Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 451/18

bei uns veröffentlicht am19.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 451/18
vom
19. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:191218B2STR451.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 19. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 16. Mai 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit es den Angeklagten Y. betrifft, aa) im Fall II.1 der Urteilsgründe, bb) im Ausspruch über (1) die Gesamtstrafe sowie (2) die Dauer des Vorwegvollzugs; cc) hinsichtlich der Einziehung von 49,98 kg MorphinbaseZubereitung ;
b) soweit es den Angeklagten Yi. betrifft, in vollem Umfang. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten Y. wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Y. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreizehn Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von fünf Jahren und drei Monaten angeordnet. Den Angeklagten Yi. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von dreizehn Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von fünf Jahren und drei Monaten angeordnet. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung zu den sichergestellten Betäubungsmitteln getroffen.
2
Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts, der Angeklagte Y. darüber hinaus die Verletzung formellen Rechts rügen. Das Rechtsmittel des Angeklagten Yi. hat in vollem Umfang Erfolg. Die Revision des Angeklagten Y. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Die Strafkammer hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Spätestens im Sommer 2017 fassten die Angeklagten, die zu dieser Zeit gemeinsam Betäubungsmittel an Endabnehmer veräußerten, den Entschluss , etwa 50 Kilogramm Morphinbase-Zubereitung aus der Türkei nach Deutschland zu bringen, um diese durch Hinzugabe von Essigsäureanhydrid zu mindestens 100 Kilogramm Heroin weiterzuverarbeiten und dieses gewinnbringend zu verkaufen. Sie wollten so unter anderem ihren eigenen Drogenkonsum finanzieren. Absender der Lieferung sollte ein M. aus der Türkei sein.
5
Nachdem eine erste Lkw-Lieferung des M. , die lediglich aus Waschmittel bestand und für die Yi. , der über die erforderliche Zollnummer verfügte, in enger Absprache mit Y. zwei Lagerräume angemietet hatte, beide Angeklagten erreicht hatte, beauftragte M. eine Spedition mit dem Transport von 15 Paletten Waschmittel von I. nach Deutschland. Zuvor hatte er Yi. mitgeteilt, dieser solle sich um die Verzollung kümmern. In der Ladung befanden sich, wie den Angeklagten bekannt war, Waschmittelverpackungen mit 49,983 Kilogramm Morphinbase-Zubereitung mit einem Wirkstoffanteil von 25,556 Kilogramm Morphinbase. Als der Lkw an der österreichischdeutschen Grenze zwei Nächte warten musste, weil die Zollgebühren nicht bezahlt waren, überwies Yi. in Absprache mit Y. den erforderlichen Betrag. Beide lotsten den Lkw zu einem Treffpunkt im K. Norden und von dort zu den von Yi. für die neue Lieferung zusätzlich angemieteten Lagerräumen.
6
Das Waschmittel verblieb zunächst auf dem Lkw, da der gutgläubige Fahrer nur nach Bezahlung der Frachtkosten abladen durfte. Y. verließ das Gelände, um Geld zu holen, kehrte jedoch ohne Geld zurück. Während Y. eine Batterie für einen elektrischen Hubwagen holte und Yi. die Paletten inspizierte, erfolgte der Zugriff durch die Ermittlungsbehörden, die den Telefonverkehr und die Aufenthaltsorte der Angeklagten überwacht und von der Ankunft der Betäubungsmittellieferung gewusst hatten.
7
Die Strafkammer hat ihre Feststellungen zunächst mit der teilgeständigen Einlassung der Angeklagten belegt. Yi. hat eingeräumt, er habe von rund 50 Kilogramm Morphin in der Ladung gewusst. Diese hätten jedoch von Nieder- ländern abgeholt werden sollen. Er habe 30.000 € bekommen und hiervon 15.000 € an Y. weitergeben sollen. Y. hat ebenfalls zugegeben, von der Morphinlieferung gewusst zu haben. Yi. habe ihm für seine Hilfstätigkeit 10.000 € geboten.
8
Ihre weitergehende Überzeugung, dass beide Angeklagten die rund 50 Kilogramm Morphinbase-Zubereitung einführten, um sie mit Hilfe weiterer Personen zu verarbeiten und gewinnbringend zu verkaufen, hat sie im Wesentlichen auf einer Reihe von „konspirativen“ Telefonaten gestützt. Y. habe in der Zeit vom 21. August bis zum 7. September 2017 mit einem unbekannten männlichen Gesprächsteilnehmer, der einen niederländischen Anschluss genutzt habe, mehrfach von einer „Hochzeit“ gesprochen, womit nach der Wer- tung der Strafkammer die Synthese von Morphinbase und Essigsäureanhydrid gemeint war. Zudem sei in einem Gespräch die Rede von „Anik“ gewesen, womit, was sich aus dem Gesprächszusammenhang ergebe, Essigsäureanhydrid gemeint sei. Die Menge von „mindestens 100 Kilogramm“ des herzustellenden Heroins hat die Strafkammer zum einen aus einem Telefonat des Yi. mit dem gleichen Gesprächsteilnehmer geschlossen, in dem Yi. darstellte, er mache „100 m² Malerarbeiten“.Zum anderen hat sie – sachverständig beraten − festgestellt, dass aus der sichergestellten Morphinbase-Zubereitung durch Hinzufügen von Essigsäureanhydrid 29,671 Kilogramm reine Heroinbase gewonnen und zwischen knapp 100 und 300 Kilogramm verkaufsfertiges Heroin hätte hergestellt werden können.
9
Bei der Gesamtwürdigung hat die Strafkammer gesehen, dass beide Angeklagten nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügten, um die sichergestellte Morphinbase-Zubereitung anzukaufen. Sie hat erörtert, dass sie nicht festzustellen vermochte, wie beide Angeklagten ihren Handel mit Heroin organisierten. Sie sah indes keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagten von jemandem Anweisung erhalten hätten, obwohl solche bei der lückenlos überwachten Telekommunikation zu erwarten gewesen wären. Sie hat hieraus den Schluss gezogen, dass die Angeklagten ihren Betäubungsmittelhandel auf eigene Rechnung und im eigenen Interesse betrieben.
10
2. In der Wohnung des – insoweit geständigen – Y. befanden sich am 7. September 2017 28,126 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 5,87 Gramm Heroinhydrochlorid verkaufsfertig abgepackt und 2,55 Gramm Kokain, die Y. teilweise verkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Die Strafkammer hat ihn insoweit – nach Beschränkung des Verfahrens gemäß § 154a Abs. 2 StPO – wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt.

