Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11

bei uns veröffentlicht am29.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 287/11
vom
29. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
29. November 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt (bei der Verhandlung),
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 4. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Die Revisionen von Staatsanwaltschaft und Nebenkläger wenden sich gegen die Freisprüche der Angeklagten von folgenden Anlagevorwürfen:
2
Der Angeklagte Dr. S. , ein in K. ( ) tätiger rumänischer Zahnarzt, hatte mit dem Nebenkläger R. geschäftliche Beziehungen gehabt und stritt mit ihm um hohe Beträge. Er wusste, dass er keine Ansprüche mehr hatte, nachdem R. zur Abgeltung aller Ansprü- che 700.000 € bezahlt hatte.Er erhob aber immer neue, höher werdende Forderungen. Man erstattete in Rumänien gegenseitig Strafanzeigen und prozessierte über eine Villa in Bukarest. Dr. S. nahm schließlich Kontakt mit dem Angeklagten M. auf, der R. bei einem seiner Aufenthalte in Re. , wo dessen Tochter Gastronomiebetriebe führte, "mit Gewalt unter Druck setzen" sollte, damit er zu Zahlungen und zur Beendigung des Prozesses im Sinne von Dr. S. bereit würde. Dr. S. und M. nahmen Kontakt mit der "Rockergruppe Hells Angels" auf, am Ende wurden der Angeklagte B. und ein weiteres Bandenmitglied "beauftragt". "M. plante nun für ... Dr. S. das weitere Vorgehen". Am 19. August 2009 versuchten B. und sein "Team" - in engem Kontakt mit M. - in Re. vergeblich, ihn mit der Lüge, man habe seinen Porsche angefahren, auf die Straße zu locken, um ihn zu überfallen und Autoschlüssel und Bargeld wegzunehmen. Die Beute hätten B. und sein Mittäter behalten sollen. Als R. zwei Tage später zum Parkplatz seiner Pension kam, eilten B. und sein Mittäter aus einer gegenüberliegenden Pension hinzu, beschossen ihn mit Reizgas, was ihn am Auge verletzte, schlugen ihn mit einer Schreckschusspistole und versuchten, ihm Autoschlüssel und Brieftasche abzunehmen. Sie flüchteten ohne Beute, als Angehörige R. zu Hilfe eilten.
3
Am 15. September 2009, so wird Dr. S. und M. weiter vorgeworfen, seien an R. , dessen Frau (nach Bukarest) und dessen Tochter (nach Re. ) je eine Postkarte mit Motiven aus Re. geschickt worden , die Dr. S. (auf Rumänisch) mit folgendem Text beschrieben hatte: "Gebt zurück, was ihr gestohlen habt, ihr Betrüger. Dies ist die letzte Warnung. Vlad Tepes.". Vlad Tepes war ein auch als Dracula bekannter rumänischer Fürst, der "Pfählung als Hinrichtungsart bevorzugte". Die darin liegende Drohung hätte letztlich R. dazu veranlassen sollen, doch noch auf die Forderungen einzugehen. Wenige Tage später schickte Dr. S. an R. den Entwurf eines "Abkommens", mit dem dieser sich zur Übertragung von Geld und Wertgegenständen im Wert von jedenfalls weit über 1 Mio. € an Dr. S. verpflichten sollte. Er kam dieser Aufforderung nicht nach.
4
Die Angeklagten wurden freigesprochen, die Täter des Überfalls und auch eine Verbindung von Dr. S. und M. zu dieser Tat seien nicht feststellbar , die Postkarten hätten keinen strafbaren Inhalt, darüber hinaus sei eine Tatbeteiligung von M. hinsichtlich der Postkarten nicht festzustellen.
5
Die Revisionen haben (schon) mit der Sachrüge Erfolg:
6
1. Bezüglich des Überfalls beruht dies darauf, dass das Urteil keine genügende Grundlage einer revisionsgerichtlichen Überprüfung ist.
7
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen sind regelmäßig in einer geschlossenen Darstellung die als erwiesen angesehenen Tatsachen festzustellen , ehe in der Beweiswürdigung darzulegen ist, warum die für einen Schuldspruch erforderlichen Feststellungen nicht getroffen werden konnten (st. Rspr.; vgl. zusammenfassend nur BGH, Urteil vom 24. Juli 2008 - 3 StR 261/08, b. Cierniak/Zimmermann NStZ-RR 2011, 225, 232). Die Strafkammer teilt dagegen nach dem Anklageinhalt protokollartig das (wohl) gesamte Beweisergebnis in allen Details mit, auch soweit sie offenbar für die Entscheidung über Verurteilung oder Freispruch keine Bedeutung haben können, wie etwa - um nur ein Beispiel zu nennen - Hinweise eines Sanitäters an einen Arzt zu einem möglichen Sonnenbrand R. s. Eingefügt in diese Darlegungen sind immer wieder beweiswürdigende Überlegungen, die meist jeweils streng auf die zuvor geschilderten Teile der Beweisergebnisse begrenzt sind. Die Staatsanwaltschaft und der Generalbundesanwalt haben zutreffend insgesamt (nur) etwa zehn, auf mehr als fünfzig Urteilsseiten verstreute Passagen aufgezählt - meist nicht mehr als ein Absatz, manchmal nur einzelne Sätze -, die als Sachverhaltsfeststellungen zu bewerten sind. Abgesehen von der Notwendigkeit, diese Bruchstücke aus den umfangreichen Ausführungen herauszufiltern, ist es insgesamt kaum möglich, sie zu einer in sich geschlossenen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglichen Sachverhaltsfeststellung zusammenzufassen.
8
2. Ein weiterer Rechtsfehler liegt darin, dass die Strafkammer die erforderliche Gesamtwürdigung aller für und gegen eine Täterschaft der Angeklag- ten sprechenden Indizien (vgl. BGH aaO mwN) unterlassen hat, die - in ihrer Vielzahl vom Generalbundesanwalt zutreffend hinsichtlich sämtlicher Angeklagter umfangreich und im Detail dargelegt - weitgehend allenfalls isoliert bewertet sind. Bei einer Gesamtschau könnte eine Vielzahl einzelner Gesichtspunkte auf Grund ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung möglicherweise die Überzeugung von der Richtigkeit des Anklagevorwurfs vermitteln (BGH aaO).
9
3. Der Angeklagte B. hat "im Laufe der Hauptverhandlung" zunächst mündlich und am zehnten Verhandlungstag schriftlich über seinen Verteidiger folgendes erklärt: Er sei von einem Mitglied der "Hells Angels" beauftragt worden, inRe. bei einer "Abreibung … Schmiere zu stehen" und erforderlichenfalls einzugreifen. Der Tatort sei ihm genannt worden, sonst nichts. Die Täter der Abreibung seien ihm ebenso unbekannt gewesen wie Dr. S. und M. . Er habe aus der Ferne beobachtet, wie zwei Männer R. angriffen. Als diesem eine Frau zu Hilfe kam, seien die Männer geflüchtet, worauf auch er (der Angeklagte) geflüchtet sei. Sonst wisse er nichts.
10
a) Die Strafkammer hält für möglich, dass der Angeklagte mit der Tat nichts zu tun hatte und er sich mit diesen Angaben zu Unrecht belastet habe. Der Verteidiger habe vor Abgabe der Erklärung auf Gespräche mit der Staatsanwaltschaft verwiesen, "in die das Gericht bewusst nicht einbezogen … und über deren Inhalt … Stillschweigen vereinbart worden sei". Der Angeklagte wolle bald aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Zumal, da der Staatsanwalt (in der Hauptverhandlung) erklärt habe, nach der bisherigen Beweisaufnahme komme nur eine Bewährungsstrafe wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung in Betracht, sei, so folgert die Strafkammer, insgesamt eindeutig, dass die Staatsanwaltschaft "eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt" habe. Es liege daher nicht fern, dass der Angeklagte, um das Verfahren gegen sich entsprechend zu beenden, wahrheitswidrig die genannten Angaben gemacht habe.
11
b) Hierzu bemerkt der Senat:
12
(1) Verständigungen können außerhalb der Hauptverhandlung vorbereitet werden, jedoch ist dann hierüber Transparenz in der Hauptverhandlung herzustellen. Das Transparenzgebot kennzeichnet das Verfahren über eine Verständigung im Strafverfahren insgesamt (vgl. zusammenfassend auch Niemöller /Schlothauer/Weider, Verständigung im Strafverfahren D Rn. 49 ff. mwN, auch aus den Gesetzgebungsmaterialien), wie sich aus einer Reihe von Bestimmungen über hieraus erwachsende Pflichten des Gerichts ergibt (vgl. § 202a Satz 2 StPO, § 212 StPO, § 243 Abs. 4 StPO, § 257c Abs. 3 StPO, § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO, § 273 Abs. 1a StPO).
13
Eine spezielle gesetzliche Regelung für nur zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Rahmen des (Zwischen- oder) Hauptverfahrens außerhalb der Hauptverhandlung geführte Gespräche, die letztlich das Ziel haben, die Hauptverhandlung abzukürzen, gibt es nicht. Jedoch hat die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zur Verfahrensförderung mit anderen Verfahrensbeteiligten (naheliegend häufig der Verteidigung) geführte Gespräche aktenkundig zu machen (§ 160b Satz 2 StPO), besonders sorgfältig, wenn eine Verständigung i.S.d. § 257c angestrebt wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 160b Rn. 8).
14
All dies spricht dafür, dass auch derartige Gespräche offen zu legen sind, zumal das Gericht sonst nach solchen Gesprächen abgegebene Erklärungen des Angeklagten nicht auf umfassender Grundlage würdigen könnte. Dies würde im Übrigen in besonderem Maße gelten, wenn solche Gespräche bei einer gegen mehrere Angeklagte geführten Hauptverhandlung nur mit der Verteidigung eines Angeklagten geführt würden, dessen anschließende Aussagen dann die übrigen Angeklagten belasten (vgl. BGHSt 52, 78, 83; 48, 161,

168).


15
Dies ist hier aber nicht einschlägig, da B. erklärt hat, Dr. S. und M. nicht zu kennen. Im Übrigen ist hier im Ergebnis durch die genannte Erklärung des Verteidigers die gebotene Klarstellung jedenfalls ansatzweise, wenn auch im Hinblick auf das vereinbarte Stillschweigen über den näheren Inhalt des Gesprächs nicht in vollem Umfang (vgl. § 273 Abs. 1a StPO) erfolgt. Der Senat braucht alledem aber nicht näher nachzugehen, weil in diesem Zusammenhang insgesamt die Möglichkeit eines den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehlers nicht zu erkennen ist.
16
(2) Unabhängig von alledem wäre bei der Einbeziehung der Aussagegenese in die Würdigung der - etwas lebensfremd erscheinenden - Erklärung des Angeklagten nicht nur die Möglichkeit einer selbstbelastenden Erfindung eines Unschuldigen zu prüfen gewesen. Jedenfalls nicht weniger naheliegend und daher erörterungsbedürftig erscheint auch die Möglichkeit, dass zur Erreichung einer milden Strafe zwar eine Tatbeteiligung grundsätzlich eingeräumt sein soll, die nach Art und Maß mit Entlastungstendenz aber (zu) gering geschildert sein kann.
17
c) Zudem, so führt die Strafkammer aus, sei der Angeklagte selbst bei Zugrundelegung seiner Angaben straflos. Sie ergäben nämlich nicht zwingend, dass den Haupttätern die Anwesenheit des Angeklagten am Tatort bekannt gewesen sei. Der rechtliche Ansatz dieser Ausführungen ist zutreffend, (auch) sie beruhen aber auf einer nicht rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.

