Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2019 - 1 StR 640/18

bei uns veröffentlicht am10.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 640/18
vom
10. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2019:100119B1STR640.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO am 10. Januar 2019 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 7. August 2018 mit den Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen bleiben bestehen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts (UA S. 21 f.) kam es zwischen 30. Juli und 1. August 2017 durch den Angeklagten zur Vermittlung eines Kaufgeschäfts über ein Kilogramm Marihuana zum Preis von 8.000 Euro. Ausgehend von den anderweitig Verfolgten F. und A. über denanderweitig Verfolgten G. , seinen Arbeitgeber in einer Shisha-Bar, leitete der Angeklagte die Bestellung an den Mitangeklagten H. weiter, der die Bestellung wiederum an den anderweitig Verfolgten S. übermittelte. Bei der am Abend des 1. August 2017 erfolgten direkten Übergabe von 772,7 g Marihuana vom anderweitig Verfolgten S. an die Abnehmer F. und A. gegen Aushändigung von 8.000 Euro war der Angeklagte im Auftrag des anderweitig Verfolgten G. anwesend und erhielt nach Abwicklung des Geschäfts vom anderweitig Verfolgten S. 1.000 Euro ausgehändigt, wovon 500 Euro als Gewinnanteil auf ihn entfallen sollten, der Rest war für den anderweitig Verfolgten G. bestimmt.
3
2. Das Landgericht geht ohne nähere Begründung von einem täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) aus. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht begründet hat, warum es keine Beihilfehandlung angenommen hat.
4
a) Zwar kann auch die nur einmalige Vermittlung eines Geschäfts ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sein, da dieser Begriff nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen ist und alle Tätigkeiten erfasst, die auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet sind und damit dem Grundsatz nach auch unterstützende Tätigkeiten als tatbestandliche Handlungen einschließt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 265 f.).
5
b) Das Landgericht hat jedoch die hier weiter notwendige Abgrenzung zwischen täterschaftlichen Handlungen und Beihilfehandlungen nicht vorgenommen. Diese hat nach allgemeinen Regeln im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 – 5 StR 606/12, NStZ 2013, 549; Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 221), wobei wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft dabei der Grad des Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu sind (BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209, 210). Vor allem ist auch darauf abzustellen , welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt (BGH, Beschluss vom 8. November 2016 – 1 StR 325/16, juris Rn. 4). Vor dem Hintergrund, dass sich der Tatbeitrag des Angeklagten hier nach den Feststellungen des Landgerichts nur darauf beschränkte, einmalig eine Bestellung an einen Lieferanten weiterzuleiten und im Auftrag seines Arbeitgebers, des anderweitig Verfolgten G. , für einen Gewinnanteil von 500 Euro bei der Übergabe der Betäubungsmittel anwesend zu sein, ohne diese selbst in Empfang zu nehmen, wäre eine solche wertende Gesamtwürdigung erforderlich gewesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. März 2014 – 4 StR 20/14, juris Rn. 5 f.; vom 4. September 2012 – 3 StR 337/12, juris Rn. 5 f. und vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 339/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 75 Rn. 5 f.). Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatgerichtlicher Würdigung.
6
3. Die Feststellungen des Landgerichts zum objektiven Tatgeschehen sind rechtsfehlerfrei getroffen und werden durch den aufgezeigten Wertungsfehler nicht berührt. Sie können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
Ergänzende Feststellungen kann das neue Tatgericht treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Raum Fischer Bär
Leplow Pernice

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2019 - 1 StR 640/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2019 - 1 StR 640/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

5 StR 606/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bautzen vom 21. August 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Davon ausgenommen sind die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, zu den einzelnen Einkaufs - und Einfuhrfahrten sowie zu den jeweiligen Mengen und Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel; diese bleiben bestehen. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die Feststellungen ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht hinreichend belegen.
3
a) Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu bewerten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Tatbeitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein solches enges Verhältnis des Täters besteht , ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531).