II.


11
1. Die Verurteilung beider Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat keinen Bestand, weil die den Feststellungen zum täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zugrundeliegende Beweiswürdigung – trotz des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes – der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Auf die Verfahrensrügen des Angeklagten Y. , die sich ausschließlich auf den Schuld- und Strafausspruch in diesem Fall der Urteilsgründe beziehen, kommt es daher nicht an.
12
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGH, Urteil vom 6. April 2017 – 3 StR 5/17, juris Rn. 11). Danach ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung des Grades des eigenen Interesses am Erfolg, des Umfangs der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft oder doch wenigstens des Willens zur Tatherrschaft zu beurteilen, ob ein Beteiligter, der einen nicht ganz untergeordneten, die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tat als eigene oder ob er lediglich fremdes Tun fördern wollte (BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 2017 – 3 StR 166/17, juris Rn. 7; vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 339/10, NStZRR 2011, 57 mwN).
13
Es ist allein Sache des Tatrichters, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 – 4 StR 201/14, NStZ-RR 2014, 380). Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht etwa dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist, namentlich dann, wenn sie nicht sämtliche Umstände, die dazu geeignet waren, die Entscheidung zu beeinflussen, in ihre Überlegungen einbezogen und wesentliche Feststellungen in der vorzunehmenden umfassenden Gesamtwürdigung nicht berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – 1 StR 385/16, juris Rn. 15).
14
b) Diesen Maßstäben wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Im Zuge der gebotenen Gesamtwürdigung hat die Strafkammer mehrere Beweisanzeichen nicht erörtert, die einer Beurteilung der konkreten Beteiligungshandlung der Angeklagten als täterschaftliches Handeln im Rahmen des Gesamtgeschäfts entgegenstehen könnten.
15
Zwar sieht die Strafkammer, die für ein täterschaftliches Handeln der Angeklagten von einem zutreffenden Maßstab ausgeht, im Zuge ihrer Gesamtwürdigung , dass beide Angeklagte nicht über die wirtschaftlichen Mittel für den Ankauf einer derart großen Rauschgiftmenge verfügten. Sie lässt indes unerörtert , dass der Transportauftrag für die inkriminierte Lieferung durch M. in der Türkei erfolgte und Yi. mit diesem fortlaufend in Kontakt stand. Dies könnte − wozu sich die Urteilsgründe nicht verhalten − dafür sprechen, dass Yi. im Auftrag des türkischen Lieferanten handelte.
16
Die Strafkammer hat sich auch nicht damit auseinandergesetzt, dass sich beide Angeklagten nur eingeschränkt bemühten, die notwendigen Zollformalitäten zu erledigen, um den Transport der Lieferung über die deutsche Grenze zu sichern. Gleiches gilt für ihre fehlenden finanziellen Mittel, die Frachtkosten zu zahlen und damit das Abladen der Ware zu erreichen. Beide Umstände könnten ebenfalls gegen ein täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten sprechen.
17
Sie hat ferner nicht in den Blick genommen, dass sich die vollständig überwachten Aktivitäten der Angeklagten in Deutschland auf die Beschaffung der Lagerräume und auf den Empfang der Ware beschränkten. Ein Bemühen, das für die Herstellung des Heroins erforderliche Essigsäureanhydrid zu beschaffen , konnte die Strafkammer nicht feststellen, obwohl die Synthese der beiden Stoffe nach ihrer Wertung seitens der Angeklagten zeitnah geplant war. Aktivitäten für ein Absetzen der Ware vermochte die Strafkammer trotz der „lückenlos überwachten Telekommunikation“ ebenfalls nicht festzustellen. Auch dies könnte dafür sprechen, dass die Angeklagten lediglich in einen Handelsvorgang eingebunden waren.
18
Die aus Sicht der Strafkammer maßgeblichen Telefonate mit dem männlichen Nutzer des niederländischen Anschlusses lassen offen, wann und wo die „Hochzeit“, aus Sicht der Strafkammer die Weiterverarbeitung der Morphinbase- Zubereitung, stattfinden sollte. Die Würdigung der festgestellten Telekommunikation bleibt im Übrigen lückenhaft. In einem Telefonat vom 27. August 2017 meint der männliche Nutzer der niederländischen Rufnummer, er werde sein Bargeld nehmen und die „Hochzeit machen“. Dies könnte dafür sprechen, dass die Weiterverarbeitung nicht in den Händen der Angeklagten lag. Gleiches könnte sich aus einem Telefonat vom 28. August 2017 ergeben, in dem der Nutzer des niederländischen Anschlusses Y. erklärt, dass seine „Kinder aus der Heimat“ gekommen seien und er sich gedacht habe, „bisschen Anik und Dings“ zu machen. Folgt man der Wertung der Strafkammer, dass es sich bei „Anik“ um einen konspirativen Begriff für Essigsäureanhydrid handelt, könn- te der Wortlaut des Telefonats dafür sprechen, dass der Gesprächspartner von Y. plante, die Weiterverarbeitung vorzunehmen. Gleiches gilt für dessen Nachfrage in einem weiteren Gespräch vom gleichen Tag, wie viele Teile von diesem „Anik“ gut seien, worauf Y. erläutert, es könnten fünf oder zehn Teile sein, es mache keinen Unterschied.
19
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Verurteilung beider Angeklagten wegen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf diesen Rechtsfehlern beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bedingt die Aufhebung des Schuldspruchs wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. zum Maßstab für täterschaftliche Einfuhr BGH, Beschluss vom 12. September 2018 – 5 StR 232/18, juris Rn. 5; Senat, Urteil vom 15. März 2017 – 2 StR 23/16, juris Rn. 15; BGH, Beschluss vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, juris Rn. 14, jeweils mit weiteren Nachweisen) bei beiden Angeklagten sowie der hieran anknüpfenden Einziehungsentscheidung über 49,98 kg Morphinbase-Zubereitung. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sieht der Senat davon ab, die insoweit bislang getroffenen Feststellungen auch nur teilweise bestehen zu lassen. Die Sache bedarf im Fall II.1 der Urteilsgründe insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
20
d) Der Wegfall des Schuldspruchs im Fall II.1 der Urteilsgründe zieht bei dem allein insoweit verurteilten Yi. die Aufhebung der Maßregelanordnung nach sich.
21
2. Die auf die Sachrüge veranlasste weitergehende Überprüfung der Urteilsgründe lassen im Schuld- und Strafausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten Y. erkennen. Dies gilt auch für die Anordnung der Maßregel in seiner Person. Jedoch entzieht der Wegfall der Einzelstrafe im Fall II.1 der Urteilsgründe der Gesamtstrafe die Grundlage. Damit unterfällt auch die Dauer des Vorwegvollzugs der Aufhebung.
Franke Eschelbach Meyberg
Grube Schmidt

