Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Sept. 2008 - 1 StR 449/08

bei uns veröffentlicht am09.09.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 449/08
vom
9. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2008 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Deggendorf vom 22. Februar 2008 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen einer Reihe schwerwiegender Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern (Strafe wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zweimal je vier Jahre) oder Jugendlichen (Strafe für drei versuchte Vergewaltigungen eines Jugendlichen jeweils drei Jahre) sowie wegen wiederholten Verstoßes gegen ein Berufsverbot (im Rahmen einer Vorverurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen ausgesprochenes Verbot der Ausbildung, Betreuung und Beaufsichtigung von Jugendlichen bis 15 Jahren ; drei Strafen von jeweils zehn Monaten) zu sieben Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Anordnung von Sicherungsverwahrung blieb vorbehalten (§ 66a StGB), Führungsaufsicht wurde angeordnet. Außerdem wurde der Angeklagte verurteilt, dem Nebenkläger F. , dem Opfer der Vergewaltigungsversuche , 6.000,-- € Schmerzensgeld zu zahlen.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die erfolglos bleibt (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Senat verweist in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO; Schriftsatz vom 4. September 2008) nicht entkräftet werden.
4
Ergänzend bemerkt der Senat zur vorbehaltenen Sicherungsverwahrung (1.) und zur Zulässigkeit der Adhäsionsentscheidung (2.):
5
1. Der Angeklagte ist immer wieder wegen pädophiler Straftaten in Deutschland und im Ausland in Erscheinung getreten; er ist deshalb wiederholt rechtskräftig verurteilt worden und hat auch mehrfach Strafen verbüßt. Nach sachverständiger Beratung bejaht die Strafkammer rechtsfehlerfrei einen Hang zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen.
6
Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungsverwahrung liegen, ohne dass es auf Weiteres ankäme, schon allein im Hinblick auf die hier abgeurteilten Taten vor (§ 66 Abs. 3 Satz 2 StGB sowie - von der Strafkammer nicht angesprochen - § 66 Abs. 2 StGB).
7
Von einer Anordnung von Sicherungsverwahrung hat die Strafkammer dennoch abgesehen. Der Angeklagte weigere sich nämlich, sich psychiatrisch explorieren oder beobachten zu lassen. Deshalb sei trotz beachtlicher Anhaltspunkte für diese Annahme nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, dass der Angeklagte im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB wegen seines Hanges für die Allgemeinheit gefährlich sei. Daher könne die Anordnung von Sicherungsverwahrung nur gemäß § 66a StGB vorbehalten werden.
8
Diese Erwägungen sind nicht rechtsfehlerfrei, beschweren den Angeklagten aber nicht.
9
a) Zwar folgt aus dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ohne weiteres , dass ein Angeklagter nicht aktiv an der Schaffung von Grundlagen für seine Verurteilung mitwirken muss (vgl. speziell zur Explorierung durch einen Sachverständigen LG Hagen StraFo 2008, 157), jedoch bedarf es zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hangtäters keiner Erkenntnisse, die nur mit dessen Zustimmung gewonnen werden können. Andernfalls stünde es letztlich im Belieben des Angeklagten, ob gegen ihn eine zum Schutz der Allgemeinheit erforderliche Maßregel angeordnet werden kann oder nicht. Vielmehr ergibt sich die Gefährlichkeit i.S.d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB regelmäßig schon allein aus der hier getroffenen Feststellung eines Hangs (BGH NStZ 2007, 464; BGHSt 50, 188, 196; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1, 3 jew. m.w.N.). Anderes kann - von hier nicht vorliegenden Besonderheiten hinsichtlich der drohenden Taten (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4) abgesehen - nur dann gelten, wenn zwischen der letzten Hangtat und dem Urteilszeitpunkt neue Umstände eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten entfallen lassen. Dabei müssen die Umstände als solche feststehen (BGH NStZ 2007, 464; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1). Sind nach der letzten Hangtat Umstände eingetreten, die zwar möglicherweise die künftige Gefährlichkeit in Frage stellen können, die aber noch keine eindeutige Beurteilung der Frage zulassen , ob deshalb die Gefährlichkeit entfallen ist oder nicht, so ist Raum für eine vorbehaltene Sicherungsverwahrung gemäß § 66a StGB (vgl. BGH, Urt. vom 10. Januar 2007 - 1 StR 530/06, insoweit in NStZ 2007, 464 f. nicht abgedruckt

).