4
b) Zu der auf Grundlage der Feststellungen nach diesen Maßstäben erforderlichen Abgrenzung zwischen den Beteiligungsformen Mittäterschaft und Beihilfe verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Die Annahme von (Mit-) Täterschaft am Handeltreiben versteht sich vorliegend auch nicht von selbst. Der Angeklagte hat zwar die Einkaufs- und Einfuhrfahrten – bis auf die erste Fahrt, bei der er von einem Tatbeteiligten eingewiesen worden ist – eigenständig und eigenverantwortlich durchgeführt und somit auch einen wesentlichen Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft erbracht. Am eigentlichen Umsatzgeschäft war er jedoch nicht beteiligt. Nach den Feststellungen bestimmte der anderweitig Verfolgte F. mit seinem Lieferanten in Tschechien telefonisch die Art und Menge der zu erwerbenden Betäubungsmittel, die er nach Übergabe durch den Angeklagten gewinnbringend weiterverkaufte, und entlohnte den Angeklagten für die jeweilige Fahrt. Dass der Angeklagte Einfluss auf die Art und Menge der Betäubungsmittel und auf die Frequenz der Einfuhrfahrten nehmen konnte, ist nicht festgestellt. Gleiches gilt für die Risi- koverteilung bei Sicherstellung oder sonstigem Verlust der Betäubungsmittel oder des dem Angeklagten für deren Bezahlung von F. überlassenen Geldes.
5
2. Dieser Rechtsfehler führt insgesamt – auch hinsichtlich der rechtsfehlerfrei angenommenen, jeweils tateinheitlich begangenen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – zur Aufhebung des Schuldspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass noch weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die ein (mit-) täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten belegen würden. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, zu den einzelnen Einkaufs- und Einfuhrfahrten und zu den jeweiligen Mengen und Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel sind rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
6
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht dem gesamten Strafausspruch die Grundlage. Der Senat weist indes darauf hin, dass er die Bedenken des Generalbundesanwalts gegen die Begründung der vom Landgericht vorgenommenen Strafrahmenwahl und Strafzumessung im engeren Sinne nicht zu teilen vermag.
Basdorf Raum Dölp König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 554/15
vom
5. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:050416B3STR554.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 5. April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 29. Juli 2015 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) soweit die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge (Fall II. 1. der Urteilsgründe), Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 2. der Urteilsgründe) sowie Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 3. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hat es abgesehen. Die Revision des Angeklagten wendet sich mit verfahrens - und materiellrechtlichen Beanstandungen gegen die Verurteilung. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es entsprechend den zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand; denn die Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel als (Mit-)Täter in die Bundesrepublik Deutschland einführte.
3
a) Nach den zu diesem Fall vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestellte die Freundin des Angeklagten einem gemeinsamen Tatplan entsprechend bei einem Händler in den Niederlanden Heroin, Amphetamin und Streckmittel. Das Rauschgift war teilweise zum gewinnbringenden Weiterverkauf , teilweise zum jeweils hälftigen Eigenkonsum durch den Angeklagten und seine Freundin bestimmt. Aufgrund einer Erkrankung seiner Freundin beabsichtigte der Angeklagte, die Betäubungsmittel in den Niederlanden abzuholen. An der Grenze wurde ihm jedoch die Weiterreise aufgrund seiner Alkoholisierung untersagt. Daher unternahm nach telefonischer Abstimmung schließlich doch seine Freundin mit einem auf den Angeklagten zugelassenen PKW die Fahrt in die Niederlande, während dieser die Heimreise antrat. Die Freundin des Angeklagten erwarb sodann in den Niederlanden die Betäubungs- und -streckmittel, konsumierte einen Teil des Heroins und des Amphetamins und verbrachte den Rest nach Deutschland. Hier wurde sie aufgrund ihres auffälligen Fahrstils von der Polizei aufgegriffen und zu einer Wache verbracht. Es gelang ihr aber, das Rauschgift zu verstecken. Nachdem sie dem Angeklagten ihren Aufenthaltsort mitgeteilt hatte, holte dieser sie ab und half ihr, die Betäubungsmittel nach Hause zu bringen.
4
b) Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319 mwN). Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung , die Tatherrschaft und der Wille dazu, die in eine wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 - 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann deshalb wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet er nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Ge- hilfe der Einfuhr (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN).