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 451/18

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 451/18 zitiert 4 §§.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

11
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts , kommt es maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Erschöpft sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln, besteht in der Regel keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit mit Blick auf die Straftat des Handeltreibens. Anderes kann nur gelten, wenn der Beteiligte erhebliche , über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (siehe zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2015 - 3 StR 287/15, juris mwN).
7
a) Zwar kann das Aufbewahren von zum gewinnbringenden Umsatz bestimmten Betäubungsmitteln ein Tatbeitrag sein, der die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens bereits für sich genommen rechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. März 1981 - 3 StR 68/81, NStZ 1981, 263; vom 20. Januar 1982 - 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 361; vom 2. Januar 1990 - 1 StR 642/89, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 20; vom 23. September 1992 - 3 StR 275/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 35). Dies gilt auch, wenn der Täter das Rauschgift für einen Dritten aufbewahrt (BGH, Beschlüsse vom 25. Mai 1994 - 2 StR 203/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 42; vom 29. November 1994 - 4 StR 637/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 47; vom 4. Juni 2003 - 2 StR 139/03, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 59; Urteil vom 19. Dezember 2013 - 4 StR 300/13, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 83). Aller- dings ist bei einer solchen Förderung des Umsatzgeschäfts eines anderen stets auch zu prüfen, ob nicht lediglich von Beihilfe zum Handeltreiben auszugehen ist. Die Abgrenzung zwischen (Mit-)Täterschaft und Beihilfe ist auch in diesen Fällen der Depothaltung für einen anderen nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 4. Juni 2003 - 2 StR 139/03, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 59 mwN). Danach ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung des Grades des eigenen Interesses am Erfolg, des Umfangs der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft oder doch wenigstens des Willens zur Tatherrschaft zu beurteilen, ob ein Beteiligter, der einen nicht ganz untergeordneten , die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tat als eigene oder ob er lediglich fremdes Tun fördern wollte (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 339/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
5. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 1. Juni 2010 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe,
b) im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte von dem gesondert verfolgten O. eine Bestellung über 300 g Kokain entgegen und sagte zu, die nötigen Kontakte zu vermitteln. Hierfür sollte er zumindest 400 € erhalten. Auf Anfrage des Angeklagten erklärte sich der gesondert verfolgte E. bereit, das Rauschgift zu besorgen. Beide verabredeten, das Kokain in der Wohnung eines Dritten gegebenenfalls vor der Übergabe an O. zu strecken, der es weiterverkaufen wollte. Hierzu kam es nicht, weil die Beteiligten jeweils auf ihrem Weg zu der als Übergabeort vorgesehenen Wohnung festgenommen wurden.
4
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben hat.
5
Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 20. Dezember 2000 - 2 StR 468/00, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltrei- ben 56). Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 394 und 611 mwN).
6
Nach diesem Maßstab rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft, wofür ihm ein vergleichsweise geringer Festbetrag als Entlohnung zugesagt war. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft , die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte er nicht; ebensowenig sollte er eigenständigen Besitz an dem gehandelten Kokain erlangen. Auch enthält das landgerichtliche Urteil keine ausreichenden Feststellungen dazu, dass mit der Begleitung des Haupttäters bei der Übergabe des Rauschgifts Aktivitäten des Angeklagten verbunden waren oder sein sollten, die geeignet gewesen wären, Tatherrschaft zu begründen.
7
2. Der Strafausspruch in den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe hat keinen Bestand; denn die Bestimmung des Strafrahmens durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Hierzu gilt:
8
Die Strafkammer hat einen "gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 StGB gemilderten" Strafrahmen des § 29a BtMG von 3 Monaten bis 11 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe angenommen. Ein solcher ergibt sich bei einer Milderung des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG nach § 49 Abs. 1 StGB, auf den die Neufassung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG (idF des 43. StrÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl I 2288, in Kraft seit 1. September 2009) verweist. Demgegenüber weist der Umstand, dass das Landgericht die vom Angeklagten erst nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses geleistete Aufklärungshilfe nicht als gemäß § 31 Satz 2 BtMG nF i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verspätet angesehen hat, darauf hin, dass es - in der Sache zutreffend (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524) - für die im Mai und August 2009 begangenen Taten III. 1. und III. 2. der Urteilsgründe die alte Fassung des § 31 Nr. 1 BtMG angewandt hat, die eine solche zeitliche Grenze für die Aufklärungshilfe nicht vorsieht. § 31 Nr. 1 BtMG aF ermöglicht jedoch eine Milderung nach § 49 Abs. 2 StGB und eröffnet damit einen Strafrahmen von Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von einem Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe.
