen sich die Konnexität ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Dies gilt umso mehr, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ihrerseits - wie hier - teilweise von gewisser, im Einzelfall aber hinzunehmender Unschärfe sind.
32
(2) Selbst wenn es sich aber lediglich um einen Beweisermittlungsantrag handeln würde, könnte aufgrund der Behandlung des Antrags durch die Strafkammer ein durchgreifender Rechtsfehler vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
33
(a) In solchen Fällen gilt zwar grundsätzlich, dass die Zurückweisung eines Beweisermittlungsantrags die Revision nur dann begründet, wenn das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581). Dass die Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags dabei in der Form der Bescheidung eines Beweisantrags erfolgte, ändert hieran grundsätzlich nichts (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN). Ob das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat, prüft das Revisionsgericht dabei aus seiner Sicht der Dinge (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1985 - 1 StR 775/84, NStZ 1985, 324, 325 mwN).
34
(b) Hat das Tatgericht aber durch die Behandlung als Beweisantrag und die unzutreffende Begründung hinsichtlich der Bedeutung der Behauptung eine „irreführende Prozesslage“ geschaffen, führt dies - abweichend vom vorge- nannten Grundsatz - auch dann zum Erfolg der Revision, wenn - am vorstehenden Maßstab gemessen - eine rechtsfehlerfreie Ablehnung des Antrags möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN).
35
(c) So stellt sich die Sachlage vorliegend dar. Indem das Landgericht den Antrag - trotz abweichender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - als Beweisantrag beschied und zur Ablehnung des Antrags allein die rechtliche Bedeutungslosigkeit anführte, brachte es zum Ausdruck, dass es sich auch aus seiner Sicht um einen Beweisantrag handelte.
36
Insoweit wurde dem Angeklagten und seinen Verteidigern die Möglichkeit genommen, den möglicherweise wegen zu unbestimmter Behauptungen und fehlender Konnexität lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizierenden Antrag so nachzubessern, dass er die Qualität eines Beweisantrags erlangt. Dass dem Antragssteller eine solche Nachbesserung nicht möglich gewesen wäre, kann der Senat nicht ausschließen. Es ist ihm daher verwehrt, auf den Gesichtspunkt abzustellen, es handele sich tatsächlich bei dem fraglichen Antrag lediglich um einen Beweisermittlungsantrag.
37
Hinzu kommt, dass das Landgericht den Antragsteller durch die rechtsfehlerhafte Behandlung des Antrags auch im Unklaren darüber lässt, welches Gewicht die Strafkammer den auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten durchaus bedeutsamen Gesichtspunkten beimisst, die für eine Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland sprechen (z.B. Angaben in den Einkommensteuererklärungen , Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren). Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten daher auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, aus welchen Gesichtspunkten und in welchem Umfang die Aufklärungspflicht zur Erhebung der beantragten Beweise drängen könnte.

III.


38
Der festgestellte Verfahrensverstoß zieht die Aufhebung des Schuldspruchs nach sich. Zwar hat der Angeklagte selbst dann, wenn er in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 ansässig gewesen sein sollte, in den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuererklärungen unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht, indem er pflichtwidrig die ihm zurechenbaren Provisionseinkünfte verschwieg. Dies ist vorliegend aber nicht geeignet, den Schuldspruch bestehen zu lassen.
39
Es spricht zwar einiges dafür, dass es aufgrund des Verschweigens der Provisionseinkünfte in den Veranlagungszeiträumen jeweils zu Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO kam, wenngleich die Höhe der Steuerverkürzung noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Danach könnte zwar der Schuldspruch grundsätzlich bestätigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157). Der Senat kann aber in der Gesamtheit nicht sicher ausschließen, dass dann, wenn das neue Tatgericht zu der Feststellung kommen sollte, dass der Angeklagte im Tatzeitraum in Kanada ansässig i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 war, in einzelnen Veranlagungszeiträumen die Möglichkeit besteht, dass sich das in Deutschland zu versteuernde Einkommen soweit reduziert, dass eine Steuerverkürzung vollständig entfällt (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07).

IV.


40
Die Aufhebung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs.
41
Der Senat kann daher offen lassen, ob - wie von der Revision behauptet - Rechtsfehler bei der Strafzumessung durch das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gegeben sind.

V.


42
Der Verfahrensfehler bedingt die Aufhebung der Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten in den fraglichen Veranlagungszeiträumen, zum vom Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen erzielten Gewinnen, zur Höhe des jeweils zu versteuernden Einkommens und zur Höhe der jeweils verkürzten Steuern. Demgegenüber können die weitergehenden Feststellungen, namentlich zur Höhe der verfahrensgegenständlichen Provisionseinnahmen und zu deren wirtschaftlicher Zuordnung zum Angeklagten aufrechterhalten bleiben.
43
1. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen sind aufzuheben, soweit sie durch die Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Erweist sich die Revision hinsichtlich der gesamten Verurteilung als begründet, so sind mit dem Urteil an sich auch die ihm zugrunde liegenden, gemäß § 267 Abs. 1 und Abs. 5 StPO in die Urteilsgründe aufgenommenen Feststellungen insgesamt aufzuheben, um dem Tatrichter, an den die Sache zurückverwiesen wird, Gelegenheit zu einer umfassenden neuen Sachverhaltsfeststellung zu geben (vgl. Kuckein in KK-StPO, § 353 Rn. 24 mwN). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Revisionsgericht hat insbesondere zu prüfen, ob und inwiefern sich der angenommene Rechtsverstoß überhaupt auf die Sachverhaltsfeststellung ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 27. November 1959 - 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 34). Sodann ist zu untersuchen, in welchem Umfang die betroffenen Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhalts herausgelöst werden können, ohne dass damit die anderen Feststellungen , und sei es auch nur durch Wegfall eines Beweisanzeichens, in Zweifel gezogen werden (BGH aaO, BGHSt 14, 30, 35).
44
2. Danach sind zunächst die Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten aufzuheben. Diese beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte, wie vom Landgericht ausgeführt, seinen Hauptwohnsitz in Kaufering hatte.
45
Insoweit kann offen bleiben, ob das Urteil in diesem Zusammenhang auch einen auf die Sachrüge zu berücksichtigenden Darlegungsmangel aufweist , weil sich die Strafkammer aufgrund des unzutreffenden Verständnisses von Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 den Blick für das Erfordernis weiterer Darlegungen im Zusammenhang mit der Frage der Ansässigkeit verbaut hat.
46
3. Aufzuheben sind auch die Feststellungen zu den vom Angeklagten erzielten Gewinnen sowie zur Höhe seines zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern.
47
Dies folgt bereits daraus, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des vom Angeklagten erzielten Gewinns und des in Deutschland zu versteuernden Einkommens des Angeklagten ändern würde, wenn in der neuen Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war. Bemessungsgrundlage sind dann neben den erklärten Einkünften des Angeklagten auch die verschwiegenen Provisionseinkünfte, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen. In diesem Fall wären daher in der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen dazu erforderlich, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen.
48
Die insoweit mögliche Verringerung des zu versteuernden Einkommens würde darüber hinaus auch die Höhe der - zum Nachteil des deutschen Fiskus - verkürzten Steuern betreffen.
49
Der Senat kann daher offen lassen, ob das vom Angeklagten zu versteuernde Einkommen rechtsfehlerfrei ermittelt wurde.
50
4. Mit Ausnahme der vorgenannten Feststellungen haben die weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Bestand. Hierbei handelt es sich namentlich um solche zum Rechtsgrund und zur Höhe der Provisionseinkünfte sowie die diesbezügliche wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten. In Bestandskraft erwachsen auch die Feststellungen dazu, dass die Provisionseinkünfte nicht in Kanada besteuert und in den in Deutschland abgegebenen Steuererklärungen des Angeklagten nicht erklärt wurden.
51
a) Diese Feststellungen sind durch den aufgezeigten Verfahrensverstoß nicht betroffen und können von den aufgehobenen Feststellungen im vorgenannten Sinn getrennt werden.
52
b) Soweit im Zusammenhang mit den in Bestandskraft erwachsenden Feststellungen Verfahrensrügen erhoben wurden, sind diese unbegründet oder aber für den Bestand der Feststellungen ohne Bedeutung. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
53
aa) Zum Rechtsgrund und zur Höhe der vom Angeklagten verschwiegenen Provisionseinkünfte:
54
(1) Die Ansässigkeit des Angeklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Auch soweit das neue Tatgericht zu der Überzeugung gelangen sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig gewesen ist, stünden die bisherigen Feststellungen solchen neuen Feststellungen nicht entgegen. Sie könnten widerspruchsfrei getroffen werden.
55
Insoweit könnte sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, weitergehende Feststellungen dazu zu treffen, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen (vgl. oben III. und V. 3).
56
(2) Soweit die Revision im Hinblick auf den Quellenstaat der Provisionseinkünfte die Verletzung von § 245 Abs. 2, § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags vom 14. April 2010 rügt, ist diese Rüge für die bestandskräftigen Feststellungen aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht mehr relevant. Auf dem mit ihr aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil daher nicht:
57
(a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
58
In dem genannten Beweisantrag wurde unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte die Provisionen aus drei Provisionsgeschäften allein in kanadischen Betriebsstätten erzielt haben soll. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden einerseits vier Zeugen benannt. Weiter wurden als Beweismittel 57, teils in ausländischer Sprache verfasste Schriftstücke angeführt, die zusammen mit dem Beweisantrag in der Hauptverhandlung in Kopie übergeben wurden.