10
b) Anhaltspunkte für nach den Taten eingetretene Umstände, die die hangbedingte Gefährlichkeit des Angeklagten, sei es auch nur möglicherweise, in Frage stellen könnten, sind nicht ansatzweise zu erkennen. Die Strafkammer geht vielmehr in eingehender Würdigung aller zum Angeklagten und seinen Taten angefallener Erkenntnisse davon aus, dass - unbeschadet der von ihr zu Unrecht noch für erforderlich gehaltenen weiteren psychiatrischen Erkenntnisse - „beachtliche Anhaltspunkte“ für eine Gefährlichkeit des Angeklagten bestünden. Der Angeklagte „gibt der Gesellschaft die Schuld, dass entsprechende Taten zu Straftaten werden“. Im Übrigen legt auch, so die Strafkammer „die erhebliche Anzahl von rechtskräftig festgestellten Taten über wesentliche Lebensabschnitte“ weitere Taten nahe. „Mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit liegt eine ungünstige Prognose vor“.
11
c) Da somit die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 und § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB vorliegen, hätte die Strafkammer zu entscheiden gehabt, wie sie das ihr danach eingeräumte Ermessen ausübt, gegen den Angeklagten Sicherungsverwahrung anzuordnen oder nicht. Für eine Anordnung vorbehaltener Sicherungsverwahrung war dagegen kein Raum (BGHSt 50, 188, 193).
12
d) Die von der Strafkammer vorgenommene Würdigung von Taten und Täter ergibt in ihrer Gesamtheit mit genügender Klarheit, dass sie sich letztlich nur durch das Fehlen der von ihr rechtsfehlerhaft für erforderlich gehaltenen zusätzlichen Erkenntnisse an der Anordnung von Sicherungsverwahrung gehindert gesehen hat. Unter diesen Umständen ist der Angeklagte durch die nur vorbehaltene Anordnung von Sicherungsverwahrung hier nicht beschwert (vgl. BGH, Beschl. vom 6. Dezember 2005 - 1 StR 347/05).
13
2. Der Vertreter des Nebenklägers hatte in seinen Schlussausführungen beantragt, den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Nebenkläger zu verurteilen. Nach dem letzten Wort des Angeklagten wurde die Beweisaufnahme nochmals eröffnet. Nach zunächst anderweitigem Verfahrensgeschehen erfolgte der Hinweis, dass ein Adhäsionsantrag gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO bis zum Beginn der Schlussvorträge gestellt werden muss. Der Nebenklägervertreter wiederholte den genannten Antrag. Die übrigen Verfahrensbeteiligten (Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter), so die Niederschrift der Hauptverhandlung, „wollten zu diesem Antrag keine Stellungnahme abgeben“. Sodann wurde die Beweisaufnahme wieder geschlossen. Bei den anschließenden Schlussvorträgen nahm der Staatsanwalt lediglich Bezug auf sein früheres Plädoyer und wiederholte seine früheren Anträge.
14
Auf der Grundlage dieses Verfahrensgeschehens meint die Revision, die Strafkammer hätte dem Nebenkläger schon deshalb kein Schmerzensgeld zuerkennen dürfen, weil der hierauf gerichtete Antrag des Nebenklägervertreters zu spät gestellt worden sei. Es reiche nicht aus, wenn dieser Antrag erst nach einem ersten Schlussvortrag des Staatsanwalts gestellt werde und dieser in seinem zweiten Schlussvortrag, ohne auf den Antrag einzugehen, nur auf seinen ersten Schlussvortrag verweise.
15
Dies trifft nicht zu.
16
Ein Adhäsionsantrag ist deshalb gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO vor Beginn der Schlussvorträge zu stellen, weil (auch) der Staatsanwalt Gelegenheit haben muss, auch zu Schadensersatzansprüchen Stellung zu beziehen (BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 1). Deshalb reicht es aus, wenn in Fällen, in denen nach den Schlussausführungen die Beweisaufnahme wieder eröffnet wurde, der Antrag vor den erneuten (letzten) Schlussausführungen gestellt wird (vgl. Krekeler in AnwK-StPO § 404 Rdn. 4; Stöckel in KMR <47. EL> § 404 Rdn. 5; Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 404 Rdn. 4). Auch bei einer solchen Fallgestaltung ist die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eröffnet. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, oder - wie hier - nicht, ist demgegenüber ohne Bedeutung.
Nack Wahl Kolz
Graf Sander

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Sept. 2008 - 1 StR 449/08

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(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Sept. 2008 - 1 StR 449/08 zitiert 6 §§.

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(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn 1. jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,2. die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit diese

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(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 530/06
vom
10. Januar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
10. Januar 2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerinnen J. und Je. K. ,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin P. Ma. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 25. Juli 2006 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit von einer Anordnung von Sicherungsverwahrung abgesehen ist;
b) zu Gunsten des Angeklagten im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.