9
Da sich die verhängten Einzelstrafen für die Taten III. 1. und III. 2. in Höhe von sechs und zehn Monaten jeweils an der unteren Grenze des Strafrahmens bewegen, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Strafrahmenbestimmung zu Lasten des Angeklagten auf die Strafzumessung ausgewirkt hat.
10
3. Der Senat schließt nicht aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen kann, die im Fall III. 3. der Urteilsgründe ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge belegen. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall III. 3. der Urteilsgründe sowie der Wegfall der hierfür und für die Fälle III. 1. und 2. verhängten Einzelstrafen lässt die Gesamtstrafe entfallen. Der Senat hebt auch den Strafausspruch im Fall III. 4. der Urteilsgründe sowie die jeweils zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Urteilsgründe besteht insgesamt Anlass zu dem Hinweis, dass deren Abfassung auch dann eines Mindestmaßes an Sorgfalt bedarf, wenn das Urteil auf einer Absprache beruht (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10 Rn. 8).
11
4. Der Senat bemerkt im Übrigen, dass das Landgericht im Fall III. 3. der Urteilsgründe in der Sache schon deshalb zutreffend § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF angewendet hat, weil die Tat erst im Dezember 2009 und damit nach Inkrafttre- ten der Neufassung begangen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524). Auf die Frage, ob dieser Fall mit den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe eine Tat im Sinne des autonomen Tatbegriffs des § 31 BtMG bildet, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Dieser Tatbegriff ist dann von Belang, wenn zu beurteilen ist, ob die Aufklärungshilfe des Angeklagten nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF wesentlich dazu beigetragen hat, dass "die Tat" über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Er ist aber nicht maßgebend für die Entscheidung, welches Strafzumessungsrecht zeitlich gilt.
Becker Pfister von Lienen
Ri'inBGH Sost-Scheible befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 201/14
vom
9. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Oktober
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 13. Januar 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) und Diebstahl unter Einbeziehung der Einzelgeldstrafen aus einem anderen rechtskräftigen Urteil nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen suchten der Angeklagte und seine Bekannten B. , S. und G. am Abend des 24. April 2012 den zwischenzeitlich verstorbenen H. in seiner Wohnung auf, in der sich zu dieser Zeit auch noch der ebenfalls inzwischen verstorbene Be. befand. Gemeinsam tranken sie dort jeweils ein bis zwei Fla- schen Bier. Nachdem kein Bier mehr verfügbar war, forderte B. sowohl H. als auch Be. dazu auf, ihnen Geld zum Bier holen zu geben. Als beide dies ablehnten, schubsten B. und der Angeklagte zunächst H. herum und schlugen auf ihn ein, um der Forderung nach Geld Nachdruck zu verleihen. Dabei wurde H. mindestens einmal auch von dem Angeklagten geschlagen. Im weiteren Verlauf hielt S. dem Geschädigten Be. eine Schreckschusspistole an den Kopf, während B. auf ihn eintrat und einschlug. Dabei setzte B. auch einen Schlagring ein, den er vor dem Betreten der Wohnung auf seine Bitte hin von dem Angeklagten erhalten hatte. Schließlich wurde H. von B. mit so großer Wucht gegen einen Heizkörper geschleudert, dass er Blut spuckte. Da der inzwischen erheblich verletzte Be. auch weiterhin nicht zur Herausgabe des geforderten Geldes zu bewegen war und der Angeklagte, S. und B. daher einsahen, dass sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln das geforderte Geld nicht ausgehändigt bekommen würden, beschlossen sie unter Änderung ihres ursprünglichen Tatplans in der Wohnung nach werthaltigen Gegenständen zu suchen. In der Folge nahmen sie das Mobiltelefon des Geschädigten Be. und die Wii-Spielkonsole des Geschädigten H. an sich und verließen die Wohnung. Ihre Beute verkauften sie später und teilten den Erlös unter sich auf.
3
2. Das Landgericht stützt seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Angaben des Zeugen B. und die Einlassungen des Angeklagten im Ermittlungsverfahren. Der Zeuge B. habe angegeben, den Geschädigten Be. ein- bis zweimal geschlagen zu haben, nachdem „einer“ von diesem Geld gewollt habe, um weiteres Bier zu kaufen. Auch habe er die Mitnahme der Wii-Konsole und des Mobiltelefons bestätigt. Der An- geklagte habe sich im Ermittlungsverfahren dahingehend eingelassen, dass B. damit begonnen habe, den Geschädigten H. herumzuschubsen, nachdem dieser seine – des Angeklagten – Frage nach Geld verneint habe. Als H. zu ihm gekommen sei, habe er „aus Reflex zugeschlagen“. Be. sei von B. und S. „bearbeitet“ worden, als er mit H. im Bad gewesen sei (UA 11). In Bezug auf den Einsatz des Schlagrings und der Schreckschusspistole zum Nachteil des Geschädigten Be. ist das Landgericht zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass es sich jeweils um einen ihm nicht zurechenbaren Mittäterexzess gehandelt habe.