59
Die Strafkammer lehnte auch diesen Beweisantrag mit dem in der Hauptverhandlung vom 21. April 2010 verkündeten Beschluss und der bereits oben angeführten Begründung wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab.
60
(b) Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt, wofür nach Auffassung des Senats im Grundsatz einiges spricht (vgl. aber insoweit BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593). Soweit es sich indes um fremdsprachliche Urkunden handelt, bestehen - losgelöst von der Frage, ob nur Originalurkunden präsente Beweismittel sind - angesichts der Tatsache, dass bei deren Vorlage ein Dolmetscher nicht anwesend war, demgegenüber Zweifel.
61
(c) Bei der gegebenen Sachlage erweist sich die Ablehnung des Beweisantrages wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen zwar als rechtsfehlerhaft.
62
Die Ablehnung wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn - was die Strafkammer indes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte im Veranlagungszeitraum in Deutschland ansässig war. Denn dann würde, selbst wenn darüber hinaus erwiesen wäre, dass die fraglichen Provisionseinkünfte des Angeklagten durch Betriebsstätten in Kanada verdient worden sind, Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 greifen, nachdem rechtsfehlerfrei - und von der Revision auch nicht angegriffen - festgestellt ist, dass der Angeklagte die Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuerte (vgl. UA S. 85). Dies hätte zur Folge, dass die dann grundsätzlich zwar der kanadischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wegen der in Kanada unterlassenen Besteuerung wieder der deutschen Besteuerung unterfallen. Durch das Verschweigen dieser Einkünfte wäre bei Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Bei der Verkürzungsberechnung könnten dann sämtliche Provisionseinkünfte des Angeklagten - unabhängig vom Quellenstaat - zu Grunde gelegt werden.
63
(d) Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes im Hinblick auf die Feststellungen , die aufrechterhalten bleiben, nicht aus.
64
bb) Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zur wirtschaftlichen Zuordnung der Provisionseinkünfte für den Angeklagten und dazu, dass diese dem Angeklagten im fraglichen Zeitraum zugeflossen sind.
65
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
66
(1) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
67
Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen und dem Inhalt eines Schuldanerkenntnisses, das zu Gunsten der Firma I. von dem Zeugen Pe. abgegeben wurde und dem die Strafkammer im Zusammenhang mit der Inhaberschaft an der Firma I. zu Lasten des Angeklagten indizielle Bedeutung beimisst, stellte der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 15. März 2010 einen Beweisantrag. Dieser hatte verschiedene Geschehnisse im Vorfeld der Abgabe des Schuldanerkenntnisses und zu dessen tatsächlichen Hintergründen zum Gegenstand.
68
Zum Beweis der im Antrag aufgestellten Beweisbehauptungen wurden einerseits verschiedene Zeugen benannt. Die Ablehnung von deren Vernehmung wird mit der Revision nicht angegriffen.
69
Weiter wurde die Verlesung mehrerer - wiederum teils fremdsprachiger - Urkunden und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Zu diesem Zwecke waren die Urkunden dem Beweisantrag in Kopie beigefügt.
70
Mit am 12. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss wurde der Beweisantrag zurückgewiesen. Der unter Beweis gestellte Sachverhalt , sprich die Entstehungsgeschichte des Schuldanerkenntnisses, wurde zu Gunsten des Angeklagten als wahr unterstellt.
71
(2) Soweit im Hinblick auf die abgelehnte Verlesung (und Inaugenscheinnahme ) der mit dem Beweisantrag in Kopie vorgelegten Urkunden die Verletzung von § 245 Abs. 2 StPO gerügt wird, beruht das Urteil auf einem möglicherweise gegebenen Rechtsfehler nicht.
72
(a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob und ggfs. in welchem Umfang es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt.
73
(b) Aber selbst wenn aufgrund der Präsenz der Urkunden eine Ablehnung nur im Rahmen der Ablehnungsgründe des § 245 Abs. 2 StPO möglich gewesen wäre, beruht das Urteil nicht auf der dann rechtsfehlerhaft auf § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 7 StPO gestützten Ablehnung des Beweisantrags.
74
(aa) Insoweit ist bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 1 StPO anerkannt, dass der Umstand, dass der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit in Fällen des § 245 StPO nicht gilt, nicht dazu führt, dass bei rechtsfehlerhafter Nichtverwendung eines präsenten Beweismittels eine Beruhensprüfung grundsätzlich zu unterbleiben hat bzw. dass ein Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung regelmäßig nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685). Für die Prüfung des Beruhens gelten daher auch bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 2 StPO keine Besonderheiten (Becker in LR-StPO § 245 Rn. 80).
75
(bb) Vorliegend kann sicher ausgeschlossen werden, dass das Urteil bei Erhebung der Beweise anders ausgefallen wäre.
76
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, hat sich die Strafkammer an die im Ablehnungsbeschluss getroffene Wahrunterstellung ohne Einengung, Umdeutung oder inhaltliche Änderung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1982 - 1 StR 802/81, NStZ 1982, 213) im Rahmen der Beweiswürdigung gehalten und sich dort - soweit geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310) - ebenso wie im Ablehnungsbeschluss mit den als wahr unterstellten (Indiz-)Tatsachen auseinandergesetzt. Dass das Landgericht daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen hat, die der Antragsteller gezogen wissen wollte, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1986 - 3 StR 234/86, StV 1986, 467). Namentlich kannhierin - wie von der Revision behauptet - keine unzulässige Beweisantizipation erblickt werden. Demnach ist nicht ersichtlich, zu welchen anderen Feststellungen das Landgericht gekommen wäre, wenn es die beantragte Beweiswürdigung durchgeführt hätte.

B.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
77
Die - auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung beschränkte - Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen, mit der ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, bedarf es daher nicht. Die von der Aufhebung ausgenommenen Feststellungen sind von dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht betroffen, wie auch der Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung zeigt.

I.


78
Soweit die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffen ist, hat die Strafkammer in der Gesamtschau der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
79
1. Der Angeklagte richtete im September 1991 beim Schweizerischen Bankverein unter der Kontonummer ein Rubrikkonto mit der Bezeich- nung „Holgart“ ein, über das nur der Angeklagte sowie die von ihm bevollmäch- tigten Familienangehörigen verfügungsberechtigt waren. Hinter der Bezeich- nung „Holgart“ stand der ehemalige Staatssekretär Dr. P. .
80
Am 2. September 1991 wurden auf diesem Konto 3.800.000 DM einbezahlt. Dr. P. erhielt vom Angeklagten sodann „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung“, die im Urteil nicht näher dargelegt wird, am 13. Dezember 1991 250.000 DM, am 23. Januar 1992 127.000 DM und „letztmals“ am 28. April 1992 500.000 DM, die dem vorgenannten Rubrikkonto entnommen wurden.
81
Ende des Jahres 1994 schichtete der Angeklagte das auf dem Rubrik- konto „Holgart“ vorhandene Guthaben auf sein Konto Nr. beim Schwei- zerischen Bankverein um. Auch hier richtete er wieder Rubrikkonten, u.a. eines mit der Bezeichnung „Holgart“, ein. Ende Januar 1995 befanden sich auf die- sem Rubrikkonto 3.162.000 DM.
82
Am 26. Januar 1995 eröffnete die Ehefrau des Angeklagten bei der Verwaltungs - und Privatbank Vaduz in Liechtenstein drei Währungskonten. Am 27. Januar 1995 wurden dort dem DM-Konto „3.162.00,00“ (gemeint sind wohl 3.162.000,00) DM unter Angabe des Zahlungsgrunds „Ref. Holgart“ gutgeschrieben. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um das Restguthaben des oben genannten Rubrikkontos „Holgart“ beim Schweizerischen Bankverein.
83
Am 31. Januar 1995 hob die Ehefrau des Angeklagten von den Währungskonten einen Betrag von insgesamt 11.780.837,50 SFR ab; danach wurden die Währungskonten gelöscht. Anschließend wurden erneut Rubrikkonten eröffnet, darunter auch eines mit der Bezeichnung „Holgart“. Die von diesen Rubrikkonten bis Ende 1996 nachvollziehbaren Kontobewegungen weisen keinen Bezug zu Dr. P. auf.
84
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung ist nach Auffassung der Strafkammer Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Tat am 28. April 1992 beendet gewesen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die ra- tenweise Bestechung erst dann beendet ist, wenn der Bestochene die ihm abverlangte Diensthandlung vollführt, käme in vorliegender Sache nicht zum Zu- ge, da die vom Angeklagten belohnten rechtswidrigen Entscheidungen „laut Anklage“ bereits am 12. und 20. März 1991 getroffen worden seien. Offen kön- ne bleiben, ob die Tat nicht bereits mit dem Ausscheiden Dr. P. aus seinem Amt als Staatssekretär am 29. Februar 1992 beendet war, da dies am Ergebnis nichts ändere.
85
Ausgehend von diesem Beendigungszeitpunkt und unter Berücksichtigung der im Strafverfahren getroffenen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen sei absolute Verfolgungsverjährung am 27. April 2002 um Mitternacht eingetreten. Die Verjährung habe auch nicht nach Maßgabe von § 78b Abs. 4 oder 5 StGB geruht. § 78b Abs. 4 StGB sei vorliegend im Hinblick auf § 2 Abs. 3 StGB nicht anwendbar; bei Inkrafttreten des § 78b Abs. 5 StGB am 11. August 2005 sei die Tat bereits verjährt gewesen.
86
Anhaltspunkte für eine spätere Beendigung der Tat gäbe es auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht. Namentlich die Kontobewegungen in den Jahren 1995 und 1996 würden nicht für eine Beendigung der Tat erst am 14. Dezember 1995, dem Tag, als bei Dr. P. eine Hausdurchsuchung im Hinblick auf die ihm zur Last liegenden Taten stattfand, sprechen. Dass der Angeklagte darüber hinaus für Dr. P. das Rubrikkonto „Holgart“ treuhänderisch verwaltet hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

II.