18
(1) Von Beihilfe, die objektiv die Tat fördert, braucht der Haupttäter nichts zu wissen (BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 - 4 StR 350/54, BGHSt 6, 248, 249 f.). Die bloße, objektiv die Tat nicht fördernde Anwesenheit am Tatort kann "psychische" Beihilfe sein (BGH, Beschluss vom 17. März 1995 - 2 StR 84/95, NStZ 1995, 490, 491; zusammenfassend zur Rechtsprechung Kudlich in v. Heintschel-Heinegg, StGB, § 27 Rn. 9.4 mwN), aber nur, wenn sie dem Haupttäter bekannt ist.
19
Dies war hier nicht der Fall. Andererseits war der Angeklagte nicht nur anwesend, sondern er stand "Schmiere" und war bereit, wenn nötig, zu helfen. Ob dies auch dann zu strafbarer Beihilfe führt, wenn der Haupttäter von der Anwesenheit und der nicht realisierten Bereitschaft zur Hilfe nichts weiß, wird unterschiedlich beurteilt (dafür z.B. Murmann in SSW-StGB, § 27 Rn. 4; Maurach/Gössel/Zipf, StGB AT Tb 2, 7. Aufl. § 52 Rn. 8; dagegen z.B. Roxin in FS Miyazawa 504, 511 f.; Dreher MDR 1972, 553, 557).
20
Nach Auffassung des Senats liegt keine strafbare Beihilfe vor. Die Tat ist in einem solchen Fall nicht objektiv gefördert, sondern eine solche Förderung ist nur vorbereitet. Dass dadurch der Bereich strafbaren Verhaltens (noch) nicht erreicht ist, folgt aus der Straflosigkeit der gegenüber einer Vorbereitung sogar weiter gehenden versuchten Beihilfe (Roxin aaO 512).
21
(2) Die Annahme fehlender Kenntnis der Haupttäter ist allerdings nicht rechtsfehlerfrei begründet. Richterliche Überzeugung erfordert nicht, dass das gefundene Ergebnis "zwingend", ein anderes Ergebnis also denknotwendig ausgeschlossen ist. Dies wäre ein überspannter und daher rechtlich unzutreffender Maßstab (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11 mwN). Darüber hinaus beschränkt sich die Strafkammer allein auf die Bewertung der Erklärung des Angeklagten, was auch hier eine nur isolierte Würdigung der einzelnen Beweismittel besorgen lässt.
22
4. Die Annahme, der Inhalt der von Dr. S. versandten Postkarten sei strafrechtlich irrelevant, ist vor allem darauf gestützt, dass der historische Dracula "einerseits als grausamer Tyrann, der seine Feinde pfählen ließ, und andererseits als fanatischer Kämpfer für die Gerechtigkeit" gelte. Daher sei nicht "zwingend", dass Dr. S. die Familie R. bedrohen wollte, möglicherweise habe er nur ankündigen wollen, "dass er mit Nachdruck für Gerechtigkeit kämpfen werde". Hierfür spreche auch, dass er sie "Betrüger" genannt habe. Gegen die Annahme, dass er sein Verhalten selbst als strafbar werte, spreche, dass er als Akademiker dann kaum offene Postkarten verschicken würde, da er auf diese Weise leicht überführt werden könne. Dass die Empfänger sich nach ihren Aussagen bedroht gefühlt hätten - ohne dass dies die Strafkammer als unzutreffend bewertet hätte, bedeute, so ein Zeuge, "Vlad Tepes" in Rumänien "Tod" - sei irrelevant. Ob eine Drohung i.S.d. §§ 240, 241, 255 StGB vorliege, richte sich nicht danach, ob der Bedrohte die Ankündigung des Übels ernst nehme, abzustellen sei allein auf den Drohenden. Auch sei nicht klar genug, was überhaupt angedroht sei.
23
Diese Ausführungen halten weder zur objektiven noch zur subjektiven Seite rechtlicher Überprüfung stand.
24
a) Eine Drohung im Sinne der genannten Vorschriften ist die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss hat oder jedenfalls zu haben vorgibt (vgl. zusammenfassend Fischer, StGB, 59. Aufl., § 240 Rn. 31 mwN). An der Ankündigung eigenen künftigen Verhaltens hat die Strafkammer zu Recht keinen Zweifel. Ob ein empfindliches Übel angekündigt ist, richtet sich nach dem Inhalt der Erklärung, der nach dem Empfängerhorizont zu bestimmen ist (Vogel in LK, 12. Aufl., § 253 Rn. 7).
25
Hier haben die Empfänger der Postkarten, so die Strafkammer, deren Inhalt in dem für sie landläufigen Sinn als Bedrohung mit dem Tod oder jedenfalls mit schwerer körperlicher Misshandlung verstanden und ernst genommen.
26
Nicht tragfähig ist die in diesem Zusammenhang - hilfsweise - angestellte Erwägung der Strafkammer, wenn eine Drohung vorläge, sei sie zu unpräzise. Dass hier eine (etwaige) Drohung auf etwas anderes gerichtet sein könnte als Tod oder jedenfalls schwere körperliche Misshandlung, ist nicht erkennbar. Eine solche Drohung bedarf aber keiner präzisierenden Erläuterung.
27
b) Der Vorsatz des Täters muss darauf gerichtet sein, dass der Empfänger die Äußerungen als Drohung versteht und ernst nimmt. Anhaltspunkte für die - eher fern liegend erscheinende - Annahme, Dr. S. hätte geglaubt, der Karteninhalt würde von den Empfängern entgegen seinem für sie landläufigen Sinn wegen uneindeutiger historischer Überlieferungen nur als Streben nach Gerechtigkeit bewertet, sind weder genannt noch erkennbar. Offenbar kommt die Strafkammer deshalb zu dieser Annahme, weil anderes nicht "zwingend" sei; wie dargelegt, ist dies jedoch ein rechtsfehlerhafter Maßstab.
28
c) In subjektiver Hinsicht kann im Übrigen allein der Hinweis, dass die Empfänger der Karten als "Betrüger" bezeichnet wurden, nicht tragfähig belegen , ob Dr. S. (anders als ihm vorgeworfen) überhaupt glaubte, noch (im Einzelnen wiederholt wechselnde) Ansprüche zu haben. Andernfalls wäre für Überlegungen zu besonderem Einsatz für die Gerechtigkeit ohnehin kein Raum.
29
d) Es wäre auch zu erörtern gewesen, dass der Angeklagte kurz nach der Versendung der Postkarten ohne erkennbare weitere Begründung neue hohe Forderungen erhob. Dies könnte dagegen sprechen, dass er nur künftiges Bemühen um Gerechtigkeit ankündigen wollte.
30
e) Nicht rechtsfehlerfrei begründet ist die Annahme, gegen eine auf strafbares Verhalten gerichtete Vorstellung von Dr. S. spreche auch, dass er als Zahnarzt (Akademiker) dann schwerlich für "jeden lesbare" offene Karten verschickt und so die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung erhöht hätte. Es fehlt die Erörterung des offensichtlich gegenläufigen Gesichtspunkts, dass er die Karten nicht mit seinem Namen unterschrieben hat. Soweit die Karten in Deutschland gelesen werden konnten, kommt hinzu, dass wohl die wenigsten potentiellen Leser Rumänisch können.
31
5. Hinsichtlich des Angeklagten M. stützt sich die allein getroffene Feststellung, insoweit hätten sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, nur auf dessen Angabe, er habe zwar den Inhalt der Postkarten gekannt und gewusst, dass sie Dr. S. abschicken wollte, damit jedoch nichts zu tun gehabt. Nicht erörtert ist jedoch in diesem Zusammenhang die festgestellte Aussage einer Freundin von M. , R. hätte gezwungen werden sollen, anzuerkennen, "dass irgendein Grundstück in Rumänien Dr. S. gehöre"; dies, so die ebenfalls mitgeteilte Aussage R. s, deckt sich mit Forderungen, die bald nach den Postkarten an ihn gestellt wurden. M. und seine Leute, so die Freundin, hätten diese Unterschrift erzwingen wollen. Schon dieses Beweisergebnis ist - unabhängig davon, wie es letztlich tatrichterlich zu werten ist - un- vereinbar mit der Annahme, nichts deute auf eine Mitwirkung von M. an der Drohung mit den Postkarten hin.
32
6. Da die Sachrüge durchgreift, kann der in der Hauptverhandlung hilfsweise gestellte Aussetzungsantrag eines Verteidigers auf sich beruhen. Zu Grunde liegt, dass ein am 22. Februar 2011 an das Landgericht gerichteter Akteneinsichtsantrag dort unbearbeitet blieb; auch die Staatsanwaltschaft hat bei der Aktenweiterleitung am 22. März 2011 hierauf nicht hingewiesen. Wiederholt wurde der Antrag nicht (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 1. Februar 2000 - 4 StR 635/99, NStZ 2000, 326 mwN). Der Aussetzungsantrag war jedenfalls nur für den Fall gestellt, "dass der Senat den … Verfahrensrügen Bedeutung beimessen und die dort in Bezug genommenen Verfahrenstatsachen … verwerten will". Dies ist nicht der Fall.
33
7. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Zuerkennung von Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft ist mit der Aufhebung des Urteils gegenstandslos (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - 1 StR 357/05 mwN).
34
8. Wie auch im Urteil mitgeteilt ist, bewertet die (unverändert zugelassene ) Anklage die Versendung der Postkarten als versuchte besonders schwere räuberische Erpressung (§§ 253, 255, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB), die in Tateinheit mit den durch den gescheiterten Überfall in Re. verwirklichten Tatbeständen stehe. Dies veranlasst folgende vorsorgliche Hinweise:
35
a) Es bedarf der Klärung, ob die Postkarten an Frau und Tochter nur Druck auf den Nebenkläger ausüben sollten oder ob auch diese zur Zahlung aufgefordert werden sollten, wofür die Formulierung "gebt zurück ihr Betrüger" sprechen könnte.
36
Sollte nur auf den Nebenkläger Druck ausgeübt werden - auch Dritten in Aussicht gestellte Übel können genügen (vgl. Gropp/Sinn in MüKo § 240 Rn. 82 mwN) - könnte hier letztlich eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegen (vgl. Vogel aaO Rn. 51).
37
Sollten dagegen auch Frau und Tochter zur Zahlung aufgefordert werden , wäre (versuchte) Erpressung mehrfach erfüllt, selbst wenn sich die Forderungen , jedenfalls wirtschaftlich, nur gegen ein Vermögen richtete, da § 253 StGB auch das höchstpersönliche Rechtsgut Willensfreiheit schützt (BGH, Urteil vom 28. April 1992 - 1 StR 148/92 mwN). Allein dadurch, dass, wie die Strafkammer festgestellt hat, die Postkarten - sei es auch gleichzeitig - (von K. etwa 45 km entfernt) im selben Briefpostzentrum in Ko. aufgegeben wurden, wären diese Taten nicht zu einer natürlichen Handlungseinheit verbunden (BGH, Urteil vom 24. November 2004 - 5 StR 220/04, wistra 2005, 56, 57).
38
b) Räuberische Erpressung (§ 255 StGB) erfordert eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben. Genaue zeitliche Grenzen dafür, wann eine für die Zukunft angedrohte Gefahr noch gegenwärtig ist, lassen sich nicht allgemein festlegen. Gegenwärtigkeit kann grundsätzlich auch dann noch vorliegen , wenn dem Opfer eine - nicht zu lang bemessene - Zahlungsfrist gesetzt ist. Entscheidend sind die nicht zuletzt nach Maßgabe der vom Täter für möglich gehaltenen Opfersicht zu beurteilenden Umstände des Einzelfalls, wobei das Revisionsgericht im Wesentlichen nur den vom Tatrichter angelegten Maßstab überprüfen kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 1998 - 4 StR 332/98, NStZ-RR 1999, 266, 267; Beschluss vom 4. September 1997 - 1 StR 489/97, NStZ-RR 1998, 135; Urteil vom 28. August 1996 - 3 StR 180/96, BGHR StGB § 255 Drohung 9 jew. mwN).
39
c) Wieso durch die Versendung von Postkarten eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet sein könnte (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB), ist nicht ersichtlich.
40
d) Tateinheit zwischen dem gescheiterten Überfall und der versuchten Erpressung durch die Postkarten läge nicht vor, auch wenn, wie die Strafkammer erwägt, die Motive von Re. auf den Karten auf den dort versuchten Überfall hinweisen und so die neue Drohung unterstreichen sollten. Auch wenn im Rahmen einer (versuchten) Erpressung mehrere Einzelakte auf den Willen des Opfers einwirken sollen und somit nur die ursprüngliche Drohung durchgehalten wird, liegt Tateinheit im Blick auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt nur bei engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang dieser Einzelakte vor (BGH, Urteil vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369). Dies ist im Verhältnis zwischen einem versuchten Überfall in Re. und Wochen später von Ko. mit der Post nach Bukarest und Re. geschickten Drohungen nicht der Fall. Hinzu kommt, dass die erste Tat die Erpressung nur vorbereiten sollte, ohne dass der Erpresser am unmittelbaren Taterfolg wirtschaftliches Interesse hatte. Wären aber nicht einmal zwei unmittelbare Erpressungsversuche unter den gegebenen Umständen tateinheitlich verbunden, kann für einen Erpressungsversuch und den vorangegangenen Versuch, die Aussichten dieses Erpressungsversuchs durch die einschüchternde Wirkung einer anderen Straftat zu vergrößern, erst recht nichts anderes gelten.
41
9. Die Hauptverhandlung, die sich, naheliegend wegen der schwierigen Beweislage, über 21 Verhandlungstage hinzog, fand mit reduzierter Gerichtsbesetzung statt. Die nach der Zurückverweisung einer Sache mögliche Änderung der Besetzungsentscheidung erscheint hier erwägenswert. Nack Wahl Graf Jäger Sander

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä
Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11 zitiert 14 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

Strafgesetzbuch - StGB | § 255 Räuberische Erpressung


Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 241 Bedrohung


(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutend

Strafprozeßordnung - StPO | § 202a Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten


Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu mache

Strafprozeßordnung - StPO | § 160b Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten


Die Staatsanwaltschaft kann den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - 1 StR 120/11

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 120/11 vom 20. September 2011 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. September 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2006 - 1 StR 357/05

bei uns veröffentlicht am 24.01.2006

- 3 - BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 357/05 vom 24. Januar 2006 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StGB § 261 Abs. 5, § 259 Zum Verhältnis zwischen (leichtfert

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Nov. 2004 - 5 StR 220/04

bei uns veröffentlicht am 24.11.2004

5 StR 220/04 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 24. November 2004 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen Steuerhinterziehung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. November 2004, an der teil

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2000 - 4 StR 635/99

bei uns veröffentlicht am 01.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 635/99 vom 1. Februar 2000 in der Strafsache gegen wegen fahrlässigen Vollrausches Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Feb

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2008 - 3 StR 261/08

bei uns veröffentlicht am 24.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 261/08 vom 24. Juli 2008 in der Strafsache gegen wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesge
12 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - 1 StR 287/11.

