Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13

bei uns veröffentlicht am28.01.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 562/13
vom
28. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2014 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 6. Juni 2013 mit den Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen in Tatmehrheit mit versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub in Tatmehrheit mit uneidlicher Falschaussage zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat es Verfall von Wertersatz in Höhe von 4.500 Euro angeordnet. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Das Urteil ist insgesamt angefochten.
2
3
Die in der Revisionsbegründung des Pflichtverteidigers enthaltene Beschränkung der Revision, nach der die Verurteilung des Angeklagten im Fall 4 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) von der Anfechtung ausgenommen sein sollte, ist nicht wirksam. Zwar handelt es sich bei dieser Beschränkung nicht – wie vom Wahlverteidiger angenommen – um eine Revisionsrücknahme. Vielmehr wurde der Umfang der Revision des Angeklagten erst durch die Revisionsbegründungsschrift des Pflichtverteidigers rechtlich bindend festgelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4). Die Revisionsbeschränkung ist jedoch unwirksam, weil die Voraussetzungen einer teilweisen Anfechtbarkeit des Urteils insoweit nicht vorliegen.
4
Eine Teilanfechtung setzt voraus, dass sie sich auf einen abtrennbaren Teil des Urteils bezieht und die übrigen Tatvorwürfe losgelöst und getrennt von diesem Fall beurteilt werden können (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Februar 1956 – 2 StR 25/56, BGHSt 10, 100). Das ist hier nicht der Fall. Der Angeklagte wurde im Fall 4 der Urteilsgründe deshalb verurteilt, weil er in der Hauptverhandlung gegen K. bestritten hatte, zusammen mit dem Zeugen C. von K. Haschisch gekauft und dabei gewesen zu sein, als eine größere Menge Haschisch an K. übergeben worden sei (UA S. 10). Die Haschischerwerbe bei K. sind aber Gegenstand der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Ob der Angeklagte diese Taten begangen hat und sich deshalb (nach Belehrung gemäß § 55 StPO) im Strafverfahren gegen K. einer uneidlichen Falschaussage schuldig gemacht hat, kann hier aber nur einheitlich beurteilt werden. Denn hat er die von ihm bestrittenen Taten nicht begangen, hat er insoweit durch Bestreiten seiner Tatbeteiligung im Verfahren gegen K. auch keine falschen Angaben gemacht, die eine Verurteilung gemäß § 153 StGB rechtfertigen könnten.
5
2. Die Revision des Angeklagten hat mit der Verfahrensrüge Erfolg, das Landgericht habe nicht in die Hauptverhandlung eingeführt, dass mit dem Zeugen C. in dessen Verfahren als Angeklagten eine Verfahrensabsprache getroffen worden ist, welche die Benennung weiterer Tatbeteiligter zum Gegenstand hatte.
6
a) Der zulässig erhobenen Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) liegt folgendes Geschehen zugrunde:
7
Das Landgericht hat den Angeklagten in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe wegen Taten im Zusammenhang mit Betäubungsmittelgeschäften verurteilt , die der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen gemeinsam mit dem Zeugen C. begangen hat. Im Fall 4 der Urteilsgründe hat das Landgericht als uneidliche Falschaussage des Angeklagten gewertet, dass der Angeklagte im Verfahren gegen den Rauschgiftlieferanten K. seine Beteiligung an den Rauschgiftgeschäften mit diesem bestritten hatte.
8
Seine Überzeugung vom Ablauf der Betäubungsmittelgeschäfte, einer damit zusammenhängenden räuberischen Erpressung u.a. (Fall 2 der Urteilsgründe ) sowie von der Täterschaft des Angeklagten stützt das Landgericht maßgeblich auf die Angaben des Zeugen C. als Mittäter des Angeklagten bei diesen Taten. Im Rahmen der Würdigung der Glaubhaftigkeit der Angaben dieses Zeugen berücksichtigt das Landgericht, dass C. die ihm zur Last gelegten Taten zwar zunächst bestritten habe, in der gegen ihn gerichteten Hauptverhandlung aber eingeräumt und den Angeklagten als Geldgeber für den Rauschgiftkauf bezeichnet habe. Die ohne Belastungseifer gemachten Aussagen des Zeugen wiesen eine deutliche Aussagekonstanz sowie erheblichen Detailreichtum auf, enthielten Realkennzeichen und würden durch die Aussagen weiterer Zeugen bestätigt (UA S. 16 f.).
9
Keine Erwähnung in den Urteilsgründen findet der der Strafkammer bekannte Umstand, dass der Zeuge C. den Angeklagten erstmals als seinen Begleiter benannte, nachdem in der gegen ihn unter derselben Vorsitzenden geführten Hauptverhandlung eine Verständigung stattgefunden hatte. Darin war zwischen den Verfahrensbeteiligten vereinbart worden, was auch in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommen wurde, dass C. im Falle eines umfas- senden Geständnisses „sowie bei Offenlegung eines weitergehenden Betäu- bungsmittelgeschäftes sowie Benennung weiterer Tatbeteiligter zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von nicht mehr als vier Jahren verurteilt werde“.
10
b) Bei dieser Sachlage musste es sich dem Landgericht aufdrängen, dass es die mit dem Zeugen C. in dessen Verfahren getroffene Verfahrensabsprache in die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten einführen und C. s Aussage auch vor dem Hintergrund dieser Verfahrensabsprache würdigen musste. Denn bei der Aussage des Zeugen C. handelte es sich auch aus Sicht des Landgerichts trotz der die Richtigkeit dieser Aussage stützenden Angaben weiterer Zeugen um eine für das Verfahren entscheidungserhebliche Zeugenaussage, zumal das Landgericht nicht allen Zeugen glaubt. Die Verständigung im Verfahren gegen den Zeugen C. war vom Landgericht zu würdigen, weil es sich um eine Verfahrensabsprache zu Lasten Dritter (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. November 2007 – 1 StR 370/07, BGHSt 52, 78, 83 und Urteil vom 29. November 2011 – 1 StR 287/11, wistra 2011, 180 Rn. 14) und damit auch des Angeklagten handelte. Das Landgericht hatte deshalb zu prüfen, ob der Zeuge C. in seinem eigenen Verfahren irrig geglaubt haben könnte, eine Falschaussage zu Lasten des Angeklagten sei für ihn günstiger als wahre Angaben (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2012 – 1 StR 438/11, StV 2012, 393 und vom 15. Januar 2003 – 1 StR 464/02, BGHSt 48, 161, 168) und ob er im Verfahren gegen den Angeklagten nur deshalb bei die- ser Aussage geblieben ist, um sich nicht selbst zu widersprechen, obwohl das gegen ihn geführte Verfahren bereits abgeschlossen war. Da die Möglichkeit eines solchen Irrtums nicht davon abhängt, ob die Verfahren gegen C. und den Angeklagten verbunden waren oder nicht, bestand die Notwendigkeit der Würdigung der Verständigung unabhängig davon, ob diese mit einem anderen Tatbeteiligten im selben oder in einem anderen Verfahren stattgefunden hat. Was zu würdigen ist, muss auch in die Hauptverhandlung eingeführt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 – 1 StR 438/11, StV 2012, 393).
11
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Würdigung der mit dem Zeugen C. in dessen Strafverfahren getroffenen Verfahrensabsprache dessen den Angeklagten belastender Aussage in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten geringeres Gewicht beigemessen und hinsichtlich aller vier dem Angeklagten zur Last liegenden Taten zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre. Zwar hat das Landgericht die Verurteilung des Angeklagten nicht allein auf die Aussage des Zeugen gestützt; vielmehr hat es seine Überzeugung aus einer Gesamtwürdigung mehrerer Zeugenaussagen geschöpft. Jedoch wird deutlich, dass das Landgericht der Aussage des Zeugen C. als unmittelbar Tatbeteiligtem zentrale Bedeutung für die Überzeugungsbildung beigemessen hat. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer tatrichterlicher Aufklärung und Entscheidung.
12
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf die Vorschrift des § 157 Abs. 1 StGB hin. Denn, sollte das neue Tatgericht wieder zu denselben Feststellungen hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte gelangen, liegt es nahe, dass der Angeklagte im Verfahren gegen K. nur deshalb die Unwahrheit gesagt hat, um von sich die Gefahr abzuwenden, wegen dieser Delikte bestraft zu werden.
Raum Wahl Rothfuß
RinBGH Cirener ist erkrankt und deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Jäger Raum