87
Die Einstellung hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , wann die Tat ihre Beendigung fand. Das Urteil genügt in diesem Zusammenhang nicht den Anforderungen, die an ein Einstellungsurteil wegen Verjährung zu stellen sind.
88
1. Insoweit gilt allgemein:
89
In den Urteilsgründen eines Einstellungsurteils wegen Verjährung muss grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben. Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6 mwN).
90
Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses, das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste, hinreichend festzustellen. Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgeschehen erforderlich , bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (BGH aaO mwN).
91
Die Sachverhaltsdarstellung sollte dabei - unbeschadet des Grundsatzes der Einheit der Urteilsgründe - in sich geschlossen sein. Verteilen sich die Feststellungen - wie hier - auf unterschiedliche Passagen des Urteils und wird nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterschieden, so kann das Urteil dem Leser die wesentlichen , die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen nicht vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183).
92
2. Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
93
a) Das Urteil teilt bereits nicht mit, welchen konkreten Inhalt die zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung hatte. Vielmehr erschöpfen sich die Feststellungen im Urteil darin, dass „der Angeklagte dem Mitverfolgten Dr. P. aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals am 28. April 1992 eine Bestechungssumme von 500.000,-- DM ausbezahlt“. Hinreichend konkrete Feststellungen zum Inhalt der Unrechtsvereinbarung sind indes für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Strafkammer zu Recht den Eintritt der Verfolgungsverjährung bejaht hat, von erheblicher Bedeutung. Denn grundsätzlich gilt, dass erst dann, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil, den er dafür forderte oder sich versprechen ließ, in seinem letzten Stück erhalten und angenommen hat, die Tat beendet ist (BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 243; BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Erforderlich ist daher, dass sich die Feststellungen zur Unrechtsvereinbarung insbesondere auch dazu verhalten, welchen Bestechungslohn der Beamte erhalten und wie die Zuwendung des Bestechungslohns konkret ausgestaltet werden sollte.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung, dass die Zahlung „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals“ erfolgte, nicht hinreichend aussagekräftig. Ihr kann insbesondere nicht der alleinige Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass der gesamte Bestechungslohn mit der Zahlung der fraglichen 500.000 DM am 28. April 1992 dem Bestochenen zugeflossen ist. Denn insoweit ergeben sich aufgrund der Feststellungen insgesamt allenfalls Zahlungen an Dr. P. in Höhe von 877.000 DM, wohingegen etwa die zugelassene Anklage einen vereinbarten Bestechungslohn von 3.800.000 DM annimmt.
95
b) Der Darlegungsmangel wird auch nicht durch weitere Ausführungen im Urteil beseitigt. Namentlich die sich unmittelbar an die vorstehende Feststel- lung anschließende rechtliche Würdigung „An diesem Tag [gemeint ist der 28. April 1999] also waren die Bestechungshandlungen des Angeklagten beendet und begann insofern die Verjährung (vgl. BGH aaO BGHSt 11, 345, 347)“, ist nicht geeignet die erforderlichen Feststellungen zu ersetzen. Insbesondere kann dieser rechtlichen Würdigung - noch dazu im Zusammenspiel mit dem in der zitierten Fundstelle angeführten Rechtssatz - kein wie auch immer gearteter Feststellungsinhalt beigemessen werden. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass in der Anklage, die im Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, dem Angeklagten zur Last gelegt wird, dem gesondert verfolgten Dr. P. einen Bestechungslohn von 3.800.000 DM versprochen zu haben.
96
c) Weitergehende Feststellungen waren zur Unrechtsvereinbarung auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Bestochene bereits am 29. Februar 1992 aus seinem Amt ausgeschieden war.
97
aa) Zwar beginnt die Verjährung der Bestechlichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens mit dem Ausscheiden des Täters als Beamter, was auch dann gilt, wenn er noch später Vorteile für seine frühere Bestechlichkeit erhält und annimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur ohne weiteres auf die Bestechung übertragen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 331 Rn. 30a).
98
bb) Der Senat kann offen lassen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bestechlichkeit festhält. Sie ist jedenfalls nicht auf den Tatbestand der Bestechung zu übertragen. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes zu sehen:
99
(1) Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den die bisherige Meinung des Senats hinsichtlich der Beendigung der Bestechlichkeit gestützt wurde, war, dass Vergehen gegen §§ 331, 332 StGB nur begehen kann, wer Beamter ist. Verliert jemand das Amt und die Eigenschaft als Beamter, empfängt er aber gleichwohl noch Vorteile aus einer früheren Bestechlichkeit, so setze er diese nicht mehr in strafbarer Weise fort. Strafloses Handeln sei für die Strafverfolgung und deshalb auch für ihre Verjährung nicht bedeutsam. Diese beginne mit der Beendigung strafbaren Verhaltens (BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345).
100
(2) Gegen diese Begründung sprechen freilich gewichtige Argumente. Insoweit gelten nachfolgende Grundsätze:
101
(a) Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft. Vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Umstände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300 mwN auch zur Gegenansicht).
102
(b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an.
103
Wird die pflichtwidrige Diensthandlung hingegen erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat. Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vor- teilsannahme abhebt und die im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB erhöhte Strafandrohung rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung , deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen , so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung sowie das öffentliche Vertrauen in diese werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht , indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (BGH aaO mwN).
104
(c) Für den Tatbestand der Bestechung besteht kein Anlass von diesen Grundsätzen abzuweichen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles bedeutet dies, dass der Abschluss des rechtsverneinenden Tuns in der Auszahlung des gesamten für die Tat vereinbarten Bestechungslohns zu erblicken ist, wenn diese der Diensthandlung nachfolgt. So wie die Vornahme der Diensthandlung auf Seiten des Bestochenen der zentrale Bezugspunkt des Tatbestands ist, erweist sich die Zahlung des Bestechungslohns als der Gesichtspunkt, der das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht.
105
Ob der Bestochene zur Zeit der Zahlung des Bestechungslohns noch in dem Amtsverhältnis steht, ist demgegenüber jedenfalls für die Beendigung der Bestechung unbeachtlich. Vielmehr ist insoweit lediglich erforderlich, aber auch ausreichend, dass er zur Zeit der Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit war. Der Fortbestand des Amtsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus ist für den materiellen Unrechtskern der Bestechung ohne Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als dass die „Gewährung des Vorteils“- anders die Vornahme der Diensthandlung im Falle der Vorteilsannahme bzw. der Bestechlichkeit - als das die Tatbeendigung markierende Ereignis vom Tatbestand der §§ 333, 334 StGB erfasst und als eigenständige Tathandlungsalternative mit den anderen Alternativen (Anbieten und Versprechen eines Vorteils) regelmäßig zu tatbestandlicher Handlungseinheit verknüpft ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92). Hinzu kommt, dass es ansonsten zu schwer nachvollziehbaren Strafbarkeitslücken kommen könnte (vgl. insoweit aber Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 24b mwN).
106
(d) Demgemäß ist bei sukzessiver Zahlung des Bestechungslohns jedenfalls , soweit - wie hier angeklagt, aber nicht aufgeklärt - ein von vornherein feststehender Betrag den Bestochenen zugewendet werden soll, die Tat regelmäßig erst mit der Zahlung des letzten Teils des Bestechungslohns beendet, auch wenn der Bestochene zuvor aus dem Amt ausgeschieden ist.
107
3. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen , dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 334 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung kommt. Denn soweit mit der Zahlung am 28. April 1992 die zwischen dem Angeklagten und Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung noch nicht in vollem Umfang vollzogen war, kommt auf Grundlage des bisherigen Sachstands in Betracht, dass die Bestechung erst mit der am 14. Dezember 1995 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Zeugen Dr. P. beendet ist. Dann hätte sich das Versprechen bzw. die Unrechtsvereinbarung als endgültig fehlgeschlagen erwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41). Ausgehend von die- sem Beendigungszeitpunkt wäre die Tat zur Zeit des Zugangs des Auslieferungsersuchens an die kanadischen Behörden und zur Zeit des Inkrafttretens des § 78b Abs. 5 StGB noch nicht verjährt gewesen.
108
Das Urteil war deshalb auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen werden hiervon die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten „Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben. Diese Feststellungen sind von dem aufgezeigten Darlegungsmangel nicht betroffen.
109
Keinen Bestand haben die Feststellungen dazu, dass hinter der Bezeichnung „Holgart“ der ehemalige Staatssekretär Dr. P. stand und dass die Konten durch den Angeklagten nicht treuhänderisch gehalten wurden. Hinsichtlich dieser den Angeklagten mit Blick auf den Tatbestand der Bestechung belastenden Feststellungen hatte der Angeklagte bislang keine Möglichkeit, sich mit seiner Revision zu verteidigen.

C.

110
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
111
1. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Frage der Ansässigkeit des Angeklagten in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen anhand der in § 4 DBA Kanada 1981 genannten Kriterien aufzuklären. Für die diesbezüglich von Amts wegen bestehende Aufklärungspflicht gilt:
112
Dem Tatrichter ist es dabei erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis seiner Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht.
Der Tatrichter darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme - vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses - zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695; Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005,

701).


113
Bei dieser Prognose könnte die bestandskräftige Feststellung, dass der Angeklagte seine Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuert hat und dass diese auch dort nicht versteuert wurden, ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass er i.S.d. DBA nicht in Kanada ansässig war. Weitere Beweisumstände für den Ort der Ansässigkeit können sich möglicherweise aus den Unterlagen zu seinen deutschen Einkommensteuererklärungen, den finanzgerichtlichen Akten und den Auslieferungsunterlagen ergeben.
114
Zu der Frage, ob die Aufklärungspflicht insoweit auch zur Vernehmung von Auslandszeugen drängt, und zur Bewertung des dadurch möglicherweise zu erzielenden Beweisergebnisses verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1999 - 1 StR 109/99, NStZ 2000, 156, vom 7. Mai 2008 - 5 StR 634/07 und vom 14. September 2004 - 4 StR 309/04, StV 2005, 115 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 BvR 149/03, NStZ 2004, 214.
115
Falls der Angeklagte eine Ansässigkeit in Kanada - sei es auch in Form eines förmlichen Beweisantrags - durch Auslandszeugen unter Beweis stellt, gilt, wenn eine Bescheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in Erwägung gezogen wird, derselbe Maßstab der Aufklärungspflicht (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695).