Bundesverfassungsgericht Urteil, 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10

bei uns veröffentlicht am 09.09.2021

Die Verständigung ist der sog. „Deal“ im Strafprozess. Schon umstritten ist, wie sie strafrechtsdogmatisch überhaupt einzuordnen ist. Die Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrensbe

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2013 - 1 StR 457/12

bei uns veröffentlicht am 05.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 457/12 vom 5. Juni 2013 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. Juni 2013, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgericht

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2014 - 1 StR 523/13

bei uns veröffentlicht am 29.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 5 2 3 / 1 3 vom 29. Januar 2014 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2014 beschlossen :

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - 1 StR 562/13

bei uns veröffentlicht am 28.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 562/13 vom 28. Januar 2014 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2014 beschlossen : Auf die Revision des Angeklagt

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 261/08
vom
24. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre
zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Juli 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
der Richter am Bundesgerichtshof
Hubert
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 23. November 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf freigesprochen, in sechs Fällen als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bestimmt und durch dieselbe Handlung gewerbsmäßig unerlaubt Handel mit Betäubungsmitteln getrieben zu haben. Nach der Anklage soll er im Zeitraum von Anfang Oktober 2006 bis Ende Januar 2007 in R. und an anderen Orten in mindestens sechs Fällen dem gesondert verfolgten Jugendlichen, am 7. März 1989 geborenen U. , jeweils 25 bis 50 Gramm Marihuana zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs übergeben haben, wobei dieser den Verkaufserlös an den Angeklagten abzuführen hatte.
2
Gegen den Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision , mit der sie das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
3
1. Das Urteil wird bereits den formellen Voraussetzungen nicht gerecht, die gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an die Begründung eines freisprechenden Urteils zu stellen sind.
4
Diese muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind oder der Freispruch auf rechtlich einwandfreien Erwägungen beruht. Deshalb muss bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen der Tatrichter regelmäßig in einer geschlossenen Darstellung zunächst die Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen - Feststellungen nicht getroffen werden können (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2, 4, 5; BGH NJW 1980, 2423; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 267 Rdn. 33).
5
Die Urteilsgründe lassen eine geordnete Darstellung des festgestellten Sachverhalts und eine daran anknüpfende Beweiswürdigung vermissen. Das Landgericht schildert nach der Wiedergabe des Tatvorwurfs sowie der Einlassung des Angeklagten die Aussagen mehrerer Zeugen ihrem wesentlichen Inhalt nach, nennt weitere belastende Indizien und nimmt für jedes Beweismittel eine gesonderte Bewertung vor.
6
2. Ein weiterer Rechtsfehler ist darin zu sehen, dass das Landgericht die erforderliche Gesamtwürdigung aller für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden Indizien (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11 und Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH NStZ 2002, 48; Engelhardt in KK 5. Aufl. § 267 Rdn. 41; Meyer-Goßner aaO § 267 Rdn. 33) unterlassen hat.
7
Aus der Einlassung des Angeklagten, den Zeugenaussagen und den weiteren Beweismitteln ergeben sich zahlreiche belastende Umstände - Schilderung der dem Angeklagten vorgeworfenen Taten gegenüber den Zeugen Ko. und K. durch den Zeugen U. ; Konsum von Marihuana durch den Angeklagten in der Wohnung des U. ; Kauf von Marihuana durch U. mit Geld des Angeklagten; Fahrt des Angeklagten nach Amsterdam im Januar 2007 zum Erwerb von Marihuana im Wert von 2.000 €; beim Angeklagten sichergestellte Feinwaage, die zum Abwiegen von Betäubungsmitteln geeignet ist; von Ende März bis Mitte April 2007 aufgezeichnete Telefonate zwischen dem Angeklagten und dem U. über den Erwerb/Verkauf von Betäubungsmitteln -, die das Landgericht hinsichtlich ihrer Aussagekraft lediglich jeweils isoliert bewertet hat. Bei einer Gesamtschau könnten diese im Hinblick auf ihre Häufung und gegenseitige Durchdringung die richterliche Überzeugung von der Wahrheit des Tatvorwurfes vermitteln.
Becker Miebach von Lienen Sost-Scheible Hubert