1
Der Angeklagte hat über Jahre hinweg insbesondere seine beiden Töchter vielfach sexuell missbraucht. Die Taten zum Nachteil der 1987 geborenen Tochter J. beging er zunächst zwischen 1995 und 1998 in der Ehewohnung , aus der er dann auszog, und dann nochmals zwischen 2000 und 2001, als J. bei ihm in der Wohnung lebte. Die Taten zum Nachteil der 1995 ge- borenen Tochter Je. beging er zwischen 2003 und 2005 bei ihren regelmäßigen Besuchen bei ihm an den Wochenenden und in den Ferien. 2005 missbrauchte er außerdem zweimal die 1997 geborene P. Ma. , als diese ihre Freundin Je. jeweils bei einem der genannten Wochenendbesuchen begleitete und ebenfalls in der Wohnung des Angeklagten übernachtete.
2
Die Strafkammer, die unter Anwendung des Zweifelssatzes eine Mindestanzahl von 172 Fällen errechnet hat - davon zwei Fälle zum Nachteil von zwei Kindern -, hat den Angeklagten deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren (Einzelstrafen zweimal zwei Jahre, zweimal ein Jahr und neun Monate, 160 Mal ein Jahr, in den übrigen Fällen zwischen zehn und vier Monaten ) verurteilt.
3
Sicherungsverwahrung hat die Strafkammer nicht angeordnet. Allein hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das auch vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zugleich zur Aufhebung des Strafausspruchs zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).

II.


4
Die formalen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB liegen vor, wie dies die Strafkammer im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Sachverständig beraten hat sie darüber hinaus beim Angeklagten eine „Neigung zu sexuellem Kontakt mit Mädchen im Alter von 7 bis 14 Jahren“ festgestellt. Es liege bei ihm ein „eingeschliffenes Verhaltensmuster“ vor, seine sich über Jahre hinziehenden Taten seien „von steter Wiederholung, zum Teil auch von beinahe gewohn- heitsmäßiger Regelmäßigkeit geprägt“. Auf dieser Grundlage bejaht die Strafkammer rechtsfehlerfrei einen Hang i. S. d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB.
5
Gleichwohl hat sie von der Anordnung von Sicherungsverwahrung abgesehen. Die Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 StGB liegt zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters und ist deshalb der Kontrolle durch das Revisionsgericht nur sehr begrenzt zugänglich (vgl. nur BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 2). Die hier von der Strafkammer maßgeblich für die Ablehnung von Sicherungsverwahrung herangezogenen Gesichtspunkte gehen jedoch teilweise schon von einem rechtlich zu engen Ansatz aus und sind teilweise mit Erwägungen nicht ohne weiteres vereinbar, die die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung angestellt hat.
6
1. Die Strafkammer hält den Angeklagten trotz seines Hanges nicht „für die Allgemeinheit gefährlich“, die Taten seien nämlich „weitestgehend auf den familiären Bereich beschränkt“. Der Angeklagte habe sich nicht „auf die Suche“ nach Kindern gemacht.
7
a) Eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht nicht nur, wenn eine unbestimmte Vielzahl noch nicht näher individualisierter Personen betroffen ist (vgl. Stree in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 66 Rdn. 35). Jeder Einzelne ist Mitglied der Allgemeinheit, wenn ihm schwerer Schaden droht (vgl. Tröndle/ Fischer StGB 54. Aufl. § 66 Rdn. 24). Dementsprechend genügt für eine Gefährlichkeit i. S. d. § 66 StGB, wenn vom Täter erhebliche rechtswidrige Taten nur gegen eine Einzelperson oder einen begr enzten Personenkreis - wie z. B. Familienangehörige - zu erwarten sind (vgl. Stree aaO; zum hinsichtlich des Begriffs der Allgemeinheit gleich zu behandelnden Fall des § 63 StGB vgl. BGHSt 26, 321; Stree aaO § 63 Rdn. 16 m.w.N.).