116
2. Sollte das neue Tatgericht hingegen zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war, schlösse dies eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung nicht von vornherein aus. Denn nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Kanada 1981 stünde der Bundesrepublik Deutschland auch in diesem Fall das Besteuerungsrechtfür Einkünfte aus deutschen Quellen zu. Eine eingetretene Strafbarkeit würde dabei auch dann nicht nachträglich wieder entfallen , wenn gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 im Ergebnis die Besteuerung an Kanada zurückgefallen sein sollte, weil die deutschen Finanzbehörden in Unkenntnis von den vom Angeklagten verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen eine Besteuerung insoweit nicht durchgeführt haben.
117
3. Sollte das Landgericht für die Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen erneut zu schätzen haben, wird es zunächst die Gewinnermittlungsmethode festzustellen haben (zu den Voraussetzungen einer Schätzung vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Denn zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die je nach Gewinnermittlungsmethode maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 5 StR 251/07, wistra 2007, 470).
118
Welche Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind, hängt von der Gewinnermittlungsmethode ab. Maßgeblich für die Schätzung ist daher, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) oder nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bestimmen war. Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat. In einem solchen Fall bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH, Urteil vom 19. März 2009 - IV R 57/07, BFHE 224, 513). Formal wird das Wahlrecht dabei allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das Wahlrecht auch durch die in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen beschränkt (BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 - X R 46/08, BFH/NV 2010, 186). Im vorliegenden Fall könnte sich möglicherweise aus den vom Angeklagten eingereichten Steuererklärungen die Ausübung des Wahlrechts entnehmen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. September 2008 - X R 58/06, BFHE 223, 80).
119
Die für die Bestimmung des tatbestandlichen Schuldumfangs (ggf. durch Schätzung) maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hängen auch davon ab, ob im Rahmen der steuerlichen Erklärungen nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) nicht zu berücksichtigen sind. Auf diese hat sich - sofern trennbar - die Schätzung der für den tatbestandlichen Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen auch nicht zu erstrecken. Nicht vom Kompensationsverbot erfasst werden im Ergebnis auch solche Umstände, die als Faktoren im Rahmen der Schätzung selbst berücksichtigt werden müssen (vgl. Wulf in MüKo-StGB § 370 AO Rn. 149). In die Schätzung einbezogen werden müssen jedenfalls solche steuermindernde Faktoren, für die das Kompensationsverbot ohnehin nicht gilt, weil sie mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass die Steuerermäßigung nicht „aus anderen Gründen“ zu erfol- gen hat. Hierunter fallen namentlich solche Betriebsausgaben, die unmittelbar mit verschwiegenen Betriebseinnahmen zusammenhängen, nicht aber solche Betriebsausgaben, die andere als die nicht verbuchten Geschäfte betreffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. November 1960 - 4 StR 131/60, BStBl I 1961, 496; siehe auch Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 136 mwN).
120
Die vom Kompensationsverbot erfassten steuermindernden Umstände sind dann aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 5 StR 582/07, wistra 2008, 153); ihr Umfang ist erforderlichenfalls ebenfalls durch Schätzung zu bestimmen.
121
Wiegen die steuermindernden Tatsachen - einschließlich derjenigen, die dem Kompensationsverbot unterfallen - und die verschwiegenen steuererhöhenden Faktoren sich gegenseitig auf, kann dies ein Umstand sein, der für die Frage des Hinterziehungsvorsatzes von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 16/90, NStZ 1991, 89). Nach den bislang getroffenen Feststellungen liegt hier allerdings angesichts der Höhe der verschwiegenen Einkünfte und der vom Angeklagten getroffenen Verschleierungsmaßnahmen das Fehlen eines Hinterziehungsvorsatzes fern.
122
4. Die - isoliert betrachtet rechtsfehlerfreien - Ausführungen des Landgerichts zur Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. UA S. 110 f.) geben dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass diejenigen Umstände, die allein zur Einstufung des Falles als besonders schwer herangezogen worden sind und damit zur Wahl des erhöhten Strafrahmens geführt haben, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt werden dürfen (vgl. für den Fall eines verwirklichten Regelbeispiels BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04, NStZ-RR 2004, 262).
123
5. Auch wenn - wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt - das Verfahren besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat und die Taten des Angeklagten nicht nur wegen des hohen Schadens, den sie verursachten , sondern auch aus anderen Gründen besonders schwer wiegen, bedarf es, um generalpräventive Gesichtspunkte strafschärfend zu berücksichtigen , der Feststellung, dass es zu einer gemeinschaftsgefährdenden Zunahme von Straftaten kam, wie sie zur Aburteilung stehen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 StR 173/07, NStZ 2007, 702 mwN). Solche Feststellungen sind bisher nicht getroffen.
124
6. Wenngleich die vom Angeklagten im Auslieferungsverfahren bemühten zahlreichen Rechtmittel angesichts ihrer überwiegenden Erfolglosigkeit durchaus missbräuchlichen Charakter aufweisen, erscheint fraglich, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben sind. Denn die Anwendung von § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt bei einem Verhalten in Betracht, das nicht der Verteidigung des Täters dient und entweder gerade darauf abzielt, eine (angeordnete) U-Haft zu verlängern, um sich durch deren spätere Anrechnung einen Vorteil bei der Strafvollstreckung zu verschaffen , oder den Zweck verfolgt, das Verfahren aus anderen Gründen böswillig zu verschleppen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 4 StR 49/99, NStZ 1999, 347). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte allein in der Absicht handelte, seine Auslieferung zu verhindern und eine Verschleppung des Verfahrens indes lediglich als Folge seiner von anderweitigen Motiven getragenen Vorgehensweise hinnahm.
125
Das neue Tatgericht wird bei einer etwaigen Anrechnungsentscheidung auch Gelegenheit haben, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander
5 StR 361/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. November 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2002

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten L wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 15. März 2002, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO 1. dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen Betruges in 20 und versuchten Betruges in zwölf Fällen verurteilt ist, 2. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch und
b) soweit der Angeklagte zur Zahlung von Schadenersatz an G verurteilt wurde.
Es wird klargestellt, daß der Angeklagte an Lö zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.556,46 II. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten L wegen Betruges, ge- werbsmäßigen Betruges in 19 Fällen sowie wegen versuchten Betruges in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Landgericht hat eine Milderung wegen Versuchs nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB für sämtliche Versuchsfälle mit dem Hinweis abgelehnt , daß es zu einer Vollendung nur deshalb nicht gekommen sei, weil die Betrogenen die Eigenkapitalanteile nicht gezahlt hätten. Diese Begründung wird den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an die Strafrahmenwahl nicht gerecht. Danach hat der Tatrichter neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei insbesondere die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, die Nähe zur Tatvollendung , die Gefährlichkeit des Versuches und die eingesetzte kriminelle Energie in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen (BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 12, 13). Die hier vom Landgericht verwendete floskelhafte Wendung, aus der sich lediglich ergibt, daß der Angeklagte zwar den Willen zur Tatbestandsverwirklichung hatte, der Erfolg aber ausblieb, genügt diesen Erfordernissen nicht.

b) Der Senat hebt den Strafausspruch insgesamt auf, weil dem neuen Tatrichter die Möglichkeit einer eigenständigen Strafzumessung eröffnet werden soll. Die vom Landgericht nur dahingehend getroffene Unterscheidung , wonach bei einem Vermögensschaden ab 20.000 DM neun Monate Freiheitsstrafe und bei jedem geringeren Schaden acht Monate Freiheits- strafe als Einzelstrafen verhängt wurden, läßt die nach dem Schuldmaßprinzip (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB) hier gebotene differenzierte Zumessung der Einzelstrafen nicht erkennen: Es sind im Einzelfall wesentlich geringere Schadenssummen (Fall 23) ebenso unberücksichtigt geblieben wie der Umstand , daß die Gelder in einigen Fällen vom Angeklagten ganz oder teilweise zurückgezahlt wurden. Zwar mag bei Vermögensstraftaten, soweit es sich um gleichgelagerte Begehungsformen handelt, eine Kategorisierung nach der Schadenshöhe sich anbieten. Diese muß jedoch immer am Maß des der konkreten Tat immanenten Schuldumfangs orientiert sein.