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft kann den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 120/11
vom
20. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 26. November 2010 werden mit der Maßgabe verworfen, dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen Totschlags zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und bei Anordnung eines Vorwegvollzugs von zehn Jahren Strafe in einer Entziehungsanstalt untergebracht.
2
Die mit der ausgeführten Sachrüge begründeten Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten führen zum Wegfall der Unterbringung, bleiben aber im Übrigen erfolglos.
3
1. Dem Schuldspruch liegen folgende Feststellungen zu Grunde:
4
Der Angeklagte lebte mit der Freundin des inhaftierten L. zusammen und hatte deshalb mit dessen Freund K. Streit. Am späten Abend des 28. März 2009 stritten sie zunächst vor dem Wohnhaus des Angeklagten und entfernten sich dann zu Fuß. Ihnen folgten die Zeugen C. , Cu. - sie hatten zuvor mit dem Angeklagten gezecht - und F. , die den Angeklagten auf dessen Wunsch erforderlichenfalls bei einer tätlichen Auseinandersetzung unterstützen wollten. Obwohl höchstens 50 m entfernt, sahen sie den Angeklagten und K. nicht mehr, als diese in eine dunkle Hofeinfahrt gingen. Dort kam es auch zu Tätlichkeiten. Der Angeklagte bedrohte K. mit einem eigens wegen der bevorstehenden Auseinandersetzung mitgenommenen kleineren Messer. Auch K. hatte ein Messer und spottete über die geringe Größe des Messers des Angeklagten. Darauf versetzte ihm dieser spontan einen wuchtigen Stich „Richtung Herz“- an anderer Stelle des Urteils heißt es „zielgerichtet gegen den Oberkörper“; auch von einem Stich „in die Brust“ und „den Brustbereich“ ist die Rede - und traf ihn mitten ins Herz. K. brach zusammen, der Angeklagte sagte den hinzugekommenen C. , Cu. und F. , er habe K. in die Brust gestochen, sie sollten sich um ihn kümmern und ging fort. Er reinigte und versteckte das Tatmesser. Er wurde zu anderweitiger Strafvollstreckung noch in der Nacht in seiner Wohnung in einem Schrank versteckt festgenommen. Als Verantwortlicher für den nach einigen Tagen eingetretenen Tod K. s wurde er erst später ermittelt.
5
2. Hinsichtlich des Schuldspruchs wendet sich die Revision des Angeklagten im Wesentlichen gegen den (bedingten) Tötungsvorsatz.
6
a) Entgegen ihrer Auffassung ergeben sich insoweit keine Bedenken im Blick auf das nicht immer mit denselben Worten bezeichnete Ziel des Stiches.
Die Strafkammer hat näher begründet rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der An- geklagte wuchtig und gezielt jedenfalls in den „Brustbereich“ gestochen hat. Ein solcher Stich ist, wie auch die Strafkammer näher ausführt, eine äußerst gefährliche Gewalthandlung, die regelmäßig für Tötungsvorsatz spricht. Eine Stelle im vorderen Bereich des Oberkörpers, die den Tötungsvorsatz deshalb in Frage stellte, weil ein wuchtiger Stich gerade hierhin zielte, ist kaum vorstellbar (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2006 - 1 StR 307/06), bei einem Stich in den Brustbereich ist dies jedenfalls nicht der Fall.
7
b) Auch sonst ist die nicht zuletzt auch auf den äußeren Geschehensablauf gestützte Annahme eines Tötungsvorsatzes rechtsfehlerfrei (vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Dezember 2001 - 1 StR 408/01, NStZ 2002, 541 f.; hierzu Schneider in MüKomm-StGB, § 212 Rn. 9 jew. mwN). Die Annahme, dass die Aufforderungen des Angeklagten gegenüber C. , Cu. und F. , ihn zu begleiten bzw. (später), sich um den Verletzten zu kümmern, zwar gegen eine von langer Hand geplante Tat, aber nicht gegen einen spontanen Tatent- schluss sprächen, ist nicht zu beanstanden. Auch die festgestellte „affektive Erregung“ des Angeklagten bei der Tat spricht nichtgegen einen Tötungsvorsatz , da eine gewisse affektive Erregung bei einem tödlichen Angriff normal ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2006 - 2 StR 284/06). Außerdem ist rechtsfehlerfrei - auch die Revision macht insoweit nichts anderes geltend - die uneingeschränkte Schuldfähigkeit des Angeklagten festgestellt. Dies spricht regelmäßig für eine realistische Wahrnehmung des Bedeutungsgehalts der Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2009 - 1 StR 520/09 Rn. 18 mwN), zumal hier die Bewertung eines wuchtigen Stichs in den Brustbereich keine komplizierten Überlegungen erfordert. Auch die planmäßige Spurenbeseitigung alsbald nach der Tat spricht gegen eine ungewöhnliche psychische Ausnahmesituation bei der Tat, die unter irgendeinem Gesichtspunkt eine breitere Erörterung des Vorsatzes gebieten könnte.
8
3. Ebenso wenig wie der Schuldspruch enthält der Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
9
4. Die Staatsanwaltschaft erstrebt eine Verurteilung wegen heimtückisch begangenen Mordes. Ein Rechtsfehler liegt jedoch nicht vor.
10
a) Heimtücke ist verneint, weil der Angeklagte im Rahmen der vorangegangenen Auseinandersetzung K. das Messer gezeigt und ihn vonvorne ins Herz gestochen habe. Dies folgt den Angaben des Angeklagten, die insoweit von den maximal 50 m entfernten Begleitern bestätigt werden, als sie angeben , die tätliche Auseinandersetzung nicht gesehen, aber entsprechende Geräusche gehört zu haben. Auch hatte der Angeklagte bei seiner Festnahme kleinere Verletzungen, die auf die Auseinandersetzung zurückgehen können.
11
b) Die Staatsanwaltschaft hält insbesondere die tätliche Auseinandersetzung nicht für bewiesen.
12
(1) Mangels näherer Ausführungen dazu, was die Zeugen gehört haben, sei nicht überprüfbar, was mit „Geräuschen“ gemeint sei. Ein gängiger Begriff verdeutlicht aber auch ohne weitere Umschreibung, was gemeint ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Strafkammer unbekannt sei, welche Geräusche bei einer tätlichen Auseinandersetzung entstehen.
13
(2) Im Übrigen seien nur Schlussfolgerungen rechtsfehlerfrei, die „zwin- gend“ aus den Feststellungen folgten. Dem entsprechend ist eine Reihe- teil- weise untereinander unvereinbarer, teilweise nur abstrakter - Möglichkeiten aufgezählt, die im Ergebnis deshalb erörterungsbedürftig seien, weil sie denkgesetzlich nicht ausschließbar sind, z.B.
- die Geräusche könnten an (irgend)einem anderen Ort entstanden sein;
- selbst wenn sie aus dem Hof stammten, könnten sie (irgend)eine andere Ursache gehabt haben;
- es spräche gegen eine Auseinandersetzung, wenn K. keine hierauf hindeutenden Verletzungen gehabt hätte;
- die Verletzungen des Angeklagten könnten auch durch ihn selbst oder durch die Polizei bei seiner Verhaftung im Schrank verursacht worden sein.
14
Bei alledem ist verkannt, dass richterliche Überzeugung keine absolute, das Gegenteil zwingend ausschließende, letztlich mathematische Gewissheit erfordert (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteile vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08 und 7. November 2006 - 1 StR 307/06 mwN). Allein die Denkbarkeit eines Geschehensablaufs, für den die Urteilsgründe keine Anhaltspunkte bieten , führt daher nicht dazu, dass er zu Gunsten (BGH aaO) oder gar zu Lasten des Angeklagten zu unterstellen oder auch nur erörterungsbedürftig wäre (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 1 StR 153/11 mwN). Aufklärungsrügen zum Beleg der genannten Vermutungen sind nicht erhoben.
15
c) Im Übrigen ist kaum erkennbar, was hier - Streit; der tödliche Stich mit dem zuvor gezeigten Messer erfolgte von vorne; auch K. hatte ein Messer - noch tragfähig (innerpsychische) Arg- und darauf beruhend Wehrlosigkeit des Verstorbenen belegen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2003 - 1 StR 507/02, NStZ-RR 2003, 186, 188; BGH, Urteil vom 13. November 1985 - 3 StR 273/85, BGHSt 33, 363, 365).
16
d) Auch sonst sind weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler ersichtlich.
17
5. Die Staatsanwaltschaft hält die Unterbringungsanordnung mangels Erfolgsaussichten für rechtsfehlerhaft, der Angeklagte wendet sich gegen die Dauer des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe.
18
Im Ergebnis wird von beiden Revisionen übereinstimmend die Unterbringungsanordnung insgesamt angefochten, da sie sich beide gegen den Schuldspruch richten. Führten die behaupteten Mängel des Schuldspruchs zu Aufhebung und Zurückverweisung, entfiele auch eine Unterbringung. Sie könnte nicht allein auf der Grundlage einer Prognose des Senats Bestand haben, auch nach erneuter Verhandlung über den Schuldspruch werde diese Maßregel wieder geboten sein (BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 - 1 StR 268/95 zu § 63 StGB).
19
Hier haben sich allerdings weder zu Gunsten noch zu Lasten des Angeklagten Rechtsfehler im Schuld- oder Strafausspruch ergeben.
20
a) Daraus folgt hinsichtlich der Revision der Staatsanwaltschaft: Eine Unterbringung gemäß § 64 StGB beschwert den Angeklagten (BGH, Urteil vom 21. März 1979 - 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 331; v. Gemmeren in MüKommStGB , § 64 Rn. 101; vgl. auch § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Senat hatte daher - unbeschadet § 301 StPO - zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft den Wegfall der Unterbringung nur als notwendige Folge der von ihr wegen (behaupteter ) Fehlerhaftigkeit des Schuldspruchs zum Nachteil des Angeklagten angestrebten Urteilsaufhebung ansieht oder ob sie den Wegfall unabhängig vom Bestand des Schuldspruchs auf jeden Fall anstrebt. Insoweit läge eine gemäß § 296 Abs. 2 StPO zulässige Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten vor. Eine Revision der Staatsanwaltschaft kann hinsichtlich des Schuldspruchs einerseits und einer Maßregel andererseits von unterschiedlicher Zielrichtung sein, auch wenn hier die den Angeklagten begünstigende Anfechtung der Unterbringung nur bei Erfolglosigkeit der zu seinem Nachteil zum Schuldspruch eingelegten Revision eigenständige Bedeutung hat. Die Staatsanwaltschaft hat sich zu alledem entgegen Nr. 147 Abs. 1 Satz 3 RiStBV nicht geäußert (vgl. auch Hanack in LR-StPO, 25. Aufl., § 296 Rn. 10). Die Aufgabe des Senats, das Ziel des Rechtsmittels durch Auslegung der Rechtsmittelerklärungen zu ermitteln, ist davon jedoch unberührt (vgl. Hanack aaO; MeyerGoßner , StPO, 54. Aufl., § 296 Rn. 14 jew. mwN). Diese ergibt hier angesichts der eingehenden Darlegung, warum die Unterbringung aus vom Schuldspruch unabhängigen Gründen fehlerhaft sei, dass die Staatsanwaltschaft die Unterbringung auch unabhängig vom Ergebnis ihrer Revision hinsichtlich des Schuldspruchs auf jeden Fall anfechten will.
21
b) Aus den dargelegten Gründen kann auch eine gegen den Schuldspruch gerichtete Revision des Angeklagten eine zugleich angeordnete Unterbringung nicht vom Rechtsmittelangriff ausnehmen. Daher kann offen bleiben, ob hier die Revision, die im Ergebnis geltend macht, dieUnterbringung müsse früher beginnen, hinsichtlich der Maßregel auf die Dauer des Vorwegvollzugs beschränkt sein soll; dies wäre wegen der gleichzeitigen Anfechtung des Schuldspruchs unwirksam.
22
6. Die Unterbringungsanordnung kann nicht bestehen bleiben.
23
a) Schon die Feststellungen zu einem Hang sind nicht klar. Der Angeklagte konsumiert seit Jahren Heroin und Haschisch. Wie seine näher geschil- derten zahlreichen Vorstrafen belegen, geriet er immer mehr „in den Teufelskreis von Drogen und Beschaffungskriminalität“, während etlicheTherapiever- suche erfolglos blieben. Die Strafkammer geht jedoch nicht davon aus, dass die Tat auf einem Hang zu Drogenmissbrauch beruht, sondern auf einem Hang zu übermäßigem Alkoholkonsum. Hierzu ergeben die Feststellungen zu Vorleben und Vorstrafen jedoch nichts. Mitgeteilt ist lediglich, dass der Sachverständige den Angeklagten für „trinkgewohnt“ hält, ohne dass die tatsächlichen Grundlagen dieser Bewertung erkennbar wären. Freilich treten Alkoholmissbrauch und Drogenmissbrauch nicht selten gleichzeitig auf (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 3 StR 194/07; Schöch in LK-StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 80; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 64 Rn. 7a mwN). Es ist jedoch fraglich, ob allein die unausgeführte Annahme, ein Drogenkonsument sei trinkgewohnt, einen Hang zu Alkoholmissbrauch tragfähig belegt.
24
b) Selbst wenn man aber von einem solchen Hang ausginge, fehlte es an den weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB. Erforderlich wäre, dass die rechtswidrige Tat entweder im Rausch begangen ist oder auf den Hang zurückgeht , wobei die erste dieser Alternativen ein Unterfall der zweiten Alternative ist (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 StR 693/96 mwN).
25
(1) „Im Rausch“ bedeutet, dass die Tat während des für das jeweilige Rauschmittel typischen, die geistig-psychischen Fähigkeiten beeinträchtigenden Intoxikationszustands begangen sein muss (Schöch in SSW-StGB, § 64 Rn. 26). Wie viel Alkohol der Angeklagte getrunken hatte, bevor K. kam, war nicht feststellbar, Spuren einer „deutlichen Intoxikation“ gibt es nicht. We- der ein Zeuge, noch der Angeklagte selbst hat von „erheblicher Alkoholisierung“ berichtet, bei seiner Festnahme wirkte er „in keiner Weise alkoholisiert oder drogenbeeinflusst“, eine nachfolgende Untersuchung ergab keine Hinweise auf Restalkohol. Auch die Feststellungen zur Tat einschließlich Vor- und Nachtat- geschehen zeigen, so die Strafkammer, „schlüssige und sinnvolle Handlungsabläufe“. Nach alledem spricht nichts dafür, dass die Tat i.S.d. §64 StGB im Rausch begangen wurde, der Zweifelssatz gilt insoweit nicht (v. Gemmeren aaO Rn. 36 mwN).
26
(2) Auch Anhaltspunkte dafür, dass die Tat, obwohl nicht im Rausch begangen , doch auf einen (etwaigen) Hang zum Alkohol- oder auch Drogenmissbrauch zurückginge, bestehen nicht. Dies setzte voraus, dass sie Symptomwert für den Hang hat, indem sich in ihr die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters äußert. Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel selbst oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 StR 693/96 mwN). Darum geht es hier nicht. Andere Delikte kommen als Hangtaten dann in Betracht, wenn hierfür besondere Anhaltspunkte bestehen (BGH aaO). Bei Konflikttaten und (oder) Taten, denen eine Provokation des Täters durch das Opfer vorausging, liegt die Annahme eines Zusammenhangs mit einem Hang zum Missbrauch berauschender Mittel wenig nahe (v. Gemmeren aaO Rn. 37; vgl. auch Schöch in SSW-StGB, § 64 Rn. 27). Anhaltspunkte , dass hier bei einer spontanen Gewalttat aus Ärger über Vorhalte eines Außenstehenden wegen der Beziehung zu einer Frau, nahe liegend in Verbindung mit dem Gefühl (wegen des nur kleinen Messers) verspottet und nicht ernst genommen zu werden, ausnahmsweise ein solcher Zusammenhang möglich sein könnte, sind nicht ersichtlich. Der wenig klare Hinweis der Strafkammer , trotz nicht erkennbarer besonderer Alkoholisierung beruhe die Tat wegen der Enthemmung des Angeklagten auf seinem Hang zu Alkoholmissbrauch , ändert daran nichts.
27
c) Selbst wenn noch Feststellungen hinsichtlich eines generellen Hanges (auch) zu Alkoholmissbrauch möglich sein sollten, hält es der Senat für sicher ausgeschlossen, dass noch Feststellungen zu einem Rausch bei der Tat oder einem symptomatischen Zusammenhang zwischen der Tat und einem Hang zu Alkohol- oder auch Rauschgiftmissbrauch möglich sind. Daher erkennt er entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf Wegfall der Unterbringungsanordnung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - 1 StR 167/08 mwN). Auf die für sich genommen zutreffenden Hinweise der Revisionen und des Generalbundesanwalts auf rechtliche Bedenken gegen die Annahme der Strafkammer, die gegenwärtigen Zweifel am Erfolg einer Unterbringung könnten nach Ablauf des (mit § 67 Abs. 2 StGB nicht zu vereinbarenden) Vorwegvollzuges von zehn Jahren Freiheitsstrafe ausgeräumt sein, kommt es daher nicht mehr an.
28
7. Der Senat hat geprüft, ob der Wegfall der Unterbringung den Bestand des für sich genommen rechtsfehlerfreien Strafausspruchs (vgl. oben 3, 4d) gefährdet. Dies wäre der Fall, wenn ein Einfluss der Maßregel auf die Strafhöhe möglich erschiene. Grundsätzlich besteht entsprechend der „Zweispurigkeit“ von Strafe und Maßregel zwischen beiden Rechtsfolgen keine Wechselwirkung, sie sollen unabhängig voneinander bemessen bzw. verhängt werden (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 365 mwN). Freilich sind die für Strafe und Unterbringungsanordnung wesentlichen Gesichtspunkte nicht stets streng voneinander zu trennen, z.B. kann ein Rausch auf die Bestimmung des Maßes der Schuld Einfluss haben und, sofern er hangbedingt ist, zugleich Grundlage einer Unterbringung sein. Derartige Zusammenhänge können nicht nur je nach den Umständen des Einzelfalles für die (vorliegend wegen umfassender Anfechtung des Urteils auch im Schuldspruch nicht einschlägige ) Frage der weiteren Beschränkbarkeit eines nicht gegen den Schuldspruch gerichteten Rechtsmittels im Zusammenhang mit der Unterbringungsanordnung bedeutsam sein (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Juni 2011 - 2 StR 140/11; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362; BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 2 StR 352/93, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 6), sondern auch im Blick auf eine die Unterbringung betreffende Entscheidung auf den Bestand des Strafausspruches Einfluss haben (vgl. BGH aaO; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - 1 StR 25/03, NStZ 2004, 111). Voraussetzung hierfür ist aber stets, dass die Urteilsgründe - auf diese kommt es an - konkrete Anhaltspunkte für eine mögliche Wechselwirkung zwischen der Entscheidung über die Höhe der Strafe und der Maßregel enthalten.
29
Dies ist hier in keiner Richtung der Fall.
30
8. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen waren der Staatskasse aufzuerlegen, auch soweit sie im Ergebnis zu Gunsten des Angeklagten erfolgreich war (vgl. zu den Kosten Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 473 Rn. 16 mwN); hinsichtlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten ergibt sich dies aus § 473 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Kosten seiner Revision und die ihm dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat der Senat insgesamt dem Angeklagten auferlegt, § 473 Abs. 4 StPO. Nichts spricht dafür, dass er keine Revision eingelegt hätte, wenn seine Unterbringung gemäß § 64 StGB nicht angeordnet worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2003 - 1 StR 451/03 mwN).
Nack Wahl Rothfuß
Hebenstreit Sander