II.


4
Die der Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung zugrunde liegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand (§ 261 StPO).
5
1. Das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen, ist allein Sache des Tatrichters. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf , ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht etwa dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist, weil sich das Tatgericht nicht mit naheliegenden alternativen Geschehensabläufen befasst, obwohl sich dies nach dem Beweisergebnis aufdrängt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 – 4 StR 129/14; Urteil vom 10. Januar 2008 – 3 StR 462/07, NStZ-RR 2009, 12, 13 mwN).
6
2. So liegt es hier. Die Strafkammer hat nicht im Einzelnen dargelegt, worauf sie ihre Überzeugung stützt, der Angeklagte und seine Begleiter hätten die Geschädigten misshandelt, um von ihnen Geld zu erpressen. Dieser Beweggrund ergibt sich hier jedoch nicht von selbst. Insbesondere kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es zu den körperlichen Übergriffen auf die Geschädigten aus Wut über die verweigerte Herausgabe des verlangten Geldes kam. Hierfür könnte sprechen, dass der wegen Körperverletzungsdelikten bereits mehrfach bestrafte Angeklagte und B. am 18. September 2012 – und damit nur wenige Monate nach der verfahrensgegenständlichen Tat – eine räuberische Erpressung begingen, bei der es im Anschluss an eine vom Tatopfer nicht erfüllte Geldforderung zu (weiteren) massiven Gewalthandlungen und Demütigungen kam, die zumindest teilweise auf einem neuen Tatentschluss beruhten und nicht mehr dem ursprünglichen Erpressungsziel dienten (UA 6). Das Landgericht hat diesen Sachverhalt nur als ein Indiz für die Bereitschaft des Angeklagten gewertet, sich an von B. initiierten Gewalttätigkeiten zu beteiligen (UA 11). Die exzessive Gewaltanwendung nach der nicht erfüllten Geldforderung hat es dagegen nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen, obgleich sich auch insoweit eine Parallele zum verfahrensgegenständlichen Tatgeschehen aufdrängte. Auch eine weitere Vorstrafe lässt erkennen, dass der Angeklagte Gewalt einsetzt (Faustschlag auf den Kopf seiner Schwester), weil er verärgert ist (UA 4). Da die von der Strafkammer als Beweisgrund für ein Erpressungsvorhaben herangezogenen Einlassungen nicht eindeutig belegen, dass es dem Angeklagten und B. bei den von ihnen eingeräumten Schlägen tatsächlich (noch) um eine Durchsetzung ihrer Geldforderung ging, war eine Erörterung möglicher gegen diese Annahme sprechender Indizien hier auch nicht entbehrlich.