c) Die Aufhebung des gesamten Strafausspruches ermöglicht dem neuen Tatrichter zugleich, die für die Fälle 3, 5, 12, 18, 19 (wobei der Fall F anstatt als Nummer 17 fälschlich als Nummer 19 bezeichnet wurde), 23 und 27 Einzelstrafen festzusetzen, was das Landgericht bislang unterlassen hat. Insoweit steht das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO nicht entgegen (BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 1, 2). Allerdings darf die neue Gesamtstrafe die Höhe der bisher verhängten nicht überschreiten.
2. Die im Adhäsionsverfahren erfolgte Verurteilung zugunsten von G hat aus Rechtsgründen keinen Bestand. Aus der Tatschilderung ergibt sich, daß G zum Zwecke der Erlangung eines Geschäftsdarlehens für die G G sich in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin mit dem Angeklagten in Verbindung gesetzt hat. Da die betrügerische Vereinbarung zur Zahlung von Eigenkapital im Zusammenhang mit dem Geschäftsbesorgungsauftrag unterzeichnet wurde, ist davon auszugehen, daß die G , die Berechtigte aus der Darlehensvermittlung sein sollte, auch das Eigenkapital geleistet hat. Deshalb hätte ihr auch der Schadensersatzanspruch zugestanden. Es bestehen weder Anhaltspunkte für eine Abtretung noch dafür, daß G unmittelbar persönlich geschädigt war.
Hinsichtlich des Adhäsionsausspruches zugunsten von Lö weicht der Tenor in der ziffernmäßigen Bestimmung des Zahlungsbetrages von seiner wörtlichen Umschreibung ab. Der Senat hat deshalb klargestellt, ! " # $ % daß an Lö 2.556,46 inem DM-Betrag von 5.000 DM.
3. Der Schuldspruch ist neu zu fassen gewesen, weil das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB lediglich ein Regelbeispiel für den besonders schweren Fall darstellt. Regelbeispiele sind nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht in den Schuldspruch aufzunehmen, weil sie keinen eigenständigen Tatbestand bezeichnen (vgl. Kleinknecht/MeyerGoßner , StPO 45. Aufl. § 260 Rdn. 25 m. w. N.).
4. Eine Erstreckung der Aufhebung gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten B kam im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Es kann dabei dahinstehen, ob hinsichtlich seiner Person den Darstellungsanforderungen an ein rechtskräftiges Urteil noch genügt ist. Angesichts der sehr maßvollen Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde , schließt der Senat aus, daß insoweit eine noch mildere Strafe in Betracht kommen könnte. In solchen Fällen hat aber eine Anwendung des § 357 StPO zu unterbleiben (BGHR StPO § 357 Erstreckung 3).
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 627/08
vom
17. März 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern bemisst sich der Umfang der verkürzten
Steuern oder erlangten Steuervorteile auch dann nach deren Nominalbetrag, wenn
die Tathandlung in der pflichtwidrigen Nichtabgabe oder der Abgabe einer unrichtigen
Umsatzsteuervoranmeldung im Sinne von § 18 Abs. 1 UStG liegt. Der Umstand,
dass in solchen Fällen im Hinblick auf die Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung
(§ 18 Abs. 3 UStG) zunächst nur eine Steuerhinterziehung „auf
Zeit“ gegeben ist, führt nicht dazu, dass der tatbestandsmäßige Erfolg lediglich in der
Höhe der Hinterziehungszinsen zu erblicken wäre.
Zur Strafzumessung bei Tatserien.
BGH, Urt. vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 - LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
17. März 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Juli 2008 im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den umfassend geständigen Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 59 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren , deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt. Die Einzelstrafen hat das Landgericht im Hinblick auf eine „rezidivierende depressive Störung“ des Angeklagten jeweils dem nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnommen; von der Bildung einer einheitlichen Gesamtfreiheitsstrafe hat es gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklag- ten eingelegten und auf den Strafausspruch beschränkten Revision. Sie beanstandet im Wesentlichen, dass das Landgericht hinsichtlich der Taten der Lohnsteuerhinterziehung sowie der Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen statt kurzer Freiheitsstrafen (§ 47 Abs. 1 StGB) lediglich Geldstrafen verhängt und bei der Gesamtstrafenbildung keine einheitliche Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hat. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte seit dem Jahr 1999 als Einzelfirma einen Pizzalieferservice mit Filialen in Nürnberg, Fürth und Erlangen. Im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit entnahm er in den Jahren 2002 bis 2006 einen erheblichen Teil der Betriebseinnahmen, ohne diese als Umsätze und Einnahmen in der Buchhaltung des Unternehmens zu erfassen; Lohnzahlungen an Aushilfskräfte erfasste er ebenfalls nicht. Auch seinen steuerlichen Erklärungspflichten kam er nicht ordnungsgemäß nach, so dass in zehn Fällen Umsatzsteuer, in jeweils drei Fällen Gewerbesteuer und Einkommensteuer und in 43 Fällen Lohnsteuer verkürzt wurde. Im Einzelnen hat das Landgericht hierzu festgestellt:
3
a) Für die Jahre 2002 und 2003 gab der Angeklagte zunächst keine Umsatzsteuerjahreserklärungen ab. Nachdem das Finanzamt insoweit Schätzungsbescheide erlassen hatte, reichte er verspätet Umsatzsteuerjahreserklärungen ein, mit denen er geringere als die tatsächlich erzielten Umsätze erklärte. Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2004 gab er zwar fristgemäß eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, nahm aber die in diesem Zeitraum erzielten Umsätze nicht vollständig auf. Für die Quartale I/2005 bis III/2006 gab der Angeklagte keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Gesamtsumme der hin- sichtlich der Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 verkürzten Umsatzsteuern hat die Strafkammer mit 80.500,-- Euro beziffert. Im Hinblick auf die nicht eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Jahre 2005 und 2006 hat sie lediglich den „Zinsverlust als Hinterziehungsschaden“ angesehen, den sie nach Maßgabe des § 238 Abs. 1 Satz 1 AO berechnet hat.
4
b) Für die Jahre 2002 und 2003 gab der Angeklagte auch keine Gewerbesteuer - und Einkommensteuererklärungen ab; in die für das Jahr 2004 eingereichten Gewerbesteuer- und Einkommensteuererklärungen nahm er nur solche Einkünfte auf, die in die Buchhaltung der Firma Eingang gefunden hatten. Die insoweit ergangenen Steuerbescheide - hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 Schätzungsbescheide - enthielten deshalb jeweils zu niedrige Steuerfestsetzungen ; als Gesamtverkürzungsumfang einschließlich Solidaritätszuschlag hat das Landgericht einen Betrag von mehr als 300.000,-- Euro errechnet.
5
c) Aufgrund von Schwarzlohnzahlungen, die der Angeklagte in seine Lohnsteueranmeldungen nicht aufnahm, verkürzte er in den Jahren 2002 bis 2006 in insgesamt 43 Fällen Lohnsteuern und Solidaritätszuschlag in Höhe von mehr als 200.000,-- Euro.
6
2. Den Ausführungen eines Sachverständigen für Psychiatrie und Psychologie folgend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund einer „rezidivierenden depressiven Störung“ im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert gewesen ist. Der Sachverständige habe dargelegt, es handele sich um eine krankhafte seelische Störung, die „beim Angeklagten so weitgehende Veränderungen in dessen Denken und insbesondere Aktivitätsniveau (Antriebsdefizit) bewirkte, dass die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit gerechtfertigt sei“ (UA S. 21).

II.


7
Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist wirksam.
8
1. Eine isolierte Überprüfung der Strafzumessung ist möglich, ohne dass der Schuldspruch hiervon berührt wird (vgl. BGH NJW 1996, 2663, 2664 m.w.N.); denn nach den vom Landgericht zur „depressiven Störung“ des Angeklagten getroffenen Feststellungen ist sicher auszuschließen, dass sich aufgrund einer neuen Hauptverhandlung ein Au sschluss der Schuldfähigkeit des Angeklagten (§ 20 StGB) bei Begehung der Taten erweisen könnte. Die den Schuldspruch tragenden Feststellungen bilden auch im Übrigen eine ausreichende Grundlage für die Prüfung des Strafausspruchs (BGHSt 33, 59).
9
2. Eine weitergehende, schlüssige Beschränkung der Revision auf die Nichtverhängung kurzer Einzelfreiheitsstrafen gemäß § 47 Abs. 1 StGB sowie auf den Gesamtstrafausspruch liegt nicht vor. Zwar wendet sich die Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich gegen die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB; sie beanstandet aber die Zumessung der Einzelstrafen, bei der die Strafkammer jeweils den typisierten Strafmilderungsgrund der verminderten Schuldfähigkeit zur Strafrahmenverschiebung herangezogen hat. Das Revisionsvorbringen ist deshalb mit Rücksicht auf das erstrebte Anfechtungsziel dahin auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2000 - 1 StR 55/00 - und vom 23. Oktober 1997 - 4 StR 226/97; Hanack in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 344 Rdn. 10), dass der gesamte Strafausspruch angegriffen ist.
10
Eine Beschränkung der Revision auf die ausdrücklich genannten Angriffsziele wäre jedenfalls unwirksam, weil die Frage, ob der Angeklagte bei der Tatbegehung vermindert schuldfähig war, bei der Prüfung, ob die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen im Sinne von § 47 Abs. 1 StGB geboten war, nicht außer Betracht bleiben kann. Beide Fragen stehen in einem untrennbaren Zusammenhang , der ohne die Gefahr von Widersprüchen eine isolierte Nachprüfung nicht zulässt.

III.


11
Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
12
1. Bereits die Erwägungen, aufgrund deren das Landgericht für den gesamten Tatzeitraum eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB angenommen hat, sind nicht tragfähig.
13
a) Als Begründung für diese Annahme gibt das Landgericht in den Urteilsgründen allein die „Feststellungen“ des psychiatrischen Sachverständigen wieder, nach denen aus den von diesem vorgenommenen Untersuchungen zu folgern sei, „dass die depressive Problematik des Angeklagten ihren Ausgangspunkt im Jahre 2002 genommen habe. Bereits beim durchgeführten ambulanten Untersuchungsgespräch habe sich der Eindruck einer depressiven Verstimmung beim Angeklagten mit deutlicher Antriebsbeeinträchtigung ergeben; dieses Antriebsdefizit sei dauerhaft vorhanden. Insgesamt sei davon auszugehen, dass beim Angeklagten B. eine rezidivierende depressive Störung vorliege , die mit unterschiedlich schwer ausgeprägten depressiven Episoden einhergehe. Während zum aktuellen Untersuchungszeit- punkt (Mai 2008) von einer lediglich mittelgradigen Problematik auszugehen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass zu früheren Zeitabschnitten schwerwiegendere Auffälligkeiten zu Tage getreten seien. Die einzelnen depressiven Episoden seien mit Stimmungsveränderungen, Verlust von Freude und üblichen Interessen , Antriebsbeeinträchtigung, vermehrten Befürchtungen und Ängsten einhergegangen; vor diesem Hintergrund sei auch zu bewerten , dass der Angeklagte aufgrund wahnhafter Befürchtungen im Jahr 2002 über längere Zeit seine gewohnte soziale Umgebung verlassen hatte.“ Insgesamt habe die von dem Sachverständigen „klassifizierte krankhafte seelische Störung, d.h. die immer wieder in unterschiedlichem Ausmaß zutage tretende depressive Problematik , beim Angeklagten so weitgehende Veränderungen in dessen Denken und insbesondere Aktivitätsniveau (Antriebsdefizit) bewirkt, dass die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit gerechtfertigt sei. Anhaltspunkte dafür, dass von einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden könne , ließen sich hingegen nicht finden“ (UA S. 21 f.).
14
b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung bereits deshalb nicht stand, weil die Strafkammer von einem unzutreffenden Prüfungsansatz ausgegangen ist.
15
aa) Bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit „erheblich“ im Sinne des § 21 StGB ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das Tatgericht ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten hat. Dabei fließen normative Erwägungen ein. Die rechtliche Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt auch von den Ansprüchen ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten des Einzelnen stellt. Dies zu beurteilen, ist allein Sache des Gerichts. Lediglich zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf es sachverständiger Hilfe, wenn es hierüber nicht aufgrund eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66, 77; BGH StV 1999, 309, 310).

