Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2014 - 4 StR 20/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Fall II.13 der Urteilsgründe, jedoch können die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bestehen bleiben ;
b) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Verurteilung wegen eines täterschaftlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II.13 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 3
- a) Nach den Feststellungen besuchten die Zeugen P. und A. den Angeklagten nach vorheriger telefonischer Absprache in seiner Wohnung, um Marihuana zu kaufen. Zur gleichen Zeit hielt sich dort auch der Zeuge W. auf, der den Angeklagten mit Betäubungsmitteln belieferte. Nachdem der Angeklagte die Zeugen P. und A. dem Zeugen W. vorgestellt hatte, kaufte P. von W. für 3.750 Euro insgesamt 496,66 Gramm Marihuana mit einem THC-Anteil von 64,16 Gramm. Das Rauschgift wurde dabei auf der Digitalwaage des Angeklagten abgewogen und in einer Tüte abgepackt. Für die Kontaktvermittlung, das Überlassen der Räumlichkeiten sowie das Abwiegen und Verpacken des Marihuanas wurde der Angeklagte von dem Zeugen W. mit Marihuana in nicht geklärter Menge zur gewinnbringenden Weiterveräußerung sowie zum Eigenkonsum entlohnt.
- 4
- b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat.
- 5
- aa) Ob die Beteiligung an einem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein. Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (BGH, Beschluss vom 4. September 2012 - 3 StR 337/12, NStZ-RR 2013, 46; Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57 mwN).
- 6
- bb) Daran gemessen hat sich der Angeklagte an dem Verkauf des Marihuanas durch den Zeugen W. nur als Gehilfe beteiligt. Er vermitteltelediglich ein fremdes Umsatzgeschäft, indem er den Kontakt zwischen dem Kaufinteressenten P. und dem Verkäufer W. herstellte. Einen eigenen Einfluss auf die verkaufte Menge und deren Preis hatte er nicht. Bei der Abwicklung des Geschäftes war er durch die Bereitstellung seiner Wohnung und die Hilfe beim Abwiegen lediglich unterstützend tätig. Die Feststellungen zur Entlohnung des Angeklagten, die in der Überlassung von Marihuana bestand, vermögen ein besonderes eigenes Interesse an der Tat nicht zu belegen.
- 7
- 2. Der Senat kann den Schuldspruch nicht selbst auf Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge berichtigen , weil nicht ausgeschlossen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung in Bezug auf das dem Angeklagten als Entlohnung überlassene Marihuana noch ergänzende Feststellungen - insbesondere zu Mengen und Qualität - getroffen werden können, die eine tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Er- werbs von Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ermöglichen. Die bisher getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können aber bestehen bleiben. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.13 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
Bender Quentin
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2014 - 4 StR 20/14
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2014 - 4 StR 20/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2014 - 4 StR 20/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
- 2
- Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 3
- 1. Nach den Feststellungen vermittelte der Angeklagte ein Rauschgiftgeschäft über mehr als 600 g Heroin zwischen dem früheren Mitangeklagten K. auf Käuferseite, den er von einem vorangegangenen Geschäft über zehn Kilogramm Streckmittel kannte, und einem Lieferanten, der das Heroin beschaffen und in den Niederlanden bereit halten sollte. Dafür sollte der Angeklagte von seinem Lieferanten einen nicht näher bestimmbaren Anteil des Kaufpreises erhalten. Nachdem die Geschäftsanbahnung zunächst ins Stocken geraten war, teilte K. dem Angeklagten, der ihm die Verfügbarkeit von Heroin bereits per SMS angezeigt hatte, mit, wie viel Geld er zur Verfügung habe und dass er dafür Heroin guter Qualität kaufen wolle; der Angeklagte bestätigte das Vorhandensein von Heroin guter Qualität. Nachdem K. sich in Begleitung des weiteren früheren Mitangeklagten S. aus Mazedonien zum Angeklagten nach Düsseldorf begeben hatte, fuhren alle drei gemeinsam in die Niederlande, wo K. und/oder S. das Heroin erwarben; der Angeklagte dolmetschte dabei die Gespräche zwischen ihnen und dem türkischsprachigen Lieferanten. Anschließend war er K. bei der Organisation der Rückreise des S. nach Deutschland behilflich, der die Betäubungsmittel allein über die Grenze schaffen und dann nach Prag verbringen sollte. Eine weitere Vergütung sollte der Angeklagte dafür nicht erhalten.
- 4
- 2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln trieb.
- 5
- a) Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein. Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (BGH, Beschluss vom 14. August 2012 - 3 StR 274/12; Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57 mwN).
- 6
- b) Nach diesen Maßstäben rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft. Zur Höhe der Entlohnung, die ihm zugesagt war, hat die Kammer keine Feststellungen treffen können; jedoch spricht das in der Beweiswürdigung zitierte Gespräch mit seinem Lieferanten, nach dem im Wesentlichen andere an dem Geschäft verdienen würden, gegen einen hohen Grad des eigenen finanziellen Tatinteresses. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft , die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte der Angeklagte nicht; ebenso wenig sollte er die gehandelten Betäubungsmittel in Besitz nehmen. Sein Beitrag bei dem Erwerb und der Übergabe des Heroins beschränkte sich auf das Dolmetschen zwischen den Käufern und dem Lieferanten, so dass auch insoweit keine hinreichend gewichtigen Aktivitäten festgestellt sind, die eine Täterschaft des Angeklagten belegen könnten.
- 7
- 3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung der von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Verurteilung wegen der tateinheitlich dazu begangenen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Um dem neuen Tatrichter eine Beurteilung auf widerspruchsfreier Grundlage zu ermöglichen, hat der Senat auch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Gericke Spaniol