III.


7
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Da das Landgericht von Tateinheit ausgegangen ist, zieht die Aufhebung der Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung auch die Aufhebung der Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls nach sich (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14, Rn. 21 mwN).
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin
15
(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 - 3 StR 500/86; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 81). Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110; Beschluss vom 12. November 2015 - 2 StR 197/15, Rn. 14, NStZ 2016, 338; Urteile vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06 und vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

5
aa) Zwar ist es für eine Einfuhr nicht erforderlich, dass der Mittäter das Rauschgift eigenhändig ins Inland bringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, Mittäter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt und die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 – 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319; Beschluss vom 5. April 2016 – 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209, 210; jeweils mwN). Wesentliche Anhalts- punkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Eigeninteresses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91,BGHSt 38, 32, 33, und vom 31. März 2015 – 3StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260). Entscheidender Bezugspunkt für all diese Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst, wobei dem Interesse des Handeltreibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, StV 2015, 633; vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16, und vom 30. Juni 2016 – 3StR 221/16, NStZ 2017, 296). Für die Annahme von Mittäterschaft bei der Einfuhr reicht es demnach nicht aus, dass ein Tatbeteiligter ohne Einfluss auf den Einfuhrvorgang lediglich darauf wartet, dass ein Anderer die eingeführten Betäubungsmittel bringt.

Tenor

1. Die Revisionen der Angeklagten M.   und J.   A.    gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juni 2015 werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass jeweils ein Monat der verhängten Freiheits- bzw. Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gilt.

2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten M.   A.    wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und den Angeklagten J.   A.   wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es Einziehungs- und Verfallsentscheidungen getroffen.

I.

2

Nach den Feststellungen des Landgerichts fand am 1. September 2014 in R.    ein Treffen zwischen dem Angeklagten J.   A.    und     Ah.   , einem mutmaßlich in Belgien lebenden Betäubungsmittelhändler, statt. Dabei vereinbarten sie eine Rauschgiftlieferung von elf Kilogramm Heroinzubereitung, von denen drei Kilogramm für den Angeklagten selbst und weitere zwei Kilogramm für dessen mitangeklagten Bruder M.   bestimmt waren. Beide Angeklagte wollten das Heroin gewinnbringend weiterverkaufen. Die restlichen sechs Kilogramm sollte der Angeklagte J.   A.    aus dem Kurierfahrzeug entnehmen, mit dem das Rauschgift nach Deutschland gebracht werden sollte. Anschließend sollte er es aufbewahren und im weiteren Verlauf an weitere Abnehmer übergeben. J.   A.   erhielt einen Fahrzeugschlüssel für das Kurierfahrzeug, um dieses öffnen zu können, ohne mit dem Kurierfahrer, dem nicht revidierenden Mitangeklagten   Ar. , in Kontakt zu treten.    Ah.   veranlasste die Verladung von 13 kleineren, mit schwarzer Folie und Klebeband umwickelter Pakete mit insgesamt 11.120,8 Gramm Heroinzubereitung in ein in das Fahrzeug eingebautes Schmuggelversteck. Danach übernahm   Ar.  den PKW von   Ah.   und fuhr am 2. September 2014 nach H.   , wo er das Fahrzeug auf dessen Weisung in der V.            abstellte. Ar.  informierte darüber    Ah.   , der seinerseits den Angeklagten J.   A.   davon in Kenntnis setzte. Während Ar.  am F.    H.   ein Zimmer nahm, verständigte J.   A.   seinen Bruder M.   . Gemeinsam fuhren sie am nächsten Morgen zu dem abgestellten Kurierfahrzeug, das sie gegen 6.00 Uhr bestiegen. Als sie losfahren wollten, erfolgte ihre Festnahme. Parallel dazu wurde   Ar.  gegen 6.20 Uhr in seinem Hotelzimmer festgenommen. Das Kurierfahrzeug wurde zugleich ins Polizeipräsidium verbracht und dort zunächst mit negativem Ergebnis durchsucht. Als ein Rauschgifthund anschlug, wurde eine für das Auffinden von Schmuggelverstecken spezialisierte Tatortgruppe angefordert, die gegen 10.50 Uhr das Versteck entdeckte.

3

In der persönlichen Habe des Angeklagten J.   A.   befanden sich u.a. ein funkgesteuerter Fahrzeugschlüssel für einen PKW der Marke Mini und ein Haus- und Wohnungsschlüssel. In den umliegenden Nebenstraßen wurde ein PKW Mini ausfindig gemacht, zu dem der bei dem Angeklagten gefundene Schlüssel passte. Eine auf Anordnung von  G.  erfolgte Durchsuchung des auf die Zeugin E. A.  zugelassenen Fahrzeugs führte zur Sicherstellung von 2.800 €.