16
bb) Ob eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit - und zwar „bei Begehung der Tat“ - vorliegt, hat das Tatgericht im Wege einer Gesamtwürdigung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 43, 66, 78). Dabei ist zu klären, ob sich die Fähigkeit des Angeklagten, motivatorischen und situativen Tatanreizen in der konkreten Tatsituation zu widerstehen und sich normgemäß zu verhalten, im Vergleich mit dem „Durchschnittsbürger“ in einem solchen Maß verringert hat, dass die Rechtsordnung diesen Umstand bei der Durchsetzung ihrer Verhaltenserwartungen nicht übergehen darf (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 21 Rdn. 7a).
17
cc) Eine derartige Gesamtwürdigung hat die Strafkammer, die in den Urteilsgründen allein die „Feststellungen“ des Sachverständigen wiedergibt, nicht vorgenommen. Mehrere belangvolle Umstände, die für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten von maßgeblicher Bedeutung sind, finden in den Urteilsgründen keine Erwähnung. So setzt sich die Strafkammer nicht mit der bei Annahme einer „depressiven Störung“ bedeutsamen Tatsache auseinander, dass der Angeklagte im Hinblick auf seine steuerlichen Erklärungspflichten nicht etwa gänzlich untätig geblieben ist, sondern zum Teil Steuererklärungen mit unrichtigem Inhalt eingereicht hat. Der Erörterung hätte auch bedurft, dass der Angeklagte in der Lage war, ein Unternehmen mit drei Filialen zu leiten, das in den Jahren 2005 und 2006 Bruttoumsätze von mehr als 100.000,-- Euro pro Monat tätigte und bei dem eine Mehrzahl von Arbeitnehmern mit einer monatlichen Lohnsumme von mehr als 20.000,-- Euro beschäftigt waren. Die Leitung eines Gewerbebetriebs dieses Umfangs erfordert nicht unerhebliche Organisationsmaßnahmen im Bereich des Kassenwesens, der Materialbeschaffung sowie der Auswahl und Überwachung des Personals. War der Angeklagte aber zur Wahrnehmung dieser Aufgaben in http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NStZ&b=2004&s=437 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NStZ&b=2004&s=437&i=438 - 11 - der Lage, hätte die Annahme, dass die „depressive Störung“ des Angeklagten so erheblich war, dass er seinen steuerrechtlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte, besonderer Begründung bedurft.
18
c) Die Ausführungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit des Angeklagten halten auch deswegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sie nicht auf die jeweiligen Tatzeitpunkte bezogen sind. Eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB kommt nur in Betracht, wenn die Schuldfähigkeit „bei Begehung der Tat erheblich vermindert“ war. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei derjenige der Tathandlung im Sinne von § 8 Satz 1 StGB. Werden - wie hier - innerhalb eines längeren Zeitraums mehrere Taten begangen, ist deshalb die Prüfung nicht generell, sondern in Bezug auf jede einzelne Tat vorzunehmen (vgl. BGH NStZ 2004, 437, 438; NStZ-RR 2007, 105, 106). Daran fehlt es hier. Insbesondere hat das Landgericht nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte den Tatbestand der Steuerhinterziehung zum Teil durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), in den übrigen Fällen durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) verwirklicht hat.
19
d) Die Erwägungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit sind zudem widersprüchlich ; denn die Strafkammer misst trotz Annahme erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit des Angeklagten dessen „planmäßiger“ Steuerhinterziehung strafschärfende Bedeutung bei.
20
e) Auf diesen Rechtsfehlern beruht der gesamte Strafausspruch. Der Senat muss deshalb besorgen, dass das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten für einzelne oder alle Taten verneint hätte, wenn es die gebotene Gesamtwürdigung der für die Schuldfä- higkeit des Angeklagten maßgeblichen Umstände rechtsfehlerfrei vorgenommen hätte.
21
2. Soweit der Angeklagte seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, fristgemäß Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben (Fälle 4 bis 10 der Urteilsgründe ), hält die Strafzumessung auch deswegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht als „Hinterziehungsschaden“ allein den sich aus der verspäteten Steuerfestsetzung ergebenden „Zinsverlust“ des Fiskus angesehen hat.
22
a) Tatbestandlicher Erfolg einer Steuerhinterziehung ist gemäß § 370 Abs. 1 AO die Steuerverkürzung bzw. die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile. Der Umfang der verkürzten Steuern oder erlangten Steuervorteile bemisst sich dabei nach deren Nominalbetrag; denn die Steuerhinterziehung bezieht sich auf die Steuern und Steuervorteile, nicht auf die Hinterziehungszinsen. Dies gilt bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern auch dann, wenn die Tathandlung in der pflichtwidrigen Nichtabgabe oder der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung besteht. Der Umstand, dass der Unternehmer nicht nur Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern für jedes Kalenderjahr auch eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben hat, führt zu keinem anderen Ergebnis.
23
aa) Nach § 18 Abs. 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraumes eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben. Voranmeldungszeitraum ist dabei das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG), unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG der Kalendermonat. In der Umsatzsteuervoranmeldung hat der Unternehmer die geschuldete Steuer selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG), eine sich daraus ergebende Vorauszahlung ist nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.
24
Nach Ablauf des Kalenderjahres hat der Unternehmer gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben, in der er die zu entrichtende Steuer oder einen sich zu seinen Gunsten ergebenden Überschuss selbst zu berechnen hat. Aufgrund der Jahreserklärung wird die Steuer für das Kalenderjahr als Besteuerungszeitraum (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) erstmals festgesetzt (vgl. Bülow in Vogel/Schwarz UStG Stand 144. Lfg. 2/2009 § 18 UStG Rdn. 132). Die Umsatzsteuerjahreserklärung ist grundsätzlich bis zum 31. Mai des auf das jeweilige Veranlagungsjahr folgenden Jahres abzugeben (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Soweit sich auf der Grundlage der Jahreserklärung abweichend zu den Voranmeldungen ein Unterschiedsbetrag zu Gunsten des Finanzamts ergibt, ist dieser nach § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG einen Monat nach Eingang der Steueranmeldung fällig. Die Fälligkeit rückständiger Umsatzsteuervorauszahlungen nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG wird dadurch nicht berührt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG).
25
Die Umsatzsteuervoranmeldung und die Umsatzsteuerjahreserklärung sind Steueranmeldungen im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 3 AO. Sie stehen einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO). Lediglich dann, wenn sich aus der Voranmeldung oder der Jahreserklärung eine Steuervergütung ergibt, tritt die Wirkung einer Steuerfestsetzung nach § 168 Satz 2 AO erst ein, wenn die Finanzbehörde zustimmt, was nach § 168 Satz 3 AO formlos möglich ist.
26
Die steuerlichen Verfahren betreffend die Umsatzsteuervoranmeldungen einerseits und die Umsatzsteuerjahreserklärung andererseits sind steuerrecht- lich selbstständig und können sich zeitlich überschneiden (vgl. Zeuner in Bunjes /Geist UStG 8. Aufl. § 18 Rdn. 23; Kohlmann, Steuerstrafrecht Stand 39. Lfg. Oktober 2008 § 370 AO Rdn. 1364). Dabei löst die Festsetzung der Jahresumsatzsteuer die Vorauszahlungsfestsetzungen für die zukünftige sachlichrechtliche Beurteilung des Steueranspruchs ab, ohne aber die Steuerfestsetzung für die Voranmeldungszeiträume aufzuheben oder zu ändern und ohne Aussagen über ihre materielle Richtigkeit zu treffen (vgl. Bülow in Vogel /Schwarz UStG Stand 144. Lfg. 2/2009 § 18 UStG Rdn. 131). Auch wird die Fälligkeit rückständiger Umsatzsteuervorauszahlungen durch die Fälligkeit eines sich eventuell aus der Jahreserklärung ergebenden Unterschiedsbetrags zu Gunsten des Finanzamts nicht berührt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG). Auf der anderen Seite ist ein sich gegebenenfalls aus einer Umsatzsteuervoranmeldung ergebender Überschuss nach Zustimmung des Finanzamtes (§ 168 Satz 2 AO) als Erstattungsbetrag ohne besonderen Antrag auszuzahlen; er ist nicht auf die Jahreserklärung vorzutragen (vgl. Zeuner in Bunjes/Geist UStG 8. Aufl. § 18 Rdn. 24).
27
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbstständigkeit beider Arten von Steueranmeldungen entbindet die Abgabe wahrheitsgemäßer Umsatzsteuervoranmeldungen den Unternehmer nicht von der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung. Umgekehrt lässt eine zutreffende Umsatzsteuerjahreserklärung die steuerrechtliche Pflicht zur Einreichung noch ausstehender Umsatzsteuervoranmeldungen nicht entfallen (vgl. Zeuner in Bunjes/Geist UStG 8. Aufl. § 18 Rdn. 23). Dies gilt selbst dann, wenn sich die Summe der Vorauszahlungen mit der Steuer für den Besteuerungszeitraum deckt (vgl. Mößlang in Sölch/Ringleb UStG Stand 60. Lfg. September 2008 § 18 UStG Rdn. 60).
28
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der der Senat festhält, stehen Steuerhinterziehungen wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe wahrheitsgemäßer Umsatzsteuervoranmeldungen und solche, bezogen auf die Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung einer zutreffenden Umsatzsteuerjahreserklärung, auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander , wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. BGHSt 38, 165, 171; BGH wistra 2005, 66; 2005, 145, 146; 2005, 228, 229). Aufgrund der steuerrechtlichen Selbstständigkeit beider Besteuerungsverfahren (vgl. oben Abschnitt aa) kommt einer falschen Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG) im Verhältnis zu vorangegangenen unzutreffenden monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in demselben Kalenderjahr (§ 18 Abs. 1 UStG) in steuerstrafrechtlicher Hinsicht ein selbständiger Unrechtsgehalt zu. Jede Steueranmeldung hat einen eigenständigen Erklärungswert, der auch durch die Zusammenfassung in der Jahreserklärung nicht deckungsgleich wird (BGH NStZ 1996, 136, 137).
29
Somit verwirklicht der Täter mit der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung weiteres Handlungsunrecht und schafft zudem neues Erfolgsunrecht, indem er eine eigenständige Gefährdung für das Umsatzsteueraufkommen herbeiführt. Deshalb ist die Steuerhinterziehung aufgrund der Verletzung der Pflicht zur (rechtzeitigen) Abgabe einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung auch nicht mitbestrafte Nachtat, wenn der Täter bereits wegen Verletzung seiner Pflicht zur (rechtzeitigen) Abgabe zutreffender Umsatzsteuervoranmeldungen strafbar ist (vgl. BGHSt 38, 165, 171; BGH NStZ 1996, 136, 137). Dies gilt selbst dann, wenn die unrichtigen Angaben in der Umsatzsteuerjahresanmeldung und vorangegangenen Umsatzsteuervoranmeldungen inhaltlich übereinstimmen (a.A. offenbar OLG Frankfurt wistra 2006, 198).