8
b) Im Übrigen verlangt die Prüfung von Sicherungsverwahrung eine Prognose, ob von dem Täter mit bestimmter Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Taten ernsthaft zu erwarten sind und er deshalb gefährlich für die - im dargelegten Sinne zu verstehende - Allgemeinheit ist (vgl. zusammenfassend Tröndle/Fischer aaO Rdn. 22 m.w.N). Diese Erwartung ergibt sich vielfach schon allein aus der - hier getroffenen - Feststellung eines Hanges (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1 m.w.N.). Anderes kann gelten, wenn zwischen der letzten Hangtat und dem Urteil neue Umstände eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten entfallen lassen (vgl. BGHR aaO m.w.N.). Ausdrücklich festgestellt sind derartige Umstände nicht. Insbesondere wäre eine solche Annahme aber auch nicht mit der von der Strafkammer in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen getroffenen Feststellung vereinbar, beim Angeklagten liege ein „mittleres einschlägiges Rückfallrisiko“ vor.
9
Im Hinblick darauf, dass dies nicht näher ausgeführt ist, weist der Senat jedoch vorsorglich auch darauf hin, dass im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung eine allein abstrakte, auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützte Prognoseentscheidung nicht ausreichen würde (vgl. BGHSt 50, 121, 130 f. im Zusammenhang mit dem insoweit vergleichbaren § 66b StGB). Dies wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer zu beachten haben.
10
2. Unabhängig von alledem hat der Angeklagte aber nicht nur seine eigenen Töchter, sondern auch P. Ma. sexuell missbraucht. Dies spricht auch schon in tatsächlicher Hinsicht gegen die Annahme, der Angeklagte sei im Wesentlichen nur für seine eigenen Töchter gefährlich. Dies hat die Strafkammer im Ansatz auch nicht verkannt. Sie meint jedoch, diese Taten hätten in diesem Zusammenhang deshalb ein geringeres Gewicht, weil der Angeklagte „sichtlich die günstige Gelegenheit ausgenutzt (habe), die sich dadurch ergab, dass sich P. Ma. entschlossen hatte, nicht mehr am Abend nach Hause zurück zu kehren“. Jedoch ist die im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten angestellte Erwägung, der Angeklagte habe „nicht etwa nur günstige Gelegenheiten ausgenutzt, sondern planvoll das …. Bett entfernt, um zu erreichen, dass … (außer Je. auch) … P. Ma. mit ihm in … demselben Bett schlafen“ musste, damit jedenfalls ohne nähere Erläuterung damit nicht ohne weiteres vereinbar.
11
3. Die Strafkammer meint, gegen die Notwendigkeit von Sicherungsverwahrung spreche auch, dass beim Angeklagten, wie dies auch in den Taten zum Ausdruck komme, „keinerlei aggressive oder auch nur nötigende Tendenzen“ vorlägen. Diese Erwägung hält rechtlicher Überprüfung nicht Stand.
12
a) Wäre der Angeklagte gewaltsam vorgegangen, hätte er nicht nur den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern erfüllt, sondern zugleich auch den Tatbestand der sexuellen Nötigung. Dass er dies nicht zusätzlich getan hat, kann ihm im Rahmen der Rechtsfolgenbestimmung bei einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern nicht zugute gehalten werden (vgl. BGH b. Miebach NStZ 1998, 132; Renzikowski in MüKom § 176 Rdn. 67; in vergleichbarem Sinne auch BGH, Urteil vom 21. März 2001 - 1 StR 32/01).
13
b) Darüber erscheint die Annahme, es lägen keinerlei nötigende Tendenzen vor, durch die im Rahmen der Strafzumessung angestellte, allerdings nicht konkretisierte Erwägung, zu Lasten des Angeklagten wirke sich der „erhebliche Druck“ aus, den er als Vater auf seine Töchter „ausgeübt“ habe, zumindest relativiert.
14
4. Nach alledem muss über die Anordnung von Sicherungsverwahrung neu befunden werden.
15
Im Hinblick auf erkennbare Bemühungen des Angeklagten, „von seinen Neigungen loszukommen“ - eine „Flucht in den Glauben“ ist ebenso festgestellt wie aufrichtige Reue des Angeklagten und seine von der Strafkammer offenbar für glaubhaft angesehene Ankündigung, sich einer Therapie unterziehen zu wollen - könnte auch zu prüfen sein, ob eine vorbehaltene Sicherungsverwahrung (§ 66a StGB) in Betracht kommt.

III.


16
Die Aufhebung des Urteils hinsichtlich der nicht angeordneten Sicherungsverwahrung führt hier zugleich zur Aufhebung des Strafausspruchs zu Gunsten des Angeklagten. Dies folgt aus den jedenfalls nicht ohne weiteres deckungsgleichen Erwägungen, die die Strafkammer zu identischen Gesichtspunkten bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten und bei der Prüfung von Sicherungsverwahrung zu Gunsten des Angeklagten angestellt hat. Dies gilt für die Erwägungen im Zusammenhang mit den Taten zum Nachteil von P. Ma. (vgl. oben II. 2.) ebenso wie für die Erwägungen, die Taten ließen keinerlei nötigende Tendenzen erkennen, der Angeklagte hätte aber erheblichen Druck ausgeübt (vgl. oben II. 3. b).
Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 347/05
vom
6. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bayreuth vom 29. April 2005 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts
bemerkt der Senat:
Es beschwert den Angeklagten hier nicht, dass die Strafkammer
die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten hat
(§ 66a StGB). Es ist hier - anders als im Fall BGH, Urteil vom
8. Juli 2005 - 2 StR 120/05 - ausgeschlossen, dass die Strafkammer
bei zutreffender Prüfung von § 66 Abs. 2 StGB bzw. § 66 Abs.
3 StGB von der Anordnung von Sicherungsverwahrung abgesehen
hätte.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Nack Wahl Kolz
Elf Graf

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.