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 153 Falsche uneidliche Aussage


Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Strafgesetzbuch - StGB | § 157 Aussagenotstand


(1) Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineids oder einer falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) und im Falle uneidlicher Aussage auch ganz von Strafe abse
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 153 Falsche uneidliche Aussage


Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Strafgesetzbuch - StGB | § 157 Aussagenotstand


(1) Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineids oder einer falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) und im Falle uneidlicher Aussage auch ganz von Strafe abse

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2007 - 1 StR 370/07

bei uns veröffentlicht am 06.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 370/07 vom 6. November 2007 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2007 beschlossen : Auf die Revision des Angeklagten L. wir

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - 1 StR 438/11

bei uns veröffentlicht am 09.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 438/11 vom 9. Februar 2012 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2012 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urt

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11

bei uns veröffentlicht am 29.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 287/11 vom 29. November 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. November 2011,

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2003 - 1 StR 464/02

bei uns veröffentlicht am 15.01.2003

Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________ StPO § 261 Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten , die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind, muß die Glaubhaftigk
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13.

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2019 - 1 StR 598/18

bei uns veröffentlicht am 28.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 598/18 vom 28. März 2019 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2019:280319B1STR598.18.0 Der 1. Strafsenat des Bunde

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 370/07
vom
6. November 2007
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2007 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des
Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2007, soweit es ihn betrifft
, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Verfahren richtete sich zunächst gegen fünf Angeklagte. Ein Angeklagter - S. - wurde nach Abtrennung seines Verfahrens aufgrund seines dann abgegebenen Geständnisses frühzeitig abgeurteilt. Später verurteilte das Landgericht die übrigen vier Angeklagten - T. , L. , G. und T a. - mit dem angefochtenen Urteil zu Freiheitsstrafen und zwar den Beschwerdeführer L. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren. Die Revision dieses Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
Mit einer Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte die fehlende Auseinandersetzung damit, dass der Belastungszeuge seine Angaben aufgrund einer allein mit ihm getroffenen Urteilsabsprache gemacht hat (Verstoß gegen § 261 StPO).
3
1. Dem liegt Folgendes zu Grunde:
4
a) Nach den Urteilsfeststellungen erteilte der frühere Mitangeklagte und spätere Zeuge S. dem Angeklagten T. den Auftrag zur gewaltsamen Durchsetzung einer „nicht einklagbaren“ Geldforderung gegen den Zeugen A. . T. bediente sich bei der - letztlich erfolglosen - Umsetzung dann seinerseits dreier weiterer Personen, der Angeklagten L. , G. und Ta. , die den wirtschaftlichen Hintergrund der Aktion nicht im Einzelnen kannten.
5
T. , L. , G. und Ta. haben sich in der gegen sie gerichteten Hauptverhandlung entweder zur Sache überhaupt nicht oder abweichend vom Tatvorwurf eingelassen. Entscheidende Grundlage für wesentliche Feststellungen der Strafkammer insbesondere zum Tathintergrund und zur Vorgeschichte waren die Angaben des Auftraggebers S. . Dieser hat „vor der Kammer als Angeklagter und nach Abtrennung des Verfahrens und rechtskräftiger Verurteilung als Zeuge glaubhaft ausgesagt. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass S. insoweit die Unwahrheit gesagt haben könnte. Zwar hat die Strafkammer die genauen Hintergründe der Auseinandersetzung zwischen S. und dem Geschädigten nicht klären können. Dafür dass S. s Angaben aber jedenfalls insoweit den Tatsachen entsprachen, als er eine rechtlich nicht durchsetzbare Forderung mit Gewalt durchsetzen wollte, spricht bereits , dass er insoweit die gleichen Angaben im Verfahren gegen sich gemacht hat und sich dadurch belastete“. Eine weitergehende Würdigung dieser Aussa- ge, die Darstellung der Umstände ihres Zustandekommens sowie die Auseinandersetzung damit enthalten die Urteilsgründe nicht.
6
b) Zur Aussageentstehung teilt die Revisionsbegründung Folgendes mit (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO):
7
Das Verfahren richtete sich zunächst - wie bereits bekannt - gegen die fünf Angeklagten S. , T. , L. , G. und Ta. . Am ersten Verhandlungstag machten die Angeklagten nur Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen. Danach kam es zu Verständigungsgesprächen , die jedoch zu keinem gemeinsamen Ergebnis führten. Zu Beginn des zweiten Verhandlungstags wurde das Verfahren gegen den Angeklagten S. abgetrennt und sofort fortgesetzt. Das Verfahren gegen die übrigen Angeklagten wurde unterbrochen und dessen Fortsetzung um 13.30 Uhr verfügt. Die Angeklagten L. , G. , Ta. und T. verließen den Gerichtssaal.
8
In der nunmehr allein gegen den Angeklagten S. fortgeführten Hauptverhandlung gab der Vorsitzende die Erklärung ab, „dass die Beteiligten Verständigungsgespräche geführt haben, und zwar des Inhalts, dass der Angeklagte im Falle eines Geständnisses im Sinne der Anklageschrift eine maximale Freiheitsstrafe (Strafobergrenze ) von drei Jahren drei Monaten zu erwarten hat und dass er auf Herausgabe der sichergestellten 3.750 Euro verzichtet; dieser Betrag soll als Schmerzensgeld zu Gunsten des Geschädigten A. dienen“.
9
Die Verteidiger des Angeklagten S. gaben daraufhin folgende von ihnen schriftlich vorformulierte und von ihnen unterschriebene Erklärung ab: „Ich gestehe, daß ich eine auf dem Rechtsweg meiner Ansicht nach nicht durchsetzbare Geldforderung von mir gegen A. dadurch durchsetzen wollte, daß ich andere Personen dazu veranlasste, gegen ihn Druck auszuüben, wobei ich billigend in Kauf nahm, daß dies durch Einsatz von Gewalt und Schlägen erfolgen würde. Es ging mir nicht darum, den Zeugen A. von der Geltendmachung irgendwelcher eigener Forderungen abzuhalten. Ich habe T. die Adresse des A. genannt, woraufhin A. am 18. März 2006 in Frankfurt am M. von mehreren Personen aufgesucht und geschlagen wurde. Ich bedaure mein Verhalten zutiefst und bin damit einverstanden, daß der bei mir sichergestellte Gesamtgeldbetrag, der der Firma Te. GmbH gehört, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ich bin, in Höhe von 3.750 Euro nicht an mich, sondern an den Geschädigten A. als Schmerzensgeld für die erlittenen Verletzungen herausgegeben wird“.
10
Der Angeklagte S. akzeptierte diese Erklärung als eigene.
11
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft gab eine Erklärung zu einer möglichen Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 StPO ab im Hinblick auf Ermittlungsergebnisse aus der Vernehmung des Zeugen U. .
12
Nach Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs hinsichtlich des Angeklagten S. , den Schlussvorträgen, der Gewährung des letzten Wortes, in dem sich der Angeklagte den Ausführungen seiner Verteidiger anschloss, und der Beratung wurde das Urteil verkündet. Nach Belehrung verzichteten sowohl der Angeklagte, als auch die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel.
13
Die Hauptverhandlung gegen die übrigen vier Angeklagten, darunter der Beschwerdeführer, wurde noch am selben Tag fortgesetzt. Am neunten der insgesamt 13 Verhandlungstage wurde S. als Zeuge zur Sache gehört. Durch diese Vernehmung kann auch - im Wege des Vorhalts - über den Inhalt der in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren für ihn abgege- benen Erklärung sowie über seine Verurteilung Beweis erhoben worden sein - weshalb auch eine weitere, schon auf eine fehlende Erhebung dieser in den Urteilsgründen teilweise erwähnten Vorgänge abzielende Rüge der Verletzung des § 261 StPO nicht trägt.
14
2. Vor diesem, erst durch das vom Revisionsvorbringen erhellten Hintergrund erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts als lückenhaft. Dies aufzudecken, bedurfte es in diesem Fall - anders als in der Sache BGHSt 48, 161, 166 - der Erhebung einer Verfahrensrüge. In den Urteilsgründen ist zwar erwähnt, dass die Angaben des Zeugen S. auf ein Geständnis in dem gegen ihn gerichteten - abgetrennten - Verfahren zurückgehen. Die Strafkammer hebt bei der Bewertung der Glaubwürdigkeit sogar ausdrücklich auf die Konstanz seiner Angaben als Angeklagter und Zeuge ab. Sie verschweigt aber zwei maßgebliche Punkte und setzt sich in der Konsequenz damit auch nicht auseinander. - Die Strafkammer teilt schon nicht mit, dass sich der Angeklagte in dem gegen ihn gerichteten Verfahren zur Sache überhaupt nicht persönlich eingelassen, sondern nur eine von den Verteidigern verfasste und verlesene Erklärung pauschal bestätigt hat. - Vor allem teilt die Strafkammer aber nicht mit, dass das „Geständnis“ des Zeugen S. in dem gegen ihn gerichteten Verfahren auf einer verfahrensbeendenden Absprache beruhte und wie diese zustande kam.
15
Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint der Hinweis auf die Konstanz der Angaben des Zeugen im Hinblick auf dessen Glaubwürdigkeit nämlich in einem ganz anderen Licht. Dies hätte der Erörterung bedurft.
16
Zwar ist ein Geständnis, das aufgrund einer verfahrensbeendenden Absprache abgegeben wurde, nicht von vorneherein unglaubwürdig. Dies ist im Grundsatz auch bei einer von den Verteidigern vorformulierten, vom Angeklagten lediglich pauschal übernommenen Erklärung nicht ausgeschlossen. Allerdings bedürfen von Anderen für Angeklagte vorformulierte und von diesen nur summarisch bestätigte Geständnisse generell besonders kritischer Betrachtung hinsichtlich ihrer Substanz, ihrer Übereinstimmung mit dem Ermittlungsergebnis sowie dahingehend, ob sie wirklich als von dem jeweiligen Angeklagten stammend , als von diesem akzeptiert angesehen werden können. Legt der Angeklagte ein Geständnis ab, so soll er dies im Grundsatz mit eigenen Worten tun (vgl. auch RiStBV Nr. 45 Abs. 2), gegebenenfalls ergänzend zu der von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung. Auch insoweit gilt jedoch der Grundsatz der freien richterlichen Überzeugungsbildung. Bei Geständnissen, die auf Verfahrensabsprachen beruhen, muss diese aber in ihren Grundlagen und deren Darstellung in den Urteilsgründen besonderen Anforderungen genügen (vgl. BGHSt 50, 40, 49; BGH NJW 2007, 2424; BGH, Beschl. vom 13. Juni 2007 - 3 StR 162/07 - Rdn. 18).
17
Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass die Vereinbarung im Verfahren gegen den späteren Zeugen S. einer unzulässigen (vgl. BGHSt 50, 40, 50) Absprache über Elemente des Schuldspruchs (Erpressung, hier räuberische versuchte, aber versucht nur mangels Erlangung des Vermögensvorteils) zumindest sehr nahe kommt. Denn die dem Angeklagten in den Mund gelegte Formulierung „eine auf dem Rechtsweg meiner Ansicht nach nicht durchsetzbaren Geldforderung von mir gegen A. “ besagt noch nichts über die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils und den Vorstellungen des damaligen Angeklagten hierüber. Immerhin gab der Angeklagte T. , der in der Hauptverhandlung zur Sache schwieg, im Ermittlungsverfahren noch an (UA S. 10), S. habe ihm erzählt, der Geschädigte habe 39.000,-- € Schulden bei ihm. Den Vorschlag, dies gerichtlich geltend zu machen, habe er nur abgelehnt, weil dies zu zeitaufwändig sei. Für das jetzt der Revision zugrundeliegende Urteil ist das nicht von unmittelbarer Bedeutung. In diesem wird noch hinreichend deutlich festgestellt, dass S. einen rechtswidrigen Vermögensvorteil erstrebte.
18
Von Bedeutung in diesem Verfahren ist jedoch, dass dem Geständnis des S. der Sache nach eine verfahrensbeendende Absprache zu Lasten Dritter, auch des Beschwerdeführers L. , zugrunde lag. Der Senat hat in BGHSt 48, 161 entschieden, dass bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache waren, die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden muss. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen und der Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht die Gefahr, dass die Mitangeklagten den Nichtgeständigen zu Unrecht belasten, weil sie sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile versprechen. In einem solchen Fall hat der Tatrichter die Geständnisse der anderen Angeklagten kritisch zu würdigen (Kuckein/Pfister, FS aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens des BGH S. 641, 657 m.w.N.). Maßgeblich für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Geständnisse. Dies schließt auch das Zustandekommen, den Inhalt - einschließlich von der Staatsanwaltschaft zugesagter Einstellungen gemäß § 154 StPO - und gegebenenfalls das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache mit ein. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, dass sich die geständigen Angeklagten durch ein Geständnis gegen die Zusage einer - im Einzelfall nicht schuldangemessenen - Strafe nicht nur eigene Vorteile verschafft, sondern sich auch zutreffend eingelassen haben. Für den hier vorliegenden Fall, dass der geständige frühere Mitangeklagte nach rechtskräftigem Abschluss seines Verfahrens als Zeuge gehört wird, gilt nichts anderes. Im vorlie- genden Fall kommt die Zusage der Staatsanwaltschaft zur Einstellung eines weiteren - drohenden - Ermittlungsverfahrens gemäß § 154 StPO hinzu.
19
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils kommt den Angaben des Zeugen S. insbesondere im Hinblick auf die Hintergründe der Tat und deren Vorgeschichte ausschlaggebende Bedeutung zu. Andere indizielle Tatsachen , wie etwa Passagen aus der Telefonüberwachung, hat die Strafkammer zum Teil erst vor dem Hintergrund seiner Angaben bewerten können (vgl. UA S. 10 unten).
20
Der Senat vermag deshalb nicht auszuschließen, dass das Urteil auch gegen den Angeklagten L. auf der lückenhaften Erörterung des Hintergrunds des „Geständnisses“ des S. in dem gegen ihn gerichteten Verfahren und damit der lückenhaften Bewertung seiner Angaben als Zeuge in diesem Verfahren beruht.
21
Die Sache bedarf daher schon deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Auf die übrigen Rügen kommt es daher nicht mehr an. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Graf
14
All dies spricht dafür, dass auch derartige Gespräche offen zu legen sind, zumal das Gericht sonst nach solchen Gesprächen abgegebene Erklärungen des Angeklagten nicht auf umfassender Grundlage würdigen könnte. Dies würde im Übrigen in besonderem Maße gelten, wenn solche Gespräche bei einer gegen mehrere Angeklagte geführten Hauptverhandlung nur mit der Verteidigung eines Angeklagten geführt würden, dessen anschließende Aussagen dann die übrigen Angeklagten belasten (vgl. BGHSt 52, 78, 83; 48, 161,

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 438/11
vom
9. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2012 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Essen vom 30. März 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen Steuerdelikten im Zusammenhang mit geschmuggelten Zigaretten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
2
Seine Revision ist auf zwei Verfahrensrügen, von denen sich eine allein gegen den Strafausspruch richtet, und die nicht ausgeführte Sachrüge gestützt.
3
Sie bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
1. Zurückweisung eines Ablehnungsantrags gegen die (Berufs-)Richter wegen Besorgnis der Befangenheit:
5
a) Folgendes liegt zu Grunde:
6
(1) Wegen Verdachts der Beteiligung an den abgeurteilten Taten hatte die Staatsanwaltschaft zwei Anklagen vor derselben Strafkammer erhoben, die Hauptverhandlungen liefen (zumindest teilweise) zeitlich parallel und mit denselben Berufsrichtern.
7
(2) Die hier als Zeugen vorgeladenen Angeklagten des Parallelverfahrens machten unter Berufung auf § 55 StPO keine Angaben zur Sache.
8
(3) Danach beantragte die Verteidigung dienstliche Äußerungen der Berufsrichter zu näher bezeichneten Fragen über den Ablauf der parallelen Hauptverhandlung und dabei geführter Verständigungsgespräche. Als nach etwa zwei Wochen hierauf noch keine Reaktion erfolgt war, wurden die Richter abgelehnt. Gestützt auf deren dienstliche Erklärungen, über den genannten Antrag wegen Überlastung noch nicht entschieden zu haben, wurde der Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Schon ein Anspruch auf die dienstlichen Äußerungen sei zweifelhaft. Nachteile für den Angeklagten im Rahmen der voraussehbar noch länger andauernden Hauptverhandlung durch die wegen Überlastung bisher unterbliebene Bearbeitung des Antrags seien nicht erkennbar. Sie begründe daher nicht die Besorgnis der Befangenheit.
9
b) Die Revision meint, Absprachen mit anderen Tatbeteiligten begründeten ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit, wenn sie nicht von Amts wegen „unaufgefordert“ und „unverzüglich“, spätestens aber alsbald auf ent- sprechende Aufforderung hin offen gelegt würden. Dies folge aus der hier entsprechend geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Verständigungsgesprächen mit nur einem Angeklagten (bzw. dessen Verteidigung) bei einer gegen mehrere Angeklagte geführten Hauptverhandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73 mwN). Außerdem wäre die geforderte Unterrichtung problemlos möglich gewesen, was sich daran zeige, dass im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung die Niederschrift der einschlägigen Vorgänge aus dem Protokoll der Hauptverhandlung gegen die Zeugen verlesen wurde.
10
c) Der Senat sieht keinen Rechtsfehler.
11
Die Grundsätze der genannten Rechtsprechung zur Offenlegung von Verständigungsgesprächen sind auf Fälle der vorliegenden Art nur übertragbar, soweit es um die Sicherung bestmöglicher Wahrheitsfindung geht. Sie können nicht in gleicher Weise gelten, soweit es, unabhängig von der Wahrheitsfindung , um die Vermeidung des Anscheins geht, der Richter sei nicht gegenüber allen Angeklagten gleich unvoreingenommen und unparteiisch.
12
(1) Bei einer Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte können im Grundsatz Verständigungsgespräche mit allen Angeklagten (bzw. deren Verteidigern ) zugleich durchgeführt werden. Werden sie nicht mit allen Angeklagten geführt, besteht Anlass, dem genannten Anschein gegenüber den nicht an den Gesprächen beteiligten Angeklagten durch alsbaldige Offenlegung der Gespräche in der Hauptverhandlung entgegenzuwirken. Gleichzeitige Gespräche mit den Angeklagten einer laufenden Hauptverhandlung und Angeklagten einer künftigen oder auch parallelen Hauptverhandlung sind dagegen schon wegen des nicht gleichen Verfahrensstandes und des damit naheliegend verbundenen nicht gleichen Kenntnisstandes der Beteiligten kaum sinnvoll. Ein einheitlicher Kenntnisstand fehlt auch in Fällen, bei denen dieselben (Berufs-)Richter mitwirken , jedenfalls den in die Gespräche ebenfalls einzubeziehenden Schöffen, die bei noch nicht terminierten Sachen sogar noch nicht einmal feststehen. Daher kann ein „verständiger“,zumal anwaltlich beratener Angeklagter eines anderen Verfahrens, anders als möglicherweise ein Mitangeklagter desselben Verfahrens , allein daraus, dass solche Gespräche ohne ihn stattgefunden haben, nicht die Besorgnis ableiten, der Richter sei ihm gegenüber in irgend einer Weise voreingenommen.
13
(2) Dies ändert nichts an der Notwendigkeit, auch in solchen Fällen in die Würdigung einer entscheidungserheblichen (Zeugen-)Aussage eines Tatbeteiligten eine vorangegangene Verständigung in dem gegen ihn wegen derselben Tat durchgeführten Verfahren einzubeziehen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11 Rn. 14 mwN). Dies beruht nicht auf der Sorge, er könne dabei in irgendeiner Weise zu künftiger Falschbelastung anderer Tatverdächtiger aufgefordert worden sein. Es geht vielmehr um etwaige Anhaltspunkte dafür, ob er im Blick auf eine vorangegangene oder im Raum stehende Verständigung in seinem Verfahren irrig glauben könnte, eine Falschaussage zu Lasten des Angeklagten sei für ihn besser als eine wahre Aussage zu dessen Gunsten.
14
Da die Möglichkeit eines solchen Irrtums nicht davon abhängt, ob die Verfahren gegen ihn und den jetzigen Angeklagten verbunden sind oder waren oder getrennt wurden, ist eine gebotene Würdigung von Verständigungsgesprächen mit dem Zeugen von derartigen Fragen unabhängig. Was zu würdigen ist, ist auch in die Hauptverhandlung einzuführen. Geht es um Verständigungsgespräche in einer anderen, sei es auch unter Mitwirkung derselben Richter durchgeführten Hauptverhandlung, kann dies nicht in Anwendung von § 243 Abs. 4 StPO geschehen. Soweit es um die Klärung etwaiger Fehlvorstellungen des Zeugen geht, wird dies vielmehr sinnvollerweise vor allem durch dessen Befragung geschehen. Ohne dass es hier darauf ankäme, könnte es dabei zweckmäßig sein, ihm Vorhalte aus dem einschlägigen Teil der Niederschrift der gegen ihn geführten Hauptverhandlung (§ 273 Abs. 1a StPO) zu machen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. November 2007 - 1 StR 370/07 Rn. 14, StV 2008, 60, insoweit in BGHSt 52, 78, 81 nicht abgedruckt), sodass es die Vorbereitung der Vernehmung fördern könnte, wenn das Gericht den Verfahrensbeteiligten schon vorab entsprechende Ablichtungen überlässt.
15
(3) Hier bestand zu einer entsprechenden Befragung der Zeugen oder gar einer weitergehenden Klärung aber kein Anlass; nachdem keiner der in dem Parallelverfahren angeklagten Tatbeteiligten Angaben zur Sache gemacht hatte - anders als der Angeklagte, dessen Strafe wegen seiner Zeugenaussage im Parallelverfahren gemäß § 46b StGB gemildert wurde -, waren auch keine den (geständigen) Angeklagten belastenden Aussagen dieser Zeugen zu würdigen.
16
Anhaltspunkte für eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit sind nach alledem unter keinem Blickwinkel erkennbar.
17
2. Der Schuldspruch ist ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
18
3. Die Rüge der Verletzung von § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO geht fehl, da mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe verhängt wurden. Über die sachlichrechtliche Begründungspflicht hinaus löst ein Antrag auf Bewährung eine verfahrensrechtliche Begründungspflicht gemäß § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO nur aus, wenn Bewährung rechtlich möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - 4 StR 534/07, StV 2008, 345 ). Da bei einer Strafe von über zwei Jahren Bewährung nach dem Gesetz nicht möglich ist, wäre in diesen Fällen eine Begründung der Versagung von Bewährung sinnlos. Ebenso wenig führt bei einer Strafe von mehr als zwei Jahren ein Antrag auf eine Bewährungsstrafe zu einer gesonderten formalen Pflicht zur Begründung, warum es nicht mit einer solchen Strafe sein Bewenden hätte haben können.
19
4. Sachlich-rechtlich ist der Strafausspruch nicht zu beanstanden.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________
Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten
, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind,
muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht
nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen
und der Inhalt der Absprache.
BGH, Beschluß vom 15. Januar 2003 - 1 StR 464/02 - LG München I

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 464/02
vom
15. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2003 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten E. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 10. April 2002, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Dem Angeklagten E. liegt zur Last, den Mitangeklagten F. und Z. bei Untreuehandlungen zu Lasten der BBV-Immobilien-Fonds GmbH (im folgenden BBVI) im Zusammenhang mit der Errichtung des Gewerbe- und Dienstleistungszentrums in Clarenberg/Frechen Beihilfe geleistet zu haben. Das Landgericht hat deshalb den Angeklagten E. wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Den Mitangeklagten F. hat es wegen Untreue in drei Fällen unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Mitangeklagte Z. ist wegen Untreue in vier Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Schließlich hat das Landgericht den Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, wobei es die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat. Die drei Mitangeklagten F. , Z. und S. haben gegen das Urteil keine Rechtsmittel eingelegt. Der Angeklagte E. wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: 1. Die Mitangeklagten F. und Z. waren Geschäftsführer der BBVI, einer Tochter der Bayerischen Beamten- und Lebensversicherung AG (BBV). Geschäftszweck der BBVI war u.a. das Auflegen von geschlossenen Immobilienfonds. Mit dem Ziel, durch den Erwerb geeigneter Immobilienobjekte weitere Immobilienfonds aufzulegen, wurden zahlreiche Kommanditgesellschaften gegründet, deren Komplementärin die BBVI war. Kommanditisten dieser KG's waren in der Regel die Angeklagten F. und Z. . Im April 1994 schlossen der Angeklagte Z. für die BBVI und der anderweitig verfolgte M. einen Vertrag zur Gründung der BBV Immobilien -Fonds GmbH & Co Frechen KG (im folgenden Frechen KG). Aus dieser ging später der geschlossene BBVI-Immobilien-Fonds GmbH & Co. Nr. 16 KG hervor. An der Frechen KG war M. als Kommanditist mit einem Kapitalanteil von neun Zehntel beteiligt. Zwischen den Mitangeklagten Z. und F. und M. wurde vereinbart, daß dieser eine Abfin-
dung erhalten solle, wenn er als Kommanditist ausscheide. Von dem Abfindungsguthaben sollte aber ein Drittel an den Mitangeklagten Z. ausge- zahlt werden, der seinerseits diesen Betrag zur Hälfte mit dem Mitangeklagten F. teilen wollte. Im September 1994 schlossen die Angeklagten F. und Z. für die Frechen KG mit der Firma i. , Niederlassung Leverkusen, einen Generalunternehmervertrag für die schlüsselfertige Erstellung des Gewerbeparks Clarenberg/Frechen zum Pauschalfestpreis von Netto 44.900.000 DM. Niederlassungsleiter der Firma i. war in diesem Zeitraum der Angeklagte E. . Nach Beendigung der Bauarbeiten erstellte der Mitangeklagte S. für die Firma i. eine Rechnung vom 27. Juni 1995 mit einer vorläufigen Abrechnungssumme von 47.825.945,44 DM netto. In der Rechnung waren ergänzend zur Auftragssumme Mehr- und Minderkosten sowie Nachträge enthalten. Als sich herausstellte, daß die Abfindung für M. höher ausfallen würde als ursprünglich angenommen, vereinbarten die Mitangeklagten Z. und F. , den für die Abfindung erforderlichen Betrag, aber auch den eigenen Anteil daran, aus dem Gesellschaftsvermögen der BBVImmobilien -Fonds GmbH & Co. Frechen KG zu entnehmen und dies über die Firma i. abzuwickeln. Der Mitangeklagte Z. bat den Angeklagten E. , die Schlußrechnung mit einer Gesamtabrechnungssumme auszustellen, die ca. dreizehn Millionen DM höher liegen sollte als die Rechnung vom 27. Juni 1995. Der Angeklagte E. forderte den Mitangeklagten S. auf, sich Nachträge für tatsächlich nicht erbrachte Bauleistungen im Wert von ca. zwölf Millionen DM einfallen zu lassen. Er wies den Mitangeklagten S. darauf hin, diese Summe bliebe nicht bei der Firma i. und müsse noch mit der finanzierenden Bank der Frechen KG abgestimmt werden. Der Mitange-
klagte S. gab einem freien Mitarbeiter der Firma i. Hinweise, wie die Nachträge gestaltet werden sollten. Mit Fax-Schreiben vom 2. und 9. November 1995 (E. an Z. ) sowie vom 6. November 1995 (Z. an E. ) stimmten der Angeklagte E. und der Mitangeklagte Z. den Inhalt der Nachträge ab, um welche die ursprüngliche Rechnung für das Bauvorhaben Clarenberg/Frechen erhöht werden sollte. Der Angeklagte E. und der Mitangeklagte S. wußten, daß den Nachträgen keine tatsächlichen Bauleistungen bzw. berechtigte Mehrforderungen zugrunde lagen und nahmen daher in Kauf, daß der Mitangeklagte Z. dem Gesellschaftsvermögen der Frechen KG durch Zahlungsanweisungen auf eine überhöhte Schlußrechnung der Firma i. Nachteile zufügte. Die Firma i. erteilte der Frechen KG am 4. Dezember 1995 die Schlußrechnung für den Gewerbepark Clarenberg /Frechen über 60.680.148 DM netto zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer. In der Schlußrechnung bestätigte er, die Firma i. habe bereits 63.020.000 DM Abschlagszahlungen inklusive der anteiligen Mehrwertsteuer erhalten. 2. Diese Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der Mitangeklagten F. , Z. und S. . Hierzu ist in den Urteilsgründen folgendes ausgeführt:
a) Der Angeklagte F. erklärte, daß er prinzipiell im Sinne der Anklage schuldig sei, jedoch die Daten in der Anklageschrift von der Realität abwichen. Er ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Erklärung vorlegen, in welcher von ihm eingeräumt wurde, kollusiv mit dem Mitangeklagten Z. zum eigenen Vorteil zusammengearbeitet zu haben. Die Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten habe allenfalls sechs Millionen DM betragen. Er wolle aber aus prozeßökonomischen und familiären Gründen zu einer Abkürzung des Verfahrens beitragen.