5
c) Nach diesen Maßstäben ist die Wertung, der Angeklagte sei als Mittäter der Einfuhr anzusehen, rechtsfehlerhaft.
6
Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies allein begründet seine (Mit-)Täterschaft an der Einfuhr der Drogen hier aber mit Blick auf den Umfang der Tatbeteiligung und die fehlende Tatherrschaft des Angeklagten nicht. Die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Angeklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen Teil der Tat führte vielmehr allein die ebenfalls mit einem erheblichen Eigeninteresse handelnde Freundin des Angeklagten aus. Dieser beteiligte sich lediglich an der Planung des Einkaufs, unternahm einen bereits an der Grenze zu den Niederlanden endenden vergeblichen Versuch, das Rauschgift zu erwerben , informierte seine Freundin hierüber und half schließlich beim Weitertransport der sich bereits in Deutschland befindenden Betäubungsmittel. Beim Erwerb des Heroins, Amphetamins und der Streckmittel in den Niederlanden war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt seiner Freundin, die mit dem erworbenen Rauschgift trotz ihres Zustands selbstständig bis auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelangte.
7
Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Es ist nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere, über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände festgestellt werden können, welche die Annahme rechtfertigen, der Angeklagte habe sich an der Einfuhr als (Mit-)Täter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt.
8
d) Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung des - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Gesamtstrafe. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sieht der Senat davon ab, die insoweit bislang getroffenen Feststellungen auch nur teilweise bestehen zu lassen.
9
2. Die Entscheidung, von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abzusehen, hat ebenfalls keinen Bestand.
10
a) Die sachverständig beratene Strafkammer hat einen Hang des seit seiner Jugend Betäubungsmittel konsumierenden Angeklagten im Sinne des § 64 Satz 1 StGB bejaht, jedoch eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Maßnahme nach § 64 Satz 2 StGB verneint. Zur Begründung hat sie ausgeführt , der Angeklagte habe in der Hauptverhandlung mitgeteilt, er könne sich eine Maßnahme nach § 35 BtMG vorstellen, sei jedoch zu einer Maßnahme nach § 64 StGB nicht bereit.
11
Dies trägt das Absehen von der Unterbringungsanordnung nicht. Die Unterbringung nach § 64 StGB geht der Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG vor (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 3 StR 193/13 mwN); ein "Wahlrecht" des Angeklagten besteht insoweit nicht.
Hinzu kommt, dass das Tatgericht zu prüfen hat, ob die konkrete Aussicht besteht , dass die Bereitschaft für eine Erfolg versprechende Behandlung während der Therapie geweckt werden kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 25. April 2013 - 5 StR 104/13, NStZ-RR 2013, 239, 240 mwN). Hierzu äußern sich die Urteilsgründe nicht. Diese stellen lediglich ohne nähere Erläuterung auf den persönlichen Eindruck ab, den die Strafkammer während der Hauptverhandlung von dem Angeklagten gewonnen habe. Dies genügt nicht.
12
Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb - unter erneuter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362).
13
b) Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Schuldspruch in den Fällen II. 2. und 3. der Urteilsgründe unberührt. Es ist auch auszuschließen, dass das Landgericht in diesen Fällen bei Anordnung der Unterbringung mildere Einzelstrafen verhängt hätte.
Becker Schäfer Mayer Gericke Tiemann
5
aa) Ob die Beteiligung an einem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein. Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (BGH, Beschluss vom 4. September 2012 - 3 StR 337/12, NStZ-RR 2013, 46; Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57 mwN).
5
a) Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein. Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (BGH, Beschluss vom 14. August 2012 - 3 StR 274/12; Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 339/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
5. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 1. Juni 2010 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe,
b) im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
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a) Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte von dem gesondert verfolgten O. eine Bestellung über 300 g Kokain entgegen und sagte zu, die nötigen Kontakte zu vermitteln. Hierfür sollte er zumindest 400 € erhalten. Auf Anfrage des Angeklagten erklärte sich der gesondert verfolgte E. bereit, das Rauschgift zu besorgen. Beide verabredeten, das Kokain in der Wohnung eines Dritten gegebenenfalls vor der Übergabe an O. zu strecken, der es weiterverkaufen wollte. Hierzu kam es nicht, weil die Beteiligten jeweils auf ihrem Weg zu der als Übergabeort vorgesehenen Wohnung festgenommen wurden.