4

Gegen 10.20 Uhr informierte   G.  die Staatsanwaltschaft über den bislang ermittelten Sachverhalt, woraufhin diese die Durchsuchung der zwischenzeitlich ermittelten Wohnräume des Angeklagten M.  A.   wegen Gefahr im Verzug anordnete. Zugleich wurde vereinbart, dass mit dem bei J.   A.   aufgefundenen Haus- und Wohnungsschlüssel das Haus aufgesucht werden sollte, vor dem das durchsuchte Fahrzeug abgestellt war. Durch probeweise Schließvorgänge sollte die zu dem Schlüssel passende Wohnung lokalisiert und sodann ebenfalls wegen Gefahr im Verzug durchsucht werden.

5

In der Wohnung des Angeklagten M.   A.   wurden 277,54 Gramm Cannabisharz sowie eine Feinwaage und Verpackungsmaterial aufgefunden. In dem zur Wohnung gehörenden Briefkasten fanden die Durchsuchungskräfte 136,51 Gramm Heroinzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 8,46 Gramm.

6

Die bei J.   A.   aufgefundenen Wohnungsschlüssel führten zur Wohnung der Zeugin E.  A. , in der die Beamten einen Geldbetrag in Höhe von 2.470 € sicherstellten. Außerdem stießen sie auf zwei optisch einem Fahrzeugschlüssel ähnelnde Sendeeinheiten sowie Kaufverträge und Fahrzeugbriefe für zwei PKW der Marke Opel Astra. Diese auf unbekannte Halter zugelassenen Fahrzeuge konnten in der Nähe des Festnahmeorts aufgefunden werden. Sie wurden noch am 3. September 2014 auf das Sicherstellungsgelände der Polizei verbracht. Am 5. September 2014 ordnete   G.  ohne weitere Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Fahrzeuge an, da in diesen Betäubungsmittel vermutet wurden. Im Rahmen dieser Durchsuchung wurden baugleiche Schmuggelverstecke entdeckt, in denen sich zum einen 2.999,9 Gramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffanteil von 421,9 Gramm Heroinhydrochlorid, 1.629,7 Gramm Cannabisharz mit einen Wirkstoffanteil von 36,42 Gramm THC und 51,45 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffanteil von 40,8 Gramm Kokainhydrochlorid und zum anderen 13,3 Gramm Kokainbase mit einem Wirkstoffgehalt von 5,92 Gramm befanden. Die Betäubungsmittel hatte der Angeklagte J.   A.   dort - zum gewinnbringenden Verkauf vorgesehen - gebunkert.

II.

7

Der Revision des Angeklagten M.  A.   bleibt der Erfolg weitgehend versagt.

8

1. Die mit Schreiben des Angeklagten vom 10. März 2017 erklärte Rücknahme der Revision entfaltet keine Wirkung. Sie ist erst am 16. März 2017 und damit nach Verkündung der Entscheidung durch den Senat beim Bundesgerichtshof eingegangen.

9

2. Der Schuldspruch ist frei von Rechtsfehlern; er beruht entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auf einer tragfähigen und rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.

10

3. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

11

Das Landgericht hat zugunsten dieses Angeklagten berücksichtigt, dass er im Rahmen eines Haftprüfungstermins sowie im Verkündungstermin hinsichtlich eines erweiterten Haftbefehls zur Tataufklärung beigetragen hat, indem er die zunächst unter den Personalien    B.   angeklagte Person mehrfach glaubhaft als seinen Bruder bezeichnet und damit die Feststellungen der Ermittlungsbehörden zur tatsächlichen Identität des Angeklagten J.   A.   zumindest bestätigt hat. Einer Erörterung, ob diese vor Eröffnung des Hauptverfahrens liegende Aufklärungshilfe die Anwendung des § 31 BtMG rechtfertigt, bedurfte es auch angesichts ihres geringen Gewichts für die Aufdeckung der Tat nicht. Die Einwendungen des Beschwerdeführers im Übrigen zeigen keine Rechtsfehler auf. Sie beschränken sich auf eine eigene Würdigung der vom Landgericht in den Blick genommenen und vertretbar gewichteten Umstände der polizeilichen Überwachung und Sicherstellung der Betäubungsmittel.

12

4. Zur Kompensation der langen Dauer des Revisionsverfahrens ist anzuordnen, dass ein Monat der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gilt. Das Revisionsverfahren hat aus Gründen, die der Angeklagte mit Blick auf Erkrankungen und urlaubsbedingte Abwesenheiten von beteiligten Richtern nicht zu vertreten hat, dreizehn Monate und damit auch unter Berücksichtigung des Umfangs der Sache zu lange gedauert.

III.

13

Auch die Revision des Angeklagten J.   A.   bleibt ohne Erfolg.