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 635/99
vom
1. Februar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässigen Vollrausches
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Februar 2000
gemäß §§ 44 f., 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur weiteren Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 20. August 1999 zu gewähren, wird als unzulässig verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässigen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm "wegen Versäumung der Revisionsrechtfertigung gemäß § 345 I StPO Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren", ist unzulässig. Der Angeklagte hat keine Frist versäumt. Er hat die Revision vielmehr innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO mit
mehreren ausgeführten Verfahrensrügen und der ebenfalls ausgeführten Sachrüge begründet. Dem Angeklagten kann auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung der mit Schriftsatz des Verteidigers vom 21. Dezember 1999 ausgeführten weiteren Verfahrensrügen gewährt werden:
Der Angeklagte beruft sich darauf, er habe zu den weiteren Verfahrensrügen nicht rechtzeitig vortragen können, weil ihm entgegen seiner zugleich mit der Revisionseinlegungsschrift verbundenen Bitte, ihm "eine Ausfertigung der Verhandlungsprotokolle zur erneuten Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen", durch Versehen des Gerichts erst mit Schreiben vom 17. November 1999, zugegangen am 23. November 1999, entsprochen worden sei. Allerdings kann nach der Rechtsprechung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen ausnahmsweise dann erfolgen, wenn dem Verteidiger trotz angemessener Bemühungen vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist keine Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensrügen nachgeschoben werden sollen, die ohne Aktenkenntnis nicht begründet werden können (BGH NStZ 1997, 45, 46). Dies führt hier aber schon deshalb nicht zum Erfolg, weil der Angeklagte nach § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO binnen Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses, hier mithin spätestens bis zum 30. November 1999, die versäumte Revisionsbegründung hätte nachholen müssen. Anders als in dem Fall BGH aaO sieht der Senat auch keinen Anlaß, dem Angeklagten insoweit Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren; denn abgesehen davon, daß der Angeklagte bzw. sein Verteidiger sich nicht auf einen Rechtsirrtum hinsichtlich der Frist zur Nachholung der versäumten Handlung berufen, fehlt es für die Wiedereinsetzung zur Anbringung der weiteren Verfahrensrügen auch an der Darlegung, daß der Verteidiger sich in angemessener Weise um rechtzeitige Akteneinsicht bemüht hat. Es
genügt nicht, daß der Verteidiger lediglich mit dem Revisionseinlegungsschreiben vom 23. August 1999 um Übersendung der Verhandlungsprotokolle ersuchte. Spätestens nachdem ihm das Urteil am 15. Oktober 1999 zugestellt und damit die Revisionsbegründungsfrist in Gang gesetzt wurde, ohne daß ihm die Verhandlungsprotokolle "erneut" zur Einsicht übersandt waren, wäre es mit Blick auf das drohende Fristversäumnis seine Aufgabe und ihm auch zuzumuten gewesen, an die Erledigung seines Akteneinsichtsersuchens zu erinnern (BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 492; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 44 Rdn. 7 b).
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat weder aufgrund der in der Begründungsschrift vom 12. November 1999 ausgeführten Verfahrensbeschwerden noch aufgrund der Sachrüge einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 10. Dezember 1999 mit der Ergänzung vom 28. Dezember 1999 (§ 349 Abs. 2 StPO).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Ernemann
- 3 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 357/05
vom
24. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Zum Verhältnis zwischen (leichtfertiger) Geldwäsche und Hehlerei.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - 1 StR 357/05 - LG München II
1.
2.
wegen Hehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
24. Januar 2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
die Angeklagten in Person,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten A. G. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten O. G. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München II vom 3. Februar 2005 - mit Ausnahme des Freispruchs vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten von den Vorwürfen der gewerbsmäßigen Hehlerei, der Urkundenfälschung, der Anstiftung zur Urkundenfälschung , des Betruges sowie des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und gegen das Außenwirtschaftsgesetz freigesprochen und angeordnet, dass sie für verschiedene Strafverfolgungsmaßnahmen von der Staatskasse zu entschädigen sind. Gegen den Freispruch - mit Ausnahme des Freispruchs vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz - wendet sich die Staatsanwaltschaft mit den auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen sowie mit sofortigen Beschwerden gegen die Entschei- dung über die Entschädigung. Die Revisionen haben mit der Sachrüge im Ergebnis Erfolg; die sofortigen Beschwerden gegen die Entscheidung über die Entschädigung sind mit der weitgehenden Aufhebung des Urteils gegenstandslos (vgl. Senat NJW 2002, 1211, 1216).

I.

2
1. Folgendes ist - soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung - festgestellt:
3
Die Angeklagten sind alleinige und gleichberechtigte Gesellschafter der Gesellschaft G. GbR A. Sp. Su. in W. . Sie betreiben unter dieser Firma auf dem sog. Surplus-Markt, einem weltweiten Markt für gebrauchte Flugzeugteile, einen Handel mit Flugzeugersatzteilen, in erheblichem Umfang mit Teilen für D. -Flugzeuge.
4
a) Vorwurf der Hehlerei:
5
Die Angeklagten erwarben von 1996 bis November 2000 von sieben Mitarbeitern der Firma D. GmbH (seit 2000: F. D. GmbH) Flugzeugteile, wobei die Mitarbeiter B. und M. den Angeklagten gegenüber gemeinschaftlich und die übrigen Mitarbeiter Fi. , Bl. , V. , Ma. und Mo. einzeln auftraten. Die Mitarbeiter hatten die Flugzeugteile bei der Firma D. entwendet und sind hierfür inzwischen rechtskräftig wegen Diebstahls bestraft worden. Es handelte sich überwiegend um zur Verschrottung ausgesonderte Teile, welche die Mitarbeiter werksinternen Anweisungen der Unternehmensleitung zuwider mitgenommen hatten, teilweise auch um Teile aus dem regulären Materialkreislauf sowie dem Reparatur- und Wartungsbereich. Die Mitarbeiter verkauften und übergaben die Flugzeugteile in insgesamt 55 Einzellieferungen an die Angeklagten, wobei der Neuwert der veräußerten Teile 6.995.267,11 DM betrug. Die Angeklagten zahlten hierfür insgesamt 972.301,61 DM. Sie gingen davon aus, dass es sich bei den gelieferten Teilen um bei der Firma D. ausgesonderte Teile handelte. Bei Fi. , Bl. , V. , Ma. , B. und M. nahmen die Angeklagten jeweils an, dass es den Mitarbeitern gestattet sei, die Teile auf eigene Rechnung zu veräußern. Bei Mo. gingen die Angeklagten jeweils von der konkreten Zustimmung des Vorgesetzten aus, da sie tatsächlich bereits zuvor in zwei Fällen Flugzeugteile von Mo. mit erkennbarer Zustimmung des Vorgesetzten auf dem Werksgelände erworben und übernommen hatten.
6
Im Jahre 1996 war die Firma D. , die bis dahin zum Da. - Konzern gehört hatte, durch den amerikanischen Flugzeughersteller F. übernommen worden. Zuvor waren von der Firma D. regelmäßig umfangreiche Bestände ausgesonderter Flugzeugteile an Mitarbeiter verkauft worden, die die Teile im Einvernehmen mit dem Unternehmen weiterveräußert hatten. Zugleich hatte die Firma D. selbst überschüssige Teile in größerem Umfang auf dem Surplus-Markt verkauft; teilweise hatte sie Interessenten auch an bestimmte Mitarbeiter verwiesen. Nach der Übernahme der Firma D. durch F. änderte sich diesbezüglich die Unternehmenspolitik. Überschüssige gebrauchte Flugzeugteile sollten nunmehr prinzipiell der Verschrottung zugeführt und nicht an Mitarbeiter oder auf dem Surplus-Markt verkauft werden. Die tatsächliche Verschrottung der Flugzeugteile nach deren Aussonderung wurde allerdings nur nachlässig überwacht. Die Angeklagten hatten bereits bis 1996 geschäftliche Beziehungen sowohl mit D. -Mitarbeitern als auch mit der Firma D. selbst unterhalten, wobei allerdings Verhandlungen mit der Firma D. über den Kauf ausgesonderter Flugzeugteile im Jahre 1996 ergebnislos blieben. Von der Änderung der Unternehmenspolitik bezüglich ausgesonderter Flugzeugteile erhielten die Angeklagten keine Kenntnis.
7
b) Vorwurf der Urkundenfälschung bzw. der Anstiftung hierzu und des Betruges:
8
Der D. -Mitarbeiter Fi. erstellte zwischen 1999 und November 2000 in 23 Fällen falsche Zertifikate, welche die Eignung und ordnungsgemäße Überprüfung der von ihm gelieferten Flugzeugteile belegen sollten, und übergab sie den Angeklagten. Flugzeugteile müssen vor ihrer Verwendung einer standardisierten Überprüfung unterzogen werden. Die Angeklagten hatten Fi. gebeten, entsprechende Zertifikate nachzuliefern. Die Angeklagten lieferten zwischen Oktober 1999 und August 2000 in drei Fällen ihren Abnehmern zusammen mit Flugzeugteilen von Fi. gefälschte Zertifikate. Sie wussten von den Fälschungen nichts und hielten die von Fi. gelieferten Zertifikate für echt.
9
c) Vorwurf des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz:
10
Am 29. November 2000 wurde anlässlich einer Durchsuchung der Wohnund Geschäftsräume der Angeklagten auf einem Schreibtisch eine im gemeinsamen Besitz der Angeklagten befindliche Patrone gefunden, die gemäß Nr. 32 der Kriegswaffenliste zur Verwendung in vollautomatischen Maschinenkanonen bestimmt und uneingeschränkt funktionsfähig war. Die Angeklagten hatten die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Kriegswaffe erforderliche Genehmigung nicht. Zu welchem Zeitpunkt die Angeklagten in den Besitz der Patrone gekommen waren, hat das Gericht nicht feststellen können.
11
2. Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen :
12
a) Hinsichtlich des Tatkomplexes der Hehlerei habe die Kammer nach umfassender Abwägung nicht feststellen können, dass die Angeklagten wuss- ten oder es zumindest für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, dass die Mitarbeiter der Firma D. Flugzeugteile ohne deren Einverständnis mitnahmen und veräußerten. Insbesondere hätten die Angeklagten aufgrund der Kenntnis von früheren Verkäufen ausgesonderter Flugzeugteile in großen Mengen von der Firma D. an Mitarbeiter und auf dem Surplus-Markt den Schluss ziehen dürfen, dass D. auch später ausgesonderte Flugzeugteile habe „loswerden“ wollen.
13
b) Auch in dem Tatkomplex der Urkundenfälschung hat sich die Kammer nicht vom Vorsatz der Angeklagten überzeugen können. Fi. habe den Angeklagten gegenüber nichts von den Fälschungen der vom äußeren Anschein her echt wirkenden Zertifikate geäußert.
14
c) Hinsichtlich des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz hat die Kammer nicht feststellen können, dass die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 KWKG verletzt worden sei. Somit sei eine Strafbarkeit nach § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b KWKG, der allein in Betracht komme, nicht gegeben.

II.