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b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben hat.
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Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 20. Dezember 2000 - 2 StR 468/00, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltrei- ben 56). Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 394 und 611 mwN).
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Nach diesem Maßstab rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft, wofür ihm ein vergleichsweise geringer Festbetrag als Entlohnung zugesagt war. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft , die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte er nicht; ebensowenig sollte er eigenständigen Besitz an dem gehandelten Kokain erlangen. Auch enthält das landgerichtliche Urteil keine ausreichenden Feststellungen dazu, dass mit der Begleitung des Haupttäters bei der Übergabe des Rauschgifts Aktivitäten des Angeklagten verbunden waren oder sein sollten, die geeignet gewesen wären, Tatherrschaft zu begründen.
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2. Der Strafausspruch in den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe hat keinen Bestand; denn die Bestimmung des Strafrahmens durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Hierzu gilt:
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Die Strafkammer hat einen "gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 StGB gemilderten" Strafrahmen des § 29a BtMG von 3 Monaten bis 11 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe angenommen. Ein solcher ergibt sich bei einer Milderung des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG nach § 49 Abs. 1 StGB, auf den die Neufassung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG (idF des 43. StrÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl I 2288, in Kraft seit 1. September 2009) verweist. Demgegenüber weist der Umstand, dass das Landgericht die vom Angeklagten erst nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses geleistete Aufklärungshilfe nicht als gemäß § 31 Satz 2 BtMG nF i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verspätet angesehen hat, darauf hin, dass es - in der Sache zutreffend (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524) - für die im Mai und August 2009 begangenen Taten III. 1. und III. 2. der Urteilsgründe die alte Fassung des § 31 Nr. 1 BtMG angewandt hat, die eine solche zeitliche Grenze für die Aufklärungshilfe nicht vorsieht. § 31 Nr. 1 BtMG aF ermöglicht jedoch eine Milderung nach § 49 Abs. 2 StGB und eröffnet damit einen Strafrahmen von Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von einem Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe.
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Da sich die verhängten Einzelstrafen für die Taten III. 1. und III. 2. in Höhe von sechs und zehn Monaten jeweils an der unteren Grenze des Strafrahmens bewegen, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Strafrahmenbestimmung zu Lasten des Angeklagten auf die Strafzumessung ausgewirkt hat.
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3. Der Senat schließt nicht aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen kann, die im Fall III. 3. der Urteilsgründe ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge belegen. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall III. 3. der Urteilsgründe sowie der Wegfall der hierfür und für die Fälle III. 1. und 2. verhängten Einzelstrafen lässt die Gesamtstrafe entfallen. Der Senat hebt auch den Strafausspruch im Fall III. 4. der Urteilsgründe sowie die jeweils zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Urteilsgründe besteht insgesamt Anlass zu dem Hinweis, dass deren Abfassung auch dann eines Mindestmaßes an Sorgfalt bedarf, wenn das Urteil auf einer Absprache beruht (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10 Rn. 8).
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4. Der Senat bemerkt im Übrigen, dass das Landgericht im Fall III. 3. der Urteilsgründe in der Sache schon deshalb zutreffend § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF angewendet hat, weil die Tat erst im Dezember 2009 und damit nach Inkrafttre- ten der Neufassung begangen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524). Auf die Frage, ob dieser Fall mit den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe eine Tat im Sinne des autonomen Tatbegriffs des § 31 BtMG bildet, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Dieser Tatbegriff ist dann von Belang, wenn zu beurteilen ist, ob die Aufklärungshilfe des Angeklagten nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF wesentlich dazu beigetragen hat, dass "die Tat" über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Er ist aber nicht maßgebend für die Entscheidung, welches Strafzumessungsrecht zeitlich gilt.
Becker Pfister von Lienen
Ri'inBGH Sost-Scheible befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.