30
Ausgehend von den Besonderheiten des umsatzsteuerlichen Besteuerungsverfahrens sind für jedes Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) bei vierteljährlichem Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG) bis zu fünf und bei monatlich abzugebenden Voranmeldungen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) bis zu dreizehn materiell voneinander unabhängige Taten der Steuerhinterziehung möglich. Sie sind bei unrichtigen Angaben vollendet, sobald die jeweilige Anmeldung die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung hat (BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2), in den Fällen des § 168 Satz 1 AO also bereits mit Einreichung der Steueranmeldung, sonst mit Zustimmung der Finanzbehörde (§ 168 Satz 2 AO).
31
Von der Tatvollendung zu unterscheiden ist der - insbesondere für den Beginn der Strafverfolgungsverjährung maßgebliche - Zeitpunkt der Tatbeendigung als endgültigem Abschluss des Tatgeschehens. Wegen der engen Verzahnung der umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten, die sich jeweils auf dasselbe Kalenderjahr beziehen, ist das Tatgeschehen bei der Umsatzsteuerhinterziehung auch im Hinblick auf die unrichtigen oder pflichtwidrig nicht abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen regelmäßig erst dann endgültig abgeschlossen , wenn diejenige Steuerhinterziehung beendet ist, die durch Nichteinreichung einer Umsatzsteuerjahreserklärung oder durch Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung begangen worden ist; lediglich diese Steuerhinterziehung ist im Zeitpunkt ihrer Vollendung zugleich beendet (vgl. BGHSt 38, 165, 171; BGH NJW 1989, 2140, 2141; BGH wistra 1991, 215, 216). Die vorsätzliche Verletzung mehrerer umsatzsteuerlicher Erklärungspflichten für ein und dasselbe Kalenderjahr gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum selben geschichtlichen Ereignis und ist damit Teil derselben Tat im prozessualen Sinn im Sinne des § 264 StPO (BGHSt 49, 359).