14

1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch; dies gilt auch, soweit die Revision der Verwertung der durch die Durchsuchung des Kurierfahrzeugs aufgefundenen Beweismittel widersprochen hat. Die Durchsuchung des ins Polizeipräsidium verbrachten VW Passat nach der Festnahme der beiden Angeklagten war, nachdem   G.  erfolglos versucht hatte, einen Staatsanwalt zur Herbeiführung einer richterlichen Genehmigung zu erreichen, trotz mangelhafter Dokumentation durch die Annahme von Gefahr in Verzug gedeckt. Diese Durchsuchung dauerte noch an, als einige Zeit später um 10.50 Uhr eine spezialisierte Tatortgruppe die Rauschgiftverstecke ausfindig machte. Eine relevante Zäsur ist nicht dadurch eingetreten, dass die erste Nachschau erfolglos geblieben war. Denn nachdem ein Rauschgifthund angeschlagen hatte, war es nunmehr nicht vor Ort befindlichen Spezialisten überlassen, nach dem Rauschgiftversteck zu suchen. Ohne Bedeutung ist es insoweit im Übrigen, dass   G.  zwischenzeitlich den ermittelnden Staatsanwalt erreicht hatte, ohne mit ihm über die Durchsuchung des Kraftfahrzeugs zu sprechen. Eine Pflicht, hinsichtlich einer rechtmäßig auf Gefahr in Verzug gestützten und noch laufenden Durchsuchung eine richterliche Genehmigung zu erwirken, bestand für die Ermittler nicht.

15

2. Der Schuldspruch hält auch auf die Sachrüge hin rechtlicher Nachprüfung stand. Die Feststellungen belegen auch die Begehung einer täterschaftlichen Einfuhr durch den Angeklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr die Betäubungsmittel eigenhändig ins Inland verbringt, vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein. Voraussetzung ist aber, dass er dabei einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht bloß als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt. Wesentliche in eine wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehende Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu. Entscheidender Bezugspunkt bei allen diesen Merkmalen ist der Einfuhrvorgang selbst (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2015 - 4 StR 144/15; Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 StR 16/15, NStZ 2015, 346; Beschluss vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260; Beschluss vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14; Beschluss vom 11. Juli 1991 - 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar im Hinblick auf die Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16; siehe auch BGH, Urteil vom 19. April 1989 - 2 StR 688/88, NStZ 1989, 436).

16

Gemessen hieran ist die Annahme einer täterschaftlichen Einfuhr (noch) nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf den Transportweg und stand während der Fahrt auch nicht mit dem Kurierfahrer in Kontakt, der von dem Verkäufer   Ah.  den PKW mit dem verbauten Rauschgift übernommen hatte. Er war aber in die vorangegangene Organisation der Einfuhrfahrt maßgeblich eingebunden und hatte somit Einfluss auf wesentliche Modalitäten bei der Überführung der Betäubungsmittel nach Deutschland. Der PKW diente nach den Feststellungen des Landgerichts dem Mitangeklagten Ar.  bereits zuvor als Fahrzeug für die Zusammenkunft mit J.   A.  . Hinsichtlich des abgeurteilten Rauschgiftgeschäfts initiierte der Angeklagte am 31. August 2014 die Abholung des bis dahin in F.  stehenden Kurierfahrzeugs, das - nach der Vereinbarung über die Lieferung der 11 Kilogramm vom 1. September 2014 - einen Tag später für den Transport nach Deutschland vorgesehen war. Dabei war J.  A.  das Schmuggelversteck, welches das Risiko einer Entdeckung beim Grenzübertritt minimieren sollte, bekannt; er wusste, wo das Fahrzeug abgestellt werden sollte (und wurde) und besaß einen Schlüssel, um es selbständig und allein öffnen zu können.

17

3. Auch der Strafausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

18

a) Dies gilt auch, soweit das Landgericht seiner Strafzumessung konkrete Wirkstoffmengen hinsichtlich der in den beiden PKW Opel Astra aufgefundenen Betäubungsmittelmengen zugrunde gelegt hat, obwohl es insoweit von der Rechtswidrigkeit der Fahrzeugdurchsuchung und von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen ist. Es ist hier nicht davon auszugehen, dass sich die rechtswidrige Verwertung der Erkenntnisse aus den zu den Wirkstoffmengen erstellten Gutachten des hessischen Landeskriminalamts zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat. Denn der Senat schließt auch mit Blick auf die Wirkstoffgehalte der übrigen sichergestellten Wirkstoffmengen aus, dass - hätte die Strafkammer insoweit eine Schätzung vorgenommen - dies zu für den Angeklagten günstigeren Werten geführt hätte.

19

b) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts im Übrigen sind entgegen der Ansicht der Revision nicht zu beanstanden. Die Strafkammer hat zugunsten des Angeklagten sein Geständnis und darüber hinaus die Aufklärungshilfe zur Person des   Ah.  strafmildernd berücksichtigt. Mehr war, auch soweit der Angeklagte darüber hinaus die Mitangeklagten Ar.  und seinen Bruder belastet hat, aus Rechtsgründen nicht vonnöten.

20

4. Auch hinsichtlich dieses Angeklagten war aus den schon genannten Gründen anzuordnen, dass ein Monat der verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt gilt.

Appl     

       

Krehl     

       

Eschelbach

       

Zeng     

       

Bartel     

       

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Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen jedoch die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst. Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).