15
Die Verfahrensrügen sind offensichtlich unbegründet. Die Sachrüge, welcher der Generalbundesanwalt beitritt, soweit die Angeklagten in den Fällen des Erwerbs von Fi. , Bl. , V. und Ma. vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen worden sind, beanstandet in erster Linie die Beweiswürdigung.
16
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat aufgrund der Sachrüge nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist nur dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar und lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfah- rungssätze verstößt; ferner dann, wenn das Gericht an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen stellt (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 147 f.).
17
1. Die vom Landgericht hinsichtlich der Tatkomplexe der Hehlerei und der Urkundenfälschung vorgenommene Beweiswürdigung hält - für sich genommen - rechtlicher Überprüfung noch stand. Die umfangreichen Ausführungen des Urteils zur Beweiswürdigung sind insbesondere in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Schlussfolgerungen, welche das Gericht zieht, sind möglich , zwingend brauchen sie nicht zu sein. Näherer Erörterung bedarf nur folgendes :
18
a) Die Einlassungen der Angeklagten werden zureichend dargestellt. Dass sie nicht in einem gesonderten Abschnitt der Urteilsgründe im Zusammenhang wiedergegeben sind, sondern bei der Beurteilung einzelner Beweisfragen „stückweise“ mitgeteilt werden, ist kein Darstellungsmangel, solange dem Revisionsgericht die Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung auf Rechtsfehler möglich ist (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 8).
19
Soweit zu einzelnen Indizien explizite Ausführungen zu den Einlassungen fehlen, ergeben diese sich hinreichend aus dem Sachzusammenhang.
20
b) Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, dass eine Reihe von Indizien für einen Hehlereivorsatz der Angeklagten sprechen. Gleichwohl ist die Auffassung des Landgerichts nicht rechtsfehlerhaft, die Angeklagten hätten insbesondere aufgrund des Umstandes, dass die Firma D. in der Vergangenheit ausgesonderte Flugzeugteile in großen Mengen an Mitarbeiter zur Weiterveräußerung und auf dem Surplus-Markt verkaufte, auch nach dem Jahre 1996 annehmen dürfen, D. wolle solche Teile „loswerden“, Mitarbeitern sei es demnach erlaubt gewesen, ausgesonderte Flugzeugteile ohne Bezahlung zur Weiterveräußerung mitzunehmen. Für die Möglichkeit dieser Schlussfolgerung spielt es keine Rolle, ob die Flugzeugteile als „Surplus-Teile“ oder „Schrott“ bezeichnet wurden; es handelte sich - den Urteilsfeststellungen zufolge - nach der Vorstellung der Angeklagten vor und nach 1996 jeweils um ausgesonderte Teile , die dem regulären Materialkreislauf bei D. entzogen waren, also um gleichartige Gegenstände. Der Unterschied zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Abgabe der Flugzeugteile an die Mitarbeiter steht der Schlussfolgerung ebenfalls nicht entgegen. Denn nach den Urteilsfeststellungen war auch der Verkauf an Mitarbeiter vor 1996 erkennbar ein solcher weit unter dem Neupreis. Dass die Angeklagten davon ausgingen, die Firma D. habe in der Vergangenheit durch den Verkauf an Mitarbeiter relevante Einkünfte erzielt, hat das Gericht nicht unterstellen müssen. Zudem waren die Gepflogenheiten vor und nach 1996 nicht derart unterschiedlich, dass die Angeklagten daraus hätten schließen müssen, die Mitarbeiter hätten die Flugzeugteile ohne Einverständnis von D. mitgenommen. Vor 1996 verkauften die Mitarbeiter von D. die Teile zwar vornehmlich als Selbständige, später als Privatpersonen. Dies war jedoch nicht durchgehend der Fall. So machte ein Mitarbeiter einem Luftsportclub im Oktober 1988 ein Angebot, bei dem er als Privatperson auftrat, was den Angeklagten bekannt war. Die Mitarbeiter B. und M. erstellten zudem auch nach Dezember 1996 Rechnungen für die Lieferung von Flugzeugteilen unter einer Firmenbezeichnung. Dass, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, vor 1996 das Geschäftsgebaren der Mitarbeiter gegenüber D. offen zutage trat und danach nicht mehr, macht auch nicht den relevanten Unterschied aus, aufgrund dessen die Angeklagten auf das fehlende Einverständnis von D. schließen mussten. Denn die Verkäufe des Mitarbeiters Mo. an die Angeklagten erfolgten auch nach 1996 in zwei Fällen mit für die Angeklagten erkennbarer Zustimmung des Vorgesetzten. Schließlich ist es möglich, von den Verkaufsverhandlungen mit D. im Jahre 1996 darauf zu schließen, dass bei D. grundsätzlich Einverständnis bestand, nicht mehr benötigte gebrauchte Flugzeugteile wieder dem Wirtschaftskreislauf zuzuführen. Ob die Angeklagten das Scheitern der Verkaufsverhandlungen mit der Änderung der Geschäftspolitik von D. in Verbindung brachten oder auf andere Ursachen - etwa das im Urteil festgestellte Ausscheiden des Verhandlungspartners bei D. - zurückführten, ist spekulativ. Aus dem Scheitern der Verkaufsverhandlungen mussten die Angeklagten nicht zwingend darauf schließen, dass D. es anschließend ablehnte, Flugzeugteile an Mitarbeiter zu veräußern bzw. abzugeben.
21
2. Zu Recht macht die Beschwerdeführerin allerdings geltend, die Beweiswürdigung zum Vorwurf des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sei lückenhaft und an die Überzeugungsbildung würden überspannte Anforderungen gestellt.
22
Das Urteil enthält hier keinerlei Feststellungen dazu, ob und - falls ja - wie sich die Angeklagten zum Anklagevorwurf des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz überhaupt eingelassen haben. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Urteil jedoch von den Einlassungen der Angeklagten auszugehen und diese unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eingehend zu bewerten (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4).
23
Aufgrund insoweit fehlender Feststellungen kann der Senat nicht beurteilen , ob es bei dem zugunsten der Angeklagten angenommenen Sachverhalt, die Patrone sei kurz vor dem Auffinden am 29. November 2000 von einem der Angeklagten entdeckt und im Büro auf den Schreibtisch gestellt worden, um eine lediglich abstrakt-theoretische Möglichkeit handelt oder ob tatsächliche Anhaltspunkte hierfür bestanden haben. Die Anmietung des Munitionslagers kurz vor dem 29. November 2000 allein kann noch kein genügender Anhalts- punkt sein. Weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst ist es geboten, zugunsten der Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte erbracht sind.
24
Das Urteil beruht auf dem Fehler, da es nicht ausgeschlossen ist, dass die Angeklagten bei fehlerfreier Beweiswürdigung wegen eines Verstoßes gegen § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b KWKG verurteilt worden wären. Insoweit hat das Urteil daher keinen Bestand.

III.

25
Auch der Freispruch von den Vorwürfen der Hehlerei sowie der Urkundenfälschung , der Anstiftung hierzu und des Betruges kann keinen Bestand haben, weil es das Landgericht unterlassen hat, das zugrunde liegende Verhalten der Angeklagten unter dem Gesichtspunkt der Geldwäsche gemäß § 261 StGB zu prüfen. Eine derartige Prüfung hätte vor allem bei den Lieferungen von Flugzeugteilen seitens Fi. , Bl. , V. , Ma. , B. und M. sowie bei der Überlassung von gefälschten Zertifikaten seitens Fi. nahe gelegen. Da sich das Urteil insbesondere nicht damit auseinandersetzt, ob die Angeklagten leichtfertig verkannten, dass die Flugzeugteile und Zertifikate aus Straftaten stammten, ist ein Erörterungsmangel gegeben, der auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des Urteils auch insoweit führt.
26
1. Nach den getroffenen Feststellungen verwirklichten die Angeklagten den objektiven Tatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Tatalternative des Sich-Verschaffens. Sie erwarben von D. -Mitarbeitern Flugzeugteile, die aus Diebstählen gemäß § 242 StGB herrührten, und übernahmen Zertifikate , die aus Urkundenfälschungen gemäß § 267 Abs. 1 StGB stammten. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität am 9. Mai 1998, das den Vortatenkatalog in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB um Delikte erweiterte, die als für die Organisierte Kriminalität typisch eingestuft wurden, stellen Straftaten nach § 242 StGB und § 267 StGB auch dann taugliche Katalogtaten im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a StGB dar, wenn sie gewerbsmäßig begangen wurden. Ein wesentlicher Teil der festgestellten Lieferungen von Flugzeugteilen (jedenfalls 35 von 55) und sämtliche Überlassungen von gefälschten Zertifikaten fanden den Urteilsfeststellungen zufolge nach dem 9. Mai 1998 statt.
27
Nach den Urteilsfeststellungen liegt es auch nahe, dass die D. - Mitarbeiter Fi. , Bl. , V. , Ma. , B. und M. gewerbsmäßig stahlen, indem sie sich aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und nicht unerheblicher Dauer verschaffen wollten. Der Umfang und der Wert der von diesen Mitarbeitern entwendeten Flugzeugteile sind beträchtlich. Mit Urteil des Landgerichts München II vom 14. Juli 2004 sind die genannten D. -Mitarbeiter dementsprechend auch wegen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB rechtskräftig verurteilt worden. Auch bei den von Fi. im Zeitraum von 1999 bis November 2000 in 23 Fällen gefälschten Zertifikaten liegt - auch vor dem Hintergrund der Diebstähle - eine gewerbsmäßige Tatbegehung im Sinne von § 267 Abs. 1, 3 Nr. 1 StGB nahe.
28
2. Zwar entspricht der Geldwäschevorsatz hinsichtlich des deliktischen Verhaltens der D. -Mitarbeiter im Wesentlichen demjenigen, den das Landgericht im Rahmen einer etwaigen Strafbarkeit der Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und wegen Urkundenfälschung geprüft und verneint hat. Doch genügt für die subjektive Seite der Geldwäsche in Bezug auf die deliktische Herkunft des inkriminierten Gegenstandes nach § 261 Abs. 5 StGB auch leichtfertiges Verhalten. Leichtfertigkeit, die sich auch auf die Verkennung der gewerbsmäßigen Begehung der Vortaten beziehen muss, liegt vor, wenn sich die deliktische Herkunft im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB nach Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt (vgl. BGHSt 43, 158, 168). Die Erörterung leichtfertigen Verhaltens fehlt aber in dem angegriffenen Urteil.
29
Die Ausführungen im Urteil zur groben Fahrlässigkeit im Rahmen der nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StrEG getroffenen Entscheidung über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen können die Feststellungen zur Leichtfertigkeit hinsichtlich der deliktischen Herkunft der Flugzeugteile nicht ersetzen. Obwohl der Begriff der Leichtfertigkeit weitgehend dem der groben Fahrlässigkeit entspricht, scheidet eine Übertragbarkeit der Ausführungen zur Entscheidung über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen aus: Zunächst ist der Bezugspunkt der Prüfung der Schuldform bei der gebotenen Erörterung des § 261 Abs. 5 StGB einerseits und der im Urteil erfolgten Erörterung des § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG andererseits ein anderer. Bei § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG geht es um die vorwerfbare Verursachung einer Strafverfolgungsmaßnahme und damit allenfalls mittelbar um die subjektive Seite der angeklagten Tat. Bei der Beurteilung, ob der Entschädigungsanspruch ausgeschlossen ist, ist demnach nicht auf das Ergebnis der Hauptverhandlung, sondern darauf abzustellen, wie sich der Sachverhalt in dem Zeitpunkt darstellte, in dem die Maßnahme angeordnet oder aufrechterhalten wurde (BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrlässigkeit , grobe 6). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass in objektiver Hinsicht die Leichtfertigkeit zwar der groben Fahrlässigkeit des Zivilrechts entspricht (vgl. Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 15 Rdn. 55), die auch für den Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG maßgeblich ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 5 StrEG Rdn. 9). Gleichgesetzt werden können Leichtfertigkeit und grobe Fahrlässigkeit allerdings nicht (vgl. Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/ Schröder, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 205). Denn während sich die (grobe) Fahr- lässigkeit des Zivilrechts grundsätzlich nach objektiven, abstrakten Maßstäben bestimmt (BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrlässigkeit, grobe 2), sind bei der Leichtfertigkeit vor allem auch die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters zu berücksichtigen (Neuheuser in MünchKomm, StGB § 261 Rdn. 82).
30
3. Der Tatbestand der Hehlerei nach § 259 StGB entfaltet in Fällen der hier fraglichen Art keine Sperrwirkung für den der Geldwäsche nach § 261 StGB. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Tatalternativen des Sich- oder Einem-Dritten-Verschaffens in § 259 Abs. 1 StGB einerseits und § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB andererseits identisch sind, sodass im Falle des Vorliegens einer Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB häufig beide Tatbestände erfüllt sein werden.
31
a) Zu den Konkurrenzen zwischen der Geldwäsche und der Hehlerei bzw. allgemein den Anschlussdelikten der §§ 257 bis 259 StGB hat der Bundesgerichtshof bisher noch nicht eingehend Stellung genommen. Im Fall der Strafbarkeit nach § 261 Abs. 1 StGB in der Tatalternative der Gefährdung des Auffindens hat er festgestellt, dass, soweit neben Geldwäsche auch Hehlerei im Sinne von § 259 Abs. 1 StGB in Betracht komme, der revidierende Angeklagte durch eine Nichtanwendung dieser Vorschrift (jedenfalls) nicht beschwert sei (vgl. BGH NStZ 1999, 83, 84). Für das Verhältnis von Begünstigungen gemäß § 257 StGB und Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 StGB in der Tatalternative des Verbergens hat er Tateinheit bejaht (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 359). Die gewerbsmäßige Steuerhehlerei gemäß § 374 AO verdränge hingegen die Geldwäsche , da der Täter mit der Geldwäschehandlung zugleich eine Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB verwirkliche; für eine zusätzliche Bestrafung wegen Geldwäsche bestünde dann kein kriminalpolitisches Bedürfnis, wenn die Handlung bereits unter dem Gesichtspunkt der Katalogtat strafbewehrt sei (vgl. BGH wistra 2000, 464, 465). In diesem Sinne hat der Bundesge- richtshof § 261 StGB auch als „Auffangtatbestand“ bezeichnet (vgl. BGHSt 48, 240, 247; BGH NStZ-RR 1998, 25, 26).
32
Diese Feststellungen beziehen sich allerdings nur auf die Ebene der Konkurrenzen, werden also nur für den Fall einer Strafbarkeit nach beiden Strafvorschriften relevant. Eine weitergehende Sperrwirkung dergestalt, dass eine Verurteilung wegen Geldwäsche im Anwendungsbereich der Hehlerei sogar dann ausgeschlossen sein kann, wenn eine solche wegen Hehlerei im Einzelfall nicht erfolgt, wird nur ganz vereinzelt gefordert (so Schittenhelm in FS für Lenckner S. 519, 528 f., die in derartigen Fällen eine Strafbarkeit nach § 261 StGB für ausgeschlossen hält, wenn der Bezug zur Organisierten Kriminalität fehle).
33
b) Jedenfalls eine Sperrwirkung dergestalt, dass eine Verurteilung wegen Geldwäsche bereits dann ausscheidet, wenn der objektive Tatbestand der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB erfüllt ist, der Vorsatz diesbezüglich jedoch nicht nachweisbar ist, geht zu weit. Dass Strafgesetzen im Einzelfall eine Sperrwirkung zukommen kann, ist zwar anerkannt (vgl. Stree in Schönke/ Schröder, StGB 26. Aufl. vor § 52 Rdn. 138 f.). Ansatzpunkte dafür, dass die Anwendbarkeit der Geldwäschestrafvorschrift schon bei der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Hehlerei ausgeschlossen sein soll, sind jedoch nicht ersichtlich.
34
Mit der Einführung der Geldwäschestrafvorschrift durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität vom 15. Juli 1992 wollte der Gesetzgeber Lücken schließen, welche die Anschlussdelikte der §§ 257 bis 259 StGB bei besonders gefährlichen Kriminalitätsformen, namentlich der Organisierten Kriminalität, auf objektiver und subjektiver Ebene offen lassen. Dadurch sollten der staatliche Zugriff auf illegale Vermögenswerte gesichert und deren Einschleusen in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf verhindert werden (vgl. BTDrucks. 12/989 S. 26; Neuheuser in MünchKomm, StGB § 261 Rdn. 2 f.; Otto Jura 1993, 329 f.). Welche Taten den besonders gefährlichen Kriminalitätsformen zuzurechnen sind, wird dabei abschließend über den Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB definiert, ohne dass es nach dem Gesetzeswortlaut auf den Bezug zur Organisierten Kriminalität im Einzelfall ankommt. Feststellungen diesbezüglich sind demnach entbehrlich. Das Erfordernis solcher Feststellungen darf - entgegen Schittenhelm (aaO) - auch nicht über den Umweg einer Sperrwirkung „durch die Hintertür“ eingeführt werden, da der Gesetzgeber den Begriff der Organisierten Kriminalität aufgrund der Konturlosigkeit dieses Phänomens bewusst nicht zu einem Tatbestandsmerkmal erhoben hat. Eine - wie auch immer geartete - Sperrwirkung der Hehlerei für die Geldwäsche steht im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, Lücken auch auf subjektiver Ebene im Bereich der Anschlussdelikte bei besonders gefährlich eingestuften Vortaten zu schließen. Im Fall einer solchen Vortat muss eine Verurteilung wegen (leichtfertiger ) Geldwäsche vielmehr auch dann möglich sein, wenn eine solche wegen Hehlerei - etwa mangels Nachweisbarkeit des Vorsatzes - ausscheidet.
35
c) Darüber hinaus legen auch europa- und völkerrechtliche Vorgaben die Verneinung einer so verstandenen Sperrwirkung nahe. Das Bedürfnis nach Bestrafung der Geldwäsche ist - auch international - im Grundsatz allgemein anerkannt und durch die staatsvertragliche Verpflichtung der Bundesrepublik zur Einführung eines diesbezüglichen Straftatbestandes vom deutschen Gesetzgeber vorausgesetzt worden. Mit der Einführung des § 261 Abs. 5 StGB hat der Gesetzgeber darauf Bedacht genommen, dass die neu geschaffene Strafvorschrift auch zur Erreichung der erstrebten Ziele geeignet und praktikabel ist. Im Gesetzgebungsverfahren ist die Bestrafung der Geldwäsche im Fall leichtferti- gen Verkennens der deliktischen Herkunft inkriminierter Vermögenswerte überwiegend für unabdingbar gehalten worden (vgl. BGHSt 43, 158, 167 m.w.N.).
36
Gegen eine Sperrwirkung der Hehlerei für die Geldwäsche spricht die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (3. Geldwäscherichtlinie). Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten, bestimmte Verhaltensweisen als Geldwäsche effektiv zu bestrafen (vgl. Art. 1). Die Definition der erfassten Geldwäschehandlungen ist dabei weit gefasst. Hierzu zählt auch der bloße Erwerb von aus bestimmten Straftaten stammenden Vermögensgegenständen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. c, Art. 3 Nr. 4, 5). Unter Vermögensgegenstand versteht die Richtlinie - ohne Einschränkung - jeden Gegenstand mit Vermögenswert einschließlich Urkunden hierüber (Art. 3 Nr. 3). Wenn nun die 3. Geldwäscherichtlinie ausdrücklich auch die Strafbarkeit des bloßen Erwerbs von in bestimmter Weise inkriminierten Vermögensgegenständen gleich welcher Art als Geldwäsche verlangt, widerspricht ihr eine Gesetzesauslegung, die dazu führen würde, dass ein Verhalten, das den objektiven und subjektiven Tatbestand der nationalen Geldwäschestrafnorm erfüllt, aufgrund des exklusiven Anwendungsbereichs einer anderen Strafnorm (Hehlerei) straflos gestellt würde. Ähnlich weite Definitionen von Geldwäschehandlungen, für die innerstaatlich effektive Sanktionen vorzusehen sind, enthalten bereits das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (Wiener Übereinkommen; vgl. Art. 1 Buchst. p, q, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c - allerdings beschränkt auf Betäubungsmitteldelikte als Vortaten ) und das Übereinkommen des Europarats vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (Europaratübereinkommen; vgl. Art. 1 Buchst. a, b, Art. 6 Abs. 1 Buchst. c).
37
Alle vorbenannten europa- und völkerrechtlichen Vorgaben betonen zudem die Gefahr für den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf aufgrund des Einschleusens inkriminierter Vermögenswerte und die daraus resultierende Notwendigkeit dessen effektiver Bekämpfung. Vor diesem Hintergrund liegt eine teleologische Reduktion des § 261 StGB fern; dem Hehlereitatbestand, der zu den insoweit vom Gesetzgeber als unzureichend eingeschätzten Anschlussdelikten der §§ 257 bis 259 StGB gehört, kann insbesondere nicht eine Wirkung zuerkannt werden, die dazu führen würde, dass ein vom Wortlaut des § 261 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 oder 2 StGB erfasstes Verhalten dennoch nicht bestraft würde.
38
Auch die Bestrafung leichtfertiger Geldwäsche wird von der 3. Geldwäscherichtlinie sowie vom Wiener Übereinkommen und vom Europaratübereinkommen den jeweiligen Mitglieds- bzw. Vertragsstaaten nahe gelegt. Die Normtexte enthalten - inhaltlich übereinstimmend - die Formulierungen, dass beim subjektiven Geldwäschetatbestand „Kenntnis“ bzw. „Vorsatz … anhand objektiver Tatumstände festgestellt werden“ (Art. 1 Abs. 5 der 3. Geldwäscherichtlinie) bzw. hierauf „aus den objektiven tatsächlichen Umständen geschlossen werden“ kann (Art. 3 Abs. 3 des Wiener Übereinkommens; Art. 6 Abs. 2 lit. c des Europaratübereinkommens ). Hiermit soll nicht die - aus der freien richterlichen Beweiswürdigung folgende - Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht werden , dass nämlich auch der Kenntnis und Vorsatz bestreitende Täter anhand objektiver Indizien überführt werden kann. Vielmehr weisen die Normtexte darauf hin, dass es dem nationalen Gesetzgeber offen steht, für die Geldwäsche Beweiserleichterungen im subjektiven Bereich zu schaffen (vgl. Vogel ZStW 109 (1997), 335, 342). Die Richtlinie und die beiden Übereinkommen erkennen damit ein praktisches Bedürfnis nach einer Absenkung der Anforderungen an den subjektiven Geldwäschetatbestand ausdrücklich an (vgl. Vogel aaO 347).
Damit kann eine Gesetzesauslegung, welche den Anwendungsbereich der leichtfertigen Geldwäsche über den Gesetzeswortlaut hinaus einschränkt, nicht bestmöglich den diesen europa- und völkerrechtlichen Vorgaben zugrunde liegenden Grundgedanken entsprechen.
39
d) Einer Sperrwirkung der Hehlerei für die Geldwäsche widersprechen schließlich die unterschiedlichen Schutzrichtungen des § 259 StGB einerseits und des § 261 StGB andererseits. Das von § 259 StGB geschützte Rechtsgut ist das Vermögen; Hehlerei ist Aufrechterhaltung des durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenszustandes durch einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter (vgl. BGHSt 27, 45 f.; 42, 196, 198; Tröndle/ Fischer, StGB 53. Aufl. § 259 Rdn. 1). Unabhängig von dem im Schrifttum unterschiedlich umschriebenen Rechtsgut des § 261 StGB (zum Meinungsstand vgl. näher Tröndle/Fischer aaO § 261 Rdn. 3) hat der Straftatbestand der Geldwäsche jedenfalls einen eigenständigen Unrechtsgehalt und stellt nicht nur eine besondere Form der Beteiligung an der Vortat dar (vgl. BGH NJW 1997, 3322, 3323). Er zielt auf die Gewährleistung des staatlichen Zugriffs auf Vermögensgegenstände aus besonders gefährlichen Straftaten und mithin auf die Abwendung besonderer Gefahren für die Volkswirtschaft und damit den Staat.
40
4. Für das Verhältnis der Anstiftung zur Urkundenfälschung und der Geldwäsche gilt: Nach § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB liegt ein persönlicher Strafausschließungsgrund dann vor, wenn der Geldwäschetäter an der Vortat beteiligt ist, also täterschaftlich gehandelt oder an ihr teilgenommen hat. Dies setzt jedoch tatsächlich eine Strafbarkeit wegen Beteiligung an der Vortat voraus. Nach den Urteilsfeststellungen scheitert die Strafbarkeit wegen Anstiftung zum Herstellen der gefälschten Urkunden aber gerade am fehlenden Vorsatz, sodass eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche zu prüfen gewesen wäre.
41
5. Das von den Vorwürfen der gewerbsmäßigen Hehlerei sowie der Urkundenfälschung , der Anstiftung hierzu und des Betruges freisprechende Urteil ist in diesem gesamten Umfang mit den Feststellungen aufzuheben. Bei einem Teil der den Tatvorwürfen zugrunde liegenden Lieferungen an die Angeklagten fehlt es zwar für den Straftatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 StGB an geldwäschetauglichen Vortaten - so insbesondere bei den vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität erfolgten Lieferungen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass in einer erneuten Hauptverhandlung im Zusammenhang mit der Prüfung des subjektiven Geldwäschetatbestandes Feststellungen getroffen werden, welche doch noch Rückschlüsse auf einen etwaigen Geldwäschevorsatz und damit gegebenenfalls auch Hehlerei-, Urkundenfälschungs- und Betrugsvorsatz zulassen , sodass auch insoweit eine Strafbarkeit der Angeklagten nicht ausgeschlossen erscheint.