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Dem Umstand, dass die umsatzsteuerlichen Pflichten zur Abgabe für das jeweilige Kalenderjahr eng verzahnt sind und im Ergebnis der Durchsetzung desselben Steueranspruchs dienen, ist bei gleichzeitiger Aburteilung bei der Gesamtstrafbildung Rechnung zu tragen (BGH wistra 2005, 145, 147). Im Hinblick auf die Teilidentität im Unrechtsgehalt zwischen unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen und der dasselbe Jahr betreffenden Jahreserklärung wird aber das Tatgericht im Regelfall - schon aus Gründen der Vereinfachung - in Verfahren dieser Art gemäß § 154a Abs. 2 StPO die Verfolgung entweder auf die falsche Umsatzsteuerjahreserklärung oder die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen beschränken können (vgl. BGHSt 49, 359, 365).
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cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung ebenso wie das pflichtwidrige Unterlassen der Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung zunächst lediglich zu einer Steuerhinterziehung „auf Zeit“; erst die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung oder die pflichtwidrige Nichtabgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bewirkt die endgültige Steuerverkürzung, d.h. die Verkürzung „auf Dauer“ (vgl. BGHSt 43, 270, 276; BGH wistra 2002, 185).
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Diese aus dem System der Umsatzbesteuerung folgende Unterscheidung beschreibt nur die Art der Rechtsgutsverletzung; sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen auf die Bestimmung von Umsatzsteuervorauszahlungen gerichtet sind während die Jahresumsatzsteuer in einem eigenständigen Verfahren (§ 18 Abs. 3 UStG) festgesetzt wird. Eine Aussage über den tatbestandlichen Verkürzungsumfang ist damit aber nicht getroffen.
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Aus der Differenzierung in eine Steuerhinterziehung „auf Zeit“ und eine solche „auf Dauer“ folgt insbesondere nicht, dass bei einer nicht rechtzeitigen Steuerfestsetzung die tatbestandliche Steuerverkürzung allein im Zinsverlust des Fiskus bestehen würde. Zwar entspricht der durch eine Steuerverkürzung „auf Zeit“ verursachte Verspätungsschaden der Höhe nach dem Zinsverlust, der sich nach der Rechtsprechung nach Maßgabe der Vorschriften über die Hinterziehungszinsen (§§ 235, 238 AO) mit 0,5 Prozent des nicht rechtzeitig festgesetzten Steuerbetrages pro Monat errechnet (BGHSt 43, 270, 276; BGH wistra 1998, 225, 226; wistra 1998, 146; ebenso BayObLG wistra 1991, 313; 318; Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 78; a.A. Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, Stand 88. Ergänzungslieferung Dezember 2008 § 370 AO Rdn. 99, der den jeweils geltenden Kapitalmarktzins zu Grunde legen will).
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Die auf die Art der Rechtsgutsverletzung abstellende Differenzierung determiniert jedoch nicht die Höhe der tatbestandlichen Steuerverkürzung und beschränkt diese bei Umsatzsteuervorauszahlungen auch nicht auf den Zinsschaden. Soweit der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen möglicherweise abweichende Aussagen getroffen hat (vgl. BGHSt 43, 270, 276; BGH wistra 1997, 262, 263; wistra 1998, 225, 226; wistra 1998, 146; freilich jeweils unter Bezugnahme auf BGHSt 38, 165 und BGH wistra 1996, 105, aus denen sich lediglich eine Differenzierung in eine Steuerverkürzung auf Zeit und eine solche auf Dauer ergeben könnte), hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest. Der tatbestandsmäßige Erfolg der Steuerhinterziehung ist vielmehr ausgehend vom Schutzzweck des verwirklichten Straftatbestandes zu bestimmen , wobei die gesetzgeberischen Wertungen des materiellen Steuerrechts, das die Blankettnorm des § 370 AO ausfüllt, zu berücksichtigen sind. Danach gilt Folgendes:
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(1) Die Steuerhinterziehung ist zwar Erfolgsdelikt, jedoch - wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zeigt - nicht notwendig Verletzungsdelikt (vgl. Senat wistra 2009, 114, 117). Die im Festsetzungsverfahren begangene Steuerhinterziehung ist vielmehr konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 15), wobei die geschuldete Steuer bereits dann verkürzt ist, wenn die Steuer nicht rechtzeitig festgesetzt wird.
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(2) Voranmeldungen nach § 18 Abs. 1 UStG dienen der zeitnahen Erfassung und Erhebung der Umsatzsteuer (vgl. Bülow in Vogel/Schwarz UStG 144. Lfg. 2/2009 § 18 UStG Rdn. 63; Peter/Burhoff/Stöcker Umsatzsteuer Stand 80. Lfg. 11/2008 § 18 UStG Rdn. 22). Bereits auf deren Grundlage und nicht erst nach Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung soll dem Staat der wesentliche Teil des Umsatzsteueraufkommens zufließen. Deshalb hat der Unternehmer schon für die Voranmeldungszeiträume die geschuldeten Steuern binnen zehn Tagen nach Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums nicht nur selbst zu berechnen, sondern auch an das Finanzamt abzuführen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG).
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(3) Bei einer Verletzung der Pflichten zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen besteht die gemäß § 370 AO strafbewehrte Gefährdung des sich aus § 18 Abs. 1 und 2 UStG ergebenden Steueranspruchs unabhängig davon, ob der Steuerschuldner beabsichtigt, zu einem späteren Zeitpunkt - namentlich in der Umsatzsteuerjahreserklärung - falsche Angaben zu berichtigen bzw. fehlende Angaben nachzuholen, oder ob er eine Steuerverkürzung auf Dauer anstrebt. In jedem Fall bezweckt er zunächst eine unrichtige Festsetzung. Deren spätere Korrektur ist zwar möglich; diese ist aber von weiteren in der Zukunft liegenden und noch ungewissen Ereignissen abhängig. Unterschiedlich ist insoweit lediglich - in Abhängigkeit von den Planungen des Tä-ters - die Intensität der Gefährdung. Dieser Umstand ist zwar für die Strafzumessung von Bedeutung, lässt aber den Umfang des tatbestandsmäßigen Erfolgs unberührt. In beiden Fällen ist das Erfolgsunrecht identisch (vgl. Franzen /Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 77).
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(4) Im Hinblick auf den Charakter der Steuerhinterziehung als Gefährdungsdelikt unterscheiden sich daher bei der Umsatzsteuerhinterziehung die Verkürzung „auf Dauer“ und diejenige „auf Zeit“ nicht im Erfolgs-, sondern - im Hinblick auf das Vorstellungsbild des Täters - nur im Handlungsunrecht (vgl. Franzen/Gast/Joecks aaO). Will der Täter sich - was freilich nur in seltenen Fällen gegeben sein wird und deshalb sorgfältig zu prüfen ist - durch unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich auf Zeit Liquidität verschaffen und hat er vor, im Rahmen der Jahreserklärung zutreffende Angaben zu machen und den sich ergebenden Unterschiedsbetrag im Sinne von § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG zu entrichten, ist sein Ziel nur eine Schadenswiedergutmachung. Es gilt dann Folgendes:
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(a) Berichtigt der Täter - seinem Tatplan entsprechend - in der Umsatzsteuerjahreserklärung seine unrichtigen Angaben und zahlt er die zunächst hinterzogenen Steuern nach, stellt sich die Frage, wie die Steuerhinterziehung „auf Zeit“ zu ahnden ist, regelmäßig nicht, da in solchen Fällen zumeist die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO vorliegen (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht Stand 39. Lfg. Oktober 2008 § 371 AO Rdn. 64.2). Tritt ausnahmsweise keine Straffreiheit ein, ist - freilich erst - im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Täters zu berücksichtigen, dass sein Vorsatz nur auf eine Verkürzung „auf Zeit“ gerichtet war und er den Steuerschaden wiedergutgemacht hat.
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(b) Berichtigt der Täter seine in den Voranmeldungen gemachten unrichtigen Angaben entgegen seinem ursprünglichen Vorhaben in der Umsatzsteuerjahreserklärung nicht, geht die als Verkürzung „auf Zeit“ geplante Hinterziehung in eine solche „auf Dauer“ über. Das bereits in den unrichtigen Voranmeldungen liegende Erfolgsunrecht der Gefährdung des Steueranspruchs wird dadurch nicht berührt. Es findet lediglich keine Schadenswiedergutmachung statt. Mit der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung begeht der Täter dann eine weitere Tat mit neuem Handlungsunrecht und weiterem Erfolgsunrecht , das in einer neuen und eigenständigen Gefährdung des Steueraufkommens besteht.
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(c) Scheitert die vom Täter zunächst beabsichtigte Schadenswiedergutmachung daran, dass es ihm nach einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich ist, den Unterschiedsbetrag im Sinne von § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG nachzuentrichten, kommt es ebenfalls zu einer dauerhaften Verkürzung der Steuer. Im Rahmen der Strafzumessung kann dem Täter dann zwar zugute gehalten werden, dass er bei der Tatbegehung eine spätere Schadenswiedergutmachung vorhatte. Waren allerdings bereits bestehende finanzielle Schwierigkeiten Motiv für die Abgabe falscher Umsatzsteuervoranmeldungen, relativiert dies die strafmildernde Bedeutung der Wiedergutmachungsabsicht. Denn in solchen Fällen ist die spätere Unmöglichkeit der Entrichtung der vom Unternehmer wie von einem Treuhänder für den Staat verwalteten Umsatzsteuerbeträge regelmäßig vorhersehbar. Die „Absicht“ der Wiedergutmachung erweist sich dann als bloße - oft sogar unrealistische - „Hoffnung“. Eine andere Situation besteht, wenn - was eher selten vorkommen dürfte - die Unmöglichkeit der Schadenswiedergutmachung für den Unternehmer aus einem plötzlichen und unvorhersehbaren Ereignis resultiert. Waren aber von Anfang an ausreichend Zahlungsmittel für die Entrichtung der Steuern vorhanden, ist sorgfältig zu prüfen, ob der Steuerpflichtige bei Abgabe unrichtiger Steuervoranmeldungen tatsächlich nur eine Steuerverkürzung auf Zeit geplant hatte, da in einem solchen Fall die Schaffung von Liquidität als Tatmotiv regelmäßig ausscheidet.
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b) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Strafzumessung in den Fällen 4 bis 10 der Urteilsgründe auch deswegen einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten enthält, weil das Landgericht zu Unrecht lediglich die Hinterziehungszinsen als verkürzt angesehen und damit einen zu niedrigen Verkürzungsumfang angenommen hat. Hierauf beruht das Urteil. Denn das Landgericht hat bei der Strafzumessung auch nicht in den Blick genommen, ob es das Handlungsziel des Angeklagten war, die zunächst bewirkte Hinterziehung „auf Zeit“ später in eine solche „auf Dauer“ übergehen zu lassen (vgl. BGHSt 43, 270, 276). Dies liegt nach dem Tatbild aber nahe; für die Annahme, der Angeklagte könnte lediglich beabsichtigt haben, sich durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen „auf Zeit“ einen Liquiditätsvorteil zu verschaffen , bestehen aufgrund der bisherigen Feststellungen keine Anhaltspunkte.
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3. Soweit das Landgericht in sieben Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung (Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen 2005 und 2006, Fälle 4 bis 10 der Urteilsgründe) sowie in den 43 Fällen der Lohnsteuerhinterziehung als Einzelstrafen jeweils lediglich Geldstrafen verhängt hat, weist das Urteil in der Strafzumessung ebenfalls einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf.

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a) Zwar unterliegt die Strafzumessung nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Denn es ist Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung des Tatgerichts ist aber dann zulässig und geboten, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen oder gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; st. Rspr.).
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b) Ein derartiger Rechtsfehler liegt hier vor; denn das Tatgericht hat bei der Verhängung von Einzelgeldstrafen das Vorliegen einer Tatserie nicht erkennbar berücksichtigt.
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In Fällen sachlich und zeitlich ineinander verschränkter Vermögensdelikte , von denen die gewichtigeren die Verhängung von Einzelfreiheitsstrafen von sechs Monaten und mehr gebieten, liegt die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen nach § 47 StGB in den Einzelfällen mit geringeren Schäden nahe. Denn in solchen Fällen ist nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Schaden maßgeblich für die Bemessung der Einzelstrafe; vielmehr muss auch bei der Zumessung der Einzelstrafen die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamtschaden in den Blick genommen werden (BGH NStZ 2001, 311; NStZ 2004, 554). Dies gilt auch bei Steuerstraftaten (vgl. BGH HFR 1995, 227).
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Danach ist es zwar auch bei einer Tatserie nicht ausgeschlossen, neben Freiheitsstrafen auch Einzelgeldstrafen zu verhängen. Allerdings müssen dann die Urteilsgründe für das Revisionsgericht nachprüfbar erkennen lassen (vgl. Engelhardt in KK 6. Aufl. § 267 Rdn. 32; Theune in LK 12. Aufl. § 47 Rdn. 33), dass das Tatgericht bei der Zumessung der Einzelstrafen die Tatserie als solche und den durch sie verursachten Schaden gesehen und gewertet hat und aus welchen Gründen es gleichwohl in einem Teil der Fälle Freiheitsstrafen für geboten, im übrigen aber Geldstrafen für ausreichend erachtet hat. Der Umstand , dass nach § 47 Abs. 1 StGB die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen die Ausnahme ist, rechtfertigt für sich allein bei einer Tatserie nicht, von einer näheren Begründung des Nebeneinanders von Geld- und Freiheitsstrafen abzusehen.
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Diesen Maßstäben genügt das Urteil nicht. Ob im Hinblick auf die Tatserie gemäß § 47 Abs. 1 StGB die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen anstelle der festgesetzten Geldstrafen geboten war, wird im Urteil nicht erörtert. Die pauschale Wendung, dass die Verhängung von Freiheitsstrafen unter sechs Monaten in den Fällen, in denen solche Strafen verhängt wurden, erforderlich gewesen sei, kann die gebotene Würdigung der Tatserie bei der Zumessung der Einzelstrafen nicht ersetzen. Das Urteil beruht auch auf dem Darlegungsmangel.
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4. Die gebotene Aufhebung der Einzelstrafen entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafen die Grundlage. Dieser könnte auch deshalb keinen Bestand haben, weil die Erwägungen, mit denen das Landgericht gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Verhängung einer einheitlichen Gesamtfreiheitsstrafe abgesehen hat, rechtlicher Nachprüfung nicht standhält. Angesichts der im wesentlichen gleich gelagerten Fälle, bei der die Bildung einer gesonderten Gesamtgeldstrafe fern liegt (vgl. BGH NStZ 2001, 311), erwecken sie den Eindruck , dass das Tatgericht nur deshalb von einer an sich schuldangemessenen Gesamtfreiheitsstrafe von über zwei Jahren abgesehen hat, damit die Vollstreckung nach § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden konnte; das aber wäre rechtlich zu beanstanden (vgl. BGHSt 29, 319, 321).
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5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass bei der Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuern Vorsteuern, die der Täter zur Verheimlichung seiner Taten nicht geltend gemacht hat, im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sind (BGH wistra 2005, 144, 145). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander