Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2019 - 2 StR 415/18

bei uns veröffentlicht am26.06.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 415/18
vom
26. Juni 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betrugs
ECLI:DE:BGH:2019:260619B2STR415.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 26. Juni 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. a) Auf die Revision des Angeklagten M. gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. Februar 2018 wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
b) Auf die Revision des Angeklagten H. wird das vor- genannte Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. 1-111, 113-226, 228732 , 734-887 und 889-1.122 sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
c) Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorge- nannte Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten M. und H. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten H. wegen Betruges in 1.122 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten S. wegen Betruges in 416 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten. Während die Angeklagten M. und H. die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, erhebt der Angeklagte S. lediglich die Sachrüge. Das Rechtsmittel des Angeklagten S. führt zur vollumfänglichen Aufhebung des Urteils, soweit es ihn betrifft, die Rechtsmittel der Angeklagten M. und H. haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
1. Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte M. als faktischer Geschäftsführer einen Online-Shop für Unterhaltungselektronik, der sich in wirtschaftlicher Schieflage befand und im Dezember 2013 in die Insolvenz ging.
4
Im Herbst 2012 gewann M. den sowohl im Geschäftsleben als auch im Bereich Programmiertätigkeiten völlig unerfahrenen, bis dahin im Gartenbau tätigen H. dafür, selbst ebenfalls einen derartigen Online-Shop zu gründen, um so auf schnelle und einfache Weise viel Geld zu verdienen. Der Online-Shop sollte im Wege des so genannten Drop-Shipping-Verfahrens betrieben werden, d.h. die Waren sollten nach Bestellung durch den Kunden seitens des Shop-Betreibers wiederum selbst erst bei einem Großhändler bestellt und von diesem unmittelbar an den Endverbraucher ausgeliefert werden. Dieses Geschäftskonzept zugrunde gelegt, kümmerte sich der Angeklagte M. nach Absprache mit dem Angeklagten H. um die Aquirierung weiterer auf selbständiger Basis tätiger Personen zur Erstellung der Website des Shops, lieferte das erforderliche Know-How und vermittelte die Zeugin L. , die als Webmasterin selbständig auf Rechnungsbasis die von dem Großhändler angebotenen Produkte täglich in die Shop-Datenbank einspielen sowie die Oberfläche des Shops pflegen sollte. Zudem stellte er der am 27. August 2013 eingetragenen e. GmbH von ihm bereits früher verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verfügung, ebenso das für die Gründung der GmbH notwendige Stammkapital von 25.000 Euro, das er sich jedoch alsbald zurückübertragen ließ. Einziger Gesellschafter und Geschäftsführer war der Angeklagte H. . Zum Schein schloss der Angeklagte M. mit der GmbH einen Darlehensvertrag über 80.000 Euro, der niemals valutiert wurde sowie einen Beratervertrag mit einem Honorar-Stundensatz von 199 Euro.
5
Innerhalb kurzer Zeit lief der Shop der e. GmbH erfolgreich an und konnte mehrere Dutzend Bestellungen von Elektronikartikeln täglich verzeichnen. Nach aufgegebener Bestellung erhielten die Kunden eine automatische Bestätigungs-E-Mail, als Zahlungsarten wurden Vorkasse oder PayPal angeboten. Bei Zahlungseingang buchte H. jeweils manuell den Betrag auf das eigens dafür eingerichtete Konto einer L. -Kreditkarte, mittelsderer er wiederum jeweils manuell die von dem Kunden bestellte Ware bei dem Großhändler orderte und bezahlte.
6
Weder verfügte H. über eine Buchhaltung noch führte er Umsatzsteuer ab. Einen Überblick über die Bestellungen und die Finanzen der e. GmbH hatte er nicht. Während er sich ein Geschäftsführergehalt von anfangs 1.300 Euro, später 2.600 Euro auszahlte, erhielt M. seitens der GmbH für seine Tätigkeit insgesamt einen Betrag von mindestens 156.000 Euro.