b) Der Angeklagte Z. ließ durch seinen Verteidiger vortragen, daß die Anklage im Sinne eines Geständnisses richtig sei. De facto sei der Kaufpreis bei den einzelnen Objekten erhöht worden. Von den zurückgeflossenen Geldbeträgen habe er ca. elf Millionen DM behalten und ca. zehn Millionen an F. weitergegeben. Der Angeklagte Z. erklärte, daß das Vorbringen seines Verteidigers richtig sei.
c) Der Angeklagte S. ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Stellungnahme als Einlassung verlesen und erklärte glaubhaft, die schriftliche Einlassung sei richtig. Zum Objekt Clarenberg gab er auch mündlich glaubhaft an, er sei für die technische und der Angeklagte E. die kaufmännische Abwicklung des Objekts verantwortlich gewesen. Er habe die Rechnung vom 27. Juni 1995 erstellt, die auch sein Diktatzeichen trage. In dieser Rechnung seien Mehrkosten bereits berücksichtigt worden. Der Angeklagte E. sei an ihn herangetreten und habe geäußert, er solle sich wegen der Nachträge etwas einfallen lassen. Er, S. , habe daraufhin mit dem freien Mitarbeiter gesprochen, in welcher Weise Nachträge dargestellt werden könnten.
d) Der Angeklagte E. ließ sich bezüglich des Objektes Clarenberg dahin ein, daß er von Z. angerufen und gebeten worden sei, Kosten einzurechnen, die bei diesem, Z. , angefallen, aber noch nicht erfaßt worden seien. Er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten. Der Angeklagte S. habe mit dem Architekten die Nachträge abgestimmt. Es sei ihm klargewesen, daß Nachträge in Höhe von zwölf Millionen DM in der Rechnung der Firma i. nichts zu suchen gehabt hätten. Er habe keine eigenen Vorteile gehabt.
e) Das Landgericht hat seine Überzeugung nicht auf die Einlassung des Angeklagten E. gestützt, denn es ist wörtlich ausgeführt: „Aufgrund der in-
soweit glaubhaften Angaben der Angeklagten Z. und S. bezüglich des Objekts Clarenberg und der verlesenen Schriftstücke (Rechnungen, FaxSchreiben , Kalkulationsnotizen, Verfügung vom 9. April 2001, Nr. 1 bis 12 als Anlage des Protokolls) ist das Gericht davon überzeugt, daß die Angeklagten E. und S. wußten, daß den Nachträgen in der Schlußrechnung vom 4. Dezember 1995 in Höhe von insgesamt zwölf Millionen DM keine äquivalenten Bauleistungen der Firma i. entgegenstanden und damit billigend in Kauf nahmen, daß die Geschäftsführer der BBVI-Nr. 16 KG das Gesellschaftsvermögen durch Zahlung der unberechtigten Nachforderungen schädigten. Der Angeklagte E. wußte, daß bereits in der Schlußrechnung vom 27. Juni 1995 Mehrkosten in Höhe von 2.491.000 DM netto berücksichtigt waren. Anhaltspunkte für weitere berechtigte Mehrkosten in Höhe von ca. zwölf Millionen DM hatte er nicht, als er den Mitangeklagten S. bat, sich Nachträge in entsprechender Höhe einfallen zu lassen“.

II.

Die Revision macht u.a. geltend, das Landgericht habe die Verurteilung des Angeklagten E. ohne weitere Beweisaufnahme allein auf die Geständnisse seiner Mitangeklagten gestützt. Weder im Hauptverhandlungsprotokoll noch in den Urteilsgründen sei dargelegt, daß diese Geständnisse aufgrund einer verfahrensbeendenden Absprache abgegeben worden seien, an der sich der Angeklagte E. nicht beteiligt habe. Die Strafkammer habe mehrere Verfahrensfehler begangen, weil die Absprache gegen die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäbe für die Zulässigkeit von Absprachen im Strafverfahren verstoße. Das Urteil enthalte aber auch sachlich-rechtliche Darstellungsmängel. Der von der Strafkammer der Verurteilung des Angeklagten E. zugrunde
liegende Sachverhalt sei aufgrund der unzureichend dargelegten Beweiswürdigung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Der Beschwerdeführer trägt dazu - ohne daß die Staatsanwaltschaft dem in ihrer Gegenerklärung entgegen getreten ist - im einzelnen vor, es habe im Zwischenverfahren auf Betreiben der Strafkammer ein Gespräch zur Vorbereitung der Hauptverhandlung stattgefunden, an dem die drei Berufsrichter, von jedem Angeschuldigten zumindest ein Verteidiger sowie Vertreter der Staatsanwaltschaft teilnahmen. In diesem Gespräch hätten die Mitglieder der Kammer betont, sie wollten eine „schlanke“ Hauptverhandlung ohne zeitraubende Beweisaufnahme durchführen, die durch Geständnisse erheblich abgekürzt werden könnte. Die Berufsrichter hätten für den Fall von Geständnissen Strafhöchstgrenzen in Aussicht gestellt. Am ersten Hauptverhandlungstag sei die Sitzung unterbrochen worden, um zwischen den Berufsrichtern, den Schöffen, den Verteidigern sowie dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft im Beratungszimmer ein vertrauliches Gespräch zu führen. Von den Angeklagten habe an diesem Gespräch keiner teilgenommen. In diesem Gespräch sei erneut die Möglichkeit erörtert worden, auf die Beweiserhebung zu verzichten und statt dessen die Verurteilung lediglich auf geständige Einlassungen der Angeklagten sowie einige im Selbstleseverfahren einzuführende Urkunden zu stützen. Die Strafkammer habe ihre Erwartungen zum Strafmaß erneuert. Der Verteidiger des Angeklagten E. habe auch an diesem Gespräch teilgenommen, habe aber keine geständige Einlassung zugesagt. Der Inhalt der verfahrensbeendenden Absprache sei in öffentlicher Hauptverhandlung nicht wiederholt und auch im Sitzungsprotokoll nicht vermerkt worden.

III.


Es kann offen bleiben, ob der Strafkammer Verfahrensfehler unterlaufen sind, insbesondere, ob es eine mit den Grundsätzen von BGHSt 43, 195 ff nicht vereinbare verfahrensbeendende Absprache mit den Angeklagten F. , Z. und S. gegeben hat. Denn die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge ergibt, daß die Beweiswürdigung lückenhaft ist. Sie besteht im wesentlichen aus der teilweisen Wiedergabe der von den Verteidigern verlesenen Erklärungen dieser drei Angeklagten. Die Strafkammer ist damit ihrer Pflicht nicht ausreichend nachgekommen, in den Urteilsgründen ihre Überzeugungsbildung darzulegen. Der Beschwerdeführer beanstandet mit Recht, es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Strafkammer die Geständnisse der Mitangeklagten Z. und S. als glaubhaft bewertet und auch darauf ihre Überzeugung von der Beihilfehandlung des Angeklagten E. gestützt hat. Das Urteil kann deshalb, soweit es den Angeklagten E. betrifft, schon aufgrund dieses sachlich-rechtlichen Mangels keinen Bestand haben. 1. Für die Verwertung von Geständnissen als Grundlage einer Verurteilung gilt allgemein, daß der Tatrichter nicht gehindert ist, dem Geständnis eines Angeklagten Glauben zu schenken und seine Feststellungen darauf zu gründen, auch wenn dieser den Anklagevorwurf nur pauschal einräumt. Für die Bewertung eines Geständnisses gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (BGHSt 39, 291, 303). Der Tatrichter muß, will er die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein. Wann und unter welchen Umständen er diese Überzeugung gewinnen darf oder nicht, kann ihm aber grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden. Die Freiheit der tatrichterlichen Würdigung stößt aber dort auf Grenzen , wo der Angeklagte nicht etwa die Sachverhaltsannahmen der Anklage als richtig bestätigt, sondern sich vielmehr, ohne den Sachverhalt einzuräumen, auf eine Stellungnahme beschränkt, die gleichsam ein bloß prozessuales An-
erkenntnis oder eine nur formale Unterwerfung enthält (BGH NStZ 1999, 92 m. w. Nachw.). 2. Der Tatrichter ist auch nicht gehindert, ein Geständnis für glaubhaft zu halten, wenn der Angeklagte dieses erst ablegt, nachdem ihm für diesen Fall ein bestimmtes Strafmaß in Aussicht gestellt wird. Hier gilt folgendes:
a) Wie der Bundesgerichtshof bereits betont hat, darf eine Absprache über das Strafmaß nicht dazu führen, daß ein so zustande gekommenes Geständnis dem Schuldspruch zugrunde gelegt wird, ohne daß sich das Gericht von dessen Richtigkeit überzeugt. Das Gericht bleibt dem Gebot der Wahrheitsfindung verpflichtet. Das Geständnis muß daher auf seine Glaubhaftigkeit überprüft werden; sich hierzu aufdrängende Beweiserhebungen dürfen nicht unterbleiben (BGHSt 43, 195, 204 m. w. Nachw.).
b) Dies gilt um so mehr, wenn sich das Strafverfahren gegen mehrere Angeklagte richtet, von denen nicht alle ein Geständnis ablegen. Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten, die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind, muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommen und der Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht unter anderem die Gefahr, daß die Mitangeklagten den Nichtgeständigen zu Unrecht belasten , weil sie sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile versprechen. Dieses Problem besteht überall dort, wo "Aufklärungsgehilfen" Vorteile gewährt werden, etwa bei der Kronzeugenregelung oder der Strafmilderung nach § 31 BtMG. In einem solchen Fall ist das Gericht zum einen zu besonderer Rücksichtnahme auf die Verteidigungsinteressen des nicht geständigen Angeklagten verpflichtet, zum anderen hat der Tatrichter die Geständnisse der anderen
Angeklagten kritisch zu würdigen (so zutreffend Kuckein/Pfister, FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens des BGH S. 641, 657 m. w. Nachw.). Maßgeblich für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Geständnisse. Dies schließt auch das Zustandekommen, den Inhalt und gegebenenfalls das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache mit ein. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, daß sich die geständigen Angeklagten durch ein Geständnis gegen die Zusage einer - im Einzelfall nicht schuldangemessenen - Strafe nicht nur eigene Vorteile verschafft, sondern sich auch zu Lasten des nicht geständigen Angeklagten eingelassen haben. Fehlen solche Darlegungen in den Urteilsgründen, so kann dies ein sachlich-rechtlicher Fehler sein. Dessen ungeachtet bleibt es bei der Verpflichtung, die Absprache in die Hauptverhandlung einzuführen und im Hauptverhandlungsprotokoll festzuhalten (BGHSt 43, 195, 205f.). 3. Hier lassen die Urteilsgründe besorgen, daß es sich bei den Mitangeklagten F. , Z. und S. um nur pauschale "Geständnisse" aufgrund einer nicht offengelegten verfahrensbeendenden Absprache gehandelt hat. Darin liegt hier ein durchgreifender Erörterungsmangel.
a) Zwar haben sich von vier Angeklagten drei "im Sinne der Anklage für schuldig erklärt". Der Angeklagte F. hat sich aber lediglich "prinzipiell" im Sinne der Anklageschrift für schuldig erklärt. Seiner einschränkenden Aussage, die "Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten" habe allenfalls sechs Millionen DM betragen, ist die Strafkammer nicht näher nachgegangen. Denn nach der Einlassung des Angeklagten Z. hat dieser von den zurückgeflossenen zwölf Millionen ca. zehn Millionen an F. weitergeleitet. Die Erklärung des Angeklagten F. , er wolle aus familiären Gründen zur Abkürzung der Beweisaufnahme beitragen, läßt besorgen, die Verfahrensbeteiligten hätten sich
nach der Abgabe der Erklärungen der Verteidiger um eine nähere Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr bemüht, um die angesichts der angerichteten Schäden und der einzubeziehenden Verurteilung kaum noch angemessene, aber möglicherweise vorher zugesagte Gesamtstrafe, nicht zu gefährden. Soweit das Geständnis des Angeklagten Z. mitgeteilt wird, verteidigt sich dieser damit, er habe den größten Teil der veruntreuten Gelder an den Angeklagten F. weitergeleitet. So bleibt letztlich offen, welchen Tatbeitrag und welchen persönlichen Vorteil die Strafkammer der von ihr festgesetzten Strafe zugrunde gelegt hat. Zu dem Tatvorwurf der Beihilfe des Angeklagten E. enthält das mitgeteilte Geständnis keinerlei Ausführungen. Auch dies läßt besorgen, daß die Strafkammer sich hinsichtlich der Beihilfehandlung des Angeklagten E. maßgeblich auf das in eigener Sache abgegebene Geständnis des Angeklagten Z. gestützt hat und eine weitere Prüfung des den Angeklagten E. betreffenden Sachverhalts nicht erfolgt ist.
b) Das Geständnis des Angeklagten S. sowie dessen zusätzliche mündliche Einlassung enthalten lediglich Ausführungen dazu, daß der Angeklagte E. an ihn herangetreten sei und geäußert habe, er solle sich wegen der Nachträge etwas einfallen lassen. Zu dem Widerspruch gegenüber der Einlassung des Angeklagten E. , er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten , die beim Angeklagten Z. angefallen seien, ist dem Geständnis des Angeklagten S. nichts zu entnehmen. 4. Ein Beruhen des Urteils auf der Beweiswürdigungslücke kann der Senat nicht ausschließen, auch wenn der Angeklagte E. angegeben hat, ihm sei klar gewesen, daß die Nachträge in Höhe von zwölf Millionen DM in der Rechnung der Firma i. „nichts zu suchen gehabt“ hätten. Dies läßt sich jedenfalls nicht ohne weiteres als uneingeschränktes eigenes Geständnis die-
ses Angeklagten hinsichtlich seiner Beihilfe zur Untreue verstehen. Denn der Zusammenhang seiner Einlassung verdeutlicht, daß er zugleich von tatsächlich angefallenen Kosten ausging, die noch nicht erfaßt seien. Dem entspricht, daß die Strafkammer für das Wissen des Angeklagten E. um das Nichtvorhandensein „äquivalenter Bauleistungen“ in Höhe von zwölf Millionen DM nicht etwa auch auf dessen eigene Einlassung abhebt, sondern - neben Urkunden - auf die von ihr für glaubhaft erachteten Angaben der Mitangeklagten.
Der neue Tatrichter wird sich demnach gegebenenfalls näher mit der Einlassung des Angeklagten E. auseinandersetzen müssen. Will er diese - etwa auch nur teilweise - für widerlegt halten und sich dabei u.a. auf die Geständnisse von Mitangeklagten stützen, so müssen diese auch im Lichte ihres Zustandekommens gewürdigt werden.
Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 438/11
vom
9. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2012 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Essen vom 30. März 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen Steuerdelikten im Zusammenhang mit geschmuggelten Zigaretten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
2
Seine Revision ist auf zwei Verfahrensrügen, von denen sich eine allein gegen den Strafausspruch richtet, und die nicht ausgeführte Sachrüge gestützt.
3
Sie bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
1. Zurückweisung eines Ablehnungsantrags gegen die (Berufs-)Richter wegen Besorgnis der Befangenheit:
5
a) Folgendes liegt zu Grunde:
6
(1) Wegen Verdachts der Beteiligung an den abgeurteilten Taten hatte die Staatsanwaltschaft zwei Anklagen vor derselben Strafkammer erhoben, die Hauptverhandlungen liefen (zumindest teilweise) zeitlich parallel und mit denselben Berufsrichtern.
7
(2) Die hier als Zeugen vorgeladenen Angeklagten des Parallelverfahrens machten unter Berufung auf § 55 StPO keine Angaben zur Sache.
8
(3) Danach beantragte die Verteidigung dienstliche Äußerungen der Berufsrichter zu näher bezeichneten Fragen über den Ablauf der parallelen Hauptverhandlung und dabei geführter Verständigungsgespräche. Als nach etwa zwei Wochen hierauf noch keine Reaktion erfolgt war, wurden die Richter abgelehnt. Gestützt auf deren dienstliche Erklärungen, über den genannten Antrag wegen Überlastung noch nicht entschieden zu haben, wurde der Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Schon ein Anspruch auf die dienstlichen Äußerungen sei zweifelhaft. Nachteile für den Angeklagten im Rahmen der voraussehbar noch länger andauernden Hauptverhandlung durch die wegen Überlastung bisher unterbliebene Bearbeitung des Antrags seien nicht erkennbar. Sie begründe daher nicht die Besorgnis der Befangenheit.
9
b) Die Revision meint, Absprachen mit anderen Tatbeteiligten begründeten ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit, wenn sie nicht von Amts wegen „unaufgefordert“ und „unverzüglich“, spätestens aber alsbald auf ent- sprechende Aufforderung hin offen gelegt würden. Dies folge aus der hier entsprechend geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Verständigungsgesprächen mit nur einem Angeklagten (bzw. dessen Verteidigung) bei einer gegen mehrere Angeklagte geführten Hauptverhandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73 mwN). Außerdem wäre die geforderte Unterrichtung problemlos möglich gewesen, was sich daran zeige, dass im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung die Niederschrift der einschlägigen Vorgänge aus dem Protokoll der Hauptverhandlung gegen die Zeugen verlesen wurde.
10
c) Der Senat sieht keinen Rechtsfehler.
11
Die Grundsätze der genannten Rechtsprechung zur Offenlegung von Verständigungsgesprächen sind auf Fälle der vorliegenden Art nur übertragbar, soweit es um die Sicherung bestmöglicher Wahrheitsfindung geht. Sie können nicht in gleicher Weise gelten, soweit es, unabhängig von der Wahrheitsfindung , um die Vermeidung des Anscheins geht, der Richter sei nicht gegenüber allen Angeklagten gleich unvoreingenommen und unparteiisch.
12
(1) Bei einer Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte können im Grundsatz Verständigungsgespräche mit allen Angeklagten (bzw. deren Verteidigern ) zugleich durchgeführt werden. Werden sie nicht mit allen Angeklagten geführt, besteht Anlass, dem genannten Anschein gegenüber den nicht an den Gesprächen beteiligten Angeklagten durch alsbaldige Offenlegung der Gespräche in der Hauptverhandlung entgegenzuwirken. Gleichzeitige Gespräche mit den Angeklagten einer laufenden Hauptverhandlung und Angeklagten einer künftigen oder auch parallelen Hauptverhandlung sind dagegen schon wegen des nicht gleichen Verfahrensstandes und des damit naheliegend verbundenen nicht gleichen Kenntnisstandes der Beteiligten kaum sinnvoll. Ein einheitlicher Kenntnisstand fehlt auch in Fällen, bei denen dieselben (Berufs-)Richter mitwirken , jedenfalls den in die Gespräche ebenfalls einzubeziehenden Schöffen, die bei noch nicht terminierten Sachen sogar noch nicht einmal feststehen. Daher kann ein „verständiger“,zumal anwaltlich beratener Angeklagter eines anderen Verfahrens, anders als möglicherweise ein Mitangeklagter desselben Verfahrens , allein daraus, dass solche Gespräche ohne ihn stattgefunden haben, nicht die Besorgnis ableiten, der Richter sei ihm gegenüber in irgend einer Weise voreingenommen.
13
(2) Dies ändert nichts an der Notwendigkeit, auch in solchen Fällen in die Würdigung einer entscheidungserheblichen (Zeugen-)Aussage eines Tatbeteiligten eine vorangegangene Verständigung in dem gegen ihn wegen derselben Tat durchgeführten Verfahren einzubeziehen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11 Rn. 14 mwN). Dies beruht nicht auf der Sorge, er könne dabei in irgendeiner Weise zu künftiger Falschbelastung anderer Tatverdächtiger aufgefordert worden sein. Es geht vielmehr um etwaige Anhaltspunkte dafür, ob er im Blick auf eine vorangegangene oder im Raum stehende Verständigung in seinem Verfahren irrig glauben könnte, eine Falschaussage zu Lasten des Angeklagten sei für ihn besser als eine wahre Aussage zu dessen Gunsten.
14
Da die Möglichkeit eines solchen Irrtums nicht davon abhängt, ob die Verfahren gegen ihn und den jetzigen Angeklagten verbunden sind oder waren oder getrennt wurden, ist eine gebotene Würdigung von Verständigungsgesprächen mit dem Zeugen von derartigen Fragen unabhängig. Was zu würdigen ist, ist auch in die Hauptverhandlung einzuführen. Geht es um Verständigungsgespräche in einer anderen, sei es auch unter Mitwirkung derselben Richter durchgeführten Hauptverhandlung, kann dies nicht in Anwendung von § 243 Abs. 4 StPO geschehen. Soweit es um die Klärung etwaiger Fehlvorstellungen des Zeugen geht, wird dies vielmehr sinnvollerweise vor allem durch dessen Befragung geschehen. Ohne dass es hier darauf ankäme, könnte es dabei zweckmäßig sein, ihm Vorhalte aus dem einschlägigen Teil der Niederschrift der gegen ihn geführten Hauptverhandlung (§ 273 Abs. 1a StPO) zu machen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. November 2007 - 1 StR 370/07 Rn. 14, StV 2008, 60, insoweit in BGHSt 52, 78, 81 nicht abgedruckt), sodass es die Vorbereitung der Vernehmung fördern könnte, wenn das Gericht den Verfahrensbeteiligten schon vorab entsprechende Ablichtungen überlässt.
15
(3) Hier bestand zu einer entsprechenden Befragung der Zeugen oder gar einer weitergehenden Klärung aber kein Anlass; nachdem keiner der in dem Parallelverfahren angeklagten Tatbeteiligten Angaben zur Sache gemacht hatte - anders als der Angeklagte, dessen Strafe wegen seiner Zeugenaussage im Parallelverfahren gemäß § 46b StGB gemildert wurde -, waren auch keine den (geständigen) Angeklagten belastenden Aussagen dieser Zeugen zu würdigen.
16
Anhaltspunkte für eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit sind nach alledem unter keinem Blickwinkel erkennbar.
17
2. Der Schuldspruch ist ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
18
3. Die Rüge der Verletzung von § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO geht fehl, da mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe verhängt wurden. Über die sachlichrechtliche Begründungspflicht hinaus löst ein Antrag auf Bewährung eine verfahrensrechtliche Begründungspflicht gemäß § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO nur aus, wenn Bewährung rechtlich möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - 4 StR 534/07, StV 2008, 345 ). Da bei einer Strafe von über zwei Jahren Bewährung nach dem Gesetz nicht möglich ist, wäre in diesen Fällen eine Begründung der Versagung von Bewährung sinnlos. Ebenso wenig führt bei einer Strafe von mehr als zwei Jahren ein Antrag auf eine Bewährungsstrafe zu einer gesonderten formalen Pflicht zur Begründung, warum es nicht mit einer solchen Strafe sein Bewenden hätte haben können.
19
4. Sachlich-rechtlich ist der Strafausspruch nicht zu beanstanden.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineids oder einer falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) und im Falle uneidlicher Aussage auch ganz von Strafe absehen, wenn der Täter die Unwahrheit gesagt hat, um von einem Angehörigen oder von sich selbst die Gefahr abzuwenden, bestraft oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung unterworfen zu werden.

(2) Das Gericht kann auch dann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder ganz von Strafe absehen, wenn ein noch nicht Eidesmündiger uneidlich falsch ausgesagt hat.