IV.

42
Sollte sich das neue wie das erste Tatgericht nicht vom Vorsatz der Angeklagten überzeugen, jedoch eine Strafbarkeit wegen nur leichtfertiger Geldwäsche annehmen, wird es von einer gegenüber vorsätzlicher Begehung deutlich verminderten Schuld der Angeklagten auszugehen haben. Es lag für sie eine - für die hier zu beurteilenden Verhaltensweisen erst seit Mai 1998 bestehende - Strafbarkeit wegen Geldwäsche nicht ohne weiteres nahe, auch wenn ein Verbotsirrtum nicht im Raume stehen dürfte.
43
Sollte das neue Tatgericht hingegen vorsätzliches Handeln feststellen und das Ankaufen der Flugzeugteile durch die Angeklagten als gewerbsmäßige Hehlerei bewerten, wird der Straftatbestand der Geldwäsche dahinter zurückzutreten haben. Für die tateinheitliche Verurteilung wegen Geldwäsche fehlt es in diesem Fall an einem kriminalpolitischen Bedürfnis, da die gewerbsmäßige Hehlerei bereits eine Katalogtat nach § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB darstellt. Nach dem Willen des Gesetzgebers dient die Geldwäschestrafvorschrift dazu, die Bekämpfung besonders gefährlicher Kriminalitätsformen, deren Definition abschließend über den Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB erfolgt, effektiver zu gestalten. Unter diesem Gesichtspunkt macht es in dem Fall, dass eine Verurteilung schon wegen einer Katalogtat erfolgt, wenig Sinn, die Tat als Geldwäschehandlung einem weiteren Straftatbestand zu unterwerfen (vgl. BGH wistra 2000, 464, 465). Im Fall des Zusammentreffens von einfacher Hehlerei und Geldwäsche greift das kriminalpolitische Argument für ein Zurücktreten der Geldwäsche im Wege der Gesetzeskonkurrenz nicht, da die einfache Hehlerei nicht dem Katalog der als besonders gefährlich eingestuften Kriminalitätsformen unterfällt. In diesem Fall wird wegen der unterschiedlichen Schutzrichtungen des § 259 StGB einerseits und des § 261 StGB andererseits (vgl. oben III. 3. d) vielmehr Tateinheit anzunehmen sein. Hierfür sprechen auch die für die Geldwäsche vorgesehene erhöhte Mindeststrafe und der Umstand, dass der Verdacht auf Geldwäsche - anders als der Verdacht auf einfache Hehlerei - als Ermittlungsmaßnahme nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO die Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zulässt.
44
Sollte das neue Tatgericht weiterhin feststellen, dass die Angeklagten hinsichtlich der Unechtheit der von Fi. übernommenen Zertifikate vorsätzlich handelten, und zu einer Strafbarkeit wegen Anstiftung zur Urkundenfälschung (und in den drei Fällen der Weitergabe der Zertifikate zu einer solchen wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug) gelangen, würde eine Verurteilung wegen Geldwäsche nach § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB ausscheiden. Nack Wahl Kolz Elf Graf

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

5 StR 220/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 24. November 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. November
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B
als Verteidiger für den Angeklagten N F ,
Rechtsanwalt Dr. H
als Verteidiger für den Angeklagten D ,
Rechtsanwalt F
als Verteidiger für den Angeklagten E ,
Rechtsanwalt S
als Verteidiger für den Angeklagten R F ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. Dezember 2003
a) in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, daß die Angeklagten der Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie der versuchten Steuerhinterziehung in 455 Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig sind,
b) in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten R F wird verworfen. Dieser Angeklagte trägt die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die insoweit entstanden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gesprochen und gegen die Angeklagten N F , R F und E eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie gegen den Angeklagten D eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die – vom Generalbundesanwalt vertretenen – Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zu einer Änderung der Schuldsp rüche und zur Aufhebung der Strafaussprüche. Die Revision des Angeklagten R F ist unbegründet.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Die Angeklagten wollten ihre schlechte finanzielle Situation durch Erschleichung von unberechtigten Vorsteuererstattungen aufbessern. Der Angeklagte E , der aufgrund einer abgebrochenen Ausbildung zum Finanzbeamten steuerrechtliche Kenntnisse hatte, erklärte den übrigen Angeklagten das System der Umsatzsteuervoranmeldungen. Die Angeklagten verabredeten daraufhin, eine große Anzahl von Voranmeldungen an zahlreiche Finanzämter in Deutschland gleichzeitig abzusenden und die von ihnen erwarteten Vorsteuererstattungen untereinander gleichmäßig aufzuteilen. Zur Vorbereitung besorgten sich die Angeklagten zunächst gefälschte Personaldokumente. Anschließend meldeten sich die Angeklagten D N und F unter falschen Personalien in Berlin beim Landeseinwohneramt an. „Danach meldeten sie unter Verwendung der falschen Personalien ein Gewerbe an und hängten an zwei unterschiedlichen, für sie fremden Adressen jeweils einen Briefkasten auf, um mögliche Postsendungen für die eingerichtete Scheinfirma in Empfang nehmen zu können.“ Ferner eröffneten sie unter falschem Namen Konten und besorgten sich mehrere Mobiltelefone, um für etwaige Rückfragen der Finanzämter erreichbar zu sein.
Anfang Dezember 2001 trafen sich die Angeklagten D sowie N und R F in Berlin und füllten in telefonischer Absprache
mit dem Angeklagten E insgesamt 456 Antragsformulare mit frei erfundenen Umsätzen und Vorsteuern aus, die sie jeweils mit einem falschen Namen unterschrieben. Anschließend übersandten sie die Voranmeldungen zusammen mit einem formlosen Anschreiben und einer Anzeige der Betriebsaufnahme an die entsprechenden Betriebsfinanzämter. Aufgrund der Vielzahl von Anträgen mußten die Angeklagten in der Tatnacht zwei Fahrten zu einem Postbriefkasten in Berlin-Kreuzberg unternehmen, um die Briefe abzusenden. Die Summe der beantragten Vorsteuererstattungsbeträge belief sich auf sieben Millionen DM.
Die Anträge gingen bei den Finanzämtern zwischen dem 12. Dezember und dem 17. Dezember 2001 ein. Zu einer Auszahlung der beantragten Erstattung kam es jedoch nur in einem Fall. Den Betrag von 15.713 DM konnten die Angeklagten allerdings nicht abheben, da die Staatsanwaltschaft bereits vor Eingang des Geldes das Konto gepfändet hatte.
Das Landgericht ist der Auffassung, das Geschehen sei als eine Tat im Sinne natürlicher Handlungseinheit zu werten, da sämtliche Anträge in einer Nacht zur Post gebracht worden seien.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, der festgestellte Sachverhalt sei als eine versuchte Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu werten, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, daß Fälle, in denen für Scheinfirmen ohne Bezug auf reale Vorgänge fingierte Umsätze angemeldet und Vorsteuererstattungen begehrt werden, als Steuerhinterziehung und nicht als Betrug zu beurteilen sind (vgl. BGHSt 40, 109; BGH wistra 2004, 309, 310).
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ha ben sich die Angeklagten jedoch wegen (vollendeter) Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in 455 Fällen jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gemacht.
Bei der Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses von Steuerstraftaten gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgendes: Die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung ist grundsätzlich als selbständige Tat im Sinne von § 53 StGB zu werten. Von Tatmehrheit ist also dann auszugehen, wenn die abgegebenen Steuererklärungen verschiedene Steuerarten, verschiedene Besteuerungszeiträume oder verschiedene Steuerpflichtige betreffen. Ausnahmsweise kann Tateinheit vorliegen, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder wenn mehrere Steuererklärungen durch eine körperliche Handlung gleichzeitig abgegeben werden. Entscheidend dabei ist, daß die Abgabe der Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammenfällt und überdies in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben über die Besteuerungsgrundlagen enthalten sind (vgl. BGHSt 33, 163; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 276/04; jew. m.w.Nachw.).
Übereinstimmende unrichtige Angaben im Sinne dieser Rechtsprechung können beispielsweise im Verhältnis von Körperschaftsteuerhinterziehung und Umsatzsteuerhinterziehung (vgl. BGHSt 33, 163, 166; BGH wistra 1996, 62) oder im Verhältnis von Einkommensteuer-, Gewerbesteuerund Umsatzsteuerhinterziehung (vgl. BGH wistra 1996, 231) vorliegen. In solchen Fällen werden übereinstimmende unrichtige Angaben regelmäßig deshalb abgegeben, weil der Täter sich bei unterschiedlichen Angaben über die steuerlich erheblichen Tatsachen in den verschiedenen Steuererklärungen , die letztlich jeweils denselben Lebenssachverhalt betreffen, einem erhöhten Entdeckungsrisiko aussetzen würde.
Indes reicht es für die Annahme übereinstimmender unrichtiger Angaben nicht aus, wenn der Täter – wie im vorliegenden Fall – gegenüber verschiedenen Finanzämtern für vorgetäuschte Unternehmen gleichartige Vorsteuererstattungsansprüche behauptet. Die von den Angeklagten in den Umsatzsteuervoranmeldungen gegenüber 456 unterschiedlichen Finanzämtern mitgeteilten falschen Angaben betrafen jeweils völlig verschiedene frei erfundene Steuerschuldverhältnisse. Die den einzelnen Voranmeldungen jeweils zugrundeliegenden Angaben sollten gerade nicht in die Prüfung der anderen Steuerschuldverhältnisse einfließen, da anderenfalls das strafbare Verhalten (noch) durchschaubarer gewesen wäre. Dies wird auch dadurch deutlich, daß die Angeklagten Vorsteuererstattungen in unterschiedlicher Höhe – zwischen 15.023,44 DM und 16.153,44 DM – geltend machten.
Der Umstand, daß alle 456 Umsatzsteuervoranmeldungen in derselben Nacht in den gleichen Briefkasten geworfen und zur Versendung gebracht wurden, ändert an der konkurrenzrechtlichen Beurteilung im Sinne von Tatmehrheit nichts. Insbesondere führt dies nicht zur Annahme von natürlicher Handlungseinheit.
Soweit in einem Fall die beantragte Vorsteuererstattung durch das Finanzamt ausgezahlt wurde, liegt eine vollendete Steuerhinterziehung vor. Ist – wie bei der Umsatzsteuer – eine Fälligkeitssteuer anzumelden, so kann bereits eine falsche Steueranmeldung zur vollendeten Steuerverkürzung führen , weil sich eine besondere Steuerfestsetzung erübrigt (§ 167 AO); die Steueranmeldung steht dann einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1, § 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Dies gilt jedoch nicht, wenn – wie hier – die Steueranmeldung zu einer Steuervergütung führen soll. In einem solchen Fall gilt nach § 168 Satz 2 AO die Steueranmeldung erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Finanzbehörde zustimmt; somit ist die Tat mit der Zustimmung der Finanzbehörde vollendet (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2). Von der Zustimmung der Finanzbehörde, die keiner Form bedarf (§ 168 Satz 3
AO), kann spätestens ausgegangen werden, wenn der Erstattungsbetrag ausgezahlt wird. Im Fall der Auszahlung der beantragten Vorsteuererstattung ändert sich die rechtliche Bewertung als vollendete Steuerhinterziehung auch nicht dadurch, daß die Staatsanwaltschaft das Konto der Angeklagten, auf das die Auszahlung erfolgte, bereits gepfändet hatte, so daß den Angeklagten der Zugriff auf den Erstattungsbetrag verwehrt wurde. Der Umstand, daß die Abhebung des Geldes durch das schnelle Eingreifen der Ermittlungsbehörden verhindert und die Rückzahlung des Geldes an den Fiskus sichergestellt werden konnte, ist jedoch bei der Strafzumessung von Bedeutung.
Der Senat ändert die Schuldsprüche selbst. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Die Schuldspruchänderungen führen zur Aufhebung der jeweils verhängten Strafaussprüche. Auf die Einzelbeanstandungen der Staatsanwaltschaft gegen die Strafzumessung des Landgerichts kommt es daher nicht mehr an.

III.


Die umfassende Nachprüfung des Urteils aufgrund der vom Angeklagten R F erhobenen Sachrüge hat keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler aufgedeckt.
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.