7
Alsbald ging H. auf Anraten des Angeklagten M. dazu über, nur noch Bestellungen der „PayPal-Kunden“ ordnungsgemäß abzuwickeln, während die „Vorkassekunden“ trotz Zahlungen entweder gar keine Waren oder – was vom Zufall abhängig war – nur mit erheblicher Verspätung erhielten. Verwendet wurden deren Gelder zur Aufrechterhaltung des laufenden Geschäftsbetriebs sowie für Zahlungen an die beiden Angeklagten. So kam es im Zeitraum vom 30. November 2013 bis zum 6. August 2014 zu 706 Bestellvor- gängen „durch Vorkassekunden“, wodurch ein Schaden in Höhe von insgesamt 299.443,45 Euro entstand. Ende 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der e. GmbH eröffnet.
8
2. Im Laufe des Jahres 2014 erhielt der ebenfalls im Geschäftsleben völlig unbedarfte Angeklagte S. , der in das Wohnhaus des mit ihm freundschaftlich verbundenen H. eingezogen war, Kenntnis von dessen Geschäftstätigkeit und lernte auch den Angeklagten M. kennen. Dieser offerierte auch ihm in ähnlicher Weise wie zuvor dem Angeklagten H. die Möglichkeit, einen Online-Shop zu eröffnen. Auf Empfehlung des Angeklagten M. gründete S. die D. GmbH und die El. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Das notwendige Stammkapital von zusammen 50.000 Euro stellte der Angeklagte M. zur Verfügung , ließ es sich aber alsbald zurückzahlen.
9
In der Folge schloss er mit der D. GmbH Darlehensverträge über insgesamt 71.000 Euro, mit der El. GmbH über 110.000 Euro, die zu keinem Zeitpunkt valutiert wurden. Wie schon bei der e. GmbH stellte M. die Shopsoftware zur Verfügung und vermittelte erneut die Zeugin L. sowie weitere Bürokräfte. Der Umgang mit den Kundenbestellungen einschließlich der Umbuchung der voraus gezahlten Gelder auf ein L. - Kreditkartenkonto entsprach ebenfalls demjenigen bei der e. GmbH. Die Bearbeitung der Bestellungen erfolgten in arbeitsteiliger Weise durch die Angeklagten S. und H. . Nach Bestelleingang erhielten die Kunden eine automatische Auftragsbestätigung per E-Mail. Nach Zahlungseingang änderte der für die Vermarktung der Bestellungen beider Shops zuständige H. den Bestellstatus im System auf „bezahlt“. Der Angeklagte S. buchte nunmehr die seitens der Kunden erhaltenen Geldsummen von dem Geschäftskonto der GmbHs auf das L. -Kreditkartenkonto um und bestellte bzw. bezahlte – allerdings nur in einzelnen Fällen – die jeweilige Ware sodann mittels dieses Kreditkartenkontos bei dem Großhändler.
10
Während H. und S. für ihre Tätigkeiten monatlich jeweils 2.500 Euro entnahmen, floss an den Angeklagten M. ein Betrag von mindestens 180.000 Euro. Die entnommenen Gelder sowie der laufende Geschäftsbetrieb wurden wiederum aus den Zahlungen der „Vorkassekunden“ generiert. Umsatzsteuer entrichteten die Angeklagten nicht.
11
So kam es im Zeitraum Februar 2015 bis zum 14. Oktober 2015 zu insgesamt 416 Bestellvorgängen durch „Vorkassekunden“, wodurch ein Schaden in Höhe von 201.562,40 Euro entstand. Ende Januar 2016 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften beantragt.
12
3. Das Landgericht hat den Angeklagten M. des Betrugs in drei Fällen für schuldig befunden, weil es sich für ihn, der mit den einzelnen Bestellvorgängen nicht befasst war, hinsichtlich der jeweiligen Gesellschaften um ein uneigentliches Organisationsdelikt gehandelt habe.
13
Demgegenüber hat es dem Angeklagten H. sämtliche 1.122 Fälle und dem Angeklagten S. die 416 im Rahmen der D. GmbH sowie der El. GmbH begangenen Fälle tatmehrheitlich begangen zugerechnet; dies deshalb, weil beide Angeklagte in jedem Einzelfall einen individuellen, nur je diesen fördernden Tatbeitrag geleistet hätten. Bezüglich der D. GmbH und der El. GmbH sei der Angeklagte H. in jedem Einzelfall für die Verwaltung und Bestellungen zuständig gewesen, während der Angeklagte S. in allen 416 Fällen dieUmbuchung des jeweiligen Überweisungsbetrags und in Einzelfällen die Weitergabe der Bestellung an den Großhändler getätigt habe.

II.

14
1. Die Revisionen der Angeklagten M. und H. haben mit der Rüge der Verletzung des § 261 StPO den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
15
a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
16
Das Landgericht hat betreffend die e. GmbH zwei, betreffend die D. GmbH und die El. GmbH jeweils einen Geschädigten als Zeugen vernommen (Fälle II.112, 227, 733, 888). Im Übrigen hat sie ihren Feststellungen die Aussage der sachverständigen Zeugin G. , Justizangestellte bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, zugrunde gelegt, die die EDV der Online-Shops ausgewertet und für 1.122 Bestellvorgänge eine 25-seitige Tabelle mit acht Spalten betreffend u.a. Name der Geschädigten, Bestelldaten, Kaufpreis , Liefer/Stornodaten etc. erstellt hat. Ausweislich der Urteilsgründe (UA 64) hat die Zeugin G. sämtliche in der 25-seitigen Tabelle aufgelisteten Daten in der Hauptverhandlung „in überzeugender Weise auf Vorhalt bestätigt.“
17
b) Die im Wortlaut wiedergegebene 25-seitige Tabelle ist – wie sich aus dem durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesenen Vortrag der Revisionsführer ergibt – weder in der Hauptverhandlung verlesen noch im Selbstleseverfahren eingeführt worden. Vielmehr wurde die Tabelle der sachverständigen Zeugin G. während derer ca. 45-minütigen Vernehmung vorgehalten. In Anbetracht des Umfangs der Tabelle und der Vielschichtigkeit der darin aufgelisteten Daten schließt der Senat aus, dass das Landgericht seine Überzeugung über ihren Inhalt aus den aufgrund dieser Vorhalte abgegebenen Erklärungen der Zeugin gewonnen hat.
18
c) Der Verstoß gegen § 261 StPO berührt hinsichtlich des Angeklagten M. den Schuldspruch wegen Betruges in drei Fällen nicht, entzieht aber dem Strafausspruch die Grundlage.
19
Das Landgericht hat in zwei Fällen betreffend die e. GmbH (II.112, 227) sowie in jeweils einem Fall betreffend die D. GmbH (Fälle II.733) und die El. GmbH (Fall II.888) durch Vernehmung der Geschädigten rechtsfehlerfrei Feststellungen getroffen, die im Kontext mit den übrigen Beweiserhebungen die Verurteilung des Angeklagten M. bezüglich allerdrei Gesellschaften wegen eines uneigentlichen Organisationsdelikts tragen.
20
Hingegen ist der Strafausspruch aufzuheben, weil sich der dem Angeklagten zuzurechnende Schuldumfang danach bemisst, wie viele Geschädigte es insgesamt gab und welche Schäden diesen entstanden sind. Dazu wird der neue Tatrichter entsprechende Feststellungen zu treffen haben.
21
d) Hinsichtlich des Angeklagten H. hat die Verurteilung wegen Betruges in den Fällen, in denen die Geschädigten in der Hauptverhandlung vernommen worden sind (II.112, 227, 733, 888), Bestand. Hingegen ist seine Verurteilung in den übrigen Fällen, in denen die getroffenen Feststellungen auf einem Verstoß gegen § 261 StPO beruhen, aufzuheben, was auch die Aufhebung der gegen diesen Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe bedingt.
22
2. Die Revision des Angeklagten S. hat mit der Sachrüge umfassend Erfolg.
23
a) Die Beweiswürdigung leidet betreffend den Angeklagten S. an einem durchgreifenden Erörterungsmangel. Das Landgericht hat die Täterschaft des Angeklagten S. in 416 Fällen – seiner geständigen Einlassung folgend – darauf gestützt, dass dieser in allen die D. GmbH und die El. GmbH betreffenden Fällen selbst gehandelt habe, indem er in jedem Einzelfall die jeweilige Zahlungsbearbeitung vorgenommen habe. Dies steht jedoch im Widerspruch zu dessen von der Strafkammer nicht in Frage gestell- ten Einlassung, „wonach sie arbeitsteilig vorgegangen seien, sich die Arbeit aber geteilt hätten. Er selbst habe die Zahlungen der Kunden kontrolliert, während sich der Angeklagte H. um die Bestellungen gekümmert habe. Wenn er, der Angeklagte S. , sich im Urlaub befunden habe, dann habe der Angeklagte H. allerdings auch auf die Konten zugreifen können“ (UA 51).
24
b) Vor dem Hintergrund dieser als glaubhaft bewerteten Einlassung des Angeklagten S. hätte es eingehender Erörterung bedurft, warum die Strafkammer auch solche Bestellvorgänge, die der Angeklagte H. während der Urlaubsabwesenheit des Angeklagten S. alleine abgewickelt hat, diesem als tatmehrheitlich begangen zugerechnet hat, obwohl er insoweit keine individuellen Tatbeiträge geleistet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2019 – 4 StR 465/18). Angesichts der im Raum stehenden Reduzierung der dem Angeklagten tatmehrheitlich zur Last zu legenden Betrugstaten kann der Senat nicht ausschließen, dass der Schuldspruch zu dessen Nachteil auf diesem Erörterungsmangel beruht und hebt deshalb dessen Verurteilung insgesamt auf.
25
3. Dass die Strafkammer es entgegen der Vorschrift des § 73c StGB unterlassen hat, die Einziehung des Wertes von Taterträgen anzuordnen, beschwert die Angeklagten nicht.
Franke Appl Zeng Grube Wenske

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2019 - 2 StR 415/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2019 - 2 StR 415/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2019 - 2 StR 415/18 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2019 - 4 StR 465/18

bei uns veröffentlicht am 16.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 465/18 vom 16. Januar 2019 in der Strafsache gegen wegen Betruges ECLI:DE:BGH:2019:160119B4STR465.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 465/18
vom
16. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2019:160119B4STR465.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 16. Januar 2019 gemäß § 154a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 7. Juni 2018 wird
a) in den Fällen II. 1, 2, 9 sowie 55 bis 58 der Urteilsgründe der Vorwurf des Betruges zum Nachteil der Firma A. von der Strafverfolgung ausgenommen;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 10 sowie 55 bis 61 der Urteilsgründe des Betruges in drei Fällen schuldig ist; bb) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, (1) soweit der Angeklagte in den Fällen II. 11 bis 54 und 62 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, und (2) im gesamten Strafausspruch; cc) im Einziehungsausspruch dahin geändert, dass gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.906,98 € angeordnet wird und dd) hinsichtlich der Adhäsionsentscheidungen dahin geändert , dass der Angeklagte verurteilt wird, an den Adhäsionskläger K. 71,01 € und an die Adhäsionsklägerin Ki. 76,00 € zu zahlen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 62 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von insgesamt 8.876,03 € angeordnet und eine Entscheidung über Adhäsionsanträge von 21 Adhäsionsklägern getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat nach einer Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen richteten der Angeklagte und seine gesondert verfolgte Schwester auf einer Verkaufsplattform im Internet verschiedene Anbieter -Accounts ein, für die sie Daten dritter Personen ohne deren Kenntnis verwendeten, und boten in der Folgezeit über diese Accounts Waren, insbesondere Windeln, in der Absicht zum Verkauf an, die von den Kunden als Vorleistung zu entrichtenden Kaufpreise zu vereinnahmen, ohne anschließend die angebotenen Waren zu liefern. In der Zeit vom 17. März 2013 bis zum 15. Juni 2013 nahmen der Angeklagte und seine Schwester in insgesamt 55 Fällen Gebote von Kunden für angebotene Waren an und veranlassten die Kunden jeweils zur Überweisung der Kaufpreisbeträge zwischen 60 und 620 €. Eine Lieferung der bestellten Waren an die Kunden erfolgte vorgefasster Absicht entsprechend nicht (Taten II. 3 bis 8, 10 bis 54 und 59 bis 62 der Urteilsgründe). Um die Bewertungen der für die Betrugstaten vorgesehenen Anbieter-Accounts im Internet zu verbessern und auf diese Weise das Betrugssystem aufrechtzuerhalten , bestellte der Angeklagte im Zeitraum vom 9. Januar 2013 bis 17. April 2013 in insgesamt sieben Fällen die zuvor im Internet an Kunden veräußerten Waren jeweils unter Verwendung falscher Identitäts- und Kontodaten bei der Firma A. und ließ die Waren unmittelbar an die Kunden ausliefern. Wie vom Angeklagten von vornherein beabsichtigt, erhielt die Firma A. fürdie gelieferten Waren keine Gegenleistung (Taten II. 1, 2, 9 sowie 55 bis 58 der Urteilsgründe).

II.


3
1. Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II. 11 bis 54 und 62 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, da die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen jeweils keinen für eine mittäterschaft- liche Tatbegehung erforderlichen objektiven Tatbeitrag des Angeklagten ergeben. Darüber hinaus begegnen der konkurrenzrechtlichen Bewertung der Taten II. 1 bis 10 und 55 bis 61 der Urteilsgründe durchgreifende rechtliche Bedenken. Schließlich tragen die Feststellungen zu den Taten II. 1, 2, 9 und 55 bis 58 der Urteilsgründe keine Verurteilung wegen Betruges zum Nachteil der Firma A. .
4
a) Für Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB ist über einen – hier vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten – gemeinsamen Tatentschluss hinaus erforderlich, dass der Tatbeteiligte einen die Tatbestandserfüllung fördernden objektiven Tatbeitrag erbringt. Dieser Tatbeitrag, der keine Mitwirkung am eigentlichen Tatgeschehen erfordert, sondern auch durch eine Vorbereitungs - oder Unterstützungshandlung geleistet werden kann, muss sich so in die Tat einfügen, dass er als Teil der Handlung des anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 19. April 2018 – 3 StR 638/17, NStZ-RR 2018, 271, 272; vom 28. November 2017 – 3 StR 266/17, wistra 2018, 301; vom 13. September 2017 – 2 StR 161/17, NStZ-RR 2018, 40).
5
Die Strafkammer hat nicht festzustellen vermocht, ob die Einrichtung der Anbieter-Accounts und das jeweilige Einstellen der betrügerischen Angebote vom Angeklagten oder seiner Schwester vorgenommen wurden. Als im Rahmen eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens auf der Grundlage gemeinsamen Wollens erbrachte objektive Tatbeiträge des Angeklagten hat es die Bestellungen bei der Firma A. angesehen, die vom Angeklagten zu dem Zweck vorgenommen wurden, durch die Belieferung von Kunden in Einzelfällen eine positive Bewertung der Accounts im Internet zu erreichen, um auf diese Weise das dem gemeinsamen Tatplan entsprechende Betrugssystem aufrechtzuerhal- ten. Durch diese Bestellungen des Angeklagten sind aber nur die Betrugstaten objektiv gefördert worden, die zeitlich nach den Bestellungen bei der Firma A. und unter Verwendung derjenigen Anbieter-Accounts begangen wurden , auf deren Bewertung durch die über die Firma A. ins Werk gesetzten Lieferungen Einfluss genommen wurde (Taten II. 3 bis 8, 10 und 59 bis 61 der Urteilsgründe). Für die Taten II. 11 bis 54 und 62 der Urteilsgründe, die über andere Anbieter-Accounts abgewickelt wurden, ergeben die Feststellungen keine objektiven Tatbeiträge des Angeklagten. Insoweit hat die Verurteilung des Angeklagten keinen Bestand.
6
b) Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten II. 1 bis 10 und 55 bis 61 der Urteilsgründe durch das Landgericht hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
7
Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mitttäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 ff.; Beschluss vom 2. Juli 2014 – 4 StR 176/14, wistra 2014, 437).
8
Für die Fälle II. 3 bis 8, 10 und 59 bis 61 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Diese Taten wurden vom Angeklagten vielmehr jeweils durch die vorangegangenen Bestellungen bei der Firma A. gefördert , die der Angeklagte zur Beeinflussung der Bewertungen der jeweiligen Anbieter -Accounts im Internet vorgenommen hatte (II. 1, 2, 9 und 55 bis 58 der Urteilsgründe). Dies hat konkurrenzrechtlich zur Folge, dass die Taten II. 1 bis 8 der Urteilsgründe sowie die Taten II. 9 und 10 der Urteilsgründe und die Taten II. 55 bis 61 der Urteilsgründe jeweils in der Person des Angeklagten tateinheitlich verknüpft sind.
9
c) Schließlich tragen die Feststellungen zu den vom Angeklagten vorgenommenen Bestellungen bei der Firma A. in den Fällen II. 1, 2, 9 und55 bis 58 der Urteilsgründe keine Schuldsprüche wegen Betruges zum Nachteil der Firma A. , da ihnen nicht zu entnehmen ist, ob die Warenlieferungen infolge irrtumsbedingter Vermögensverfügungen von im Rahmen der Bestellvorgänge für die Firma handelnden Personen oder aufgrund maschineller Bearbeitung der Bestellungen erfolgte.
10
d) Aus den dargelegten Gründen hebt der Senat die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II. 11 bis 54 und 62 der Urteilsgründe auf. Hinsichtlich der konkurrenzrechtlichen Beurteilung ändert der Senat den Schuldspruch zu den Taten II. 1 bis 11 und 55 bis 61 der Urteilsgründe, wobei der Vorwurf des Betruges zum Nachteil der Firma A. mit Zustimmung des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenommen wird. Der Senat sieht gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon ab, die gleichartige Idealkonkurrenz im Tenor zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
11
2. Die teilweise Aufhebung und Abänderung des Schuldspruchs entzieht dem Strafausspruch insgesamt die Grundlage. Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen hat hinsichtlich der Taten II. 3 bis 8, 10 sowie 59 bis 61 der Urteilsgründe in Höhe von insgesamt 3.906,98 € Bestand. Die Adhäsionsentscheidung wird durch die teilweise Aufhebung der Verurteilung nicht berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2015 – 2 StR 388/14 Rn. 7; Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 470/14 Rn. 56; vgl. auch Urteil vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96). Soweit die Strafkammer zwei Adhäsionsklägern Schadensersatzbeträge zugesprochen hat, die den Adhäsionsantrag (Kläger K. ) bzw. den festgestellten Schaden (Klägerin Ki. ) geringfügig übersteigen, hat der Senat den Adhäsionsausspruch korrigiert.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Bartel

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.